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480 Berthelot : Synthese der Amcisenslure. suchung zeigte entschieden die Abwesenheit von Insekten oder Kryptogamen , und der erfoIglose Versuch , die grune Xylochlijrinsaure ahnlich zu spalten, wie diess F r C m y mit dem Chlorophyll gelungen ist, beweist ferner, dass die neue Saure auch mit diesem Farbstoff nicht identisch ist. Die rothe Substanz hat viele Aehnlichkeit mit dem sogen. Cyanin oder Paracarthamin, unterscheidet sich aber doch durch einige Eigenschaften von diesem. Ich hatte fur eine genauere Untersuchung nicht geniigendes Naterial, glaube aber, es sei nicht uninaglich, dass die grune und die rothe Substanz denselben Ursprung haben. LXXXI. Ueber die S ynthese der Ameisensaure. Von Berthelot. (Compt. rend. t. 59, p. 616.) An den organischen Kiirpern finden wir ofters Eigen- achaften, die so verschieden von denen sind, welche wir an den mineralischen Substanzen zu treffen gewohnt sind, dass es auf den ersten Blick unmijglich erscheint, sic durch nor- male Wirkung der Affinitaten zu erkliirrn. Gerade die Existenz clieser Eigenschaften an den naturlichen organi- achen Kijrpern hat j a zur Annahme einer Lebenskraft ge- f'uhrt, welche bei ihrer Bildung mitwirken soll. Die Ameisen- saure ist ein recht geeignetes Beispiel fur das Gesagte. Wenn inan 1 Aeq. (46 Theile) dieser Saure verbrennt, indem man sie in Wasser und Kohlensaure ubcrfiihrt, so werden dabei 96 Warmeeinheiten erzeugt *). Nun enthiilt *) Nach Versuchcn von F av re und Si 1 b c r m3 nn. Dicsclben geben auch noch eine andere Zahl (88), welche sie mit Hiilfe eincr empirischcn Curve ableiteten, die sic fiir die Rcihc dcr S&uren con- struirtcn. Ich ziehe abcr die crste durch Vcrsuchc gcwnniiene Zahl vor, weil mir vcrschiedene hier nicht zu erijrtendc Griinde gcgen dic Richtigkeit der Curve in ihrem Anfange, also gerade fur die Arneisens.iure sls erstes Glied der Reihe zu sprechen schcincn.

Ueber die Synthese der Ameisensäure

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Page 1: Ueber die Synthese der Ameisensäure

480 Berthelot : Synthese der Amcisenslure.

suchung zeigte entschieden die Abwesenheit von Insekten oder Kryptogamen , und der erfoIglose Versuch , die grune Xylochlijrinsaure ahnlich zu spalten, wie diess F r C m y mit dem Chlorophyll gelungen ist, beweist ferner, dass die neue Saure auch mit diesem Farbstoff nicht identisch ist.

Die rothe Substanz hat viele Aehnlichkeit mit dem sogen. Cyanin oder Paracarthamin, unterscheidet sich aber doch durch einige Eigenschaften von diesem. Ich hatte fur eine genauere Untersuchung nicht geniigendes Naterial, glaube aber, es sei nicht uninaglich, dass die grune und die rothe Substanz denselben Ursprung haben.

LXXXI. Ueber die S ynthese der Ameisensaure.

Von Berthelot.

(Compt. rend. t. 59, p. 616.)

An den organischen Kiirpern finden wir ofters Eigen- achaften, die so verschieden von denen sind, welche wir an den mineralischen Substanzen zu treffen gewohnt sind, dass es auf den ersten Blick unmijglich erscheint, sic durch nor- male Wirkung der Affinitaten z u erkliirrn. Gerade die Existenz clieser Eigenschaften an den naturlichen organi- achen Kijrpern hat j a zur Annahme einer Lebenskraft ge- f'uhrt, welche bei ihrer Bildung mitwirken soll. Die Ameisen- saure ist ein recht geeignetes Beispiel fur das Gesagte.

Wenn inan 1 Aeq. (46 Theile) dieser Saure verbrennt, indem man sie in Wasser und Kohlensaure ubcrfiihrt, so werden dabei 96 Warmeeinheiten erzeugt *). Nun enthiilt

*) Nach Versuchcn von F a v r e und Si 1 b c r m 3 nn. Dicsclben geben auch noch eine andere Zahl (88), welche sie mit Hiilfe eincr empirischcn Curve ableiteten, die sic fiir die Rcihc dcr S&uren con- struirtcn. Ich ziehe abcr die crste durch Vcrsuchc gcwnniiene Zahl vor, weil mir vcrschiedene hier nicht zu erijrtendc Griinde gcgen dic Richtigkeit der Curve in ihrem Anfange, also gerade fur die Arneisens.iure sls erstes Glied de r Reihe zu sprechen schcincn.

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Berthclot: Syiithese dcr AmciscnsLure. 4s 1

die Ameisensaure bekanntlich die Elemente des Kohlenoxyds und des Wassers : CZH20, = CZOZ + H20Z, und kann auch wie ich gezeigt habe, durch Verbindung dieser Elemente dargestellt werden (s. dies. Journ. 68, 146).

Bei Verbrennung des Kohlenosy ds zu Kohlensaure werden aber nur 67 Warmeeinheiten frei , also bedeutend weniger als oben angegeben. Die Difierenz kann durch das Wasser, einen vollkonimen verbrannten Korper , nicht ersetzt werden; j a sie wird noch grosser, wenn man die Warme in Rechnung bringt, welclie in dem Augenblick frei wird, wo das gasformige Kohlenoxyd in eine flussige Verbindung ubergeht.

Die Verbindung, welche man clurch directe Synthese erhlilt , ist auch nicht Anicisensaure, sondern anicisensanres Kali, bei dessen Entstehung durch Vereinigung der schon gebildeten Saure mit der Base 14 Warnieeinheiten erzeugt werden. Wenn man nun auch annimmt, ilass diese Wiirme bei Synthese des ameisensmren Salzcs aus Kohlenoxyd mitgewirkt habe, so komnit man doch noch nicht auf clit. Warmemenge , welche bei Verbrennnng der Ameisensiiurr entsteht. Letztere ist trotz allcr Hypothesen vie1 grijsser als die bei Verbrennung clcs liohlenoxyds entstchende ; sie ist fast gleich der , welche sich entwickelt , wenn der Kohlen- stoff der Ameisensaure, also eigentlich der des Kohlenoxyds, zu Kohlensaure verbrennen wiirde. Es ist also als hiitte der Kohlenstoff noch gar keine Verbrennung erlitten.

Darnach scheint es , als wtire bei der Bildung dcr Ameisensiiure eine umgekehrte Arbeit von der vor sich gc- gangenen, welche anfanglich ilurch die normalen Affinitiiten bei Bildung des Kohlenoxyds verrichtet wurde. Wenn d i e s Resultat niir in den lebenden Weeen stattfsnde, so wiirde man genothigt sein , ein ansnahmsweises Spiel einer nenen Kraft anzunehmen, die den Affinitaten entgegen wirkt. Ich habe aber gezeigt , dass die Ameisensaure durch directe Synthese unter dern Einfluss rein chemischer Umstiinde erhalten werden kann. Es finden sich daher die anor- malen Charaktere , welche wir an den natiirlichen organi- when Stoffen beobachten, auch an den kunstlich erzeugten wieder.

31 Journ. f. pmkt. Chemie. XCIV. 3.

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482 Berthclot: Synttlcse der AnicisenqBure.

Was aber diese Bildung der Ameisensaure und die sie begleitende scheinbar negative Arbeit besonders inter- essant macht, ist der Umstand, dass es sich hier urn eine directe Verbindung handelt , mit welcher durchaus die Bil- dung irgend einer anderen Substanz nicht zusammenfallt, durch welche etwa ein Zuwachs an lebsndigcr Kraft her- vorgerufen wiirde, der grosser ist als dcrjenige, welcher bei der Metamorphose des Kohlenoxyds in Ameisensiiure latent wird. Es handelt sich, ich wiederhole es , um eine directe Sy nthese.

Es kommt jedoch bei Erklarung dieser Verhaltnisse ein specieller Unistand init in Betraclit, tl. i. clic: Mitwirkiing der Zeit bei Bildung dieser Vertiinclung. Die Absorption des Kohlenoxyds durdi das Rali geiit in der That nicht augenbliclilich vor sich , j a bei gewiihnlicher Temperatur muss eine mchrmonatliche Beriihrung stnttfinden.

Sie geht so allmiihlich vor sich wie gewisse langsame Wirkungm des Lebensprocesses und dorch eine graduelle Aufspeicherung der lebentligen &aft , welche das Resultat eines noch unerkliirten Mechanismus ist.

Da das Licht das einzige Agens zu sein scheint, wel- ches fahig ist, W’irkungen dieser Art bei gewolinlicher Tern- peratur hervorzitbringen , und man weiss, welche wichtige Rolle es bei Bildung dcr vegetabilischen Hauptstoffe spielt, so habe ich versucht , den Einflnss festzitstellen, welclien das Licht bei Synthese der Ameisensaure ausiibt. Ich brachte in 3 Rijhren von j e 60 C.C. Inhalt 2 C.C. einor wassrigen Kalilijsung , die ungefahr 4 ihres Gemichts Kali enthielt , fiillte dann die Rtjhre vnll Kohlenoxydgas und schmolz sie 211. Die eine Rohre wurde horizontal in eine eiserne Rohre gclegt und in volliger Dunkelheit anfbewahrt; eine andere legte ich horizontal aiif den Tisch des Labora- toriums, also in diffuses Licht, und die dritte wiirde dem Sonnenlicht wiihrend des Monats September (1863) ausge- setzt. Nach einem Monat wurclen nlle 3 Rijhren unter Quecksilber geoffnet; in der ersten waren 13 C.C., in der zweiten 12 und in dcr dritten Riihre war noch weniger ab- sorbirt worden.

Page 4: Ueber die Synthese der Ameisensäure

Boivin u. Loiseau : Iialksaccharate. 483

Es scheint also das Licht bei Synthese der Ameisen- saure keinen Einfluss auszuiiben. Der Mechanismus bei dieser Synthese ist anderer Art.

LXXXII. Ueber die Kallrsaccharate.

Vo n

Boivin und Loiseau.

(Bericht von P e 1 ou z e.)

(Compt. rend. t. 59, p. 1078.)

3ekanntlich lost sich Kalk in Zuckerwasser in betriicht- licher RIenge auf, und nach P e l i g o t , der sich damit be- schaftigt hat, entatehen dabei zwei Verbindungen, ein ein- basisches Saccharat, C,2€I,tOIi, CaO, wclches sich in der Kalte bildet, und ein dreibasisches, C12H11011, 3.Ca0, nrelches sich aus dem vorigen beim Erhitzen auf 90-looo ab- scheidet.

Die Verf. bestreiten die Bildiing des einbasischen Snlzcs unter den gegeberien Bedingungen, wollen aber ein neutrales Kalksaccharat mittelst einer siedenden Zuckerlosiing erhal- ten habeD. In der Kslte bildet sich nach ihnen bei jeder Concentration der Zuckerltisung ein zweibasisches Salz, welches von Alkohol mit der constanten Zusammensetzung C I ~ H I I O ~ ~ , 2.Ca0 ausgefiallt wird.

Hiergegen kann man einwenden, dass das zweibasische Salz ebensogut eine Losung von Kallr in neutralem Saccha- rat sein kann, dass man auf der aiideren Seite mieder das einbasische Saccharat als ein Gemisch von 1 Aeq. Zucker und 1 Aeq. zweibasischem Saccharat, oder 2 Aeq. Zuclier und 1 Aeq. dreibasischem Saccharat betrachten kann. Al- kohol scheidet daraus ein zweibasisches Salz ab , man kijnnte also dessen Przexistenz darin annehmen, aber aus diesem zweibasischen Salz fiallt bei looo dreibasisches aus, also kann auch diess vorher gebildet gewesen sein. Die ganze Ansicht iiber die Zusammensetzung der Kalksaccha-

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