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Uber die Fliichtigkeit des Indiumoxyds. Von JULIUS MEYER. Tor einiger Zeit hat A. THIEL~ in einer Untersuchung ,,Studien uber das Indium" auch das Atomgewicht dieses seltenen Metalles zu bestimmen versucht. Die Werte 115.05 & 0.02 uncl 114.81 t 0.07, die er aus der Analyse des Trichlorid und des Tribromids erhalten hat, stimmen nun unter sich nicht betriedigend iiberein , als auch liegen sie bedeutend hoher, als andere Forscher gefunden haben. Da die THIELsche Methode, wie ich spater in der ausfuhrlichen Mitteilung zeigen werde, nicht absolut einwandsfrei ist, und da ich mich in Gemeinschaft mit CARL RENZ schon seit zwei Jahren mit dem gleichen Gegenstand beschaftigt habe, so will ich im folgenden darlegen, dals sich die Uberfuhrung des metallischen Indiums in das Sesquioxyd unter gewissen Kautelen als geeignete Methode an- wenden Iafst. Die Uberfiihrung des Indiums in das Oxyd war von REICH und RICHTER, von C1. WINIKLER und von BUNSEN zur Atomgewichts- bestimmung benutzt worden. Jedoch hat diese Methode einige Mangel, deren hauptsachlichster die Fluchtigkeit des Indiumoxyds bei hoheren Temperaturen ist. Nachdem C. RENZ~ diese Eigen- schaft zweifellos festgestellt hatte, ist sie dann auch von A. THIEL gefunden worden. Da diese Methode indessen grolse Qorziige hat, denn es wird z. B. das Atomgewicht direkt auf Sauerstoff bezogen, so habe ich versucht, diesen Methodenfehler zu beseitigen. Ein sehr reines Indiumsesquioxydpraparat , das auf einer Iridiumblechunterlage durch eine Leuchtgas- Sauerstoffflamme zur A. THIEL, 2. a.rzorg. Chem. 40, 280-336. C. RENZ, Ber. deutsch. chenz. Ges. 36, 1848; Dissert., Breslau 1902.

Über die Flüchtigkeit des Indiumoxyds

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Page 1: Über die Flüchtigkeit des Indiumoxyds

Uber die Fliichtigkeit des Indiumoxyds. Von

JULIUS MEYER.

Tor einiger Zeit hat A. THIEL~ in einer Untersuchung ,,Studien uber das Indium" auch das Atomgewicht dieses seltenen Metalles zu bestimmen versucht. Die Werte 115.05 & 0.02 uncl 114.81 t 0.07, die er aus der Analyse des Trichlorid und des Tribromids erhalten hat, stimmen nun unter sich nicht betriedigend iiberein , als auch liegen sie bedeutend hoher, als andere Forscher gefunden haben. Da die THIELsche Methode, wie ich spater in der ausfuhrlichen Mitteilung zeigen werde, nicht absolut einwandsfrei ist, und da ich mich in Gemeinschaft mit CARL RENZ schon seit zwei Jahren mit dem gleichen Gegenstand beschaftigt habe, so will ich im folgenden darlegen, dals sich die Uberfuhrung des metallischen Indiums in das Sesquioxyd unter gewissen Kautelen als geeignete Methode an- wenden Iafst.

Die Uberfiihrung des Indiums in das Oxyd war von REICH und RICHTER, von C1. WINIKLER und von BUNSEN zur Atomgewichts- bestimmung benutzt worden. Jedoch hat diese Methode einige Mangel, deren hauptsachlichster die Fluchtigkeit des Indiumoxyds bei hoheren Temperaturen ist. Nachdem C. R E N Z ~ diese Eigen- schaft zweifellos festgestellt hatte, ist sie dann auch von A. THIEL gefunden worden. Da diese Methode indessen grolse Qorziige hat, denn es wird z. B. das Atomgewicht direkt auf Sauerstoff bezogen, so habe ich versucht, diesen Methodenfehler zu beseitigen.

Ein sehr reines Indiumsesquioxydpraparat , das auf einer Iridiumblechunterlage durch eine Leuchtgas- Sauerstoffflamme zur

A. THIEL, 2. a.rzorg. Chem. 40, 280-336. C. RENZ, Ber. deutsch. chenz. Ges. 36, 1848; Dissert., Breslau 1902.

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hellsten Weilsglut erhitzt und darin kristallinisch geworden war, wurde in einem offenen Platintiegel bestimmte Zeit auf bestimmte Temperaturen erhitzt. Dann wurde der Platintiegel in einem Wage- glaschen gewogen. Die erste Tabelle gibt den Gewichtsverlust an, den 1.5 g des erwahnten Indiumoxyds durch einstundiges Erhitzen erlitten haben.

Tabelle I.

Temp. in O

500 600 700 800 900

Daraus ergibt sich also in Ubereinstimmung mit C. RENZ und A. THIEL, dafs Indiumoxyd bei hoheren Temperaturen verdampft. Der Beginn der Verdampfung liegt allerdings bei mir hiiher, wie THIEL gefunden hat.

In einer weiten Versuchsreihe wurde die Abhangigkeit der ver- fliichtigten Menge von der Zeit des Erhitzens bestimmt. Es ergab sich, dafs dieselbe bei 1200 O der Gluhzeit ungefahr proportional ist, was j a auch zu erwarten war.

Es wurden nun ganz analoge Qersuche gemacht mit bedecktem Tiegel. Dabei zeigte sich, dafs der Beginn der Verdampfung bei ungefahr 970° lag, also etwas hoher wie oben. Wurde der Tiegel mehrere Stunden auf 900° erhitzt, so war eine Gewichtsanderung nicht mit Sicherheit zu konstatieren. Es wurde jedoch auf der Unterseite des Deckels ein minimaler Anflug bemerkt, der schwach violette Farbe hatte und die kristallinische Struktur des Platin- deckels ungehindert durchscheinen liefs.

Urn die Verdampfung soweit wie moglich unschadlich zu machen, benutzte ich schliefslich den schon after von mir ange- wendeten Platintiegel mit Rohrendeckel, wie er bei der Atomge- wichtsbestimmung des Fluors und des Siliciums benutzt worden ist. Es ergab sich, dafs das oben benutzte Indiumsesquioxyd in diesem Tiegel bis auf ungefahr llOOo erhitzt werden konnte, ohne

JULIUS MEYER, 2. anorg. Chem. 36, 313. JULIUS MEYER, 2. anorg. Chem. 43, 251.

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dafs eine Gewichtsanderung zu konstatieren war. Ich gebe zur An- schauung einen Versuch. Der Tiegel wurde ohne Patinstopfen im Herausofen auf 1090 O erhitzt. Nach einstiindigem Gliihen wurden die Patinstopfen aufgesetzt , der Tiegel nach dem Abkuhlen eine halbe Stunde in den Exsikkator und eine Stunde in den Wage- kasten gestellt. Das Gewicht war 47.6014 und am andern Tage 47.60145. Darauf wurde der Tiegel ohne Stopfen drei Stunden lang auf ungefahr dieselbe Temperatnr erhitzt und in den gleichen Zeitabschnitten wie oben gewogen. Das Gewicht war 47.60142 und 47.60148. Nach erneutem siebenstundigem Gliihen war das Ge- wicht 47.60125 und 47.60133. Demnach ist die Gewichtsabnahme bei zehnstundigem Gliihen bei rund 1100O ungefahr 0.12 mg bei 1.5 In,O, oder 0.01 Demnach diirfte sich der Tiegel auch fur das Ausgluhen von Indiumsesquioxyd als vollig brauchbar erweisen.

Der Deckel des Tiegels hatte sich an der Innenseite wie bei der zweiten Versuchsreihe mit einem minimalen, durchscheinenden violetten Sublimate uberzogen. Zu einer Analyse reichte das Sub- limat nicht Bus, so dafs sich noch nicht entscheiden lafst, ob hier nur sublimiertes Indiumoxyd vorliegt, das in so dunner Schicht violett schimmert, oder ein anderes Metalloxyd, das sich durch die bisher angewendeten Reinigungsmethoden nicht entfernen lafst.

Nachdem nun festgestellt worden war, dak die Sublimation des Indiumoxyds durch geeignete Apparate unschadlich gemacht werden kann, wurden .einige Vorversuche angestellt, um Indiumnitrat durch Gliihen in Oxyd iiberzufuhren. Die Reaktion geht wider Erwarten nicht ohne Schwierigkeit vor sich , denn selbst durch funfstiindiges Gliihen auf ungefahr 1000 konnte keine Gewichtskonstanz erzielt werden. Es wurden rund 3 g Indiumnitrat in dem Rohrentiegel auf 800° erhitzt. Nach kurzem Gliihen horte die merkliche Ent- wicklung von Stickoxyden auf, ohne dafs indessen das Gewicht kon- stant geworden war. Durch einstundiges Gliihen sank vielmehr das Gewicht von 49.1383 g auf 47.5432, dann auf 47.5318, 47.5293 und 41.5272. Nun wurde die Temperatur auf 9000 gesteigert. Die Gewichtsabnahme war beim ersten Gliihen am starksten und nahm bei dem folgenden Erhitzen ab: 47.5241, 47.5228, 47.5214. Bei 100O0 wiederholte sich diese Krscheinung: 47.5198, 47.5188, 47.5119. Bei 1100 schliefslich wurden auch noch immer merkliche Gewichts- anderungen konstatiert. Da nun aus den vorhin angegebenen Ver- suchen hervorgeht, dafs das Indiumoxyd bei den benutzten T’em- peraturen in dem verwendeten Platintiegel leicht gewichtskonstant

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gehalten werden kann, so mufste ein Methodenfehler vorliegen, und dieser besteht darin, dafs das Indiumnitrat bei der Zersetzung durchaus nicht allen Stickstoff abgibt. Diese Erscheinung ist bei den Nitraten sehr verbreitet uncl schon fruher von TH. W. RICHARDS und E. F. ROGERS~ bei einigen Metallen konstatiert worden. Der absorbierte Stickstoff und seine Oxyde werden sehr hartnackig fest- gehalten und bei langerem Gluhen nur langsam abgegeben. DaCs auch wirklich von diesem Indiumoxyd Gase absorbiert worden sind, wurde folgendermalsen nachgewiesen: Es wurden ungefahr 2 g In,O,, das aus Indiumnitrat durch zweistiindjges Erhitzen auf 900 O hergestellt worden war, in den kurzeren, geschlossenen, horizontalen Schenkel einer schwer schmelzbaren, rechtwinklig gebogenen Glas- rohre gebracht. Der andere, vertikale, lange Schenkel war mit Quecksilber gefullt und stand durch einen Gummischlanch mit einer offenen Birne in Verbindung, welche stets so eingestellt wurde, dals das Niveau des Quecksilbers im Schenkelrohr und in der Birne das gleiche war. Dann wurde der kurze Schenkel mit dem Indium- oxyd, der in einer kleinen Verbrennungsrohre lag, mehrere Stunden kraftig erhitzt , und zwar stets unter etwas vermindertem Druck. Nach dem Erkalten zeigte es sich dann, dafs das vom Queksilber eingeschlossene Luftvolumen eine deutliche Vergrofserung erlitten hatte. Es war also durch das Erhitzen aus dem Oxyd ein Gas herausgedrangt worden. Die Volumenvermehrung bei 2 g Oxyd be- trug ungefahr 1.5 ccm, in zwei andern Fallen 1 und 2.5 ccm. Die Natur der nusgetriebenen Gase konnte nicht ermittelt werden, da die erhaltenen Mengen zu gering waren. In einem Falle war in- dessen der Geruch nach Stickoxyden ganz zweifellos. Nimmt man an , daCs 1 g In,O, 1 ccm Gas absorbiert enthalt, so sind die da- durch entstehenden Fehler schon recht betrachtlich. Denn 1 ccm Luft wiegt 0.0013 g und 1 ccm NO, sogar 0.0021 g.

Es handelte sich demnach nun darum, das Indiumoxyd vollig von den absorbierten Gasen zu befreien. Dieses Ziel wurde zuerst durch sehr scharfes Gliihen zu erreichen gesucht. Es wurde etwas Indiumoxyd, das aus dem Nitrat durch Erhitzen auf 900O herge- stellt worden war, auf einer etwas konkaven Iridiumplatte (Platin- blech schmolz namlich bei den erreichten Temperaturen) von unten her mit einem Leuchtgas-Sauerstoffgeblase zur hellsten Weilsglut erhitzt. Das Licht, welches die Iridiumplatte hierbei ausstrahlt, ist

TH. W. RICHARDS und E. F. ROGERS, Proceed. Amer. Bend. 1893, 200.

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ein aufserordentlich intensives, so dafs man die Augen bei langerem Arbeiten schiitzen mufs. Da, wie erwahnt, das Platinblech im Qe- blase zu schmelzen begann, und der Schmelzpunkt des Platins nach HOLBORN und HENNINQ~ bei ungefahr 1720O liegt, so durften die Temperaturen, auf welche das Indiumoxyd erhitzt worden war, bei rund 1700 * gelegen haben. Bei diesen hohen Temperaturen scheint das Oxyd samtliches absorbiertes Gas abzugeben. Denn als es darauf in dem oben erwahnten Platintiegel mehrere Stunden auf 1060 O erhitzt worden war, konnte kein Gewichtsverlust mehr kon- statiert werden. Indessen kann das absorbierte Gas bei exakten Versuchen nicht auf diese Weise entfernt werden. Denn benutzt man Temperaturen, die hijher als l l O O o sind, so macht sich auch bei Benutzung meines Platintiegels die Verdampfung des Indium- oxyds bemerkbar. Es mulste also ein anderer Weg eingeschlagen werden , um die absorbierten Stickoxyde zu beseitigen. Von gutem Erfolge begleitet war mehrmaliges Behandeln des nur mafsig ge- gliihten (800-820°) Oxyds mit reinem Wasser und darauf folgendes Eindampfen und Gliihen. Es war ungefahr 1.8 g Oxyd im Platin- tiegel enthalten, durch Erhitzen von Indiumnitrat auf ungefahr 950° hergestellt. Diese Menge wurde dann mit 5 ccm reinem Wasser ubergossen, eingedampft und wiederum eine Stunde auf 950 O erhitzt. Nachdem dieser Prozels drei Ma1 wiederholt worden war, wurde der Tiegel je eine Stunde auf ungefahr 1050° erhitzt und gewogen. Die Gewichtsanderungen ersieht man aus folgenden Zahlen: 47.9536, 47.9529, 47.9525 und 47.9823. Wie man sieht, sind die Anderungen des mit Wasser behandelten Oxyds relativ klein gegen die bei dern nur gegliihten Indiumoxyd. Durch noch ofter fortgesetztes Eindampfen mit Wasser und darauf folgendem Gliihen kann man demnach ein konstantes Gewicht erzielen.

Ein anderes Verfahren, um die Absorption von Gasen mog- lichst zu verhindern, besteht darin, dds das Indiumnitrat im Platin- tiegel in etwas Wasser aufgelost und rnit Ammoniak behandelt wird, wodurch sich Indiumhydroxyd ausscheidet. Dampft man nun vor- sichtig ein, so verdampft das Wasser, das Ammoniumnitrat und das iiberschiissige Ammoniak. Das Indiumhydroxyd hat allerdings geringe Menge Nitrat absorbiert; aber diese werden durch ener- gisches Gliihen leichter ausgetrieben wie die oben erwahnten Gase.

L. HOLBORN und F. HENNING, Sitxungsber. d. Kgl. Preuss. Akad. Wiss. Berlin 1905, 311.

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Gewichtskonstanz wird bei 1070O ziemlich schnell erreicht: 47.8377, 47.8368, 47,8365, 47.8363, 47.8362. Mit diesem Verfahren wird nun aber ein kleiner Ubelstand eingefuhrt, der bei der Behandlung des Oxyds mit 'Cliasser leicht vermieden werden kann. Es ist nam- lich ziemlich schwer, eine absolut reine AmmoniaklGsung herzu- stellen. Abgesehen von dem auflosenden Einflufs des Ammoniaks auf Glas, scheinen auch fast regelmal'sig Spuren organischer Sub. stanzen im Ammoniak enthalten zu sein, die bei der Destillation mit ubergerissen werden oder selbst iiberdestillieren. Wahrschein- lich lafst sich aber aus Ammoniaksalzen ein fiir unsere Zwecke ge- niigend reines Ammoniak gewinnen.

Ujber die darauf hinzielenden Versuche und iiber gemeinschaft- lich mit C. RENZ ausgefiihrte Atomgewichtsbestimmungen des In- diums na,ch den dargelegten Methoden sol1 eine spatere Abhandlung berichten.

Breslau, Chem. Institut der Universitat.

Bei der Redalrtion eingegangen am 6. September 1905