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Uber die Reduktion der Zirkonerde mit Magnesium und die spontane Bildung von Stickstoffzirkonium. Von E. WEDEKIND. Das Zirkonium gehort bekanntlich zu denjenigen Elementen, deren Reindarstellung mit grofsen Schwierigkeiten verknupft ist. Von den drei allotropischen Modifikationen ,I in denen das Zirkonium auftreten soll, ist die kristallisierte am meisten untersucht worden, wahrend das amorphe Element seit BERZELIUS und TROOST nicht weiter erforscht ist; namentlich ist die Uberfuhrung des amorphen Zirkoniums in die kompakte oder kristallisierte Modifikation nicht ausgefuhrt worden. Uber diesbeziigliche eigene Versuche hoffe ich in einiger Zeit berichten zu konnen ; Gegenstand dieser Mitteilung ist die Reduktion des Zirkoniumdioxyds durch Magnesium und Alu- minium. Nach alteren Angaben von T. L. PHIPSON,~ sowie nach neueren Versuchen von DENNIS und SPENCER^ mufste es namlich moglich sein, das amorphe Zirkonium, dessen Darstellung aus Zirkon- kaliumfluorid nach dem Verfahren von BERZELIUS unbequem und unsicher ist, durch Einwirkung von Magnesium auf das Oxyd zu gewinnen. CLEMENS WINKLER~ hat zwar beim Erhitzen von Mag- nesium (2 Atomen) mit Zirkoniumdioxyd (1Mol.) im Wasserstoff- strom nur ein Gemenge von Zirkoniumwasserstoff ZrH, und 1 Die dritte Modifikation ist die graphitartige von TROOST; dieselbe sol1 durch Zersetzung des Zirkonerde-Natrons mit Hilfe yon Eisen hei Kupfer- schmelzhitze entstehen; diese Angabe bedarf um so mehr einer Revision, ale das Eisen ein schlechteres Reduktionsmittel als Aluminium oder Magnesium ist. Vergl. Compt. rend. 61, 745. Journ. Am. Chem. SOC. 18, 673. Ber. deutsch. chem. cfes. 24 (1891), 888; vergl. ebend. 23, 2864.

Über die Reduktion der Zirkonerde mit Magnesium und die spontane Bildung von Stickstoffzirkonium

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Page 1: Über die Reduktion der Zirkonerde mit Magnesium und die spontane Bildung von Stickstoffzirkonium

Uber die Reduktion der Zirkonerde mit Magnesium und die spontane Bildung von Stickstoffzirkonium.

Von

E. WEDEKIND.

Das Zirkonium gehort bekanntlich zu denjenigen Elementen, deren Reindarstellung mit grofsen Schwierigkeiten verknupft ist. Von den drei allotropischen Modifikationen , I in denen das Zirkonium auftreten soll, ist die kristallisierte am meisten untersucht worden, wahrend das amorphe Element seit BERZELIUS und TROOST nicht weiter erforscht ist; namentlich ist die Uberfuhrung des amorphen Zirkoniums in die kompakte oder kristallisierte Modifikation nicht ausgefuhrt worden. Uber diesbeziigliche eigene Versuche hoffe ich in einiger Zeit berichten zu konnen ; Gegenstand dieser Mitteilung ist die Reduktion des Zirkoniumdioxyds durch Magnesium und Alu- minium. Nach alteren Angaben von T. L. PHIPSON,~ sowie nach neueren Versuchen von DENNIS und SPENCER^ mufste es namlich moglich sein, das amorphe Zirkonium, dessen Darstellung aus Zirkon- kaliumfluorid nach dem Verfahren von BERZELIUS unbequem und unsicher ist, durch Einwirkung von Magnesium auf das Oxyd zu gewinnen. CLEMENS WINKLER~ hat zwar beim Erhitzen von Mag- nesium (2 Atomen) mit Zirkoniumdioxyd (1Mol.) im Wasse r s to f f - s t r o m nur ein Gemenge von Zi rkoniumwassers tof f ZrH, und

1 Die dritte Modifikation ist die graphitartige von TROOST; dieselbe sol1 durch Zersetzung des Zirkonerde-Natrons mit Hilfe yon Eisen hei Kupfer- schmelzhitze entstehen; diese Angabe bedarf um so mehr einer Revision, ale das Eisen ein schlechteres Reduktionsmittel als Aluminium oder Magnesium ist.

Vergl. Compt. rend. 61, 745. Journ. Am. Chem. SOC. 18, 673. Ber. deutsch. chem. cfes. 24 (1891), 888; vergl. ebend. 23, 2864.

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unveranderter Zirkonerde erhalten ; damit war aber nicht ausge- schlossen, dals die Reaktion bei Abwesenheit von Wasserstoff, bei Anwendung eines Uberschusses Ton Magnesium und namentlich bei hoheren Temperaturen den gewiinschten Verlauf nahm, entsprechend der Gleichnng :

ZrO, + 2Mg = Zr + 2MgO.

Nachdem die Reduktion von Metalloxyden durch Aluminium, nach dem sogenann ten ~oi,nscHMIDT-Verfahren die Abscheidurig vieler strengflussiger Metalle im kompakten Zustand ermoglicht hat, erschien es zuvor angezeigt, die Verwandlung des Oxyds in das freie Element niit Hilfe von Aluminium zu versuchen. Es zeigte sich, dals ein inniges Gemenge von Zirkonerde und Aluminium - es wurde sowohl fein gekorntes auch gepulvertes Metal1 angewandt - im allgemeinen ziemlich schwierig und unvollstandig reagiert; namentlich pflanzt sich die lteaktion nur unvollkonimen fort. In einzelnen Versuchen - namentlich bei Verweiidung von kleinen Portionen - wurde zwar eine graue Masse erhalteii, die relativ wenig unverandertes Oxyd erhielt, die Temperaturerhohung genugte aber in keinem Falle, das in Freiheit gesetzte Element zum Schmelzen zu bringen und so die Trennung von dem gleichzeitig gebildeten Alumiriiurnoxyd zu ermoglichen. Das Reaktionsprodukt, das von dem uberschiissigen Aluminium durch Behandlung mit verdunnten Sauren befreit war, bestand aus einem grauen kristallinischen Pulver, aus dem aber die Tonerde wegen ihrer Unloslichkeit in Sauren nnd Alknlien auf keine Weise entfernt werden konnte. Da das Pulver, auch in stark geprelstem Zustande, den elektrischen Strom absolut nicht leitete, so war es auch nicht moglich, das Material mit Hilfe des eigenen Widerstandes in der von mir beim Aluminiumzirkonid angegebenen Weisel zu schmelzen und dadurch zu reinigen. Es mdste also auf das alte Iteduktionsverfahren mit Magnes ium zuruckgegriffen werden.

Nach PHIPSOR~ findet die Reduktion der Zirkonerde, welche ebenso leicht, wie die der KieseI- und Borsaure vor sich gelien soll, im Augenblick des Schmelzens des Magnesiums statt, und man erhalt das Zirkonium in Form eines sammetschwarzen Pulvers, aus dem die entstandene Magnesia mit verdiinnter Salzsgure entfernt

Vergl. E. WEDEEIND, Zeitschr. f. Elelitrochem. 1904, 332; auch das Er-

1. c. und Journ. prakt. Chem. [I] 96, 448.

-~ .

hitzen im elektrischeu Ofen war resultatlos.

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wird. Analytische Belege, aus denen zu entnehmen ist, dals PHIPSON wirklich reines elementares Zirkonium in den Handen hatte, fehlen. DENNIS und SPENCER (1. c.) arbeiteten nach dem Vorgang von WINKLER in einer Wasserstoffatmosphare rnit der Modifikation, d a t zur moglichst volligen Reduktion das Erhitzen im Wasserstoffstrom wiederholt wurde. Das Produkt enthielt 80.7 Zirkonium und 18 Sauerstoff (der Rest bestand aus geringen Mengen Silicium, Magnesium und Wasserstoff). DENNIS und SPENCER sind der Ansicht, dak ihr Reaktionsprodukt nur wenig elementares Zirkonium, der Hauptsache nach aber Zirkoniummonoxyd ZrO enthalten habe.

Ich fuhrte die R e d u k t i o n d e r Z i r k o n e r d e folgender- mafsen aus:

Der Roden eines Tiegelsl aus reinem Nickel von 11 cm Hijhe und 4 cm Dnrchmesser wurde mit einer diinnen Schicht von Mag- nesiumpulver bedeckt, worauf ein inniges Gemenge von Zirkonium- dioxyd und Magnesiumpulver (40 O l 0 mehr als die berechnete Menge) eingefullt und rnit einem Pistill festgestampft wurde. Das Ganze wurde dann noch mit Magnesiumpulver bestreut,. Die Menge des Reaktionsgemisches war so bemessen, dals der Tiegel nur zu I/,

gefiillt war; derselbe wurde init einem festschliefsenden Deckel bedeckt und auf einem gut wirkenden Geblase bis zum Gluhen der unteren Partie erhitzt : die eintretende Reaktion macht sich durch Zischen, zuweilen auch durch gewaltsames Fortschleudern des Deckels le - merkbar. IR diesem Augenblick wird die Geblaseflamme abgedreht : der Tiegel gluht infolge der Reaktionswarme noch einige Zeit weiter.z Nach dem Erkalten findet man ein braunschwarzes zusammenge- backenes Pulver vor, das deutlich nach Ammoniak riecht ; dieses wurde dann unter Wasser zerrieben und bei gelinder Warme mit einer konzentrierten Chlorammoniurnlosung digeriert , um daa iiber- schussige Magnesium fortzuschaffen. Wenn die Gasentwickelung nacbgelassen hatte, wurde warme, verdiinnte Salzsaure bis zur schwach sauren Reaktion zugegeben. Nachdem das dunkle Pulver sich abgesetzt hatte , wurde zweimal dekantiert, dann filtriert und rnit Wasser ausgewaschen : in einem bestimmten Moment des Aus- waschens ging ein Teil des Reaktionsproduktes kol loid a1 durchs Filter; die Losung war im durchfallenden Licht t i e f b l a u , in auf-

Nickeltiegel von der angegebenen Form wurden mir von den vereinigten Irdene Tiegel sind wegen der

In den meisten Fallen schmolz der Nickeltiegel an einer Stelle durch.

Deutschen Nickel werken in Schwerte geliefert. Auwescnheit von Magnesium natiirlich nicbt zu gebrauchen.

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fallenden Licht grau-opaleszierend. Es mag hier gleich eingefiigt werden, dafs bei einigen wenigen Versuchen aus nicht zu ermitteln- den Griinden eine kolloidale Losung von graubrauner Farbe erhalten wurde. In allen Fallen war nach wiederholtem Aufgiefsen des Waschwassers der Gehalt des Niederschlages an kolloidalem Stoff scheinbar erschapft: das Filtrat ging wasserklar durch. Ich machte aber die merkwiirdiqe Beobachtung, dafs der Filterriickstand, dessen Menge sich nicht merklich vermindert hatte, von neuem zur Hergabe von kolloidaler Losung angeregt werden konnte, und zwar durch Behandlung mit warmer verdiinnter Salzsaure und darauf foIgendem Waschen mit kaltem Wasser: an einen bestimmten Punkt trat wieder der friihere Effekt ein. Wenn nach einigem Waschen das Filtrat wieder farblos durchging, konnte das Spiel auf die geschilderte Weise noch ofter wiederholt werden. Es handelt sich hier also urn eine per iodieche Erscheinung, etwa wie das Auflosen von Chrom in Sauren nach OSTWALD. Die vereinigten kolloidalen Losungem - sowohl die blauen als die graubrauner - und der Filter- ruckstand wurden fur sich untersucht.

Das wasserlosliche kolloidale Beduktionsprodukt. Die Tatsache, dafs ein Teil des Reduktionsproduktes der Zirkon-

erde in kolloidaler Form in Losung geht, war fur mich yon Wich- tigkeit, weil ich hoffen konnte, auf diese Weise das schwer in reiner Form erhiiltliche Zirkonium zu gewinnen, denn unlosliche Verun- reinigungen - namentlich unverandertes Oxyd - mulsten im Filter- riickstand verblieben sein. Es handelte sich also darum, den gelosten Stoff in geeigneter Weise niederzuschlagen, und das so erhaltene Gel als elementares Zirkonium zu charakterisieren. Es sei hier vorweggenommen, dafs alle meine Bemiihungen nach dieser Richtung trotz zahlreicher Qersuche vergebens gewesen sind , hauptsachlich deshalb, weil die Konzentration der Losungen nur eine aufserst geringe war, und daher nur sehr wenig Untersuchungsmaterial beschafft werden konnte. Aufserdem zeigte sich, dafs die kolloiden Losungen nicht in so einfacher Weise ausgeflockt werden konnen, wie andere kolloidale Losungen: Elektrolyte, wie Kochsalz, Chlorammonium und Salzsaure bewirken keine Fallung ; erst beim Kochen mit Salzsaure

Die Besthdigkeit der Lasungen ist verschieden; die meisten setzen nach einiger Zeit einen Niederschlag ab, der sich dam anseheinend nicht mehr vermehrt. Auch bei Dialysierversuchen wurden an der porosen Wand haftende Ausflockerungen beobachtet.

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tritt Trubung ein: der erhaltene feine Niederschlag zeigt nach dem Abfiltrieren Neigung, abermals in Losung zu gehen. Ein einiger- malsen zuverlassiges Eallungsmittel wurde erst in dem Wasserstoff- superoxyd gefunden, als sich zeigte, dak dieses von dem kolloidalen Stoff nicht zerlegt wird. Auf Zugabe von Hydroperoxyd tritt langsam Flockung ein : der schwarzliche Niederschlag , der einen grunlichen Oberflachenschimmer zeigt, ist filtrierbar, aber schwer auszuwaschen, da er die Poren des Filters verstopft; fixe Alkalien bewirken eben- falls eine Fallung. Die Schwierigkeiten zur Gewinnung eines analpsen- reinen Prkparates waren nicht zu uberwinden ; ein durch Salzsaure gefilltes Gel, das im Exsikkator und spater bei looo getrocknet war, wurde durch Erbitzen im Platintiegel in farbloses Zirkonium- dioxyd ubergefuhrt :

0.3326 g Substanz gaben 0.3429 g ZrO, (reines elementares Zirkonium hatte 0.4499 g Oxyd liefern mussen).

Ahnlich verhielt sich ein mit Hydroperoxyd gefalltes Praparat :

0.4487 g Substanz gaben 0.44935 g ZrO,.

Manche Praparate konnten uberhaupt nicht zu konstantem Gewicht gebracht werden, da die von dem Gel eingeschlossene Feuchtigkeit bei den in Betracht kommenden Temperaturen nicht ganz entwich. Als ein solches im Vakuum erhitzt wurde, war an dem kalten Teil des Rohrs nicht nur ein Beschlag von Feuchtigkeit, sondern auch ein gelblich-weilses Sublimat zu beobachten. Eine Probe eines derartig behandelten Praparates ergab beim Vergluhen nicht eine Vermehrung, sondern sogar eine geringe Verminderung des Gewichtes :

0.2281 g Substanz gaben 0.2194 g ZrO,.

Die chemische Natur des kolloid gel6sten Stoffes liefs sich nicht feststellen ; wie aus dem Verhalten beim Erhitzen im luftverdunnten Raum zu schliefsen ist, handelt es sich wahrscheinlich um eine Adsorptionsverbindung des Zirkoniums, bezw. des Zirkoniumstickstoffs mit Zirkonoxychlorid, und z war liegt es nahe, d a b grau-braune Kolloid dem Zirkonium selbst zuzusprechen, da schon BERZELIUS beobachtet hat, dals sein amorphes Zirkonium sich in reinem Wasser

Hierfur spricht die Koagulierung durch Alkalien, welche das Oxychlorid zersetzen, wobei der Kolloid mit niedergerissen wird.

a Vergl. Pogg. Ann. d. Phys. w. Ohem. 4 (1825), 121.

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mit dunkelbrauner Farbe verteilte, die im reflektierten Licht dunkel- grau erschien. Das blaue Kolloid konnte man dann fur die Ab- sorptionsverbindung des Zirkoiiiumstickstoffs (8. u.) in Anspruch nehmen.

Die ko l lo ida l e Natur der erwahnten Losungen wurde durch das Verhalten im elektrischen Potentialgefalle gepruft ; hierzu dienten ein U-formiges Glasrohr, als Elektroden-Platinwheiben von ca. 10 mm Durchmesser , ein empfindliches Ampbremeter und Spannungen von 24104 Volt. Trotzdem die Losungen schwach salzsauer waren, erwies sich die Leitfahigkeit als gering, wie aus folgender Tabelle zu ersehen ist.

G r a u - b r a u n es K o l l o i d.

24 68

104 104

I 4

I 14

13

I 17

6000 5200 7400 6100 I

Die beobachteten Erscheinungen waren bei allen Spannungen dieselben: die K a t h o d e uberzog sich in kurzer Zeit mit einem feinen schwarzen Uberzug und hatte das Aussehen einer platinierten Elek- trode; in der Nahe der Kathode war auch die Flockung am starksten. Als dann der Strom kommutiert wurde, stieg die Stromstarke vor- ubergehend auf 24 Mill. Amp. Die mit dem schwarzen Uberzug bedeckte Elektrode wurde bald wieder blank, wahrend die andere sich schwarzte. Die Flockung war nur unvollstandig. Bei Anwendung einer s e h r ve rdunn ten , gut durchsichtigen Losung konnte man deutlich die Bildung von schwarzen Wolken beobachten, die zur Kathode wanderten; eine plotzliche Flockung fand nicht statt. In diesem Fall gingen bei einer vorgelegten Spannung von 104 Volt 4 Mill. Amp. durch die Flussigkeit, entsprechend einem Widerstand von 26000 Ohm. Die Elektrolyse war in allen Fallen sehr schwach.

Die gelosten Teilchen begeben sich also zur Kathode; dieser Befund war insofern uberraschend, als WHITNET in der Sitzung der Sektion X des internationalen Kongresses fur angewandte Chemie (Berlin, 1903) mitgeteiltS hatte, d a b kolloidales Zirkonium unter dem

Der Abstand der Elektroden von einander betragen ca. 6.5 em. Das blaue Kolloid verhalt sich durchaus analog.

* Vergl. Zeitschr. f. Elektrochem. 9 (1903), 633.

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Einflusse elektrischer Potentialgefalle in Richtung des negativen Stromes wandere, wie das kolloidale Platin und viele anderen ein- fachen Stoffe. Da WHITNEP uber die Darstellung dieses kolloiden Zirkoniums nichts angegeben hatte, so erbat ich mir hieruber eine private Mi tteilung. Der Mitarbeiter von Professor WHITNEY, Herr J. E. OBER hatte daraufhin die Freundlichkeit, mir die gewiinschte Auskunft zu erteilen und zur freien Verfugung zu stellen. Das fur die Uberfuhrungsversuche verwendete Material war danach durch Einwirkung von Magnesium auf Zi r kon ium t e t r a c h l o r i d dargestellt und in ahnlicher Weise gereinigt, wie mein Reduktionsprodukt; es gelang aber die Gewinnung einer vollig n e u t r a l e n Losung des Kolloids, welche im ubrigen der meinigen (blau gefarbten) ahnlich ist. Die Uberfuhrungsversuche waren so angeordnet, d d s elektro- lytische Zersetzungsprodukte das Kolloid nicht erreichen konnten; Ietzteres wurde von der pos i t iven Elektrode angezogen. Ein ana- lytischer Beleg fur die elementare Natur des kolloiden Stoffes lag z. T. nicht vor. Herr OBER hat auch die Reduktion der Z i rkone rde mit Magnesium versucht, das von ihm erhaltene Produkt entspricht annahernd der Zusammensetzung eines Suboxyds ZrO, ebenso das zugleich gewonnene schwarze Kolloid. Wie man sieht, bietet die Natur der kolloiden Reduktionsprodukte des Zirkoniumdioxyds mit Magnesium grolsere Komplikationen , als vorauszusehen war, und bedarf weiterer Bearbeitung.

Was endlich die Ursache der per iodischen Erscheinung bei der Bildung des kolloidalen Reduktionsproduktes (s. 0.) betrifft , SO

mochte ich mich einer von G. BREDIG~ geaulserten Ansicht an- schliefsen, dals namlich bei der Einwirkung von Magnesium auf Zirkonerde zunachst eine Legierung oder Verbindung des Zirkoniums mit dem Magnesium gebildet wird, welche unter dem Einfluls von Sauren zerstort wird, worauf das Zirkonium bezw. das Nitrid mit gewaltiger Oberflachenentwickelung, also kolloidal zuriickbleibt. Wenn man annimmt, dals dieser Prozels infolge teilweiser Einschliefsung der Legierung in unlosliche Substanz gehemmt und erst durch An-

Die Tatsache, dafs die gelijsten Teilchen in der von mir erhaltenen LGsungen zur Kathode wandern, also selbst positiv geladen sind, scheint mir gegen die elementare Natur derselben zu sprechen, denn die meisten kolloidalen Elementarstoffe wandern in Richtung des negativen Stromes.

(Diskussion uber den Vortrag ,,kolloidales Zirkon" in der Sektion X d. internationalen Kongresses f. angew. Chem. 1903.)

Vergl. Zeitschr. f. Elektrochem. 9 (1903), 631.

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riihren mit frischer Saure wieder in Gang gebracht wird, so wiirde der periodische Vorgang bis zu einem gewissen Grade verstandlich sein. 1 Derartige periodische Zerstaubungserscheinungen sind schon gelegentlich bei elektrolytischen Prozessen beobachtet worden, z. B. bei der Elektrolyse von Natriumkarbonat mit Quecksilberelektroden nach ARRHENIUS; 2 auch Blei zerstaubt kathodisch bei hohen Strom- dichten, ebenso auch Bleinatrium, wenn es chemisch angegriffen ~ i r d . ~

zeigt sich in dem geschilderten Fall, dals gewisse kleine Verun- reinigungen - es wird sich hauptsachlich urn Zirkoniumoxy- chlorid (s. 0.) und vielleicht um etwas Zirkoniumwasserstoff handeln - die Bildung des kolloidalen Korpers begiinstigen oder iiberhaupt erst ermoglichen.

In Ubereinstimmung mit Beobachtungen von anderer Seite

D er nnlosliche Itiickstand. (Zirkoniumstickstoff .)

Der nach dem Auswaschen des Kolloids auf dem Filter ver- bleibende Ruckstand stellt nach dem Trocknen ein braunlich-griin- liches kristallinisches Pulver dar, das unter dem Mikroskop als ein Magma von bronzefarbener Kristallchen mit schwach griinlichem Oberflachenschimmer erscheint. Dasselbe verglimmt schon bei gelin- dem Erhitzen6 an der Luft zu farbloser Zirkonerde, ist aber im iibrigen von bemerkenswerten Bestandigkeit, sowoh! gegen Sauren - rnit Ausnahme von Flulssaure - als auch gegen Alkalilaugen; letztere bewirken auch bei langerem Kochen keine Ammoniakent- wickelung. Tragt man aber die Substanz in geschmolzenes Atzkali ein, wobei zuweilen eine schwache Feuererscheinung zu bemerken ist, so verrat sich die Anwesenheit von Stickstoff durch eine deut- liche Ammoniakreaktion. Der gebundene Stickstoff lalst sich auch als solcher nachweisen, wenn man das Nitrid in einer Kohlen- dioxyd -Atmosphare oxydiert und den so entbundenen Stickstoff

Da die Substans vor der Rehandlung mit Salasaure gut zerrieben war, so wLre a priori zu erwarten, dafs ein etwa vorhandenes Magnesiumzirkonid durch die im Uberschuk verwandte Saure g a n z l i e h zersetzt wird.

¶ Zeitschr. phys. Chem. 11 (1893), 805. Vergl. BREDIQ und HABER, Ber. dezltsch. chenz. Ges. 31 (1898), 2741;

HABER und SACK, Zeitschr. f i Elektrochem. 8 (1902), 251; M. REUTER, ebendas. 8, 801 und SACK, 2. anorg. Chern. 34 (1903), 286.

Vergl. u. a. E. JORDIS u. E. H. KANTER, 2. anorg. Chem. 36 (1903), 21. Das Nitrid verbrennt beim Einstreuen in eine Gasflamme in glanaenden

Funken.

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auffangt. Zu dem Zweck wurden abgewogene Mengen Substanz m i t fein gekorntem Kupferoxyd gemengt und wie bei Sticlrstoff- bestimmungen von organischen Substanzen in einem Rohr aus schwer schmelzbarem Glas mit vorgelegter reduzierter Kupferspir,ale ver- brannt : das entweichende Gas wurde in eiuem Azotometer uber Kali- lauge gesammelt und gemessen.

I. 0.4035 g Substanz gaben 31 ccm Stickstoff bei 20° und 731 mm Druck, entsprechend 8.47 N.

11. 0.5553 g Substanz gaben 41 ccm Stickstoff bei 16O und 743 mm Druck, entsprechend 8.3

Ein Versuch, den Stickstoff in der Kalischmelze qunntitativ als Ammoniak zu bestimmen, scheiterte an experimentellen Schwierig- keiten. I Es wurde daher die Gewichtszunahme bei der Uberfuhrung in Zirkoniumdioxyd bestimmt; eine Probe des Rohproduktes ergab folgende Zahl: 0.8819 g Substanz gaben nach dem Gluhen bis zum konstanten Gewicht 0.8972 g ZrO, (Gewichtszunahme 0.0153 g). Ein durch Abschlammen mit Bromoform gereinigtes Praparat lieferte eine mit der Theorie fur das Nitrid Zr,N, ubereinstimmende Zahl;

0.8752 g Substanz gaben 0.9632 g ZrO, (beobachtete Gewichts- zunahme 0.088 g, berechnet fur Zr,N3 0.086 g).

Berechnet fur Zr,N,: Zr 81.2. MATTHEWS~ hat auf anderem Wege - durch Erhitzen von

Zirkonchlorid-Ammoniak - zwei Zirkoniurnnitride Zr,N, und Zr,N, dargestellt; das von mir aus Zirkonerde gewonnene Produkt scheint demnach im wesentlichen aus dem Zirkoniumstickstoff Zr,N3 zii bestehen. Um zu sehen, ob der Fehlbetrag an Stickstoff etwit auf einen Gehalt an unverandertem Zirkoniumoxyd zuruckzufiihren ist, wurde in einer weiteren Probe letzteres in der Weise bestimmt, dafs die Substanz in konzentrierter FluCssaure gelost und das Un- geloste3 auf einem kleinen Filter gesammelt und vergluht wurde. Das Filtrat wurde zur Trockne verdampft, mit konzentrierter Schwefel- siiure eingeraucht und bis zum konstanten Gewicht gegliiht.

0.3868 g Substanz hinterlielsen einen unloslichen Riickstand von 0.0156 g ZrO, und lieferten nach der Uberfuhrung in das Oxyd 0.4105 g ZrO,.

N.

Gefunden: Zr 81.35.

Die vijllige Zersetzung erfordert Temperaturen, welchen das Gefakmaterial

Vergl. Journ. A m Chem. SOC. 20 (1898), 843. Gegliihtes Zirkonoxyd ist in FluLsiiure so gut, wie unl8slich.

nicht gewachsen ist.

Z. morg. Chem. Rd. 45. 26

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Das betreffende Praparat enthielt also 3.52 O i 0 unverandertes bezw. regeneriertes Zirkondioxyd; nach Abzug desselben ergibt sich ein Zirkoniumgehalt von 81.31 o/o (Theorie fur Zr,N, 81.2

Der Gehalt an Zirkonerde ist also nicht grofs genug, urn das Defizit an Stickstoff zu rechtfertigen; es bleibt somit nur noch die Annahme, dafs der mit Kupferoxyd gemischte Zirkoniurnstickstoff beim Erhitzen in einer Kohlendioxyd-Atmosphare nur unvollstandig verbrannt wird ; tatsachlich bleibt auch in der Kalischmelze ein Teil der Substanz dunkel, scheint also der Zersetzung zu ent- gehen.

Der durch Reduktion der Zirkonerde an der Luft entstehende Zirkoniumstickstoff wird nicht nur von Sauerstoff, sondern auch von Chlor leicht angegriffen und zwar schon bei schwacher Rotglut unter Bildung von Z i rkon iumte t r ach lo r id . Die Ausbeute ist allerdings nicht befriedigend ; immerhin bietet sich hier eine Dilethode, urn schnell und bequem kleine Quantitaten dieses nicht Fesonders leicht zuganglichen Chlorids darzustellen. Bromdampfe wirken beim Erhitzen unter Feuerscheinung auf das Nitrid ein; die Gewinnung von Z i r k o n i u m t e t r a b r o m i d - namentlich im kleinen - gestaltet sich hiernach sehr einfach: Zirkonoxyd wird in der oben beschriebenen Weise zunachst in Zirkoniumnitrid verwandelt. Letzteres liefert schon beim Erhitzen mit Brom im Reagensrohr ein kristallinisches an der Luft rauchendes Sublimat von Bromzirkonium.

Zr).

Gegen konzentrierte Salpetersaure ist das Nitrid bemerkens- werterweise bestandig, auch beim Erhitzen, ebenso gegen Konigs- wasser. Die Verbindung leitet - als geprefstes Pulver - den elektrischen Strom nich t.

Die Tendenz zur Bildung von Zirkoniumstickstoff muh ziemlich grofs sein, denn auch bei der Einwirkung von Magnesium auf Zirkon- erde im luftverdunntem Raum - unter Anwendung einer eisernen Rohre - entsteht ein kristallinisches Pulver , das bei der Riick- oxydation nur eine geringe Gewichtsvermehrung aufweist. L)a bei Anwendung von Aluminium die Zirkoniumnitridbildung sehr zuriick- tritt, so ist zu vermuten, dafs das aus dem uberschussigen Magrie-

Der Gluhfaden der neuen Zirkonlampe (D.R.P. 133701 u. 131569) be- steht aus einem Gemenge der Verbindungen von Zirkonium mit Stickstoff; Wasserstoff und Kohlenstoff, dem noch Rhodium zugesetzt ist, urn die er- forderliehe Leitfahigkeit zu erzielen.

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sium zunachst entstehende Magnesiumnitrid als Stickstoffubertrager fungiert bezw. die Bildung des Zirkoniumstickstoffs begiinstigt.

Endlich sei hervorgehoben, dafs sich fur die Existenz einer zweiwertigen Zirkoniumverbindung, des schon ofter gesuchten Zirkon- monooxyds ZrO, keine Anhaltspunkte gefunden haben. I n Uber- einstimmung mit den Untersuchungsergebnissen von CL. WINKLER hat sich gezeigt, dafs die Zirkonerde durch Magnesium nicht voll- standig reduziert werden kann ; aukerdem ergab sich, dak der Luftstickstoff direkt oder indirekt leicht an der Reaktion Teil nimmt und die Bildung des schwer verseif baren, aber leicht oxydablen Zirkoniumstickstoffs veranlafst. Die Angabe von PHIPSON (s. o.), der bei der Einwirkung von Magnesium auf Zirkonerde elementares Zirkonium erhalten haben will, ist mangels niiherer Angaben und analytischer Belege unkontrollierbar; hijchstwahrscheinlich hat aber auch PHIPSON nichts anderes als Zirkoniumnitrid, bezw. ein Gemisch desselben mit Zirkonium in den Handen gehabt.

Bei Anwendung der b e r e c h n e t e n Menge Magnesium wurde in einem Versuch ein g r a ues , kristallinisches Pulver erhalten, das mit dem untersuchten Stickstoffzirkonium nicht identisch zu sein scheiut.

Tiibingen, Chcmisches Universitiits-Laborntorium, im Mai 1905.

Bei der Redaktion eingegangen am 17. Mai 1905.

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