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A. Kurtenacker, A. Mutschin u. I?. Stastny. Zersetz. v. Polythionat,losungen 399 Uber die Selbstzersetzung von Polythionatlosungen Von A. KURTENACKER, A. MUTSCHIN und F. STASTNY Mit 3 Figuren im Text Die uber den Zerfall der Polythionate ausgefuhrten Unter- Trithionat zersetzt sich in schwach saurer bis schwach alkalischer suchungen haben bisher folgendes ergebenl) : Losung in Thiosulfat und Sulfat: in stark alkalischer Losung in Thiosulfat und Sulfit: In stark sauren Losungen treten verwickeltere Umsetzungen auf. waBriger (schwach saurer) Losung : in schwach alkalischer Losung : S,O,” + H,O = S,O,” + SO,” + 2H’, 2 S,O,“ + 6 OH’ = S,O,” + 4 SO,” + 3H,O. (1 ) (2) Fur Tetrathionat sind drei Zerfallsreaktionen nachgewiesen : In 2 s,06” = s306” + s,o,”, (3) 4 S,O,” + 6 OH’ = 5 S,o,” + 2 S,o,” + 3H20 , (4) 2S4O,”+6OH’ =3S20,”+2S0,“+3H,0. (5) in stark alkalischer Losung: Pentathionat zersetzt sich in waBriger (schwach saurer) Losung in Schwefel und Tetrathionat : S,06” = s + S406”, 2 S,O,” + 6 OH‘ = 5 S,O,” + 3H20 . (6) (7) in alkalischer Losung geht es in Thiosulfat uber : In bezug auf die Geschwindigkeit des Polythionatzerfalles liegen nur ungenaue Angaben vor. Sie besagen im Wesentlichen, daI3 Tetra- und Pentathionat gegenuber Hydroxylionen viel empfindlicher, gegenuber Wasserstoffionen dagegen viel bestandiger sind als Tri- thionat. Die Zersetzungsgeschwindigkeit des letzten andert sich beim Ubergang aus der neutralen in die saure Losung wenig. l) Eine Zusammenstellung der einschlagigen Arbeiten findet man u. a. in ABEGG’s Handbuch der anorganischen Chemie, Bd. IV/l, S. 559ff.

Über die Selbstzersetzung von Polythionatlösungen

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A . Kurtenacker, A. Mutschin u. I?. Stastny. Zersetz. v. Polythionat,losungen 399

Uber die Selbstzersetzung von Polythionatlosungen Von A. KURTENACKER, A. MUTSCHIN und F. STASTNY

Mit 3 Figuren im Text

Die uber den Zerfall der Polythionate ausgefuhrten Unter-

Trithionat zersetzt sich in schwach saurer bis schwach alkalischer suchungen haben bisher folgendes ergebenl) :

Losung in Thiosulfat und Sulfat:

in stark alkalischer Losung in Thiosulfat und Sulfit:

In stark sauren Losungen treten verwickeltere Umsetzungen auf.

waBriger (schwach saurer) Losung :

in schwach alkalischer Losung :

S,O,” + H,O = S,O,” + SO,” + 2H’,

2 S,O,“ + 6 OH’ = S,O,” + 4 SO,” + 3H,O.

(1 )

(2)

Fur Tetrathionat sind drei Zerfallsreaktionen nachgewiesen : I n

2 s,06” = s306” + s,o,”, (3)

4 S,O,” + 6 OH’ = 5 S,o,” + 2 S,o,” + 3H20 , (4)

2S4O,”+6OH’ =3S20,”+2S0,“+3H,0 . ( 5 )

in stark alkalischer Losung:

Pentathionat zersetzt sich in waBriger (schwach saurer) Losung in Schwefel und Tetrathionat :

S,06” = s + S406”,

2 S,O,” + 6 OH‘ = 5 S,O,” + 3H20 .

(6)

(7) in alkalischer Losung geht es in Thiosulfat uber :

In bezug auf die Geschwindigkeit des Polythionatzerfalles liegen nur ungenaue Angaben vor. Sie besagen im Wesentlichen, daI3 Tetra- und Pentathionat gegenuber Hydroxylionen viel empfindlicher, gegenuber Wasserstoffionen dagegen viel bestandiger sind als Tri- thionat. Die Zersetzungsgeschwindigkeit des letzten andert sich beim Ubergang aus der neutralen in die saure Losung wenig.

l) Eine Zusammenstellung der einschlagigen Arbeiten findet man u. a. in ABEGG’s Handbuch der anorganischen Chemie, Bd. IV/l, S. 559ff.

400 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 224. 1935

Man hat versucht, die verschiedenen Umsetzungen der einzelnen Poly t hiona t e auf einheitliche Grundreaktionen zuruckzuf uhren. Fur Trithionat ist dies nicht gelungen. Hier werden also die Reaktionen (1) und (2) allgemein als selbstandige Vorgange angesehen. In bezug auf die Primarreaktionen bei Tetra- und Pentathionat bestehen Meinungsverschiedenheiten. Eine haufig vertretene Ansicht geht dahin, da13 Tetrathionat nach (3) , Pentathionat nach (6) primar zerfallen. Reaktion (4) ergibt sich dann durch Summierung von (3) und (7), Reaktion (5) durch Summierung von (3), (7) und ( 2 ) , Reaktion (7) durch Summierung von (6), (5) und (8):

S + SO,”= S,O,”. (8) Nach HANS EN^) vollzieht sich dagegen der Zerfall der Poly-

thionate primar nach der Gleichung :

S n 0 6 ” + 20H‘ = 2 SO,” + S(OH), + (YL - 3) S . (9) Die Verbindung S(OH), , die trotz gleicher Zusammensetzung mit der Sulfoxylsaure nicht identisch sein soll, geht unmittelbar nach der Bildung in Thiosulfat uber :

2S(OH), + 20H’ = S,O,” + 2H20. (1 0) Summierung von (9) und (10) ergibt dann:

2 S n 0 6 ” + 60H’ = 450, + S20,” + 2 (n - 3) S + 3H2O . (11) Aus dieser Gleichung lassen sich die Reaktionen (4), (5) und (7) ab- leiten, wenn man als Folgereaktionen die Umsetzungen (S), (12) und (13) annimmt :

S,O,” + so,” = S,O,” + S203)’, S,O,” + so,” = S,O,” + S,0,,’2).

(12) (13)

Viele Autoren, darunter besonders F. FOERSTER und seine Mit- arbeiter, in der letzten Zeit auch PRAKKE und STIASWY~), sind der Ansicht, dalj Reaktion (7) einem Gleichgewicht entspreche. Ebenso wie Thiosulfat im Sinne dieses Gleichgewichtes unmittelbar in Penta- thionat ubergehen kann, muljte sich Pentathionat umgekehrt un- mittelbar in Thiosulfat verwandeln konnen. Reaktion (7) muljte also eine besondere Art des prirnaren Pentathionatzerfalles vorstellen.

l) CH. J. HANSEN, Ber. 66 (1933), 1009. 2) Wie man von Reaktion (9) ausgeheud die Reaktionen (3) und (6) ver-

3, I?. PRAKKE u. E. STIASNY, Rec. Trav. Pays-Bas 62 (1933), 615. stehen soll, gibt HANSEN nicht an.

A. Kurbnacker, A. Mutachin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlbsnngen 402

Aufgabe der unten beschriebenen Versuche Waf es, die an- gedeuteten Meinungsverschiedenheiten nach Moglichkeit zu klgren. Ferner sollte der EinfluB der Wasserstoffionenkonzentration auf ArC und Geschwindigkeit des Polythionatzerfalles genauer untersucht werden, als es bisher der Fall war. Die Auffindung einer bequemen Methode zur Darstellung von Hexathionat gestattete sohlieBlich, die Versuche auch auf dieses Polythionat auszudehnen.

Kurz zusammengefaSt ergaben die Versuche folgendes : Pentathionat geht in schwach alkalischer Losung unmittelbar

in Thiosulfat uber. Die Reaktion (7) ist also ganz im Sinne der Auf- fassung von FOERSTER, PRAKKE, STIASNY und anderen umkehrbar, Die Ansicht von HANSEN (1. c.) , daB ein Gleichgewicht (7) nicht existiere, kann nicht aufrecht erhalten werden.

Die Zersetzungsreaktion (4) des Tetrathionqtes kommt durch Summierung der Umsetzungen (3) und (7) zustande und nicht, wie HANSEN annimmt, durch Summierung von (ll), (8) und (12).

Reaktion ( 5 ) ist als selbstiindige Zerfallsreaktion des Tetra- thionates anzusehen, sie vollzieht sich also nicht oder nur in unter- geordnetem MaBe durch Aufeinanderfolge der Umsetzungen (3), (7) und (2).

Hexathionat zerfiillt in alkalischer, neutraler und nicht zu stark saurer Losung glatt und ohne Bildung von Nebenprodukten in Schwefel und Pentathionat :

SsOi' = s + S50('. (1 4) In stark salzsaurer Losung zersetzen sich alle Polythionate in

Schwefel, schweflige Siiure, eventuell Sulfat. Der Zerfall durfte bei Tri- und Tetrathionat nach der Gleichung:

SnOs" = (n - 2 ) s + so, + so;',

2SnOi' + 4H' = (2 TZ - 5) S + 580, + 2H20

(1 5)

(16)

bei Penta- und Hexathionat nach der Gleichung:

erfolgenl). Ein Teil des entstehenden Schwefels lagert sich an das Ausgengspoly t hionat unt er Bildung schwef elr eicherer Poly thiona t e an.

Zur Deutung der Zersetzungsvorgiinge der Polythionate kommt man also nicht mit den S. 400 angefuhrten Grundreaktionen aus, man muB vielmehr fur Hexathionat zwei, fur die anderen Polythionate je drei unabhangige Zersetzungsreaktionen annehmen. Es sind dies

l) Vgl. auch F. FOEESTEE u. A. HOBNIO, Z. anorg. u. allg. Chem. 15 (1922), 135.

Z. anorg. u. allg. Chem. Bd.224. 26

402 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 224. 1935

fur Trithionat die Reaktionen (2), (l), (15), fur Tetrathionat (5), (3), (15), fur Pentathionat (7), (6), (16), fur Hexathionat (14), (16). Die Umsetzungen (a), (5) vollziehen sich nur in iitzalkalischer Losung, Reaktion (7) findet auch in Alkalicarbonatlosung statt, die Reak- tionen (15) und (16) erfordern salzsaureLosung, und zwar bei Tri- thionat etwa 0,5 n-HCl, bei den hoheren Polythionaten ungefiihr 2,5 n- oder stiirkere Salzsiiure. In den pH-Bereichen, die zwischen den genannten Grenzen liegen, spielen sich die Reaktionen (l), (3) und (6) ab. Reaktion (14) wurde bei p E s 8,9 nachgewiesen, sie durfte sich aber auch in stiirker alkalischer Losung vollziehen.

Die Anderung der Zerfallsgeschwindigkeit der Polythionate mit der Wasserstoffionenkonzentration ergibt eine gute Bestatigung der vorstehenden Befunde. Die Zersetzungskurven zeigen niimlich an jenen Stellen, an denen ein Wechsel in der Primiirreaktion eintritt, sehr deutliche Richtungsiinderungen. Man kann den Zersetzungs- kurven en tnehmen, daS s teigende Wassers tof f ionenkonzen tra tion eine Verzogerung der Reaktionen (2), (5), (7), dagegen eine starke Beschleunigung der Reaktionen (15) und (16) bewirkt. Die Geschwin- digkeit der Reaktion (1) ist unabhiingig von der Wasserstoffionen- konzentration.

Die Reaktionen (3), (6) und (14) zeigen ungefiihr zwischen p , = 9 und pH = 4 autokatalytischen Verlauf. Katalysatoren sind Thiosulfat und Schwefel, von denen das erste besonders in der Niihe der neutralen Losung als sekundiires Zersetzungsprodukt auftritt. Bei pH < 4 werden die Katalysatoren unwirksam, daher nimmt die Zersetzungsgeschwindigkeit in diesem Gebiet mit Erhohung der Wasserstoffionenkonzentration rasch ab. In alkalischer Losung bei p , > 9 ist Autokatalyse nicht zu beobachten. Erwiihnt sei, daB die von FOERSTER und Mitarbeiternl) untersuchte Selbstzersetzung von schwefliger Siiure und von Bisulfit ebenfalls durch Thiosulfat und Schwefel autokatalytisch beschleunigt wird. Die Katalysatoren werden auch hier beim Ubergang ins alkalische oder zu stark saure Gebiet unwirksam. Auch die Zersetzung von Thiosulfat durch Siiuren zeigt autokatalytischen Verlauf. Katalysator ist der bei der Zersetzung ent stehende Schwef el2).

1) F. FOOERSTER, F. LANOE, 0. DROSSBACH u. W. SEIDEL, Z. anorg. u.

a) Vgl. FOUSSEREAU in W. OSTWALD, Lehrbuch der allgemeinen Chemie, allg. Chem. 128 (1923), 245.

2. Aufl., Bd. II/2, erster Ted, S. 292.

A. Kurtenacker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlosungen 403

Einige von den oben angefuhrten Reaktionen, darunter die Reaktionen (5), (7), sind hochmolekular , sie vollziehen sich also sehr wahrscheinlich stufenweise. Der von HANSEN fur diese Reak- tionen angenommene Primiirvorgang (9) widerspricht aber den Tat- sachen insofern, als beim ubergang von Pentathionat in Thiosulfat nach (7) Schwefel auch nicht vorubergehend auftritt. Man wird die ersten Stufen der Reaktionen (5), (7) deshalb in Anlehnung an FOERSTER besser wie folgt formulieren:

S,O," + 20H' = S(OH), + Sz03" + SO3", (5 4 S506" + 2 OH' = S(OH), + 2 S203". (7 a)

Versuchsteil

Wie angegeben erstreckten sich die Versuche auf Hexa-, Penta-, Tetra- und Trithionat, die in Form ihrer Kaliumsalze angewendet wurden. Man stellte Tri- und Tetrathionat nach dem vor einiger Zeit beschriebenen Verfahren aus Natriumthiosulfat und schwefliger SIure her1). Das dabei zuniichst anfallende Natriumtetrathionat wurde in das Kaliumsalz umgewandelt, indem man seine konzentrierte Losung in Wasser von 35O mit der berechneten Menge einer alko- holischen Losung von Kaliumacetat fallte. Nach zweimaligem Um- kristallisieren waren die Salze vollkommen rein, Die Herstellung von Pentathionat erfolgte teils nach dem Verfahren von RASCHIG~), teils ergab sich nahezu reines Pentathionat als Nebenprodukt bei der Darstellung von Hexathionat. Das angewendete Verfahren sol1 demniichst veroffentlicht werden. Zur Analyse der Polythionat- losungen dienten die ublichen Methoden3).

Zur Untersuchung des Einflusses der Wasserstoffionenkonzen- tration auf den Polythionatzerfall mischte man in Glasstopselflaschen von 100 cm3 Inhalt 50 cm3 der Polythionatlosung in Wasser mid 50 cm3 einer der folgenden Losungen:

I ) A. KURTENACKER u. K. MATEJKA, Z. anorg. u. allg. Chem. 193 (1930), 367. 2, F. RASCHIG, Schwefel- und Sticketoffstudien, Leipzig-Berlin 1924,

S. 275ff. Einzelheiten dazu vgl. A. KURTENACHER u. W. FLUSS, Z. anorg. u. allg. Chem. 210 (1933), 125.

*) A. KURTENACFER u. E. GOLDBACH, Z. anorg. u. allg. Chem. 166 (1927), 177; A. KURTENACICER u. A. CZERNOTZICY, Z. anorg. u. allg. Chem. 174 (1928), 179; 176 (1928), 234. Die Sulfatbestimmung erfolgte meist mal3analytisch nach einem Verfahren von A. MUTSCHIN u. R. POLLAK, das auf der Titration mit Bariumchloridlosung unter Verwendung von Rhodizonat als Indikator beruht. Die Einzelheiten des Verfahrens werden in der niichsten Zeit veroffentlicht.

404 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 224. 1935

45,25 cm3 n-NaC,H,O, + 4,75 cm3 n-C,H40, 24,N ,, n-NaC,H,O, + 25,50 ,, n-C,H,O, 680 ,, n-NaC,H,O, + 44,O ,, n-C,H,O,

42,lO ,, 3 n-KC1 + 7,89 ,, 0,2 n-HC1 0.2 n-HC1

n-NaOH . . . , 0,511-NaOH . . 5,6

4,6 3,s 2,2 1.0

nlNa,C03 . . . n-NH3. . . . . n-NaC,H30, . . n-NaHCO, . . .

AuBerdem

Pa

13,7 13,4 12,o 11,5 8,9 8,4

- ~

n-kC1 2,5 n-HC1 5 n-HCI

wurde auch n-NaC,H30,-Losung angewendet, die man durch vorsichtigen Zusatz von n-C,H,O, auf pH = 7 brachte, ferner in einzelnen Fallen n-NaC1 oder reines Wasser.

Die in der Tabelle angefuhrten pH-Werte beziehen sich auf die Gemische von 50 om3 der Losungen mit 50 om3 neutraler Poly- thionatlosung oder mit 50 cm3 Wasser. Fur die stark alkalischen und mineralsauren Losungen sind die pH-Werte unter der Annahme vollstiindiger Dissoziation der vorhandenen Lauge oder Saure be- rechnet, in den Losungen mittlerer Wasserstoffionenkonzentration wurden die pH-Werte kolorimetrisch bestimmt.

Die gefullten Flaschchen wurden in einen geraumigen, auf 50° f 3 O gehaltenen Thermostaten eingehangt. Nach Ablauf einer gewissen Zeit kuhlte man die Flaschchen und analysierte den Inhalt. Die Analysenwerte stimmen in den nicht zu stark sauren Losungen befriedigend. Stark mineralsaure Losungen ergeben weniger sichere Resultate, da sich die Losungen bei dem zur Durchfuhrung der ein- zelnen Bestimmungen notwendigen Neutralisieren betrachtlich er- wiirmen und dab4 mehr oder weniger bedeutende Bnderungen in der Zusammensetzung erleiden. Die Fehler machen sich besonders im Anfangsstadium der Zersetzung bemerkbar, wenn die Gesamt- menge der Reaktionsprodukte klein ist.

Die Tabellen 1, 2, 4 und 5 enthalten eine Obersicht uber die Ergebnisse der nach den vorstehenden Angaben ausgefuhrten Versuche. Wenn man einstweilen das Gebiet der stark salz- sauren Losungen aus der Betrachtung ausschaltet, so ergibt sich folgendes :

H e x a t hionat (Tabelle 1) zerfallt in dem Bereich zwischen p , = 8,9 (0,5 n-NaC,H30,) und pH = 0,3 (0,5 n-HC1) glatt und ohne Bildung von Nebenprodukten in Schwefel und Pentathionat:

(1 4) 0 * I --t 6 6 f-- s f 5 5 0 6 ’ ’ .

A. Kurtenacker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlosungen 405

- - Vers.. Nr.

1 2

~ ~

3 2,

E 2 )

7 8 9

10 11

12

Tabelle 1 Zersetzung von Kaliumhexathionatlosung bei 50 O l)

Losungsvolumen 100 em8 - - t

Std.

0,25 1 0,25 395 0,67 395 3,5 4

18 20

22,5

~ ~

- - Mill

,u Be. ginn

-

~ ~

7,65 6,57 7,57 6,57 7,65 6,57 6,57 6,57 6,57 6,57

7,65

- - nole I

zur Zeit t

1,49 0 2,20 2944 2,84 0 0,54 2,20 2,72 4,09

444

-

~ ~

htst -

rn ~ ~

5,86 0,18 6,22 394 4,72 9,11 5,94

2,33

1. b.

3,o 3,o

nden Millimole I

0 0 0 2,88 0,28 0,3! 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2,95 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 10 0,3:

~ so; __

Erst in einem fortgeschrittenen Zersetzungsstadium, wenn das Hexathionat bereits vollstiindig verschwunden ist, sind Thiosulfat, Tri- und Tetrathionat unter den Reaktionsprodukten nachzuweisen (Versuche 2, 7). Sie sind offenbar nicht Zersetzungsprodukte des Hexathionats, sondern des zunachst entstandenen Pentathionates.

Nach Gleichung (14) sollte jedem Mol verschwundenen Hexa- thionates je ein Mol Pentathionat und Schwefel entsprechen. Aus den Spalten 6-8 der Tabelle 1 ist zu entnehmen, daB die Zahlen werte fur Hexa- und Pentathionat tatsachlich sehr gut uberein- stimmen. Dagegen treten bei Schwefel mitunter betrachtlicbe Ab- weichungen auf. Dies h h g t mit den eigentumlichen Eigenschaften des aus Hexathionat abgeschiedenen Schwefels zusammen. Er ist stark gelb gefiirbt, plastisch und ballt sich beim Umruhren der Flussigkeit mit einem Glasstab zu einem halbflussigen Klumpen zu- sammen. Versucht man den Schwefel auf dem Filter mit Wasser oder auch mit Salzlosung zu waschen, so geht er, sowie die Mutter- lauge zum groBten Teil entfernt ist, plotzlich milchig trub durch das

l) Die verwendete Hexathionatlosung enthielt in den Versuchen 2, 5, 7, 8-11 0,35 Millimole Pentathionat, in den Versuchen 1, 3, 6, 12 1,58 Millimole Schwefel in Form eines hoheren Polythionates. Von den zur Zeit t gefundenen Werten fur S,Od’ und S wurden daher die angegebenen Zahlen abgezogen.

2, Versuch 3 ist in NatriumacetseEssigselosung von p H = 7, Ver- such 5 in 0,5 n-NaC1-Losung ausgefiihrt. Die Zersetzung verlauft in Versuch 5 vie1 langsamer als in Versuch 3, weil der pH-Wert der nicht gepufferten Liisung im Laufe der Zersetzung stark sinkt.

406 Zeitschrift f i i r anorganische und alIgemeine Chemie. Band 224. 1935

6,89 0 7,70 1,02 6,16 3,90 6,14 4,45 1,79 1,76 5,48 4,65 0,23 n. b. 0,29 0,30 1,46 1,49 2,13 2,12 2,87 2,83 4,lO 4,Ol 2,76 2,64 0,67 0,61

1,62 0 4,81 0

Filter. Der Schwefel konnte deshalb nur mit der Mutterlauge selbst auf das Filter gebracht werden und wurde hier durch Auftropfen von moglichst wenig Wasser gewaschen. Je nachdem ob das Waschen etwas zu fruh oder zu spat abgebrochen wurde, fielen die Schwefel- werte zu hoch oder zu niedrig aus (vgl. auch S. 413).

Reaktion (14) ist umkehrbar. Dies ergibt sich daraus, da13 Pentathionat in stark saurer Losung unter Aufnahme von Schwefel in Hexathionat uberzugehen vermag (vgl. unten).

P e n t a t h i o n a t : Aus Tabelle 2 ist zu entnehmen, daB Penta- thionat in schwach saurer Losung (p, =4,6 und p , = 3,8) ohne Bildung von Nebepprodukten in Schwefel und Tetrathionat zerfallt :

In neutraler und schwach alkalischer Losung (pa = 7 und p , = 8,s) treten kleine Mengen Trithionat, Thiosulfat und Sulfat auf, die aber zweifellos von der Zersetzung des zunachst entstandenen

S506)' * s + s,o," . (6)

0,80 16,82 0,05 3,13 14,ll 1,02 7,28 1,45 0,94 7,33 0,95 0,72 1,63 0 0 5,49 0,41 0,34 0,19 0 0 0,32 0 0 1,42 0 0 2,27 0 0 2,76 0 0 3,89 0 0 2,58 0 0 0,96 0 0

0,65 0 1,08 7,83 0 0,49

~ s,o," ~

Tetrathionates herriihren.

1. b. 0 0 0,77 0 0 0 0 0,29 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,25

0,25 0,96

Tabelle 2

0,OE

0

0

0,15

0,52 3,3:

Zersetzung von Kaliumpentathionatlosung bei 50 0 C

- - Vers. - Nr.

13 14 15 16l) 17l) 18 19 20 21 22 23 24 25 26

27 28

- -

- - PH

__ __ 13,7 12,o 899

583 4,5 435 4,5 495 4,5 4 3 33

7,o 7,o

0,3

- 0,4 - 0,7

= t

Std. ___ ___

1 9 5 0,5

17 16,5 24 22,5 495 6 8,5

10 13 21,8 65 L33,5

M9,5 87,5

In 0,5 n-Na,(

Losung

Millimole #u B g h __ __ 6,89 7,90 7,90 8,22 7,90 7,90 8,28 8,lO 8,lO 8,lO 8,lO 7990 7,90 7,90

7,90 7,90

&-I.

zur Zeit 1

0 0,20 1,74 2,08 6,11 2,42 8,05 7,81 6,64 5,97 5,23 3,80 5,14 7,23

6,38 3,09

ung

__ __

bildeten Thiosulfates plotzlicl

olumen 100 oms

OR'' I Entstanden Millimole

= l2,O) steigt die Menge des ge- auf ein Vielfaches an, dafiir treten

l) Versuch 16 ist in Natriumacetat-Essigsaurelosung von p R = 7, Ver- such 17 in 0,5 n-NaC1 ausgefiihrt. Die Zersetzung erfolgt in diesem Versuch vie1 langsamer als in Versuch 16. Der Grund dafiir ist S. 405, FuBnote 2 angefuhrt.

A. Kurtenaoker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zemetz. v. Polythionatl6sungen 407

die anderen Reaktionsprodukte, besonders der Schwefel, stark zuriick. Der Hauptsache nach vollzieht sich also die Umsetzung :

2 S,O," + 6 OH' tr 5 S,O," + 3H,O . (7) Es sollte untersucht werden, ob die Thiosulfatbildung im Sinne

dieser Gleichung unmittelbar, oder uber die Zwischenprodukte Schwefel und Tetrathionat erfolgt :

2S50," = 2 5 + 2S406)' (6) 2S40," + 6 0 H = 3S,O," + 2S0," + 3H,O (5) 2 s + 2s0," = 2S,O," (8)

2S,O," + 60H' = 5s,o," + SH,O (7) Der Reaktionsweg (6), (5) , (8) setzt voraus, daB Tetrathionat

unter den in Betracht kommenden Bedingungen unter Bildung von Sulfit zerfallt. Versuch 40 in Tabelle 4 zeigt, daB dies in 0,5 n-Na,C03- Losung bei 50° nur in sehr geringem MaBe der Fall ist. Arbeitet man bei Raumtemperatur (20° C) in einem Flussigkeitsvolumen von 250 cm3, so unterbleibt die Sulfitbildung vollstlndig. Die Ver- suche 31, 32 in Tabelle 3 lassen erkennen, daB sich unter diesen Umstanden genau die Reaktion

4 S,O," + 6 OH' = 5 s,o," + 2 s306)' + 3 H,o (4) vollzieht. Trotz des Mangels an Sulfit geht aber Pentathionat auch hier zum groBeren Teil in Thiosulfat uber (Versuche 29, 30). Eine Erkliirung dafur konnte noch in einem stufenweisen Ablauf der Reaktion (4) gesucht werden:

2s,0," + 60H' = 3S,O," + 280," + 3H,O (5) 2 s,o," + 2 so;/ = 2 s,o," + 2 S3O6)/ (12) 4 S40," + 6 OH' = 5 s,o," + 2 S30," + 3H,O (4)

Wurde sich die Reaktion tatsiichlich so abspielen, so muBte die sich zersetzende Tetrathionatlosung imstande sein, fein verteilten Schwefel unter Bildung von Thiosulfat zu losen. Zur Prufung stellten wir die Versuche 37, 38 (Tabelle 3) an. In beiden Versuchen kamen die gleichen Mengen Tetrathionat und Natriumcarbonat zur An- wendung, in Versuch 38 wurde die Flussigkeit aber von vornherein mit sehr fein verteiltem kolloidem Schwefel versetzt, den man nach dem Verfahren von FOERSTER und LANGE~) hergestellt hatte. Aus der Tabelle ist zu entnehmen, daB der zugesetzte Schwefel die Zer- setzung des Tetrathionates nicht im geringsten beeinflufit, ins-

l) F. FOE&STEB u. F. LANOE. Z. anorg. u. allg. Chem. 138 (1923), 269.

408 Zeitschrift fiir anorgankche und allgemeine Chemie. Band 224, 1935

besondere entsteht in Anwesenheit von Schwefel nicht mehr Thio- sulfat als in dessen Abwesenheit.

Tabelle 3 Zersetzung von Penta- und Tetrathionat in Natriumcarbonatlosung bei 200 -

Vers. Nr.

__- 29 30 31 32 33 3 4 5 35 36 37 38

2 m

1 5,3 1 5,7f 1

1 5 6 5,3

Liisungsvolumen 250 cms 1)

Millimole in 250 oms

5,25 7,77 1,82 3,53 7,56

10,59 9,56

15,46 5,59 5,58

__ 0" 2

__ __ 15 15 15 15 37,5 37,5 37,5 37,5 37,5 37,5

2,39 3,lO - -

2,68 2,74 0,87 0,88 - -

zu Beginn ~ _ _ -

~ ~

0,70 0,70 - -

0,74 0,74 0,74 0,74 - -

~ ~

5,34 5,34 - -

5,27 5,27 5,27 5,27 - -

~ ~

- -

6,11 6,11 - -

6,06 6,06 6,03 6,03

-

5 ~ ~

2,15 0,97 - -

1,73 0,19 2,60 0,76 - -

zur Zeit

all dem folgt, daB Pentathionat in Natriumcarbonatlosung nicht aL- dem Wege uber Schwefel und Tetrathionat, sondern un- mittelbar in Thiosulfat ubergeht. Auch in Alkalihydroxydlosung entstent zweiieiios em grower 'lei1 aes miosuuates unmittemar aus Pentathionat. Der Ausdruck ,,unmittelbar" sol1 natfirlich nicht be- deuten, daB die Umwandlung von Pentathionat in Thiosulfat kine- tisch in einer Stufe erfolgen muB. Im Gegenteil sprechen gute Grunde dafur, daB die Reaktion (7) stufenweise uber dieselbe labile Zwischenverbindung verlauft, die nach den ausgedehnten Unter- suchungen von FOERSTER und seinen Mitarbeiternq bei der Bi ldung von Pentathionat aus Thiosulfat eine Rolle spielt (vgl. S. 403).

Die Reaktionen (6) und (7) stellen also unabhiingige Arten des primaren Zerfalles von Pentathionat vor. Beide Reaktionen sind umkehrbar.

Fur Reaktion (6) ergibt sich die Umkehrbarkeit aus der Tat- sache, daB Tetrathionat in saurer Losung leicht unter Aufnahme von Schwefel in Pentathionat iiberzugehen vermag. Auf die Um- kehrbarkeit der Reaktion (6) ist die Erscheinung zuruckzufiihren, daB eine tetrathionathaltige Pentathionatlosung auf Zusatz von

l) Alle Losungen wurden von vornherein mit 5 cm3 0,03 n-hC1, versetzt. 2, Vgl. z. B. F. FOERSTER u. Ga. STUHMER, Z. anorg. u. allg. Chem. 206

(1932), 1.

A. Kurtenacker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatliieungen 409

Alkalilauge oder Alkalicarbonat vie1 weniger Schwefel abscheidet als eine reine Pentathionatlosung. Wie groB dieser Effekt ist, zeigen die Versuche 33-36 (Tabelle 3). Man fuhrte die Versuche mit einem Pentathionat aus, das 0,74 Millimole Hexathionat enthielt. Auf Zu- satz von Natriumoarbonat schieden sich in Abwesenheit von S,O," ungefahr 2,7 Milliatome Schwefel ab, von denen 0,74 Milliatome auf den Zerfall des Hexathionates zuruckzufuhren sind (Versuche 33, 34). In Anwesenheit ungefiihr der aquivalenten Menge Tetrathionat g h g die Schwefelabscheidung auf 0,87-0,88 Milliatome zuruck (Ver- suche 35, 36). Da auch hier wieder 0,74 Milliatome Schwefel vom Zerfall des Hexathionates herruhren, ist also die Bildung von Schwefel aus Pentathionat fast vollstandig verhindert worden. Aus Spalte 8 der Tabelle ist weiter zu entnehmen, daB Tetrsthionat den Zerfall des Pentathionates sehr merklich verzogert. Die Wirkung des Tetra- thionates besteht demnach in einer Linksverschiebung und verlang- samten Einstellung des Gleichgewichtes (6). Dadurch wird ermog- licht, daB in Anwesenheit von Tetrathionat ein bedeutend grofierer Teil des Pentathionates als sonst nach (7) in Thiosulfat ubergeht. Mit einem Uberschul3 an Tetrathionat versetzte Pentathionatlosungen bleiben nach dem Zufugen von Natriumcarbonat durch viele Stunden vollkommen klar. Man wird dies vielleicht verwenden konnen, urn Hexa- neben Pentathionat zu bestimmen.

Dafi Reaktion (7) umkehrbar ist, ergibt sich aus den Unter- suchungen von PRAKKE und STIASNY~) uber die Einwirkung von Sauren auf Thiosulfat. Die Autoren zeigten, dab Thiosulfat bei p , = 3,O zu mehr als 90% in Pentathionat ubergeht. Die Um- wandlung erfolgt allerdings sehr langsam. In stiirker saurer Losung wird die Polythionatbildung von der rasch verlaufenden Zersetzung des Thiosulfates in Schwefel und Bisulfit zuruckgedrangt. Bei pH 4 konnten PRAKKE und STIASNY keine Umwandlung von Thiosulfat in Polythionat beobachten. Sie nahmen daher an, daB das Gleich- gewicht (7) bei p 2 4 auf der Thiosulfatseite liege. In unseren Ver- suchen machte sich aber Thiosulfatbildung aus Pentathionat erst in alkalischer Losung in groBerem Umfange bemerkbar, so dafi man schliehn muBte, das Gleichgewicht (7) liege erst im alkalischen Ge- biet auf der Thiosulfatseite. Die Ursache fur die Unstimmigkeit ist offenbar in der sehr geringen Umwandlungsgeschwindigkeit von Thiosulfat in Pentathionat und umgekehrt in dem Bereich zwischen ungefiihr p H = 9 und p , = 4 zu suchen.

1) F. PRAKKE u. E. STIASNY, Rec. Trav. Pays-Bas 62 (1933), 615.

410 Zeitechrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 224. 1935

spur 1,14 0 0 0,37 3,45 5,53 1 , l O 0,62 2,25 4,34 spur Spur 2,lO

Spur 0,83 spur spur Spur Spur spur 0,68 0,90

-

- - Vers. Nr.

39 40 41 42 43 44

46 47 48 49 50 51 51 a 52 53 54 55 56 57 58 59 60

- -

45 1)

0 0

0,69 3,97 5,97 0,55 0 2,29 4,34 0 0 2,02 0 0 0 0 0 0 0 0 0,60 10,O

Tabelle 4 Zersetzung von Kaliumtetrathionatl6sung bei 50 0

Losungsvolumen 100 oms

2,02 8,06

- - t

Ytd. - ~

1 21 1

21 48 73 25 24 48 72 21 46 70 15 36

153 149 43

110 45

116 22

164 0,99 0 0 1,70 2,20 10 I 0 5,14

~ Millimole t __ u Be- ginn

8,48 8,48 8,46 8,48 8,48 8,48 8,11 8,48 8,48 8,48 8,48 8,48 8,48 8,49 8,49 8,49 8,49 8,48 8,48 8,48 8,48 8,49 7,49

~ ~

Tetrathionat . B

ZUT

bit t

0 0 2,43 3,89 1,88 1,04 3,65 5,68 3,35 1,67 7,41 4,84 2,27 8,33 7,54 6,30 8904 8,24 7,09 8,06 7,28 6,47 0,43

~ ___

s Ta

>A' I Entstanden Millimole

8,48 0 8,48 0 6,03 0 4,59 1,35 6,60 0,92 7,44 0,48 4,46 1,49 2,80 1,42 5,13 1,26 6,81 1,53 1,07 0,50 3,64 1,61 6,21 1,66

0.95 0.19 0,16 -

0,45 2;19 0,23

(0

2 - ~

2,20 2,62 3,36 2,61 1,98 1,32 2,11 0,62 1,59 1,54 0,43 1,71 2,Ol

0,53 0,37 0,20

-

daB die Zer- setzungsverhiiltnisse bei Tetrathionat verwickelter sind als bei Penta- oder Hexathionat. Immerhin kann man deutlich erkennen, da% bei pH 5 8,9 der bekannte Zerfall in Tri- und Pentathionat stattfindet:

2 S,OB" = s,o," + ssos". (3) In Versuch 54, in welchem die Analyse im Anfangsstadium der

Eersetzung erfolgte, ist die Gleichung (3) genau erfullt. In den an- deren Versuchen treten neben den Primiirprodukten mitunter sehr betriichtliche Mengen Thiosulfat, Sulfat und meist auch Schwefe auf. Die verhiiltnismiiBig rasche Umwandlung der Primiirprodukte ist zu erwarten, weil das nach (3) gebildete Gemisch der drei Poly- thionate nach fruheren Untersuchungen ein labiles Gebilde dar-

1) Versuch 45 ist in Natriumacetat-Essigsiiureliisung von pH = 7 aus- gefuhrt. In 0,5 n-NaC1 oder in reinem Wasser ausgefuhrte Parallelversuche ergaben vie1 kleinere Zersetzungsgeschwindigkeiten (vgl. S. 406 FuBnote 2).

A. Kurtenacker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlosungen 41 1

stellt, dessen Zersetzungsgeschwindigkeit durch das beim Zerfall ent- stehende Thiosulfat noch weiter erhoht wirdl).

In 0,5 n-NH, ( p , = 11,5, Versuch 41) entspricht die Zersetzung des Tetrathionates genau der Gleichung :

4 S,O," + 6 OH' = 2 S306" + 5 S,O," + 3 H,O . (4) Wie S. 407 gezeigt wurde, wird diese Gleichung bei Raumtemperatur auch in Na,CO,-Losung genau erfullt. In dem bei 50° in Na,CO,- Losung ausgefuhrten Versuch 40 ist ein Teil des zuniichst ent- standenen Trithionates bereits unter Bildung von Thiosulfat, Sulfat und etwas Sulfit weiter zerfallen.

Reaktion (4) muI3 stufenweise verlaufen, und zwar kommen nach S. 400 folgende zwei Reaktionswege in Betracht :

I. 4S,O," = 2 S,O," + 2 S 5 0 i ' (3) 2 s5O6" + 6 OH' = 5 s,o," + 3H,O (7) 4 S 4 0 i ' + 60H' = 5 s,o," f 2 S304' + 3€&0 (4)

11. 2 S,O," + 6 OH' = 3 S,O," + 2 SO," + 3H,O (5 ) 2 S,O," + 2 SO," = 2 S,O," + 2 S30s" (12) 4 S,O," + 6 OH' = 5 s20i! f 2 S 3 0 i ' + 3 H,O (4)

In schwach alkalischer Losung ist die Reaktionsfolge I1 nach den S. 407 angefiihrten Versuchen ausgeschlossen. In diesen Losungen findet daher sehr wahrscheinlich die Umwandlung I statt. Die Voraus- setzungen fur diesen Reaktionsweg sind gegeben, denn S. 409 ist nachgewiesen worden, daB Pentathionat in Anwesenheit von Tetra- thionat in Na,CO,-Losung quantitativ im Sinne der Gleichung (7) in Thiosulfat ubergeht.

In stark alkalischer (NaOH-)Losung durfte auch die Um- setzung I1 eine geringe Rolle spielen, denn in dieser Losung zer- fallt Tetrathionat primiir nach (5).

Tri thionat . Die in Tabelle 5 zusammengestellten Versuche bestatigen die bekannte Tatsache, daI3 Trithionat nach den Reak- tionen (1) und (2) zu zerfallen vermag:

S,O," + H,O = S,O," + SO," + 2H', 2 S,O," + 6H,O = s,o," + 4 SO," + 3H,O.

(1 ) (2)

Reaktion (2) vollzieht sich fast nur in Alkalilauge, wahrend Zwischen p , = 8,9 Reaktion (1) bei p , 5 12,O festzustellen ist.

1) Vgl. A. KWTENACKEB u. M. KAUFMANN, Z. anorg. u. allg. Chem. 148 (1925), 43 und 226.

412 Zeitschrift f i i r anorganische und allgemeine Chemie. Band 224. 1935

1,49 2,67 5,64 6,95 8,19 3,75 5,58 5,11 7,28 7,72 6,72 8,16 8,54 4,27 6,lO 8,OO 2,90 6,18 1,25 1,50 0,89 0,14 0 0

=

Vem. - Nr.

___ __ 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

0 0 5,76 7,32 8,23 3,75 5,64 5,21 7,47 7,97 6,87 8,52 8,83 4,38 6,25 7,85 3,03 6,43 4,40 6,60 9,61 6,03 1,75 5,56

Tabelle 5 Zersetzung von Kaliumtrithionatlosung bei 50 O

Losungsvolumen 100 cms - - t

Std.

~ ~

1 1 2,!

24 44 96 24 48 19 37 60 24 48 72 24 48 80 24 72 24 48 80 19 1

17

MiUimole f

:u Be.

ginn

8,lO 8,lO 8,86 8,93 8,93 8,93 6,40 6,40 8,89 8,89 8,89 8,91 8,91 8,9 1 8,86 8,86 836 8,86 8,86 836 836 836 7,81 8,86 8,86

~ ~

zur Zeit i

2,51 5,52 3,91 2,49 1,68 0,47 2,78 0,74 3,90 1,93 0,97 1,94 0,80 0,12 3,92 2,28 0,61 4,70 1,23 2,38 1,88 0964 0,58 6,43 0,24

~ ~

- - 1; - laher

ahme

5,59 2,58 4,95 6,44 7,25 8,46 3,62 5,66 4,99 6,96 7,92 6,97 8,11 8,79 4,94 6,58 8,35 4,16 7,63 6,48 6,98 8,22 7,23 2,43 8,62

Ab - __ __

Entstanden Millimole - rl -

$X n g v

~ ~

0,18 4,71 8,65 0,59 0,48 0,44 0 0 0 0 0 0,39 0,lO 0,os 0,23

0,12 0;M 0,29 2,33 2,62 2,79 4,54 1,93 8,90

4 4

~ ~

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,23 0,22 0,15 0,39 0,35 0,20 0,57 0,35 1,87 1,33 0,QQ 1920 0,09 0,04

-

$2 - - 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,3( 0,3: 0,1: 0,11 0,5t 1,14

-

m

- - 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,5< 2,5: 5,7: 4,l: 0,7( 4,1(

und p , = 5,6 ist die Umsetzung nach (1) quantitativ, ohne daf3 Nebenprodukte in bestimmbarer Menge auftreten. Erst bei p , =4,6 und p , = 3,8 nimmt die Bildung von Bisulfit und Tetrathionat grol3eren Umfang an, bei pE = 2,2 kommen Pentathionat und Schwefel als Reaktionsprodukte hinzu. Offenbar bilden sich diese Stoffe nach den Gleichgewichten

S30;’ + S,O,” + H’ f- S,O,” + S03H, S,O,” + S,O,” + H’ f- S,O,” + S03H‘ , S,O,” + H’ Ir S + S0,H’ ,

(1 2) (1 3) (1 4)

die sich mit zunehmender AziditBt immer mehr rechtsseitig ver- schieben. Bei gleicher Wasserstoffionenkonzentration liegt das

l) Ein Teil des in alkalischer Losung entstandenen Sulfites lag infolge Die Korrektur er- Luftoxydation zur Zeit der Analyse bereits als Sulfat vor.

folgte, wie Z. anorg. u. allg. Chem. 148 (1925), 52 angegeben.

A. Kurtenacker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlosungen 413

Gleichgewicht (13) mehr auf der Thiosulfatseite als (12), daher er- scheint Pentathionat erst in stiirker saurer Losung als Tetrathionat.

Nach den Untersuchungen von FOERSTER, VOGEL~), PRAKKE und STIASNY~) ist Thiosnlfat in etwa 0,l n-Losung bei p , > 4 be- standig, erst bei p , 4 verschiebt sich das Gleichgewicht (14) immer mehr nach rechts. Diese Angaben gelten fur 1 l 0 baw. 18OC. Nach eigenen Versuchen liegen die Verhaltnisse bei 50° iihnlich. Bei pIl =4,6 blieb Thiosulfat selbst nach 70-gostundigem Erhitzen un- aersetzt, wiihrend bei p , = 3,s innerhalb 46 Stunden ungefiihr 40% des Thiosulfetes zerfielen. Demnach sollte man erwarten, daB schon bei p , = 3,s Schwefel als Zersetzungsprodukt des Trithionates auf- trete. Wie aber Tabelle 5 zeigt, bildet sich Schwefel erst bei pH =2,2. Offenbar lagert sich der aus dem Gleichgewicht (14) stammende Schwefel in gewisser Menge an Trithionat unter Bildung von Tetra- thionat an.

Zersetzung der Poly th iona te i n s t a r k saurer Losung: In Salzsiiure hinreichender Konzentration tritt bei allen Polythio- naten eine plotzliche Abnahme der Bestiindigkeit ein. Der Zerfall erfolgt unter reichlicher Entwicklung von Schwefeldioxyd, Ab- scheidung von Schwefel und Bildung von Sulfat. Bei Tri- und Tetra- thionat handelt es sich wahrscheinlich um die bekannte Reaktion:

SnOs)' = (n - 2) s + so2 + SO,". (15) Ein Teil des entstandenen Schwefels verbindet sich nit dem Aus- gangspolythionat unter Bildung von Tetra- bzw. Pentathionat.

Penta- und Hexathionat liefern bei ihrer Zersetzung bedeutend weniger Sulfat als schweflige Siiure, eine Tatsache, die schon FOERSTER und HORNIG~) bei ihren Zersetzungsversuchen von Penta- thionsiiure feststellten. In ubereinstimmung mit diesen Autoren darf man annehmen, daB sich bei den schwefelreichen Polythionaten folgende Reaktion abspiele:

2SnOG" + 4H' = (2 n - 5) S + 5,902 + 2H2O. (1 6) Der Schwefel scheidet sich aus den stark salzsauren Penta- und

Hexathionatlosungen in der S. 405 beschriebenen Form ab3.

l) F. FOERSTER u. R. VOQEL, Z. anorg. u. allg. Chem. 156 (1926), 161. a) F. PRAKKE u. E. SmAsNY, Rec. Trav. Pays-Bas 62 (1933), 615. a) F. FOERSTER u. A. HORNIQ, Z. anorg. u. allg. Chem. 126 (1922). 116. 4, Vgl. dam 0. v. DEINES, Z. anorg. u. a&. Chem. 218 (1933), 183.

A. KURTENACKER u. E. FURSTENAU, Z. anorg. u. allg. Chem. 216 (1933). 265 und 269.

414 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band224. 1935

Gesehwindigkeit des Polythionatzerfalles Autokatalyse: FOERSTER und H O R N I ~ ) beobachteten be-

reits, daB die Zersetzung neutraler Tetra- und Pentathionatlosungen durch ein Reaktionsprodukt beschleunigt wird. Nach unseren Ver- suchen liuBert sich die Autokatalyse auch in schwach alkalischer und schwach saurer Losung, nlimlich ungefiihr zwischen p , = 8,9 und p , = 4,5. Fig. 1 zeigt dies an einigen Beispielen. Man sieht,

Fig. 1. Zerfall von Tetra- und Pentathionat bei 500 K m e I: S,O/-Zerfall bei pH = 5,6 (Versuch 4648) ,, 11: S,O,"-Zerfall bei p H = 4,6 (Versuch 49-51) ,, 111: S,O,"-Zerfall bei p H = 3,8 (Versuch 51a-53) ,, IV: S,O,"-Zerfall bei pH = 4,6 (Versuch 19-24)

daB die Zersetzungskurven den fur autokatalytischen Reaktions- verlauf charakteristischen Wendepunkt aufweisen. In stark alkali-

I

Fig. 2. Bersetzung von Pentathionat in Na,CO,-Losung bei 25O C. 250 cm5 Losung enthielten bei Versuchsbeginn 5 cm8 0,03 n-LaCI,,

6,08 Millimole SsO<, ferner in I = 15 Millimole Na,CO,, 0 Millimole S20c

I1 = 15 Millimole Na,CO,, 2,76 Millimole S,O;' I11 = 37,5 Millimole Na,CO,, 0 Millimole S,O,"

scher Losung macht sich keine Katalyse bemerkbar, wie man z. B. aus Rg. 2 entnehmen kann, in welcher der Verlauf des Penta-

1) F. FOERSTER u. A. HORNIG, Z. anorg. u. allg. Chem. 125 (1922), 116.

A. Kurtenacker, A. Mutschin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlosungen 415

0 0 4,81 0 0 5,02 0 0 2,38 3,09 1,50 1,33 1,59 0 0 3,OO 3,27 0 0 0 0 n. b. 3,42 4,37 4,67 0 0 0 0 0 0

- ~

ij 4 6 3

L-

86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99

100 101 102 103 104 105 106 107

~ ~

0,41

0,35

0926 0,11 0,24 0,52 0,45

0,62 0,66

0 0,99 n. b. 0,40

thionatzerfalles in Na,CO,-Losung bei Raumtemperatur graphisch dargestellt ist. In stark saurer Losung findet ebenfalls keine Auto- katalyse statt (vgl. unten).

Die katalytisch wirksamen Reaktionsprodukte sind Thiosulfat und Schwefel. Thiosulfat ist schon vor mehreren Jahren als Kataly- sator der Zersetzung von Tetra- und Pentathionat erkannt worded). Nach den in Tabelle 6 wiedergegebenen Versuchen 86-92 und

1,15 1,15 1,l 1,2 5,25 5,07 5,O

1,4 1,4 1,3 89,3 89,3 4,5 4,5 6,75 5,75 5,25 5,2 5,15

Tabelle 6 EinfluD von Thiosulfat und Schwefel auf den Polythionatzerfall

0,24 0 , s 0,24 0,24 - - -

1 - 1 - 1 -

5,94 5,94 5,94 1,86 1,86 - - - - - - -

- ~

u 0

64

El i3

~

~

50 50 50 50 25 25 25 20 20 20 20 20 20 50 50 50 50 50 50 25 25 25

- -

3 - - -

100 100 100 100 250 250 250 250 250 250 225 225 225 100 100 100 100 100 100 250 250 250

zu E

__ __ 7,94 7,94 7,94 7,94 6,50 6,50 6,50 6,18 6,18 6,18 - - -

6,07 6,07 8,28 8,27 8,27 8,27 6,50 6,50 6,50

Millimole

iind. 3,OO iind. 2,82 6 5 3,86 3,13 0,80 0,75 0,60 2,21 2,60 2924 6,33 6,33 8,05 4,56 3,63 3,35 6,s 6,5 6 3

- rn

5 -. -.

0 0,07 0 0 9 0 4 SPW 0,os 0,06 8,87 8,78 864 0 0,12 0,09 0 0 0 Spur 0,12 091 SPW Spur Spur

-

m - - spur 5,49 SPW 6,80 Spur 2,15 2,69 2.11 2,16 2,41 n. b. 9,87 L0,43 n. b. 0,21 0,19 3,92 4,70 4,69 Spur SPW SPW

96-98 auBert sich seine Wirkung in dem Bereiche zwischen pH = 8,9 und pH = 4,6. In 0,3 n-Na,CO,-Losung verursacht Thiosulfat keine Beschleunigung des Pentathionatzerfalles. Infolge Linksverschiebung des Gleichgewichtes (7) (S. 407) tritt eine etwas verminderte Neu-

Vgl. A. KURTENACKER u. M. KAUFMANN, Z. anorg. u. allg. Chem. 148

2, Die zu Beginn zugeaetzten Mengen S B 0 / oder S sind von den zur (1925), 225.

Zeit t festgestellten Werten abgezogen.

416 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeke Chemie. Band ,224. 1935

bildung von SzOl ' und eine entsprechend vermehrte Zersetzung des Pentathionates unter S-Abscheidung nach (6) ein. Man erkennt dies aus den Versuchen 93-95 der Tabelle 6 und aus den Kurven I und I1 der Fig. 2. Versuche bei pH < 4,6 wurden nicht angestellt, da Thiosulfat sich schon bei pH = 4 zu zersetzen beginnt.

Die katdytische Wirksamkeit des Schwefels ist auf einen sehr engen p=Bereich beschrankt. Bei pH = 8,9 und pH = 0,3 ist der Schwefel ohne EinfluB, bei pH = 5,6 ist nur eine geringe Wirkung festzustellen (Versuche 99, 100, 103-107). Den groBten katalytischen EinfluB besitzt der Schwefel bei pH = 4,5. In Versuch 101 zerfielen in Abwesenheit von Schwefel in 4'1, Stunden etwa 4% des an- gewandten Pentathionates, in Versuch 102 aber, in Anwesenheit von ungefahr 1 Millimol Schwefel 45%. Die gleiche Menge Thiosulfat bewirkt allerdings, daB schon in einer Stunde 63% Pentathionat zerfallen (Versuch 87)l).

E i n f lu B d e r Was s er s t o f f i o n e n ko n z en t r a ti o n : In den Versuchen der Tabellen 1, 2, 4, 5 wurde unter Gleichhaltung der sonstigen Bedingungen nur die Wasserstoffionenkonzentration ge- iindert. Die Versuche lassen also den EinfluB dieses Faktors auf die Zersetzungsgeschwindigkeit unmittelbar, allerdings nicht anschaulich erkennen. Wir suchten deshalb nach einem fur die graphische Dar- stellung geeigneten MaB der Zerfallsgeschwindigkeit und entschieden uns schliefilich dafur, die Geschwindigkeitskoeffizienten 1. Ordnung zu verwenden, denn die geschwindigkeitsbestimmenden Zersetzungs- reaktionen des Trithionates und jene der hoheren Polythionate auBer- halb des Bereiches der Autokatalyse sind sehr wahrscheinlich mono- molekular. Innerhalb dieses Gebietes weisen die Geschwindigkeits- koeffizienten 1. Ordnung aber auch hinreichende Konstanz auf, wenn die Umsetzung so weit fortgeschritten ist, daB die Katalysator- menge nicht mehr sehr zunimmt (vgl. z. B. Versuche 22-24, Tabelle 2). Die Geschwindigkeitskoeffizienten 1. Ordnung K wurden

berechnet. In der Gleichung 1 nach der Gleichung K = -log - t a - -5 bedeuten a und a - x die Konzentrationen des angewendeten Poly- thionates zu Beginn der Umsetzung und zur Zeit t. Die K-Werte iindern sich bei Anderung der Wasserstoffionenkonzentration und beim ubergang von einem Polythionat zum anderen um mehrere

a

I) Der zu den Versuchen verwendete Schwefel wurde nach dem S. 207 angefiihrten Verfahren von F. FOERSTER u. F. LANQE hergestellt.

A. Kurtenacker, A. Mutachin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlbsungen 417

Zehnerpotenzen. Es erwies sich deshalb als zweckmaSig, fur die graphische Darstellung an Stelle der Geschwindigkeitskoeffizienten K die ,, Geschwindigkeitsexponenten pg" zu verwenden, die sich aus der Beziehung p , = - log K ergeben. Die p,-Werte sind in den letzten Syalten der Tabellen 1, 2 ,4 , 5 angefuhrt und auf der Ordinate in Fig. 3 aufgetragen. Die Abszisse in Fig, 3 enthiilt die Wasser- stoffexponenten pH. Die Zersetzungskurven der hoheren Polythio- nate sind im Bereich der Autokatalyse gestrichelt, um anzudeuten, daB der Verlauf hier nicht ganz sicher ist.

Aus dem Diagramm in Fig. 3 ist folgendes zu entnehmen: Tri- thionat zersetzt sich innerhalb eines groBen pH-Bereiches, namlich

PM

- k i + . a . 8 . 6 - 4 . . * . r ' . 8 - -+?. ' Fig. 3. Zersetzungakurven der Polfihiomte

ungefiihr zwischen p , = 12 und p , =2-1 mit praktisch gleich- bleibender Geschwindigkeit. LrSngs dieses Kurventeiles vollzieht sich nach dem oben Gesagten die Reaktion

deren Geschwindigkeit also unabhiingig von der Wasserstoffionem konzentration ist. In stark alkalischer und stark saurer Losung nimmt die Stabilitat des Trithionates plotzlich ab. Im alkalischen Gebiet h h g t dies damit zusammn, daS an Stelle der Reaktion (1) der Sulfitzerfall nach

tritt, dessen Geschwindigkeit offenbar mit steigender Hydroxyl- ionenkonzentration zunimmt. In stark saurer Losung liegt, wie S. 413 angegeben, sehr wahrscheinlich Zerfall nach der Gleichung

vor. Die Zersetzungskurven von Tetra-, Penta- und Hexathionat

haben lihnliche Gestalt. Die Bestiindigkeit aller drei Polythionate

S,O," + H20 = S20," + SO," + 2H', (1)

2 s@," + 6 OR' = S20i ' + 4 SO;' + 3 H,O (2)

s,o," = s + so, +so q)' (15)

Z. anow. 0. allg. Chem. Bd. 224. 27

418 Zeitschrift fiir anorganische nnd allgemeine Chemie. Bend 224. 1935

nimmt von der alkalischen Losung ausgehend zuerst rasch, d a m langsamer, schlieBlich wieder rasch zu. Nach Durchlaufen eines Bestandigkeitsmaximums vollzieht sich in stark mineralsaurer Losung ein scharfer Abfall in der Stabilitat. Das Bestiindigkeitsmaximum liegt in etwa 0,l n-HC1 bis 2,5 n-HC1, und zwar verschiebt es sich mit steigendem Schwefelgehalt des Polythionates etwas gegen hohere Azidit iiten.

Untersucht man den Zusammenhang zwischen dem Verlauf der Bestiindigkeitskurven und den fruher besprochenen Reaktionen, so ergibt sich folgendes: Der Abfall in der Bestiindigkeit von Tetra- und Pentathionat im alkalischen Gebiet ist auf das Eintreten der Reaktion

2 S,O," + 6OH' = 5 S,O," + 3H,O (7) euriickzufuhren. In dem Bereich zwischen ungefahr p , = 8,9 und nicht zu starker Sslzsaure zerfallen Tetra-, Penta- und Hexathionat nach den Gleichungen

2 S406" = S306" + S,O," , (3)

(6)

(14)

S,O," = S + S4O;'

s,o," = s + s,o," . bzw.

Der Kurvenverlauf in diesem Gebiet hiingt damit zusammen, daI3 die zwischen p , = 8,9 und p , = 4,5 katalytisch wirksamen Stoffe Thiosulfat und Schwefel bei Erhohung der Aziditat ihre katalytischen Piihigkeiten rasch verlieren. In dem Gebiete der Stabilitiitsabnahme in stark mineralsaurer Losung treten an Stelle der oben angefiihrten Zerfallsreaktionen die Umsetzungen (15) und (16) (vgl. S. 413).

In beeug auf die relative Bestandigkeit der Polythionate unter- einander bestiitigt Fig. 3 die bekannte Tatsache, daI3 Trithionat im alkalischen Gebiet das bestiindigste Polythionat ist. Bei ungefiihr p , = 9 schneidet die Tetrathionatkurve die des Trithionates. Bis etwa p , = 2,5 ubertrifft Tetrathionat die ubrigen Polythionate an Bestiindigkeit, in noch starker saurer Losung tritt Pentathionat an seine Stelle. Eine Losung von Pentathionat in 0,5 n-HC1 ist die be- stiindigste Polythionatlosung uberhaupt. Wie Versuch 26 in Tabelle 2 zeigt, liiBt sich diese Losung ohne bedeutende Zersetzung durch etwa drei Wochen auf 50" erhitzen. Diese maximale Bestiindigkeit besitzt Pentathionat aber nur, wenn es sehr rein und besonders auch frei von Tetrathionat ist. Schon eine Beimengung von ungefiihr

A. Kurtenacker, A. Mutechin u. F. Stastny. Zersetz. v. Polythionatlosungen 419

10% Tetrathionat setzt die Bestandigkeit in 0,5 n-HC1 auf den fur reines Tetrathionat geltenden Wert herab.

Hexathionat ist in alkalischer, neutraler oder schwech saurer Losung sehr leicht zersetzlich. Die Losung in 0,5 n-NaC,H,O, z. B. zerfallt bei 50° in 15 Minuten zu SOO/O, in einer Stunde vollstiindig. Bis etwa p , = 2;3 bleibt Hexathionat das unbestiindigste Poly- thionat, dann wird es rasch vie1 bestiindiger als Trithionat, in starker Salzsaure ubertrifft es sogar Penta- und Tetrathionat an Be- s tandigbeit.

B ~ i h n , Deutsche technische Hochschule, Institut fiir analytische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 21. August 1935.