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1878. ANNALEN x 9. DER PHYSIK urn CHEMIE. NEUE FOLGE BAND V I. U&er die EZect9+cW&erregung beim C w fester und gmfiirm,@er EWper; urn. W. Beetx. A1s ich meine ersten Versuche uber die electromotorischen Kriifte von Gasketten bekannt machte, sprach ich mich iiher den Ort aus, an welchem der Sitz der erzeugten Spannungsdifferenz zu suchen sei. l) Gr o v e hatte als solchen die Beriihrungsstelle von Platin, Gas und Fliissig- keit angenommen.8) Ich liess diese Annahme nicht a19 allgemein .richtig gelten; fur Gase, welche vom Wasser stark absorbii-t werden, wie Chlor, ist sie es gewiss nicht, denn eine Platinplatte, welche ganz in chlorhaltige Flus- sigkeit untergetaucht ist, verhiilt sich electrisch stark dif- ferent gegen eine in chlorfreie Fliissigkeit tauchende Pla- tinplatte. Fur andere Gase zeigte ich, dass der Vorgang ganz ahnlich angesehen werden konne; er ist nur um so weniger deutlich auagesprochen , je weniger dieselben in der Fliissigkeit loslich sind. Ich bekleidete den oberen, von Wasserstoffgas umgebenen Theil einer Platinplatte mit einer isolirenden Schicht, so dass das freie Platin ganzlich von der Fliissigkeit bedeckt war und erhielt den- noch ein wirksames Gaselement, freilich von etwas geringe- rer electromotorischer Kraft, als wenn auch das obere Platinende direct vom Gase umgeben gemesen wke. Ich habe mich a. a. 0. uber die Griinde dieses Unterschiedes ausgesprochen. Spgter ist G au g ai n ebenfalls zu dem .. ~ ~- I) Pogg. Ann. LXXVII. p. 505. '1) Philos. Trans. 1313. 11. p. 97. inn. d. Phys. u Gem. N. F. V. 1

Ueber die Electricitätserregung beim Contact fester und gasförmiger Körper

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Page 1: Ueber die Electricitätserregung beim Contact fester und gasförmiger Körper

1878. A N N A L E N x 9.

DER PHYSIK urn CHEMIE. NEUE F O L G E B A N D V

I. U&er die EZect9+cW&erregung beim C w fester und gmfiirm,@er EWper; urn. W. Beetx.

A1s ich meine ersten Versuche uber die electromotorischen Kriifte von Gasketten bekannt machte, sprach ich mich iiher den Ort aus, an welchem der Sitz der erzeugten Spannungsdifferenz zu suchen sei. l) G r o v e hatte als solchen die Beriihrungsstelle von Platin, Gas und Fliissig- keit angenommen.8) Ich liess diese Annahme nicht a19 allgemein .richtig gelten; fur Gase, welche vom Wasser stark absorbii-t werden, wie Chlor, ist sie es gewiss nicht, denn eine Platinplatte, welche ganz in chlorhaltige Flus- sigkeit untergetaucht ist, verhiilt sich electrisch stark dif- ferent gegen eine in chlorfreie Fliissigkeit tauchende Pla- tinplatte. F u r andere Gase zeigte ich, dass der Vorgang ganz ahnlich angesehen werden konne; er ist nur um so weniger deutlich auagesprochen , je weniger dieselben in der Fliissigkeit loslich sind. Ich bekleidete den oberen, von Wasserstoffgas umgebenen Theil einer Platinplatte mit einer isolirenden Schicht, so dass das freie Platin ganzlich von der Fliissigkeit bedeckt war und erhielt den- noch ein wirksames Gaselement, freilich von etwas geringe- rer electromotorischer Kraft, als wenn auch das obere Platinende direct vom Gase umgeben gemesen wke. Ich habe mich a. a. 0. uber die Griinde dieses Unterschiedes ausgesprochen. Spgter ist G a u g a i n ebenfalls zu dem .. ~ ~-

I ) Pogg. Ann. LXXVII. p. 505. '1) Philos. Trans. 1313. 11. p. 97.

inn. d. Phys. u Gem. N. F. V. 1

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2 F K Beetz.

Schluss gelangt, dass das Plat in nur auf die in der Flus- sigkeit aufgelosten Gase wirke I); er senkte einen Platin- draht , melcher vom Gase umgehen war und in die Flussig- keit tauchte, allmiihlich so tief in diese ein, bis er ganz von ihr bedeckt war und erhielt dann ganz dieselbe Span- nungsdifferenz, wie wenn ein Theil des Drahtes vom Gase, der andere von der Flussigkeit umgeben war. Ich hsbe das darsus erkliirt, dass bei dieser A r t den Versuch an- zustellen, der Drnht zuerst wirklich mit dem Gase in Be- riihrung gewesen war und dnnn eine condensirte Gasschicht in die Flussigkeit mitnahm.?) Weiter habe ich mich in den oben angezogenen Abhandlungen clnriiber ausgesprochen, dass ron dem Grade einer solchen Verdichtung der Gase die Grosse der Spannungsdifferenz zwischen einem reinen und einem mit einem Gase bekleideten Metalle abhange, dass die Verdichtuns grosser oder kleiner sei j e nach dem Metalle, mit welchem die Gaselemente hergestellt wurden, und dass die Verdichtung besonders stark durch electro- lytische Polarisation hervorgebracht merde , weshalb die electromotorische Kraf t der Gase in diesem Falle eine besonders p o s s e sei. Die schon durch die Einwirkung kleiner Wasserstoffmengen auf Platin hervorgebrachte be- trachtliche Spannungsdifferenz verglich ich mit der ana- logen Erscheinung, welche die Stellung der Amalgame in der Spannungsreihe zeigt. M a c a l u s o lint ferner nach- gewiesen, dass durch die lange fortgesetzte electrolytische Entmickelung von Wasserstoff oder Chlor an Platin- oder Kohlenelectroden weit grijssere electromotorische Eraf te erzeugt werden konnen als durch einfache Beriihrung der Gase mit den Platten oder durch kurzdauernde Gasent- wickelung an denselben; er glaubte deshalb, den electro- lytisch abgeschiedenen Gasen in iiihnlicher Weise einen activen Zustand zuschreiben zu sollen, wie m-ir ihn am Sauerstoff k e n n e ~ ~ . ~ ) Ereilich ist. was den Wasserstoff be-

1) C. R. LSIV. p. 364. 186;. 2 ) Pogg. Ann. C S s U I . p. 461. 3) Ber. d. !i. siichs. Ges. d. \\'ius. JIxtli.-phys. CI. 1Si3. p. 306.

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triEt , durch M a g n u s das Vorhandensein einer , schon fruher von 0 s a n n angenommenen activen Modification sehr zweifelhaft gemacht worden.')

Wahrend es sich bei allen diesen Untersuchungen urn das Vorhandensein bedeutender Gasmengen an den Metall- platten handelte, ist neuerdings derjenige Fall eingehend besprochen worden, in welchem sich nur diinne Gasiiber- ziige iiber die Platten gebildet haben. F. K o h l r a u s c h hat diese diinnen Ueberziige einer sorgfaltigen Betrach- tung unterworfen z, und H e l m h o l t z 3 ) und H e r w i g J ) haben die Analogie zwischen einer zwei polarisirte Elec- troden miteinander verbindenden Fliissigkeitsschicht und einem Condensator zum Gegenstand ihrer Untersuchungen gemncht. Hierbei hat H e 1 m h o 1 t z die Ansicht vertreten, dass bei der Polarisation nicht nur oberfiachlich haftende. sondern auch tiefer in das Platin eingedrungene Theile des Gases eine Rolle spielen miissen, wovon die Moglich- keit clurch die von G r a h a m am Palladium und Platin ausgefiihrten Versuche schon angezeigt sei. I n der That ge- lang es Crovas) undspater auch Root? , bei der Electrolyse yerdiinnter Schwefelsaure ein Durchdringen des Wasserstoffs durch eine Platinplatte nachzuweisen , indem diese Platte nicht nur auf der Seite, an welcher die Electrolyse statt- fand. polarisirt erschien, sondern auch an der entgegen- gesetzten, vor jeder electrolytischen Einwirkung geschiitzten.

Wur von wenigen Forschern sind bei Untersuchungen uber galvanische Polarisation andere Gase in Betracht ge- zogen worden, als WasserstoR und Sauerstoff, und es ent- steht deshalb die Frage. oh man auf alle Falle der Pola- risation ganz dieselhe Anschauungsweise ausdehnen kann. welche fur die beiden genannten Gase und zwar vorzugs-

1) Vgl. W i e d e m a n n , Galvanismus. 2. Aufl. I. p. 533. 2) Gott. Nachr. 1872. Nr. 23. p. 453. 3) Monrtsber. d. Berl. A h d . d. Wiss. 19i3. p. 587. 4) Wied. Ann. 11. p. 566. ,5) Mondes T. V. p. 910 1Y64. Wied. Galr. (3) I. 5. 49s. 6) Monrtsber. d. Berl. hksd. d . Wiss. 1876. p. 21i .

1'

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4 W. Beetz.

weise fur den Wasserstoff gelten. Eine Reihe von Ver- suchen, welche ich rnit Palladium- und mit Kohlenelectro- den angestellt habe, diirfte zur Beantwortung dieser Frage beitragen.

Ueber die electromotorische Stellung des Palladiums sich genaue Kenntniss zu verschaffen, ist eine sehr schwie- rige Aufgabe. Das Palladium, wie man es im Handel er- halt, ist stets gegluht worden und hat dabei, wie G r a h a m gezeigt hat, Gase in sich aufgenommen. Die Mittel, wel- che man gewohnlich anwendet, um solche occludirte Gase, namentlich Wasserstoffgas, aus dem Palladium auszutrei- ben, geniigen so weit, class eine chemische Analyse wohl keine Ruckstande mehr nachweisen kann, aber nicht um auch jede Veranderung im electromotorischen Zustande des Xetalles zu vernichten. Namentlich gilt dies von der Behandlung mit der Quecksilberluftpumpe; es ist mir nie gelungen, eine Palladiumplatte, an welcher eine Wasser- stoffentmickelung stattgefunden hatte, auf diese A r t ganz in ihre friihere electromotorische Stellung zurcickzubringen. Tollstandig wird dagegen der letzte Wnsserstoff' dadurch entfernt, dass man an der Platte langere Zeit hindurch Sauerstoff entwickelt. Dabei aber bedeckt sie sich mit einer braunen Oxydschicht; entfernt man dieselbe durch noch so sorgfaltiges Abreiben, so nimmt die Platte doch immer eine vie1 negativere Stellung in der Spannungsreihe ein, mie wenn man sie mit verdiinnter Salzsaure abgeputzt hat. Zur Bestirnmung dieser Stellung habe ich mich meines Universalcompensators I) bedient , mit dem auch alle iibrigen Uessungen der hier in Betracht kommenden Span- nungsdifferenzen gemacht worden sind. Die zu priifende Palladiumplatte tauchte in sehr verdiinnte Schwefelsaure (1 : 100) und bildete so den negativen Bestandtheil eines Elementes, dessen positiver aus einern arnalgamirten in coiicentrirter Zinkvitriolliisung stehenden Zinkcylinder be- stand. Beicle Fliissigkeiten waren durcli ein an beiden

I ) \Vied. Ann. 111. p. 1.

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Enden durch Thonzellen geschlossenes und mit verdiinnter Schwefelsaure gefiilltes Heberrohr miteinander verbunden. Als Einheitselement diente ein Daniellelement in der schon friiher Ton mir angewandten Gestalt; die Zinkzelle in dem- selben ist mit Zinkvitriollosung gefiillt. Wenn man die electromatorische &aft eines solchen Elementes mit d bezeichnet , die eines Daniellelementes , dessen Zinkzelle verdiinnte Schwefelsaure enthalt, mit D, so ist d=0,95D. Da die Kraft D als Einheitskraft allgemein eingefuhrt ist. so habe ich auch meinc folgenden Angaben alle auf die- selbe reducirt. Ebenso citire ich aus friiheren Arbeiten den Werth der electromotorischen m i f t e in der Einheit D = 1 und betrachte auch als Ausgangspunkt, d. h. als positiven Theil des in Rede stehenden Elementes, immer amalgamirtes Zink in verdiinnter Schwefelsaure , so dass also z. B. die electromotorische &aft Zink in verdiinnter Schwefelsiiure I Platin in verdiinnter Schwefelsaure oder abgekiirzt geschrieben Zn I Pt = 1,61 D, Zink in verdunn- ter Schwefelsaure Platin mit Wasserstoff bekleidet in verdiinnter Schwefelsaure, oder Zn [ Pt,H=0,80 D u. s. w. So fnnd ich denn die Kraft Zn 1 P d , wenn ich das oxy- dirte Blech nur mechanisch abgerieben hatte, stets sehr gross, zwischen 1,90 und 2,03 D schwankend, offenbar weil immer noch Oxydriickstande hafteten. Wurde dagegen der braune Ueberzug durch verdunnte Salzsaure entfernt. so fand sich die electromotorische Kraft innerhslb ziem- lich enger Grenzen constant, namlich :

1,24 1,26 1.24 1,29 1,32 1,31 1,28 im Mittel Zn 1 P d = 1,28 D.

Wenn wir das so gereinigte Palladium wirklich als rein betrachten durfen, so ist dessen Stellung in der elec- tromotorischen Reihe dem Zink betrikhtlich naher, als die des Platins. Jmmerhin ist es nicht rsthsam, die Stel- lung einer durch irgend ein Gas polarisirten Palladium- platte bei messenden Versuchen auf die des reinen Palla- diums zu beziehen ; weit sicherer liisst sich dieselbe ermit- te ln , wenn man unter allen Umstanden die amalgamirte

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ti JK Beet=.

Zinkplntte in concentrirter Zinkvitriolliisung mit der zii untersuchenden Plntte durcli das Heberrohr zu einer Ket te verbindet, ocler auch wenn man zwei durch verschiedene Gase polarisirte Plntten unmittelbar einnnder gegenuberstellt.

Zwei BUS deinselben Blech geschnittene Pulladium- plntten wnrden durch Korke gesteckt , welche die oberen Enden zmeier Glasrohren schlossen. Die Rohren wurden mit verdunnter Schwefelsiiure gefullt und in ein Glas, wel- ches dieselbe Flussigkeit enthielt, omgestiirzt. D m n wurde in die eine Riihre Sauerstoffgas, in die andere Wasser- stoffgas gebracht. Beide Gase wnren electrolytisch ent- wickelt und murclen in kleinen Gasometern auf bemahrt, aus denen sie nach Bedarf entnommen merden konnten.

Die mit Sauerstoff umgebene Plat te zeigte in ihrer electromotorischen Beschaffenheit nicht die geringste Ver- anderung, weder sogleicli , noch nach Lingerer Einwirkung des Sauerstofis. Die Spannungsdifferenz Zn I P d , 0 war ganz unverandert dieselbe, wie Zn Pd. Dits Wasserstotf- gas dagegen iibte vom ersten dugenblick an einen starken Einfluss; beim Eintreten der ersten Gasblase murde clas Palladium sofort positiver und, nachdem eine Zeit hindurch Gas vom Xetalle aufgenommen worden war, wurde die Kraf t Zn 1 P d , H bei verschiedenen mit Blechen oder Drahten nngestellten Versuchen gefunden :

0,64 0,69 0,71 0.50 0.69 im Nit te l Z n 1 Pd, H = 0.69 D.

huf dieser Hohe blieb sie stehen, auch wenn so lange Wasserstoff von aussen hinzugefuhrt oder an der Plat te selbst entwickelt worden war, dass es vom Palladium nicht mehr absarbirt werden konnte, sonclern dessen ob’eren Theil frei nmgab. Hiernach wiircle die Spannungsdifferenz :

sein, wahrend ich friiher:

gefunden hatte. Ob die Palladiumplatte blank oder mit einem Ueberzuge von Palladiumschwarz angewandt wurde, machte keinen Unterschiecl.

Pd. H 1 P d = 1,29 - 0,69 = 0,59 D

Pt,H I Pt = 0.S1 D

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Weitef wurden Palladiumplatten als Electroden einer tlrei- bis vierpaarigen Grove'schen oder einer sechspaarigen Xeidinger'schen Siiule gebraucht. Auch diese Electroden wtren in Glasrohren eingeschlossep, um die Electrolyse so lnnge fortsetzen zu konnen, bis das entwickelte Wasser- stoffgas nicht mehr vom Palladium absorbirt wurde. Die Messung der vorhandenen Polarisation geschah ebenfalls mittelst des Universaleompensators; die an demselben an- gebrnchte einfilche Auslosung liefert bei einiger Uebung sehr c0nstant.e Resultate, wenn sie auch, wie alle Bhnliclien Vorrichtungen, den U e b e l s t d nicht ganz vermeidet, dass tler Polarisationsstrom erst eine , wenn auch sehr kurze, Zeit nach Unterbrechung des polarisirenden Stromes geschlossen . wird. Zum C'nterschiede von der electro- motorisclien Kraft Zn I Pd , E l welche durch die blosse Cmgebung einer Palladiumplatte mit Wasserstoff erregt wird, bezeichne ich mit Zn I PJ, die durch die gdvitnische Polarisation vom Wasserstoff erregte Kraft. Dieselbe wurde gefunden :

U,69 0;iI 0,67 im Mittel Zn I Pcl, = 0,60 D ,

(1. h. ganz ebenso gross, wie Zn j Pd, H. I n diesem Falla hatte also ein Einpressen des Wasserstoffes in die Palladinm- plntte durch den electrolytischen Vorgang gar keinen Er- folg mehr; die Platte war bereits mit Wasserstoff ganz gefiillt.

N i t der positiven Electrode angestellte Messungen gnben ganz unbestimmte Resultate. Die Platten braunten sich sogleich und wurden sehr stark negstiv, so dass ich I'iir die &aft Zn I Pd, Werthe wie 2,12 D erhielt. Dem- entsprechend wurden auch fur die Gesammtpolarisation Pd, I Pd, sehr grosse Kriifte gefunden; ich uberzeugte mich aber, dass eine Aufzahlung derselben gar keine Be- deutung hat, da hier gar nicht mehr die Wirkung des gasformigen activen oder passiven Sauerstoffs in Betracht kommt, sondern die der sbgelagerten Ox).dschicht. Ich kann deshalb von den: von anderen Beobachtern uber die

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8 W. Beetz.

Starke der Polarisation an Palladiumplatted gemachten Zahlenangaben auch nur eine mit meinen eigenen Resul- taten vergleichen: G r a h a m l) fand namlich die durch 1 bis 4 Bunsenelemente hervorgebrachte Polarisation:

Pd, I Pdo = 1.50 his 1,85 D.

Ich selbst finde bei der Electrolyse durch 4 Grove oder 6 Meidinger:

1,83 1,77 im Mittel Pd, 1 Pto = 1,80 D ,

also sehr nahe ebenso, wie G r a h a m ; die Platinplatte war dabei nicht ganz bis zum Maximum polarisirt. Eine von P e a r n e 11 z, gemachte Angabe, nach welcher die Polarisation Pd, I Pd, = 0,306 D sein soll, ist offenbar vie1 zu niedrig.

Das Ueberziehen des Palladiums mit Palladiumschwarz anderte auch an der Polarisation durch Wasserstoff nichts. B 6 t t g e r 3) giebt Beweise fur die kraftige Polarisation solcher geschwarzter Palladiumplatten; die hervorragende Wirkung kommt aber erst beim dauernden Stromesschlusse in Betracht, wahrend er bei der moinentanen Schliessung, welche die Compensationsmethode verlangt, ohne Belang ist. Die Bekleidung der positiven Electrode mit Palladium- schmarz wird sofort abgestossen; die sich bildende Oxyd- schicht blattert den schwarzen Ueberzug vollstiindig ab.

T o n anderen Gasen habe ich am Palladium noch wirken lassen Chlor, Kohlenoxyd, Ae thylen und Schwefel- wasserstoff.

Chlor mirkt gleich mit den ersten Spuren. welche in die Fliissigkeit eintreten und von ihr absorbirt werden, stark negatir. A19 die Fliissigkeit mit Chlor gesattigt war, zeigte sich die electromorische Kraft :

Zn I P d , C1= 2,O-I D t

1) Philos. Mag. (4) XXXVIII. 11. 243. 2) ib. X m X . p. 52. 3) Jahresber. d. Frankf. ph. Ver. 1875-1876. p. 23.

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bei langerem Stehen der Combination stieg sie sogar noch, aber nur um ein Geringes.

P d I P d , Cl=0,76 D. Der Versuch, durch Electrolyse von Salzsiiure das

Palladium mit Chlor zu polarisiren, musste als unntitz aufgegeben werden. Schon das von aussen her in das Gaselement eingefiihrte Chlorgas griff das Palladium an und braunte das Metal1 sowohl als die Fliissigkeit nach einiger Zeit; bei der Electrolyse aber begann dieser An- griff sofort in heftiger Weise, auch ein Ueberzug von Palladiumschwarz wurde sofort abgestossen.

Aethylen und Kohlenoxydgas in die die eine Palla- diumplatte enthaltende Rohre eingefiihrt, polarisiren die- selbe beide positiv und zwar fand ich nach Einfidrung des Aethylens die Werthe:

Hiernach ist dann:

1,22 1,24 1,23, im Mittel Zn 1 P d C, H, = 1,23 D , ,

und nach Einfuhrung des Kohlenoxydgases : 1,05 1,06,

im Mittel Zn 1 P d , CO = 1,05 D. Hiernach ist dann :

Pd, C,H, 1 P d = 0,05 D , P d , CO I P d = 0,23 D.

Wurde Schwefelwasserstoffgas in das Rohr eingefiihrt, so erhielt ich gleich nach Eintrit der ersten Blasen die Spannungsdifferenz:

Z n I Pd , H,S = 0,88 D. Wurde die Flilssigkeit mit immer neuen Gasmengen

geschuttelt, so dass sie sich mit dem Gase sattigte, so veranderte sich diese Differenz fast nicht, ich erhielt nach zweimal erfolgter neuer Fiillung :

0,87 und 0,87, so dass sich ergibt:

Pd , H, S I P d = 0,41 D.

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10 FV. Beetr.

Die Kohlen, mit- denen ich experimentirt habe, sind vierkantige, aus Retortenkohle geschnittene Stiibe, wie sie fur die electrischen Lampen gebraucht werden. Sie sind von grosser Harte und sehr dichtem Gefiige. Die Kohlen wurden durch Auskochen in Salpetersaure, in Wasser und endlich in verdiinnter Schwefelsiiure, in der sie dann erkalteten, gereinigt. Sollten sie in verdiinnter Sdzsiiure s t s t t in Schwefelsaure gebrnucht werden, so war auch diese Flussigkeit die letzte, in der sie nusgekocht wurden. Die verschiedenen Stabe wurden durch diese Behandlung ziemlich gleichartig; wenn ich sie in verdiinnte Schwefel- saure brachte und diese durch das Heberrohr mit der Zinkzelle verband, so erhielt i Kriifte :

1,32 1,33 1,58 1,27 1,27 1,35

im Nittel Zn

h folgende electromotorische

1,30 1,30 1,29 1,37 1,37 1,32, C = 1,31 D.

Zu jeder Versuchsreihe mussten neue Kohlenstucke nngemondt merden, da die durch verschiedene Einwirkungen veranderten Kohlen sich nicht mieder auf ihren anfanglichen Zustand zuruckfCihren liessen. Sauerstoff oder Wasserstofi' in die Rohren, welche die Kolilen umschlossen, hinein- geleitet, brachten nicht den geringsten Erfolg hervor; die electromotorische Krnft der Combination blieb ganz un- verandert = Zn 1 C. Ebenso indifferent verhielten sich Kohlenoxyd und Aethylengas. Diese - Ergebnisse stimmen nicht mit meinen fruheren Erfahrungen uberein, nach denen die genannten Gase auch an Bunsen'scher Kohle electromotorisch wirkten, und durch welche ich veranlnsst murde anzunehmen, dass die electromotorischen Kriifte von Gasketten, die aus verschiedenen Metall- (oder Kohlen-) platten, aber aus den gleichen Gasen zusammengesetzt wiirden, in einem bestimmten, von der verdichtenden Kraft, welche die Metalle auf die Gase ausiibten, abhangigen Verhaltnisse standen. Die Kohlen, mit denen ich vor dreissig Jahren nrbeitete, waren sehr parose, aus GO&

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und Steinkohle bereitete Batteriekohlen und ich sagte dnmals, der von mir fiir meine Kohlen gefundene Ver- diclitungscoefficient sei gewiss nicht als allgemein giiltig zu betrachten; andere Eohlen mochten sich anders ver- halten. Bei den jetzt gebrauchten ist also von einer solchen Proportionalitat iiberhaupt gar keine Rede , die angewandten Gase mussten auf der Kohle gar keine Ver- dichtung erfahren haben. Urn diese etwas unwahrschein- liche Thatsache genauer zu priifen, schnitt ich nus solcher Retortenkohle zwei regelmgssige Stucke! deren jedes einen Querschnitt von 0,s x 015 qcm und eine Lange von 1 cm, also einen Cubikinhalt von 0,25 ccm hatte. Diese Kohlen- stiicke wurden stark ausgegliiht und dann in Ammoniakgas gebracht, welches in Masssrohren iiber Quecksilber abge- sperrt war. Nachdem die alte Temperatur vollig wieder hergestellt war , hatte das Volumen des Ammoniakgases urn eine Kleinigkeit, die sich bei der veranderten Gestalt des Meniscus nicht scharf bestimmen liess , zugenommen. HYtte die Zunahme 0,25 ccm betragen, so ware das ein Beweis, dsss in der That gar kein Gas absorbirt war; immerhin zeigten die Versuche dass die Retortenkohle selbst von diesem Gase, das andere Kohlensorten so leb- haft absorbiren, so gut wie nichts aufgenommen hatte.

Ganz anders verhielt sich die Kohle gegen Chlor. Diesas Gas wurde so lange in die Rohre des Elementes hineingeleitet , bis es nicht mehr vollkommen absorbirt murde , dann wurde wieder die Verbindung der Leitungs- fliissigkeit mit der Zinkzelle hergestellt und murden folgende Spannungsdifferenzen gefunden :

1,97 1,97 1,94 2,01 im Mittel Zn I C , C1 = 1197 D ,

so class sich ergibt: C 1 C , C1 =0169 D.

Wurde das Chlor nicht von aussen her in die Rohre eingefiihrt, sondern durch Electrolyse verdiinnter Salzsaure

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gleich an der Kohlenelectrode entwickelt, so ergaben sich noch grossere electromotorische Kriifte, namlich :

2,13 2,25 2,18 im Mittel Zn 1 Cc, = 2,19 D.

Bei langer aauernder Polarisation hat M a c a l u s o noch grossere Werthe beobachtet.

Dass Kohlenelectroden durch Electrolyse in verdunnter Schmefelsaure sehr stark polarisirt werden, ist schon be- kannt; namentlich hat neuerdings D u f o u r I) hierauf auf- merksam gemacht. Ich fand die Polarisationsgrosse fur beide Electroden zusammen:

2,08 2,21 1,96 2,04 im Mittel C, I C, = 2,07 D.

Fiir die Polarisation der negstiven Electrode wurde nach Herstellung der Verbindung mit der Zinkzelle ge- funden:

0,27 im Mittel Zn

2,16 im Mittel Zn

fur die der positiven:

0,26 C, = 0:26 D ,

2,38 C, 5 2,27 D.

Durch directe Vergleichung wurde ferner gefunden die Kraft zwischen reiner Kohle und mit Wasserstoff

1,07 1,11 polarisirter :

im Mittel C, I C = 1,09 D und zmischen reiner Eohle und mit Sauerstoff polarisirter:

1,07 1,04 im Mittel C I C, = 1:05 D ,

woraus sich dann ergeben wiirde: C, I Co=2,14 D ,

wahrend direct 2,07 gefunden worden war. Wenn ich die Kohlenelectroden, an denen die Elec-

trolyse stattgefunden hatte , stehen liess , so nahm ihre

1) Bull. SOC. Vand. (2) XIX. p. 63. 1376; Beiblitter I. p. 573.

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Spannungsdifferenz gegen reine Kohle nur langsam und unvollkommen ab. Die Kohle, an der der Wasserstoff entwickelt worden war, zeigte noch nach 24 Stunden Spannungsunterschiede gegen reine Kohle im Betrage von etwa 0,6 D, die, an der Sauerstoff entwickelt worden war, solche von etwa 0,3 D. Offenbar waren aber in den Kohlen anderweite chemische Verlnderungen vorgegangen, in der negativen wahrscheinlich Reductionen trotz aller Reinigung noch eingemischter Metalloxyde, an der posi- tiven umgekehrt Oxydationen. Eine zwischen Kohlen- electroden vorgenommene Electrolyse von verdiinnter Schwefelslure lieferte in derselben Zeit , in nelcher an Platinelectroden 27,36 ccm Wasserstoff durch denselben Strom ausgeschieden wurden, 26,86 ccm Wasserstoff, aber nur 1,71 ccm Sauerstoff. Zur Reduction war also nur sehr wenig Wasserstoff verbraucht worden; um so mehr Sauerstoff zur Oxydation, und zwar ist es die Kohle selbst, welche oxydirt wird; es bildet sich Kohlensaure und Kohlenoxydgas. Wenu., wie im vorstehenden Ver- suche, kleine Gasmengen aus grossen Massen von Leitungs- fliissigkeit abgeschieden werden, so wird die Kohlensiiure ganz absorbirt. Entwickelt man aber durch lange fort- gesetzte Electrolyse einer neutralen Salzlosung (2. B. Glsubersalz) grossere Gasmengen, so enthalt das iiber der Flussigkeit gesammelte Gas noch bedeutende Mengen freier Kohlensaure, welche durch Schiitteln mit Aetzkali entfernt werden kann. Der Rest des Gases erweist sich als Kohlenoxydgas. Das Verhaltniss beider Gase zu- einander scheint von der Stromdichte abzuhangen. ’) Da- bei wird die Kohlenanode heftig angegriffen und es wird reichlich Kohlenpulver von ihr losgestossen, ahnlich wie

~~

1 ) Ich glaubte aofangs, infolge des ginzlichen Verschwiodens des Gases bei meinem ereten Versnche, dass die Kohle selbst gar nicht oxgdirt werde. Eine znfallige Mittheilung des Hm. Ingenieur L a u - r e n t am Belfort, welcher das Anfireten von Kohlenoxyd und Kohlen- snure bei der Electrolyse an Kohlenelectroden beobachtet hatte, veran- lnsste mich, meine Versoche in grosserem Yaassstsbe zu miederholen. Ich merde sie nocli meiter fortsetzen.

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das Palladiumpulver von der sich oxydirenden Palladium- platte losgestossen wurde. Die Ober Kache der Kohle farbt sich dabei tief blau. Bei der Chlorentwickelung an einer Kohlenelectrode hat M a c a1 u s o ebenfalls diese Zer- storung der Kohle beobachtet.

Wieder anders war endlich das Verhalten der Kohle gegen Schwefelwasserstoff. Nachdem ebenso , wie friiher beim Palladium, einige Gasblasen an die Kohle getreten waren, zeigte sich gar keine Veranderung in deren electro- motorischer Stellung. Als die verdiinnte Schwefelsaure wiederholentlich mit neuen Schwefelwssserstoffmengen ge- schiittelt morden, ruckte die Kohle dem positiven Ende der Spannungsreihe immer naher. E s war niimlich beobachtet fur Zn I C, H2 S:

anfiinglich . . . . . . . . . . 1.29 nach der zweiten Eiillung . . . . 1,13 nach der dritten Fullung . . . , 1,O-I nach der vierten Fullung . . . . 1.02.

Die electromotorische Eraft naherte sich also mit der Siittigung der Losung einem Grenzmerthe, der etwa:

zu setzen ist, so dass:

wird. Die electromotorischen Krafte, welche durch TVasser-

stoff, Schwefelmasserstoff , Kohlenoxyd und Aethylen am Palladium erregt wurden, zeigen in der That wieder eine ahnliche Proportionalitiit, wie ich sie friiher fur alle Metalle vermuthet hstte. Ich stelle in der folgenden Tabelle die friiher fur Platin und die jetzt fur Palladium gefundenen Werthe nebeneinander, und berechne die am Palladium zu erwartenclen Krafte aus den nm Plntin heobachteten, indem ich letztere mit dem Terhaltnisse P d I Pd, H : Pt I Pt, H = 0,59 : 0,51 = 0,73 multiplicire.

Z n I C , H?S = 1,02 D

C , H,S I C = 0,29 D

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W. Beetz. 15

Pt P d Pd gefunden. gefunden. berechnet.

H . . . . . . 0,81 0,59 0,59

co . . . . . . 0:28 0,23 0,20 N,H, . . . . . 0,06 0,05 0,04 Nets11 . . . . . 0 0 0

H,S . . . . . 0,69 0,42 0,50

Fiir die Retortenkohle ist dagegen nichts ahnliches zu bemerken, sie wurde iiberhaupt n u r unter dem Ein- flusse der griisseren Loslichkeit der Gase oder unter dem der electrolytischen Polarisation in ihrem Zustande ver- andert. Den Factor 0,73 als Condensationscoefficienten fur Palladium zu bezeichnen, haben wir iibrigens kein Recht mehr, seitdem wir wissen, dass Palladium den Wasserstoff sehr vie1 starker condensirt, als Platin.

Bus den gewonnenen Resultaten ist nun Folgendes er- sichtlich: Gegen Chlor verhalten sich Platin, Palladium und Eohle ganz gleich, j a sognr die numerischen Werthe, welche fur die electromotorischen Krafte Zn Pt., C1; Zn 1 Pdl (3 und Zn I C, C1 gefunden worden sind, stehen einsnder sehr nahe, sie betragen der Reihe nach 2,08; 2,04; 1,97 D. Hierbei ist noch abgesehen von den Werthen, welche bei electrolytischer Entwickelung des Chlors erhalten wurden, meil der dabei stattfindende Angriff der Electroden den Vergleich unsicher macht. Die fast vollkommene Ueberein- stimmung zwischen Pt, C1 und C, C1 hat auch M a c a l u s o schon bemerkt.’) E s sieht so aus, wie wenn die in die Chlorlosung tauchende Platte lediglich als Leiter dient, und in der That kann man hier nicht yon der electro- motorischen Kraft reden, welche ein Gas erregt, sondern mir haben es einfach mit der electromotorischeu Wirkung einer Fliissigkeit zu thun, welche mit dem Grade der Concentration der Fliissigkeit wachst.

Das Schwefelwasserstoffgas ist von alinlicher Loslich- keit im Wasser mie Chlor. Dennoch verhiilt es sich an-

I ) a. a. 0. 11. 362.

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16 W. Beeb.

ders gegen Platin und Palladium, als gegen Retortenkohle. Die letztere tritt wieder nur als ein Eorper auf, der in eine Losung getaucht ist, von der er urn so starker elec- trisch erregt mird, je concentrirter die Losung ist. Platin und Palladium werden schon durch die ersten Gasmengen stark erregt, sie entziehen dieselben offenbar der Fliissig- keit, urn sie in oder auf sich zu verdichten.

Die ubrigen in Betracht gezogenen Gase sind sehr menig in Wasser loslich. Allerdings mird in der gewohn- lichen Form der Gasbatterie auch von ihnen zunachst etwas in der Leitungsfliissigkeit gelost merden miissen, um wirksam zu werden; aber diese Xenge ist zu geringfiigig, urn die Losung wesentlich anders auf die Leiterplatte ein- wirken zu lassen, als die Fliissigkeit, melche gar kein Gas absorbirt hat. I n diesen Fallen muss noch etwas Neues hinzukomrnen, urn eine Spannungsdifferenz zu erzeugen, namlich entweder eine Affinitiit (oder iiberhaupt eine Wir- kung von Molecularkriiften, durch melche die Gase sich der Metallplatte einverleiben) , oder die Wirkung eines electrolysirenden Stromes, welcher die Gase entweder eben- falls in das Bletall hineindrangt oder auf der Oberflache desselben condensirt. Am Palladium zeigt der Wasserstoff dieses Eindringen im hochsten Maasse, am Platin in ge- ringerem, an der Retortenkohle gar nicht. Die Xachhulfe cler galvanischen Polarisation ist am Palladium ganz iiber- flussig, am Platin ist sie forderlich, an der Kohle noth- wendig urn eine Spannungsdifferenz zu erzeugen. I n glei- cher Art wie Wasserstoff wirken Kohlenoxyd und Aethy- len, aber meit schwiicher. Wenn mir dieselben durch galvanische Polarisation verdichten konnten, so wiirde das in allen drei Fiillen nutzlich, bei der Kohle sogar noth- mendig sein. Der Schwefelwasserstoff stelit in Bezug auf sein Verhalten gegen Platin und Palladium dem Wasser- stoff, infolge seiner Loslichkeit dern Clilor nahe.

Ich habe einen Versuch angestellt urn ZLI erfahren, ob nicht auch das Chlor, das doch die Oberfliiche dei 3Ietalle so leicht mgreift , vielleicht in rnerklicher Weise

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in dieselben ein- oder durch sie hindurchdringe. Ganz iihnlich, wie es bei dem Versuche von R o o t geschah, wurden zwei Glasgefasse auf die beiden Seiten eines breit iiberstehenden Palladiumbleches b gekittet. Beide Gefasse wurden mit verdiinter Salzsbure gefiillt und in beide Pal- ladiumelectroden, a und c , getaucht. Zwischen a und b wurde ein Strom geschlossen, so dass sich auf der a zu- gewnndten Seite von b Chlor entwickelte. Andererseits konnten b und c durch momentane Schliisse mit dem Gal- vanometer verbunden werden. Zu meiner Verwunderung zeigte sich nach einiger Zeit eine electrische Differenz, in der aber nicht b , sondern c negativ erschien. Von dem sich entmickelnden Chlorgas wnren durch die Atmosphare hindurch Spuren an die Oberflache der Fliissigkeit im anderen Gefasse und dadurch zunachst an die Electrode c gelangt. Dass auch am Platin geringe Spuren von Chlor sofort electromotorisch wirken, hat schon M a c n l u s o be- merkt, und ich bin jetzt der Meinung, dass das Sauer- stoffgas, welches ich fur meine ersten Blessungen an Gas- hatterien benutzte und aus chlorsaurem Kali dargestellt hatte, immer noch Spuren von Chlor mitgefuhrt hat, wie- mohl ich glaubte, es durch Waschen hinreichend gereinigt zu haben, denn mit electrolytisch dargestelltem Sauerstoff gelingt es mir ebenso wenig Platin wie Palladium electro- motorisch zu erregen. Ich veranderte meinen Apparat nun so, dass ich ihm die Gestalt eines U-formigen Rohres gab, dessen 80 cm langer horizontaler Theil in der Mitte durch ein Palladiumblech in zwei Halften geschieden wurde. Ich fiillte zunachst beide Seiten mit verdiinnter Schwefel- saure und entwickelte an der der Platte a gegeniiberlie- genden Seite von b Wasserstoi?' und zmar nur durch einen wenige Secunden dauernden Schluss. Sehr bald wurde die Wirkung des Wasserstoffes durch das Palladium hindurch merklich, die Platte b wurde auch auf der Riickseite posi- tiv. Lange darf man den Versuch nicht fortsetzen, denn das Blech kriimmt sich so stark, dass es bald von der Kittung losgerissen wird. Nun murde ein neu hergerich-

Am. d. Pbjs u. Chem. N. F. V. 2

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tetes Rohr mit verdiinnter Salzsaure gefiillt. Die lange Fliissigkeitsschicht liess gar nichts von dem sich entwickeln- den Chlor entweichen, die Electrode c blieb auch vollig indifferent, bis die Platte b giinzlich durchfressen war. U m diesen Moment etwas genauer zu fixiren, fiillte ich die verticalen Theile der U-formigen Rohre bis zu moglichst rerschiedenen Hohen mit der Fliiissiglieit und wiederholte den Versuch. Wieder blieben b und c indifferent gegen- einander ; plotzlicli schlug der Galranometerspiegel heftig aus, aber in diesem Moment begann auch die Fliissigkeit, sich auf beiden Seiten ins Gleichgewicht zu setzen. F a c h diesen Versuchen dringt das Chlor nicht in iihnlicher Weise in das Palladium ein, wie der Wasserstoff.

Ich glaube hiernach behaupten zu diirfen, dass wir es streng genommen rnit einer electroniotorischen I i rnf t der Gase iiberhaupt nie zu thun haben: sondern entweder mit Spannungsdifferenzen, melche durch verschiedenartige Lei- tungsfliissigkeiten hervorgerufen werden, oder mit VerHn- derungen der Metalle durch solche Gase, welche ihren gasfijrmigen Zustand durch Occlusion in Metallen oder durch Condensation an deren Oberflache ganz aufgegeben haben , denn eine wirklich cohaerente Gasschicht , melche einen metallischen Leiter iiberzoge. wiirde ja denselben von der Leitungsfliissigkeit isoliren. -

I c h fuge hier noch die Beschreibung eines Versuches bei, den ich schon vor Lingerer Zeit angestellt habe, um rnir iiber die Wirksamkeit der Gase in der Gasbatterie Rechenschaft zu geben. G a u g a i n hat in der oben er- wahnten Arbeit die Ansicht vertreten, die electromotori- sche Kraft der Gasbatterie sei lediglich der Vermandt- schaft zuzuschreiben, mit welcher der Sauerstoff des Was- sers nnd der durch das Platin condensirte Wasserstoff auf einander wirken. Ich liabe hiergegen eingewandt , dass doch dieser Satz verallgemeinert werden miisse, da nuch andere Gase electromotorisch wirlien: er iniisse also etwa so heissen: ein Gas wirkt dadnrch electromotorisch. dass es sich unter ltatalytischer Slitn-irl;nng des Pliitins mit

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einem Elemente des Wassers verbindet.1) Ob dieser Satz richtig ist, kann man nun durch folgenden Versuch erfahren. Ich fullte zwei Riihren, in deren jeder sich eine Platinplatte befand und welche wie gewohnlich verdiinnte Schwefel-, sLure enthielten, in einem dunklen Zimmer mit Chlor. Beide Platinplatten zeigten keine Spannungsdifterenz. Nun deckte ich uber die eine Rohre eine gelbe Glasglocke und liess das Tageslicht auf beide Rohren fallen. Gewiss wurde jetzt die Einwirkung des Chlors auf den Wasserstoff des Wassers in der freien Rohre kraftiger, als in der gedeck- ten, es wurde aber keine Spannungsdifferenz sichtbar. Der oben ausgesprochene Satz ist demnach fur Chlor gewiss unhaltbar. Fur Wasserstoff ist er wohl noch weniger an- wendbar, da sonst die Affinitat des Wasserstoffs am Platin zum Sauerstoff des Wassers grosser sein miisste, wie die des Sauerstoffs zu dem an denselben bereits gebundenen Wasserstoff.

Endlich bemerke ich noch in Bezug auf clie schon yon G. W i e d e manna) in Zweifel gezogene Angabe G r a - 11 am's, dass mit Wasserstoff beladenes Palladium stark magnetisch sei, dass es mir niemals gegluckt ist, irgend eine Einwirkung des Wasserstoffpalladiums auf das Magneto- meter mahrzunehmen.

... ~.

Nachdem die vorstehende Et thei lung der k. Akdemie iibergeben war, ist mir das Aprilheft des Philosophical Magazine zugekommen , in welchem Hr. M o r 1 e y eine in Prof. F o rs t e r 's Laboratorium ausgefhrte Untersuchung iiber Grove ' s Gasbatterie veroffentlicht. M o r l e y kennt nur die illteren Arbeiten von G r o v e und S c h o n b e i n und die neueren von G s u g a i n . Die meinigen scheinen ihrn nicht zu Gesicht gekommen zu sein.

M o r l e y bestreitet ebenfalls die Ansicht, dass der Sitz der electromotorischen Kraft in Gasbatterien die Be- - _ _ _ _

1) Pogg. Bun. CSXXII. p. 458. 2) Gulvanismus, 2. Aufl. I. p. 525; vgl. mch B l o u d l o t , Beibl. I.

p. 634. 2 *

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riihrungsstelle von Metall, Flussigkeit und Gas sei, er kommt aber zu dem Resultat, das ich in vorstehender Mit- theilung ebenfalls nicht a18 allgemein giiltig erklart habe, dass der game Strom der Gashatterie den aufgelasten Gasen seine Entstehung verdanke. Er lasst dabei auch die Ansicht nicht gelten, dass die allmahliche Stromab- nahme einer geschlossenen Gasbatterie der eintretenden Polarisation zuzuschreiben sei, sondern sucht deren G-rund lediglich in der Abnahme des in der Flussigkeit aufgelos- ten Gasvolumens. Da er indess die electromotorischen Krafte nicht durch momentane Stromschlusse misst, wie G a u g a i n und ich es gethan haben, sondern dieselben aus der bei dauerndem Stromschluss beobachteten Stromstarke und dem Widerstande berechnet, so ist es nicht moglich, die primlren Wirkungen von den secundaren gesondert aus seinen Messungen hernuszuerkennen. Dass eine der- artige Vermischung nicht vermieden ist, zeigt auch der Satz, zu welchem M o r l e y gelangt: dass die electromo- torische Kraft der Gasbatterie nicht constant ist, sondern mit dem Widerstande steigt.

Mi inchen , im Mai 1875.

11. Ueber die gulvnnischen Striime, w e l c h b e h Strthnen urn l?liissicjk&tm durch Rohren ermzcgt

zcerdtm; v o n E. D o r n .

O b w o h l sich in letzter Zeit mehrere Physiker mit den von Hrn. Z o l l n e r 1) entdeckten electrischen Strijmen be- schaftigt haben, welche beim Stromen yon Flussigkeiten durch Rohren entstehen, ist doch ihre Abhiingigkeit von den bedingenden Ursachen und der Grund der Erscheinung noch nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt.

- -. .

1) Pogg. Ann. CYLVIIT. p. 640.