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Uber die Monoamidophosphorsaure und ihre Sake auf Grund der lnfrarotspektren Von E. STEGER Mit 3 Abbildungen Irihaltsiibersicht In Erglnzung friihercr Untersuchungen werden die Infrarotspektren von HPO,NH, und von einigen Salzen aufgenommen und den Normalschwingungen zugeordnet. Kraft- konstantenbcrechnungen verlaufen nicht ganz eindeutig. Ilurch Frequenzvergleiche wird gezeigt, dalj bri den Verbindungen HPO,NH, und PO,NHi die PN-Bindung schwiicher, bei PO,NHi aber durch Doppelbindungsnntcile starker als &ic normale Einfachbindung ist. Summary Infrared spectra of HPO,NH, and, completing former investigations, of some salts arc recorded and assigned to the normal vibrations. Calculations of force constants fail to be decisive. It is shown by reference frequencies, that in HPO,NH, and PO,NH, the PN-bond is wcaker, but in PO,NHg stronger then a normal single bond. Bindungsfragen bei Amidosiiuren Von SIERERT sinti die wichtigsten anorganischen Molekeln hinsicht- lich dessen, was man a m den Schwingungsspektren uber die Bindungs- art aussagen kann, in einer einheitlichen Weise bearbeitet wordenl-5). Danach gilt die ,,Oktettregel" fur die Elemente der ersten, nicht aber der zweiten Periode. Diese Elemente konnen also in den Sauerstoff- sauren ein Elektronen-Dodezett (S, C1) oder Dezett (P, Si) erreichen, in den Ioneii triht vollstandiger mesomerer Bindungsausgleich zwischen X-0- und X-()--Bindungen ein. Fur Derivate wie Thio-, Amido- und Halogenosauren ist die Frage der Doppelbindungsanteile und die Art des mesomeren Bindungsaus- 1) H. SIEBRRT, Z. anorg. allg. Chem. 273, 170 (1953). 2) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 374, 24 (1953). , ) H. SIEBERT, 2;. anorg. allg. Chem. 274, 34 (1953). 4) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 275, 210 (1954). 5) H. XTEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 275, 225 (1954).

Über die Monoamidophosphorsäure und ihre Salze auf Grund der lnfrarotspektren

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Uber die Monoamidophosphorsaure und ihre Sake auf Grund der lnfrarotspektren

Von E. STEGER

Mit 3 Abbildungen

Irihaltsiibersicht I n Erglnzung friihercr Untersuchungen werden die Infrarotspektren von HPO,NH,

und von einigen Salzen aufgenommen und den Normalschwingungen zugeordnet. Kraft- konstantenbcrechnungen verlaufen nicht ganz eindeutig. Ilurch Frequenzvergleiche wird gezeigt, dalj bri den Verbindungen HPO,NH, und PO,NHi die PN-Bindung schwiicher, bei PO,NHi aber durch Doppelbindungsnntcile starker als &ic normale Einfachbindung ist.

Summary Infrared spectra of HPO,NH, and, completing former investigations, of some salts

arc recorded and assigned to the normal vibrations. Calculations of force constants fail to be decisive. It is shown by reference frequencies, that in HPO,NH, and PO,NH, the PN-bond is wcaker, but in PO,NHg stronger then a normal single bond.

Bindungsfragen bei Amidosiiuren Von SIERERT sinti die wichtigsten anorganischen Molekeln hinsicht-

lich dessen, was man a m den Schwingungsspektren uber die Bindungs- art aussagen kann, in einer einheitlichen Weise bearbeitet wordenl-5). Danach gilt die ,,Oktettregel" fur die Elemente der ersten, nicht aber der zweiten Periode. Diese Elemente konnen also in den Sauerstoff- sauren ein Elektronen-Dodezett (S, C1) oder Dezett (P, Si) erreichen, in den Ioneii triht vollstandiger mesomerer Bindungsausgleich zwischen X-0- und X-()--Bindungen ein.

Fur Derivate wie Thio-, Amido- und Halogenosauren ist die Frage der Doppelbindungsanteile und die Art des mesomeren Bindungsaus-

1) H. SIEBRRT, Z. anorg. allg. Chem. 273, 170 (1953). 2) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 374, 24 (1953). ,) H. SIEBERT, 2;. anorg. allg. Chem. 274, 34 (1953). 4) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 275, 210 (1954). 5 ) H. XTEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 275, 225 (1954).

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E. STEOER, ffbcr die Monoamidophosphorsaure und ihre Salzc 305

gleichs noch wenig untersucht. I m Thiosulfation wird von SIEBXRT fur S-0- und S-S annahernd die gleiche Multiplizitiit 312 gefunden5) *). Fur die Amidosulfonsiiure (die als Zwitterion NH;'SO, vorliegt) haben zwei verschiedene Auswertungsverfahren zu unterschiedlichen Konse- quenzen fur die Bindungsverhiiltnisse gefuhrt.

SIEBERT fand eine so groBe Schwiichung der SN-Bindung bei glcichzeitigcr Vcr- stiirkung der SO-Bindungen, daS er die Bindungsverteilung als H3N -+ SO, schreibta). Berechnungen mit dem UREY-BRADLEY-Kraftansatz haben dagegen fur die SO-Bindurig f = 7,5 mdyn/A?) ergeben. Diese Zahl ist naturlich nicht mit den fur andere Potential- Ansiitze gultigen Kraftkonstanten SIEBERTS vergleichbar, sondern hochstens mit einer von ROSENTHAL gefundenen Valenzkraftkonstanten dcs Sulfationss), die, umgerechnet, 6,08 mdyn/A betragt. Danach wiirde der gro13ere Wert fur NH,SO, noch nicht einmal ganz den infolge der veriinderten Bindungsverteilung (NH3S0,: 5/3-Bindungen, SOf : ll/,fach-Bindungen) zu erwartenden Unterschied decken, und eine zusiitzliche Verstiirkung dcr SO-Bindung kommt nicht heraus.

Die Amidosulfonsiiure-Berechnungen nach dem UREY-BRADLEY-Feld sind mit grobcn Vereinfachungen angestellt worden (es wurden NH, als eine Masse und alle Valenzwinkel tetraedrisch angenommen), die gefundenen Konstanten geben aber die Frequenzen genau wieder. Das erreicht SIEBERT mit seinem Ansatz nicht. Mit den beobachteten Frequenzen hat die Siikulardeterminante A, keine reellen Losungen fur die Kraftkonstanten, und die durch Probieren erhaltenen ungefahren Werte brauchen noch nicht die optimalen zu sein. Bei der numerischen Auswertung ist auch ein Versehen unterlaufen und man muB, wenn man die ubrigen Kraftkonstanten beibehalten will, die Deformationskonstanten gegen- iiber der Publikation iindern auf doso = 1,54, db,, = 0,840).

Bei der Phosphorsaure bieten sich, besonders auch durch die Existenz von 3 Amidoderivaten, geeignete Vergleiche. Uber die Untersuchungen ist schon berichtet worden, als sie sich noch in einem friiheren Stadium befanden lo). Diese Mitteilung sol1 erganzt werden durch eine Berichti- gung in der Zuordnung, durch Angaben uber die freie Saure, Ergebnisse der Untersuchung wal3riger Losungen und Diskussion der Bindungs- verhdtnisse. Eine Normalkoordinatenanalyse zur Berechnung der Kraftkonstanten wird andernorts veroffentlicht 11).

*) A n m c r k un g b e i d e r K o r r e k t u r : Am Thiophosphation Pop- wurde aber gezeigt, da13 die PS-Bindung fast gar nicht am mesomeren Bindungsausglcich teil- nimmt: E. STEGER u. K. MARTIN, Z. anorg. allg. Chem. 308, 330 (1961).

6) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 992, 167 (1957). 7 ) J. NAKAGAWA, S. MIZUSHIMA, A. J. SARACENO, T. J. LANE u. V. QUAOLIANO,

8) J. E. ROSENTHAL, Physic. Rev. 46, 730 (1934). 9) H. SIEBERT, Privatmitteilung. 10) E. STEOER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 61, 1004 (1957). 11) E. STEGER, IVth meeting on Molecular Spectroscopy Proceedings im Druck.

Spectrochim. Acta [London] 12, 239 (1958).

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3O(i Zcitschrift fur anorganische und allgenieine C'hcrnie. Band 309. 1961

Zrir infra,rotspektroskopischen Aufnahmctmhnik und den Subst,anxca Von CORBRIDGE und LO WE^^) waren die IR-Spektren von 4 Amido-

phosphaten teils tabellarisch, teils auch als Reproduktion mitgeteilt worden. Eine schwache Absorption bei 1025 em-l (vgl. lo), Abb. 2a) fehlt in diesen Spektren, und zunachst ist angenommen worden, dal!, in den eigenen Praparaten Orthophosphat als Verunreinigung eiithalten ist. Nach wiederholter Darstellung und Untersuchung steht aber jetzt fest, daB die damalige Aufnahmetechnik bei CoRnRIDGE und LOWE un- zureichende Spektren geliefert hat.

3:s lassen sich dafur besondere Merkmale speziell an der Abbildung des NaPO,NH,- Spektrums feststellen: Alle Absorptionen haben eine unsymmetrische Form mit einer nach kurzen Wellen steilen Flanke. Danach scheint die Kontur verfiilscht zu sein infolge des sog. CHRISTIANSEN-EffekteS, einer Erhohung der Durchlassigkeit auf der kurzwelligen Seite der Bande13) 9. Ein allgemeines Absinken der Durchlassigkeit nach kurzen Wellen ist ebenfalls festzustellen. Diese Streuungseffekte treten leicht auf bei der Untersuchung aufgestaubter Pulverschichten, wie sie von CORBRIDGE und LOWE bevorzugt wird. I n solchen Fallen beobachtet man statt der Extinktionskurve eine aberlagerung von Ab- sorptions- und St re~kurve~4)~5) . Dann sind auch die Maxima verschoben und es braucht nicht zu verwundern, daB die Frequenzangaben nur grob mit denen der eigenen Unter- suchung ubereinstimmen.

Auch fur die Vergleichssubstanzen trifft man in der Literatur auf Spektrendarstellun- gen, die Kritik veranlassen. Fur Natriumamidosulfonat ergab eine Nachuntersuchung unterhalb 700 cm-l ein0 bessere Registrierung mit Verdopplung der Absorptionen gegen- iiber VUAGNAT und WAGNER^^), und durch die Anwendung des LiF-Prismas desgleichen eine weitere Auflosung der OH-Bande auch gegenuber SIEBERT~~). Das ist apparativ bedingt.

Bei VUAGNAT und WAGNER^^) ist aber anscheinend nur ein Spektrum mit zu hoher Substanzkonzentration aufgenommen worden: Die Banden um 1200 em-l sind nicht mehr ausgeschrieben, also auch nicht ganz aufgelost und geben einen falschen Eindruck von den relativen Intensitaten. Auch nach der Tabelle ist bei 1058 cm-I keine tveitere Auflosung erzielt, wo SIEBERT~') mit einem Gerat der gleichen Bauart sie erhdt.

Den eigenen Untersuchungen diente das Infrarotspektralphotometer UR 10 des VEB Car l ZeiB Jena. Die Proben wurden nach der Kaliumbromid-PreBtechnik (Be- schreibung und Originalliteratur bei BRUGEL~~)) hergestellt. Bei dieser Technik sind die oben erwahnten Fehlermoglichkeiten optischer Natur ausgeschaltet. Dazu wurden noch waBrige Losungen untersucht, um die Spektren der Anionen bzw. der Sauremolekel frei von Kristalleffekten studieren zu konnen. Man wendet dabei gesattigte Losungen in kapillarer Schichtdicke zwischen KRS 5-Scheiben an19). Nach diesen Methoden wurden

12) D. E. C. CORBRIDGE U. E. J. LOWE, J. chem. sot. [London) 493 (1954).

Id) G. DUYRAERTS, Analyst 84, 201 (1959). 13) W. C. PRICE u. K. S. TETLOW, J. chem. Physics 16, 1157 (1948).

Is) H. PRIMAS u. G. H. GUNTHARD, Helv. chim. Acta 37, 360 (1954). 1 6 ) A.M. VUAGNAT u. E. L. WAGNER, J. chem. Physics 26, 77 (1957). 17) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 289, 15 (1957). '8) W. BRUGEL, Einfuhrungen in die Ultrarotspektroskopic, Darmstadt 1967. l9) E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 896, 305 (1958).

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E. STEGER, uber die Monoamidophosphorsiiure und ihre Salze 307

zusiltzlich zu einer fruheren Mitteilung lo) untersucht das Kalium- und Silberamido- phosphat sowie die freie Saure. Das Silbersalz erleidet mit KBr keine doppelte Umsetzung20). Verfahren wurde bei der Darstellung wie von KLEMENT~~). Fur alle Versuche wurden die Stoffe frisch aus dem Phenylester hergestellt und umkristallisiert. Dabei ist es bei den sekundiiren Amidophosphaten nicht moglich, Salze zn erzielen, die vollig frei von Zer- setzungsprodukten sind. Spektren von Na,PO,NH, und 3 weiteren sekundiiren Salzen wurden kiirzlich publiziert 2 z ) , dazu siehe unten. Die zu Vergleichszwecken benotigte Amidosulfonsaure und ihr Natriumsalz sind leicht darstellbar nach bekannten VerfnhrenZ3).

Diskussion der Spektren I. Primare Amidophosphate

Die primaren Ionea der Amidophosphorsaure haben infolge der Zwitterionbildung NH; PO:- die hochste Xymmetrie, und in der friiheren Veroffentlichung 10) ist die Zuordnung auf der Grundlage der Punktgruppe C,, erfolgt. Es ergibt sich aber jetzt eine bessere Kenntnis der NH,-RocKINa-Schwingung. I n dem breiten Absorptionsbereich des Natriumsalzes bei 1170 cm-l oder in der deutlich Sfachen Bande des

900 ?300 ! 7 731 I r j

c) Ba[P03 NU3] a4 Abb. 1. Kristallsymmetrie-Effekte irn Spektralbereich der PO-Valenzschwingungen bei verwhiedenen Amidophosphaten (NaPO,NH,, AgPO,NH, und Bn(PO,NH,)aq. Sub-

stanzen in KBr geprel3t) - --

2 0 ) Vgl. P. C. TARTE, Trabajos reunion intern. reactinidad d i d o s 3" Madrid 1956,

nl) R. KLEMENT u. K. H. BECHT, Z. anorg. Chem. 262, 217 (1947), vgl. C. BRAUER,

22) J. V. PITSTINGER, jr., W. T. CAVE 11. M. L. NIELWN, Spectrcwhimica =\eta [Lon-

2, 665 (1958).

Handbuch der praparativen anorg. Chem. Stuttgart 1954.

tlon] 909 (1959). 2?) P. BAUMUAKTEN, Bw. dtsch. e h m . (ies. 69, 1929 (19?(;).

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308 Zeitschrift fur anorgsnische und allgemeine Chemie. Band 309. 1961

Bariumsalzes (1143 + 1183 + 1205 em-l) durfen nur al,,PO,-Schwin- gungen gesehen werden. Das Kaliumsalz bietet das Beispiel einer schmalen, ungestorten Bande. Beim Natrium- uiid Magnesiumsalz erfolgt eine Verbreiterung durch groBere Storkrafte des Kationenfeldes. Im Sil bersalz mu13 dieses eine geringere als dreizahlige Symmetrie haben, denn ein Doppelmaximum zeigt die Aufhebung der Entartung bei den aiit,isymmetrischen PO,-Valenzschwingungen an. I n diesem Sinne waren beim Bariumsalz schon 2 Banden zusammengefal3t worden. Die weitere Vermehrung bei diesem auf 3 mu13 eine Wirkung der Kopplung von mehreren Ionen in der Elementarzelle sein. Leider ist uber diese

Abh. 2. IR-Spektren von a) Amidophosphat und b) der analogen Amidosulfonsaure im kristallisierten Zustand (in KBr gepreBt) (1) und in waBriger Losung (2)

nichts weiter bekannt. Die Effekte werden durch die Spektrenausschnitte der Abb. 1 illustriert. Die Schwingung Q NH,, die wegen jener 3. Bande des Bariuinsalzes an dieser Stelle angenommen worden war, ist in der schwachen Absorption zu sehen, die bei den Untersuchungen von COR- BRIDGE und LOWE nicht erschienen ist. Die Abb. 1 zeigt aber, wie sie mit wechselnder Deutlichkeit und etwas wechselnder Prequenz bei den verschiedenen Salzeri auftritt. Die wii13rigeii Losungen der Alkalisalze zeigeiz schlielSlich (Abb. 2), wie vasP03 als einheitliche symmetrische Rande gut herauskommt, so wie es die Symmetrie C,, fur das freie Ion jm Gegensatz zu den Storungen in einigen cler Salze erfordert. Wegen der geringen Lijdichkeit ist (lie schwache Absorption e NH, hier nicht

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zweifelsfrei zii l)eol,achten. Die hytlrolytisclir Zerwtziing verlauft so rasch, dafi nach den wenigen Minuten schoii, die ziir Herstellung dor geskttigten lJosung iind ziir Registrierung erforderlich sind, auch eine krdftige Orthophosphatbande hervortritt.

Friiher10) waren 4 Frequenzen (2920, 28(iO, Z G 10 iiiitl 2482 cni I ) als NH-Valenzschwinguiigen bezeichnet worden, wobei rnit der unnatur- liclien Lage an Wasserstoffbriicken gedacht war. Bei Amidosulfon- saure treten ahnliche Absorptionen auf, und die Ansichten uber ihre Bedeutung sind nicht einheitlich. Von VUAGNAT und WAGNER'^) werdcn diese Frequeiizen zum Teil als Oberscliwingungen zugeordnet.

Die Moglichkeit von Wasserstoffbrucken wird von diesen Autoren abgclehnt i m k r Rezug auf eine Arbeit von LORD und MERRIFIELD~~), die aber durch umfassenderc Untcr- suchungen25) schon uberholt war. Danach gelten die feststellbsren cmpirischen Funk- tioncn fur die Frequenzverschiebung in Abhangigkeit von der Langc dcr Wasserstoff- brucke ~ewcils nur fur bestimmtc Donator- und Akzeptoratome (vgl. *e)). Im bcsonderen gelten auch fur NH . . * 0-Brucken mit 4bindigem Stickstoff andere Werte als mit koordi- nativ 3wcrtigem. Es scheinen im ersten Falle bedeutend groBere Verschicbungen moglich zu sein, denn fur eine Reihe von N+H . . . C1--Brucken gehen die Frequenzen von 3110 (NH,CI) bis 2907 cm-' (Hydrazoniumchlorid)Zo), 50 daB einc durch Bxuckenbindung el - niedrigte NH-Valeneschwingung selbst bei 2482 cm-1 und be1 261 0 cm-I noch moglich scheint.

SIEBERT geht bei der Amidosulfonsaure auf diese Baiiden6) nicht eiu. Von DUPUIS werden sie als Grundschwingungen behandelt. Die Ver- fasserin wird zu dem SchluB geniitigt, daB neben dem +NH,SO, eine zweite Molekulform mit durch starke Wasserstoffbruckenbindung er- riiedrigten OH-Frequenzen vorliegt (mit Vergleichsfreqiienzen nach H A D ~ I ~ ~ ) ) . Diese Angahme ist in einem etwss veranderten Sinn richtig.

DaB es sich bei diesen Frequcrizcn im NaGQNH, und bei den ent- sprechenden Prequenzen der Amidosulforisaure um Grundschwingungen handelt, kann - abgesehen von ihren beim Amidophosphat iioch starkc- ren Intensitaten - an dem Verhalten beim Auflosen gezeigt werden. Whren die beiden Banden Kombinationen, so sollten sie auch im Spektriirn der wafirigen Losung zu seheii sein (Abb. 2). Sie sind aber vbllig ver- schwunden. Damit ist wohl deutlich, da13 es sich urn eirien hesondcren Wasserstoff bruckeneffekt im Kristall handelt. Allerdings sind die tiefercn Prequenzen uberzahlig. Die Theorie der Kristallspektren laSt kcine

-

24) R. c. Lono 11. R. I{:. MhRRIFIELD, J. chem. PhyHics 21, 166 (1%3) 2s) K. NAKAMATO, M. MAROOSHES 11. It. E RUNDLE, J. Amrr. chrm. Sor. 77, 6180

26) W. FULLER, J. physic. Chem. 63, 1705 (1959). 27) T. DUPUIS, C. R. hebd. Seances Acsd. Sci. 243, 1621 (l!l56). 2 8 ) D. H A D ~ I , J. chern. SOC. [London] (1955) 3163.

(195.5).

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31 0 Zeitsrhrift fur anorganisrhr und allprnirim ( 'Iwniit*, Bend 309. 1961

weiteren Infrarotnbsorl~tio~ieii zii als die cler k~inzelniolekrl : Eei tler Raumgruppe PG3 2b), bzw. der isoinorphen Punktgruppe C6 sintl die rlurch Kopplung zwischeii den 2 Anionen der Elementarzellc zuiiiichst ver- doppelten Schwingungen zur Halfte inaktiv nach den Auswahlregeln. So scheint fur die paarweise hohen und tiefen Freqrie~ize~i nur die Er- kllirung moglich, daD der Potentialverlauf in der vorliegendeii WiLssCr- stoffbrucke 2 Minima aufweist. *)

Wie beim Na-Salz treten bei allen einbasischen untersrlcllteu Moiio- amidophosphaten bis zu 4 mehr oder weniger deutliclie Maxima ini Bereich der NH-Valenzschwingu~igen (2400 bis :I000 cin-I) nuf. lZei einigen Salzeii siiid nur die beiden tiefer liegeliden Frecliielizrn ckutlicli erkennbar und ail der Stelle der oberen findet sicli eiiie breite Bandc, vielleicht mit einer gewissen Struktur durch in den Bereicli fallende 0 berschwingungen -- zu diesem Effekt siehe 30) - oder infolge Kopplu~ig zwischc~i mehrcren Molekeln in der Elenieiitarzelle.

11. Die Saure HP03NH3

Vom Spektruni des PO,NH,-Ions ausgehend, ist tlas der 111 idisso- ziierteii Saure wie folgt zu verstehen : Die dreizahlige Symmetric ist

Tabelle 1 Z uo rdnu 11 g d e r A mi d o p h o s p h orsii u r e f re y 11 en ze n

ausgehend vom I o n PO,NH;

2'331 "861 I 2610 2.182

IW2U E

1480 A, 1166 E

10'20 E

!J93 A, 710 A,

510 A,

v OH v N H 11.

; PU'H

Zahlreiche Maxima

208( 1.. .346( I

lti2U

1460 1260 1"0 1080 '390

960 900

(750 ?) 720 488 475

l@) E. HOBBS, D. N. c. CORBRIDGE U. B. RAISTRICK, Acta crystallogr. [Copen- hagen] 6, 621 (1953).

*) A n m e r k u n g b e i d e r K o r r e k t u r : IXeBaii- den um 2600cm-1 sind in- awischen an diesen und an- deren Beispielen weiter unter- sucht worden. Die Spektren deuterierter Vcrbindungen, Aufiiahmen bei tiefen T e m p raturen und von Ober- schwingungen, sowie berech- nete Potcntialkurven liefern weitere Argumente fur das Vorliegen 2er Minima und dcn Wasuerstoffbrucken - Tunnel-

K. LUNKWITZ; E. STEOEK 11.

K. STOPPERKA, Naturwisscn- schaften, im Druck.

30) S.BRATO~U. D. H A U ~ I , J. chem. Physics 37, 991

effekt. Vgl. E. S LTECER U.

(1957).

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nufgehohen und damit die Entartuug bei der NH,i-Gruppe. Neu auf- treten mussen neben v 0-H eine v P- OH und die dazugehiirigen De- formatiorisschwingiingen. Durch die veriinderte Mesomerie uriter den 1’0-Kindungen werden deren Freyuenzen erhiiht (Ton 4j3- auf 3/2-Bin- dmigsfrequenzen). Diese Zusammenhange und die gefundeneii Ah- sorptioiieii sind in der Tab. 1 tlargestellt.

Die Punktgruppe der Molekel HPO,NH, karin C, oder C, (= symnie- trielos) sein. Eiiie Entscheidung ist hei diesen iiiederen Symnietrien nicht moglich.

1 n der wkRrigen TAsung ist Amidophosphorsaure im wesentlichen als Snuremolekel zugegen . Dieses hat undissoziiert bedeutend bessere Liis- lichlreit als jedes der Salze. Anzeichen einer geringen Dissoziation ist eirie sehr schwache Bantle hei I 140 cnirL, welche bei Stiurezusatz zuriick- geht, in n HC1 ist sie verschwunden. Die Hauptfrequenz des entstehe- hendeii Amidophosphations war im festen Zustand loei 11 70 ern I und in wiiljriger Liisuiig hei 11 00 em-1 gefunden worden. In tler Siiiireltjsiing liegt dic Freqnenz also zwischen beiden Werten.

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31 2 Zcitsrlirift f i ir anorganische und nllgcmrinr (’hcmic. I h n d 309. 1961

111. Sekundiire Amidophosphate

Vori den sekund6ren Amidophosphateri sind keine Spektren zu er- I k r hnltrn, die v6llig frci voii Ihriden der Zersetziitigsprotinkte sind.

I IlLSpektrnrri

cm

:bkoo b 33I)l) I ) 1610 111

1433 H

1141 st 1078 h t

!)80 st

810 m 700 ni 61 1 Y

549 m,, 518 s t

1188x,

-

Zuordniing

Vergleich weriiger und starker umgewan- delter I’rotlukte gestattct aber, die Fre- quenzen tles Ions [P03NH,]2- herauszu- finden. Abb. ;; zeigt die Spektren von frisch dargestelltem untl Linger aufbewahrtern Na,PO,NH,. 1)as erstere gleicht dem voii I ’USTINCI~ , CAVE uiid NIELSEN publizierten Spektruni zz). Diese Autoren fuhrten aber keirie Untersiichung uber die Zersetzungs- erscheinungen durch. Aus diesen ergibt sich, da13 die schwache Absorption bei 1200 c u r l als von einer Verunreinigurig herruhrend aufgefalit werden mul3, wed sie sich beirn Aufhewahren des Salzes ver- stiirkt.

Die Zuordnung erfolgt analog zu NaS03NH,17). Sie ist rnit den gefuridenen Frequenzen in Tab. 2 angegeben.

1)iskussion der Hinciongsvwhaltriissc! Zur vollstiindigen Aiiswertung der gewonnenen Frequenzen wurde

eine Normalkoordinatenanalyse nach der Metliode der G- und F-Ma- trizen31) vorgenommen. Das Ion NH,PO, ist dafur geeignet wegen seiner Syrnmetrie C, ”, naclz Abspaltung der NH-Valenzschwingungen werden die Frequenzen der totalsyrnmetrischen Xchwingnngen durch eine SBki~lardeterrninante 4. Grades iind die der entarteten durch eine solche 6. Grades dargestellt.

(:-Matrixelemente fur das zugrande liegende Model1 warm schon mehrfach benut,zt iind angegeben worden. In zwei Fiillen 32) 33) sind, worauf neuerdings hingewiesen wird3‘), einige Wechselwirknngen der G-Matrix in fehlerhafter Weise gleich 0 gosetzt worden. Die von SIEBERT iibgeleiteten Matrixelemente~) sind von ihm in einer sbgewandelten Form gegeben, K o w ~ ~ o w 35) , der ebenfalls wieder die Matrixelemente Iiiihliziert,, vcr-

31) 1E. 13. WII.SON, jr., J. chrm. l’hynicci 7. 1047 ( 5’) hl. %. ”:I,-SAHRAN, A. G , M i ~ : i s ~ r t i t 1 1 . I<’. I?. (

33) It. L. C:OI.I,INS 11. J. I<. ~IJCLSICN, . I . c . l i c s r n . 1’11ysiw 88, 351 (l.!KL)). 34) M. R A N n r c u. J . M. NJILLS, J. diem. Yhysics 81, 1681 (1959). 35) . I . k’. ~ ~ O W A I . O W , Optik u. Spektroskopie ( l u a u . ) 4, 660 (1958).

H55 ( l ! r ) l ) .

Page 10: Über die Monoamidophosphorsäure und ihre Salze auf Grund der lnfrarotspektren

E. STEGER, uber die Monoamidophosphorsaure und ihre Salze 31.3

wendet nicht die ublichen Symmetriekoordinaten. Die Veroffentlichung in ihrer allge- meinsten Form (ohne spezielle Annahme uber die Valenzwinkel) erfolgt andernortsll).

Die numerische Auswertung der Ansatze zur Gewinnung von Kraftkonstanten stoBt bei den totdsymmetrischen Schwingungen auf die fiir Amidosulfonsiiure schon yon SIEBERT angedeutete Schwierigkeit, da13 eine Beriicksichtigung anderer Wechselwirkungs- konstanten, besonders der Wechselwirkung zwischen der PN-Valenzschwingung und der PO,-Deformationsschwingung, den rechnerischen Aufwand enorm erhohen wiirde. Die Folge dieser Vernachlassigung ist, daB man nur eine ungenaue Darstellung der $re- quenzen erzielen kann. SIEBERT halt solche Kraftkonstanten fur richtig, mit denen die beiden hfiheren Frequenzen (der NH-Deformationsschwingung und dcr SO-Valenz- schwingung) genau wiedergegeben werden und nimmt bei den beiden tieferen Fehler von $70 und -81 cm-1 in Kauf.

Es ist aber beim Amidophosphat auch moglich, diese letzteren Freqnenzen mit Feh- lern von z. B. +47 und -15 cm-l darzustellen. Dann bleiben fur T)NH, +7 und fur v PO, -15 cm-l Abweichung zu den beobachteten Werten. Mit solchen Fehlern konnen aber auch bereits die beobachteten Frequenzen gegeniiber den wahren Normalschwin- gungen infolge intermolekularer Krafte bzw. auch Anharmonizitat belastet sein. Auch bei den entarteten Schwingungen, wo exakt,e Losung moglich ist, wurde nicht weiter- gerechnet.

Die ermittelten Valenzkraftkonstanten waren fur P03NH; f,, = 6:25; f,, = 3,5; fur P03NHi- f,, + fko = 8,2; f,, = 4,3.

Die Ergebnisse der Kraftkonstantenberechnung wiirden hinsichtlich der Bindungsverhaltnisse fur das Ion P03NH, (und damit auch fur die freie Saure) das Vorliegen der ,,idealen PN-Einfachbindung" l) anzeigen, wenn man sie so genau nehmen diirfte. Bei den angegebenen Schwierig- keiten der Berechnung, die also auch die Ergebnisse von SIEBERT uber die Amidosulfonsaure6) betreffen, scheint es fur weitere Folgerun- gen geraten, den Frequenzen selbst und Frequenzvergleichen ein grooeres Gewicht beizulegen. Zu diesem Zweck sind in Tab. 3 passende Ver- gleichsfrequenzeii von PC- und PO-Einfachbindungen angefiihrt. Die Einfachbindungsfrequenz des an P gebundeneii Stickstoffs mu13 zwischen der seiner Nachbarelemente liegen.

Fiir die gefuiidenen Frequenzeii P-+NH,: 710 cm-l und Y-NH,: 830 cm-1 muS man daraus schliefien, da13 die tiefere gegenuber der nor- malen Einfachbindung geschwacht, die hohere dagegen verstarkt ist. Der Schwachnngseffekt ist mit dem positiven Ladungsuberschu13 am Stickstoff in Verbindung zu bringen und von den Spektreii den Alkylamiiie und -ammoniumsalze her bekannt (CH,NH, : 1034 cm-1, CH,NH,Cl: 995 om-l) 36). Eine Verstarkung bei P-NH, ist vorstellbar, weil das freie Elektronenpaar am Stickstoff teilweise mit einem d-Elektronen- zustand des Phosphors n-bindend sein konnte. Die Moglichkeit solcher

36) K. W. B'. KOHLRAUSCH, RAivAN-Spektren, in Hand- u. Jahrbuch d. Chem. Physik 9/IV, Leipzig 1943,217.

Z . anorg. alIg. Chemie. Bd. 309. 21

Page 11: Über die Monoamidophosphorsäure und ihre Salze auf Grund der lnfrarotspektren

314 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 309. 1963

Tabelle 3 Vergleichsfrequenzen zur PN-Einfachbindung

PC-Einfachbindung

0

R-P/ / I OR 38)

\OR

Mittel v,, 671

vg 756' \714

v P-c 735. . . 766 cm-1

- ~ -

757 cm-139)

PO-Einfachbindune

Mittel

V,POP

40 41 42 1 ) ' I Extrapolation von lag und v S verschie- dener Phosphate auf Bindungsgmd

rP0,-OH1-2 1 880 cm-l 12)

Pi = 1 -830 ~~ _ _

Doppelbindungsanteile kann nach den von GOUBEAU aufgestellteii Regeln 43) verstanden werden.

Beim Vergleich der Amidophosphorsaure mit tler Amidosulfonsaure ergibt sich nun trotz der analogen Effekte einer Frequenzerniedrigung beim Ubergang von Sbindigem zu 4bindigem Stickstoff, daB unter- schiedliche Bindungsverteilungen vorliegen, je nachdem, ob Phosphor oder Schwefel das Zentralatom ist. Dabei mu13 der Betrachtung der Bindungsverhaltnisse nach den Frequenzen so lange noch eine groDere Beweiskraft zugeschrieben werden, als nicht Kraftkonstantenberech- nungen vorliegen, die unter Beriicksichtigusg weiterer Wechselwirkungen aus reel1 losbaren Gleichungen hervorgehen.

Herrn Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. A. SIMON dankt der Verfasser fur stete Forderung.

37) L. W. DAASH, J. chem. Physics 19, 22 (1951). ,8) L. W. DAASH u. D. C. SMITH, Analyt. Chem. 23, 853 (1951). ,9) H. GERDING, J. W. MAARSEN u. 0. H. ZIJP, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 77,

361 (1958). 40) A. SIMON u. E. STEGER, Z. anorg. allg. Chem. 277, 209 (1954); E. STEQER u. -4.

SIMON, 1. c. 291, 76 (1957); 094, l(1958); E. STEGER, 1. c. 294, 146 (1958). 41) W. BUES u. H.-W. GEHRKE, Z. anorg. allg. Chem. 288, 291 (1956). 42) A. SIMON u. G. SCHULZE, Z. anorg. allg. Chem. 242, 313 (1939). 43) J. GOUBEAU, Angew. Chem. 69, 77 (1957).

Dresden, Ilnstitut fur anorganische und anorganisch-technische Chemie der Technischen Hochschale Dresden.

Bei der Redaktion eingegangen am 12. September 1960.