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168 111. Ueber die KrystalZjormen und die Zusam- mensetzung der schwPfelsauren, selensaurm i d chrornsauren Salzc *>; oon E. Mitscherlich. Das schwefelsaure Kali. Das selensaure Kali. Das chromsaure Kali. Das schwefelsanre Ammoniak. Das scliwefelsaure, sclensaurc und chromsaiire Kali biid wasserfreie neutrale Salze, in denen sich der Sauer- stoff der Basis zum Sauerstoff der Sliure wie 1:3 ver- hslt. Das schwefelsaure Ammoniak enthalt Wasser, der Sauerstoff des Wassers verhzlt sich zum Sauerstoff der Siure wie 2:3. Die Zusaminensetzung des schwefelsauren IMis und schwefelsauren Ammonialrs ist schon lange bekannt ; die beiden aqdcren Salzen habe ich analysirt. Das selensaure Kali erhlilt man am lcichtesten, wenn man selenichte SYurc mit Salpeter schmilzt; da das selensaure Kali fast eben so liislich in kaltem als in warinem Wasser ist, so kann man es leicht durch Krystallisation vom iiberschussig zu- gesetztcn Salpeter trennen. Das chromsaure Kali erhblt man diirch Siittigung des sanren chromsauren Kalis mit kohlensaurem Kali; das kzufliche neutrale chromsaure Kali cnthdt selir hsiifig schwefelsaures Kali, mit dem es, wie dieses bei allen isomorphen Substanzec der Fall ist, ziisarumenkrystallisirt **). Das saure chromsaure Kali *) Ann. d. Phys. Bd. 88. S. 137. **) Abhandlung der Academic der Wisscnsc11;rften fiir das Jahr 1818-11819, S. 435. Icli wcrdc in einer folgcnden Abhand- Iung, welchc die Salze enthelten soll, die in dar bcim Ei- scnvitriol gewlilinlichen Form krystallisircn, mehrere Beispiale

Ueber die Krystallformen und die Zusammensetzung der schwefelsauren, selensauren und chromsauren Salze

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Page 1: Ueber die Krystallformen und die Zusammensetzung der schwefelsauren, selensauren und chromsauren Salze

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111. Ueber die KrystalZjormen und die Zusam- mensetzung der schwPfelsauren, selensaurm i d chrornsauren Salzc *>;

oon E. Mitscherl ich.

Das schwefelsaure Kali. Das selensaure Kali. Das chromsaure Kali. Das schwefelsanre Ammoniak.

Das scliwefelsaure, sclensaurc und chromsaiire Kali b i i d wasserfreie neutrale Salze, in denen sich der Sauer- stoff der Basis zum Sauerstoff der Sliure wie 1:3 ver- hslt. Das schwefelsaure Ammoniak enthalt Wasser, der Sauerstoff des Wassers verhzlt sich zum Sauerstoff der Siure wie 2:3.

Die Zusaminensetzung des schwefelsauren IMis und schwefelsauren Ammonialrs ist schon lange bekannt ; die beiden aqdcren Salzen habe ich analysirt. Das selensaure Kali erhlilt man am lcichtesten, wenn man selenichte SYurc mit Salpeter schmilzt; da das selensaure Kali fast eben so liislich in kaltem als in warinem Wasser ist, so kann man es leicht durch Krystallisation vom iiberschussig zu- gesetztcn Salpeter trennen. Das chromsaure Kali erhblt man diirch Siittigung des sanren chromsauren Kalis mit kohlensaurem Kali; das kzufliche neutrale chromsaure Kali cnthdt selir hsiifig schwefelsaures Kali, mit dem es, wie dieses bei allen isomorphen Substanzec der Fall ist, ziisarumenkrystallisirt **). Das saure chromsaure Kali

*) Ann. d. Phys. Bd. 88. S. 137.

**) Abhandlung der Academic der Wisscnsc11;rften fiir das Jahr 1818-11819, S. 435. Icli wcrdc in einer folgcnden Abhand- Iung, welchc die Salze enthelten soll, die in dar bcim Ei- scnvitriol gewlilinlichen Form krystallisircn, mehrere Beispiale

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169 ist wasserfrei, das saure schwefelsaure Kali dagegen enthilt eine Proportion Krystallisationswasser, beide Salze haben daher eine verschiedene Form und lassen sich durch Kry- stallisation von eiiiander trennen.

Taf. I. Fig. V., VI. und VII. zeigen alle Flachen, wel- che bei diesen Salzen vorkommen; nach 6 und g lassen sie sich leicht spalten. Die Symmetrie der Flachen fiibrt auf eiii Rhomben-OctaCder als primitive Form, und da die Flachen 0 am haufigsten und am ausgezeichnetsten vorkommen, sb geht man bei der Bestimmung der iibri- gen Flachen am bequemsteu von diesen aus.

Es neigen sich nach einem Mittel aus mehrercn Messungen *)

beim schwefelsauren Kali 21n:22 unter 1120 22‘ a : : .- 12002-k’

beim selensauren Kali 2 ~ x 2 2 - 1110 46:’ a : : - 120° 25’

beim chromsauren Kali 2 m : 2 2 - 111O 10’ a :5 5 - 120° 41’

beim schwefels. Ammoniak 2m:22 - 1 1 1 O 15’ a : 5 - 121O 8’

von cinem solchen Zusammenkrystallisirenjanfiihren, von denen iclr nur ein Beispiel erwbhncn will. In eine Aufliisung von scliwefel- saurem Kupfcroxyd und schwefelsaurem Zinkoxyd legt man einen Kvstall von Eiscnvitriol, dieser Krystall vergriifsert sich, indem sich das isomorphe Sala von schwefelsaurem Kupferoxyd und Zinkoxyd daran ansetzt; legt man den vergriiliertcn Krystall wie- der in eine Rufliisung von Eiscnvitriol, so vergriifsert er sicli wieder in dieser; man’ kann dieses so lange wiederholen, wic man will. Der Krystall, welchen man so erbilt, hesteht aus eiscr g r o h n Anaahl iiber cinandcr liegender Schichten, welche ab- wechselnd BUS griinlich gefiirbtem Eisenvitriol und aus der dun- blauen Verbindung von schwefelsaurern Kupfcroxyd und Zinkoryd k t e h e n ; die Spaltbarkeit der Krystalle fmdet durch die ver- sclriedescn Schiehten hindurch statt, ganz so wie bei den Kry- stallen dcs Eisenvitriols.

*) Ucber die Ursaehe der kleinen Abweiehung, welcha isomorplle

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170 Die Fldche P ist gleich gegen die adiegenden FIG-

chen 0 geneigt. Dasselbe findet mit den FlSchen h und g statt; sie

bilden mit einander und mit P einen rechten Winkel. Die F1ache.M ist gegen die anliegenden Flkhen 0

gleich geneigt und bildet damit einander parallele Kanten. Die Flache 2m bildet mit h, M und g parallele

Kanten; die Kantc, welche sie mit a bildet, ist der, wel- cbe sie mit dem gegenuberliegenden 0 bildet, parallel, folglich ist tang. 4 (M: M_): tang. + (2rn:2m):: 1:2.

Die Flache 3a bildet mit a und h parallele Kanten; nach der Messung verhllt sich tang.f(a:d: tang . t (h32) ::3:1.

Die Fllche e2 bildet mit P und g parallele Kan- ten, und die Kantc, welche sic mit 0 bildet, ist der, welche sie mit dein gegeniiberliegenden M bildet, paral- lel, folglich ist tang.4(E:E):tang.:(e2:~2)=2:1.

Die Fllche 02 bildet mit g und 0 parallele Kan- ten, uod da durch eine Messung sich ergab, dafs die Kante, welchc die Fllchen o mit einander bildcn, eben so wie e2 gegen g geneigt ist; so bilden die Fliichen o in der Richtung von G g ein stumpferes OctaGder als die FIli- che On , und zwar hat dieses nur die Halfte der Lingc des primitiven.

Beim selensauren und schwefelsauren Kali kornrnell gewohulich die angefuhrten Fllchcn vor; die Flsche e 2 ausgenommen, welche ich nur beim chromsauren ICaIi beobaclltet habe. Beim chromsauren Kali uud beiin schwe- felsauren Ammoniak habe ich dagegen die Flachcn 0 2 bis jetzt noch aicht beobachtet.

Die Krystalle bilden entweder Prismata , deren Sci- tenfllchen durch die Flacheu M gebildet werdeu, oder erscheinen als sechsflkhige Pyramiden, ao welchcn M und 0 die Endflachen bilden.

Substimaen ruweilen in den Winkeln zeigen; J. K. r e f . /Icud. Hun&. 1821. st. 1. und Anrude8 de P h ~ d q u e el dL. Chhie. T. XIX. pa 380

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171 Fur das schwcfelsaure Kali will ich die am den an-

gcfiibrten Messungen und Verhzltnissen berechneten Nei- gungen der Flechen gegen einander anfuhren.

M : M = 73O 28%’ M : - - M’= 106 31; M:g ~ 1 4 3 15% M:h =126 444

2m:h =146 11 21n:g =123 49

a:P =I50 12 a:h =119 48

3a:32= 60 24 3a: 3a’= 119 36 3a:h =1-19 48 3a:P =12u 12 3a:a =150 P:2m= 90 P : M = 90 P : h = 90

0 : O ’ = 92 29 O : M =133 452 0:P =136 14; - E:E =lo5 0 ’ : O =131 8

O:a ~ 1 4 6 20: c2: e 2 = 66 10: e 2 : P ~ 1 2 3 5; e2:g =156 51g - 02 : 2’2 = 145 16; 02:02=173 48 - 02:g ~ 1 6 2 3%

AUS den angefiibrten Messungen und Bestimmungen ergiebt sich, d& die M e n , welche von P zu p , von H zu 2 und oon G zu 5 gezogen werdeo, Taf. I. Fig. l,, sich zu einander verhalten

P:g = 90

- - 0:: =I12 41

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172 beirn schwefelsauren Kali wie 1 :1,746: 1,3033 beim selensauren Kali - 1:1,747:1,2746 beim chromsauren Kali - 1 : 1,786 : 1,2973 beim schwefels. Ammoniak - 1: 1,772: 1,2953. Die Krystalle des selensauren , schwefelsauren und

chromsauren Kalis bilden baufig zusamlnengesetzte Kry- stalle, indem die einzeInen Krystalle mit den FlHchen a und 5 an einander liegen (Fig. VIII. Taf. I.), die Zusam- mensetzung geschieht nach dem bekannten Gesetz; diese Krystalle bieten fast alle Ftille dar, welche man beim Arragonit und anderen Krystallen dieses Systems beobach- tet hat. Da sie also nichts besonderes zeigen, und sich zur EntwickIung der Art der Zusammensetzung nicht so gut eigenen, a h der Arragonit, so ist es besser, die Er- scheinungen, welche diese Krystalle zeigen, mit denen d e s Arragonits, welche sehr gut bestimint *) sind, sps- terhin zusammenzustellen. Uebrigens katiii man sowohl durch Messung der zusaminengesctzten Krystalle, als ins- besondere durch ihr Verhalten gegcn das polarisirte Licht Ieicht finden, wie die Zusammensetzung statt gcfunden hat.

DaCs selensaures, schwefelsaures und chromsaurcs KaIi isomorph sind, riihrt, wie bei dcn isomorphen Sub- stanzen im Allgemeinen, davon her, dafs sie von den ein- fachen Substanzen, woraus sie bestehen, cine gleiche An- zahl Proportionen oder Atome enthalten. D a t das schwc- felsaure Amuloniak gleichfalls hieher gehort, folgt nicht allein aus der Krystallform, welche ich so eben ange- fiihrt habe, man konnte die Uebereinstilnmung mit den1 schwefelsauren Kali als etwas Zufzlliges anseIien, son- dern vorzliglich daraus, dab das schwefehaure Amlnoniak iiiit verschiedenen andereu. schwefelsauren Salzen Doppcl- salze bildet, welche mit denen, die das Kali mit densel- ben Salzen bildet, isomorph sind uud so zusammenge- setzt, dafs das Ammoniak mit 2 Proportionen Wasser das Kali verlritt **). Auch gehen noch andere %wen *) Von R a i d i n g e r in B r c w s t c r Juuro. Bd. VI. S. 2'78. " ) Abbmdliiogen der hcademie dcr V'issenrchaftan zu Berliu, 181s

und 1819, s. 436.

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173 mit Ammoniak und Kali isomorphe Verbindungen ein. Dafs das Ammoniak, mit zwei Proportionen Wasser ver- bunden, nit Kali isomorph ist, oder, was dasselbe ist, dafs die Form, in welcher Kali krystallisirt, auch da- durch hervorgebracht werden kann daCs sich ein Kry- stall Ammoniak mit zwei Krystallen Wasser zusammeii- legt, bietet eine Thatsache dar, welche einen neuen Weg fur Untersuchungen eriiffnet , wclcher weiter €iirihrt, als die Resultate, welche man aus der Isomorpltie der Kiirper, bei denen die AnzahI der Atone gleich ist, ziehen kann. Solche Beispiele von isomorphen Kiirpern giebt es sehr viele, SO sind das saure scbwefelsaure und das saure selen- saure Kali z. 13. isomorph mit dem Schwefel; das salpeter- saure Natron ist mit dcn kohlensauren Salzen, worin Kalk- erde, Magnesia, Manganoxydul, Esenoxydul und Zinkoxyd die Basis bilden, der Salpeter dagegen lnit den kohlen- sauren SaIzeii, worin Baryterde , Stron tianerde, Bleioxyd odcr Kalkerde (Arragonit) die Basis ist; woraus folgen wiirde, daCs sich salpetersaures Natron zum Salpeter .vie Kalkspath zum Arragonit verhalte; daEs also auch Kali und Natron isomorphe Verbindungen geben kirnneo, wovon je- doch, wenn man die Fiille, wenn die Formen ihrer Sake zum regularen System gehiiren, ausnimmt, sowoll bei natiirlichen als bei kiinstlichen Verbindnngen noch kein BeisGel vorgekommen ist. Die g r o h Anzahl der Ver- bindungen, deren Krystallfom, obgleich sie auf die ver- schiedenste Weise zusammengesetzt sind, zum reguliiren System geboren, kann man gleiclifalls als Beispiele zu dieser Classe von isomorphen Verbindungen rechnen. Diese Classe verdient ein grofses Interesse, weil sie uns der Lasung eines wichtigen Problems nm ctwas nlher fuhrt, wie n%mlich aus der Form zweier K6rper die Form der daraus entstandenen Verbindung abzuleiten und zu be- recbnen ist,