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ANNALEN DER PHYSIK ~~ 6.FOLGE Ic BAND 19, HEFT 1-2 1956 Uber die prinzipiellen MeBfehIergrenzen bei Schlieren- und Interferenzverfahren Von Hans Wolter Mit 2 Abbildungen Inhaltsiibersicht Brechungsindexmessungen oder Dickenmessungen geschehen bei Inter- ferenzverfahren direkter a h bei Schlierenverfahren. Empfindlichkeits- und MeBfehlergrenze sind deshalb bei Schlierenverfahren deutlich verschieden, wahrend sie bei Interferenzverfahren einander gleich sind. Wird bei beiden Verfahren mit Minimumkennzeichnung gearbeitet, so sind die Empfindlich- keitsgrenzen der Schlieren- und Interferenzverfahren nahezu einander gleich ; die MeBfehlergrenzen der Schlierenverfahren liegen in jedem Falle hoher. Die reine Streuung der MeBwerte ist gleich dem geometrischen Mittel der Empfindlichkeits- und der MeBfehlergrenzen ; sie darf nur bei den Inter- ferenzverfahren, nicht aber ohne weiteres bei den Schlierenverfahren ah Me5- fehlerbereich angesprochen werden, solange hier systematische Auswerte- fehler nicht sicher vermieden werden konnen. 1. Unmittelbare und mittelbare Messung Mit abbildenden Interferenzverfahren miBt man direkt Differenzen wie darin bezeichnet n (x,; ye) = n, den Brechungsindex und D, = D (xE; y,) die Dicke des Objekts im betrachteten Ort (xE; y,) der Objektebene X, y. (xo; yo) ist ein zum Vergleich herangezogener Ort des Objekts. Die Brechungs- indizes sind auf den der Luft bezogen. Bei Schlierenverfahren dagegen wird unmittelbar nur die Ablenkung ge- messen, die eine Objektstelle dem Licht erteilt, beschrieben durch zwei Ab- lenkwinkel ax, a,. Aus ihnen berechnet man mittelbar die Differenz [n (xe ; ye) - 13 D (xe ; YJ - [n (~0; YO) - 11 D (~0; YO) ; (1) [n (xe; Ye) - 11 D ( ~ 8 ; ye) - (~0; 90) - 11 D (~0; YO) (2) be i a/e) ($8 ; a/$) (5. ; Yo) a1s Linienintegral uber einen Weg W, der vom Vergleichsort (xo; yo) zum be- tracheten Objektort (xe; y,) fiihrt. Eine Begrundung der GI. (2) ist im An- hang, Teil a,' gegeben. Aus diesem Unterschied beider Verfahren folgen, wie hier gezeigt wird, wesentliche Unterschiede der MeBfehlergrenzen, obwohl in beiden Fallen die gleiche Ursache - die Wellennatur des Lichtes - ma5gebend fur die grund- satzlichen MeBfehler ist. = wj (2; 9) dX +wJ a, (2; Y) dY (2, ; go) Bun. Phyaik. 6. Folge, Bd. 10 la

Über die prinzipiellen Meßfehlergrenzen bei Schlieren- und Interferenzverfahren

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ANNALEN DER PHYSIK ~~

6 . F O L G E Ic B A N D 19, H E F T 1 - 2 1956

Uber die prinzipiellen MeBfehIergrenzen bei Schlieren- und Interferenz verfahren

Von H a n s Wol ter

Mit 2 Abbildungen

Inhaltsiibersicht Brechungsindexmessungen oder Dickenmessungen geschehen bei Inter-

ferenzverfahren direkter a h bei Schlierenverfahren. Empfindlichkeits- und MeBfehlergrenze sind deshalb bei Schlierenverfahren deutlich verschieden, wahrend sie bei Interferenzverfahren einander gleich sind. Wird bei beiden Verfahren mit Minimumkennzeichnung gearbeitet, so sind die Empfindlich- keitsgrenzen der Schlieren- und Interferenzverfahren nahezu einander gleich ; die MeBfehlergrenzen der Schlierenverfahren liegen in jedem Falle hoher. Die reine Streuung der MeBwerte ist gleich dem geometrischen Mittel der Empfindlichkeits- und der MeBfehlergrenzen ; sie darf nur bei den Inter- ferenzverfahren, nicht aber ohne weiteres bei den Schlierenverfahren ah Me5- fehlerbereich angesprochen werden, solange hier systematische Auswerte- fehler nicht sicher vermieden werden konnen.

1. Unmittelbare und mittelbare Messung Mit abbildenden Interferenzverfahren miBt man direkt Differenzen wie

darin bezeichnet n (x,; ye) = n, den Brechungsindex und D, = D (xE; y,) die Dicke des Objekts im betrachteten Ort (xE; y,) der Objektebene X, y. (xo; yo) ist ein zum Vergleich herangezogener Ort des Objekts. Die Brechungs- indizes sind auf den der Luft bezogen.

Bei Schlierenverfahren dagegen wird unmittelbar nur die Ablenkung ge- messen, die eine Objektstelle dem Licht erteilt, beschrieben durch zwei Ab- lenkwinkel ax, a,. Aus ihnen berechnet man mittelbar die Differenz

[n (xe ; ye) - 13 D (xe ; YJ - [n ( ~ 0 ; YO) - 11 D ( ~ 0 ; YO) ; (1)

[n (xe; Ye) - 11 D ( ~ 8 ; ye) - ( ~ 0 ; 90) - 11 D ( ~ 0 ; YO)

(2) b e i a/e) ($8 ; a / $ )

(5. ; Yo)

a1s Linienintegral uber einen Weg W , der vom Vergleichsort (xo; yo) zum be- tracheten Objektort (xe; y,) fiihrt. Eine Begrundung der GI. (2) ist im An- hang, Teil a,' gegeben.

Aus diesem Unterschied beider Verfahren folgen, wie hier gezeigt wird, wesentliche Unterschiede der MeBfehlergrenzen, obwohl in beiden Fallen die gleiche Ursache - die Wellennatur des Lichtes - ma5gebend fur die grund- satzlichen MeBfehler ist.

= w j (2; 9) d X +wJ a, (2; Y) dY (2, ; go)

Bun. Phyaik. 6. Folge, Bd. 10 la

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2 Anmlen der Physik. 6 . Folge. Band 19. 1956

2. Die verallgemeinerte Unschtiriebedingung fiir Koordinaten und Winkel Die unmittelbare Aufgabe der abbildenden Schlierenverfahren, die Licht-

ablenkwinkel as (2; y) und a, ( x ; y) als Funktionen des Ortes (2; y) der Ob- jektebene zu messen, findet eine Grenze in der Unscharfebedingung f i i r mono- chromatische Wellenl)

A X . Aau, w A; A y . A a , w A. (3)

Sie ist eine zweckmafiige Schreibweise der bekannten Beugungsgleichung iiber die Beugungs-Winkelbreite A a x ; A a , bei einer Rechteckblende der Lange A x und Breite A y , durch die man die Welle einengt. Sie besagt zugleich, dafi ein Wellenbiindel, das eine Richtungsunscharfe Aa,; Aa, hat, auf seine Her- kunft optimal mit der Gl. (3) gehorchenden Koordinatenunscharfe A x ; A y vermessen werden kann.

Nachdem die klassischen Beugungsbeziehungen zur Entdeckung der Heisen berg schen Unscharfebedingungen beigetragen haben, sind sie in der Form (3) in die Optik zuriickgekehrt mit dem Anspruch auf Allgemeingiiltig- keit - jedoch nur in folgendem Sinne. Der Herkunftsort von Photonen und die Richtung, die sie von ihm aus genommen haben, streuen bei Messung beider Grofien stets so, dafi A x Aa, 2 A und A y A a , 2 A ist. Dies besagt iiber die MeSfehlergrenzen bei der Messung und Kennzeichnung von Orten und Richtungen mit Hilfe des Lichtes nur dann Entsprechendes, wenn man Ort und Richtung durch Photonenansammlungen, d. h. durch moglichst I hohe Konzentration des Lichtes, also durch Maxima xu kennzeichnen sucht.

Kennzeichnet man dagegen Orte und Richtungen im Raum a. B. durch Fliichen, in denen die Intensitat Null ist, so gilt fur deren ,,Doppelwertsbreite", die jetzt an die Stelle der bei Maximumkennzeichnung maogebenden Halb- wertsbreite tritt und die Streuung der MeSwerte diktiert, iiberhaupt keine prinzipielle untere Grenze, sofern nur hinreichend viele Photonen zur Aus- mittelung der statistischen Schwankung verfiigbar sind, d. h. hinreichend lange belichtet werden kann. Dies entspricht der bekannten Tatsache, dafi man den Aufenthaltsort eines Elektrons im Atom fiir einen bestimmten Zu- stand nicht beliebig genau angeben kann, wohl aber die Knotenflachen be- liebig eng eingrenzen kann, auf denen mit Sicherheit nie ein Elektron gefunden wird.

Dieses Prinzip der ,,Minimumstrahlkennzeichnung" 2, findet allerdings in der Praxis in unvermeidbarem Streulicht und natiirlich auch in der schon genannten Endlichkeit der zur Verfugung stehenden Photonenanzahl eine Grenze. Praktisch wurde eine Genauigkeitssteigerung gegeniiber der Maxi- mumstrahlkennzeichnung erreicht, wie man sie durch einen ,,Gewinnfaktor" g zwischen 10 und 100 beschreiben kann.

Allgemeiner als durch die Gln. (3) mufi man daher die optimale Unscharfe durch

( 4) il 1 A X . A a , -; A y - A a , W - - 9 9

1) Siehe Anhang, Teil b, und H. Wolter, Ann. Physik (6) 7, 341 (1960). Vorausge-

2) H. Wolter, Ann. Physik (6) 7, 341 (1960). setzt ist IAar,l< 1; IAa,l< 1.

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H . Wolter: MePjehlirgrenzen bei Schlieren- und Interjerenzverfahren 3

beschreiben. Fur Maximumkennzeichnung, z. B. bei Schlierenverfahren in der Originalform nach Topler , L a m m , Phi lpot -Svensson , ist g = 1 zu setzen ; beurteilt man aber ein Maximum schon vorwiegend durch die Begleit- minima, so kann g schon auf Werte in der Gegend von 4 gesteigert werden, und bei einer zweckmafligen Minimumstrahlkennzeichnung ist z. B. ein g = 25 erreichbar.

3. Auswirkung der prinzipiellen Unsehlrfebedingung auf die MeBfehlergrenzen bei Sehlierenverfahren

Sind die Ablenkwinkel a, (x; y) und a, (2; y) und die zugehorigen Koor- dinaten x und y der Objektorte bei einem Schlierenverfahren mit bestmog- licher Genauigkeit vermessen, so gibt G1. (2) die daraus resultierenden MeS- fehler zu

W W

A {(., - 1) De) = d J a, (5; Y (4) dx + A j- a y (x (Y) ; Y) dY. (5) Brechungsindex und Dicke am Vergleichsort (xo; yo) wurden dabei als sehr genau bekannt angesehen, z. B. durch Probenentnahme. Aus GI. (5) folgt die Fehlerabschatzung

A ((n, - 1) 4) &5 1 % - xoj CB 8 (ax) Ax a3 JYe - Yo1 day 63 s (a,) AY. (6) Darin bedeutet S(ax) die Schwankungssumme der Funktion a, (2; y (x)) auf dem Wege W , der durch eine Gleichung y = y (x) gegeben sei; d. h. bei einer IntervaUteilungsfolge xo, yo; xl, yl; . . . x,, ym = xe, ye mit lxo - xo-ll 2 6, lyv - yo-J 2 6 ist definiert

( 7) n

8 (4 = lim 2 1 a, (xw ; Y (xw)) - (xv-1; Y (xlJ-1)) I . d + O v = l

Bei der Berechnung der Schwankungssumme sei jedoch a, an beiden Enden des Intervalls gleich Null gesetzt. Analog ist S(a,) definiert. Der Kreis urn die +-Zeichen in G1. (6) so11 andeuten, da13 die Addition wie stets bei solchen Fehlersummen nach Anbringen eines statistisch verteilten Signums (d. h. einer komplexen Zahl eiu vom Betrage 1) als Faktor zu geschehen hat und dal3 dann zum SchluS der Betrag zu bilden ist.

Der Beweis fur die GI. (6) steckt in der folgenden Betrachtung. 1st bei einer Funktion q = q (t) sowohl die unabhangige Variable [ mit Fehlern A [ gernessen als such die abhangige Variable q nur mit Fehlern Aq bekannt, so ist der Fehler am Integral

A i ' q (6) d t (8) t o

nach Abb. 1 folgendermal3en abzuschatzen. Der in Abb. la durch Fehler Aq verursachte Fehler des Flacheninhalts ist von der GroBenordnung

I E, - t o1 - 4. (9) Der in Abb. l b durch Fehler A t verursachte Fehler des Flacheninhalts ist von der GroSenordnung

q (60) ' dE + q (6,) * A t + ($4 At, (10) 1*

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wenn 8 (17) die LBnge der auf die q-Richtung projizierten Kurve q = q (l), d. h. die Schwankungssumme ist. dndert man die Funktion q = q (6) an den Intervallenden so ab, daS sie an to und E, auf 0 springt - falls sie diesen Wert dort nicht schon ohnehin hat -, so ist der gesamte Ausdruck (10) gleich

Annalen der Physik. 6 . Folge. Band 19. 1956

8 (r) (11) fur die so abgeanderte Funktion 7. Das ist der in Gl. (6) auf beide Integrale der GI. (5) angewandte Hilfssatz.

5 Freilich setzt diese Anwendung noch voraus, dai3 die Integranden, a. B. a, (x; y (x)), in G1. (5) reine Funktionen der Variablen x bzw. von y sind. Das ist der Fall, wenn der Weg W durch eine sowohl nach y als auch nach x auflosbare Gleichung y = y (x) bzw. 2 = x (y) gegeben ist. Sollte dies nicht fur den ganzen Weg W gelten, so 1813t sich jedenfalls jeder physikalisch sinn- volle Weg so in endlich viele Teilstiicke zer- legen, da13 es fur jedes Teilstuck gilt. Die Fehler, die sich nach GI. (6) fur alle Teil- stucke berechnen lassen, ergeben addiert den Fehler uber den gesamten Weg. Man kann

die so verallgemeinerte rechte Seite von (6) daher so schreiben, da13 in ihr auch die Schwankungssumme bezuglich der Koordinaten enthalten ist und daher in Koordinaten und Winkeln Symmetrie herrscht. Doch verfahrt man bei der Fehlerabschatzung in der praktischen Arbeit am ubersichtlichsten nach GI. (6) und mit der einfachen Wegzerlegung, wie soeben beschrieben.

Bevor die Fehlerabschatzung dieser Ziffer verfeinert wird, sol1 sie an einem besonders einfachen Fall naher diskutiert werden.

Abb. l a .

5:

Abb. l b . Abbe la undAbb. 1b. Zur ~ ~ h l ~ ~ - abschatzung bei bestimmten Inte-

gralen

4. Die Auswirkung der Meflfehlerabschitzung bei einern einfachen eindimen- sionalen Schlierenverfahren als Beispiel

In der vorhergehenden Ziffer wurde der Fehler mit einem Begriff ,,Schwan- kungssumme" in Zusammenhang gebracht, der sich in der Praxis oft durch bequemere Begriffe ersetzen laat. Die Auswirkung der GI. (6) gestaltet sich je nach Versuchsanordnung unterschiedlich. Um hier etwas Bestimmtes vor Augen xu haben, wollen wir a19 Objekt eine Kiivette der Dicke D betrachten, in der nur in y-Richtung, nicht aber in x-Richtung ein Brechungsindex- gradient und also eine Ablenkung vorhanden sei. Der Weg W liege dement- sprechend auch rein in y-Richtung; dann besagt Gl. (6)

d : ( n , - - l ) D , } ~ : I y , - y o l d a , ~ S ( a , ) A y . (12)

Enthalt die Kuvette nur zwei Gebiete, je mit monotonem Brechungsindex- ubergang, so hat ay (y) nur ein einziges Maximum und die Schwankungssumme ist gleich dem Doppelten dieses Maximums. Dann folgt aus GI. (12)

d ((n, - 1) D,} M - doc, @ 2 ay,max * (13)

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H . Wolter: Mebjehlergrenzen bei 8ehlieren- und Interferenrverjahren 5

d y und docy sind nach Gl. (4) abhangig voneinander. Bezeichnen wir den Ge- winnfaktor des Schlierenverfahrens mit g,, so ist also

Diese Summe hat ein Minimum, wenn die Unscharfe durch Wahl der optimalen Spaltbreiten, der Abstande in der Apparatur usw. so auf Koordinaten- und Winkelunscharfe verteilt wird, dalj Peide Summanden einander gleich sind. Macht man also optimal

mit einer Zahl F, die bei ungunstigster Fehleraddition gleich 8, im Mittel etwa 3 ist. Beachtet man aber, daB bei der Integration nach der Auswerteformel(2) jeder MeBpunkt durch Nachbarpunkte unterstutzt wird - das kommt etwa einer mehrfachen Wiederholung der Messung gleich -, so wird man bei sorg- faltiger Auswertung F w 1 setzen konnen. Dennoch ist die Auswirkung der MeBfehler dann

noch wesentlich groljer, als es nach den Angaben der Literatur erscheint.

6. Empfindlichkeitsgrenzen des Schlierenverfahrens Nur dann, wenn nicht die Meljfehlergrenzen sondern die Empfindlich-

keitsgrenzen gemeint sind - wenn also lye - yo\ m d x und ( x ~ , ~ ~ ~ w da, selbst gleich der kleinsten nachweisbaren Koordinatenveranderung und Ab- lenkung sind, folgt

(18) a

A(eIn iq {h- 1) D,) " - 9 98

also fur die Maximumkennzeichnung die in der Literatur3) meist genannte Form A((., - 1) De) w A.

6. Abschatzung der reinen Streuung (zufalliger Fehler) bei Schlierenverfahren In den Ziffern 3 und 4 wurde der Fehler bei Schlierenverfahren mit einem

gewissen Sicherheitsabstand abgeschatzt, indem mehrere Einzelfehler zu- einander linear addiert wurden. Nun sind aber die.in Abb. 1 schraffiert ge- zeichneten Flachenstucke - sofern man systematische Auswertefehler sicher vermeiden kann - in viele Stucke der Breite A7 bzw. A t zu zerlegen, die un- abhangig voneinander statistisch verteiltes Vorzeichen haben und sich dsher nicht immer zu addieren brauchen, sich oft auch subtrahieren konnen. Die Anzahl solcher prinzipiell unabhangiger Fliichenstuckchen der GroDe A t d 7 ist bei dem in Abb. l a betrachteten Fehler

3, 2. B. in einem Teil der in 6 ) genennten Veroffentlichungen.

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6 Annalen der Physik. 6. Folge. Band 19. 1956

und bei dem in Abb. 1 b betrachteten

Der wahrscheinliche Fehler ist nicht durch (10) und (11) gegeben, sondern durch den ‘Einzelfehler multipliziert mit der Wurzel aus der Anzahl der zu addierenden Fehler, also nach (19)

a

bzw. nach (20)

Statt der Gl. (6) folgt dann

{(ne - 1) De} =

(23) v;. {E- xo I A% €3 Vs (01,) x @ 1/ t - Yo I 4 Vs (%/) Y)} . In dem Spezialfall, der schon in Ziffer 4 betrachtet wurde, ist daher

Eine Summe wie die hier stehende hat wieder ein Minimum, wenn beide Summanden einander gleich sind, wenn also die Gln. (15) erfiillt werden. Optimal ist also

(25) a 4 -

F . I Y , - Y O ] * a y , m a x ’ - . {(ne - 1) ~ e ) % 1; * 1:‘ S a Der wahrscheinliche Streufehler bei Vermeidung systematischer Fehler ist also gleich dem geometrischen Mittel aus der Empfindlichkeitsgrenze (18) und der in (17) gegebenen MeBfehlergrenze, wenn die oben gegen. Ende von Ziffer 4 auseinandergesetzten Gesi~htspunkte~) auch hier beriicksichtigt werden :

(26) 4

{(ne-l) ~ 3 1 % v(”)3 9a 1 * a y , m a x I Y5 - y o \ -

7. MeBfbhlergrenzen und Empfindlichkeitsgrenzen bei Interferenzverfahren Hat man bei einem abbildenden Interferenzverfahren 1. Art5) eine gege-

benenfalls gebrochene Anzahl N von Interferenzstreifen zu uberwandern, wenn man vom Punkte (xo; yo) zum Punkte (xe; y,) geht, so ist

(n (xe; Y,) - 1) D (x,; ~ 6 ) - (n ($0; YO) - 1) D (xo; YO) = N * 1. (27) Handelt es sich um eines der besonders genauen Interferenzverfahren mit auf Null ziehenden Minima, so kann man noch den Bruchteil 119, einer Streifen- breite (gi liegt in der GroBenordnung 25) unterscheiden, und nach (27) wird

(ne- 1) D, + d {(ne - 1) D,) - (no - 1) Do - ( N + $) 1, (n, - 1) D, - (no -1) Do = N * 1

4) Die plausibelste Annahme F = l/8 wiirde in (26) den Faktor 1,29 bewirken. 6 ) Siehe die Definition im Hdb. Physik. 24, S. 638 (1966).

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H . Wolter: Me/3fehlergrenzen bei Schlieren- und Interferenzverfahren 7

Schlierenverfahren nach T o p l e r (9s = d!

I Erstes Objekt Zweites Objekt

amRX = 0,013;

exp. 1 theor. exp. I theor.

amax = 0,05; lye - = 5000 a lye - yol = 1000 a _ _ ~ ~ _ _ _ ~

d. h. 1 9s

d {(no-- 1) D,} M-.

Hierdurch sind Empfindlichkeits-, MeBfehlerbreite und Streubereich zugleich gege ben .

8. Experimentellc Priifung Die in der Literatur6) stark voneinander abweichenden Angaben uber die

MeRfehlergrenzen bei Schlierenverfahren finden ihre Erkliirung darin, da13 zwischen Empfindlichkeitsgrenzen, Streuung der MeBwerte und MeBfehlern selbst nicht immer hinreichend unterschieden wurde. In die MeBfehlergrenzen gehen sogar bei optimaler Apparatur noch die speziellen Eigenschaften des jeweils benutzten Objekts wesentlich ein, wie hier die G1. (6) und die G1. (17) zeigen. Die MeRfehlergrenzen riicken den prinzipiell festliegenden Emp- findlichkeitsgrenzen um so naher, je kleineren Abstand die zu vergleichenden Objektorte voneinander haben und je kleiner die Lichtablenkungen selbst sind. So konnen je nach Objekt die MeBfehlergrenzen und auch der Streubereich sehr unterschiedlich liegen, wahrend die Empfindlichkeitsgrenze bei optimaler Bemessung und Justierung der Apparatur nicht mehr vom Objekt, wohl aber noch wesentlich vom Gewinnfaktor des Verfahrens. abhangt.

Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse von Messungen mit dem Toplerschen Schlierenverfahren und mi t einem Minimumschlierenverfahren, das in der Weise aus dem alten Wienerschen Verfahren hervorging, wie das vom Verf. im Handbuch der Physik, Band 24, S. 588 (1956) beschrieben wurde. Bei

Tabelle 1 Mittelwerte fur Empfiidlichkeits- und MeSfehlergrenzen zweier Schlierenverfahren, bezogen auf die GroBe (n - 1) D. Testobjekte waren Glasplatten mit eindimensionaler

Struktur

Empfindlichkeitsgrenze 0,25 a

i ,4 a M x h l e r des Schlieren-1 verfahrens (gegen In- terferenzverfahren)

w i e n e r sches Ver- fahren mit Mini- mumstrahlkenn-

zeichnung (g r = 20)

Zweites Objekt amax = 0,013;

1 % - y0l = 1000 I exp. 1 theor.

o,o5 a 0,051

6 ) G. H a n s e n , Zeii3-Nachrichten 3, 302 (1940); H. J. Antwei le r , Mikrochemie 36, 36 (1961); H. Svensson , Kolloid-Z. 87, 181 (1939); 90, 141 (1940); Ark. Kemi. Mineral. Geol. 22,AlO (1946); H. L a b h a r d u. H. S t a u b , Helv. chim. Acta 30, 1954 (1947).

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8 Annulen der Physik. 6 . Folge. Band 19. 1956

dem Toplerschen Verfahren wurde statt einer Schneide ein dunner Draht als Schlierenblende benutzt. Die Gewinnfaktoren wurden experimentell durch Empfindlichkeitsmessung ermittelt ; die ubereinstimmung der experi- mentellen und der theoretischen Empfindlichkeit, die in der Tabelle aufgefiihrt sind, wurde also durch enkprechende Definition des jeweiligen Gewinnfaktors g, erzwungen.

Um die MeBfehler beurteilen zu konnen, wurden die gleichen Objekte mit dem Fizea uschen Interferenzverfahren vermessen. Da die Objekte sehr gute Planparallelplatten waren, auf die Zaponlackstufen aufgebracht waren, konnte auBerdem eine Kontrolle mit Haidingerringen geschehen. Alle angegebenen Fehler sind mittlere Fehler der Einzelmessung.

Die Tabelle 1 zeigt die befriedigende ubereinstimmung zwischen den experimentellen und den theoretischen Werten. Dabei mu13 jedoch beachtet werden, dafi die Theorie nach Vorliegen der Messungen durch passendes Ver- fugen uber die in GI. (16) noch auftretende GroBe F dem experimentellen Material angepafit wurde. F wurde iiberall gleich 1 gesetzt, weil damit die beste ubereinstimmung im Mittel erreicht wurde.

Trotz dieser ad hoc-Entscheidung leistet die Theorie das, was rnit ihr be- zweckt war. Sie erklart in plausibler Weise die in der Literatur aufgetretenen Unterschiede bei der Reurteilung der MeBgenauigkeit mit Schlierenverfahren, und sie zeigt quantitativ, wie die Objekteigenschaften und die mafigebenden Eigenschaften des jeweils benutzten Verfahrens in die MeBfehler eingehen.

Aus dem Experiment ist vor allem abzulesen, daB mit einem gegenseitigen Ausgleich verschiedener Fehler nicht gerechnet werden darf, da systematische Fehler nicht verniieden werden konnen. Das gilt grundsatzlich auch fur die Minimumschlierenverfahren. Mag bei ihnen das Minimum auch sehr scharf sein, so ist do& auch hier die Identifizierung der Minimumkurve mit einer strahlenrnaBig gedeuteten a,(y) -Kurve systematisch fehlerhaft. Abhilfe in dieser Hinsicht ist erst von einer die Wellennatur des Lichtes voll beruck- sichtigenden Integralgleichungsmethode zu erwarten, die in Ann. Physik (6) 7, 191 (1950) angedeutet wurde und fur einen Spezialfall (Minimumstrahl- kennzeichnung bei Spektrographen) in Kiirze von Herrn Helwig veroffent- licht werden wird.

Anhang a) Einfache Herleitung der Gleichung (2)

Jeder hinreichend kleine Ausschnitt eines schwachen Schlierenobjektes, das vom Licht annahernd in x-Richtung durchlaufen wird, wirkt wie eine fast senkrecht vorn Licht getroffene prisrnatische Platte vom Brechungsindex n mit sehr kleinem brechendem Winkel x. Eine solche lenkt das Licht bekanntlich um den Winkel ~-

a=I/a%+az=le-ee,l = (n -1 )X (29)

ab. e, ist dabei der Einheitsvektor in x-Richtung, in der das Licht weiterlaufen wurde, wenn das Schlierenobjekt nicht vorhanden ware; e ist der Einheits- vektor in der Richtung, in die das Objekt das Licht lenkt. Der brechende Winkel x ist dabei der Dickengradient der Platte dem Betrage nach. Da

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H. Woller: Xe/3fehlergrenaen bei Schlieren- und Interferenxverfahren 9

auch die Richtung der Ablenkung e - e, dem Gradienten entspricht, gilt fur den Gradienten der Dicke D

i3D aD (n - 1) grad D = (e - eo); (n - I) - = a,; (n - 1) - = ay. (30)

Allgemein ist bei nicht konstantem n das Produkt (n - 1) D wirksam, so daS die Verallgemeinerung von (30) lautet:

grad { ( n - 1) D) = e - e,; &{(n- 1) D} = C X ~ ; -{(n-- 1) D)= a,. (31)

Hat man auf einem Wege W zwischen zwei Punkten P, und Po die Ablen- kungen a,, a, gemessen, so kann man wegen

ax aY

a a aY

folgern W W W

(n, - 1) D, - (no - 1) Do = (e - e,) dx = a, d z + a, dy. (33) Fur die Winkelablenkung ist nach dem Snelliusschen Brechungsgesetz dabei nur das Verhaltnis der Brechungsindizes zu dem des umgehenden Mediums (nL fur Luft) mal3gebend; also ist allgemeiner statt (33), wenn n, nicht gleich 1 gesetzt wird,

w W (2 - 1) D, - (2 - 1) Do= J a,dx + a, dy. (34)

b) Zur Unscharfebedingung fur Wellen Fur Photonen mit einer festen Wellenlange, d. h. mit einem festen Impuls-

betrag [ p i = h/A, und mit einer Impulsstreuung A@ ist nach Abb. 2 diewinkel- streuung

(35) tY Nach der Heisen bergschen Unscharfebedin- gung ist

plpJ * dz 7 h (36) und also X

(37) Abb. 2. Zur Unscharfebedin- gnng fur monoohromatische

pa,/' /PI , A x 9 h, d. h.

pa,1 * ldzl 9 A. (38) Wellen

Entsprechendes gilt fur d y und

Marburg , Institut fur Angewandte Physik der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 13. April 1956.

Ann. Physik. 6. Folge. Bd. 19 l b