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A. Kurtenacker U. H. Ltgachner. Die Einwirkung V O ~ Stickoftyd usa. 335 Uber die Einwirkung von Stickoxyd auf Thiosulfat und Sulfid Von A. KURTENACKER und H. LOSCHNER Mit 2 Abbildungen im Test DUNNICLIEF, MOHAMMAD und KISHEN l) lieBen Stickoxyd in Ab- wesenheit von Luftsauerstoff auf verdiinnte, meist 0,05 normale Losungen von Ammoniumthiosulfat einwirken. Die Thiosulfatlosungen farben sich nach Augabe der Autoren vorubergehead gelb, dann triiben sie sich unter Abscheidung von Schwefel, nach mehrstiindiger Einwirkung zeigen sie alkalische Reaktion gegen Lackmus. Der zersetzte Anteil des Thiosulfates ist aber auch nach dieser Zeit gering und betragt nur wenige Prozent der Gesamtmenge. An ge- lijsten Reaktionsprodukten wurde nur Sulfat festgestellt, die Prufung auf Tetrathionat fie1 negativ aus. Das uber der *Fliissigkeit be- findliche Gas bestand nach Entfernung des NO-Restes aus Stick- stoff mit einer Beimengung von 5,6-5,i'0/, N,O. In Losungen von Ammoniumsulfid entsteht nach DUNNICLIFE und Mitarbeitern beim Schutteln mit NO tief gelbes Polysulfid, unter Umstanden scheidet sich Schwefel ab. AuBer Polysulfidion wurdeii in der Losung kleine Mengen Thiosulfat nachgewiesen, nach langerer Zeit tritt auch etwas Sulfat auf. Die Sulfatbildung wird auf Hydrolyse des Thiosulfates zuruckgefiihrt: (NH,),S,O, + H,O = (NH,),SO, + H,S. Stickoxyd soll bei Unterschufi an Ammonium- sulfid zu einem Gemisch von N, und N,O, bei OberschuB an Ammoniuinsulfid zu reinem Stickstoff reduziert werden. In Zusammenhang mit anderen Arbeiten fuhrten wir auch Versuche uber die Einwirkung von Stickoxyd auf Natriumthiosulfat und Natriumsulfid aus. Die Ergebnisse dieser Versuche, iiber welche im folgenden berichtet werden soll, weichen recht erheblich von den Befunden von DKJNNICLIPP und Mitarbeitern ab. l) H. B. DUNNICLIFF, S. MOEAMMAD u. J. KISHEN, J. physic. Chem. 35 (1931), 1721.

Über die Einwirkung von Stickoxyd auf Thiosulfat und Sulfid

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A. Kurtenacker U. H. Ltgachner. Die Einwirkung V O ~ Stickoftyd usa. 335

Uber die Einwirkung von Stickoxyd auf Thiosulfat und Sulfid

Von A. KURTENACKER und H. LOSCHNER

Mit 2 Abbildungen im Test

DUNNICLIEF, MOHAMMAD und KISHEN l) lieBen Stickoxyd in Ab- wesenheit von Luftsauerstoff auf verdiinnte, meist 0,05 normale Losungen von Ammoniumthiosulfat einwirken. Die Thiosulfatlosungen farben sich nach Augabe der Autoren vorubergehead gelb, dann triiben sie sich unter Abscheidung von Schwefel, nach mehrstiindiger Einwirkung zeigen sie alkalische Reaktion gegen Lackmus. Der zersetzte Anteil des Thiosulfates ist aber auch nach dieser Zeit gering und betragt nur wenige Prozent der Gesamtmenge. An ge- lijsten Reaktionsprodukten wurde nur Sulfat festgestellt, die Prufung auf Tetrathionat fie1 negativ aus. Das uber der *Fliissigkeit be- findliche Gas bestand nach Entfernung des NO-Restes aus Stick- stoff mit einer Beimengung von 5,6-5,i'0/, N,O.

In Losungen von Ammoniumsulfid entsteht nach DUNNICLIFE und Mitarbeitern beim Schutteln mit NO tief gelbes Polysulfid, unter Umstanden scheidet sich Schwefel ab. AuBer Polysulfidion wurdeii in der Losung kleine Mengen Thiosulfat nachgewiesen, nach langerer Zeit tritt auch etwas Sulfat auf. Die Sulfatbildung wird auf Hydrolyse des Thiosulfates zuruckgefiihrt: (NH,),S,O, + H,O =

(NH,),SO, + H,S. Stickoxyd soll bei Unterschufi an Ammonium- sulfid zu einem Gemisch von N, und N,O, bei OberschuB an Ammoniuinsulfid zu reinem Stickstoff reduziert werden.

In Zusammenhang mit anderen Arbeiten fuhrten wir auch Versuche uber die Einwirkung von Stickoxyd auf Natriumthiosulfat und Natriumsulfid aus. Die Ergebnisse dieser Versuche, iiber welche im folgenden berichtet werden soll, weichen recht erheblich von den Befunden von DKJNNICLIPP und Mitarbeitern ab.

l) H. B. DUNNICLIFF, S. MOEAMMAD u. J. KISHEN, J. physic. Chem. 35 (1931), 1721.

336 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 238. 1938

Einwirkung von NO auf Thiosulfat

Man untersuchte zuerst neu t r a l e Thiosulfatlosungen. Kleine Mengen Sauerstoff beschleunigen die NO-S,O,"-Reaktion auber- ordentlich stark. Wir vermuteten anfangs, dab das aus Stickoxyd und Sauerstoff gebildete NO,(N,O,) so rasch mit Thiosulfat reagiere. Das ist aber nicht der Fall. NO, lost sich vielmehr unter Bildung von HNO, und HNO, und die beobachtete rasche Reaktion ist die Umseteung zwischen salpetriger Saure und Thiosulfat. Diese Reaktion ist bekannt, als Reaktionsprodukte entstehen vorwiegend Polythionate (W-, Tetra- und Pentathionat), aufierdem kleine Mengen Sulfat und Schwefel I).

In dem MaBe, als man den Luftsauerstoff fernhalt, verliiuft die Stickoxyd-Thiosulfatreaktion langsamer. Die bei Gegenwart von Sauerstoff voriibergehend sauer werdende Fliissigkeit bleibt bei Aus- schlul3 von Sauerstoff zunachst neutral, dann tritt schwach alkalische Reaktion auf. I n Anwesenheit von Sauerstoff farbt sich die Fliissig- keit zu Beginn der Umsetzung gelb bis griin, in Abwesenheit von Sauerstoff tritt schwachere, aber deutliche Gelbfarbung auf, welche verschwindet, wenn die Fliissigkeit infolge Schwefelabscheidung triib wird. Ungefahr gleichzeitig wird die Losung schwach alkalisch. Vorlaufig ist nicht bekannt, welche Stoffe die voriibergehende Gelb- Sarbuug bewirken.

Die quantitative Bestimmung der Reaktionsprodukte fie1 in verdunnten (0,l normalen) Thiosulfatlosungen ungenau aus. Die Hauptversuche wurden deshalb mit 1,25 n-Na,S,O,- Losungen an- gestellt. Die Ergebnisse dieser Versuehe sind in Tabelle 1 unter Vers.-Nr. 1-3 wiedergegeben. Wegen der geringen Geschwindigkeit der NO-S,O,"- Reaktion war es notmendig, jeden Versuch auf mehrere Tage auszudehnen. Tagsiiber wurden die Losungen in etwa 1 Liter fassenden F'laschen mit NO-Gas geschiittelt, wahrend der Nacht wurde die Schuttelvorrichtung abgestellt, die Losungen blieben aber unter NO-Atmosphiire. In Tabelle 1 sind sowohl die Gesamtversuchsdauer t wie die Schiittelzeiten t' angegeben. Auf- nahme von NO-Gas durch die Thiosulfatlosung erfolgt fast nur wahrend des Schiittelns, die Lknge der Ruhepausen ist maggebend dafiir, wie veit die Primarprodukte wieder zerfallen. I n Vers. 1 ist die Zersetzung des Thiosulfates an1 meisten fortgeschritten (um- gesetzte Menge 31,2"/J, weil hier nur 80 cm3 Na,S,O,-Losung

*) Vgl. A. KURTENACKEK u. H. SPIELHACZEK, X. anorg. allg. Chem. 217 __

(1934), 321.

A. Kurtenacker u. H. Lijschner. Die Emwirkung

angewendet wurden, die wiihrend des Schuttelns mit NO-Gas intensiv in Beruhrung kamen. In Vers. 2 ist mehr Thiosulfat umge~etzt(28,4~/,), als in dem fast gleichartig aus- gefuhrten Vers. 3 (19,7 O/,,), wahr- scheinlich weil im letzten Fall die Schuttelvorrichtung langsamer ar- beitete.

Aus Tabelle 1 ist zu entnehmen, da8 au6er Sulfat und Schwefel in jedem Fall auch Reaktionsprodukte entstehen, die von DUNNICLIFF und Mitarbeitern ubersehen worden sind. Es sind dies Tri-, Tetrathionat und stickoxydschwefligsaures Salz. Das letzte ist sogar das Hauptreaktions- produkt. Zum Nachweis und zur Bestimmung dieser Verbindung be- nutzte man die bekannte Tatsache, 3 da8 Stickoxyd-Sulfit beim AnsBuern 2 der Losung quantitativ unter Bil- & dung von Stickoxydul und Sulfat zerfallt :

",O,SO,I"= N,O + SO,". (1) Die zu untersuchende Losung

wurde also zuniichst durch Eva- kuieren von gelosten Gasen und durch Zusatz von Bariumchlorid von anwesendem Sulfat befreit. Sauerte man hierauf mit Essig- saure schwach an, so fie1 reich- lich BaSO, aus und es entwickelte sich reines N,O-Gas. Die beiden Stoffe traten stets im Molverhiilt- nis 1:l auf, wie es Gleichung (1) verlangt.

Der Zerfall des Stickoxyd-Sulfites nach Gleichung (1) vollzieht sich auch in neutraler oder schwach

Z. anorg. allg. Chem. Bd. 238.

ion Stickoxyd usw. 337

-/I

- -11

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338 Zeitschrift ftir morganische und allgemeine Chemie. Band 238. 1938

alkalischer LGsung allmahlich. Darauf ist es zuriickzufiihren, dab in dem lang ausgedehnten Vers. 2 mehr von dem primar entstandenen Stickoxyd-Sulfit verschwunden ist als in Vers. 3.

Stickoxyd-Sulfit kann nur entstehen, wenn in der in Umsetzung begriffenen Losung voriibergehend Sulfid auftritt. Dieses addiert Stickoxyd glatt unter Bildung des Komplexes l).

Als Sulfitquelle kommt im vorliegenden Falle das Gleichgewicht

S20Qlrf- s + SO,” (2) in Betracht. Die mit Thiosulfat in neutraler oder schwach alkalischer Losung im Gleichgevkht befindliche SO,”- Konzentration ist aller- dings sehr klein. Da aber die Addition von NO an Sulfit

SO,”+ 2 N 0 = [(NO),SOJ (3) in neutralen oder alkalischen Losungen quantitativ abliauft, so wird auch die kleine SO,”-Menge immer wieder aus dem Gleichgewicht (2) entfernt, was schlieBlich einen weitgehenden Zerfall des Thiosulfates zur Folge haben kann.

Die vorstehende Auffassung des Reaktionsverlaufes wird bestens durch Versuche gestutzt, bei welchen man Thiosulfatlosungen unter Zusatz von Formaldehyd erwarmte. Auch hier tritt schon in schwach alkalischen Lasungen reichliche Schwefelabscheidung ein, offenbar dadurch bedingt, daB SO,” infolge Komplexbildung (in diesem Falle Formaldehydbisulfit) immer wieder aus dem Gleich- gewicht (2) entfernt wird.

Die Polythionate entstehen sehr wahrscheinlich unabhangig von Stickoxyd-Sulfit in besonderen Reaktionen aus Thiosulfat. Das zunachst gebildete Polythionat diirfte Tetrathionat sein :

(4) Neben den gleichzeitig entstandenen Eydroxylionen ist aber

Tetrathionat unbestandig; ein mehr oder weniger groBer Teil des- selben muB deshalb in bekannter Weise unter Bildung von Tri- thionat und Sulfat weiter zerfallen, hauptsachlich wohl nach den Reaktionen:

2S,O,”+ 2 N 0 + q 0 = S,O,”+ N,O + 2 0 H .

4S,O,”+ 60H’= 2S,O,”+ 5S,O,”+ 3H20 (5) (6) S,O,” + 2 O H =I S,O,”+ SO,” + H,O.

l) Die Bildung von Stickoxyd-Sulfit bei der Einwirkung von Stickoxyd auf Natriumhyposulfit, Na,S,O,, wird ebenfalls auf vorubergehende Sulfitbildung zuruckgefiihrt [vgl. H. GEHLEN, Ber. dtsch. chem. Ges. 64 (1931), 1267; E. WEITZ u. F. ACHTERBERQ, Ber. dtsch. chem. Ges. 66 (1933), 1718, F‘uSn. 21.

A. Kurtenacker u. H. LBschner. Die Einwirkung von Stickoxyd usw. 339

Durch die Reaktionen (5) und (6) werden die nach (4) gebildeten Hydroxylionen rasch verbrauchb, so da5 die Losung wahrend des ganzen Reaktionsverlaufes stets nur eine sehr kleine Hydroxylionenkonzentration aufweist. In den unter- suchten Fallen verschwand die alkalische Reaktion der Losungen gegen Lackmus oder Phenolphthalein stets auf Zusatz eines Tropfens n-Essigsaure.

ZusammengefaBt ergibt sich also, daB Thiosulfat in neutraler Losung durch Stickoxyd entweder nach (2) und (3) in Stickoxyd- Sulfit oder nach (4) und (5) in Polythionate ubergefuhrt wird. Die Anteile der beiden Primarreaktionen (2) und (4) an dem Gesamt- zerfall des Thiosulfates lassen sich berechnen, wenn man bedenkt, daB die abgeschiedenen Millimole Schwefel gleich sein miissen den nach (2) umgesetzten Millimolen Thiosulfat und den nach (3) ent- standenen Millimolen Stickoxyd-Sulfit. In Vers. 1 haben demnach 58O/,, in Vers. 2 70°/0, in Vers. 3 76O/, des umgesetzten Thiosulfates nach (2) reagiert und nur 42 bzw. 30 oder 24O/, des Thiosulfates sind nach (4) in Polythionate iibergegangen. Ton dem zunachst entstandenen Stickoxyd-Sulfit sind in den Versuchen 1 und 3 un- gefahr S O o / , erhalten geblieben, in dem lang ausgedehnten Vers. 2 sind mehr als 60°/, des Stickoxyd-Sulfites nach (1) unter Sulfat- bildung zerfallen.

Vers. 4 in Tabelle 1 sol1 iiber den Reaktionsverlauf in s a u r e r L o su ng orientieren. Die angewendete Thiosulfatlosung wurde durch Zusatz eine~l Gemisches von 75 cm3 n-Natriumacetat und 75 cm3n-Essig- siiure auf pH = 4,7 gebracht. Ebenso wie in den neutralen Losungen farbt sich die Flussigkeit beim Schiitteln mit NO-Gas gelb, die Farbe verschwindet aber bald wieder und nach ungefahr 15 Minuten tritt Triibung durch Schwefel auf. Wie zu erwarten war, enthielt die Losung bei Beendigung des Versuches kein Stickoxyd - Sulfit. Die Verbindung diirfte aber im Laufe der Umsetzung entstanden und gleich wieder zerfallen sein. Die verhaltnismaBig reichliche Schwefelabscheidung scheint bier au5er von Reaktion (2) auch vom Zerfall der Polythionate zu stammen.

In Vers. 5 untersuchte man den Verlauf der Thiosulfat- umsetzung in a lka l i s che r Losung. Die Thiosulfatlosung enthielt 33,l om3 n-NaOH auf 120 cm3. Die Fliissigkeit farbte sich beim Schiitteln mit NO sehr rasch tief gelb und die Farbe blieb wahrend der ganzen Versuchsdauer unverandert erhalten. Bis auf eine sehr geringe Opaleszenz blieb die Losung klar. Von schwefelhaltigen

22*

340 Zeihchrift fur morganische und dlgemeine Chemie. Band 238. 1938

Reaktionsprodukten war nur Stickoxyd - Sulfit nachzuweisen, die Priifungen auf Polythionate, Sulfat und Sulfid tielen negativ aus.

Die Reaktion zwischen NO und Thiosulfat verlauft also in alkalischer Losung sehr einfach, der Vorgang kann durch eine einzige Gleichung wiedergegeben werden:

S20,”+ 8NO + 2OH= 2[N,O,SO3-j”+ 2N,O + H20. (7) Die Ergebnisse des Vers. 5 entsprechen dieser Gleichung, denn

es sind im Ganzen 7,2 mM Thiosulfat umgesetzt worden, dagegen 14,5 mM Stickoxyd-Sulfit entstanden (berechnet 14,4 mM). Die Titration mit Saure ergab, dab von den urspriinglich angewendeten 33,l mM NaOH am Ende des Versuches nur noch 18,4 mM vor- handen waren. Die Abnahme betragt also 14,7 mM @er. 14,4 mN). Auch die Menge des aufgenommenen Gases steht in Einklang mit den Forderungen der Gleichung (7): Fur 1 mM umgesetzten Thio- sulfates sollten 8 mM NO aufgenommen, dagegen 2 mM N,O entwickelt werden. Im ganzen mii6ten also in unserem Falle (8 - 2) . 7,2 = 43,2 mM Gas verschwinden. Die Bestimmung ergab 45,s mM. Das geringe Plus ist auf die Loslichkeit des N,O-Gases in der Salzlosung zuruckzufiihren.

Man mu8 an- nehmen, das Thiosulfat in alkalischer ebenso wie in neutraler Losung primar nach den Gleichungen (2) oder (4) reagiert. Beide Vorgange konnen in alkalischem Nedium schlie6lich zu Stickoxyd-Sulfit als einzigem gelostem Reaktionsprodukt fiihren.

Nimmt man Reaktion (4) als Primarreaktion an, so ergibt sich nachstehende Reaktionsfolge:

Gleichung (7) stellt einen Summenvorgang dar.

2S,O3”+ 2N0 + H,O = S,O,”+ N,O + 2 0 H (4) 2S,O,”+ 60K= 3S,03”+ 2SO3”+ 3H,O (8) SO,”+ 2 N 0 = [(NO),SOJ’ (3)

(7) Reaktion (8) vollzieht sich in atzalkalischer LGsung entweder

Summe: S,U,”+ SNO + 2OH= 2[(NO),SO,J”+ 2N20 + H,O.

unmittelbar oder in Stufen l):

4S,O/+ 6 O H = 5S,O,“+ 2S,O,”+ 3H,O 2 S,O,”+ 6 O H = S,O,” + 4 SO,” + 3 N,O

Summe: 2S,O,”+ 6 OH’= 3 S,03”+ 2 SO,”+ 3H,O.

(5) (9)

(8)

l) Vgl. u. a. A. HURTENACKER u. M. KAUFMANN, Z. anorg. allg. Chem. 148 (1925), 369; A. KURTENACKER, A. MUTSCHIN u. F. STASTNY, Z. anorg. allg. Chem. 224 (1935), 399.

A. Kurtenacker u. H. Lijschner. Die Einwirkung von Stickoxyd usw. 341

Fur die Bildung von Stickoxyd-Sulfit auf dem Wege uber Reaktion (2) kommt folgendes Schema in Betracht:

S,O,”e+ s + so,” (2) (10)

(3) (7)

Dieser Reaktionsweg ist nur moglich, wenn Schwefel in alka- lischer Losung durch NO tatsachlich nach Gleichung (10) in Sulfit, bzw. nach (10) und (3) in Stickoxyd-Sulfit verwandelt wird. Unten wird gezeigt werden, daB dies zutrifft. Demnach ist die fjberfiihrung von Thiosulfat in Stickoxyd-Sulfit sowohl uber Reaktion (2) wie iiber Reaktion (4) moglich. Die letzte Umsetzung durfte aber in alka- lischem Medium die Hauptrolle spielen. Dafur spricht folgendes: 1, In Vers. 5 sind insgesarnt 7,2 mM Thiosulfat umgesetzt worden. In Vers. 3, der zu gleicher Zeit unter ganz gleichen Umstanden, nur in neutraler Losung, ausgefiihrt worden ist, haben im ganzen 29,7 mM Thiosulfat reagiert, davon 22,5 mM nach Gleichung (2), der Rest, also 7 , l mM, nach (4). Die letzte Zahl stimmt fast genau mit dem in Vers. 5 erzielten Gesamtumsatz iiberein.

2. Das Gleichgcwicht (2) liegt in atzalkalischer LSsung sicher noch weit mehr auf der Thiosulfatseite als in neutraler LGsung. Die SO,”-Ei-onzentration in atzalkalischer Losung ist also zweifellos aufierordentlich klein, Anderseits hat Stickoxyd-Sulfit in stark alkalischer Losung eine deutliche Tendenz zur Dissoziation in NO und SO,”. Demnach wird es in alkalischer Losung abweichend von den Verhaltnissen in neutralem oder saurem Medium kaum zu einer wesentlichen Rechtsverschiebung des Gleichgewichtes (2) kommen.

Einwirkung von NO auf Sulfid

In Vers. 6 wurden 200 cm3 einer alkalischen, ungefahr 0,l molaren Losung von Natriumsulfid angewendet. Die Losung enthielt kleine Bei- mengungen von Thiosulfat und Sulfat. Die genaue Zusammensetzung ist aus Tabelle 1 zu entnehmen. Die Sulfidlosung wird in Beriihrung mit NO-Gas sofort gelb, an der GefaBwand scheidet sich fein verteilter Schwefel ab. Wahrend des Schuttelns mit dem Gas geht die Farbe der Losung in Orange uber, spater verblafit die Farbe wieder und schlieBlich wird die Losung fast farblos. Der abgeschiedene Schwefel wird wahrend des Schuttelns grobflockig. Die Hauptmenge NO-Gas wird im Laufe von 3 Stunden aufgenommen, spater schreitet die Reaktion nur sehr langsam fort. Um die Reaktion zu Ende zu

S + 4N0 + 20H’- SO,”+ 2N,O + H,O SO,” + 2N0 = [(NO),SO,-j”

Summe: S,O,”+ 8 N 0 + 2OH= 2[(NO),SO,]”+ 2N20 + H,O.

342 Zeitschrift fiir anorgankche und allgemeine Chemie. Band 238. 1938

fuhren, schuttelte man aber 15 Stunden und belieB die Losung weitere 12 Stunden bei abgestellter Schuttelvorrichtung unter NO-Gas.

Die vom Schwefel abfiltrierte Losung enthielt kein Sulfid mehr, der Thiosulfatgehalt hatte sich nur unwesentlich vermehrt, dagegen war verhaltnismaBig vie1 Stickoxyd-Sulfit entstanden.

Die Einwirkung von NO auf Sulfidlosung vollzieht sich offenbar derart, daB Sulfidion zunachst zu Schwefel oxydiert und ein Teil des Schwefels dann in Stickoxyd-Sulfit iibergefiihrt wird :

S + 2 N 0 + H,O = S + N,O + 2OH' (11) S + 6 N 0 + 2 0 H = [(NO),SO,]" + 2N,O + H,O. (12)

Die Ergebnisse des Vers. 6 entsprechen diesen Gleichungen recht gut. Dies zeigt die folgende Gegeniiberstellung : Nach (11) haben 19,3 mM Sulfidion, nach (12) 19,3 - 13,3 = 6 mM Schwefel reagiert. Es hatten also 6,O mM Stickoxyd-Sulfid entstehen sollen, gefunden wurden 5,s mM. Die Alkalitat hatte um 26,G mM zu- nehmen sollen, die Messung ergab eine Zunahme von 26,s mM. An Gas sollten 74,s mM NO aufgenommen, dagegen 31,4 mM N,O ent- wickelt werden, das verschwundene Gasvolumen hatte also 43,4 mM. entsprechen sollen, tatsachlich wurden 48,2 mM Gas aufgenommen. Die Mehraufnahme ist auf die Loslichkeit des N,O-Gases und auf die Bildung kleiner Mengen Nitrit (1,2 mM) zuriickzufuhren.

Der vorstehende Versuch zeigt also, daS Schwefel im Ent- stehungszustande in alkalischem Medium durch NO weitgehend nach den Gleichungen (12) bzw. (10) und (3) in Stickoxyd-Sulfit iiber- gefuhrt wird.

DUNNICLIFF und Mitarbeiter erhielten bei ihren Versuchen iiber die Einwirkung yon NO auf Ammoniumsulfidlosung Thiosulfat als Reaktionsprodukt. In Vers. 6 entstand dieser Stoff nur in ganz untergeordneter Menge. Zur Aufklarung des Widerspruches wurde Vers. 7 (Tabelle 1) angestellt, bei welchem man unzureichende Mengen NO auf uberschiissige konzentrierte Na,S-Losung einwirken lieB. Die Losung farbt sich in Beriihrung mit NO-Gas sofort stark gelb, beim Schutteln wird die Farbe dunkel braungelb. Voriibergehend scheidet sich auch Schwefel ab, er lost sich aber in der Sulfidlosung bald wieder auf. NO-Gas wird zunachst rasch aufgenommen, nach ungefahr 1 Stunde horte die Absorption aber auf, weil NO aus dem Gasraum fast vollstandig verschwunden war. An seiner Stelle hatte sich nahezu reines (98'/,iges) N,O angesammelt. NO wird also auch in Anwesenheit eines fjberschusses an Alkalisulfid glatt zu N,O reduziert. Man saugte das Gas ab und lie6 frisches NO zustromen.

A. Kurtenacker u. H. LSschner. Die Einwirkung von Stickoxyd usw. 343

Die zunachst rasche, dann praktisch aufhorende Gasabsorption wieder- holte sick Nach Aufnahme von ungefahr 2 Liter Gas wurde das NO nicht mehr erneuert. Die Analyse der Losung erfolgte 23l/, Stunden nach Versuchsbeginn. Zu dieser Zeit war die Lasung nur mehr hell gelb gefarbt, Schwefel hatte sich nicht abgeschieden. Aus Tabelle 2 ist zu entnehmen, daB der Sulfidgehah der Losung um 68,7 mM abgenommen hatte, dafiir waren 34 mM Thiosulfat ent- standen. Stickoxyd-Sulfit konnte nur in Spuren nachgewiesen werden.

Der Reaktionsverlauf ist in Zusammenhang mit den Ergebnissen des Vers. 6 leicht zu erklaren. Offenbar spielen sich in der kon- zentrierten Na,S-Losung zunachst dieselben Reaktionen ab wie in der verdiinnten Losung des Vers. 6, also Oxydation des Sulfidions zu Schwefel bzw. Polysulfidion nach (1 1) und darauffolgende Bildung von Stickoxyd-Sulfit nach (10) und (3). In Vers. 6 war zur Zeit der Bildung von Stickoxyd-Sulfit kein Sulfidion mehr vorhanden, in Vers. 7 dagegen enthielt die Losung bis zum SchluB vie1 von diesem Stoff. Sulfidion muB demnach in Vers. 7 die uberfuhrung von Stick- oxyd-Sulfit in Thiosulfat bewerkstelligt haben:

[(NO),SO,-j” + S + H,O = S,O,”+ N,O + 2 0 H . (13) Eigens angestellte Versuche bestatigten, da6 Sulfidion beim Er-

warmen mit Stickoxyd-Sulfit glatt in Thiosulfat ubergeht.

Versuche

Einwi rkung v o n NO auf Th iosu l f a t und Sulf id I n Abb. 1 ist der zu den NO-Versuchen verwendete Apparat

abgebildet. Teil 1 der Abbildung stellt den Erzeugungsapparat fur NO dar, der dem Gasentwicklungsapparat von KUSTER I) nachgebildet ist. Die NO-Darstellung erfolgt durch Eintropfen von konzentrierter NaN0,-Losung in konzentrierte FeS0,-Losung, die mit dem gleichen Volumen Salzsaure (1 : 1) versetzt ista). Die salzsaure Eisenlosung befindet sich in der mit Hahntrichter versehenen Flasche, durch deren unteren Tubus die verbrauchte Losung abgelassen werden kann. Frische Losung wird durch den Hahntrichter eingefiillt. Die Nitritlosung flieBt aus dem hochgestellten VorratsgefaB in die dar- unter angeordnete Flasche und von hier tropfenweise in die mit Eisenlosung beschickte Flasche. Das in sehr regelmaBigem Strom

I) F. W. K ~ ~ S T E R , J. prakt. Chem. [2] 48 (1893), 598; 2. analyt. Chem. 83

*) J. THIELE, Liebigs Ann. Chem. 263 (1889), 246; L. MOSER, Z. analyt. (1894), 584.

Chem. 50 (1911), 405.

344 Zeitschrift ftir anorganische und allgemeine Chemie. Band 238. 1938

entwickelte NO streicht zur Befreiung von beigemengtem NO, durch drei mit 20-25 O/,iger Natronlauge beschickte Gaswaschflaschen. Hierauf gelangt das Gas in den etwa 2 Liter fassenden Flaschen- gasometer 3 l). Als Sperrfliissigkeit diente hier gesattigte, mit ein wenig NaOH versetzte NaC1-Losung. Da sich NO beim Aufbewahren iiber wagrigen Fliissigkeiten allmahlich unter Bildung von N, und N,O zersetzt, wurde der Gasometer fur jeden Versuch rnit frisch hergestelltem Gas gefiillt. Das Gas enthielt nach den durchgefiihrten Analysen im Durchschnitt etwa 9S0/, NO, der Rest war N2.

I n dem etwa 1 Liter fassenden GefaB 4 er- folgte die Umsetzung von NO-Gas mit den zu untersuchenden Lo- sungen. Vor Beginn eines Versuches wurde das ReaktionsgefaB mit luftfreiem Wasser gefiillt, man setzte dann den Stopsel rnit den geoffneten Hahn- rohren auf, so dag der WasseriiberschuB aus

den Itohren austrat und auch aus diesen die Luft verdrangte. Nun verband man den NO-Gasometer mittels des ebenfalls mit Was- ser gef iillten Gummischlauches mit dem langeren Hahnrohr des ReaktionsgefaBes, spannte dieses rnit dem Hals nach unten in ein Gestell und verdrangte das Wasser vollstandig durch NO. Nach SchlieBen der Hahne erfolgte das Einfiillen der zu priifenden Losung, die man vorher durch Erwarmen im N,-Strom luftfrei gemacht hatte. Man brachte die Losung in ein etwa 300 cm3 fassendes birnen- f iirmiges GefaB, das mittels Gummischlauch mit dem kurzen Rohr des ReaktionsgefaBes verbunden wurde, senkte die obere Flasche des Gasometers, offnete die Gashahne und saugte so den grogten Teil der Losung in das ReaktionsgefaB. Zur 'ijberfiihrung der letzten Anteile der Losung in das ReaktionsgefaB spiilte man einigemal mit gemessenen Mengen luftfreien Wassers nach. Nun wurde das kurze Hahnrohr mit einer Gummikappe versehlossen und

I 2 3 4

in NO-Atmosphare Abb. 1. Apparat fur die Schiittelversuche

9 Vgl. H. RECKLEBEN, G. LOCKEMANN u. A. ECKARDT, Z. analyt. Chem. 46 (1907), 676; H. KUBINA, Z. analpt. Chem. 76 (1929), 40.

A. Kurtenacker u. H. LFschner. Die Einwifkung von Stickoxyd usw. 345

das ReaktionsgefaB in die unter Wasser von 1 5 O befindliche Schiittel- vorrichtung eingespannt.

Vor Einschalten des Motors wurde die obere Flasche des Gaso- meters so weit gesenkt, daB die Sperrfliissigkeit in den beiden Flaschen des Gasometers gleich hoch stand. Der Fliissigkeitsstand in dem unteren GefaB wurde markiert. In der gleichen Weise wurde der Stand der Sperrfliissigkeit bei Beendigung des Versuches fest- gestellt. Die Niveaudifferenz ergibt die Menge des von der Losung aufgenommenen Gases. Die Verbindung zwischen Gasometer und ReaktionsgefaiS blieb wahrend der ganzen Versuchsdauer geijffnet.

Nach Beendigung des Versuches wurde das Reaktionsgef a B wieder mit dem Hals nach unten eingespannt und die Losung unter NO-Druck ausfliegen gelassen.

An a1 y s en m e t h o den : Zur Bestimmung der S-haltigen Stoffe dienten die iiblichen Verfahren, evtl. unter Beriicksichtigung der VorsichtsmaBregeln, die in An- wesenheit von Nitrit einzuhal-

ten ’)* Die Abb. 2. Apparat fur gasvolumetrische von Trithionat nach der Sulfid- methode versagt in Anweaen- heit von Stickoxyd-Sulfit. Der Trithionatgehalt wurde in diesen Fallen aus der Differenz gerechnet.

Der Gehalt an Stickoxyd-Sulfit wurde festgestellt, indem man die zu untersuchende Losung ansauerte und einerseits das ent- standene Sulfat, andererseits das entwickelte N,O bestimmte (vgl. S. 337). I m einzelnen verfuhr man wie folgt: War die Losung sulfatfrei, so sauerte man rnit Essigsaure an, oxydierte vorhandenes Thiosulfat mit Jod und fallte das aus [(NO),SOJ” entstandene Sulfat mit Bariumchlorid. Enthielt die Losung von vornherein Sulfat, so ver- setzte man sie rnit etwas carbonatfreier Alkalilauge und dann rnit einem OberschuB an BaCI,-Liisung. Vom ausgeschiedenen BaSO, wurde abfiltriert und das klare Filtrat mit Essigsaure angesguert. Das sofort neu ausgefallene BaSO, wurde durch Titration rnit Jod von beigemengtem Thiosulfat befreit und dann wie iiblich wbiter- behandelt. Zur N,O-Bestimmung diente der von WEQELIN~) fur die

l) Vgl. A. KURTENACKER u. H. SPIELHACZEK, Z. anorg. allg. Chem. 217

2, G. WEGELIN, Dim. Zurich 1907. Eine genaue Beschreibung findet man

Bestimmungen nach WEGELIN

(1934), 329.

in TREADWELL’S Lehrb. d. analytischen Chemie, 11. Bd., 10. Aufl., S. 391.

346 Zeitschrift fiir anorgsnische und allgemeine Chemie. Band 238. 1938

gasvolumetrische Nitratbestimmung empfohlene Apparat, der in Abb. 2 abgebildet ist. Man fullte in den Kolben zunachst etwa 50 cm3 Wasser, kochte, bis die Luft vollstianclig ausgetrieben war und lieB nach SchlieBen des Trichterhahnes abkuhlen. Die zu prufende Losung hatte man inzwischen (lurch Schutteln im Vakuum von ge- lostem Gas befreit. Man lieB sie durch den Trichter in den Kolben einsaugen, spulte mit Wasser nach und brachte hierauf durch Zugabe von Essigsaure-Scetatpuffer auf pH = 5,6. Beim Ansauern schaumte die Losung sofort auf, das Gas wurde durch kurzes Aufkochen in die mit Quecksilber gefullte Vorlage iibergetrieben, dann brachte man es in eine mit Quecksilber gefullte Gasbiirette und las das Volumen ab. Zur Analyse wurde das Gas in der DREHSCEMIDT- schen Platinkapillare mit Wasserstoff verbranrt. Es erwies sich stets als reines N,O.

Die Bestimmung von Nitrit erfolgte auf jodonietrischem Wege l). Die Ergebnisse der NO-Versuche sind in Tabelle 1 angefuhrt.

R e a k t i o n zwischen St icks tof fd ioxyd und Th iosu l f a t Man beschickte das ReaktionsgefaB 4 (Abb. l), wie S. 344 an-

gegeben, mit NO und Thiosulfatlosung, unterbrach d a m die Ver- bindung niit dem NO-Gasometer und lieB aus einer Gasburette durch das kurze Hahnrohr des ReaktionsgefaBes gemessene Mengen Sauerstoff in die Flasche eintreten. Das entstandene NO, wird von der Flussigkeit sofort aufgenommen, die Thiosulfatlosung farbt sich stark griin und wird sauer, die Farbe verschiebt sich bald nach gelb, schlieBlich wird die Flussigkeit wieder farblos und reagiert fast neutral. Wahrend des Verblassens der Farbe tritt Triibung durch abgeschiedenen Schwefel auf. Diese Erscheinungen sind dieselben wie bei der Thiosulfat-Nitrit-Reaktion I), auch die Zusammensetzung der Reaktionsprodukte entspricht durchaus den dort beobachteten Verhaltnissen. Angewendet wurden z. B. 300 cm3 Thiosulfatlosung mit 30 mM Na,S,O,, in den Gasraum lieB man ungefahr 100 cn13 Sauerstoff eintreten. Die Losung wurde einmal 5 Minuten nach Versuchsbeginn, das andere Ma1 ungefahr 1 Stunde spiiter analysiert. Zur Zeit der ersten Analyse war die Losung noch stark grun gefarbt und klar. Der Thiosulfatgehalt hatte um 7,5 mM abgenommen, an Reaktionsprodukten wurden festgestellt : 0,02 mM S306”, 0,17 mM S,O,”, 2,8 mM S,O,” und 1,0 mM SO,”. Nach 1 stundigem Schiitteln war der Thiosulfatgehalt urn 8 4 mM gesunken , entstanden waren

Vgl. A. KURTENACEER u. H. SPIELHACZEK, 1. C.

A. Kurtenacker u. H. Liischner. Die Einwirkung von Stickoxyd uaw. 347

0,4 mM S,O,”, 0,9 mM S,O,”, 2,O mM S501, 1,l mM SO,“ und 0,8 mM S. Der Haupttteil der Umsetzung ist also schon in 5 Minuten zu Ende. Das iiber der Fliissigkeit stehende Gas enthielt aufler uberschussigem NO hauptsachlich N,Q, in Losung befanden sich Nitrit und Nitrat.

Die Gesamtreaktion spielt sich also derart ab, da8 NO, zunachst in Wasser in Losung geht:

unil die entstandene salpetrige Saure auf Thiosulfat einwirkt. Diese Umsetzung liefert Tetrathionat als erstes Produkt I):

2 N 0 , + H,O = NO,‘ +-NO,’+ 2 H (14)

4 S,O,” + 2 NO,’ + 6 H = 2 S,O,” + N,O + 3 H,O . (15) Reaktion (14) vollzieht sich quantitativ, Reaktion (15) kann

dagegen nur bis zur Neutralisation der von (14) gelieferten Wasser- stoffionen ablaufen. Summiert man (14) und (15) unter Beriicksichti- gung dieses Umstandes, so ergibt sich:

4 S,O,“ + 6 NO, = 3 NO,’ + NO,’ + N,O + 2 S,O,”. (16) Urn festzustellen inwieweit diese Gleichung gilt, bestimmte man

in einigen Versuchen die in Losung befindlichen Mengen Nitrit und Nitrat quantitativ. Die Nitritbestimmung erfolgte jodometrisch. Zur Bestimmung des Nitratgehaltes kochte man eine Probe der Losung mit FeC1, und Salzsaure in der WEGELIN’SChen Apparatur (Abb. 2) und mal3 das entwickelte NO, das der Summe von Nitrit und Nitrat entspricht. Der Nitratgehalt ergibt sich dann nach Abzug der dem Nitrit entsprechenden Menge.

Nachstehend die Ergebnisse eines Versuches: Man lie8 auf eine Losung von 63,7 mM Thiosulfat in 300 cm3 29,2 mM NO, einwirken. Es wurden 20,s mM S,O,” verbraucht und die Losung enthielt nach der Umsetzung 15,O mM NO,‘ sowie 5, l mMNQ,’. Nach Gleichung(l6) sollten mit der angegebenen NO,-Menge 19,5 mM S,O,“ unter Bil- dung von 14,6 mM NO,’ und 4,9 mM NO,’ reagieren. Die nber- einstimlnung zwischen Versuch und Gleichung (16) ist hinreichend und gar nicht besser zu erwarten, weil ja in Gleichung (16) die sekundaren Zersetzungsreaktionen des Tetrathionates unberiicksichtigt geblieben sind.

Verha l ten v o n S t ickoxyd-Sul f i t Man bereitete eine Losung von Stickoxyd-Sulfit durch Ein-

wirkung von NO-Gas auf alkalische Sulfit-Losung, welche 44 mM

l) Vgl. A. KURTENACKER u. H. SPIELHACZEK, 1. c.

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Na,SO, und 5mM NaOH in 100 01113 enthielt. Die berechnete Menge Gas wurde in 15 Minuten aufgenommen. Nach Starkezusatz wurde die mit NO behandelte Lijsung durch eine Spur Jodlijsung dauernd blau gefarbt, die Losung enthielt also kein freies Sulfit mehr.

Beim Kochen mit Essigsgure-Acetatpuffer oder mit CuS0,-Losung entwiclrelte die Stickoxyd-Sulfitlosung reines N,O-Gas. Unter diesen Umstanden erlolgt also ausschlieBlich Zerfall nach Gleichung (1).

Zerfall in alkalischer Losung: 20 om3 der Stickoxyd-Sulfitlogung wurden in der WEGELIN’SChen Apparatur mit 16 om3 25’//,iger Natronlauge versetzt und durch 1 Stunde im gelinden Sieden er- halten. Das entwickelte Gas bestand zu 96,4O//, aus N,O und zu 3,6O/, aus NO. Die Analyse der im Kolben verbliebenen Losung ergab auBer grofien Mengen Sulfat die Anwesenheit von 0,5 mM Sulfit. I n der stark alkalischen Lijsung vollzieht sich also zum Unterschied von den Verhaltnissen in der neutralen oder sauren Losung ein merklicher Zerfall des Stickoxyd-Sulfites in NO und SO,”:[(NO),SO,J’ = 2N0 + SO,”. Diese Art der Zersetzung haben bereits DIVERS und H A G A ~ ) beobachtet.

Einwirkung auf Thiosulfat : Die stark alkalische Liisung von Stickoxyd-Sulfit wurde mit 19,27 mM Na,S,O, versetzt und dann wie vorstehend angegeben weiterbehandelt. Nach 1 stiindigem Er- hitzen wurden 19,22 mM Na,S,O, wiedergefunden. Eine Einwirkung von Stickoxyd-Sulfit auf Thiosulfat findet also nicht statt.

Umsetzung mit Sulfid: Man erwarmte 25 cm3 Stickoxyd-Sulfit- losung mit etwa 4 mM Na,S durch 10 Minuten bis nahe zum Sieden. Die Losung enthielt dann 3,4 mM Thiosulfat. Der Sulfidschwefel hatte sich also fast vollstandig nach Gleichung (13) in Thiosulfat verwandelt.

E inwi rkung von Forma ldehyd auf Th iosu l f a t ,) Losungen von Natriumthiosulfat wurden durch Zusatz von Na-

triumacetat, NaHCO, oder Essigsaure-Acetatpuffer auf beatimmte p,-Werte gebracht und durch 70-90 Stunden im Thermostaten auf 50 O erhitzt Das Fliissigkeitsvolumen betrug in jedem Falle 100 cm3, in diesen maren stets 7,59 mM Na,S,O, enthnlten. Die Losungen blieben zwischen pH = 8,s und pH = 4,6 vollkommen unverandert,

DIVERS u. HAGIA, J. chem. SOC. London 67 (18951, 1097. Diese Versuche wurden von Dr. F. STASTNY ausgefuhrt. Wegen nilherer Einzelheiten vgl. A. KURTENACKER, A. MUTSCHIN u.

F. STASTNY, Z. anorg. allg. Chem. 224 (1935), 404, 413.

A. Kurtenacker u. H. LSschner. Die Einwirknng von Stickoxyd usw. 349

erst bei pH = 3,s trat allmahlich Zersetzung des Thiosulfats in Schwefel und Bisulfit ein I).

In weiteren Versuchen versetzte man die gepufferten Thiosulfat- losungen mit je 5 om3 Formaldehpd (40n/,ig), fiillte auf 100 cm3 auf und verfuhr d a m wie angegeben. Die Losungen enthielten wieder 7,59 mM Na,S,O, je 100 cm3. In allen Losungen trat wtihrend des Erhitzens Zerfall des Thiosulfates unter Schwefelabscheidung ein. Wie die folgenden Zahlen zeigen, ist der Zerfall bei pH = 4,6 sogar fast quantitativ :

p R . . . . . . . . . . . . . . . . 8,9 8,4 5,6 4,6 Abnahme des S,O,"-Gehaltes in mM 1,03 0,79 4,44 7,34 Abgeschiedene Menge S in mM . . 0,65 0,67 4,47 7,33

Formaldehyd bewirkt also eine weitgehende Zersetzung des Thio- sulfates. Sie beruht, wie schon S. 338 angegeben wurde, auf einer Rechtsverschiebung des Gleichgewichtes (2) infolge Bildung von Form- aldehydbisulfit.

I) Vgl. A. KURTENACKER, A. MUTSCHIN U. F. STASTNY, 1. c.

Briinrz, Deutsche Iechnische Hochschule, Institut fur anorganische und analytische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 10. Juni 1938.