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Berthelot: Polyatomische Alkohole. 315 Wird eine verdunnte Losung essigsauren Strychnins mi$ einem Tropfen einer Kaliumeisencyanurlosung (12 Grain Salz in 1 Drachm. Wasser) vermischt, so scheiden sich gelblich weisse Krystalle von Strychnin-Eisencyanur aus, die getrocknet auf gepulverten Eisenvitriol gelegt, nach Befeuchtung mit Wasser erst eine blaue, dann bei Zusatz von Schwefelsaure und festem zweifach chromsauren Kali die violette Fkbung des Gtrychnins zeigen. Auch schwefelsaures Kupferoxyd-Ammoniak wird durch Strychninlosung im Kochen entfarbt und man erhalt Krys- talle von Strychnin-Kupferoxyd rnit etwas Ammoniak. Wenn diese trocken rnit Schwefelsaure ubergossen werden , ent- farhen sie sich und bei Zusatz von chromsaurem Kali tritt Strychninreaction ein. LI. Ueber die polyatomischen Alkohole. Von Berthdot. (Compt. rend. 1857. t. XLV. (N. 5.) p. 175.) In meinen Untersuchungen iiber die Synthese der neu- trden Fette habe ich gezeigt, dass das Glyoerin genau dieselben Beziehungen zum Alkohol zeigt, wie die drei- basiche Phosphorsaure zu der einbasischen Salpetersaure. Der Alliohol bildet mit den Sauren nur eine Reihe neutraler Verbindungen, die Aether, wahrend das Glycerin drei bestimmte Reihen neutraler Verbindungen bildet. EB verbindet sich 1 Aeq. Glycerin mit 1 Aeq. SBure, unter Austreten von 2 Aeq. Wasser; diese Verbindungen ent- sprechen den Metaphosphaten ; oder es verbinden sich 2 Aeq. Saure rnit 1 Aey. Glycerin unter Austreten von Wasser zu den Pyrophosphaten entsprechenden Verbin- dungen; oder endlich 1 Aeq. Glycerin mit 3 Aeq. Saure

Ueber die Polyatomischen Alkohole

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Berthelot: Polyatomische Alkohole. 315

Wird eine verdunnte Losung essigsauren Strychnins mi$ einem Tropfen einer Kaliumeisencyanurlosung (12 Grain Salz in 1 Drachm. Wasser) vermischt, so scheiden sich gelblich weisse Krystalle von Strychnin-Eisencyanur aus, die getrocknet auf gepulverten Eisenvitriol gelegt, nach Befeuchtung mit Wasser erst eine blaue, dann bei Zusatz von Schwefelsaure und festem zweifach chromsauren Kali die violette F k b u n g des Gtrychnins zeigen.

Auch schwefelsaures Kupferoxyd-Ammoniak wird durch Strychninlosung im Kochen entfarbt und man erhalt Krys- talle von Strychnin-Kupferoxyd rnit etwas Ammoniak. Wenn diese trocken rnit Schwefelsaure ubergossen werden , ent- farhen sie sich und bei Zusatz von chromsaurem Kali tritt Strychninreaction ein.

LI. Ueber die polyatomischen Alkohole.

Von

Berthdot. (Compt. rend. 1857. t. XLV. (N. 5.) p. 175.)

In meinen Untersuchungen iiber die Synthese der neu- t rden Fette habe ich gezeigt, dass das Glyoerin genau dieselben Beziehungen zum Alkohol zeigt, wie die drei- basiche Phosphorsaure zu der einbasischen Salpetersaure.

Der Alliohol bildet mit den Sauren nur eine Reihe neutraler Verbindungen, die Aether, wahrend das Glycerin drei bestimmte Reihen neutraler Verbindungen bildet. EB verbindet sich 1 Aeq. Glycerin mit 1 Aeq. SBure, unter Austreten von 2 Aeq. Wasser; diese Verbindungen ent- sprechen den Metaphosphaten ; oder es verbinden sich 2 Aeq. Saure rnit 1 Aey. Glycerin unter Austreten von Wasser zu den Pyrophosphaten entsprechenden Verbin- dungen; oder endlich 1 Aeq. Glycerin mit 3 Aeq. Saure

316 Berthclot: Polyatomische Alkohole.

unter Eliminatiori yo11 6 Aey. N'asver zu deli gen8liiilichen Phosphaten entsprechenden Verbindungrn.

&Tit einem Worte, das Glycerin ist ein dreiatomischer -4lkohol. Wie aus nieinen friiheren Arhciten uber die Mannitverbindungen hervorgeht, gehiiren sowohl diese Idee. als auch das Wort dreiatomischer Alkohol mir an.

Meine Theorien , welche eine besondere Nomenclatur nothig machten, sind gegenwiirtig fast von allen Chemi- kern angenommen; denn sie drucken durch einfachc For- meln die cheinischen Verhiiitnisse der neutralen fetten Korper aus.

Man brsucht nur auf das Glycerin, classelbe als clrei- atomischerAlkoho1 betrachtet, die verschiedenen Reactionen anzuwenden, welche der gewohnliche dlkohol erleidet, SO-

wohl durch die Sfuren als auch durch die Oxydations- mittel etc., um die Bildung einer Merige von Verbindun- gen zu veranlassen, von dencn einige neu, andere schon bekannt sind, aber bisher noch iiicht mit dem Glycerin in Beziehung gebracht wnren. Dieselben Retrachtutigen ge- statten auch g-ewisse physikalische Eigenschaften der na- turlichen und kunstlichen neutralen Fette annahernd zu berechnen, z. B. Dichte und Siedepunkt.

Dieselben Ansichten haben Bestatig-ung gefunden bei der Anwendung derselben auf verschiedene dem Glycerin analoge KBrper, wie Mannit, Dulcin etc. (Dies. J. Bd. 67, p. 233 u. 69. p. 450.) Alle diese Korper sind in demselben Sinne, wie das Glycerin, polyatomische Slkohole.

Diese Thatsachen gestatten dieselben Theorien auf eine grosse Anzahl natiirlicher Korper, wie Salicin, Popu- lin, Tannin, amygdalin etc. auszudehnen. Alle diese Korper sind fiahig sich in 2 , 3 oder 4 bestimmte Verbin- dungen zu spalten unter Aufnahme von Wasser und Re- generation eincs der Glucose ihnlichen Zuckers.

Die Existenz eines dreiatomischen Alkohols fuhrt zu- gleich auf diejenige einer grossen Anzahl zweiatomischer und sehr vieler einalomischer Alkohole. Denn jede Ver- hindung aus 1 h e q . Glycerin mit 1 Aey. SLure kann sich noch mit 2 neuen Aey. irgend einer S i u r p verhinden: man Irann sie daher betrachteii als eirie Art zweiatomischer

Berthelot u. de Luca : Tierbindungen' dcs Glycerins. 317

Alkohole und ferner kann sich jedeVerbindung von 1 Aeq. Glycerin rnit 2 Aeq. Sauren noch mit einem neuen Beq. einer SBure verbinden, eine Eigenschaft, welche die einatomischen Alkohole charakterisirt.

In neuerer Zeit haben nun W u r t z und nach ihrn B u f f , L i m p r i c h t u n d W i c k e mehrere zweiatomische Alkohole entdeckt, die hinsichtiich ihrer Eigenschaften und ihrer Zusttmmensetzung als intermediare Verbindungen zsvischen den eigcntlichen einatomischen illkoholen und dem dreiatomischen Glycerin zu betrachten sind.

Obwohl die Constitution clieser neuen Verbindungen noch nicht so festgestcllt ist wie die des Glycerins, ob- wohl narnentlich noch keine neutralen Verbindungen zwi- schen derselben Saurc und diesen Alkoholen, welche man als zu-eiatomische betrachtet , noch auch Verbindungen derselben init zwei verschiedenen Sauren dargestellt wor- dm sind, SO geben doch die Reactionen der zweiatomi- schen Alkohole eiiie neue iriterressante Uestatigung meiner ilrisichten und Verwche. de L u c a und icli haben zur weiteren Controle dieser Theoricn eine Reihe neuer Ver- bindungen durch die TTereinigung eines Aeq. Glycerin mit 2 und selbst 3 verschiedenen Sauren dargestellt.

(Dies. Journ. Bd. 69. p. 454.)

LIT. Ueber die Verbindungen des Glycerins mit Chlorwasserstoffsaure, Broiiiwasserstoffsaure

und Essigsaure. Von

Berthelot und de Luca. (Compt. rend. 4857. t. XLV. (N. 5 . ) p. 178 u. (N. 7.) p. 244.)

I. Do~pel~erbiild71ri~erL, cntctailde?t durch Vereitiigtcng des Glycerirts rnit Chlorwasserstoff- ~rtid Brorn(i~(~ssersioffBa,~re.

Chlorhydrodibromhydrin CsH5Br,C1= CGH~O,, -f 2HBr + HCl- 6HO.