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Ueber die scheinbare Fliichtigkeit der Phosphor- saure beim Verdampfen in saurer Losung und die Einwirkung der Chlonvasserstoffsaure auf phosphor- saures Natron ; yon R. Fresenius. In Sillimaii’s Jouriid, XI, S. 405 (nucli Dingier's pol$ Journ. 1854, 435) hat J. B. B n n c c Versuche mitgetheilt, welche beweisen sollen, dafs sich Phosphorsiiure verfliichtigt, wenn man ein phosphorsaures Salz, z. B. gewijhnliches phos- phorsaures Natron , mit Salzsiiure oder Salpelersaure wr- dampft. Die Versuche giiben das befremdende Resultat, dab diese scheinbaw Verfliichtigung cler Phospliorsiiure hiichst bedeulend ist. So crhiclt Bunce, 91s er 0,544 Grni. ge- wiihnliches phosphorsaures Natron in 4 Unzen Wasser loste, Salzsaure zuselzle , iiu V’asserbwd zur Trockne abdampfte, darauf den Riichstand gelinde erhitzte , init concentrirter Schwefelsiiure behandelk, Wasser und Ammon zufugtc und mit schwefelsaurer Magnesia fiillte, nur 0,07 Grin. pyrophos- phorsaure Magnesia. Der Verlust bei diesem Versuche be- trug also 58,6 pC. Phosphorsaure. Bunce zog aus dieser und anderen lihnlichen Erfalirungen den Schlufs , dafs bei allen Analysen , bei denen Phosphor- saure und Kieselsiiure in saurer Liisung sich befinden, eine betrachtliche Verfliichtigung der Phosphorsaure Statt finden miisse, wenn man die Fliissigkeit zur Abscheidung der Kie- selsaure nach iiblicher Art zur Trockne verdampft, und dafs in Folge dessen wohl ein grofser Theil der friiher ausge- fiihrten Aschenanalysen als werthlos zu betrachten sei. Diese Folgerungen schienen mir so wichtig, daL ich nicht saumte, eine griindliche Priifung der Thatsachen vorzu-

Ueber die scheinbare Flüchtigkeit der Phosphorsäure beim Verdampfen in saurer Lösung und die Einwirkung der Chlorwasserstoffsäure auf phosphorsaures Natron

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Ueber die scheinbare Fliichtigkeit der Phosphor- saure beim Verdampfen in saurer Losung und die Einwirkung der Chlonvasserstoffsaure auf phosphor-

saures Natron ; yon R. Fresenius.

In Sillimaii’s Jouriid, XI, S. 405 (nucli Dingier's pol$ Journ. 1854, 435) hat J. B. B n n c c Versuche mitgetheilt, welche beweisen sollen, dafs sich Phosphorsiiure verfliichtigt, wenn man ein phosphorsaures Salz, z. B. gewijhnliches phos- phorsaures Natron , mit Salzsiiure oder Salpelersaure w r - dampft. Die Versuche giiben das befremdende Resultat, d a b diese scheinbaw Verfliichtigung cler Phospliorsiiure hiichst bedeulend ist. So crhiclt B u n c e , 91s er 0,544 Grni. ge- wiihnliches phosphorsaures Natron in 4 Unzen Wasser loste, Salzsaure zuselzle , iiu V’asserbwd zur Trockne abdampfte, darauf den Riichstand gelinde erhitzte , init concentrirter Schwefelsiiure behandelk, Wasser und Ammon zufugtc und mit schwefelsaurer Magnesia fiillte, nur 0,07 Grin. pyrophos- phorsaure Magnesia. Der Verlust bei diesem Versuche be- trug also 58,6 pC. Phosphorsaure.

B u n c e zog aus dieser und anderen lihnlichen Erfalirungen den Schlufs , dafs bei allen Analysen , bei denen Phosphor- saure und Kieselsiiure in saurer Liisung sich befinden, eine betrachtliche Verfliichtigung der Phosphorsaure Statt finden miisse, wenn man die Fliissigkeit zur Abscheidung der Kie- selsaure nach iiblicher Art zur Trockne verdampft, und dafs in Folge dessen wohl ein grofser Theil der friiher ausge- fiihrten Aschenanalysen als werthlos zu betrachten sei.

Diese Folgerungen schienen mir so wichtig, daL ich nicht saumte, eine griindliche Priifung der Thatsachen vorzu-

Fr e s e n ius , uber die Fluchtdgkeit der Pbosphorsiiure etc. 217

nehmcn, auf welche sich jene sliitzen. Ich theiIe im Folgen- den die Versuche mit, welche ich zur Entsclieidung der Frage anstellte; sie werden beweisen, d d s der Verlust, welchen Hr. Bun c e hatte, keineswegs in einer Verfliichtigung der Phosphorslure begriindet ist.

1) Vollkommen reines gewiihnliches phosphorsaures Na- tron wurde in Wasser geliist, die Liisung in eine wohl ver- stopfk Flasche gebrachl und ihr Gehalt an Phosphorsaure durch Fallung mit schwefelsaurer Magnesia unter Zusatz von Chlorammonium und Arnmon ermittelt.

a. b. 100 CC. 1,6849 -7 ..

100 CC. gnben 1,6791 pyrophosphorsaure Magnesia

Mitttel 1,6820 2) Von der in i genannten Liisung wurden 100 CC. mit

vie1 Salzsaure versetzt und diese Flussigkeit im Wasserbade zur Trockne gebrscht. Den Ruckstand liiste man in Wasser iind fallte wie in i .

Erhalten wurden 1,6812 Grin. pyrophosphorsaure Magnesia. 3) Dcr in 2 genannte Versuch wurde mit der Abwei-

chung wiederholt, d a b slatt Salzslure Salpelersiitwe zugefiigt wurde.

Erhalten : 1,6868 Gmr. pyrophosphorsaure Magnesia Das Eindampfen einer Losung von phosphorsaurem Na-

tron mit Salzsaure oder Salpetersiiure bei iOOo ist somit ohne allen Einfluk auf die Ausbeute an phosphorsaurer Ammon- Magnesia , bexiehungsweise an pyrophosphorsaurer Magnesia,

4) 100 CC. der in 1 genannlen Losung wurden mit Salzsaure versetzt, die Flussigkeit im Wasserbade zur Trockne gebracht, und der Ruckstand 6 Stunden lang irn Oelbade bei 1500 C. erhitzt. Man liiste ihn nun in Wasser und fallte nach Zusatz von Ammon rnit einer klaren Mischung von schwefelsaurer Magnesia , Chlorammonium und Ammon. Der entstehende Niederschlag war flockig, nicht krystallinisch und

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liiste sich beim Auswaschen betriichtlich in stark niit Amnion versekteni Wasser. Man setzte das Auswaschen fort, bis im Waschwasser keine Schwefelsaure inelir nuchzuweiscn war, trocknete den Niederschlag urid wog ihn.

Er betrug 1,3009, also nur 77 pC. von der in 1 erhaltencn Menge. Abcr die fehleride Phosghorsiiurc hutte sic11 nicht verfliichtigt ; denn als man das Filtrat zur T r o c h e verdanipfte, den Riiclistiintl niit kohlensaurem Natron schniolz , d a m niit Salzsiiure 11 nd Wasser aufnahm nnd nach Zusatz von Cliloruminoniuni tnit Arnmon fiillte , erliielt man eincn bcdeutendcn Niederschliig yon phosphorsaurer Ammon-Magnesia, wclcher gcglulit 0,3763 pyrophosphorsaure Magnesia , licferte. Addirt inan dicsc Menge zu der oben erhaltcnen, so resultiren 1,6772 GIIII., d. h. 99,7 pC. der im Mittel in 1 gefundenen.

5 ) Der in 4 heschriebene Versuch wurdc mit d w Ah- iintlerung wicderholl , d a b slatt Salzsiiiire Salpetersnure zuge- setzt wurde. Der Magnesianiederschlag fie1 flockig iiieder und lliste sich beini Auswasclit?n, wie ich in 4 erwiihnt hilltc.

a. 100 CC. lieferlen pyrophosphorsaure Magnesia durch directe Falluny . . . . . . . . . . 1,4429 aus dem Filtrat . . . . . . . . . . 0,2331

Suinma 1,6760. b. 100 CC. lieferten hei einetn zweiten Versuche,

direct . . . . . . . . . . . . 1,3735 aus dem Filtrat . . . . . . . . . 0,2964

Summa 1,6899

Somit wurden auch bei diesen Versuchen 99,6 pC. der in 1 gewonnenen Menge erhalten.

Es verfluchtigt sich somit auch d a m keine Phosphor- saure, ivenn man ein phosphoraaures 8uIz mit Chlorwasser- stoffsaure oder Salpeiersaure verdampft und den Iliic-Itstand sehr lenge bei i50" trocknct. DVII Ycrlust, welchen B u n c e

Fresene'us , uber die schcinbure Flitchligkcit der

Phosphursaure beim Verdampferi iti snurer Losung elc. 2i9

erhielt, kann ich niir dalirr nur so erkliiren, d a t die von ihni angewendeten Mittel, das pyrophosphorsaure Salz in dreibasisches zu vermandeln, ihren Zweck nicht erreichten; denn hatte ich bei den Versuchen 4 und 5 die Waschwasser unberucksichtigt gelassen , so wurden meine Verluste auch etwa 20 pC. betragen haben.

6) Wenngleicli ich sclion BUS der Ueschatl'enheit des ~~agtiesianiedersc~ilagcs bei den Versuchen 4 und 5 ersah, dafs sicli bei dem 'Procknen bei 1500 C. pyrophosphorsaures Salz gebildet lialte, so scliien es mir doch michlig, diese Thalsache aurscr Zweilel zu sc4zeit. Icli wiederholte rlalier die Ycrsuche 4 u n d 5, und erhiclt ails der stark sailer yea- girendtm wlsserigen Losung dcr bci 150° gelrockneten Ruck- sliinde bei Zusalz von salpetersaurem Silberoxyd iind etivas .4mmon rein weifse ertlige Niederscltliige ton pyrophoslihor- saureni Silberoxj d. (Bci deni nacli 4 bereiteteii Ruckstand wurde erst Salpcterslure zugesetzt , das Chlorsilber abfil- Irirt , dann durcli Ammon der Niedcrsclilag hervorgerufen.) Dieselben Yersuche nii l nur bci 1000 getrockneten Ab- dainpfiingsIbckstiinden angestellt, liefertcn rein gelbe Nieder- schlage yon dreibasisch pliosphorsaurcrri Silberoxyd.

Hieraus folgt, d a b beiiii TrocKnen der Riickstande bei 150° (vielleicht auch schon bei einer noch etwas niedrigeren Temperatur) das dreibasisch phosphorsaure Natron in zwei- basisches iibergeht.

7) Es schien rnir jetzt von Interesse, den eigentlichen \'organg kennen zu lernen, der bei der Einwirkung der Sauren auf das phosphorsaure Natron Statt findet , namentlich auch zu ermitteln, ob dabei feste Verhaltnisse eingehalten werden, orler nicht. Ich stellte zii diesem Behufe den folgenden Versuch an, der niir sogleich vollige Gewirsheit gab.

4,1175 Grin. krystallisirtes phosphorsaures Natron wurdeir inil iiherschiissiger Salzsaure im Wasserbade zur Trockne

220 Fr e s e n i u s, iiber die scheinbare Fliichtqkeil der

gebracht und der in einer kleinen Schale enthaltene Ruck- stand bei 1500 C. viele Stunden lang getrocknet, bis cr keine Gewichtsabnahme mehr zeigte. Er wog jetzt 1,9890. Man loste ihn in Wasser und bestiinmte das darin enthultene . Chlor mittelst Silberlosung nach gewohnlicher Art. Erhalten wurden 0,418 Grm. Chlor.

Da die Menge des Natrons und der Phosphorslure sclion bekannt war, so ergab sich aus diesen Daten die Zusamnren- setzung des bei i5Oo getrockneten Niederschlagcs wie folgt :

Natriuin . . . . . . . . . 0,537 27,OO Phosphorsiiure . . . . . . . 0,829 41,6'7 Chlor . . . . . . . . . . 0,418 2i,02 Sauerstoff, an Natrium gebunden 0,093 4,67 Wasser (am der Differenz) . . 0,112 5,64

1,989

in Proceoten

I_-

Hieraus folgt aber die Porniel : PO,, NaO, HO + NaCl,

2 Na 46 27,14 pC. w elclie verlangl :

PO5 71 41,88 Cl 35,5 20,95 0 8 4,72 I)

HO 9 5931 n

100,oo pc. Der bei i5Oo C. getrocknete Ruckstand enthielt also

genau 1 Aeq. saures pyrophosphorsaures Natron auf 1 Aeq. Chlornatrium. (PO,, 2 NaO, HO + ClH = PO,, NaO, HO + NaCl + HO.)

8) Es blieb schlieblich die Pritge zu eriirtern, was ge- schieht, wenn der in 7) besprochene, hei 150° C. getrockneie Riickstand cum Gluhen erhitzt wird, und ob sich elwa d a m Phosphorsauro verfliichtigt.

Phosphors6ure beina Vei*dampfen in saurer Lo'eung e b . 221

Zur Entscheidung derselben diente folgender Versuch : 1,9745 Grm. reines krystallisirtes phosphorsaures Natron

wurden in einem grol'sen Platintiegel mit uberschussiger Salzsiiurc iibcrgossen und damit im Wasserbade eingedampft. Nachdem der Ruckstand bei mabiger lIitze getrocknet worden war, wurde er in bedecktem Tiegel einer starken Gluhhitze eine Stunde lang ausgesetzt, wobei er Chlorwasserstoff und Wasserdampf abgab und dann in Flufs kam. Der Ruckstand wog 0,796 Grm. Er liefcrte, in Wasser gelijst, mit Salpeter- siiure und salpetersaurein Silberoxyd verselzt, 0,3416 Grm. Chlorsilber , entsprechend 0,0845 Chlor odrr 0,1392 Chlor- natrium.

Aus diesen Resultaten beantworlet sich die ohige Frage wie folgl.

Der Rucksland kann nur enthalten : Chlornatrium, Phos- phorsaure und Natron. Die Menge des Chlornatriums betragt 0,1392, also bleibt fur Phosphorsiiure + Natron 0,796 - 0,1392 = 0,6568.

Die Menge des iii dcm krystallisirten phosphorsauren Xalron enthaltenen Natriums betriigt 0,2536. Davon ist mit Chlor verbunden 0,0547, bleibt 0,1989 Natrium, entsprechend 0,2681 Natron. Zieht man diese Zahl ah von 0,6568, so bleibt fur Phosphorsiiure 0,3887, somit fast genau die Menge, welche in dem krystallisirten phosphorsauren Natron enthalten war, niimlich 0,3916. - Also fand auch beim heftigen Gliihen des Riickstandes keine Verfluchtigung von Phosphorsiiure Statt; denn die erwiihnte kleine Differenz erkliirt sich einfacli daduroh, d a b sich hei den1 Glulien elwas Chlornatrium ver- fliichtigte.

Geht man unigekehrt von der Voraussetzung aus, der Ruckstand enthalte noch alle Pliosphorsilure und berechnet das daran gehundene Natron ails der Differenz, so erhiilt man 0,2652 (statt 0,2681). - Folgt man letzterer Annahme, als

222 G i b b s , iiber. das Kakodyl der ValeriansBure,

der richtigsten , und berechiiet die procentische Zusammen- setzung des Riickstandes, so ergiebt sich :

Phosphorsaure 0,3916 = 49,19 pC. Natron . . . 0,2652 = 33,32 Chlor . . . 0,0845 = 10,62 ,, Natrium - . . 0,0547 = 687 v

0,7960 100,OO pC. Diese Zusammensetzung entspricht hinliinglich nahe

der Formrl PO,, 2 NaO f PO,, NaO + NaCI, welche verlangt :

l’liosphorsiiure 48,38 Natroii . . . 31,69 Chlor . . . 12,09 Natrium . . . 7,84

io0,Oo. Der gegliihte Ruckstand besteht somit aus 1 Aeq. pyro-

pliosphorsaurem Natron , 1 Aeq. metaphosphorsaurem Natron und 1 Aeq. Chlornatrium, und die Umwandlung, welche der bei 1500 C. getrocknete Ruckstand beim Gluhen erleidet , er- hellt aus der Gleichung :

2 (PO,, NaO, HO + NaCl) = PO,, 2 NaO + PO,, NaO + NaCl + CIH + HO.

Notiz iiber das Kakodyl der Valeriansiure j nach W. Gibbs*).

Bei der Destillation von valeriansaurem Kali mit einein gleiclien Gewicht arscnigcr Siinre ging eine schwere iilige, schwvach gelbliclic, tlorchdringend unaagenelim nach Knoblauch

*) Silliman’s Anicr. Journ. [a] XV, 118. Eine kakodyllihnliche Ver- hindung tius Biitters[iiirca er~liielt Wii h I e r ; vcrgl. diese Annalen LXVIII, 127. D. R.