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Uber die Herstellung des Thalliums mit Hilfe der Elektrolyse. Von F. FOERSTEB. (Mitteilung aus dem Anorgmisch-chemischen Laboratorium der KBnigl. Slchs. Technischen Hochschule zu Dresden.) Mit 1 Figur im Text. Die Verfahren zur Abscheidung des Thalliums, zumal aus dem fur seine Qewinnung wichtigsten Ausgangsmateriale, dem Flugstaub der Kiesofen, sind befriedigend durchgearbeitet. Sie fuhren schliek- lich fast stets zum Thalliumsulfat, aus dessen Lasung man das Metal1 mit Hilfe von Zink fallt, sei es in der Weise, dak man dieses einfach in die Losung eintaucht, oder so, dak man es in eine mit einem thalliumfreien Elektrolyten beschickte Thonzelle taucht und diese in die Thalliumsulfatliisung einstellt , wahrend in der letzteren sich ein mit dem Zink leitend verbundener Platin- oder Kupferdraht befindet. Mit diesem Element vom Typus des DANIELL’schen gelingt es , nach einigen Tagen das Thallium voll- standig und rein in schiinen MetallblBttern abzuscheiden. Die Zerlegung des Thalliumsulfates durch den elektrischen Strom wird vielfach empfohlen, ohne dak mir genauere Angaben uber die hierzu geeignete Versuchsanordnung bekannt geworden waren. Sie stofst, wie gleich bemerkt werden soll, selbst bei Gegen- wart reichlicher Mengen von Schwefelsiiure auf keine nennenswerten Schwierigkeiten. Daher muls es uberraschen, dafs es SCHUCHT nicht gelungen ist , Thallium aus seinen sauren LGsungen elektro- lytisch abzuscheiden. Auf der anderen Seite hat vor einigen Jahren LEPIERRE das Atomgewicht des Thalliums dadurch kontrolliert, dafs WBHLER, Lieb. Ann. 142, 263. Berg-Hiittenmi. Ztg. 39, 121. Compt. rend. 116, 580.

Über die Herstellung des Thalliums mit Hilfe der Elektrolyse

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Page 1: Über die Herstellung des Thalliums mit Hilfe der Elektrolyse

Uber die Herstellung des Thalliums mit Hilfe der Elektrolyse.

Von

F. FOERSTEB. (Mitteilung aus dem Anorgmisch-chemischen Laboratorium der KBnigl. Slchs.

Technischen Hochschule zu Dresden.)

Mit 1 Figur im Text.

Die Verfahren zur Abscheidung des Thalliums, zumal aus dem fur seine Qewinnung wichtigsten Ausgangsmateriale, dem Flugstaub der Kiesofen, sind befriedigend durchgearbeitet. Sie fuhren schliek- lich fast stets zum Thalliumsulfat, aus dessen Lasung man das Metal1 mit Hilfe von Zink fallt, sei es in der Weise, dak man dieses einfach in die Losung eintaucht, oder so, dak man es in eine mit einem thalliumfreien Elektrolyten beschickte Thonzelle taucht und diese in die Thalliumsulfatliisung einstellt , wahrend in der letzteren sich ein mit dem Zink leitend verbundener Platin- oder Kupferdraht befindet. Mit diesem Element vom Typus des DANIELL’schen gelingt es , nach einigen Tagen das Thallium voll- standig und rein in schiinen MetallblBttern abzuscheiden.

Die Zerlegung des Thalliumsulfates durch den elektrischen Strom wird vielfach empfohlen, ohne dak mir genauere Angaben uber die hierzu geeignete Versuchsanordnung bekannt geworden waren. Sie stofst, wie gleich bemerkt werden soll, selbst bei Gegen- wart reichlicher Mengen von Schwefelsiiure auf keine nennenswerten Schwierigkeiten. Daher muls es uberraschen, dafs es SCHUCHT nicht gelungen ist , Thallium aus seinen sauren LGsungen elektro- lytisch abzuscheiden. Auf der anderen Seite hat vor einigen Jahren LEPIERRE das Atomgewicht des Thalliums dadurch kontrolliert, dafs

WBHLER, Lieb. Ann. 142, 263. Berg-Hiittenmi. Ztg. 39, 121. Compt. rend. 116, 580.

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er den Netallgehalt inehrerer seiner Verbindungen elektrolytisch be- stimmte; das dabei benutzte Verfahren wurde nicht beschrieben.

Unter diesen Umstanden mag es gerechtfertigt erscheinen, ein elektrolytisches Verfahren zur Gewinnung von Thallium hier zu be- schreiben, welches im hiesigen anorganisch-chemischen Laboratorium seit einiger Zeit von den Studierenden bei der sehr belehrenden Herstellung von Thallium aus Flugstaub mit Erfolg benutzt wird.

Der dem Laboratorium in erheblieher Menge zur Verfugung stehende Flugstaub ist rotlich hellgrau und, wie solche Materialien meistens, sehr reich an Arsenverbindungen. 3 kg desselben werden in einem Steintopf mit etwa 8-10 1 Wasser ubergossen und etwa I/, Stunde durch Einblasen heifsen Wasserdampfes ausgekocht. Die erkaltete, klar abgezogene, braune Losung kann man des grolsten Teils ihres Thalliumgehaltes berauben, wenn man sie nach STOLBA bis zum Erscheinen der Krystalle des Thalliumalauns eindampft ; doch gelingt dieses Verfahren nicht ohne einige Aufmerksamkeit. Als sicherer erwies es sich, im wesentlichen den Angaben WOHLER’S~ entsprechend zu verfahren und in die ursprunglich erhaltene Losung etwa 2 kg Kochsalz einzuriihren, das gefallte Thalliumchlorur durch Abziehen von der Losung zu scheiden und es mit starker Kochsalz- losung griindlich zu waschen. Wie bekannt, 18fst sich das Thallium auf diese Weise nicht vollig von Arsen befreien; es bedarf dazu der Uberfuhrung des Chlorids in das Sulfat, nochmaligen Fallens von dessen Losung mit reinem Chlornatrium und Auswaschen des nun- mehr rein weils ausfallenden Thalliumchlorurs mit Wasser. Es werden aus 3 kg unseres Flugstaubes so 30-50 g reinen Chlor- thallium5 gewonnen , was einem durchschnittlichen Thalliumgehalt von etwa 1 v. H. entspricht.

Das Chlorur wird nun mit dem doppelten der zur Bildung des neutralen Sulfats notwendigen Schwefelsauremenge erhitzt, bis reich- liche Dampfe dieser Saure auftre ten. Eine gesattigte wasserige Lo- sung der erkalteten Masse ist ein zur Thalliumabscheidung geeigneter Elektrolyt. Bei Mange1 an freier Schwefelsaure wiirde an der Anode braunes Thalliumsesquioxyd infolge von Hydrolyse des hier ent- stehenden Thalliumsulfats auftreten.

Das aus seiner Sulfatlosung durch den elektrischen Strom aus- geschiedene Thallium bildet prachtig glanzende , grofse Blatter und

Jahresber. f. Chem. 1873, 282. A. a. 0.

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Nadeln, welche die Neigung zeigen, nach der Anode hiniiber zu wachsen. Um die dadurch in diesem wie in manchen anderen Fallen (2. B. bei der Elektrolyse vieler Zinnlosungen) herbeigefiihrte Gefahr von -Kurzschliissen zu vermeiden, bedient man sich zur Elek- trolyse der Thalliumsulfatlosung folgender Vorrichtung, welche durch die untenstehende Zeichnung erlautert ist.

Auf dem Boden der zur Aufnahme des Elektrolyten dienenden, etwa 500 ccm fassenden' glbsernen Krystallisierschale a ist ein kleines Olasnapfchen (rund geschmolzenes Ende eines 5 mm weiten Glas- rohres) mit Siegellack befestigt. In diesem steht die ausgezogene Spitze eines Glasstabes b , welcher in halber Hohe der Schale zu einem horizontalen Kreuz mehrfach hin und her gebogen ist, und in seiner dann wieder nach oben gerichteten Verlangerung ein Fliigelrad tragt, wie es OSTWALD zur Bewegung des Ruhrers in seinem Thermostaten beschrieben hat. Die Fuhrung des Glas- stabes geschieht durch einen an einem Stativ befestigten starken Draht c. Durch Entzundung einer Flamme unter dem Fliigelrade wird dieses in Bewegung gesetzt und fiihrt das Glaskreuz dauernd im Elektrolyten heruni, wodurch alle von cler unten befindlichen

' Lest sich das zur Verfugung stehende Thalliumsulfat in 500 ccm Wasser von gewiihnlicher Temperatur noch nichf vollstjindig auf, so werden wahrend der Elektrolyse kleinere Mengen des inzwischen an Thallium verarmten Elek- trolyten herausgeschSpft nnd zur Liisung des Salzrestes verwendet.

a Physiko-chemisehe Messzcngen, S. 70.

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Kathode nach der oberen Anode hinuberstrebenden Thalliumteile zuriickgebogen und am Hiniiberwachsen verhindert werden.

Als Kathode befindet sich auf dem Boden der Schale ein aus dunnem Kupferblech bestehender 4.5 cm breiter Ring von etwa 100 qcm Oberflache, welcher die Auflage des Ruhrwerkes umgiebt ; der Zuleitungsdraht ist, soweit er mit dem Elektrolyten in Beruh- rung kommen kann, durch einfaches Uberstreifen eines dunnen Glasrohres geschiitzt. -41s Anoden dienen zwei zu beiden Seiten des Ruhrers wagerecht angebrachte, j e 7-8 qcm groke Platinbleche. Bei der Elektrolyse wird mit einer Spannung von etwa 3.5 Volt ge- arbeitet, und ein Strom von 1.3-1.5 Amp. angewandt, also auch eine Stromdichte von 1.3-1.5 Amp./qdm an der Kathode.

Hat man die oben angegebenen Mengen Ausgangsmaterial an- gewandt, so ist nach etwa 3 Stunden die Elektrolyse beendet, was man daran erkennt, dafs die anfangs nur geringfugige Wasserstoff- entwickelung stark zunimmt und eine Probe des Elektrolyten durch Salzsaure nicht mehr gefallt wird. Man unterbricht nun den Strom, entfernt das Ruhrwerk, ersetzt die saure Flussigkeit schnell durch Wasser, trennt das Thallium niit Hilfe eines spatelartig gestalteten Glasstabes von der Kathode, was sehr leicht geschieht, wenn diese zuvor schwach eingefettet war, prefst es erst unter Wasser, dann unter Flierspapier gut ab' und schmilzt es schnell unter Cyankalium xusammen. Den erhaltenen Regulus bewahrt man unter einer Thal- liumhydratlosung im zugeschmolzenen Rohr auf. Das so gewonnene Thallium ist frei von merklichen Mengen Blei und Arsen, welche beiden Metalle ihm am hartnackigsten anhaften.

Das Trocknen des Metallschwammes mit AIkohol oder Ather ist unthun- lich, da beide, besonders aber der letztere, eine schnelle, unter starker Wiirme- entwickelung verlaufende Oxydation des Thallium5 bewirkeu.

Dresden, 24. April 1897.

Bei der Rcdaktion eingegangen am 30. April 1897.