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Schii'i72~,ingic(~Ler aon ICfapeten. 203 r/ T = 1000'' an, so wiirde bei dem obigen Werthe von T: n = 59 Schwingungen sein. wahrend schon 12 Schwingungen geniigten, urn mit Htilfe der photographischen Methode eine wesentlich. grossere Genauigkeit zu erzielen, als die ohen geforderte. In meiner hlittheilung an die Academie ,,Ueber die ZU- lassigkeit der Annahnie eines electrischen Sonnenpotentials und dessen Bedeutung zur Erklarung terrestrischer Pha- nomene"') versuchte ich einige noch rBtliselhafte meteoro- logisclie Erscheinungen auf Storungen des meclianischen Gleichgewichtes der htmospliare zuriickzufiihren. Ein wei- teres Eingehen ituf diese intercssanten Fragen hitt mir ge- zeigt, dass die consequente Anwendung des Grundsatzes der Erlialtung der Kraft im Luftmeere in noch vie1 hoherem Maasse zu ihrer Klarung fuhrt, als ich es friiher erkannte. Die Abhlngigkeit der meteorologischen Erscheinungen von einimder 1st in den letzten Decennien von den Meteoro- logen sehr eingehend studirt. Es liegt dariiber ein fast uniibersehbares Beobnchtungsmaterial vor, auf welches viele geistreiche Theorien aufgebaut sind. Diese kniipfen aher meist an secundare Erscheinungen an und ruhen daher auf einer engen Grundlage. Es will sogar scheinen, 318 wenn die moderne Meteorologie iiber diesen Specialstudien die Erforschung der ersten Ursachen der beobacliteten Erschei- nungen e t w s vernschlassigt hktte. Dove euchte in seiner Theorie der Winde und Stiirme ihre Ursache doch noch ganz in dem aufsteigenden Luftstrome der heissen Zone, der iiher derselhen einen hoheren Luftring bilde, welcher nach 11 W. Siemens, Yitzungeber. vom 31. hliirz 1883; Wied. Ann. 10. p. 108. 1845.

Ueber die Erhaltung der Kraft im Luftmeere der Erde

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Schii'i72~,ingic(~Ler aon ICfapeten. 203

r/ T = 1000'' an, so wiirde bei dem obigen Werthe von T:

n = 59 Schwingungen sein. wahrend schon 12 Schwingungen geniigten, urn mit Htilfe der photographischen Methode eine wesentlich. grossere Genauigkeit zu erzielen, als die ohen geforderte.

In meiner hlittheilung an die Academie ,,Ueber die ZU- lassigkeit der Annahnie eines electrischen Sonnenpotentials und dessen Bedeutung zur Erklarung terrestrischer Pha- nomene"') versuchte ich einige noch rBtliselhafte meteoro- logisclie Erscheinungen auf Storungen des meclianischen Gleichgewichtes der htmospliare zuriickzufiihren. Ein wei- teres Eingehen ituf diese intercssanten Fragen hitt mir ge- zeigt, dass die consequente Anwendung des Grundsatzes der Erlialtung der Kraft im Luftmeere in noch vie1 hoherem Maasse zu ihrer Klarung fuhrt, als ich es friiher erkannte.

Die Abhlngigkeit der meteorologischen Erscheinungen von einimder 1st in den letzten Decennien von den Meteoro- logen sehr eingehend studirt. Es liegt dariiber ein fast uniibersehbares Beobnchtungsmaterial vor, auf welches viele geistreiche Theorien aufgebaut sind. Diese kniipfen aher meist an secundare Erscheinungen an und ruhen daher auf einer engen Grundlage. Es will sogar scheinen, 318 wenn die moderne Meteorologie iiber diesen Specialstudien die Erforschung der ersten Ursachen der beobacliteten Erschei- nungen e t w s vernschlassigt hktte. D o v e euchte in seiner Theorie der Winde und Stiirme ihre Ursache doch noch ganz in dem aufsteigenden Luftstrome der heissen Zone, der iiher derselhen einen hoheren Luftring bilde, welcher nach

1 1 W. S i e m e n s , Yitzungeber. vom 31. hliirz 1883; Wied. Ann. 10. p. 108. 1845.

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den Polen hin abstromen miisste, und erk lk te die vielfach in Richtung und StLrke wechselnden Winde durch den Kampf dieses Aequatorialstromes mit den aus den polaren Regionen zum Aequator zuriickstromenden Luftmassen. Wenn auch fur diesen Kampf durch Aufeinanderstossen entgegengesetzt gerichteter Luftstrome kein rechter Grund zu finden und bei der ziemlichen Gleichmlssigkeit des mittleren Luftdruckes der ganzen Atmosphare nicht recht zu ersehen war, warum sich die Luft aus den polaren Regionen mit solcher Energie zu dem im Vergleich mit der Hohe der Atmosphare so weit entfernten Aequator hin bewegte, so war diese Erkliirung doch immer noch befriedigender, als die jetzt gebrauchliche, fast ausschliessliche Zuruckfiihrung der Bewegungserschei- nungen im Luftmeere der hoheren Breiten suf Minima und Maxims des Luftdruckes, von denen man wirklich nicht zu sagen weiss, woher sie kommen und wohin sie gehen. Erst wenn man' weiss, wo die Krgfte ihren Sitz und Angriffspunkt haben, welche in oft gar nicht ersichtlicher Weise die ge- waltige Energie in den Maximis und Minimis ansammeln, welche dann ihrerseits die Stiirme und Wirbelwinde erzeugen sollen, konnen diese Erklarungen der Richtung und Starke der Winde als wissenschaftlich begrundet angesehen werden.

Es sol1 in den folgenden Blattern versucht werden, an der Hand der Lehre von der Erhaltung der Kraft zur Aus- fullung dieser Liicken beizutragen.

Es herrscht wohl daruber allgemein Einverstandniss, dass alles Leben und alle Bewegung auf der Erde der Sonnen- strahlung entstammt. Ohne W armezufuhr durch Sonnen- strahlung wUrde auch das Luftmeer bewegungslos sein oder vielme'tir ohne eigene relative Ortsveranderung und Tempe- ratur der Erdrotation folgen, wenn von der Sternenstrahlung und der Eigenwarme der Erde abgesehen wird. Die Erd- rotation wiirde der bei der Temperatur des Weltraumes noch als gasformig und dem M a r i o t t e'schen Gesetze unterworfen angenommenen Atmosphare die Niveauflachen des Rotations- ellipsoids geben , kann aber niemals eine antlauernde Luft- circulation hervorrufen, wie man vielfach noch annimmt. Da die mittleren Temperatur- und Bewegungsverhaltnisse der

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Atmosphare sich in absehbaren Zeiten ebensowenig iindern, wie die Erdrotation selbst, so muss in der Erdatmosphare ein constantes Quantum Sonnenenergie in Form von freier und latenter Warme, lebendiger Kraft bewegter Luftmassen oder als locale Druckansammlung aufgespeichert sein. Dem entsprechend muss die Warmezufuhr durch Sonnen- und Sternenstrahlung dem Warmeverluste durch Ausetrahlung in den Weltraum gleich sein. Die Warmezufuhr findet zum Theil direct an die Atmosphare durch Absorption hindurch- gehender Strahlen, zum grosseren Theile aber durch Erwar- mung der Erdoberffache statt und wird daher vorzugsweise zur Erwarmung der unteren Luftschicbten und zur Wasser- verdampfung verwandt. Der Warmeverlust durch Ausstrah- lung ins Weltall gcht ebenfalls vorzugsweise von der festen und fitissigen Erdoberflache BUS und nur z u u geringeren Theile direct von der Luftmasse. E s sind hierbei zwei wich- tige Punlrte ins Auge zu fassen. Wahrend die a19 von einem Punkte ausgehend zu betrachtende Sonneneinstrahlung vor- zugsweise den niederen Breiten zugeht, ist die nach allen Orten des Himmelsraumes gerichtete Ausstrahlung unab- hangig von der geographischen Breite und nur alhangig von der Temperaturdifferenz zwischen den ausstrahlenden Theilen der Erdoberfllche und der des Weltrtmmes. Da die den Weltraum scheinbar erwiirmende Sternenstmhlung fur all@ Theile der Erdoberflache sich ebenso verhillt, wie die Ausstrah- lung, so kann sie hier vernachlassigt werden, und es ist dann als Temperatur des Weltraumes der absolute Nullpunkt iin- zunehmen. Es ist ferner bei irer Ausstrahlung zu beachten, dass der directe Ausstrahlungsverlust der hoheren diinneren Luftschichten grosser sein muss, wie der der tieferen, weil die Ausstrahlung'in die Leere grosser ist , als die in luft- erftillte Raume.

Dies vorausgesetzt, lassen sich fur das Gleichgewicht im Luftmeere die folgenden Bedingungen aufstellen :

1. Der Bleichgewichtszustand der ruhenden Atmosphare ist der indigerente, die zugehorige Temperaturcurve die adia- batische. Das heisst also, die Versetzung einer Luftmasse aus einer Hohenlage in eine andere ist, abgesehen von Rei-

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bungsverlusten, weder mit Arbeitsleistung noch Arbeitsauf- wand verkniipft.

2. Durch Erwarmung der der Erdoberflache naher liegen- den Luftmassen durch Sonnenstrahlung uber die ihr zukom- mende adiabatische Temperatur hinaus, sowie durch Abkuhlung durch verstarkte Auvstrahlung der hochsten Luftschichten unter dieselhe, wird eine Stornng des indifferenten Gleich- gewichtes der Atmosphare erzeugt, die einer localen Arbeits- ansammlung entspricht. Die zur Wasserdampfung verwandte Warme vermehrt, diese Gleichgewichtsstorung im gleichen Sinne und Verhaltnisse, da der Wnsserdampf ein geringeres specifisches Gewicht hat wie die Luft, und da die latente Wiirme des durch die adiabatische Abkuhlung der Luft beim Aufsteigen condensirten Dampfes zur Erwarmung und Aus- dehnung der Luft verwandt wird.

3. Die in der Storung des indifferenten Gleichgewichtes der Atmosphare durch Ueberhitzung der unteren und Ueber- kiihlung der oberen Luftschichten angesammelte Energie muss sich durch auf- und niedergehende Luftstromungen ausgleichen. Dem zweiten C l a u sius’schen Lehrsatze der mechanischen Warmetheorie entsprechend, geht der Warme- uberschuss der sich arbeitend ausdehnenden Luft dabei zum grosseren Theile in lebendige Kraft bewegter Luft iiber, zum geringeren verbreitet er sich auf grossere unci relativ kaltere Luftmassen. Der beschleunigt aufsteigende Luftstrom muss daher bis zur grossten VerdIinnung einen positiven, der absteigende einen negativen Warneuberschuss iiber die der Hohenlage entsprechende adiabatische Temperatur beibe- halten.

4. Die in den beschleunigt auf- und niedergehenden Luftstrornen angesammelte lebendige Kraft kann nur dadurch wieder vernichtet werden, dass sie entweder durch innere oder kussere Beibung oder durch locale Druckvermehrung wieder in Warme ubergefuhrt wird.

5. Die in der Rotation des Luftmeeres um die Erdaxe angesammelte mechanische Energie muss eine Constante sein und im relativen Ruhezustande iiberall der Rotationsgeschwin- digkeit des Theiles der Erdoberfliiche entsprechen, auf dem

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sie ruht. Da durch aquatoriale und polare Luftstramungen ein fortwahrender Wechsel des geographischen Ortes der Luftmassen stattfindet, so muss die Rotationsgeschwindigkeit der gesammten Atniosphare in niederen Breiten hinter der Rotrttionsgeschwindigkeit der Erdobertliiche zuriickbleiben, in hoheren dsgegen ihr voreilen. Die GrSsse der Reibung mit dem Erdboden, welche diese Geschwindigkeitsdifferenzen ver- mindert, miiss dabei in den aquatorialen Breiten ebenso gross sein wie in den polaren, damit die Constanz der mittleren Botationsgeschwindigkeit des ganzen Luftmeeres aufrecht or- halten bleiht. Der Gesckwindigkeitsverlust durch Reibung beeinflusst daher nur die ortliche Grosse der Geschwindig- keitdifferenz.

6 . An der Greqzfliiche von Luftstramen verschiedener Geschwindigkeit findet eine fortlaufende Mischung benach- barter, mit verschiedener Geschwindigkeit behafteter Luft- theile statt. Durch diesen der Reibung analogen Vorgang tri t t eine der Geschwindigkeitsdifferenz proportionale Ver- zogerung des schneller und Beschleunigung des langsamer fliessenden Stromes ein. Es folgt daraus an der Bewegungs- grenze eine Druckvermehrung im schnelleren und eine Druck- verminderung im langsameren Luftstrome.

Von diesen Grundsktzen bedurfen wohl nur die beiden letzten einer beonderen Erorterung.

Denkt man sich das game Luftmeer in relativer Ruhe, und vernachlkssigt man seine, im Vergleich mit dem Erd- radius geringe Hohe, so wiirde seine lebendige Kraft:

-- 2

sein, wenn K die Summe der lebendigen Kraft, p das Ge- wicht der auf der Oberflacheneinheit ruhenden Luft, T die Umdrehungszeit der Erde in Secunden und CL der Breiten- winkel ist. E s ergibt sich hieraus fur die mittlere Cfeschwin. digkeit der Luft, welche dieser Grosse der lebendigen Kraft entspricht :

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c = - . -. __ = 319 m pro Secunde. \/$ 2';."

Es ist dies die dem 35. Breitengrade entsprechende Gb- schwindigkeit.

Denkt man sich das ganze Luftmeer nun plotzlich innig gemischt, derart, dass jedes Theilchen die obige mittlere Qeschwindigkeit angenommen hiitte, so miisste die Luft vom Aequator bis zum 35. Breitengrade langsamer rotiren, wie die Erdoberflache , in hoheren Breiten dagegen schneller. Unter dem Aequator selbst ware diese Geschwindigkeits- differenz 8 4 m in der Richtung von Ost nach West, unter dem 45. Breitengrade 59 m und unter dem 54. Breitengrade 107 m in der Richtung von West nach Ost. Durch die Reibung mi t der Erdoherflache wiirde diese Geschwindig- keitsdifferenz allmahlich wieder vernichtet werden, wenn keine Luftstromungen in der Richtung vom Aequator nitch den Polen und umgekehrt stattfanden. Da diese Stromungen jedoch immer stattfinden, so muss ein Gleichgewichtszustand eintreten, bei welchem die Mischung der schneller rotirenden aquatorialen mit der langsamer rotirenden polaren Luft so weit hergestellt wird , dass die beschleunigende Reibung der aquatorialen Zone bis zum 35. Grade nordlicher und siid- licher Breite der verzogernden Reibung der iibrigen Erd- oberfliiche gleich ist. Es miissen im ganzen Luftmeere der aquatorialen Zone daher Ostwinde, in dem nbrdlich und siidlich vom 35. Grade liegenden Regionen Westwinde tiber- wiegend sein, und zwar muss das Ueberwiegen der West- winde rnit der Breite zunehmen. l)

1) Leider iFt mir erst vor eiuigen Tageu das lieu erschienenr Lehr- buch von Dr. A. Sprung zur Hand gekommen, aus wclchem ich ent- nomuieii liabe, dass bereits Fe r r e 1 aus ahnlichen Betrachtungen den 35. Breitengrad als derijcnigcn bexichnct hat, uber wclcltcm die ge- sammte Luftstromung eine meridionale Richtnng haben mdsste. Seiner Ansicht, dass durch die verzogerride Reibung der Luft an der Erdober- flhche die LtySe dieser Zone sllgcmeiii iiach dem Acqnator hin ver- schoben wurde, kanii ich aber nicht beipflichten. Die Reibung an der Erdobcrflhche kniiii Iueiner Ansicht nach nur die Grosse der Ge- schwiudigkritsdift%rcnz , des unteren Bquatorial gerichtettw Luftstromes, vermindern, aber nicht den Ort , wo die Diferenz zwiseht~n Luft- und

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Erhaltung der Kraft im Luftmeere. 269

Es moge nun zunllchst der hypothetische Fall betrachtet werden, dass die Erde eine ebene feste Kugel mit homoge- ner Oberfliche und der Wassergehalt der Atmosphte ver- schwindend klein wiire. Eg warden denn das indifferente Gleichgewicht und die adiabatische Temperatur der verschie- denen Hohenschichten der Atmosphiire nur noch durch die Luftstromungen beeinflusst werden, welche durch die ver- schiedene A bklihlung derselben durch Ausstrahlung hervor- gerufen werden. Die Erwlrmung der Luft, und zwar vor- zugsweise der unteren Luftschichten, ist bei weitem am grossten in der aquatorialen Zone und nimmt von da an- niihernd mit dern Cosinus der Breite ab. Es muss daher auch die Umwandlung von Sonnknenergie in lebendige Kraft bewegter Luft am Aequator am stiirksten sein und nach den Polen hin abnehmen. Diese Umwandlung geschieht im auf- steigenden Strome (courant ascendant). Wenn man einst- weilen auch von der Verschiebung der heissen Zone durch den Wechsel der Jahreszeiten absieht, so sind in ihr die Be- dingungen fur einen allgemeinen und continuirlichen Auf- strom der Luft vorhanden. I n der That stromt auch con- tinuirlich in den unteren Passatwinden Luft aus mehr polar gelegenen Regionen dem Aequator zu. Dieser Luftstrom muss hier eine geringere Rotationsgeschwindigkeit haben, als die unter ihr befindliche Erdoberflkhe, also von Ost nach West gerichtet sein, aus dem schon erwilhnten Grunde der Erhaltung clar mittleren Rotationsgeschwindigkeit des Luft- meeres. Da die nordliche und siidliche Componente der bei- den unteren als gleich stark angenornmenen PassatstrSmun- gen bei der Annaherung an den Aequator sich gegenseitig aufheben, so verstiirkt ihre lebendige Kraft den Auftrieb der Luft. Es muss also eine Aufwiirtsbewegung der ganzen

Erdgeschwindigkeit gleich Null wird. Der Verfnsser dicses sehr berner- kenswerthen Werkcs ist offenbar uberall bestrcbt gewescn, den meteoro- logischeii Erschcinungen eine mechanisch - physikalische Grundlage mi gcben, uiid ist daher uuch hiiufig zu ahnlichcn Anschnuungen gekommen, wie sie hier vcrtreten werclen. Es ist mir aber leider nicht mehr moglich gcwescn. die in sehr wesentlichen Punkten obwaltentlen Differenzen be- sondcrs zu trortefn.

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Luftmasse der heissen Zone in aufsteigenden Spiralen , die der Erdrotation entgegengerichtet sind, stattfinden. Nur iiber dem Aequator selbst muss ein Luftring iibrig bleiben, der an der aufsteigenden Bewegung nicht Theil nehmen kann, und an dessen nordlicher und sudlicher Oberflache die. spi- ralformig aufsteigenden Passatstrome hinaufgleiten. Durch Mitfiihrung der Grenzschichten der relativ ruhenden aquato- rialen Luftmasse mtissen sich in derselben regelmassig ver- laufende Wirbel erzeugen, welche der Mitte dieser Luftmasse eine entgegengesetzte, also der Erdrotation gleichgerichtete Geschwindigkeit geben. Es ist, dies die Region der Calmen. Die der Erdoberflache zunachst liegeriden , also auch am meisten erwarmten Theile der Passatstrome vereinigen , sich uber dem sich keilformig nach oben verengenden Calmen- ringe und bilden so den mittleren Theil des miichtigen aquato- rialen Aufstromes. Die Geschwindigkeit des Aufstromes dieser Luftmassen muss sich der durcli die Druckverminde- rung bewirkten Verdiinnung der Luft beim Aufstrom pro- portional vergrassern f da durch jeden horizontalen Schnitt in der Zeiteinheit gleichviel Luftmasse gehen muss, und die so erlangte lebendige Kraft muss die aufstromende Luft so hoch iiber die obere Grenze der Atmosphlire hinaustreiben, bis die durch den Druck umgebender Luftschichten nicht mehr liqnilibrirte Schwerkraft die verticale Geschwindigkeits- componente vernichtet hat. Es bildet sich so uber der Mitte der heissen Zone der von D o v e geschilderte, offenbar den Sonnenprotuberanzen und Fackeln analoge, aqustoriale Luft- ring, welcher continuirlich nach den Polen hin abstromen muss. Dieses Abstromen geschieht durch den beschleuni- gendcn Druck der durch die im Auftriebe gewonnene Ge- schwindigkeit iiber das Druckgleichgewicht hinausgetriebenen Luftmassen, die Geschwindigkeit, welche dieser den polwarts stromenden, hochst verdiinnten Luftmassen ertheilt , mum daher der im Auftriebe erhaltenen maximalen Geschwindig- keit aquivalent sein. Es konnen aber nur die dem Aequator nachsten, mittleren Schichten des ausgedehnten Gebietes des aquatorialen Aufstromes die verticale Richtung bis zur Ver- nichtung der senkrechten Componente ihrer lebendigen Kraft

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durch die Gravitation beibehalten. Es folgt dies schon aus der Betrachtung, dass iiberall im Luftmeere der Erde die Quantitilten der polwarts und der zum Aequator fliessenden Luftmassen fiir jeden Breitenkreis gleich sein miissen, wenn keine locale Druckdifferenxen entstehen sollen. Die Bahnen d9r beschleunigt aufsteigenden Luftmassen der heissen Zone miissen daher um so fruher schon polwarts abgelenkt werden, je grosser ihr Abstand vom Aequator ist. Verfolgt man diese verschiedenen Strombahnen , so ergibt sich, dass die dern Erdboden nilchstliegenden Schichten der zum Aequzttor strBmenden Luftmassen, welche auch durch die Sonnenstrah- lung am meisten iiberhitzt sind, in der Nilhe des Aequators in senkrechten Bahnen bis zur grossten Hohe aufstromen und von hier rnit grosster Geschwindigkeit den Polen zugetrieben werden , dass die hisher liegenden Schichten der Yassatstro- mungen nicht die grossten Hohen der Atmosphare erreichen und um so friiher in polarer Bichtung vom Aequator fort- getrieben werden, je grosser ihr Abstand von demsclben und je grosser gleichzeitig ihre urspriingliche Hohe iiber der Erd- oberflache ist.

Es wird sich dtlher das Bild der Luftstromungen in der heissen Zone so gestalten: Der an der Erdoberflache durch Reibung mit dem Erdboden verlangsamte untere Passatstrom nimmt mit der Hohe iiber dem Boden an Geschwindigkeit zu. Dann kommt in unbekannter HBhe ein durch horizon- tale Luftwirbel ausgefiillter Zwischenraum zwischen dem oberen und unteren Passat. Daruber herrscht die polar ge- richtete Stromung bis zur grossten AtmosphLrenhohe hinauf, und zwar nimmt die Geschwindigkeit dieser Stromung in schneller Progression mit der Hohe zu.

Es ist hierbei in Betracht zu ziehen, dtlss auf- und nie- dergehende Luftmassen ihre artliche Rotationsgeschwindig- keit beibehalten, und dass mit xunehmender Breite das Strom- bett des polar gerichteten Stromes sich verengt, das des aquatorial gerichteten dagegen sich erweitert. Infolge des Behtirrungevermogens der stromenden Luftmassen wird dsher eine stetige Druckvermehrung im polar gerichteten und eine Druckverminderung im aquatorial gerichteten Strome ein-

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treten. Durch diese combinirte Wirkung muss eine mit dem Cosinus der Breite zunehmende allgemeine Riickstramung des oberen, polar gerichteten, in den unteren, Bquatorial ge- richteten Luftstrom stattfinden. Der partielle Uebergang des oberen Stromes zum unteren wird hierbei durch die beide Stromgebiete trennenden horizontalen Luftwirbel ohne we- sentlichen Verlust an lebendiger Kraft rermittelt. Wenn keine Erdrotktion vorhanden ware, so wiirde sich diese Riick- stromung bis zu den Polen hin voraussichtlich ohne wesent- liche Storungen vollziehen. Der Verlust an lebendiger h a f t durch innere Reibung kann fiir die hiichsten Luftschichten ihrer grossen Dimension wegen nur gering sein. Diese wiir- den daher mit wenig verminderter Geschwindigkeit den po- h e n Regionen von allen Seiten zustromen, dort eine An- stauung bewirken und zum Erdboden niedersinken, um von hier als Polarstrom zum Aequator zuriickzukehren. Derselbe Vorgang wiirde partiell in allen Breiten stattfinden, und das Endresultat ware ein die ganze Atmospare umfassendes Sy- stem von in meridionalen Ebenen verlaufenden Luftwirbeln, in denen die durch den Auftrieb in niederen Breiten ge- wonnene lebendige Kraft durch Reibung mit dem Erdboden und die dieselbe den hoheren Luftschichten zufiihrende innere Reibung wieder vernichtet, resp. in Warme iiber- gefiihrt wiirde.

Durch die Rotation der Erde wird dies Stromungsbild nun selir wesentlich veriindert. Infolge der continuirlichen Ueberfiihrnng von Luft aus niederen Breiten in hohere und umgekehrt muss das Luftrneer eine mittlere Rotationsge- schwindigkeit annehmen, sodass die in der Gesammtrotation desselben angesammelte lebendige Kraft erhalten bleibt. Wie sclzon nachgewiesen ist, entspricht diese mittlere Rotations- geschwindigkeit der des 35. Breitengrades. Es mussen also alle Strombahnen im Luftmeere verschobcn werden. Zwi- when dem 38. nordlichen und siidlichen Breitengrade muss sowohi der obere wie der untere Strom hinter der Erdrota- tion zuriickbleiben, also nach W esten gericlitet sein, wiihrend zwischen den 35. Graden und den Polen eine mit der Breite schnell zunehmende , der Erdrotation voreilende , ostlich ge-

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richtete Geschwindigkeit in beiden S t r h e n obwalten muss. Der Rncklauf d- nberen, polar geriohtetels Stromes zum Aequator vollzieht sioh daher vor Ueberschreitalag des 36. Breitengrades in westlich gmiahteten Bahnen als Verstlrkung des unteren Pasaats, und es mtissen auch die den oberen vom unteren 8trome trennenden Wirbelbewegungen diese Be- wegungsfigur nnnehmen.

Vie1 complicirter gestalten sich die Luftbewegungen nach Ueberschreitung des 35. Grades. Wllhrend der obere, hier ganz polar geriohtete Luftstrom seine iistliche Geschwindig- keit von etwa 380 m im wesentlichen beibehalten wird, da die VerzBgerung demelben durch innere Reibuog in den hijchsten Luftregionen nur gering sein kann, wird der zuriick- kehrende untere Strom durch die Reibung mit dem Erd- boden wesentlich verzogert, und zwar urn so mehr, je l h g e r sein unterer Lauf ist. Dasselbe gilt von der meridionalen Geschwindigkeit, die in den hachsten Luftschichten nur wenig, in den unteren bedeutend durch Reibung vermindert wird.

Wenn nun bei wachsenden Breiten daa obere Strombett sich derart verengt hat, dasa eine Anshuung eintritt, so be- wirkt die daraus resultirende locale Druckvermehrung zugleich eine 8tbrung in der Zustandscurve des indifferenten Gleich- gewichtes der Atmosphare. Der zustromende Luft~berschuss muss daher zuniichst dazu verwandt werden, die tieferen Luftschichten derart zu verdichten, dass die Gleichgswichts- curve bis zum Erdboden hinab wieder hergestellt wird. Ea entstebt mithin ein niedergehender Luftatrom und eine vop dem Verh i i l t n i s s der Druckvermehrung in der haheren Luftregion zu dem ihr zukommenden normalen Druoke ab- hbngige Druckvermehrung auf dem Erdboden, also ein lo- cales Maximum des Luftdruckes. Von dieser Region haheren Druckes werden nun auf dem Erdboden Luftstrijme in ra- dialer Richtung ausgehen, welche verhindern, dam das in- different8 Gleichgewicht der Druckvergrosserung in den haheren, verdilnnten Luftschichten entsprechend, vollsNndig wieder hergestellt wird. Es ksnn daher ein solches Druck- maximum langere Zeit fortbestehee, und indem 8s den Ueber- schuss der zustrBmenden ilquatorialen Luft fortlaufend dem

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unteren Rlickstrome zuftihrt , die Bildung einer regelrechten Abzweigung dee oberen Btromes in den unteren sogar bngere Zeit verhindern. Diese muss aber schliesslich doch eintreten. und es hort dann mit der Anstauung in den oberen Luft- schichten auch die Ursache des Maximums auf.

Die Bildung der rttcklilufigen Abzweigung des oberen Aequutorialstromes hat man sich so vorzustellen? dass der durch die Anstauung in seinem Fortgange nach dem Pole gchemmte Strom durch sie noch mehr nach Osten hin ab- gelenkt wird und dabei die tiefsren, relativ ruhigen oder in entgegengesetzter Richtung fiiessenden Luftschichten durch innere Reibung mit sich fortreiest. E r wird daher in eineni weiten Bogen mit geringem Gefalle sich dem Erdboden niihern, bis er schliesslich mit der PolarstrGmung vereint seinen Riickweg nach dem Aequator antritt. Durch dies ,,Xitsichfortreisseni( der tieferen Luftschichten wird er aber eine Verdtinnung dcr unter ihm lagernden Grenzschichten der Luft bewirken und dadurch eine der frliher beschrie- benen, entgegengesctzte Storung des indifferenten Gleichge- wichtes herbeiftlhren, Es muss daher oin Aufstrom der tie- foren Luftschichten zur Wiederherstellung des indifferen- ten Gleichgewichtes, und dsmit ein locales Minimum des Luftdruckes auf dem Erdboden eintreten. Die hier beobach- tete Grosse der Verminderung des Luftdruckes ist ebenso, wie beim Maximum, nicht gleich der durch die mitreissende Kraft des schneller stromenden oberen Luftstromes hervor- gerufenen Druckverminderung selbst, sondern dem VerhBlt- nisse derselben zu dem jener Hohe in der Curve des indiffe- renten Gleichgewichtes zukommenden Drucke entsprechend. Es erklart sich hierdurch die sonst rathselhafte Grosse der beobachteten Barometerschwankungen in mittleren und hohe- ren Breiten vollstiilndig.

Auf dem Erdboden wird das so entetandcne locale Mi- nimum des Druckes Luft von allen Seiten heranziehen, die im Wirbel aufsteigt und schliesslich vom Aequntorialstrome n i t fortgerissen wird. E s ist also auch hier die lebendige Kraft des Aequatorialstromes, wolche das Minimum erzeugt und erhalt, und dadurch auch die Luft in Bewegung setzt,

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welche am Boden Qm Minimum zustrbmt. Drt das Druck- maximum hiernach die infolge der geographischen Ver- engung des obereu Strombettes auftretende Ursache eines eintretenden parttalen Rtickstromes des Aequatorialstromes ist und der Weg, den diese Ritckstrbmung in den haheren Regionen beim allmllhlichen Niedersinken beschreibt, sich durch eine Furche niederen Druckes auf dem Erdboden ab- zeichnet, so stehen Maxima und Minima in einem ursgch- lichen Zusammenhange, werden daher in der Regel gleich- zeitig und in geographischer Nachbarschaft auftreten. Es mussen daher auch die durch beide in den niederen Luft- schichten hervorgerufenen Luftstrtimungen sich zu Stromun- gen combiniren, die wesentlich vom Maximum zum Minimum fiihren, deren Richtung aber durch die Erdrotation in bo- kannter Weise modificirt wird. Dies System localer Winde muss aber schliesslich dem Aequatorialstrome selbst weichen, wenn derselbe im allmahlichen Niedergange den Erdboden erreicht. I n der Regel, d. h. bei geringen Anstauungen im oberen Strombett, wird dies in Wirklichkeit nicht eintreten. Der eingeleitete Riickstrom vollzieht sich durch Auflagerung auf die htiheren Schichten des polaren Rilckstromes, und Maxima und Minima verschwinden, nachdem wieder constante Stromverhaltnisse in den hoheren Luftschichten eingetreten sind. 1st eine Anstauung aber betr&chtlich, so bewirkt sie starke Druckmaxima und ein schnelleres Niedersinken des aquatorialen Ruckstromes. Ueber eine Furche niederen Druckes wird derselbe sich dann mit nur wenig durch Mit- reissen relativ ruhiger LuEt verminderter Geachwindigkeit bis zum Boden niedersenken und hier Rtiirme erzeugen, die auf der ntirdlichen Halbkugel a19 Siidwest beginnen, im S h e das Do v e’schen Drehungsgesetzes durch West und Nordwest bei allmahlicher Abschwachung durch Reibung am Boden und Mitreissen relativ ruhiger Luft in die herrschende Ritck- strtimung zum Aequator itbergehen. Diese stitrmischen Winde mfissen nun durch Convection der benachbarten Luftschich- ten weit iiber ihre eigenen Grenzen hinausreichende Luft- wirbel erzeugen , die es sehr erschweren, den regelmlssigen Verlauf der eingetretenen atmospharischen Stiirung zu ver-

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folgen. Dam der. niedrige Barometershnd in der Regel noch fbrtdauert, wenn der Aequatorialstrom selbst schon den Bo- den erreichte, ha t zum Theil darin seinen Grund, dase durch die mitreissende Kraft der bewogten Luft alle in der Nlihe der Stromung befindtichen ruhenden Luftmassen eine Ver- diinnung erleiden. Die Barometer zeigen aber den Druck der sie umgebenden ruhenden Luft und nicht den wahren der in Bewegung begriffenen Luftmassen an. Ein Baro- meter, welches sich in der Gondel eines schnell mit dem Sturme dahineilenden Luftballons befindet, mu36 daher einen hoheren Luftdruck snzeigen, wie ein im Zimmer aufgestelltes.')

Die in den Winden und Stlirmen thatige und lebendige Kraf t entstrtmmt nach dem Obigen im wesentlichen der Be- schleunigung, welche die in den Tropen aufsteigende Luft infolge ihrer Ueberhitzung am Erdboden erleidet. Die dieser aquivalente lebendige Kraf t wird vorzugsweise auf die oberen ausserst verdtlnnten Luftschichten ubertragen. Durch ihr BeharrungavermBgen werden diese mit geringem Geschwin- digkeitsverlutite durch innere Reibung nach den polaren Re- gionen der Erde fortgetrieben. Sie behalten dabei die mitt- lere Rotrttionsgeschwindigkeit bei, die sie hei ihrer Erhebung in den aquatorialen Breiten besussen, Sie mllssen daher bei ihrem Fortgange in hoheren Breiten der langsamer rotirenden Erdoberflbhe voreilen und von ihr aus betrachtet, sich in

1) Angestelke Versuche , uber welche ich inir n,ihere ;\littheilungen vorbehalte, haben crgcben, dars eiri Luftatrom, welcher an der Oefiung cines senkreckt zu seiner Hichtiuig stelienderi dtuniiwandigeu Hohres vor- beigeht, in diesem Hobre eine der Luftgeschwiridiakeit proportionale Ver- ddnnuing berbeifuhrt, welche iiinerhalb weiter Geschvvindigkeitsgremen (fern Drucke einer Quwksilbershule von 0,025 mm fur jeden Meter Luft- geechwindigkeit entspricht. Ich habe, hierauf gestutzt , eiii Anemometer construirt, welches in sehr einfacher uud wcnig ninstimdlicher Weise die Windgescbwindigkeit anzeigt. Daaselbe besteht im wesentlichen RUE

einem dunuen verticalen Rohre, M elchcs mbglichst hoch uber das Dach dee Hausee hinansgefiihrt wird. Ein im Zimmer aufgestellter einfacher Druckmesser gibt damn stete direct die ~~r'indgeschwiiitfigkeit in hfetern an.

A h nachtriigliche Berichtigung bemerke ich, dass weitcre Vereuche ergeben haben, daas Gase bowohl wic Flfivsigkciteii im obigen Fallc Druck- verminderungen hervorrufen, welche im Quadrate der Genchwindigkeitcn etehen. Der Verf.

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Erhi tu jxg der Kraft im Lif tmeere. 277

Spiralen mit abnehmender Gteigung den Polen nahern. Wenn dieselben sich auf diesem Wege infoige der Verengung des oberen Strombettes achon fruher dem Erdboden zuwenden, urn vereint mit den aua hllheren Breiten zurllckstrbmenden Luftmassen zum Aequator zurUckzukehren, so treffen sis diese und bei schnellem Siedergange den Erdboden aelbat mit einer Geschrindigkeit , die sich aus ihrer wirklicheh eigenen Geschwindigkeit und der Differenz zwischen ihrer Rotationsgeschwindigkeit und der des Erdbodens an der Be- rtlhrungsstelle combinirt. Die Quelle, aus welcher die Starme hoherer Breiten ihre zerstihende Kraft im wesentlichen sciiapfen, ist daher das BehsrrungswrmBgen des Ekdkbrpers solbst. Dnmit die Rotation desselben unter indert bloibt, muss das Gesetz herrechen, dass die Beschleunigang, welche der Erdkihper durch dio Geschwindigkeitsdifferenz in deb hoheren Breiten erleidet, durch die Verzagerung in niederen Breiten, in denen die inittlere Luftrotation kleiner ist H i e

die der Erdoberthche, compensirt wird. Es folgt unmittelbnr rtus diesen Betrachtungen, dass mit

fortschreitender geogrnphischer Breite die HIufigkeit und S t i r k e der Luftstromungen im Sinne der Erdrotation f i r unsere Halhkugel a160 der Westmindt, in schneller Steigerung zunehmen mbwen. I n den nrktischen Regionen selbst mllssen die hiichsten Schichten des hequatorirtlstromes, die allein Lis zu ihnen gelangen konnen, ohne vorher zur Umkehr ge- zwungen zu sein, in nordljstlich gerichteten Spiralen zum Erdboden niederstramen. Sie mllssen hierdurch und durch ihr allseitiges Hinandringen z u ~ n Pole ein arktisches Druck- mnxirnuni erzeugen und nach dem Xiedersinken unter Bei- behaltung ilirer Geschwindigkeit R I B unterer Nordwest ihren aquatorialen R ~ c k g a n g antreten.

Eq ist daher wiederum die im hquatorislen Auftrieb ge- wonnene lehendige Kraft, welche die Luft auch aua den po- laren Regionen zum Aequator zurlicktrcibt und nicht die Wirkung zweifelhafkr Gradienten des I d t d r u c k e s , die zur Ei*klilrung der P h b o m e n e keinenfalls ausreichen. Durch die Reibung init der Erdoberflkche wird die siidtistlich gerichtete Geschwindigkeit, niit welcher dieser Rilckstrom des Aequa-

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278 w. S' iemens.

toriahtromes iiberall eingeleitet wird, bald wesentlich vm- mindert und mtlrde an der ErdoberftLche selbst bald glnzlich vernichtet sein, wenn nicht die hoheren Luftschichten des ROckstromes sie beibehielten. Durch die in den hoheren Breiten schnell vorechreitende Ausbreitung des unteren Strom- bettes wird nun in den mittleren, schneller in Bquatorialer Richtung vorschreitenden Luftschichten eine VerdUnnung erzeugt, welche auch ein Zustrbmen relativ ruhiqer unterer Luftschichten zu den iiber den indifferenten Glleichgewichte- zustand binaus verdtinnten hoheren bedingen. Dies Zu- stramen muss aus niederen Breiten geschehen, weil in diesen die den Auftrieb bewirkende Druckdifleerenz durch Ausbrei- tung des Strombettes eine geringere ist. E s muss mithin die Stromung an der Erdoberflhche selbst auf der nordlichen Halbkugel eine stldliche Componente erhalten. Es erkllirt dies, dass hier erfahrungsmlissig der Sikdwest und nicht der Nordwest Uberwiegend ist, wie es in den haheren 8chichten der Rtlckstromes der Fall sein muss.

Auah in dem bisher behandelten hypothetischen Falle der homogenen ebenen und trockenen Erdoberfllche mtlssten die Luftbewegungen in mittleren und hbheren Breiten gane unregelmlbssig und nicht sicher voraus zu bestimmen edn, da die durch Anstauungen und durch Mitf~hrung relativ ruhender Luft durch schneller bewegte eingelsiteten und er- haltenen Maxima und Minima des Luftdruckes als Accumu- latoren lebendiger Kraft des oberen Luftstromes dienen, deren Ladung und Entladung immer wieder neue Storungen des Gleichgewichtes der Atmosphare veranlassen und auf und nieder wirbelnde Luftstrome in ihr erzeugen miissen. In Wirklichkeit miissen die so ungleiche Vertheilung von Land und Meer mit dem durch sie bedingten ungleichen Feuchtig- keitsgehalte der Luft , die orographischen Verhiiltnisse der ErdoberALche und die ungleiche Beschaffenheit dee Bo- dens ausgedehnter zusammenhangender Gebiete derselben eine Kette weiterer Starungen im Qleichgewichte der Tempera- t u r , des Druckes, des Wassergehaltes und localer Sto- rungen der Bewegung der ikber und nebeneinander gelager- ten oder stromenden Luftschichten bilden, die eine einiger-

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Erhnltung der Ki$t im Lufttnteere. 27.9 '

massen sichere Wetterprognose wohl fib alle Zeiten vcsahind dern wird,

Wenn auch der Wassergehalt der sufsteigenden Luft keinen sehr wesentlichen Einfluss auf die Q.rBsse der leben. digen Kraft bewegter Luft austlbt, in welohe die Energie der Sonnenstrahlung grbsstentheils umgewandelt wird, so bewirkt er doch, dase die Atmosphllne ihre homogsne Be- schaffenheit verliert, indem in ihr abwechselnde Schichten von warmerer und feuchterer Luft und von kklterer und wasser- Hrmerer gebildet werden. Ein Eingehen auf den localen Einfluss dieser wechselnden Verhlltnisse muss ich mir ver- sagen, da sie dem Qebiete der auf systematische Beobach- tungen gestUtzten Meteorologis angehbren. Dasselbe gilt von dem grossen Qebiete der localen Wirbelwinde, wie sie einestheils durch Grtliche Maxima und Minima auf der Erd- o berflHche, anderentheils direct durch ortliche Starungm des indifferenten Qleichgewichtes hervorgerufen werden. Nur Uber die Dynamik der letzteren Classe, der aufsteigenden Wirbelwinde mit verticaler Rotationeaxe, mien mir noch einige Bemerkungen gestattet.

Ich habe bereits in der schon angeftihrten frtlheren Mitteilung darauf hingewiesen, dass die in den localen Wirbel- saulen auftretenden stilrmischen Luftbewegungen nioht gut durch einmalige Beeohkunigung der aufgteigenden Luft d u d eine vorhnndene Ueberhitzung der unteren Luftsehiohten uod den Wassergehalt derselben zu erkllren sind. Brtna UQZU-

lassig erscheint es, die Luftverdiinnung im Inneren der Tromben durch die Centrifugalkraft der sie umwirbelnden Luftmnssen als eine Beschleunigungskraft fur dieselhen in Rechnung zu ziehen, Die gebildete relative Leere kann nur in der Richtung der Axe des Wirbels saugend wirken - also entweder das Wasser heben, auf deseen OberflBche sie rotirt, odes Luft aus den hoheren Luftregionen hinabsiehen. Fur einen solchen niedergehenden Luftstrom im Inneren der Tornados spricht auch der im Centrum derselben oft s ich t bare klare Himrnel bei ruhiger Luft. Man muss annehmen, dass die lebendige Kraft der in stiirmischer Geschwindigkeit zum Wirbel hin eilendeii und in ihm aufsteigenden Luft in

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wiederholten Beschleunigungsimpulsen angesammelt ist, und dass sie der grosseren Geschwindigkeit der Luft hoherer Luftschichten entspringt. Man mtisste sich danach einen localen Wirbelsturm so entstanden denken, dass an der Grenze eines oheren und unteren Starungsgebietes des indifferenten Gleichgewichtes einer ruhenden Atmosphilre durch irgend eine locale Ursache ein Auftrieb ilberhitzter Luft eingeleitet wird, der die Grenze der oberen, Uberkuhlten Luftschichten erreicht , welche die Tendenz zum Niedersinken ernorben haben. Es muss sich dann ein Busserer niedergehender Strom um den aufsteigenden bilden, durch den gleich viel Luftmasse niedergefhhrt wird, wie der aufsteigende Strom in die Hohe fhhrt. Wenn die Gleichgewichtsstorung ausgedehnte obere und untere Luftachichten umfasst, so werden die niedersin- kenden Massen eine Druckvermehrung in der Umgebung des allmahlich bis zum Erdboden und andererseits bis in die hijchsten Luftregionen ausgedehnten Wirbels erzeugen und ihre lebendige Kraft auf immer neue hberhitzte Luftmassen ubertragen, die im Wirbel aufsteigen, w&hrend ein Theil des niedergehenden ausseren, in derselben Richtung rotirenden Wirbek mit dem inneren wieder aufsteigt und einen Theil seiner in den hoheren Regionen gewonnenen lebendigen Krnft auf ihn UbertriZgt. Der Lauf des Wirbelcentrums wird dann durch die Richtung der mittleren Gsschwindigkeit d l e r den Wirbel bildenden Luftmassen vorgezeichnet und seine Dauer die der ihn hervorrufenden und unterhaltenden Storung dos indifferenten Gleichgewichtes der Atmosplidre sein.

Schliesslich will ich nur noch erwghnen, dnss die von mir frhher ausgesprochene Vermuthung, dass der Wasser- dilmpf in gleicher Weise ilberkuhlt werden kame , ohne zu condensiren, wie das Wasser, ohne zu gefrieren, durch neuere Untersuchungen von R o b e r t von H e l m h o l t z weitere Be- stiltigung gefunden hat. Es findet dadurch auch der auf- fallende Umstand seine Erklkrung, drtss der Auftrieb der SO

viel Wasserdampf enthaltenden Luft iiber den tropischen Meeren nicht unausgesetzten Regenfall im Oefolge hat. Man kann jetzt annelimen, dass der Wasserdampf bei Abwesenheit

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Erhaltung der Kra3 im Luftmeere. 281

von Staub und Wassertheilchen die hBheren Luftregionen, ohne condensirt zu werden, erreicht. Es ergibt sich ferner, dass ein einer Sonnenfackel vergleichbarer, localer Auftrieb, der die hochsten Luftregionen erreichen und ihnen Staub und Wassertheilchen zufilhren mum, durch Condensation des Wasserdamph dieser Luftschichtea die gewaltigen Regen- fill0 herbeifuhren kann, die man Beobachtet hat. AucB die Wmsermenge , die der Aequatorialstrom den gemhsigten Zonen zufithrt, findet damit ihre Erklarung.

Orgel;

Mit ,,RohrflotecG Orgel, dessen Pfeifen bekannten Redeckten

bezeichnet man ein Pfeifenregister der sich in ihrer ilusseren Gestalt von den cqlindrischen und metallischen Labial-

pfeifen dadurch unterscheiden, dass in ihre Deckel ein offenes Rohrchen eingefilgt ist. Diese Rohrflatenpfeife wurde, wie aus des P r B t o r i u s 1,Syntagma musicumrc (Bd. 11, 1619) zu ersehen ist, in der Mitte des 10. Jahrhunderts erfunden; der Erfinder scheint unbekannt zu sein. Wahrend man nun frilher diese Pfeife so oonstruirte, dass das in den 3eckel eingeftigte Rohrchen theilweise oder ganz in die Hauptrohre der Peife hineinragte, lasst man in neuerer Zeit das Ansstz- rohrchen vollstandig aus der Hauptrohre herausragen. Auch versieht man nur die Pfeifen der hiiheren Octaven, vom un- gestrichenen c ( 128 Gchwingungen) an , mit den Ansatz- rohrchen.

E s ist der Zweck der vorliegenden Abhandlung, die Rohrfliltenpfeife, wie sie heute construirt w id , sowohl in Be- zug auf die Hohe des Grundtons, als in Bezug auf die Klang- farbe einer Untersuchung zu unterwerfen.

1) Eiu Theil der Abhaudlung ist frtihw in den Kova Acta der Kaiserl. Leop.-Carol. Deutschen Academie der Naturforscher a h Dissertation ge- drnckt worden.