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(Aus dem Institut Robert Koch, Berlin.) [~ber die Natur des Ehrlichschen Miiusecareinoms. Die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration. Von W. A. Collier. (Eingegangen am 16. Mai 1934.) Bei der grundlegenden Bcdeutung der Wasserstoffionenkonzentration ffir das organische Gesehehen nimmt es kaum Wunder, dab fiber ihre Veranderungen bei der Entwicklung und beim Ablauf neoplastischer Prozesse bereits eine aus- gedehnte Literatur besteht. Von ganz besonderem Interesse ist abet wohl der direkte Einflul3 der Wasscr- stoffionenkonzentration auf die Lebensfahigkeit des Krebsagens. Die Beant- wortung dieser Frage dfirfte gerade jetzt um so wichtiger sein, als in jfingster Zeit dureh v. Bremer die Behauptung aufgestellt wurde, dab Krebs im menschlichen K6rper erst dann entstehen kann, wenn die Wasserstoffionenkonzentration des B]utes einen pE-Wert yon 7,6 und hSher hat. Weiterhin glaubt v. Bremer, dab in dem Blut-p~-Intervall yon 6,8--7,5 Krebs nicht entstehen kann, anscheinend weft der v. Bremersehe Krebserreger diese pa-Werte nicht vertragen kann. Es sei daher zuerst kurz auf die Beeinflussung des Krebsagens durch bestimmte Wasserstoffionenkonzentrationen eingegangen. Nach den Arbeiten yon Sugiura und seinen Mitarbeitern wird das Agens des Flexner-Jobling-Careinoms durch ein PH unter 6 und fiber 9 zerstSrt, aber schon PH 8 schadet erheblich. Das Sugiura-Sarkom wurde durch PH 4 abgetStet, bei PH 5 zeigte sieh je nach der Art des Puffergemisches entweder eine deutliche Schi~digung oder AbtStung nach 24 Stunden bei 3 ~ und bei PH 9 zeigte sich teilweise Hemmung und teilweise AbtStung. In den Versuchen yon Raposo wurde der Stamm S 37 bei PH 4 abgetStet, bei PH 5 und TH 6 zeigte sich eine starke Hemmung, bei PH 9 zeigte, sich tells Hemmung, teils gutes Wachstum und bei PH 10 vSllige Hemmung. Der Stamm AC wurde bis p~ 6 vSllig gehemmt, PH 9 ergab ]angsames Waehstum und p~ l0 wieder vSllige Hemmung. Der Stamm AO zeigte bis PH 6 und yon PH 9 ab vSllige ttemmung. Das Agens des Rous-Sarkoms verhs sieh naeh Sugiura reeht resistent gegenfiber p~-Einflfissen. Nach 24 Stunden bei 3 ~ hemmt p~ 2 und PH 3 vSllig, Pn 3,8 bis pg 10 haben fiberhaupt keinen EinfluB, und p~ 11 hemmt teilweise, w~hrcnd erst p~ ]2 vSllig das Wachstum aufhebt. Bei den eigenen Versuehen fibern~hm Herr cand. chem. Loch ffeund- licherweise die elektrometrischen PH-Bestimmungen und die Her- stellung der verschiedenen Pufferl5sungen, woffir ihm an dieser Stelle besonders gedankt sei.

Über die Natur des Ehrlichschen Mäusecarcinoms. Die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration

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Page 1: Über die Natur des Ehrlichschen Mäusecarcinoms. Die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration

(Aus dem Institut Robert Koch, Berlin.)

[~ber die Natur des Ehrlichschen Miiusecareinoms. Die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration.

Von W. A. Collier.

(Eingegangen am 16. Mai 1934.)

Bei der grundlegenden Bcdeutung der Wasserstoffionenkonzentration ffir das organische Gesehehen nimmt es kaum Wunder, dab fiber ihre Veranderungen bei der Entwicklung und beim Ablauf neoplastischer Prozesse bereits eine aus- gedehnte Literatur besteht.

Von ganz besonderem Interesse ist abet wohl der direkte Einflul3 der Wasscr- stoffionenkonzentration auf die Lebensfahigkeit des Krebsagens. Die Beant- wortung dieser Frage dfirfte gerade jetzt um so wichtiger sein, als in jfingster Zeit dureh v. Bremer die Behauptung aufgestellt wurde, dab Krebs im menschlichen K6rper erst dann entstehen kann, wenn die Wasserstoffionenkonzentration des B]utes einen pE-Wert yon 7,6 und hSher hat. Weiterhin glaubt v. Bremer, dab in dem Blut-p~-Intervall yon 6,8--7,5 Krebs nicht entstehen kann, anscheinend weft der v. Bremersehe Krebserreger diese pa-Werte nicht vertragen kann.

Es sei daher zuerst kurz auf die Beeinflussung des Krebsagens durch bestimmte Wasserstoffionenkonzentrationen eingegangen.

Nach den Arbeiten yon Sugiura und seinen Mitarbeitern wird das Agens des Flexner-Jobling-Careinoms durch ein PH unter 6 und fiber 9 zerstSrt, aber schon PH 8 schadet erheblich. Das Sugiura-Sarkom wurde durch PH 4 abgetStet, bei PH 5 zeigte sieh je nach der Art des Puffergemisches entweder eine deutliche Schi~digung oder AbtStung nach 24 Stunden bei 3 ~ und bei PH 9 zeigte sich teilweise Hemmung und teilweise AbtStung.

In den Versuchen yon Raposo wurde der Stamm S 37 bei PH 4 abgetStet, bei PH 5 und TH 6 zeigte sich eine starke Hemmung, bei PH 9 zeigte, sich tells Hemmung, teils gutes Wachstum und bei PH 10 vSllige Hemmung. Der Stamm AC wurde bis p~ 6 vSllig gehemmt, PH 9 ergab ]angsames Waehstum und p~ l0 wieder vSllige Hemmung. Der Stamm AO zeigte bis PH 6 und yon PH 9 ab vSllige ttemmung.

Das Agens des Rous-Sarkoms verhs sieh naeh Sugiura reeht resistent gegenfiber p~-Einflfissen. Nach 24 Stunden bei 3 ~ hemmt p~ 2 und PH 3 vSllig, Pn 3,8 bis pg 10 haben fiberhaupt keinen EinfluB, und p~ 11 hemmt teilweise, w~hrcnd erst p~ ]2 vSllig das Wachstum aufhebt.

Bei den eigenen Versuehen fibern~hm Herr cand. chem. Loch ffeund- licherweise die elektrometrischen PH-Bestimmungen und die Her- stellung der verschiedenen Pufferl5sungen, woffir ihm an dieser Stelle besonders gedankt sei.

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Bei den Versuchen wurde folgendermagen vorgegangen:

Es wurden weiBe M~use intraperitoneM mit dem Ascitesstamm des Ehrlich- schen Mgusecareinoms infiziert und nach etwa 9--10 Tagen zu den Versuchen benutzt. Die Tiere warden getStet und der Aseites wurde steril entnommen mad yon mehreren Tieren gemischt. GMche Mengen der Aseitesfliissigkeit warden mit versehiedenen Puffergemischen zu gMchen Teilen vermiseht und auf die Dauer yon 24 Stunden (in l Fall nar 1 Stunde) in den Eissehrank bei etwa 3 ~ g6braeht. Zur Kontrolle wurde Aseites mit der gMehen Menge physiologischer Koehsalzl6sung versetzt and ebenfalls in den Eissehrank gebracht. Am niichsten Tage warden dann die Aseites-Puffermlschungen in der Zentrifuge 2--3 real aus- gewasehen, mad der gesamte Bodensatz wurde intraperitoneal auf je 1--2 weil~e M~use verimpft. Diese Tiere wurden dann for~laufen.d beobaehtet.

Die verseI~iedenen Versuche sind in den nachfolgenden Tabellen zusammengestell t . Nur die ersten Versuehe mit Phosphatpuf ferung sind nieht wiedergegeben, da in allen Fs nicht die geringste Be- einflussung bei einer Konzent ra t ion yon m/5 festzustellen war. Bei einer tLeihe yon F/~llen wurde auch die beim ersten Zentrifugieren gewormene fiberstehende Flfissigkeit auf ihre Wasserstoffionenkonzen- t ra t ion untersueht , und diese Werte l inden sich in den Tabellen unter der Rubr ik ,,p~ gemessen" angegeben. Auf diese Endwer te m6chte ieh indessen weniger Gewicht legen, da in der Zwisehenzeit tells bei den bei Z immer tempera tur vorgenommenen Manipulationen, teils vielleicht sogar im Eissehrank dutch den Tumorstoffweehsel nieht unerhebliehe ~mdertmgen der p~-Werte eingetreten zu sein seheinen. Aus diesem Grunde diirfen nu t die p~-Werte der Puffermisehungen bewertet werden.

Tabelle 1. m/5-Pufferung. 24 Slmnden im Eisschr~nk.

Pufferung PH berechnet ~E gemessen Ergebnis

Essigsgure/Natriumacetat . . . . . . .

prim./sek. Natriuml0hosphat . . . . . .

Ammoniak/Ammonehlorid . . . . . . .

3,1 4,1 4,7 5,3

5,1 8,4

8,3 8,6 8,9

3,98 5,39 4,67 4,22

5,32 7,87

7,35 7,37 7,39

neg. neg. neg. neg.

pos. pos.

pos. pos. pos.

T~belle 2. m/5-Pufferung, A m m o n i a k / A m m o n c h l o r i d . 24 S tunden im Eisschrank .

8,3 8,6 8,9

pos. I 9,2 pos. 9,5 neg. 9,8

neg. ] 10,4 neg. 11,0 neg.

neg. flog.

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~ber die I~atur des Ehrlichschen M~usecarcinoms. 587

Tabelle 3. m/5~Pufferung, G l y k o k o l l / N a O H / t t C 1 . 24 S t u n d e n im E i s s c h r a n k .

p~ berechne~ i ~ gemessen I :Ergeb~is ] pH berechnet p~ gemessen' [ Ergebnis

2,92 3,35 neg. I 8,57 7,35 pos. 3,34 3,80 neg. ] 8,93 8,36 pos. 3,68 4,93 neg. i

Tabelle 4. m/5-Puf fe rung , G lykoko l l / I~aOH/HC1. 24 S t u n d e n im E i s s c h r a n k .

p~ berechnet TH gemessen Ergebnis ~H berechnet p~ gemessen ! Ergebnis

2,28 3,09 neg. 8,57 2,61 3,24 neg. 8,93 2,92 3,49 neg. 9,36 3,34 4,85 neg. 9,71 3,68 4,85 pos. 10,14 3,99 6,54 pos. 10,48 4,41 6,42 pos. 11,07 8,24 7,87 pos. l~aC1-Kontr.

Tabelle 5. m /5 -Pu f f e rung , GlYkokol l / IqaOH/ t tC1 . E i s s c h r a n k .

8,20 7,54 8,95 8,83 9,49 9,44

8,45

IOOS �9 pos . ~OOS. pos. neg. neg. neg. I)OS.

S t u n d e im

p~ berechnet p~ gemessen Ergebnis p~ berechnet p~ gemessen Ergebnis

2,28 2,61 2,92 3,34 3,68 8,93

1,95 2,41 2,71 3,28

8,37

neg. neg. neg. neg. neg. ? pos.

9~36 9,71

10,14 10,48 11,07

NaC1-Kontr.

8,78 9,49

5,86

pOS. pos. pos. neg. rleg. pos.

~)berbl iekt m a n diese Tabel len, so zeigt sich, d a b nach einer Ein- wi rkungsze i t von 1 S tunde ein p~ yon 3,68 ein fragliches Ergebnis zei t igte , wi~hrend sich noch bei PH 10,14 ein deut l iches K r e b s w a c h s t u m ergab. Noch deu t l i cher aber s ind die Ergebnisse nach einem Aufent - ha l t yon 24 S tunden im Eisschrank . H ie r wurde das Agens des E h r l i c h .

schen M~usecarcinoms ers t du rch ein p a 3 , 3 4 bzw. 10,14 zers t6r t . Demgegenf iber k a m es zu einer e inwandfre ien Krebsen twick lung (As- c i tes typus) innerha lb einer Grenze von PH 3,68--9,71.

Vergle icht m a n diese W e r t e mi t den anderen bekann ten Zahlen, so f indet m a n eine Krebsen twick]ung b e i m

Flexner-Jobl ing-Carcinom . . . . . . pg 6--9 S u g i u r a - S a r k o m . . . . . . . . . . p s 5--9 S 37 . . . . . . . . . . . . . . . . PH 5--9 AC . . . . . . . . . . . . . . . . io~ 7--9 AO . . . . . . . . . . . . . . . . p~ 7--8 R o u s - S ~ r k o m . . . . . . . . . . . . PH 3,80--11 Ehrlich-Ca. (Ascites) . . . . . . . . . ps 3,68--9,71

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588 W.A. Collier:

Die Widerstandsf~higkeit des unter dem Bilde der Peritonitis ear- einomatosa verlaufenden Stammes des Ehrlichschen Mguseearcinoms gegentiber den Einflfissen der Wassel:stoffionenkonzentration bewegt sieh demnach in ungef/ihr der gleiehen GrSBenordnung wie die des Rous-Sarkoms. Wenn auch bei der Pufferung dutch Essigs/~ure/Na- tr iumacetat oder durch Ammoniak/Ammonchlorid etwas abweiehende Werte gegenfiber den bei Glykokollpufferung erzielten zu beobaehten sind, so muB man die Giftigkeit der Substanzen an sieh mit in Betracht ziehen. Die Glykokollpufferung scheint die ungiftigste zu sein und aussehlieftlieh dutch ihr PH zu wirken.

In einer frfiheren VerSffentlichung yon Collier und Jahn wurde auf Grund der hohen Chemoresistenz des ffir die Versuche benutzten Aseitesstammes der Sehluft gezogen, daft es sieh bei dem Agens des Ehrlichschen M/iusecareinoms um ein filtrierbares Virus handelt. Aueh in den hier mitgeteilten Versuchen zeigte es sieh, dab seine ]%esistenz gegenfiber Wasserstoffionenkonzentration sich in ungef/~hr den gleichen Graden bewegt, wie die des als Virus bekannten Agens des Rous- Sarkoms. Aueh dies dfirfte wieder eindeutig ]iir die Virusnatur des Agens des in Ascitesform wachsenden Ehrlichsehen M~useearcinoms sprechen.

Was besagen aber weiterhin die mitgeteilten Befunde ffir die v. Brenterschen Hoffnungen, durch eine Normierung des pH-Gehaltes des Blutes den Krebs heilen zu k6nnen ? Zu diesem Zweek muB man etwas n/~her auf die Befunde anderer Autoren fiber den pH-Gehalt des Blutes beim Krebskranken eingehen.

Des Ligneris land bei Kaffernhfihnern ein normales p~ yon 7,42 bis 7,60 (Mittel 7,525) und zwar bei fiber 80% innerhalb yon 7,48 bis 7,56. Beim Rous-Sarkom stieg bei 50 Tieren der p~-Wert bis zum 11. Tage naeh der Impfung auf 7,65 (ItSchstwert 7,75) und fiel vor dem Tode wieder bis PH 7,2 ab. Pentimalli land bei 20 normalen tIfihnern ein p~ yon 7,44--7,75 (Durchsehnitt 7,61). Bei 5 mit Rous. Sarkom infizierten Hfihnern land sich 8 Tage naeh der Infektion ein p~ yon 7,60 im Durchschnitt, nach 3 Wochen aber/)H 7,53. Es setzte also mit steigender Tumorentwieklung eine zunehmende Aeidit~t (in- folge Milchs~urebildung) ein. Der Einfluft dieser Milehsgurebildung zeigte sich besonders deutlieh, wenn der/)~-Wert des Blutes einer Flfigel- vene eines sarkominfizierten Flfige]s mit dem p~-Wert des Blutes des anderen, gesunden Flfigels vergliehen wurde, denn im ersten Fall zeigte sieh im Durehschnitt ein PH-Wert yon 7,40 gegenfiber einem lOH-Wert yon 7,57.

Vergleichsweise sei kurz angegeben, wie sieh die Blut-pH-Werte beim Brown-Pearceschen Kaninehenkrebs verhalten. In der Tab. 6 sind einige Werte angegeben, die sieh im Verlauf anderer Untersuchun-

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gen bei e inigen normulen und einigen krebsinf iz ier ten , aber n ich t kachek t i schen , Tieren be s t immen liel~en.

Tabelle 6. B l u t - p ~ - W e r t e be i n o r m a l e n und k r e b s i n f i z i e r t e n K a n i n c h e n .

Datum

19. I. 1934 . . . . . [

22. I. 1934 . . . . . {

Durehschnitt:

2qormaltiere Krebstiere

1. 7,76 1. 7,76 2. 7,51 2. 7,96 3. 7,64 3. 7,73

- - 4. 7,93

1. 8,08 1. 8,05 2. 8,10 2. 8,00 3. 8,00 3. 8,08

- - 4 . 8,12

7 , 8 6 5 ~ , 9 5 3

Aus der hier wiedergegebenen T~belle geh t ziem]ich e indeut ig hervor , dab die Unte r sch iede der B lu t -pH-Wer te be im gesunden und krebs- inf iz ier ten K a n i n c h e n nur r e l a t i v ger ing s ind und jedenfal ls keine wesent l iche Bedeu tung haben. Auf j eden Fa l l aber f inden sich auch hier n i rgends de ra r t ig unphys io logische Zahlen, wie sic no twendig w~ren, u m das Krebsagens i rgendwie zu beeinflussen.

Ganz ~hnlich l iegen die Verh~l tnisse be im Menschen.

Beztiglich der p~-Werte im Blute yon Krebskranken liegen zahlreiche Li- teraturangaben vor, die sich allerdings teilweise nicht unerheblich widersprechen. W~hrend beispielsweise Schneider und Achelis, Woodward, Sannie und Peyre, Mercier und Rossier keine eindeutigen Unterschiede beim Gesunden und Krebs- kranken finden, ws Schneider und Achelis, unter Umsti~nden eine gewisse Acidose zu sehen glauben, stellen Chambers, Reding, Reding und Schlosse, Bugnard, Woodward und Mitarbeiter, Slosse und Reding, Ro//o, Schreuss, Raadt, Flaszen und Wachtel u.a. eine deutliche Alkalose lest.

v. Bremer gibt an, in allen F~tllen yon noch nicht behandeltem, jedoch histo- logisch festgesteHtem Krebs Blut-p~-Werte fiber p~ 7,6 gefunden zu haben, in dem B1ut-PH-Intervall von p~ 6,8--7,5 aber nicht in einem einzigen Fall Krebs- erkrankung. Leider gibt v. Bremer nicht ausreichend exakte Angaben, sondern ~iihrt nur 2 Ca.-FMIe und 1 1%11 yon Ca.-Verdaeht an. Brauchbare Zahlen finden sieh demgegenfiber beispielsweise bei Reding. Dieser land bei 71 Gesunden im t?lasma 67real ein p~ zwischen 7,33 und 7,40 (Mitte/werf 7,38) und nur 3real duriiber, bei 300 Krebskranken 298ma1 ein PE zwischen 7,41 und 7,63 (Mittel 7,46), so dab er eine dekompensierte Alkalose a~mimmt. Ganz besonders instruktiv sind indessen die Zahlen yon Ely. Nach diesem Autor zeigten 14 Gesunde in Ruhe p~ 7,35--7,39, 19 Gesunde in :hrbeit PE 7,31--7,39, 7 Hautkrebse p . 7,35 his 7,40, 21 innere Krebse p~ 7,40--7,48, 16 behandelte Krebse p~ 7,31--7,55, 14 benigne Tumoren 7,40 (7,34) bis 7,45, 12 Frakturen 7,34--7,48 und 35 ver- schiedene Krankheiten 7,31--7,48.

Alle diese W e r t e l iegen somit in j ener Neut ra lzone , in der nach v. Bremer K r e b s n ich t en t s t ehen k~nn. Ke in einziger W e r t l iegt in-

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590 W.A. Collier.

dessen in der dutch v. Bremer behaupteten ,Krebsgefahrenzone" yon PH 7,6--8,26. Wenn bei infausten Fs die Alkalose sts ausge- sproehen ist, so dfirfte dies wohl auf den welter vorgeschrittenen Krank- heitsprozel~ Zuriiekzuffihren sein, denn eine stark ansteigende Alkalose ist beim Mensehen fiir die Malignit/~t eines Tumors symlbtomatisch.

Die zunehmende Malignit~t mit der einsetzenden Kachex ie ist die Ursache der hohen Alkalose, das v0rhandene Blut-pH abet eine .Folge- erscheinung des gesehi~digten Stoffwechsels. Es erscheint daher min- destens einigermal~en abwegig, dureh eine kiinstliche ]3eeinflussung einer Folgeerscheinung elne Ursaehe beeinflussen zu wollen, durch eine Modifizierung des p~-Gehaltes des Blutes den Krebs heilen zu wollen. Ebensowenig wie man durch Fixierung eines fa]lenden K6rpers die Fallgesetze abzuschaffen vermag, ebensowenig vermag man mit v. Bre- mer den Krebs dutch Fixierung des Blut-pH auf eine zwar schSn klingende, aber nicht vorhandene ,,Neutralzone" zu heilen.

Zusammen/assung.

Die Widerstandsfs des unter dem Bride der Peritonitis car- cinomatosa verlaufenden Stammes des Ehrl ichschen M/~usecarcinoms gegeniiber den Einfliissen der Wasserstoffionenkonzentration bewcgt sich in et~va der gleichen GrSl~enordnung wie die des Rous-Sarkoms (PH 3,68--9,71). Das Agens dieses Krebsstammes verhMt sich also wie ein filtrierbares Virus.

Angesichts dieser betri~ehtlichen Widerstandsfi~higkeit des Krebs- agens erseheint es abwegig, wenn v. Bremer durch nicht "naher an- gegebene Ma•nahmen den Blut-PH-Wert yon einer Krebsgefahrenzone in eine Neutralzone umwande]n und dadurch den Krebs heflen will.

Literaturverzeichnis. v. Bremer, Med. Welt 7, 1737 (1933). - - Collier u. Jahn, Z. Krebsforsch.

4@, 298 (1934). - - De8 Ligneris, Brit. J. exper. Path. 13, 189 (1932). - - Ely, Amer. J. Cancer 17, 58 (1933). - - Pentimalli, Z. Krebsforseh. 37, 10 (1932). - - Raposo, Arqu. d. Patologia (Lisboa) 5, 5 (1933). - - Reding, Bull. Assoc. fran% Etude Cane. 21, 399 (1932). - - Sugiura, J. Cancer l~es. 6, 275 (]922); II, 185 (1927); 12, 158 (1928).