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Ueber die Skulptur der Gyrosigma. Von tVl[. Selaiff. tiierzu Taf. XVI Fig. I--VI. Unter dem yon H a s s a 11 vorgeschlagenen Namen G y r o s ig m a bezeichne ich vorl/iufig alle Arten des Genus Pleurosigma, die in der Skulptur mit den allgemein bekannten Gyrosigma hippocam- pus und balticum tibereinstimmen. Dieselben zeigen also beim ersten Anblick und schon unter einer sehr miissigen VergrSsserung aus- schliesslich oder vorwiegend (G. formosum) L/ings-und Querstreitbn, und ihre Zeichnung 15st sich dem Anschein nach in die durch diese Linien gebildeten Vierecke auf. Ausser den erw/ihnten Arten gehSren hierher yon den bekannteren noch die in fl'tiherer Zeit als Testobjekte ger~ihmten G. Spenceri, attenuatum, cuspidatum, acumi- nature und viele Andere, so dass fiir das eigentliche Genus Pleu- rosigma nnr wenige Arten tibrig bleiben, unter d6nen vielleicht rim" e in e, wahrscheinlich bis jetzt noch unbeschriebene, Sasswasser- species sein dtirfte. Betrachtet man eine Gyrosigma bei nicht starker VergrSsserung und bei gerader oder schiefer Beleuchtung, so sieht man in der That (wenn wir die grSsste hierhergehSrige Form G. formosum vorl/iufig ausnehmen) nut die der L/ingsachse parallelen und die queren auf ersteren rechtwinklich stehenden Streifen, wie dies in Fig. I bei a yon Gyr,)sigma balticum dargestellt ist. Die Skulptur dieser Diatomeen zeigt aber bei genauerer Betrachtung noch weiteres Detail, welches in den bis jetzt mir zug/hlglichen B~eschreibungen und Abbildungen vollst/i.ndig iibergangen ist. Bei einer guten VergrSsserung yon 400 und darfiber sieht man nicht mehr einfach die oft beschriebenen Vierecke, sondern man M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomic. Bd. 2. 19

Ueber die Skulptur der Gyrosigma

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Page 1: Ueber die Skulptur der Gyrosigma

Ueber die Skulptur der Gyrosigma.

Von

tVl[. S e l a i f f .

tiierzu Taf. XVI Fig. I - -VI.

Unter dem yon H a s s a 11 vorgeschlagenen Namen G y r o s ig m a bezeichne ich vorl/iufig alle Arten des Genus P l e u r o s i g m a , die in der Skulptur mit den allgemein bekannten Gyrosigma hippocam- pus und balticum tibereinstimmen. Dieselben zeigen also beim ersten Anblick und schon unter einer sehr miissigen VergrSsserung aus- schliesslich oder vorwiegend (G. formosum) L/ings-und Querstreitbn, und ihre Zeichnung 15st sich dem A n s c h e i n nach in die durch diese Linien gebildeten Vierecke auf. Ausser den erw/ihnten Arten gehSren hierher yon den bekannteren noch die in fl'tiherer Zeit als Testobjekte ger~ihmten G. Spenceri, attenuatum, cuspidatum, acumi- nature und viele Andere, so dass fiir das eigentliche Genus Pleu- rosigma nnr wenige Arten tibrig bleiben, unter d6nen vielleicht rim" e in e, wahrscheinlich bis jetzt noch unbeschriebene, Sasswasser- species sein dtirfte.

Betrachtet man eine Gyrosigma bei nicht starker VergrSsserung und bei gerader oder schiefer Beleuchtung, so sieht man in der That (wenn wir die grSsste hierhergehSrige Form G. formosum vorl/iufig ausnehmen) nut die der L/ingsachse parallelen und die queren auf ersteren rechtwinklich stehenden Streifen, wie dies in Fig. I bei a yon Gyr,)sigma balticum dargestellt ist. Die Skulptur dieser Diatomeen zeigt aber bei genauerer Betrachtung noch weiteres Detail, welches in den bis jetzt mir zug/hlglichen B~eschreibungen und Abbildungen vollst/i.ndig iibergangen ist.

Bei einer guten VergrSsserung yon 400 und darfiber sieht man nicht mehr einfach die oft beschriebenen Vierecke, sondern man

M. Schultze, Archiv f. mikrosk. Anatomic. Bd. 2. 19

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erkennt, dass die Kreuzungsplmkte der l,inien wie verdickte Knoten vorstellen.

Stellt man bei centrischem oder noch besser bei ganz geradem Lichte sehr genau ein. so sieht mlm, class diese Knoteu nichts sind als kleine dunkele (schwarze) gegen die L'Xngsachse s c h i e f g e- s t e l l t e Vierecke, welche weisse. (,ben so kleine Vierecke schach- brettartig zwischen sich thssen: wie dies (Fig. l b~ bei einer Ver- grSsserung yon 560 (Rapport des Objektivs 56) darsteIlt. In der Fig. V haben wir dasselbe Bild bei einer etwa 3000 maligen Ver- grSsserung, mit centrischem divergireudem Lichte dargestellt. Die Linie a b ist der Rand der Schaale.

Wit sehen also sowohl die Lttngslinien als die Querlinien be- stehen aus Reihen yon dunkeln Quadraten, (lie mit del~ Winkeln aneinander stossen. Sie erscheinen als I,inien nur (lurchIneinander- fliessen bei ungeniigender Definition. Die Vierecke. weh:he bisher bei den Gyrosigmen beschrieben waren, und die in Fig. Ia darge- stellt sind, existiren nicht, sie verdanken ihre Entstehung nur einer Irradiation der weissen Felder, wiihrend die schwarzen, nut an ihren breitesten Stellen, und hier zu Linien ineinander fiiessend ge- sehen wurden. Wenn man unsere Fig. V in sehr grosser Entfer- hung (fiir mein Auge etwa 5--6 Meterl betrachtet,, so erhSlt man die Vierecke yon Fig. I a. Es existiren also auf tier Gyrosigma eigentlich keine geraden Linien sondern nur schiefe sich durchkreu- zende Begrttnzungen der Vierecke.

Betrachtet man dies Schachbrett der Gyrosigma bei centrischem Licht, gentigender VergrSsserung abet" entweder bei ungentigend de- finirendem Objektiv oder bei zu femer Einstellung, so sieht man den Effekt der entstehenden noch unvollst/~ndigen Irradiation. Das Weisse vergrSssert sich nacb alien Richtungen auf Kosten des Schwarzen. Die schwarzen Felder rticken zuerst auseinander, bertthren sich nicht mehr, ihre Ecken runden sich ab und bald erscheinen sie wie lauter rundliche dunkele Flecken in weissem Felde. Unter diesen Bedin- gungen 0nan vergleiche ftir die weiteren Beweise die folgende Arbeit tiber die angeblichen Sechsecke der bilateralen Diatomeen) entstehen (lie Bilder. welche z. B. bei Gyrosigma Spenceri zu der Annahme ftihrten, dass ein gutes Mikroskop die Zeichnung in lauter dunkle runde Punkte auflSsen mtisse, wie man dies yon Q u e k k e t in seinem bekannten Werke tiber das Mikroskop abgebildet findet, derselben Tituschuug mag wohl die sonderbare Abbildung iln'en Ursprung

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verdanken, welche H o g g (the Microscope fifth edit. Fig. :~13) yon (;yrosigma formosum gibt.

Anders gestalten sich die Verh/~ltnisse bei schiefeln Lichte. 8chwach schiefes Licht in der Richtung der L~ingsachse gibt bie

dner VergrSsserung yon 500--700 die Fig. IL Man sieht noch gut die dunkeln Vierecke aber die Ecken sind nicht mehr ganz scharf, sie sind wie verl/ingert ',rod fliessen mehr ineinaMer, so dass die weissen Vierecke sieh schon etwas mehr abrunden. Dabei ist die yore Licht a b g e w e u d e t e Hii.lfto der schw~rzen Vierecke dunkler als die andere H/~lfte.

Fig. III stellt ein a.naloges Verhalten dar bei schwach sehiefem gegen die Achse rechtwinklich gerichtetem Lichte.

Dreht man aber das Objekt um 4.5 Grad, so das~ das Licht in einer den Begr/~nzungen tier Viered(e mehr parallelen Rich~ung ein- t~Ilt, so sieht man. wie dies Fig. IV zeigt, zun~chst schiefe Linien in der Richtung des untergestellten Pfeiles mehr hervortreten, und diese schiefen Linien sind schwi~rzer als die iibrigen Begr/~nzt(ngs- linien. Bei einer Drehung um 1,q0 Gn~d treten dieselben Linien in entgegengesetzter Richtung aus

Stellt man das Licht in der oben ~tngegebenen Richtung. aber n o c h s c hi e f e r ein. so erscheint hei st~rkerer VergrSsserung das Bild, welches in Fig. VI auf der linken 8eite der Linie aa wiedergegeben int. Die VergrOsserung ist dieselbe wie in Fig. V Man sieht die Erseheimmtz aber schon sehr sehSn bei 900 bin 1000facher VergrSsserun~'. Rechts yon tier Linie a a Fig. VI sieht man schematisch die Entstehung den Bildes anoedeutet, wie es sieh allmShlig helm Uebergang aus dem gerade~ ins schiefb Lieht herausstellt. Die gusserste geihe rechts, sind (lie dunkeln Viereeke bei nahezu geradem Liehte gesehen, lndem es in derzweiten Reihe schiefer wird', verschmSlert es die neiner Richtung parallele Dimen- sion tier dunkeln KSrper und liisst die hellen F15chen irradiiren. Die Vierecke, deren wahre ('ontouren noch durch einfache Linien in der Zeiehnung angedeutet sfnd. erseheinen unter dem Mikroskop jetzt nur noch in tier Gestalt ties sc'hwarzgezeichneten Fehles. Dan Weisse ist breiter anf Kosten des 8chwarzen. Wird das Lieht noch etwas sehiei>r, st) haben wir wnhre und nahezu regehnSssige Sechs- coke, wie sie links yon a a nach der Natm" gezeichnet erseheinen; das sehwarze Feld wird so sehmat, dass es nur noch als Contour ties Weissen erseheint: Letzteres sucht sich naeh allen RM~tangen mrs-

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29o I~. Sohiff,

zudehnen, unmittelbar neben dem dunkeln Felde muss der subjek- tive Eindruck dem objektiven unterliegen, welcher zeigt, dass schwar- zes und weisses Viereck, wo sie aneinander stossen, doch nur eine und dieselbe HShe haben. Je mehr wit uns aber gegen die Mitte des Weissen yon der Griinze des Schwarzen entfernen, um so ferner liegt die unmittelbare Vergleichung beider Felder, und um so mehr siegt die subjektive Verbreiterung tiber die objektive Form: d~ls weisse Feld scheint gegen seine Mitte zu immer mehr und mehr an HShenausdehnung zu gewinnen und nimmt yon der Mitte an in demselben Maasse wieder an HShe ab, wenn es sich dem folgendeu sehwarzen Felde niihert. Die weissen Felder mtissen auf diese Weise sechseckig werden, und diese Seehsecke erhalten schwarze Contouren, weil der Augenschein zeigt, dass doch auch zwischen den schwarzen Zwischenriiumen eine Communikation besteht, und dass weisse Felder nirgend unmittelbar aneinanderstossen. Unsere Zeich- nung zeigt die den Scheitelwinkel der Sechsecke einschliessenden Contouren auf der rechten Seite et~as breiter und stiirker als auf der linken. Dies kommt daher, dass wider meinen Willen das Licht, das gen~u in der Richtung des Pfeiles b einfallen sollte, etwas mehr iu der Richtung der punktirten Linie c abwich. Eine noch weitere Abweichung in dieser Richtung kann endlich die hier schmtt- leren Linien so viel schmttler maehen, dass sie ganz tibersehen wer- den und yon den Sechsecken nur die Ziekzacklinien gg', gg', gg' iu anscheinend weissem Felde tibrig bleiben. Das Analogon hiervon ist ebenfalls schon bei einigen Gyrosigmen als reelle Erscheinung be- schrieben worden und wit werden diese Art der Gesichtst~tuschung in der iblgenden Abhandlung erliiutern.

Wir haben uns in der vorstehenden Arbeit des Ausdruckes ,schiefe(( Beleuchtung nicht ganz ausschliesslich im gewShnlichen Sinne l)edient. GewShnlich versteht man unter ,schiefe'r~( Beleuch- tung uur die Beleuchtungsweise, bei welcher das Licht den auf dem Objekttische ausgebreitet gedachten Gegenstand in einer zur Achse desMikroskops schiefen Richtung erreicht. Man begreift abet, dass in Betreff der hier besonders berticksichtigten Irradiationswirkungen der Effekt derselbe sein muss, wenn alas Licht gerade dureh das Rohr des Instrmnentes geht, das Objekt aber nicht reehtwinklich z~tr Lichtrichtung, sondern in einer schiefen Ebene liegt. Wenn das 0bjekt eine gewSlbte Diatomeenschaale ist, die centrisch be- leuchtet wird, so fSllt d~s Licht, das eine ihrer Seiten beleuchtet,

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relativ sehief auf den Gegenstand und wird daher in Betreff der Irradiation alle Nachtheile schiefen Lichtes haben, w~ihrend das auf der Tangente dieser Stelle rechtwinkliche, also dem Sprachgebrauch nach nothwendig ~schiefer Licht, alas eigentlich ,gerade(c ist. Jede Zone einer stark gewiSlbten Diatomee, bedarf daher einer andern Lichtrichtung, damit sie gerade und am besten beleuchtet werde, und dadurch erklSrt sich tier Widerspruch zwischen den Ansiehten darer, welche fiir sehwierige GegenstSnde entweder centrales oder schiefes Licht vorziehen. Beide suchen das gerade Licht, aber die fixirte Zone des Objektes kann in unendlieh verschiedenen Ebenen liegen.

Andererseits begreift man, dass man an Diatomeen, die angeb- lich mit ~gerademc~ Lichte beleuchtet sind, an den verschiedenen Zonen alle m6gliehen Wirkungen des ,~schiefen,c Liehtes, abet nur bei ausnahmsweise giinstiger Lagerlmg und selten an nicht zer- broehenen und dadureh abgeplatteten Objekten, die des geraden beobaehten kann.

U e b e r die a n g e b l i c h e n Sechsecke der b i la tera l en D i a t o m e e n und i n s b e s o n d e r e der P l e u r o s i g m a

angulatum. Von

~[ . S c h i f f .

tIierzu Taf. XVI Fig. 1 -11 .

Nachdem ich bei tier Gyrosigma offenbare Vierecke dutch fehler- hafte Beleuchtung alhnRhlich ill Sechsecke sieh verwandeln sah, und diese Umwandlung in allen Stadien verfolgen konnte, nachdeln ich bei der Grammatophora schon vor zwei Jahren die Quadrate dutch absichtlich hervorgerufene Aberrationen sieh zu Sechseeken um- gestalten gesehen, die mit denen der Pleurosigma die grSsste Aehnlieh- keit hatten; mir dieses Jahr derselbe Versuch noch viel evidenter an einer grossen, grobgezeichneten VarietSt der Grammatophora gelungen war, lag die Frage sehr nahe, ob die Seehsecke der Pleurosigma, trotz ihres deutlichen Auftretens nieht einer 5hnlichen Verzerrung yon Vier- eeken ihren Ursprung verdanken. Diese Frage finder sieh um so eher gerechtfertigt, als ich in meinen fr~theren Untersuchungen fiber