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Ea ist also diese Sfore mit der von Richter 1) au8 Epichlor- hydrin durch Oxydation mit Salpetersfure erhaltenen Chlormilchsiiure identiach. Die aus der Acrylsliure mittelst Unterchlorigsliure darge- stellte Chlormilcbsiiure konnte ich uicht krystallinisch erhalten , ob- gleich ich sie durch Zersetzen des Bsrytsalzes und Ausziehen mit Aether rein dargestellt habe. Die fliissige und krystallinische Chlor- milchsiiure unterecheiden sich auch durch ihr Verhalten gegen con- centrirte Salzsiiure. Beide Sfuren wurden gleichzeitig rnit bei Oo gesiittigter Salzsiiure 12 Stunden lang im zugeschmolzenen Rohr im Wasserhade erwsrmt und dann der Robreninhalt mit Aether ausge- schiittelt. Die erste (fliissige) Sliure ging dabei in die krystallinische, bei 50° C. scbmelzende BicblorpropionsPure uber; die zweite (krystal- linische) blieb unveriindert. 0 d ess a, Universitiitslaboratorium, 23. Januar/4. Februar 1880. 74. Hermann W. Vogel: Ueber die neuen Wasseretofflinien nnd die Dissociation des Calcinms. (Eingegangen am 12. Februar.) Nach den Lisher geltenden Anscbauungen sol1 das Spectrum des Wasserstoffs im Wesentlichen aus vier Linien bestehen. Rei meinen photographischen Aufnahmen mit Wasserstoff gefiillter Geisslerrobren erbielt ich jedoch neben den vier bekannten Hauptlinien noch eine grosse Zahl anderer, von denen namentlicb melirere im Violett und Ultraviolett durch ihre Iatensitiit und Schiirfe auffielen. Ich habe diese photographirten Spectren nebst Bescbreibung im Juli vorigen Jahres publicirt 2). Um nacbzuweisen, daes diese neuen Linirn dem Waaserstotf selbst und nicbt etwa einem beigemengten fremden Gase angebijren, photographirte ich nenerdings (bei Gelegenheit einer gemeinscbaftlich mit Hrn. Paalzo w unternommenen C'ntersuchung des Saaerstoff- ppectrums) das Spectrum des elektrolylisch entwickelten, nach rneiner Meinung chemisch reinen Wasserstoflgases zu wiederholten Malen. Ich erhielt dabei, yon einzelnen epater zu bescbreibendea Ausnabmeo ab- gesehen, dieselben Linien wie friiher und nehme nach diesen Resul- tnten ilicht linger Anstand, diese Linien dem WasserstoK zuzurechnen. Unter diesen neuen Linien flillt besonders pine durch ibre Hel- ligkeit und durch ihr Zusammenfallen mit der Linie H' (Fraunbofer) auf, die gewohnlicb dem Calcium zugeschrieben wird. (Bekanntlich gehijrt diesem Stoffe anch die Linie H" Fraunhofer an.) Die Exi- I) Jonrn. f. prakt. Chemie N. F. 20, 5. 193. 2, Siehe Monatsberichte der Akad. der Wissenach., Berlin 1879, S. 650.

Ueber die neuen Wasserstofflinien und die Dissociation des Calciums

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Page 1: Ueber die neuen Wasserstofflinien und die Dissociation des Calciums

Ea ist also diese Sfore mit der von R i c h t e r 1) au8 Epichlor- hydrin durch Oxydation mit Salpetersfure erhaltenen Chlormilchsiiure identiach. Die aus der Acrylsliure mittelst Unterchlorigsliure darge- stellte Chlormilcbsiiure konnte ich uicht krystallinisch erhalten , ob- gleich ich sie durch Zersetzen des Bsrytsalzes und Ausziehen mit Aether rein dargestellt habe. Die fliissige und krystallinische Chlor- milchsiiure unterecheiden sich auch durch ihr Verhalten gegen con- centrirte Salzsiiure. Beide Sfuren wurden gleichzeitig rnit bei Oo gesiittigter Salzsiiure 12 Stunden lang im zugeschmolzenen Rohr im Wasserhade erwsrmt und dann der Robreninhalt mit Aether ausge- schiittelt. Die erste (fliissige) Sliure ging dabei in die krystallinische, bei 50° C. scbmelzende BicblorpropionsPure uber; die zweite (krystal- linische) blieb unveriindert.

0 d e s s a , Universitiitslaboratorium, 23. Januar/4. Februar 1880.

74. Hermann W. Voge l : Ueber die neuen Wasseretofflinien nnd die Dissociation des Calcinms.

(Eingegangen am 12. Februar.)

Nach den Lisher geltenden Anscbauungen sol1 das Spectrum des Wasserstoffs im Wesentlichen aus vier Linien bestehen. Rei meinen photographischen Aufnahmen mit Wasserstoff gefiillter Geisslerrobren erbielt ich jedoch neben den vier bekannten Hauptlinien noch eine grosse Zahl anderer, von denen namentlicb melirere im Violett und Ultraviolett durch ihre Iatensitiit und Schiirfe auffielen. Ich habe diese photographirten Spectren nebst Bescbreibung im Jul i vorigen Jahres publicirt 2).

Um nacbzuweisen, daes diese neuen Linirn dem Waaserstotf selbst und nicbt etwa einem beigemengten fremden Gase angebijren, photographirte ich nenerdings (bei Gelegenheit einer gemeinscbaftlich mit Hrn. P a a l z o w unternommenen C'ntersuchung des Saaerstoff- ppectrums) das Spectrum des elektrolylisch entwickelten, nach rneiner Meinung chemisch reinen Wasserstoflgases zu wiederholten Malen. Ich erhielt dabei, yon einzelnen epater zu bescbreibendea Ausnabmeo ab- gesehen, dieselben Linien wie friiher und nehme nach diesen Resul- tnten ilicht l inger Anstand, diese Linien dem WasserstoK zuzurechnen.

Unter diesen neuen Linien flillt besonders pine durch ibre Hel- ligkeit und durch ihr Zusammenfallen mit der Linie H' ( F r a u n b o f e r ) auf, die gewohnlicb dem Calcium zugeschrieben wird. (Bekanntlich gehijrt diesem Stoffe anch die Linie H" F r a u n h o f e r an.) Die Exi-

I ) Jonrn. f. prakt. Chemie N. F. 20, 5. 193. 2, Siehe Monatsberichte der Akad. der Wissenach., Berlin 1879, S. 650.

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stenz dieser aosgezeichneten Linie, die in allcn meinen Waseerstoff- spectren enthalten ist, nach neneren Messnngen etwas weniger brechbar erscheint als H' ( F r a u n h o f e r ) und welche ich als f i i n f t e H a u p t - w a s s e r s t o f f l i n i e (Hd,') bezeichne, veranlasst mich zu einigen, wie ich glaube, nicht uninteressanten Schlussfolgerungen.

L o c k y e r 2, hat auf Grund der Tbatsache, dass das Spectrum des Calciums in hoher Temperatur sich iindert, die Vermuthung aus- gesprochen, dass dasselbe dissociirt werde und in ewei KBrper X und Y zerfalle, von denen dem einen die erste H-Linie , dern nndern die zweite ( F r a u n h o f e r ) angehiiren soll. Es ist ihm aber bisher noch nicht gelongen, diese Dissociation des Calciums mit irdischen Wiirme- quellen durchzufiihren. Dagegen glaubt er, dass solche in der hohen Temperatur der ,weissen' Fixsterne, welche nian ale die heiesesten hetrachtet, gescbehe. Er fuest dabei auf eine Beobachtung van Hog- g i n s , welcher u. A. die Spectra des Sirius und der Vega photogra- pbirte und dadurch feststellte, dass ron den beiden dicken H - Linien des Sonnenspectrums nur die erste io den bewussten Sternspectren enthalten ist, wahrend die zweite glnzlich fehlt oder kaum sichtbar ist.

Ich deute diese Thatsache i n andrer Weise, indem ich auf Grund meiner Waseerstoffspectralaufnahmen die in den Fixsternspectren iso- lirt gesehene angebliche H'-Linie nicbt den Calcium zurechne, Bondern a l e f i i n f t e W a s s e r s t o f f l i n i e betrachte.

Ich bin zu dieaer Anschauung um so mehr berechtigt, ale gerade die Wasseretoff linien in den Spectren genannter Sterne in ausgezeich- neter Weise eiitwickelt sirid und vie1 breiter und intensiver erscheinen ale die Waaseratofflinien des Sonnenspectrums.

Eine noch griissere Stiitze gewinnt aber meine Ansicht durch die erst jiingst in No. 2 der Comptes rendus 1880 von H u g g i n s publicirten Detais seiner Sternspectra. H u g g i n s giebt darin eine Liste der im Violett und Ultraviolett photographirten Sternlinien nach WellenlHngen. Die beiden ersten Linien (er fiihrt 12 auf) sind die bereits bekannten Waeserstofflinien Hd, und Hdb, die folgenden stimmen aber in SO

airgenfalliger Weise mit meinen neuen Wasserstofflioien, deren Wellen- langen icb bereits vor 8 Monaten publicirte, iiberein, dase a n ihrer Identitiit kaum noch gezweifelt werden kann. Hier das Verzeichniss:

H u g g in a' Sternlinien meine neuen Wasserstofflinien Wellenllngen Wellenllngen 8)

3968 3968 3887.5 3887 3834 3834 3795 3795 _.___

1) Ich bezeichne Waaaeratoff bier mit Hd, urn die Verwechaelung mit H Frsun-

2) Proc. Royal SOC. XXVIII, 157. Beiblltter zu Wiedemann's , Ann. 1829,

3) Siebe Berichte der Berliner Akadeniie 1879 8. 591. 592.

h o f e r eu vermeiden.

s. i o a .

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Weitere, starker brechbsre Linien habe ich noch nicht erhalten, d a ich mit Glasprismen arbeitete, welche das ultraviolette Licht stark absor- biren, H u g g i n s benutzte. Quarzprismen und erhielt in Folge deseen noch sechs Sternlinien jenseits Wellenliinge 3790. Die frappante Uebereinstimmung der gegebenen Waaserstofflinieo mit H u g g i n s ’ Sternlinien berechtigt aber zu der Vermuthung, dass auch die iibrigen Linien im Spectrum der weissen Stefne dem Wasserstoff angehiiren 1).

Es bedarf noch der genaneren Untersuchung rnit Apparatelr griisserer Dispersion, urn die Frage zu entscheiden, ob die nenen Wasserstofflinien auch im Sonnenspectrum enthalten sind 2). Die fiinfte Wasserstofflinie wird sich scbwer erkennen lassen, da sie durcb die anliegende, sehr breite Calciumlinie H’ rerdeckt wird. Ich ver- muthe aber, dass dieselbe schon in der Chromosphare gesehen wor- den ist.

L o c k y e r weist arif die Reobachtungen Y o u n g ’ s hin, nach wel- chen die HI-Linie ( F r a u n h o f e r ) 25ma1, die H”-Linie nur 50mal ,in die Chromospbire injicirtU gesehen wurde , und erklart dieses sebst- s t h d i g e Auftreten der HI-Linie (ohne H”) aus der von ihm vorausge- setzten Dissociation des Calciums. Ich dagegen deute die von Y o u n g einzeln (ohne die H”-Linie) gesehene HI-Linie als die f i i n f t e Was- s e r s t o f f l i n i e Hd,.

B e r l i n , 6. Februar 1880.

75. C. Liebermann und M. Voeltzkow: Ueber Phengleenfol- glycolid.

[Vorgetragen in der Sitzung ron Hrn. Lieberrnann.]

Vor einiger Zeit hat der Eine 3) von tins in Gemeinschaft mit A. L a n g e darauf hingewiesen, dass dem Sulfhydantoi‘n und seinen phenylirten und tolylirten Abkiimmlingen sowie einer Anzahl Bhn- licher Verbindungen wegen ihrer Spaltung in Sulfoglycoleaure (S H . CH, . CO, H) eine andere als die bisher angenommene Constitution zugeschrieben werden miisse, da in ihnen dieser Reaction zufolge der Rest - - - CH, . CO,H nicht mit dem Stickstoff, sondern rnit dem Schwefel in direkter Bindung steht. Zugleich ergab diese Constitutions- auffassung, dass bei der Uildung der genannten Verbindungen der

1 ) Bei einer in den letzten Tagen wiederholten Anfnahme eines Wasseratoff- spectrums von ausgezeichneter Helligkeit erhielt ich noch eine neue Linie; ihre Wellenlllnge ergab sich zu 3769. H u g g i n s giebt eine Sternlinie an zu 3767.5, eine Uebereinstirnmung, die die oben gegebene Ansicht noch mehr bekrllftigt.

2) Bekanntlich sind nicht alle Linien der irdischen Stoffe, deren Existenz in der Sonne als erwiesen erachtet wird, umgekehrt zu eehen.

3) Diese Berichte XII, 1588.