6
4. MARZ I922 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. i. JAHRGANG. Nr. IO 461 EARNER und KLINGER, dab dies bei Ratten und Katzen nicht immer der Tall sein muB. Latente Tetanie kann nach ihllen beim Tier (Schreck, Uberanstrengung) zum blitzartig eiI1- tretenden ,,Tetanus" ausarten; dieser geht entweder zurfick odor endet mit dem Tode (vgl. ERDHEIM)I). Nach Strumaoperation kann man beim Menschen 6fter leichte Symptome yon Tetanie nachweisen (CI~vOSTEK), wenn man besonders darnach fahndet (LoBENHOFFER, hlELCHIOR). V. ]%ISELSBERG und hlELCHIORwiesen ausdrticMich darauf hin, dab man mit der Bezeichnung ,,leicht" sehr vorsichtig sein muB. Die M6glichkeit, dab bei den Kranken spgter eine akute, ja tSdliche Form auftritt, ist gegeben. Ich sah beim Menschen zwei t6dliche F/ille, bei diesen war nur eine Seite operafiv angegangen worden ! Pf6tchenstelhng, Chvostek war einige Male zu bemerken, namentlich im Frfih- jahr (vgl. MOR, Der Frfihlingsgipfel der Tetanie. M. m. W. i919). Die Erscheinungen gingen aber bald zurfick und blieben weg, wenigstens bisher. Es besteht in Heidelberg, Wien und andernorts eine gewisse Tetaniebereitschaft; die Kriegsfolgen mSgen sie erh6ht haben. MELCHIOR sah Tetanie nach einer Operation wegen Kryptorchismus, wir nach Operation eines Halluse valgus ! Als Therapie kommt haupts/~chlich (v. EISELSBERG) die medikament6se in Betracht: I. Parathyreoidintabletten, 2. Calcium lacticum his 3~ g am Tag, 3. Afenil intravenSs (v. EISELSBERG), 4" Cbloralhydrat-lZlysma, 5. Mehlfreie Kost (FucHs, V. ]~ISELSBERG). Mc. CALLUM sagt, dab diese Behandlung nur symptomatisch ist; sie ,,maskiert" nur den Ausfall der Epithelk6rperchen. Man kann sich aber u. E. w6hl vorstellen, dab sie bei nur gesch/idigten Organen dem K6rper fiber die IZrise bis zur Erholung hinweghilft. Versagen die eben erw/~hnten Mittel, so ist der Versuch der E. I4.-Transplantation gerechtfertigt. Nach unseren jetzigen Anschauungen ist es nicht erlaubt, bei der Kropfoperation eines zu entnehmen; man well3 Hie bestimmt, wieviele der unfreiwillige Spender noch hat. Man wird frisctl Verungliickte, eben Gestorbene w/ihlen. Bei I4indern, die w/ihrend der Ge- burr starben, sind die kleinen Organe schwer zu linden. Beim Erwachsenen empfiehlt es sich dringend, eine mikroskopisehe Untersuchung des Pfr6pflings vorzunehmen, da sonst ein Irrtum zu leicht m6giich ist. v. EISELSBERG land in der Literatur mehr als 2o Transplantationen vom lebenden Men- schen angeffihrt, voi1 welchen 2o einheilten. Die Wirkung ist schwer zu fibersehen, meint er, da bei vielen voreilig trans- plantiert wurde. BORCHERS ist weniger skeptisch. Ich trans- plantierte vor mehr als 2 Jahren wegen Tetanieepilepsie (keine Operation vorausgegangen). Seither ist der Kranke frei yon seinen Anf/~llen. Nachdem, was ich bisher yon Homoiotrans- plantation sah, kann ich yon einem Dauererfolg nicht sprecheI1. Auch v. ~ISELSBERG sehreibt, dab yon eillem einwandfreien bleibenden Einheilen z. Zt. noeh nicht die Rede sein k6nnte. Die I(ropfoperatien ist nach all dem Angeffihrten nicht absolut gefahrlos. Die Trfiger der Struma sind sich auch zum Teil dariiber im klaren. AuBer der Frage : Ist Gefahr vorhanden, werde ich nicht bl6dsinnig, Wird uns auch oft die vorgelegt, ob der Kropf nicht wieder Icom~m. Die Antworten lauten der Literatur nach /iuBerst verschieden (vgl. unten). Sie k6nnen unm6glich alle Platz linden. Die Anschauung von JuL. WOLFF, dab nach der Operation der einen Seite die andere zum Schwin~ den komme, wird kaum noch vertreten. Der Glaube yon STRs dab die Verlagerung des Kropfrestes ein Rezidiv verhfite, ist durch die Mitteilungen yon v. HOFM~ISTER be- denklich erschfittert worden. TH. I(OCHER glaubte die Wieder- kehr dutch seine Enutdeationsresektion vermeiden zu k6nnen, KAUSCHdurch die Resektion naehhllKULiCZ, HOTZ und t~NDER- LEN hoffen yon der ausgiebigen Reduktion Gutesl). Nun zu dell Antworten: Sehr optimistisch ist ttlLDE- BRAND, der ,,gew6hnlich die Hemistrumektomie fibt". Unter seinen Berliner F/illen saher Rezidive bzw. Strumaentwick- lung auf der anderen Seite ,,auBerordentlich selten". Roux ist Pessimist: Der Patient steigt mit dem Rezidiv vom Opera- tionstisch herunter ; weiter: er ist ein tfandidat des Rezidives, wenn man ihm 2 Lappen l~gt, mehr oder weniger zugestutzt. Er ist IlUr gesch/itzt, wenn er ill einem gewissen Alter ist, in dem man Philosoph geworden ist und die Gelegenheit hat, vorher an einer anderen t(ankheit zu sterben, ehe ihn sein Kropf wieder bel/istigt". Roux wurde in diesem wenig giinstigen Urteil durch die Arbeit seines Schfilers GERMANIER best~rkt. Aueh noch nach 25 Jahren konnte er ein Rezidiv feststellen (BRIJNNER nach 3~ Jahren). Ich greife die niederste und h6chste errechnete Zahl heraus : Halbsei• 25 ~o, Enucleoresektion 39,4~o; BRUNNER rechnet in 3i~o; PALLA in 26~o, BERGAT 65 ~o, NXGELI in 4, 1% auf Wiederkehr der Schwellung. Auf weitere Angaben verzichte ich. Diejenigen Autoren, welche auf kurze Zeit zurfickgreifen, erhalten die niedersten Zahlen. Herr Dr. HITZLERpr/ift die Rezidive der Heidelberger Klinik Z. Zt. nach (I 897-- 1915). 795 Patienten konnten entweder nach- untersucht werden odor sie gaben Auskunft. Soviel sich bis jetzt /ibersehen 1/il3t, handelt es sich um 234 (29 %) echte Rezidive und um 12o (I 5 %) falsche (Vergr6Berung der unberiihrten Seite). Mit der gebotenen Vorsicht m6chte ich aus den bisherigen Feststellungen mit anderen annehmen, dab es sich beim Wie- derwachsen des Kropfes nicht nur um die Art der Operation, sondern auch um die Art der Struma handelt. Die Kropffrage ist noch nicht erledigt. ORIGINALIEN. UBER DIE KLINISCHE PULSUNTERSUCHUNG BEI PATIENTEN MIT UNREGELMASSIGEM PULS, NAMENTLICH BEI ARHYTHMIA PERPETUA. Von Privatdozent Dr. reed. CHRISTEN LUNDSGAARD, Oberarzt. Aus der medizinischen Klinik d. Univ. Kopenhagen (Prof. Dr. reed. KNUDFABER). Einleitung. Von vielen _~rzten wird die Differentialdiagnose zwischen den verschiedenen Arhythmieformen als eine so schwierige Sache betrachtet, dab sie ganz den Spezialistei1 oder t~ranken- hgusern iiberlassen werden muB, woes m6glich ist, elektro- kardiographische oder sphygmographische Untersuchungs- methoden zu benutzen. Diese Auf{assung trifft in der Tat nicht zu. Nachdem wir durch die neueren exakten Methoden L 1) Die Tetanie is'c nach FARNER and KLINGER eine Vergiftung mit Basen der Guanidingruppe; E. FRANK und seine Mitarbeiter denken daran, dab die tetanogenen Sgoffe dem Dimethylgtlanidin nahe stehen. zur Untersuchung des tZhythmus des Herzens fiber die ver- schiedene Pathogenese und die &uBerungsformen der ver- schiedenen Arhythmien unterrichtet worden sind, zeigt es sich, dab mehrere -- oft altbekannte -- allgemeine klinisehe Symptome sich ans unserer tieferen Einsicht in den Mechanis- mus des Herzens bei diesen krankhaiten Verh~ltnissen erkl/iren lassen und zu verstehen sind. Ferner zeigt eine n~here Be- obachtung, dab viele yon diesen Symptomen so charakteristiseh /fir bestimmte Leiden sind, dab sich auf Grund der klinischen Svmptome allein oft eine znverl/~ssige Diagnose stellen 1/Ll3t. Die gegenw~rtige Abhandlung enth/ilt eine Darstellung des sogenannten ,,Pulsdefizites" mit besonderer Berficksich- tigung seiner Bedeutung ffir die Diagnose und Behandlung der Arhythmia perpetua. Wenn die Herzaktion unregelm/~13ig vonstatten geht, wie bei Patienten mit Vorkammerflimmern und daraus folgender Arhythmia perpetua, werden die Ventrikel sieh in verschie- 1) Die Zeit muB lehren, ob diese Hoffmmg nicht triigt. Die Herren ROUX und HEDIN- GER sprachen ihre Bedenken mir gegenfiber aus.

Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

4. MARZ I922 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . i. J A H R G A N G . Nr. IO 461

EARNER und KLINGER, dab dies bei Rat ten und Katzen nicht immer der Tall sein muB. Latente Tetanie kann nach ihllen beim Tier (Schreck, Uberanstrengung) zum blitzartig eiI1- tretenden , ,Tetanus" ausarten; dieser geht entweder zurfick odor endet m i t dem Tode (vgl. ERDHEIM)I).

Nach Strumaoperation kann man beim Menschen 6fter leichte Symptome yon Tetanie nachweisen (CI~vOSTEK), wenn man besonders darnach fahndet (LoBENHOFFER, hlELCHIOR). V. ]%ISELSBERG und hlELCHIOR wiesen ausdrticMich darauf hin, dab man mit der Bezeichnung ,,leicht" sehr vorsichtig sein muB. Die M6glichkeit, dab bei den Kranken spgter eine akute, ja tSdliche Form auftritt, ist gegeben.

Ich sah beim Menschen zwei t6dliche F/ille, bei diesen war nur eine Seite operafiv angegangen worden ! Pf6tchenstelhng, Chvostek war einige Male zu bemerken, namentlich im Frfih- jahr (vgl. MOR, Der Frfihlingsgipfel der Tetanie. M. m. W. i919). Die Erscheinungen gingen aber bald zurfick und blieben weg, wenigstens bisher. Es besteht in Heidelberg, Wien und andernorts eine gewisse Tetaniebereitschaft; die Kriegsfolgen mSgen sie erh6ht haben. MELCHIOR sah Tetanie nach einer Operation wegen Kryptorchismus, wir nach Operation eines Halluse valgus !

Als Therapie kommt haupts/~chlich (v. EISELSBERG) die medikament6se in Betracht:

I. Parathyreoidintabletten, 2. Calcium lacticum his 3 ~ g am Tag, 3. Afenil intravenSs (v. EISELSBERG), 4" Cbloralhydrat-lZlysma, 5. Mehlfreie Kost (FucHs, V. ]~ISELSBERG).

Mc. CALLUM sagt, dab diese Behandlung nur symptomatisch ist; sie , ,maskiert" nur den Ausfall der Epithelk6rperchen. Man kann sich aber u. E. w6hl vorstellen, dab sie bei nur gesch/idigten Organen dem K6rper fiber die IZrise bis zur Erholung hinweghilft.

Versagen die eben erw/~hnten Mittel, so ist der Versuch der E. I4.-Transplantation gerechtfertigt. Nach unseren jetzigen Anschauungen ist es nicht erlaubt, bei der Kropfoperat ion eines zu entnehmen; man well3 Hie bestimmt, wieviele der unfreiwillige Spender noch hat. Man wird frisctl Verungliickte, eben Gestorbene w/ihlen. Bei I4indern, die w/ihrend der Ge- burr starben, sind die kleinen Organe schwer zu linden. Beim Erwachsenen empfiehlt es sich dringend, eine mikroskopisehe Untersuchung des Pfr6pflings vorzunehmen, da sonst ein I r r tum zu leicht m6giich ist. v. EISELSBERG land in der Literatur mehr als 2o Transplantat ionen vom lebenden Men- schen angeffihrt, voi1 welchen 2o einheilten. Die Wirkung ist schwer zu fibersehen, meint er, da bei vielen voreilig trans- plantiert wurde. BORCHERS ist weniger skeptisch. Ich trans- plantierte vor mehr als 2 Jahren wegen Tetanieepilepsie (keine Operation vorausgegangen). Seither ist der Kranke frei yon

seinen Anf/~llen. Nachdem, was ich bisher yon Homoiotrans- plantat ion sah, kann ich yon einem Dauererfolg nicht sprecheI1. Auch v. ~ISELSBERG sehreibt, dab yon eillem einwandfreien bleibenden Einheilen z. Zt. noeh nicht die Rede sein k6nnte.

Die I(ropfoperatien ist nach all dem Angeffihrten nicht absolut gefahrlos. Die Trfiger der Struma sind sich auch zum Teil dariiber im klaren. AuBer der Frage : Ist Gefahr vorhanden, werde ich nicht bl6dsinnig, Wird uns auch oft die vorgelegt, ob der Kropf nicht wieder Icom~m. Die Antworten lauten der Literatur nach /iuBerst verschieden (vgl. unten). Sie k6nnen unm6glich alle Platz linden. Die Anschauung von JuL. WOLFF, dab nach der Operation der einen Seite die andere zum Schwin~ den komme, wird kaum noch vertreten. Der Glaube yon STRs dab die Verlagerung des Kropfrestes ein Rezidiv verhfite, ist durch die Mitteilungen yon v. HOFM~ISTER be- denklich erschfittert worden. TH. I(OCHER glaubte die Wieder- kehr dutch seine Enutdeationsresektion vermeiden zu k6nnen, KAUSCH durch die Resektion naehhllKULiCZ, HOTZ und t~NDER- LEN hoffen yon der ausgiebigen Reduktion Gutesl).

Nun zu dell Antworten: Sehr optimistisch ist ttlLDE- BRAND, der ,,gew6hnlich die Hemistrumektomie fibt". Unter seinen Berliner F/illen s a h e r Rezidive bzw. Strumaentwick- lung auf der anderen Seite ,,auBerordentlich selten". Roux ist Pessimist: Der Pat ient steigt mit dem Rezidiv vom Opera- tionstisch herunter ; weiter: er ist ein t fandidat des Rezidives, wenn man ihm 2 Lappen l~gt, mehr oder weniger zugestutzt. Er ist IlUr gesch/itzt, wenn er ill einem gewissen Alter ist, in dem man Philosoph geworden ist und die Gelegenheit hat, vorher an einer anderen t(ankheit zu sterben, ehe ihn sein Kropf wieder bel/istigt".

Roux wurde in diesem wenig giinstigen Urteil durch die Arbeit seines Schfilers GERMANIER best~rkt. Aueh noch nach 25 Jahren konnte er ein Rezidiv feststellen (BRIJNNER nach 3 ~ Jahren). Ich greife die niederste und h6chste errechnete Zahl heraus : Halbsei• 25 ~o, Enucleoresektion 39,4~o; BRUNNER rechnet in 3i~o; PALLA in 26~o, BERGAT 65 ~o, NXGELI in 4, 1 % auf Wiederkehr der Schwellung. Auf weitere Angaben verzichte ich.

Diejenigen Autoren, welche auf kurze Zeit zurfickgreifen, erhalten die niedersten Zahlen.

Herr Dr. HITZLER pr/ift die Rezidive der Heidelberger Klinik Z. Zt. nach (I 897-- 1915). 795 Patienten konnten entweder nach- untersucht werden odor sie gaben Auskunft. Soviel sich bis jetzt /ibersehen 1/il3t, handelt es sich um 234 (29 %) echte Rezidive und um 12o (I 5 %) falsche (Vergr6Berung der unberiihrten Seite).

Mit der gebotenen Vorsicht m6chte ich aus den bisherigen Feststellungen mit anderen annehmen, dab es sich beim Wie- derwachsen des Kropfes nicht nur um die Art der Operation, sondern auch um die Art der Struma handelt.

Die Kropffrage ist noch nicht erledigt.

ORIGINALIEN. UBER DIE KLINISCHE PULSUNTERSUCHUNG BEI

PATIENTEN MIT UNREGELMASSIGEM PULS, NAMENTLICH BEI ARHYTHMIA PERPETUA.

Von

Pr iva tdozen t Dr. reed. CHRISTEN LUNDSGAARD, Oberarzt. Aus der medizinischen Klinik d. Univ. Kopenhagen (Prof. Dr. reed. KNUDFABER) .

Einleitung. Von vielen _~rzten wird die Differentialdiagnose zwischen

den verschiedenen Arhythmieformen als eine so schwierige Sache betrachtet, dab sie ganz den Spezialistei1 oder t~ranken- hgusern iiberlassen werden muB, w o e s m6glich ist, elektro- kardiographische oder sphygmographische Untersuchungs- methoden zu benutzen. Diese Auf{assung trifft in der Tat nicht zu. Nachdem wir durch die neueren exakten Methoden

L �9 1) Die Tetanie is'c nach F A R N E R and K L I N G E R eine Vergiftung mi t Basen der Guanidingruppe; E. F R A N K und seine Mitarbeiter denken daran, dab die tetanogenen Sgoffe dem Dimethylgtlanidin nahe stehen.

zur Untersuchung des tZhythmus des Herzens fiber die ver- schiedene Pathogenese und die &uBerungsformen der ver- schiedenen Arhythmien unterrichtet worden sind, zeigt es sich, dab mehrere -- oft al tbekannte -- allgemeine klinisehe Symptome sich ans unserer tieferen Einsicht in den Mechanis- mus des Herzens bei diesen krankhaiten Verh~ltnissen erkl/iren lassen und zu verstehen sind. Ferner zeigt eine n~here Be- obachtung, dab viele yon diesen Symptomen so charakteristiseh /fir bestimmte Leiden sind, dab sich auf Grund der klinischen Svmptome allein oft eine znverl/~ssige Diagnose stellen 1/Ll3t.

Die gegenw~rtige Abhandlung enth/ilt eine Darstellung des sogenannten ,,Pulsdefizites" mit besonderer Berficksich- tigung seiner Bedeutung ffir die Diagnose und Behandlung der Arhythmia perpetua.

Wenn die Herzakt ion unregelm/~13ig vonstat ten geht, wie bei Patienten mit Vorkammerflimmern und daraus folgender Arhythmia perpetua, werden die Ventrikel sieh in verschie-

1) Die Zeit muB lehren, ob diese Hoffmmg nicht triigt. Die Herren ROUX und H E D I N - GER sprachen ihre Bedenken mir gegenfiber aus.

Page 2: Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

462

denem Grade ffillen. Der Puls wird daher n ich t nur irregul/~r, sondern auch in~qual, i n d e m gr6Bere und kleinere Schlag- vo lumina sich abl6sen. Of t sind versehiedene v o n , i h n e n so klein, dab die du tch sie hervorgerufene Pulswel le sich ver- l iert , bevor sie das Handge l enk erreicht , so dab sie sich n ich t pa lp ieren l~Bt. Mi tun te r werden n ich t e inmal die Aor ta - (und Pu lmona l ) -K lappen ge6ffnet, so dab die Vent r ike l in e inem solchen Fal le nur eine i sometr i sche K o n t r a k t i o n u m den Inha l t ausffihren. I n be iden F/~llen wird die F requenz des Herzens h6her l iegen als die des Radial ispulses. Dieser Untersch ied zwischen der F requenz des Herzens nnd des Pulses, der eine Folge der ins Sch lagvo lumina nnd eine indi rekte Folge yon unregelm~Biger Herz t / i t igke i t dars te l l t , is t ein a l tbekann tes S y m p t o m bet gewissen t Ierz le iden, das jedoch erst sei t neuerer Zei t in d e m Grade b e a e h t e t worden ist, dab man es der Mfihe wef t gefunden hat , den Unte r sch ied bet dem einzelnen P a t i e n t e n besonders zu un te r suchen und auf- zuzeichnen.

Den Anfang m a c h t e n im Jah re 1912 RoBI~SO~ und DRA- PER, die (ira Rockefel ler Hospi ta l ) eine Reihe yon Verglei- chungen zwischen der F r e q u e n z des Herzens und der Hguf ig- kei t des Pulses bet Pa t i en t en m i t unregelmXBigem Pu l s an- stel l ten. Sic kennze ichne ten dell Unte r sch ied durch den Terminus , ,Pulsdef iz i t" . Ihre U n t e r s u c h u n g e n sind jedoch nie ver6f fen t l i ch t worden. I m Jah re 1914 ersehien eine kurze Pub l ika t ion fiber die Frage von JAMES nnd HARTS), welche ROBINSON und DRAPERS Idee und den N a m e n , ,Pulsdef iz i t " im wei te ren Kreise einffihrte. WS&rend ein e infacher zahlen- mgBiger Nachweis des Pulsdefizi tes bet P a t i e n t e n m i t A t r ium- f l immern mehr faeh in Amer ika A n w e n d u n g gefnnden hat , ha t er in E u r o p a n ich t durchzudr ingen ve rmoch t . Dies b e r u h t wahrscheinl ich darauf, dab die Frage in der L i t e r a t n r so wenig e r6r te r t worden ist, u n d i s t sehr zu bedauern , da die Methode in der T a t e inen bedeu tenden kl inischen W e r t bes i tz t und zu e inem wer tvo l len Hi l f smi t t e l bet der Diagnose n e d der Be- hand lung der A r h y t h m i a pe rpe tua he rangeb i lde t werden kann.

Die Mea~odil~ ist 5~ugerst einfach und erfordert, yon einem Stethoskop und einer Uhr abgesehen , kein Instrumentarium. Am besten, was jedoeh nicht durchaus notwendig ist, wird die Unter- suchung yon 2 Personen ausgeffihrt, vori denen die eine das Herz ausknItiert, die andere den Puls z/~hlt. Die Uhr wird so angebracht, dab beide Untersucher sie sehen k6nnen. Zu einem im voraus ver- abredeten Zeitpunkt, z. I3. zu Anfang einer Minute, beginnen beide Untersucher zu z~ihlen und fahren ~/s Minute damit fort. Weiterer Sicherheit halber kann der eine den Anfang dutch das Ausrdfen v0n ,,eins" und den Abschlug durch das Aussprechen der yon ihm erreichten Endzahl kennzeichnen. Danach richter sich der andere Untersucher. Die Untersuchung 1/il3t sich jedoch auch durch eine Person bewerkstelligen, wobei die Herzfrequenz und der Puls in zwei aufeinander folgenden Zeitr/~umeu zu zS&len stud, und zwar, um Zuf/~lligkeiten zu vermeiden, eine gauze Minute lang. Dies gilt jedoch nur bet Patienteu in Ruhe. Nach Arbeit, z. I3. Treppen- steigen, muB die tterz- und die Pulsuntersuchung gleichzeitig statt- Iinden, da die durch die Arbeit hervorgerufene Tachycardie nach dem Aufh6ren der Anstrengung mehr oder minder schnell abnimmt, aus welchem Grunde man bier anch eine bestimmte Zeit (~/~ Min.) lang zS&len muB.

Tab. I en th~l t Z~Mungen yon 18 verschiedenen an Arhy th - mia pe rpe tua le idenden Pat ien ten . Es hande l t sich in al len F/il len u m die erste Z/ihlung, die bet der Mehrzahl w/ihrend der ers ten Tage ihres Krankenhausau fen tha l t e s und vo r der medi- k a m e n t a l e n Behand lung ausgeff ihr t wurde. Es wurde gleich- zei t ig yon 2 Unte r suehe rn ~/~ Min. i ang gezs Das Puls- defizi t s chwank t zwischen 2 (Nr. 8) und 82 (Nr. 11). Die Tabel le zeigt, daB ein Zghlen des Pulses allein e inen falschen E i n d r u c k yon der Arbei tsweise des Herzens erzeugt . Der Puls s chwank t zwischen 96 und 62, also im wesent l ichen innerha lb normaler Werte . E r s t ein Z/~hlen der Herz f requenz un te r - r ich ter uns v o n d e r sogar sehr bedeu tenden Tachyca rd ie der meis ten dieser Pa t ien ten , i n d e m die Herz f requenz zwischen 72 (Nr. 8) und 172 (Nr. 11) schwankt~). Dies zelg~ also, daft ~) W. B. JAMES and T. S. HART, Auricular Fibrillation; Clinical Observations on Pulse Deficit, Digitalis and Blood-pressure. Americ Jourm of the Med. Sciences I l l , 63. 19x4. a) So iindet sich das kleinste Pulsdefizit bet dcmjenigen Patientcn, der die langsamste Herzaktion aufweist, wShrend das gr~gte Pulsdefizit in Verbindung mit der schneUsten Hcrzaktion vorkommL

KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. I. JAHRGANG. Nr. Io 4. M~.RZ 1922

es bei Pa t ien ten m i t A r h y t h m i a perpetua nicht angeht, sich m i t einer Pulszgihlung zu begni~gen (siehe Tab. I).

Tabelle I. Pulsdefizit in Ruhe bei ~8 Patienten mi t Arhythmia perpetua. Die Z~hlungen fanden in den meisten F~llen unmittelbar nach der

Aufnahme start.

Name ~ ~ ~ ~ ~ "~ Diagnose ausschlieBlich der ~-v ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Arhythmie

J S. 5/s 18 19/s ~ 261120184 361Insuff. et stenosis mitralis. I R. 4/10I~ 5/1010~ 26 132 66 66 Insuff. mitralis. J ! G . s/raI~ 3~ ~ 44] 78164 14 Insuff. et stenosis mitralis.

',H. s/1 I~ 9/1 iO ~ 461 9o]78 12 Stenosis mitralis. 5 . H . 19/1 i5 8~ _~ 36 I42 78 64 Stenosis mitralis. Endo-

carditis recurrens. 6 S. L, 5/s i~ l~/g (2~ 22 128 96 32 Insuff.iusuff.et stenosiSAor~ae.mitralis-

7 0 . B . ~/~ic e~/~ ]~ 33113o188 42 Insuff. mitralis. 8 k.?i.P: 5/~ I~ 1~/~ ~_ 25 72 70 2 Insuff. mitralis. Endo-

/ carditis recur. 9 22 r.O ~~ =~/~,O~ 51 i i o 62 48]Stenosis mitralis.

6~S" ~o j . H . % ~ % /~ 4~1~16S S , ~enosis ~itralis. II S.C. s/sI-q ~0/la/: ~-37 172 92 82 Insuff. ets tenosismitrMis.

I1/9 19 (~ 29 94 84 I011nsuff. et stenosis mitralis. 12 O , C . 13 E. ~,. s/~2c .

26 ~4 D. ~ ~ 3S I 92J66 8o 1511 W 5/~ 21 1~/~ [(i~ 59 152 72 Hypertensio arterialis.

16 C . H ( $/s 2I ~/s15 [C~ 45 13o 80 50 Oedema pulm. s/~ 2I /9 -~ Insuff. mitralis. ~711V.I,,N. 25 126 96

181/" O.E. s/s 21 as]o ~ 30 120 75 4S ] Stenosis mitralis.

Tab. I l iefer t im iibrigen ein ]3eispiel yon d e m h/~ufigen Zusamment re f fen yon A r h y t h m i a pe rpe tua und dell Mitral- fehlern. Bet 16 yon 18 Pa t i en t en lagcn en tweder Mitrals tenose oder Mitral insuffiziens oder aueh beide ~'ehler vor. In einem F a l l e zugleich Aortainsuffiziens. Bet 2 Pa t ien ten , Nr. 15 und 16, yon denen der eine Hyper ton ie aufwies, l and sich kein Klappenfehler ; beide waren mi t Erfolg mi t Chinidin behande l t worden.

Caroh~ 1 2 3 ~ 5 O

I 2 3 q 5 fi

Abb. L Elektrokardiogramm (unten) nebst Carotis- und Radialispulskurven (eben) eines 22jNlr. Mannes (Tab. I, Nr. 26) mit Arhythmia perpetua. Man sieht den Puls sich gegen die Perlpherie bin verlieren, so dab in der Radialis weniger PuIssehl~ige vorkommen

als in der Carotis.

Das Pulsdef iz i t n e d sein Zunehmen, al lm/ihlich wie man sich der Per ipher ie n/ihert, is t in Fig. 1 d i rek t veranschaul icht . AuI derselben photographischen P l a t t e ist ein E lek t rokard io - g r a m m und 2 Ar te r ienpulskurven , eine von der Carotis und eine yon der Radialis , aufgenommenl ) . An dem Elek t roka r - d i o g r a m m sieht man 6 R-Gipfel , welche den Anfang der ent- sprechenden Ven t r ike lkon t rak t ionen kennzeichnen. Sie haben keinen Vorkammerg ipfe l (P-Gipfel ) vor sich und sind du t ch unregelm/iBige Zwischenr~ume getrennt , wie es bet A t r ium- f l immern und A r h y t h m i a pe rpe tua v o r k o m m t . An der Carotis- kurve lassen sich alle 6 t-Ierzsehl/~ge erkennen, wenn 2 yon ihnen auch sehr klein sind n e d einer fas t ve r schwunden ist. Auf d e m Wege nach d e m Handge l enk h inab is t der kle inste der Carotisgipfel ( N r . 4) ganz verschwunden, so dab er sieh an der Rad ia l i skurve n ich t zu e 'rkennen gibt. E in anderer der Radial isgipfel (Nr. 2) is t eben s ich tbar und wird bet Pa lpa t ion n ich t deut l ich zu e rkennen seth. Ubr ig sind nnr 4 deut l iche Pulsschlgge am Handgelenk , so daB wir ein Def iz i t

l) Zur hier angewandten Technik siehe C. LUNDSGAARD und O. BEYERHOLM: En ny Metodc tll Maaling af Pulsboelgens Itastighed. Bibliothek for Laeger, Maj I92x und Nouvelle methode pour mesurer la vitesse.de propagation de l'onde pulsar. ~rterielle. Compte rend. Soc. Biol. 85, 37I. r92x-

Page 3: Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

4. MNRZ I922 KLINI SCI-IE WOCHENSCH

yon 2 oder 33 % erhalten. Die Kurve gewghrt einen nnmit tel- baren Eindruck davon, dab eine solche Herzt/itigkeit dem Vortreiben des Blutes nicht i6rderlich sein kann.

Die Bedeutung des Pulsdefizits fiir die Diagnose der Arhythmia perpetua 0)ifferentialdiagnose).

Eine Arhythmia mit einem ausgesprochenen Pulsdefizit wird in der Regel eine Arhythmia perpetua sein ; man lvann abet doch nicht das Vorhandensein eines Pulsde]izites als patho- gno~donisch ]i~r diese Arhythmie]orm betrachten. Ein l:)ulsdefizit kommt auch bei Extrasystolie vor, wenn auch nur ausnahms- weise in so hohem Grade wie bei Arhythmia perpetual). In

d e r Regel wird man jedoch leicht entscheiden k6nnen, ob man mit der einen oder der, anderen dieser wichtigen und hgufig vorkommenden Arhythmieformen zu fun hat.

Erstens kennzeichnet die Extrasystolie sich dadurch, dab Perioden mit vollstgndig regelm~Bigem Rhythmus durch mehr oder minder periodisch wiederkehrende Pulspausen abgel6st werden. Diese entsprechen den extrasystolischen (pr/ima- turen) Herzkontraktionen, die nicht vermocht haben, ein hinreichend groBes Schlagvolumen auszusenden, um eine am Handgelenk palpierbare Pulswelle zu ergeben. Dement- sprechend wird man, jedenfalls was die ventrikulgren Extra] systolen betrifft, den Rhythmus wieder aufnehmen k6nnen, wenn man, ungeachtet der ausfallenden Schl/~ge, in dem einmal getroffenen Takt weiterzghlt. Im Gegensatz dazu finder sick bei Arhythmia perpetua ein vollkommener Mallgel an Rhyth- m u s .

Ein zweites wichtiges differentialdiagnostisches Kelin- zeichen liegt in dem Umstand, dab man bei Extrasystolie mit Pulsdefizit in den allermeisten F/illen eine Herzfrequenz vorfinden wird, die entweder normal oder langsamer als nor- mal ist, w~hrend bei Arhythmia perpetua in der Regel das Entgegengesetzte der Fall sein wird (siehe Tab. I). Man kann sagen, dab ein Pulsdefizit sick bei der Extrasystolie als eine Bradysphygmie nlit normaler Herzfrequenz (Normocardie) zu erkennen gibt, wghrend dasselbe sick bei der Arhytkmia

p e r p e t u a durch eine Tachycardie mit Normosphygmie oder m~LBiger Tachysphygmie ausspricht.

SchlieBlich hat man als drittes differentialdiagllostisches Kennzeichen das Verhalten des Pulsdefizits bei der Aus- fiihrung einer gewissen Arbeit. Die Hauptregel ist, dab gleich nack Anstrengungen (Widerstandsbewegungen, gew6hnliehem Gang oder Treppellsteigen) ein bei Pat ienten mit Extrasystolie bei Ruhe nachgewiesenes Pulsdefizit sick in den allermeisten Fgllen entweder vermindern oder ganz auih6ren wird, w/ihrend es sich bei Pat ienten mit Arhythmia perpetua entweder stei- gert (meist sehr bedeutend) oder, wenn es bei Ruhe nicht vorlag, sich hervortut. Jedoeh 4st diese Regel nieht ohne Aus- nahme. Nieht so sekr selten, sieht man Extrasystolen wegen Anstrellgungen entstehen, was namentl ich bei digitalisbehan- delten Pat ienten der Fall ist, u. a. nicht selten bei Pat ienten mit Arhythmia perpetua. Die Ursacke liegt zuv6rderst in der Neigung der Digitalis, bei 1/~ngerer Verabreichung und in groBen Gaben Extrasystolen hervorzurufen; jedoch tragen die Myocardver/inderungen sicherlich auch etwas yon der Schuld. Andererseits k6nnen kr/iftig mit Digitalis behandelte Patienten mit Arhythmia perpetua mitunter auch nicht ganz geringe Anstrengungen aushalten, ohne dab ein Pulsdefizit eintr i t t (siehe z. B. Tab. IV Nr. I). SchlieBlich sieht man ausnahmsweise auch ein Pulsdefizit bei Arhythmia perpetua nach (leichteren) Anstrengungen abnehmen, was sick jedoch aus der groBen Variabilitgt der Herztgtigkeit bei diesen Pat ienten erkl~ren lgBt. Aueh sieht man oft ein Pulsdefizit von Minute zu Minute bedeutend an Gr6Be schwanken.

Tab. I I enthglt einige Beispiele yon dem Verhalten des Pulsdelizites hack Anstrengungen. Die Herz- und Pulsfre- quenz wurde gezghlt, sowohl wghrend die Pat ienten sich ruhig verhielten als nach Ausffihrung einer gewissen Arbeit4

x) Mitunter kann man jedoch bei der Extrasystolie ein sehr groBes Pulsdefizit vorfinden u~mlich wenn jeder zweite oder jeder drit te Schlag eine Extrasystole darstellt, die das Handgelenk nicht erreichL Die Differenfialdiagnose wird sieh in einem solchen Falle zwischen partiellem Herzblock und Extrasystolie bewegen. - - Aueh bei der paroxysma- tischen Tachycardie kann mitunter ein Pulsdefizit vorkommen. Die klinische Differenfialdiagnose dieser Leiden soll hier nicht mehr behandelt werdem

R I F T . I. J A H R G A N G . Nr. IO 463

Die beiden Untersuchungen fanden unmit te lbar nacheinander statt. Bei dem einen Pat ienten ergab sick bei Ruhe kein Pulsdefizit. Das Treppensteigen bewirkte e in Pulsdefizit yon 44. t3ei den iibrigen 7 Pat ienten steigerte sich ein bereits bei Ruhe vorliegendes Defizit. Man sieht zugleich, dab die ]3ewegung in allen Fgllen eine bedeutellde Tachykardie hervor- ruff, wghrend die H/Lufigkeit des Radialispulses sick nu t sehr wenig steigert, in einigen Fgllen -- Nr. I, 4 und 9 -- sieht man sie sogar abnehmen.

Tabelle IL Tabelle zur Veranschaulichung des Einfiusses von Anstrengungen

auf das Pulsdefizit bei Patienten mit Arhythmia perpetua.

Ruhe i Bewegung

i 88 88 128 84 80 78 156 112 IiO lO2 158 IOO 8o 76 18o 58 84 82 19o 142

122 66 142 76 7JI] 14o lO8' 152 112 8' If 2 90 78 126 82 9 134 80 176 74

Pulsd ~fizit

Anmerkung

O 2 8 4 2

56 32 I 2

54

44 44 58

I 2 2

48 66 4o 44

IO2

Treppe bis zum i. Stock i mal. Treppe bis zum i. Stock 5 mal. Treppe his zum I. Stoeki mal.

im Zimmer gehend.

Die Bedeutung des Pulsdefizits ffir die Einsch~itzung des funktionellen Zustandes des Herzens (Funktions-Diagnose).

Wie bekannt, ist namentlich y o n W E N C K E B A C H , J . MACKEN- ZIE und TH. LEWIS behauptet worden, dab die Arbeitsweise des Herzens yon ebenso groBer Bedeutung iiir den Blutumlauf ist wie die Arbeitskraft. Diese Ansicht, die im wesentlichen ant Minischen Beobachtungen und Er6rterungen begrtindet wurde, und die besagt, dab eine unregelm/iBige Herztgtigkeit an und fiir sich eine Herabsetzung der yon dem Herzen in der Zeiteinheit ausgesandten Blutmenge bewirken kann, ist durch direktes Messen des Minutvolums des Herzens (C. LIJNDS~AARD) durch Messen der Kohlells/iurespallnung des Venen- nnd Arterienblutes (SoNNE) und des Sauerstoffgehalte s des Venenblutes (C. LUNDSGAARD) experimentell best/itigt worden. In allerneuster Zeit zugleich durch gleichzeifiges Messen der Sauerstoffmenge des Arterien- und Venenblutes (STADIE, HARROP). Diese verschiedenen Untersuchungen ergaben Ale iibereinstimmende Resultate, obschon die in den einzelnen F/illen benutzte Untersuchullgsmethode versctlieden war. Dazu kommen noch aus der allerjiingsten Zeit verschie- dene dureh die Chinidintherapie gewonnenen Erfahrullgen. Fails das Chinidin auf einen Pat ienten mit Arhytkmia per- petua wirkt, sieht man oft den Puls auf einmal langsamer und vollst/indig regelmgBig werden (Abb. 5). Gleichzeitig stellt sich eine augenblicMiche sowohl subjektiv Ms objektiv sehr ausgesprochene Besserung des Zustandes des Patienten ein. Diese Beobachtungen entsprechen ganz demjenigen, was z. /3. MACKENZIE bei Pat ienten wahrgenommen hat, die yon einer Arhytkmia perpetua betroifen wurden; sie k6nnen ]edoch wegen ihres experimentellen Charakters weit mehr verbliiffend auf den Beobachter wirken. Es kann somit als klinisch und experimentell dargetan betrachtet werden, dab eine unregel- m~Bige Herzaktion eine fiir das Herz unzweckmgNge Arbeits- weise darstellt, indem sie eine Iterabsetzung der in der Zeit- einheit ausgesandten Blutmenge bewirkt. Im Vorhergehenden ist besprochen worden, dab man oft ein Palsdefizit hervor- rufen bzw. steigern kann, wenn man den Patienten eine gewisse Arbeit ausiiihren l~Bt. Eine n~ihere Untersuchung dieses Verh~ltnisses zeigt, dab ein Pulsdefizit im groBen ganzen mit der Gr6Be der Arbeitsleistung gleichm~Big zunimmt. Die Tab. I I I und VI enthalten ein paar Beispiele davon. Man sieht ein starkes Zunehmen der Herzfrequenz, w/ihrend die Pulsh/iufigkeit entweder sehr wenig zunimmt oder (selte- ller) abnimmt. Bei dem einen Patiellten (E. N.) betr/igt die Pulsfrequenz nach dem Gehen im Zimmer II2, nach dem Treppensteigen aber nur lO8; die entsprechenden Zahlen

Page 4: Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

464 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I, J A H R G A N G . ~ N r . ~o 4. MARZ 1922

Tabelle III . Das verhal ten des Pulsdelizits wghrend zunehmender Arbeits- leistnng bet zwei Patienten mit Arhythmia perpetua. Die Zgh- hingen fanden nnmittelbar nacheinander statt, sobald Patient

ansgeruht hatte. - - Vgl. Tabelle I I u. VI.

~ ,~ Anmerkungen

Nr. I ] E . N . _ ~ (Nr. 13 ] 37Jahre

in Tab. I) 1~/9 2 f

v.~.~.$ Nr. 2 25 Jahre (Nr. 17

in Tab. I) 14/9 2I

I26 I 94 I4o 96

174 112

176 lO8

12o! 82 136 86

.17 o 80

32 R u h e 44 5maliges Armstrecken gegen

Widerstand 62 l etwa 1/~ Min. langes Gehen

im Zimmer 68 : Treppe bis zum i. Stock imat.

38 [ Ruhe 5 ~ 5 maliges Armstrecken gegen

Widerstand 9o [Gehen im Zimmer ]

der Herz f requenz sind sich fast gleich, n/ imlich 174 und 176. Bet dem anderen Pa t i en t en (V. E. N.) s ieht man auch die

Pulsdef iz i t s gewghr t uns daher einen gewissen E ind ruck yon d e m vorI iegenden funkt ionel len Zus tande des Kreislaufes. Solange es sich u m einen Pa t i en t en handel t , dessen Kreis lauf , ,absolut insuff iz ient" ist, besi tzen wir al lerdings an der D y s p n 6 e , Cyanose, Stasis nsw. S y m p t o m e genug, u m den Zus tand beur te i len zu k6nnen, so dab t in Messen des Puls- defizites zu diesem Ze i tpunk t mehr Bedeu tung ffir die 2DiJ#mn- tialdiagnose erhgl t als ffir die I'unlctionsdiagnose.

Das Verh~ltnis zwischen der absoluten und der r d M i v e n Herzinsuff iz ienz ist bet we i t em noch n ich t aufge!dgrt , es lgBt sich jedoch einsehen, dab mehrere t iefgreifende und wich- t ige Unterschiede bestehen. Die absolute !nsuff izienz ist a k t u e l l und kont inuier l ich, die r d a t i v e abe t potent iel! und n u r w g h r e n d der Zeit wirksam, in weleher an das Herz gesteiger te An- sprflche gestel l t werden. W e n n pine absolute Herzinsuff izienz lgngere Zei t h i n d u r c h bes tanden hat , werden in der Regel i r reparable organische Ver/ inderungen (Cirrhose cardiaque, b raune Lungen indura t ion usw.) en t s t anden spin, die gewisser- maBen als neue selbsts tgndige Leiden wirken. Die absolute

b e w i r k t einen unhinl/ ingliehen T r a n s p o r t yon sowohl Sauer- �9 stoff als Flfissigkeit. I m Gegensatz dazu stel l t die re la t ive

haupts~ehl ieh n u t pine Sauerstoff insuff izienz dar, d. h. einen im Verhgl tnis zu den geste iger ten Ansprf ichen unhinl~ngi iehen

TabelIe IV. Ubersicht fiber das Verhalten des Pulsdefizits zu verschiedenen Zeitpunkten wghrend des Krankenhausaufenthaltes einiger Patienten.

"Was den funktionellen Znstand des Kreislaufes der Patienten betrifft, wird auf den Text verwiesen.

Nr.

D a t u m Treppensteigen Name u. Nr. - der Ruhe Gehen im Zimmer

Unter- bis

yon Tab. l suehung] Apex i Puls ] D~fi~it Apex i Pals ] Defizit Apex

S, C . Nr. I i

C. V. O. Nr. 9

15/8 I 4 o 2~ 92 ~/~ 7 6

3

J. p. It. 4 Nr. 4

~8/7 16/9

O. t3. ~9/~ Nr. 7 2~/~

28/1 15/2

C. H , Nr. 16

15/8 6

118 88

13o 74

lO4 80

I3o 64 72

lO8 ! 32 92 I 0 76 i o

64 { 54 88 I o

88 42 72 2

76 28 78 2

80 50 64 o 72 o

i52 I~2 108 98

I 142

136

80

78

88

8o

Parterre zum I. Stock

I Puls t Defizit

4 ~ - - _ _ _ _ io 118 Io 4 14

IOO IOO O

64 18o ioo 80 128 84 44

- - 172 lO4 68 ioo 9 ~ io

48 [ - - 156

O

- - lO4

. I I 2

lO4

44

I O

Anmerkungen

I maliges Treppensteigen

maliges Treppensteigen

2 maliges Treppensteigen

5 maliges Treppensteigen

I maliges Treppensteigen

Pulsf requenz nach e inem Gehen in der S tube pin wenig ab- nehmen, i ndem sic nach einer Ausf i ihrung yon W'iderstands- bewegungen m i t den Armen 86, nach e inem Gehen abet nu t 8o betr/igt. Dab das Gehen an die Zirkula t ion gr6Bere An- spriiehe gestel l t h a t als die Armbewegungen , kann als gegeben be t r ach t e t werden, geht im fibrigen abet aus dem U m s t a n d hervor , dab die t t e r z i r equenz yon 136 auf I7O steigt. Es ist u n m i t t e l b a r e inleuchtend, dab die Bed ingungen ffir pine gesteiger te Zi rkula t ion wghrend der Arbe i t un te r solehen Verh/i l tnissen ungfinst ig sindl).

Wir bes i tzen bet we i t em nicht ldinische und exper imente l le Beobach tungen genug, u m entscheiden zu k6nnen, inwiefern und in we lchem Verhgl tnis die IKreislaufinsuffizienz mi t dem Grade des Pulsdel iz i ts zun immt . A priori is t pin Paral le l ismus zwischen den beiden, nat i i r l icherweise unwahrscheinl ich. So viel wissen wi t j edoch aus kl inischen Beobachtungen , dab pine sehr schnelle und unregelm/iBige Herzak t ion mi t hohem Def iz i t of t m i t ausgesprochenen Insuf f i z i enzsymptomen ver- bunden ist, w/ihrend pine nnregelm/iBige Herzt~itigkeit , die l angsam is t und ke in-Pulsdef iz i t aufweist , keine Insu{fizienz- s y m p t o m 6 zu ergeben braucht , jedenfal ls nicht , wenn der Pa t i en t s i c h ruhig verhiklt. E in Fes ts te l len der Gr6Be des

r ) Es isf fil dieser Verbindung yon Interesse, des frtiher erw~hnten~Verh~Itnisses z u ge- d~nken, daft ]Egtrasystolen racist schwinden, wen;n das Individuum.sich beweg G da dies aN pine der Ursa4hen dazu b e t r a c h t e t w e r d e n muB; dab die Extrasystol ie pin aueh !fir die augeabliek-liche l~l;~ktion ~veit n~sqMlc]igeres Leidgn darsteIlt als die Arhy thmia p6rpetlig7 . . . . . '

Transpo r t yon sauers tof f t ragenden Tei len (vgl. das Verhgl tnis bet der An/irate). D e m entsprechen die kl inischen S y m p t o m e : bet der absoluten Insuffizienz sind sic v ie lges ta l t ig und rf ihren n ieh t nur yon ether ungeni igenden Sauers toffzufuhr (Dyspn6e, Cyanose), sondern such yon einer abnormen Flfissigkeits- ver te i lung und e inem abnormen Fl i i ss igkei ts t ranspor t (Stasis, Odeme, ve rminder t e Diurese) her. Bet der re la t iven bes teh t nur Dyspn6e und Cyanose. Indessen k6nnen die Dyspn6e und Cyanose such yon anderen Ursachen als Leiden des Herzens her r i ih ren ; so k6nnen Lungenle iden of t diese beiden S y m p t o m e ergeben, wie bet der Angmie pine ausgesprochene Arbe i t sdyspn6e vorl iegen kann. E ine Unte r suchung des v e r - hal tens des Pulsdefizi tes bet Arbe i t h a t daher Bedeu tung als Hi l f smi t te l ffir die Entscheidung, imviefern pine relative ~ardiale Kreislau]insuJjizienz vorliegt .

Wi r un te r such ten bet den meis ten unserer Pa f i en t en mi t gewissen Zwischenr~umen, of t tgglich, das Pulsdef iz i t sowohl nach R u h e als nach abge/~nderten Anst rengungen. Es ergab sich im groBen ganzen, dab pine Abnahme der Gr6Be des Puls- defizi tes ether Besserung des sub jek t iven und ob jek t iven Znstandes des Pa t i en t en entspr icht . Tab. I V enthfil t einige Beispiele yon solchen Un te r suchungen an versch iedenen Pa t ien ten .

Yiir Pat. i enth~ilt die Tabelle 3 Zghlungen aus 3 verschie- denen Perioden des Krankenhausaufenthaltes. Bet der Aufnahme bestand pin sehr bedeutendes Pulsdefizit sowohl in Ruhe wie nach

Page 5: Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

4. MARZ I922 K L I N I : S C H E WOCHENSCHRIFT.:I. J A H R G A N G . Nr . Io 465

dem Gehen in der Stube. Es lag zu diesem Zeitpunkt ausgesprochene absolute Insuffizienz des Herzens vor: Nach einiger Behandlung und zu einem Zeitpunkt, wo die Symptome der absoluten Insuffi- zienz geschwnnden waren, ergab sich bei Ruhe kein Pulsdefizit. Nach einem Gehen in der Stube ein Defizit yon Io und nach dem Treppensteigen I4. Gleichzeitig hatte die Herzaktion yon 92 bei Ruhe his I i8 nach Treppensteigen zugenommen. Klinisch lag zu diesem Zeitpunkt ArbeitsdyspnTe Ms Anzeichen von relativer In- suffizienz vor. Zu Ende des Krankenhansaufenthaltes konnte Pat. recht schnell die Treppe bis zum ersten Stockwerk eines Pavilions hinaufsteigen, ohne dab ein Defizit eintrat, und ertrug es j etzt besser als frfiher und wies nur geringe ArbeitsdyspnTe auf.

Pat. 2 (C. V. O.) wies bei der ersten Zghlung gleichfalls Anzeichen absotuter Insuffizienz auf. Gleichzeitig wurde sowohl bei Ruhe als nach Arbeit ein deutliches Defizit nachgewiesen. Zn Ende der 13e- handlung lag bei Ruhe kein Pulsdefizit v0r, und die Freqnenz war nut wenig beschleunigt Nach Treppensteigen stieg die Herz- frequenz recht stark, und gleichzeitig nahm die Pulsfrequenz ab, so dab sich ein bedeutendes Defizi t ergab. Die Zirkulation dieses Pat ienten schien eine gute zu sein, wenn man ihn nut bei Ruhe be- trachtete, er ertrug Anstrengungen abet sehr schlecht. Das Ver- halten des Pulses macht dies leicht verstgndIich. Die Reservekraft seines I-Ierzens war entweder gering oder konnte wegen der bei An- strengungen eintretenden schlechten Bedingungen fflr das Vor- treiben des Blutes nicht effektiv werden.

Pat. 3 (O. 13.) wies bei der Aufnahme, als die erste Z/ihlung statt- fand, keine Anzeichen y o n absoluter Herzinsnffizienz. Nichts- destoweniger linden wir einen recht schnellen Puls (13o) und ein bedeutendes Defizit bei IRuhe. Nach Treppensteigen, das aus- gesprochene FunktionsdyspnTe ergab, nahm das Pulsdefizit krhdtig zn. Zu Ende der Behandlnng land sich ein Defizit yon 2, was ohne Bedeutung i s t Nach Treppensteigen stieg es 'bis auf Io, so dab die Zirkulation nicht Ms bei Anstrengungen genfigend betrachtet werden kann.

Pat. 4 (J. P. H.) wies dasselbe Verhs anf, wenn auch in weft ausgesprochenerem Grade. Bei der ersten Z~ihlung befanden wir uns an der Grenze der absoluten Insuffizienz, bei der zweiten lagen nur Symptome relativer Insnffizienz vor, Pat: war Landpostbote u n d hatte framer lange Strecken zu gehen oder zu radeln, oft mit einer nicht geringen Last beladen. Er ertrug diese Arbeit sehr schlecht Dies erM~rt sich ans dem Verhalten des Pulsdefizites nach Treppen- steigen. Auch nach einem langen Aufens im Krankenhaus lag noch deutliche relative Insuffizienz vor.

Pat. 5 (C. H.) wies bei der Aufnahme schon bei Ruhe ein be- deutendes Defizit auf. Gleichzeitig lagen deutliche Insuffizienz- symptome vor. Nach einer Chinidinbehandlung schwanden die Symptome der absoluten Insuffizienz schnell. Gleichzeitig wurde der Puls regelm/tBig sowohl bei !Rnhe als nach Anstrengungen. Trotzdem bestanden noch fortwiihrend Symptome yon relativer Insuffizienz, indem Pat. bei Treppensteigen (leicht) dyspn6isch wurde. Die Ursache der relativen Insuffizienz ist annehmbar in einer Schw~chung des Myokardiums, vielleicht auch in chronischen Ver/~ndernngen in den Lungen zu suchen. Pat. wurde mit Sym- ptomen yon Lungen6dem im Krankenhans aufgenommen.

Die Bedeutung des Pulsdefizi ts fiir die Therapie.

Es ist immer als wicht ig be t r ach t e t worden, be i der 13e- hand lung yon Pa t i en ten mi t t t e rz le iden die Hh~ufigkeit des Pulses zu kontrol l ieren. Namen t l i ch ist auf ein tggliches Z~ihlen des Pulses w~hrend einer Digi ta l iskur Gewicht gelegt worden. Gleichfalls be t r ach t e t man in der IRegel eine 13e- hand lung mi t Kohlens/fureb/idern als effektiv, wenn man eine (geringere) A b n a h m e der Pulsf requenz nach e inem solchen 13ade feststellen kann. Die in dieser Arbe i t dargeste l l ten 13eispiele yore Unterschied zwischen der I-I/tufigkeit des Her- zeus und des Pulses bei Pa t i en ten mi t A r h y t h m i a perpe tua sind sicherlich hinreichend f iberzeugende Belege davon, dab 6in isoliertes Pulszghlen fast n ichts zu besagen braucht . Es k o m m t nicht sel ten vor, dab man die Pulsf requenz w~thrend des Anfangs einer Digi ta l i sbehandlung bei e inem Pa t i en t en mi t A r h y t h m i a perpe tua steigen sieht. D ie se Ersche inung bedeu te t n icht eine mangelhaf te , geschWeige denn eine schg~d- liche Wi rkung der 13ehandlung, im Gegente ih sie bedeu te t nur, dab eine w Anzahl der Herzsch!fige wegen eines besse ren Fiil lens oder einer besseren, Kon t r ak t ion der Ven- tr ikel his an das Handge lenk ,,gelangen". Etwas besser als ein Pu l sz ih len w~re eine Kontrol le der F requenz des I Ierzens ; am besten beobach te t man- abe t sowohl die F requenz des Herzens ats-die H/iuf igkei t des Pulses und berec'hnet daraus das Pulsdefizit .

13ei:der Behand lung yon P a t i e n t e n mi t A r h y t h m i a per- pe tua m u g man darauf abzielen, ein e twa vorl iegendes Puls- defizi t z i lm Sehwinden zu bringen. Dadu rch h e b t man in der Regel zugleich d i e Tachykard ie auf und Verschafft der Zir- ku la t ion bessere Bedingungen. Sofern der Pa t i en t sich in e inem S tad ium yon absoluter Herzinsuff iz ienz befindet, werden, wie fr i iher erw~hnt, eine Reihe yon anderen Sym- p t o m e n als das Pulsdef iz i t vorl iegen, die fli t unser the rapeu- fisches Veffahren eine R i c h t s c h n u r abgeben k6nnen. Be- finde~ der Pa t i en t sich dagegen in e inem S t ad ium yon rela- f iver Insuffizienz, wird das Pulsdef iz i t yon bedeu t endem W e r t sein sowohl fiir die Wah l der Arznei, als fli t die E n t - s cheidung d e r Frage, wie lange und wie in tens iv man behandeln soll. Fe rner kann das Verhal ten des Pulsdefizi tes ffir die E n t - scheidung der Frage, wie der P a t i e n t - i n d e r Zukunf t seine Lebensf / ihrung regeln soll, maBgebend sein.

Was die erste Frage betr i ff t , wird eine for tw/ihrende Kon- trolle des Pulsdefizi ts (evtl. naeh Arbeit) nns ab und zu darfiber aufkls k6nnen, dab das P rgpa ra t (z. ]3. das Digital is- pr/iparat), das wir anwenden, n icht die erwiinschte Wirkung hat . Sofern der Grund n ich t dar in liegt, dab die Gr6Be der Gabe n ich t die angemessene (gew6hnlich zu klein) ist, kann man mi tun t e r durch ein anderes P r~para t einen guten Effolg erzielen. Mi tunter ist es a m besten, Digi ta l ispr / iparate zu wechseln, w/ihrend es in anderen Fgl len am erfolgreichsten ist, zu S t rophantus i iberzugehen. Was die zweite Frage, die Dauer und In t ens i t g t der Behandlung, betriff t , ha t man m6gl ichst die Therapie so lange fortzusetzen, bis der Pa t i en t ims tande ist, eine gewisse Ans t rengung zu er tragen, z. ]3. eine Treppe steigen kann, ohne dab sich dadurch ein Puls- defizi t einstellt . S i c h bier allein nach dem Verha l ten des Puls- defizits bei Ruhe zu r ich ten , w/ire, wie aus Tab. IV nnd den folgenden Tabel len hervorgeht , unberecht igt .

Schliel31ich muB man bei der Nachun te r suchung yon Pa t i en ten mi t A r h y t h m i a perpe tua ihr Pulsdef iz i t nach einer ihren Verhgl tnissen angemessenen Ans t rengung untersuchen, dami t man bei Zei ten m i t der 13ehandlung eingreifen kann. So wird man m6glicherweise das t t inf ibergle i ten in ein S tad ium absolnter Insuff izienz verz6gern k6nnen. 13el verschiedenen

Tabelle V. Resultate yon Zghlungen der I-Ierzffequenz und Pulshiiufigkeit bei Ruhe und nach Anstrengnngen bei einem Patienten mit Arhythmia perpetna. Insnfficientia und Stenosis mitralis. (Vgl.

Abb. 3, sowie Tabelle I, Nr. Ix u. Tabelle IV, Nr. I.)

13[s I9 Ruhe la/8 19 Ruhe

Ruhe 15/s 19 Gehen im Zimmer

18/8 19 { Ruhe Gehen

is/s 19 { Ruhe �9 Gehen 19/s i9 { Ruhe

Gehen Ruhe

2~ 19 Gehen Treppensteigen IRuhe

21/8 I9 Gehen Treppensteigen

~ / s i 9 { Ruhe Treppensteigen Ruhe

25/8 I9 Treppensteigen

28/s 19 Ruhe Treppensteigen

2/~ k9 { Ruhe -Treppensteigen Ruhe

15/9 19 Treppensteigen Ruhe

25/9 1 9 Treppensteigeo

172 142 14o 152 14o 15o 136 142 124 I24 92

lO8 118 92 94

IiO 88

lO6 80 94 80

lO6 8o

114 80 98 76

1 0 0

:!i 1 1 2

116 126 II4 112 114 118 92i 98

IO4 92 92] 94 88

I O 2

So i

2 8o

i814 80 98 76

1OO

Amnerkungen

82

38 �9 keine Herztonica 32 4o 24 24 22 30 IO

6 o 3 mal I5 Tropfen

I o Digalen I4

O

2

I6 O

4 O

o 3mal Io Tropfen o I)igalen O

o 3 mal 5 Tropien o Digalen O

o } I mal 5o Tropfen - o Di~Men ' O

Page 6: Über die Klinische Pulsuntersuchung bei Patienten mit Unregelmässigem Puls, Namentlich bei Arhythmia Perpetua

466 P a t i e n t e n m i t A r h y t h m i a p e r p e t u a wird m a n es n i ch t so wel t b r ingen k6nnen, dab sie auch nu r le ich tere A n s t r e n g u n g e n e r t ragen , ohne dab sich ein P u l s d e f i z i t einstel l t , und et l iche werden sogar t r o t z sorgf/ i l t iger und langwier iger B e h a n d l u n g bei R u h e ein Defiz i f aufweisen.

In sgmt l i chen Fgl len muB mail das Ve rha l t en des Puls- def iz i tes (nach R u h e oder nach angemessenen Ans t r engungen ) bei de r Rege lung der Lebens f f ih rung der P a t i e n t e n n a c h d e m Aufh6ren der e igenf l ichen K u r mi t in B e t r a c h t ziehen.

Die Tab. V und die Abb. 3--6 enthalten Beispiele yon dem Ver- halten des Pulsdefizites wghrend des Krankenhausaufenthaltes verschiedener Patienten. Tab. V rfihrt yon einem Pat. mit Insuffi- cienfia et Stenosis mitralis her (Tab. I, Nr. i i). Die Patientin findet sich auch in Tab. IV (Nr. I), und im Text finden sich, wo diese Ta- belle besprochen wird, einige Mitteilungen.

760 1 ~80 7aO 130

100 r "--~

Huff. fgfS, ~e~L, ~,~/t/m

Abb. 2. Graphische Darstellung des Verhaltens des Puls- defizits bei einem Patienten (Tab. I , Nr. 11) w~ihrend einer

Digitaliskur.

In Tab.V finder sich das Verhalten des Pulsdefizites sowohl bei Ruhe Ms nach Bewegung wghrend des Krankenhausaufenthaltes angegeben. Abb. 2 enthglt Kurven fiber die tIerzfrequenz (oben)

N 90

"-2Z 28. 28, 30. 1, 2. 3, q. 5. 8.Datum 5e, at. -Z,aig. OM.

Abb. 3. Graphische Darstellung des Ver- haltens des Pulsdefizits bei einem Patienten (Tab. I , Nr. 4) w~hrend e~mer Strophantuskur.

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . I. J A H R G A N G . Nr . IO 4. M K R Z I 9 2 2

und die Pulshgufigkeit (unten) bei Ruhe; zugleich eine An- gabe der Art nnd GrSl3e der Arzneiverordnung.

Diese Patientin liefert ein gutes :Beispiel yon einer schnellen and guten Wirkung der Digitalis. Im Laufe einer Woche ist das Pulsdefizit ge- schwunden and die Herz- aktion langsam, abet noch immer unregelmgBig. Im Laufe des letzten Monats werden die Digitalisgaben

fortw&hrend vermindert, die Herzakfion wird langsamer, ist aber unregelm~13ig, indem das Atriumflimmern, das die Arhythmie be- wirkt, sich unvergndert erhglt.

Tabelle VI. Resultate yon Zghlungen der Herzfrequenz und Pulsfrequenz bei Ruhe und naeh schwankenden Anstrengungen bei einem 48jghrigen Mann mit Arhythmia perpetua und Stenosis mitralis. (Vgl. Tab. I,

Nr. 4 und Abb. 3.)

Datum Bedingungen

l~Ulle Gehen im Zimmer I mal. Treppensteig. Ruhe Ruhe Ruhe Ruhe Ruhe Ruhe Ruhe Ruhe I~uhe Gehen im Zimmer I mal. Treppensteig. 5 mal. Treppensteig.

N

[ 80 62 i

I Z 4 z o o 150 116[ IOO bzL I 74 02 I 76 68 I 8 90 86 1 4 7 ~ 70 I o 94 941 o 64 oa I o 72 72 I O 80 80 I o

126 IlOl 16 162 134 I 28 I76 I24 I 52

Anmerkungen

18 } keine 14 Herztonica. 34 16 12

Tinct. Stroph. IO Tr. k 3

~7/9 2I { 28/9 2 I 29/9 2 I 30/9 2I I/i O 2 I 3/10 2I 4/10 21 5/10 21

s/zo 2z {

Tab. VI nnd Abb. 3 betreffen einen Pafienten (J. P. H., Nr. 4 von Tab. I), der im ganzen 5 real wegen desselben Leidens in der Klinik aufgenommen wurde. Die Kurven veranschaulichen das Verhalten des Pulsdefizites w~hrend einer Behandlung mit Tinct. strophanti. Nach 6 Tagen ist das Pulsdefizit bei Ruhe, aber nicht nach Anstrengungen, verschwunden. Es erhellt zugleich aus der Tabelte, dab das Pulsdefizit mit zunehmenden Anstrengungen zunimmt (vgl. Tab. III). ])as Ergebnis yon Untersuehungen an demselben Pat ienten vom Anfang und Ende eines frflheren Kran- kenhausaufenthaltes finder sieh auch in Tab. IV (Nr. 4). Pat. wurde damals mit Digalen behandelt. Es gelang damals gleiehfalls, das Pulsdefizit bei Ruhe (praktisch gesprochen) zum Schwinden zu bringen, wghrend naeh 5 maligem Treppensteigen ein bedeutendes Defizit vorlag.

Abb. 4 rflhrt yon einer Pafientin (J. H., Nr. io von Tab. I) her, die mehrere Monate (5- VIII . 19 bis 3. I. 20) in der Klinik verweilte, ohne daf~ es trotz energischer Behandlung sowohl mit Digalen als mit Tinct. strophanti ge- lang, eine tats~tchliche ]3esse- rung ihres Zustandes zu erzie- len. Es kamen ab und zu kurze Perioden vor, i n denen der Puls langsam und das Puls- defizit entweder (an einigen Tagen) ganz verschwunden oder sehr klein war. Im groBen gan- zen lagen die Verhgltnisse, wie in Abb. 4 dargestellt; diese I~ur- ven stammen aus dem ersten Teil ihres Krankenhausaufent- --6 8. ~ ~7 I~ zs. z3. za 2a ~Oata,r haltes, Sie war ab und zu sub- //uy, 7~1g, &f. 0~ febril und hatte w/ihrend einer Abb. 4- Graphische Darstellung des Ver- kfirzerenPeriode leichte Gelenk- haltens des Pulsdefizits bei einem Patienten

(Tab. I , Nr. xo), bei dem weder Digitalis schmerzen. Sie starb einige noch Strophantus das Pulsdefizit zum Monate nach der Entlassung Schwindenbringenkonnte. Pat. starb einige z u Hause. Monate nach der Entlassung aus dem

Abb. 5 rfihrt yon einem Pa- Krankenhause. t ienten (C. H., Nr. 16 yore Tab. I ) her, der wghrend eines Anfalles yon Lungen6dem im Krankenhaus untergebracht wurde. Er finder sich auch in Tab. I V (Nr. 5)and in dem entsprechenden Text. Nach einer Vorbehandlung mit grol3en

-~s I~ 73. 2Z 2~ g~ 2,s 37. 7, 2,,3. 5, 6,, ~ ~5,16. W, 20. Au 3. I~2 ~ 3ep~ Datum

Abb. 5. Graphische Darstellung des Verhaltens des Pulsdefizits bei einem mi t Digitalis und Chinidin behandelten Patienten (Tab. I , Nr. 16).

Digitalisgaben wurde Patient mit gutem Erfolg mit Chinidin be- handelt. Die Herzakfion wurde wghrend dieser Behandlung lang- sam, und das Pulsdefizit verschwand. Gleichzeifig wurde, was nicht aus den Kurven zu ersehen ist, die i k t i o n regelmgBig, indem das vorhandene Atriumflimrnern und somit auch die Ursaehe der Arhythmie aufgehoben wurde. Wgl. die i b b . 2 und 3, wo Digitalis bzw. Strophantusbehandlung anscheinend dieselbe Wirkung auf Herzfrequenz und Pulsdefizit hatten, wo aber die Ursache der Arhythmie fortwghrend bestehen blieb und der Puls sich daher un- regelmgl3ig erhielt.

Die Bedeutung des Pulsdefizits ffir die Prognose. Es erhel l t aus d e m Vorhergehenden , dab das Ve rha l t en

des Pulsdef iz i tes yon B e d e u t u n g is t fiir die Prognose q u o a d

[ u n c t i o n e m . Von ihrer B e d e u t u n g ffir die Beur te i lung der Prognose quo a d v i t a m i s t noch n ich ts zuverlgssiges bekann t . Wahrsche in l i ch is t es j edoch ein in dieser Bez iehung schlechtes Zeichen, w e n n ein Pulsdef iz i t (bei i u h e ) n i ch t w g h r e n d einer ko r r ek t g e l d t e t e n ]3ehandlung schwindet . (Vgl. i b b . 4.)-