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63 5260 64 Uber die. Lichtfortpflanzung irn Himmelsraum. Von P. Lenard. In den A.N. Nr. 5107 habe ich BFragen der Licht- geschwindigkeitu erortert, die durch astronomische Beobach- tungen zu beantworten seien. Eine solche Beobachtung, n3m- lich der MicheZsonversuch mit Sternlicht, ist unterdessen von Herrn Tomaschek in Heidelberg ausgefiihrt worden (s. A. N. Nr. 5251 Bd. 219). Es hat sich gezeigt, daO aunerirdisches und irdisches Licht in dieseni Versuch mit grofler Genauigkeit gleich sich verhalten '). Die an das Ergebnis sich kniipfenden Folgerungen sind von Herrn Tomaschek und von mir in zwei Veroffentlichungen in den Ann. d. Phys. entwickelt worden z); es haben sich die von mir in der Schrift BUber Ather und Urather (I 3, eingehend zusammengefaflten Anschauungen iiber die Lichtfortpflanznng jetzt in entsprechend bestimmtere Form bringen lassen, und es sind dabei wieder neue Fragen von astrononiischem Interesse aufgetreten, auf die hier in Kiirze hingewiesen werden soll. Fur die allgemeinen Zusammen- hange, Begriindung und Einzelheiten mufl auf SAther und Uratheru und die beiden genannten Veroffentlichungen ver- wiesen werden. Die Annahme der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Himmelsrauin mu0 aufgegeben werden; es ist jedesmal bei Ubertritt von Licht aus einem Ather in einen anderen, anders bewegten, beziehlich in den Urather, fine Anderung der (auf irgend einen einheitlichen Standpunkt, z. B. die Erde bezogenen) Lichtgeschwindigkeit anzunehmen. Konstanz kann nur relativ zu demjenigen Ather bezw. Urather angenoinnien werden, in welchem das Licht jeweils liiuft. Dies kann Anlat3 zu Strahlkrummungen im Himmels- raum und damit zu Ablenkungen von Sternortern geben. Der Fall ist ahnlich dem der prismatischen Ablenkung durch Licht- brechung in materiellen hledien, wo ebenfalls nach dem Hupgensschen Prinzip Lichtgeschwindigkeitslnderungen mail- gebend sind. Es sollte auf das Bestehen oder Nichtbestehen solcher Ablenkungen, die bei astronomischen Messungen merk- lich werden ktinnten, geachtet werden. Es ware z. B. moglich, dafl die von R. N. Tuckrr (Lick. Obs. Bull. 330, April 192 I) und C. D. Perrine (A. N. Jub.-Nr., S. 2 2, Juli 192 I) veroffent- lichten absonderiichen Wahrnehniungen bei Meridiandurch- gangen von Sternen zu Sonnenaufgangs- und Untergangszeit die hier gedachte Deutung tulassen. Planmafiige Verfolgung dieser Beobachtungen an Hand der an den angegebenen Stel- len entwickelten Vorstellungen konnte hier jedenfalls ftirderlich sein. Ein anderer moglicher Fall von Sternortverschiebung konnte bei scheinbarem Nahestehen von Gestirnen eintreten, die in Wirklichkeit verschiedenen Abstand von der Erde haben, wenn der niihere Stern schnelle Eigenbewegung in der Ge- sichtslinie besitzt und das Licht des ferneren Sterns durch die Atherhulle des naheren gehen mu& Besondere Uberlegungen gelten der Beeinflussung det Lichtfortpflanzung durch Bewegungen des leuchtenden oder des beobachtenden Gestirns quer zum Lichtstrahle. Das Aber- rationsproblem gewinnt von den hierzu an den angegebenen Stellen geltend gemachten Gesichtspunkten aus erneutes Iri- teresse. Im Besonderen erscheint es moglich, dal) die in der Astronomie iiblichen Aberrationskorrektionen beim Monde, wegen dessen geringem Abstand von der Erde, nicht'ganz zutreffend angebracht waten, upd es ware zu priifen, ob nicht gewisse kleine Unstimmigkeiten in der Voratlsberechnung der Mondbewegung, auf die man in der astronomischen IAteratur gelegentlich hingewiesen findet, hierauf zuriickfuhrbar waren. Es konnte dies der Fall sein, wenn zwischen Mond und Erde nicht genugend Raum ware. Dies wiirde nach unserer Vor- stellung einen Einflun nicht nur der Erdbewegung, sondern auch der Mondbewegung auf die Aberration des hIondlichtes ergeben konnen, wahrend die in der Astronomie ublichen Aberrationsberechnungen letzteren Einflun nicht annehmen. Eine iiber das verkehrte Entfernungsquadrat hinaus- gehende Lichtabschwachung beim Weggehen des Lichts von groflen Gravitationszentren, welche nach dem Energieprinzip im Verein mit sonstiger Erfahrung nach unseren Vorstellungen angezeigt erscheint, sei noch erwahnt, obgleich ihr Betrag selbst bei der Sonne tiuflerst geringfugig ist. Von Interesse durfte diese Lichtabschwachung insofern sein, als die von Herrn &%stein nvorausgesagtea Rotverschiebung der Spektrallinien noch immer gesucht wird und als ersichtlich gemacht ist, dai3 an Stelle dieser Rotverschiebung nach bisheriger Kenntnis mit mehr Recht eben jene Lichtabschwachung erwartet werden diirfte. Hervorgehoben sei schliefllich, dafi die im vorstehen- den zugrunde gelegten Uberlegungen die Forderung der Auf- suchuxig neuer Erfahrungen iiber die die Himmelsraunie er- fullenden Medien - Ather der einzelnen Himmelskorper und Urather - bezwecken, welche Medien zu einfachem Verstind- nis der bereits bekannten Tatsachen der Lichtausbreitung im Himmelsraum durchaus angenommen werden miissen. Es han- delt sich also nicht um die Bestatigung oder Widerlegung einer verwickelten BTheoriee, die etwa (wie die Relativitats- Btheorieu) eine Anzahl versteckter Sonderannahmen (noch da- zu etwa rein mathematisch-technischen Ursprungs) benutzte 4, ; sondern die zugrunde gelegten Vorstellungen und U berlegungen sind vielmehr so einfach wie nioglich und sie warten auf weiteren Ausbau an der Hand neu hinzuzubringender Erfahrung, wie das bewahrter Naturforschung entspricht. Eben auf das Vorhandensein einfacher GCsichtspunkte, welche zur Verwertung vorhandener und zur Beibringung neuer astronomischer Er- fahrung anregen konnten, sollte hier hingewiesen sein. Radiolog. Institut Heidelberg, 1923 Sept. 19. P. Lmard. ') Ein ghnz negativer Ausfall des Michelsonversuchs scheint nach einer neueren VerBtTentlichung'von 9.70h1 (The Observatory 45.2 t I, 1922) nicht vorzuliegen ; es wurde auf dem 1731 m hohen Wilsonberg etwa 'Ilo dejenigen Streifenverschiebung beohachtet, die de: Erdbewegung entsprechen wtirde. Bestatigt sich Derartiges auf hohen Bergen, so wHre nach unserer Vorstellung zu schlieOen, daU dort der Ather der Erde schon rnerklich in den Urather iibergeht. 1) Die beiden Veriiffentlichungen befinden sich iur Zeit im Druck. ') DaO das hier Zuriickgewiesene von der Relativitiitsutheorien wohl gesagl werden kann, ja daO diese Eigenttimlichkeit das besondete Wesen dieser UTheorie. trifft, ist kiirzlich eingehend von Herrn v. Glcich in den Ann. d. Phys. gezeigt worden (Bd. 72.221, 1923). An dieser Veroffentlichung sollte angegriffen werden, wenn die RelativitatsDtheorien trotz ihrer schon gentigend deutlich gekennzeichneten Widrigkeiten noch als eine erkenntnisfiirdernde Leistung hingestellt werden will. Enthalten Herrn v. Glcichs Ausfiihrungen kein mathematisches Versehen, so bieten sib eine klafe HerausschYlung der Willkurlichkeiten und deren wesentlicher Rolle besonders im Beispiel von Herrn Einsteins' Herleitung der Merkurperihelverschiebung. Man vergl. auch (Ann. d. Phys.) die Abhingigkeit der Aberration von Absolutbewegung (nicht Relativbewegung, wie Herr Einsth annimmt). 7 2. Aufl. .bei S. Hirzel, Leipzig 1922. Inhalt zu Nr. 5260. H. F+I. Parallaxe und Eigenbewegung des Veranderlichen RR Lyrae. 49. - L. Grabowski. Beobachtungen von Kleinen Planeten. 53. - E. Biunchi. Osservazioni di piccoli pianeti e della corneta 1922 c (Bade). 57. - P. Lcnnr. uber die Lichtfortpflanzung im Himmelsraum. 63. Geschlorieo ,923 Dez. 5. Hcrausgeber: H. Kobold. Expedition! Kiel, Moltkestr. 80. Portlcheck-Kooto Nr. 6138 Hamburg II

Über die Lichtfortpflanzung im Himmelsraum

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Uber die. Lichtfortpflanzung irn Himmelsraum. Von P. Lenard. In den A.N. Nr. 5 1 0 7 habe ich BFragen der Licht-

geschwindigkeitu erortert, die durch astronomische Beobach- tungen zu beantworten seien. Eine solche Beobachtung, n3m- lich der MicheZsonversuch mit Sternlicht, ist unterdessen von Herrn Tomaschek in Heidelberg ausgefiihrt worden (s. A. N. Nr. 5 2 5 1 Bd. 219). Es hat sich gezeigt, daO aunerirdisches und irdisches Licht in dieseni Versuch mit grofler Genauigkeit gleich sich verhalten '). Die an das Ergebnis sich kniipfenden Folgerungen sind von Herrn Tomaschek und von mir in zwei Veroffentlichungen in den Ann. d. Phys. entwickelt worden z) ; es haben sich die von mir in der Schrift BUber Ather und Urather (I 3, eingehend zusammengefaflten Anschauungen iiber die Lichtfortpflanznng jetzt in entsprechend bestimmtere Form bringen lassen, und es sind dabei wieder neue Fragen von astrononiischem Interesse aufgetreten, auf die hier in Kiirze hingewiesen werden soll. Fur die allgemeinen Zusammen- hange, Begriindung und Einzelheiten mufl auf SAther und Uratheru und die beiden genannten Veroffentlichungen ver- wiesen werden.

Die Annahme der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Himmelsrauin mu0 aufgegeben werden; es ist jedesmal bei Ubertritt von Licht aus einem Ather in einen anderen, anders bewegten, beziehlich in den Urather, f ine Anderung der (auf irgend einen einheitlichen Standpunkt, z. B. die Erde bezogenen) Lichtgeschwindigkeit anzunehmen. Konstanz kann nur relativ zu demjenigen Ather bezw. Urather angenoinnien werden, in welchem das Licht jeweils liiuft.

Dies kann Anlat3 zu Strahlkrummungen im Himmels- raum und damit zu Ablenkungen von Sternortern geben. Der Fall ist ahnlich dem der prismatischen Ablenkung durch Licht- brechung in materiellen hledien, wo ebenfalls nach dem Hupgensschen Prinzip Lichtgeschwindigkeitslnderungen mail- gebend sind. Es sollte auf das Bestehen oder Nichtbestehen solcher Ablenkungen, die bei astronomischen Messungen merk- lich werden ktinnten, geachtet werden. Es ware z. B. moglich, dafl die von R. N. Tuckrr (Lick. Obs. Bull. 330, April 192 I) und C. D. Perrine (A. N. Jub.-Nr., S. 2 2, Juli 192 I ) veroffent- lichten absonderiichen Wahrnehniungen bei Meridiandurch- gangen von Sternen zu Sonnenaufgangs- und Untergangszeit die hier gedachte Deutung tulassen. Planmafiige Verfolgung dieser Beobachtungen an Hand der an den angegebenen Stel- len entwickelten Vorstellungen konnte hier jedenfalls ftirderlich sein. Ein anderer moglicher Fall von Sternortverschiebung konnte bei scheinbarem Nahestehen von Gestirnen eintreten, die in Wirklichkeit verschiedenen Abstand von der Erde haben, wenn der niihere Stern schnelle Eigenbewegung in der Ge- sichtslinie besitzt und das Licht des ferneren Sterns durch die Atherhulle des naheren gehen mu&

Besondere Uberlegungen gelten der Beeinflussung det Lichtfortpflanzung durch Bewegungen des leuchtenden oder des beobachtenden Gestirns quer z u m Lichtstrahle. Das Aber- rationsproblem gewinnt von den hierzu an den angegebenen Stellen geltend gemachten Gesichtspunkten aus erneutes Iri- teresse. Im Besonderen erscheint es moglich, dal) die in der Astronomie iiblichen Aberrationskorrektionen beim Monde, wegen dessen geringem Abstand von der Erde, nicht'ganz zutreffend angebracht waten, upd es ware zu priifen, ob nicht gewisse kleine Unstimmigkeiten in der Voratlsberechnung der Mondbewegung, auf die man in der astronomischen IAteratur gelegentlich hingewiesen findet, hierauf zuriickfuhrbar waren. Es konnte dies der Fall sein, wenn zwischen Mond und Erde nicht genugend Raum ware. Dies wiirde nach unserer Vor- stellung einen Einflun nicht nur der Erdbewegung, sondern auch der Mondbewegung auf die Aberration des hIondlichtes ergeben konnen, wahrend die in der Astronomie ublichen Aberrationsberechnungen letzteren Einflun nicht annehmen.

Eine iiber das verkehrte Entfernungsquadrat hinaus- gehende Lichtabschwachung beim Weggehen des Lichts von groflen Gravitationszentren, welche nach dem Energieprinzip im Verein mit sonstiger Erfahrung nach unseren Vorstellungen angezeigt erscheint, sei noch erwahnt, obgleich ihr Betrag selbst bei der Sonne tiuflerst geringfugig ist. Von Interesse durfte diese Lichtabschwachung insofern sein, als die von Herrn &%stein nvorausgesagtea Rotverschiebung der Spektrallinien noch immer gesucht wird und als ersichtlich gemacht ist, dai3 an Stelle dieser Rotverschiebung nach bisheriger Kenntnis mit mehr Recht eben jene Lichtabschwachung erwartet werden diirfte.

Hervorgehoben sei schliefllich, dafi die im vorstehen- den zugrunde gelegten Uberlegungen die Forderung der Auf- suchuxig neuer Erfahrungen iiber die die Himmelsraunie er- fullenden Medien - Ather der einzelnen Himmelskorper und Urather - bezwecken, welche Medien zu einfachem Verstind- nis der bereits bekannten Tatsachen der Lichtausbreitung im Himmelsraum durchaus angenommen werden miissen. Es han- delt sich also nicht um die Bestatigung oder Widerlegung einer verwickelten BTheoriee, die etwa (wie die Relativitats- Btheorieu) eine Anzahl versteckter Sonderannahmen (noch da- zu etwa rein mathematisch-technischen Ursprungs) benutzte 4, ; sondern die zugrunde gelegten Vorstellungen und U berlegungen sind vielmehr so einfach wie nioglich und sie warten auf weiteren Ausbau an der Hand neu hinzuzubringender Erfahrung, wie das bewahrter Naturforschung entspricht. Eben auf das Vorhandensein einfacher GCsichtspunkte, welche zur Verwertung vorhandener und zur Beibringung neuer astronomischer Er- fahrung anregen konnten, sollte hier hingewiesen sein.

Radiolog. Institut Heidelberg, 1923 Sept. 19. P. Lmard.

') Ein ghnz negativer Ausfall des Michelsonversuchs scheint nach einer neueren VerBtTentlichung'von 9.70h1 (The Observatory 45.2 t I , 1922) nicht vorzuliegen ; es wurde auf dem 1731 m hohen Wilsonberg etwa 'Ilo dejenigen Streifenverschiebung beohachtet, die de: Erdbewegung entsprechen wtirde. Bestatigt sich Derartiges auf hohen Bergen, so wHre nach unserer Vorstellung zu schlieOen, daU dort der Ather der Erde schon rnerklich in den Urather iibergeht.

1) Die beiden Veriiffentlichungen befinden sich i u r Zeit im Druck. ') DaO das hier Zuriickgewiesene von der Relativitiitsutheorien wohl gesagl werden kann, ja daO diese Eigenttimlichkeit das besondete

Wesen dieser UTheorie. trifft, ist kiirzlich eingehend von Herrn v. Glcich in den Ann. d. Phys. gezeigt worden (Bd. 72.221, 1923). An dieser Veroffentlichung sollte angegriffen werden, wenn die RelativitatsDtheorien trotz ihrer schon gentigend deutlich gekennzeichneten Widrigkeiten noch als eine erkenntnisfiirdernde Leistung hingestellt werden will. Enthalten Herrn v. Glcichs Ausfiihrungen kein mathematisches Versehen, so bieten sib eine klafe HerausschYlung der Willkurlichkeiten und deren wesentlicher Rolle besonders im Beispiel von Herrn Einsteins' Herleitung der Merkurperihelverschiebung. Man vergl. auch (Ann. d. Phys.) die Abhingigkeit der Aberration von Absolutbewegung (nicht Relativbewegung, wie Herr E i n s t h annimmt).

7 2. Aufl. .bei S. Hirzel, Leipzig 1922.

I n h a l t zu Nr. 5260. H. F+I. Parallaxe und Eigenbewegung des Veranderlichen RR Lyrae. 49. - L. Grabowski. Beobachtungen von Kleinen Planeten. 53. - E. Biunchi. Osservazioni di piccoli pianeti e della corneta 1922 c (Bade) . 57. - P. L c n n r . uber die Lichtfortpflanzung im Himmelsraum. 63.

Geschlorieo ,923 Dez. 5. Hcrausgeber: H. Kobold. Expedition! Kiel, Moltkestr. 80. Portlcheck-Kooto Nr. 6138 Hamburg I I