11
137 erde niit Salpeterlosuug stehen , so kaiin man selbst iiacli langer Zeit auch nicht die leiseste Spur von Nihiteii darin erkennen. Sind auch die organisclien Substanzeii (Humus-) iiiclit die einzigen Bestandtheile der Ackererde, welche die sal- petersaureri Salze urid iiberhaupt diejeitigeii Korper zu des- oxydireii vermogen, ~relche ihren Sauerstoff leicht abgeben, das heifst in ozoiiisirteiii Zustande enttialteii, so verdienen doch gewifs sic vor alleii andereii uiisere erste Aufinerk- samkeit. Meioen heutigeii Mittheilungen wird bald eiiie Fortsetzuiig folgen. Base1 den 14. September 1861. VIII. Ueber die Farbe des FVussers; von W. Beetz. '1IJeber die Farbe des Wassers im Meere, in Seen und in Flusseii sirid erst seit kurzer Zeit Aufklarungen gegebeii worden, welche auf wirklichen Untersuchungeii beruhen, wlhrend mail sich fruher dainit begnugte, die vollstsiidige Unkenntnifs der Ursachen einer tlglich beobachteten Er- scheiiiung durch Hypothesen zu verdecken. Erst Buiiseii I) hat den einfacheu Satz ausgesprocheii und experimentell bewiesen: "das chemisch reiiie Wasser ist nicht, wie inan gewohiilich anzunehmeii pflegt, farblos, sonderii besitzt voii Natur eine rein blaue F2rbung.e Er beirierkte diese Far- bung, wenn er durch eine zwei Meter lange Wassersaule weifse Porzellaiistucke betrachtete. Er erkllrte die ah- weicheude braune bis schwarze Farbung iiiaiicher Wasser, iiamentlich der norddeutschen Landseen, aus eiugemischteii 1) Liebig und Wiililer, Annalen der Cheruie und Pliarni&, Bd.LXI1, s. 44*.

Ueber die Farbe des Wassers

  • Upload
    w-beetz

  • View
    216

  • Download
    3

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber die Farbe des Wassers

137

erde niit Salpeterlosuug stehen , so kaiin man selbst iiacli langer Zeit auch nicht die leiseste Spur von Nihiteii darin erkennen.

Sind auch die organisclien Substanzeii (Humus-) iiiclit die einzigen Bestandtheile der Ackererde, welche die sal- petersaureri Salze urid iiberhaupt diejeitigeii Korper zu des- oxydireii vermogen, ~relche ihren Sauerstoff leicht abgeben, das heifst in ozoiiisirteiii Zustande enttialteii, so verdienen doch gewifs sic vor alleii andereii uiisere erste Aufinerk- samkeit.

Meioen heutigeii Mittheilungen wird bald eiiie Fortsetzuiig folgen.

Base1 den 14. September 1861.

VIII. Ueber die Farbe des FVussers; von W. Beetz .

'1IJeber die Farbe des Wassers im Meere, in Seen und in Flusseii sirid erst seit kurzer Zeit Aufklarungen gegebeii worden, welche auf wirklichen Untersuchungeii beruhen, wlhrend mail sich fruher dainit begnugte, die vollstsiidige Unkenntnifs der Ursachen einer tlglich beobachteten Er- scheiiiung durch Hypothesen zu verdecken. Erst Buiiseii I )

hat den einfacheu Satz ausgesprocheii und experimentell bewiesen: "das chemisch reiiie Wasser ist nicht, wie inan gewohiilich anzunehmeii pflegt, farblos, sonderii besitzt voii Natur eine rein blaue F2rbung.e Er beirierkte diese Far- bung, wenn er durch eine zwei Meter lange Wassersaule weifse Porzellaiistucke betrachtete. E r erkllrte die ah- weicheude braune bis schwarze Farbung iiiaiicher Wasser, iiamentlich der norddeutschen Landseen, aus eiugemischteii 1) L i e b i g und W i i l i l e r , Annalen der Cheruie und Pliarni&, Bd.LXI1,

s. 44*.

Page 2: Ueber die Farbe des Wassers

138

hominartigen Stoffen, die grurie Farbung der Schweizer Seen und, in noch Iioherem Grade, der Kieselquelleii Is- l a d s , aus dem, durcli Spuren ron Eisenoxydhydrat beding- ten Farbenton des gelhlichen Untergrundes und des die Quellen umschlielsenden Kieselsiuters. Ganz vor Kurzem hat W i t t s t e i n ') durcli sorgfiiltige chemische Untersucbun- geu nachgewiesen, dals auch die griine Farbe organischen Bei~nischungen ihren Ursppng verdanke. Nach ihni weicht die Farbe cines Wassers am so weniger von der biauen ab, je wciiiger organische Substanz es enthllt. Mit der Zu- nalimc derselben geht die blaue Farbe allmahlicii in die grune, und ails dieser, iudein das Blau iminer mehr zuruck- gedrkingt wird, in die braune uber. Das Wasser ist urn so weichcr, je rnehr es sic11 der brauneu, und urn so hiirter, je mehr es sich der blauen Farbe nahert; die Ursache lie@ aber Iiicht in einern grijlseren oder geringeren Gehalte an organischer Substauz, sondern an Alkali, von welchem erst wiederum der Gehalt a n organischer Substanz abhangt. Dieses Alkali lost die organische Substanz in Gestalt von Humussaure auf. W e n n eiii Wasser nicht vie1 Humus- szure aufgelijst enthdt, so beruht diels iiicht in einem Mnn- gel an Humussaure in dein von ihm beruhrten Terrain, son- dern darin, dafs dieses Terrain dem Wasser nicht die hin- reichende Menge an alkalischem Losungsmittel darbot.

Nach diesen Resultatell diirfte die Frage, ails welcheii cheinischen Griinden einige Wasser blau, andere gruu, iioch aiidere brauii erscheinen , als erledigt zu betrachten seyn. Ich erlaube inir hier nur wenige Bemerkungen uber einige pliysikalische Erscbeinungen, welche an den farbigen Whs- sern beobachtet worden sind.

Fast allgemein hat inan friiher das W7asser denjenigen Korpern zugezahlt, welche eine andere Farbe im durchge- henden, wie iiu reflectirten Lichte haben. N e w t on sagtz): )J das Wasser reflectire die violetten, blauen und griinen

I ) Sitzurigtber. der K. bajcr. Akad. der Wisaensch. in Miincllen. 1860, S. 603 ..

2) Optices lib. 1, purs rr, p r o p u s . X, cxpcr; XP- t t* .

Page 3: Ueber die Farbe des Wassers

139

Strahlen, lasse aber die rothen leicht hintlurchgelren. Graf X a v i e r d e M a i s t r e ' ) halt die Farbe dcs Wassers fiir blau im reflectirten , fur gelblich orange im durcligeliendeii Lichte; A r a g o ') fur blau im reflectirten, fiir gruii irn durch- gehenden. Gemeinsain ist diesen drei Angabeii die Ansicht, dafs das Blau des Wassers nur iin reflectirten Lichte auf- trete.

Bei dein Versuche, welchen B u n s e n anstelltc, urn sich von der Farbe des destillirteii Wassers zii iiberzeugen, handelte es sich nur um durchgehendes Licht, und doch fand e r die Farbe blau. Um durch noch langere Wasser- saulen hindurchschauen zu konnen, benutzte ich folgenden Apparat. Ein Kasten, dessen rechtechiger Bodcn und des- sen lange Seitenwande a, a', Fig. 13, Taf. I , aus Guttaper- chaplatteii verfertigt siud ist an beiden Erideu durch pa- rallele Platten voii sehr weifsem, duniieni Spiegelglase b, b' geschlossen. Unmittelbar innerlialb dieser Platten sind zwei ganz %hnliche Glasplaiten c, c' aufgestellt, welche nach L i e - b i g's Methode eine silberne Spiegelbelegung erhalten ha- ben. Aus dieser Belegung sind bei d und d' sclnnale Strei- fen herausgekratzt, wie es aus Fig. 14, Taf. I ersichtlicli ist. Wirf t inan inittelst eines Heliostats ein Biindel directen Sonnenlichts auf den Spalt d, so wird dieses zwischen den beiden Spiegeln tiiehrrnals hin- und hcrgeworfen; fullt man den Kasten mit eiiier Fliissigkeit, SO ist das Licht gezwungen, wiederholeiitlich durcli diese Fliissigkeit hindurchzugehen, und inan hat es in der Hand, die Lange der zu durchwan- dernden Schicht durch Versnderung des Einfallswinkels der Strahlen zu vergrofserii oder zu verkleinern. Man kann diesen Versuch objectiv und subjectiv anstellen. Lafst inan die Strahleu so in den Spalt d fallen, dafs sie nacli einer gewissen geraden Anzahl von Reflexioneii gerade auf deli Spalt d' fallen, so kanii man sie nach dem Aus- tritte auf einem Schirxn auffangen: die Anzahl der Rcflexio- lien lafst sich durch allmahliche Drehung des Kaslciis ver- 1) Sufnioniu, 3 E d , p . 317; Pogg. Ann I Egzlrd., S. 6 i * . 2 ) Conip. rend. P'If, 219; Yogg. Ann. Bd. XLV, S. 450Y.

Page 4: Ueber die Farbe des Wassers

140

andern. Benutzt man aber nur den beleuchteten Spalt d, wie eiiien selbstleuchtenden Gegenstand, und schaut durch d' i n den Kasten, so sielit inan nebeneinander eine Reihe an Grofse abnehmender, duuner, inehr sich einander na- heriider subjectivrr Bilder des Spaltes, welche den ver- scliiedenen Reflexionszal~len entsprechen. Ich hatte zuerst zur Anstellung einiger Versurhe die Spiegel so gestellt, dafs die unbelegten Glasflachen einander zugekehrt waren. Das Licht inufste dann bei jeder Reflexion zweinial durch die Glasplatten selbst hindurchgehen. Enthielt d a m das Ge- fafs keine Flussigkeit , so erschien das aufgefangene Bild iiach sechs his achtinaliger Reflexion zwar noch fast we&; wenn man aber die neben einander liegenden subjectiven Bilder mit einander verglich, so beinerkte man, dafs jedes folgende einen etwas gelberen Ailstrich hatte. Ich vermu- thete, dafs diese Farbung der , nunmehr schon zieinlich machtigen, Glasscbicht zuzuschreiben sey, welche das Licht zu durchlaufen habe, und kehrte deshalb die Spiegel, wel- che nunmehr auf der versilberten Seite selbst polirt wur- den I ) , um. Indefs auch jetzt zeigte jedes folgende Bild eine gelbere Farbung, freilich in geringerein Grade. Die Farbe ist also der eigenthumlichen Korperfarbe des Silbers, an welchein ein Theil des Lichtes diffus reflectirt wird, zuzu- schreiben. Sie ist indefs, wenn die Politur recht vollkom- men ist, so unbedeutend, dafs sic die weitere Beobachtung nicht stort.

Wird der Kasten bis zur Halfte seiner Hohe mit de- stillirtein Wasser gefiillt, und der ganze Spalt d beleuchtet, so sieht nian auf der auffangenden Platte den unteren Theil des Bildes blau gefarbt, wahrend der obere Theil weifs bleibt. Schaut man diirch den Spalt d' und zwar durch den oberen Theil des Kastens, so hat man die Reihe der inehr und inehr gelblich gefarbten Bilder; schaut inan durch den unteren Theil, so erscheint jedes folgende Bild starker blau, mit einem sehr schwachen Stich ins Grunliche, gefarbt.

1 ) l e h verdanke die ersten Spiegel der Giite des Hrn. Dr. K l e n g e r hier- selbst, die letzteien der des H m Dr. S r b i n d l i n g in Dona.

Page 5: Ueber die Farbe des Wassers

141

Ganz ebenso ist die Erscheinung, wenn inan Wasser aris dem, tief blau aussehenden, Achensee in das Gefdfs gieht; ersetzt man es aher durch Wasser aus dein Tegernsee, so erscheinen schon nach menigen Reflexionen die Bilder iii- tensiv gelbgrun (nicht blaugrun), wiewohl mein Kastcn nur 250”“ Lange hat. Begiefst man Gartenerde niit Wasser, Iafst dieses abfliefsen, filtrirt es, und rnischt cs zuerst in kleinen, d a m in grofseren Mengen zu destillirtein Wasser, so geht die Farbung der Bilder zuerst in den gelbgriinen, d a m immer inehr in den braunen Farbenton iiber, ganz wie es nach den Versuchen VOU W i t t s t e i n zu erwarten war. Die Farben, von denen in diesen Versuchen die Rede war, sind also auch die im durchgehenden Lichte.

Welche Erscheinringen habeii nun den Gedanken a n eine Zweifarbigkeit des Wassers hervorgerufen ?

N e w t o n stiitzt seine Ansicht auf eine Erfalirung H a 1 - ley’s: als dieser a n einein sonnigen Tage sich in einer Taucherglocke bis zu einer gro€sen Tiefe in das Meer ver- senkt hatte, erschien ihm die obere Flache seiner Hand, welche durch das Meerwasser und eiii Glasfenster in der Glocke direct von den Sonnenstrablen beleuchtet wurde, rosenroth, das Wasser unter ihm dagegen und die iintere Flache seiner Hand, welche durch die, voin untern VI’asser reflectirten Strahlen beleuchtet war, grun. Das Experiment ist offeubar irrig aufgefaht. Die von unten herkominenden Strahlen sind nicht vom Whsser reflectirt, sondern durch- gelassen; reflectirt sind sie von fremdartigen Korpern iin Wasser, nainentlich vom Meeresboden. J e weiter dieser entfernt ist, d. 11. je tiefer das Meer an der betreffendeli Stelle ist, desto tiefer wird auch die Farbung des Wassers erscheinen; tief griin, wenn das Wasser ein griines, tief blau, wenn es ein blaues ( im durchgehenden Lichte) ist. Die Strahlen, welche von obeu in die Glocke fielen, mnfs- ten ebenfalls die Farbe des Wassers zeigeu, aber in sehr vie1 geringerein Grade, weil die von ihneir durchlaufeiie Wasserschicht unter alleu Urnstanden weit weniger mach- tig ist, als die, welche die von unten eindringendeu Strahleii

Page 6: Ueber die Farbe des Wassers

142

durchlaufen haben. Die oberen Strahlen brachten also verhaltniCsinaCsig noch niehr weiCses Licht, als die uuteren, und daher erscheint die abere Handflache in der Contrast- farbe, d. 11. rosenroth, aus demselben Gruiide, aus welchem in der blauen Grotte auf Capri neben den1 tiefen Blau die Contrastfarbe Orange, auftritt.

A r a go fuhrt zur Stiitze seiner Ansiclit keineii Versuch a n , er schlagt iiur einen aiizustellen vor , von welchern spater die Rede seyn SOU. Er fuhrt vielmehr seine Ansiclit init den Worten ein: ),die reilectirte Farbe des Wassers ist blau, die durchgelassene, wie Einige glauben, grun, 11 ond begundet auf diese Voraussetzung die Erklarung ciniger Erschcinungen. Namentlich zeigt er , weshalb die Wellen des hlauen Meeres gruii sind. Er betrachtet dieselben als Wasserprismen, an deren einer Flache das weifse Tages- licht reflectirt, durch die folgende Welle hindurchgeschickt, iiiid dadurch gcgriint wird. Man kann sich aber leiclit uber- zeugen, dak es sic11 hier bei den grunen Wellen, wie bei der grofsen blauen Wasserinasse iiur um durchgelassenes Licht handelt. Betrachtet inan z. B. die spiegelglatte Flache des Achensees bei vollkominner Windstille , so sieht nian die Farbe von der Mitte her nach den Ufern zu allmahlich aus dem tiefsten Blau i n eiu lielles Griin, uiid endlich in ein gelbliclics Roth iibergehen. Diescs Wasser, welches sehr geringe Mengen huinussaurer Salze enthalt, farbt das Licht, wenn es nur durch diinne Schichten hindurchgeht, griinlich, wenn durch dickere, blau. Diese Erscheinung hat viele Analogien. N e m t o n sagt I ) : Man mufs belnerken, dafs bei gefarbten Flussigkeiten die Farbe sich mit der Dicke zu andern pflegt. Z. B. erscheint eine rathe Flus- sigkeit, in einein kegelforinigen Glase zwischen Licht und Auge gebracht, nahe am Boden, wo sie am dunnsten ist, blak gelblich, etwas hoher, wo sie dicker ist, goldgelb, wo sie noch dicker ist, roth, endlich wo sie am dicksten ist, gesiittigt roth. Man mufs also annehmen, dafs eine solche Flussigkeit die violetteii und indigblauen Strahlen sehr leicht

1) a. a. 0

Page 7: Ueber die Farbe des Wassers

143

absorbire, die blaucn schwerer, die griinen noch schwerer, die rothen am schwersten.

Ganz ebenso verhalt es sich bei dein blaugriinen See- wasser. Es absorbirt die rothen Strahlen sehr leicht, die griinen schwerer, die blaueii am schwersten. Geht also weikes Tageslicht durch eine geringe Schicht dieses Was- sers bis zam Boden, und kehrt, von diesem reflectirt, in die Luft zuriick, so ist es schwach gegriint. Hat es auf beideii Wegen langere Streckeii zuriickzulegen, so wird es geblaut. Ebenso erscheint es griin, wenn es durch die wenig machtige Schicbt. einer Welle ( in die es freilich durch Reflexion an einer auderen Welle gelangt seyn mag) hindurchgegangen ist.

Ich sprach soebeu von der rothlich gelben Farbung an den seichtesten Stellen, welche von so vielen Beobach- tern bemerkt worden ist. Diese Farbe hangt ganz von der Beschaffenheit des Bodens ab. A m haufigsten wird derselbe aus weifslicheln Sande oder weirslichen abgeriebe- nen GeriSllen besteben. Waren dieselben absolut weifs, reflectirten sie Farben mit gleicher Vollkominenheit diffus, so wiirde die riithliche FIrbung gar nicht zu Stande koin- men. Man braiicht sich aber iiur zu erinnern, dafs eine (noch ungebrauchte) porose Thonzelle einer G r o v e’schen Batterie, so lange sie trocken ist, vollkoinmen weirs erschei- nen liann, wahrend sie init Wasser benetzt, sich rostgelb bis fleischroth farbt. Ihre Oberflache erlangt also die Ei- genschaft, rotlies Licht vorwiegeiid zu reflectiren. Haben nun die, den Seeboden bildenden Kiirper dieselbe Eigen- schaft, so wird dieser Boden an denjeuigen Stellen, welche von ganz dunnen Wasserschichten bedeckt sind, in der That rothlich erscheinen. Nimmt die Wasserschicht a n Diche zu, so gelangen schon weniger rothe Strahlen zum Boden, die von dort zuriickkehrenden werden aber wieder vom Wasser theilweise verschluckt, rind so verliert sich die rothe Farbe immer mehr, miewohl man die Gestalten der auf dem Grunde liegeuden Gegenstaude lioch irniner deutlicli unterscheidet.

Page 8: Ueber die Farbe des Wassers

144

Uebrigcns wird auch diesc rothe Farbung durcb COW trast sehr erhiiht. [ch habe after an den seichten Stellen der hare die Beobachtung gemacht, dafs das lebhafte Roth, wclches sie zeigen, sehr abnimmt, wenn man diese Stellen nicht ueben dem schonen Grun des tieferen Wassers, son- derii durch eiiie R6hre isolirt betrachtet.

Es scheint, als widersprache eine Thatsache der Be- hauptung, dafs das Seewasser in diinneren Schicliten grun- lich, in dickeren blau sey: Ein weilser Gegenstand, wie z. B. das Ruder cines Schiffes, erscheint, zu einer ganz unerheblichen Tiefe unter die Fllche des Achensees ge- taucht, deutlich und rein blau, unter die des Tcgern- und Kiinigssees getaucht, intensiv grun. Das Licht, welches die weifsen Fl%hen, die sich in der Lage der Ruderflachen befinden, trifft, hat aber keineswegs nur die kurze Wasser- strecke von der Seeoberflache an durchlaufen, sonderii kommt von der Seite her durch eine inachtige Wasser- masse, in der es die charakteristische Farbe des Sees ange- iioinmen hat. Bringt man dieselbe weibe Flache nahe am Ufer und dem Ufer zugewandt eben soweit unter Wasser wie fruher iin weiteren Abstaude voin IJfer, so sieht sie iin Achensee fast unverZudert iveifs, im Tegernsec aber iioch iinmer griinlich aus, weil die Farbung des blauen Wassers erst bei grofseren, die des griinen schon bei sehr kurzeii Strecken merklich wird.

Diese auffallend starke Farbung durch seitlich einfallen- des Licht fiihrt mich aaf den Vorschlag, welchen A r a g o geinacht hat, um die wahre Fat-be des Wassers im durcb- gehenden Lichte kennen ZLI lernen.

Man sol1 ein hohles, aus Glasplatten zusainmengesetztes, Prisma so unter Wasser bringen, dafs das, horizontal unter der Waseroberflache hingeliende, Licht von der Hypotenu- senflache total reflectirt wird. P o g g e n d o r f f hat statt dieses Apparates einen bloken Glasspiegel, der unter 45" gegen den Horizoiit geneigt ist, vorgeschlagen I ) . Ich hatte Gelegenheit , einen entsprechenden Versuch ganz beilaufig

I ) Pogg. Ann. Rd. XLV, S . 474".

Page 9: Ueber die Farbe des Wassers

143

anzostelleii , iiidem ich eine, an den Eiidcn durch Spiegcl- glasplatten geschlosscoe iiiid in der W a n d init eiiiein Loclie ve r s e 11 e II e I3 1 c c h r iih re d a d u r ch in 1 t W a ss e r f u I 1 c 11 w o 11 t e, dafs icli sic in scliiefer Stellung ganz rinter die Seeober- fldche tauchte. Weuu die obere Glasplatte die richtige Neigaog hatte, so refleclirte sic bei soiinige~ri Wetter iui Tegernsee cin so intensiv smaragd gruncs Liclit, wie ich cs auf aiiderein T;T7ege iiieinals geseheii habe, iin Achensee aber eiii blaues Lirht, wie menn dasselbe durch eine COII- ceutrir[c Kupfcrvitriolliisutig liindurchgegangen wgre. Der Vorschlag A r a g o ’ s ist also gewils treffetid, uiid iveiiii e r selbst Geltgenheit gehabt hbtte, dcnselbc~i auszufuhren, so wurde er con dem Gcdanken, dafs das Wasscr im dorch- gehenden und iin reflechten Lichte verschiedenc Farbeii zeige, gcwifs zuiucligeiioinmcn seyn.

Die Farbc des Tniassers lnder t sicli natiirlich, sobald feste Theile in ihm srispeiidirt siiid. Durch Einmischung solchcr Kiirper, welcbe, wie clie obeni crwiihiiten Boden- bestandtheile, rothes Licht borzugsweise diffus reflectiren, ~ ~ c i i i i sie beiietzt siiid, kanii es daiiii leicht roth erschcinen; durch griifsere Rlassen -cveifslichen Sandes, welclies die Seen wlihreiid cines arihaltendeii Sturmes von ihrern Grunde auf- gewuhlt oder die FJusse at is ihrem Bette abgerieben haben, crscheiut das Wasser wcit lieller, als sonst. Ebenso be- merht Simony ’) dafs der Wolfgang- und der Attersee im Winter, wo sic am klarsteli sind, sclirvarzgrun, ini soin- mer dagegen blaugruo bis hitnmelblau aussehen, und halt diese Farbung wesentlich bedingt durch die in der Scblamm- inasse vorherrscheodcn Merge1 iind grauen Saudsteine.

Bei deli vorstehendeii Betrarhtungen ist von dcin Eiu- ilusse der Fzrbunp des Hiiiiiuels mid der iibrigeri Umge- bungen ganzlich abgeseheii wordcn. Es giebt iioch iininer Viele, welche in diesen Umst&ndeii den wesentlichen Grund der Wasserfarbe sucheu. Jene nebensachlichen Etnflusse sind aber neben den Hauptursacheii in Rechiiuug zu zichen.

I ) W i e n e r Sitzungsbericht IV. 5423C. Pogynrlorfi’, +\nna) Bd, CSV. 10

Page 10: Ueber die Farbe des Wassers

146

Wenn die Seeoberflaclie ganz rrihig ist, so wirkt sic als Spiegel. Die eigentlichen Farbenerscheiiiungeii des Wassers werden uin so inehr verdeckt, je mehr regelmafsig reflec- tirtes Licht sich von der betreffendeii Stelle aus dem Ange mittheilt; sie erscheiucn am reinsteii da, wo kein, oder we- nig Licht regelm%kig reflectirt wird, z. B. gegen einen dun- klen Felshintergrund. 1st aber der See bewegt, so f ~ l l t die regelmafsige Reflexioii iinmer inehr weg , uiid das Ansehen der Wasserflache verandert eich drxrch das Auftreteii der Wel len in seGr complicirter Weise , ahhiingig von Ufer- bildung, Richtiing uud Starke des Wiiides, und ahnlichen Urnstanden, welcbe der Seefahrer aus jenern Ansehen so grit zu erkennen, ja vorherzusagen vermag.

Ich erlaube inir nocli eine Beinerkiing iiber den Ort, an welchein die grune Farbung voin Wasser angenommen wird. D e r Tegerirsee erhalt sein Wasser durch inehrere Zufliisse, untcr deiien die Weirsac11 und die Rottach die bedeutendsteii sind. Narh h g e r Trockenheit ist das Bett der Weifsach vollkomiiien leer; die Gerolle, welche deli Boden desselben bedecken, sind ganz trocken nnd fast weifs. Als nacli solcher Trockenheit ein Regell in Aus- sicht stand, begab ich mich den Lauf der Weifsnrh hinauf, um das erste Wasser , welches den Boden benetzte, beob- achten zu konnen. Dieses Wasser koniite keineii andereii Ursprring habeii, als atmosp1r;irischen. Trotzdem erschieii die erste Meuge desselben, welcbe hinreichend war, um, weun inaii sich auf das Flufsbett niederbeugte, durch eine Stelle lriiidiirchschaueii zu bijnnen, sogleich griiiilich ge- Gibt. Die liumussaureii Salze mussen also im Flufsbette bereits fertig gebildet vorliegen, uiid werden iiur vom W a s - ser aufgclost, nicht aber braucht man anzunehmen, dais die, die Zufliisse speisendcii Quellwasser schon eine alkalische Liisung initbringen miissen, urn nachher die Huinussaure aufliisen zu konnen.

Das Wasser atmospharischen Ursprungs in seinem fe- sleii Zuslande als Eis und Schnee ist ebenfalls blau. Uie Gletscher der Alpen und Islands zeigen anch danii diese

Page 11: Ueber die Farbe des Wassers

I47

Farbe '), weiiii die benachbarten, zuni Theil von den Glet- scherabflussen lierriihrcnden Wasser griin gefarbt sind. H. und A. v o n S c h l a g i n t w e i t "-) schatzten die Farbe des Gletscliereises in deli Spalten gleich der Miscbfarbe, welche ein Farbeilkreisel zeigte, auf welchen 74,Y Theile Wcifs, 21,3 Tlreile Kobaltblau iind nur 0,8 Tlieilc Grun aufgetragen maren. O s a i i n ') sah das Licht in einein etwa 2 Furs tie- fen Loche in dein Gcbirgsscbnee liefblan, und glaubt, dafs diese Farbung dcr blauen Farbe der Luft zu danken sey, welche in den obercii Schichtcn starker als i n den unteren geblaut sey, und ist desbalb der Meinung, dais die blaue Farbe dcs Gletschereises durch die der Luft in jenen 116- heren Srhicbten erhoht werde. Abcr der Versuch, auf weichen e r sich stutzt, gelingt rnit friscli gefallenem Sclinee in der Ebene ebensogut, wie oberhalb der Schneegranze. Die blaue Farbung ruhrt von der Farbe der vicleii kleinen Eiskrgstalle her, welche das Licht, in einein solchen Loche vielfach l i in - und herg~worfcn , durchirren muis. Griines Eis kann wohl nur durcli das Gefrieren griiner Seen uiid Fliisse erzengt werden ; der atmospharische Niederschlag und die Zusaminendruckuiig des Hoclifirns kiinnen iiur zur Bildung von blaueni Eise Veranlassung geben.

Erlangcn im December 1861.

1) B u n s e n , a. a. 0. S. 47". 2 ) Phjs. Geogi. der Alpen, I, S 22 3) Verh. d Wlirib Ges. lV., 231".

1 0 "