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1562 407. Hermann W. Vogel: Ueber die Verschiedenheit der Ab- sorptionaspectren eines und desselben Stoffes. Antwort auf die Ilemerkungen des Ern. J. loser. (Eingegangen am 29. Juli.) In Heft XII, S. 1416 wiederholt Hr. Moser seinen von mir bemangelten Satz: ,Jede chemische Verbindung hat ihr eigenes Spectrum' und fiigt hinzu: ,das Spectrnm einer Verbindung ist nicht gieich der Summe der Spectren der Elemente. In diesem Zusamnien- hange ist der Satz ausgesprochen und in diesem Sinne wird der Satz durch die Untersuchungen des Hrn. Vogel nicht im mindesten eingeschrankt." Darauf bemerke ich, dass die im ersten Satze enthaltene Be- hauptung durch den zweiten Satz nicht im mindesten gestiitzt wird. Wenn das Spectrum einer Verbindung nicht gleich der Summe der Spectren ihrer Elemente ist, so folgt daraus noch lange nicht, dass jede Verbindung ihr eigenes Spectrum besitzen miisse. Man kann daher sehr wohl den zweiten Satz zugeben und dennoch den ersten be- kampfen. Hr. Moser hat sogar selbst den betreffenden ersten Satz in seiner Abhandlung wiederholt selbststandig ohne Verbindung rnit dem zweiten ausgesprochen'), er thut dieses auch [seine Form wesentlich erweiternd] am Schlusse seiner ,Erwiderung' und wenn Hr. Moser sagt: ,Ich habe den Satz nicht fur Absorptionsspectren isufgestellt (wie meine Worte Isuten), sondern fiir alle Spectren mit Hilfe der Absorptionsspectren zu beweisen gesucht', so muss ich bemerken, dass ich in seiner ganzen Abhandlung vergeblich nach einem Beweise fir den, schon vor Moser ausgesprochenen Sate gesucht habe. Hr. Moser hat thatsachlich nur ein einziges Absorptions- spectrum einer Verbindung nlher untersucht (namlich das der NO,) und halt den angegebenen Satz fiir richtig unter der Vor- ilussetzung [s. S. 187 und 197 seiner Abhandlung in Poggendorff's Annalen Bd. 160, S. 1771, dass das Kirchhoff'sche Qesetz iiber das Verhiiltniss zwischen Emission und Absorption auch fur niedere Tem- 1) So auf S. 195 und 197 seiner Abhandlung. Welchen Werth Hr. Moser auf diesen Sntz lagt, geht aus S. 178 seiner Abhandlung hervor: ,,die Aufgabe meiner vorliegenden Abhandlung ist es, nachznweisen - - dass jede chemische Ver- hindung ihr oigenes Spectrum hesitzt." Und mit dieser Entscheidung der Frage siud die Greuzen der von Kirchhoff und Bunsen der Forschung erschlosse- nen Gebiete nicht etwa enger gesogen, nein - durchbrochen und neue weite Theile eriiffnet. Denn - ich will vorgreifend nur anf e i n Beispiel hinweisen - die ge- sammte organisuhe Chemie wird der epectralaualytischen Forschung zug8;uglich. e Den1 gegentiber darf ich web1 auf die bekannte Thatsache hinweisen, dass das Gebiet der organischen Chemie schon lange vor Herrn Moser durch die Arbeiten B re w s t e r ' s, G1 a d 8 t on e 's , S t o k e s '8, R e yn ol d s', S o r b y's , An g s t r 6; m's, H ag e n b a c h's, H o p p e- S e y ler's, Vier or dt 's u. A. der Spectralanalyse zugbng- lich gemacht worden ist.

Ueber die Verschiedenheit der Absorptionsspectren eines und desselben Stoffes. Antwort auf die Bemerkungen des Hrn. J. Moser

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Page 1: Ueber die Verschiedenheit der Absorptionsspectren eines und desselben Stoffes. Antwort auf die Bemerkungen des Hrn. J. Moser

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407. Hermann W. V o g e l : Ueber die Verschiedenheit der Ab- sorptionaspectren eines und desselben Stoffes. Antwort auf die

Ilemerkungen des Ern. J. l o s e r . (Eingegangen am 29. Juli.)

In Heft XII, S. 1416 wiederholt Hr. M o s e r seinen von mir bemangelten Satz: , J e d e c h e m i s c h e V e r b i n d u n g h a t i h r e i g e n e s S p e c t r u m ' und fiigt hinzu: ,das Spectrnm einer Verbindung ist nicht gieich der Summe der Spectren der Elemente. In diesem Zusamnien- hange ist der Satz ausgesprochen und in diesem Sinne wird der Satz durch die Untersuchungen des Hrn. V o g e l nicht im mindesten eingeschrankt."

Darauf bemerke ich, dass die im e r s t e n Satze enthaltene Be- hauptung durch den zweiten Satz nicht im mindesten gestiitzt wird. Wenn das Spectrum einer Verbindung n i c h t gleich der Summe der Spectren ihrer Elemente ist, so folgt daraus noch lange nicht, dass jede Verbindung ihr eigenes Spectrum besitzen miisse. Man kann daher sehr wohl den zweiten Satz zugeben und dennoch den ersten be- kampfen. Hr. M o s e r hat sogar selbst den betreffenden ersten Satz in seiner Abhandlung wiederholt s e l b s t s t a n d i g ohne Verbindung rnit dem zweiten ausgesprochen'), e r thut dieses auch [seine Form wesentlich erweiternd] a m Schlusse seiner ,Erwiderung' und wenn Hr. M o s e r sagt: ,Ich habe den Satz nicht fur Absorptionsspectren i sufges te l l t (wie meine Worte Isuten), sondern fiir alle Spectren mit Hilfe der Absorptionsspectren zu b e w e i s e n gesucht', so muss ich bemerken, dass ich in seiner ganzen Abhandlung vergeblich nach einem B e w e i s e fir den, schon vor Moser ausgesprochenen Sate gesucht habe.

Hr. M o s e r h a t t h a t s a c h l i c h n u r e i n e i n z i g e s A b s o r p t i o n s - s p e c t r u m e i n e r V e r b i n d u n g n l h e r u n t e r s u c h t (namlich das der NO,) und halt den angegebenen Satz fiir richtig unter der Vor- ilussetzung [s. S. 187 und 197 seiner Abhandlung in P o g g e n d o r f f ' s Annalen Bd. 160, S. 1771, dass das K i r c h h o f f ' s c h e Qesetz iiber das Verhiiltniss zwischen Emission und Absorption auch fur niedere Tem-

1 ) So auf S. 195 und 197 seiner Abhandlung. Welchen Werth Hr. M o s e r auf diesen Sntz lagt, geht aus S. 178 seiner Abhandlung hervor: ,,die Aufgabe meiner vorliegenden Abhandlung ist es, nachznweisen - - dass j e d e c h e m i s c h e V e r - h i n d u n g i h r o i g e n e s S p e c t r u m hes i tz t . " Und mit dieser Entscheidung der Frage siud die Greuzen der von K i r c h h o f f und B u n s e n der Forschung erschlosse- nen Gebiete nicht etwa enger gesogen, nein - durchbrochen und neue weite Theile eriiffnet. Denn - ich will vorgreifend nur anf e i n Beispiel hinweisen - die ge- sammte organisuhe Chemie wird der epectralaualytischen Forschung zug8;uglich. e Den1 gegentiber darf ich web1 auf die bekannte Thatsache hinweisen, dass das Gebiet der organischen Chemie schon lange vor Herrn M o s e r durch die Arbeiten B r e w s t e r ' s, G1 a d 8 t o n e 's , S t o k e s '8, R e y n o l d s', S o r b y's , An g s t r 6; m's, H a g e n b a c h's, H o p p e - S e y ler 's, V i e r o r d t 's u. A. der Spectralanalyse zugbng- lich gemacht worden ist.

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peraturen gelte. Die Zolirssigkeit dieser Voraussetzung bedingt aber die Richtigkeit des gedachten Satzes ganz und gar nicht. Hr. M o s e r ignorirt dabei ganzlich die, auch in meiner Abhandlung S. 1370 hervor- gehobene T h a t s a c h e , dass, soweit unsere Erfahrungen reichen, alle E l e m e n t e i n f e s t e r u n d f l i i s s i g e r Form qualitativ dasselbe Spectrum liefern und nur im gliihenden Gaszustande ihre e i g e n e n Spectra zeigen.1) Dieser Thatsache gegeniiber sind wir gar nicht berechtigt anzunehmen, dass die z u s a m m e n g e s e t z t e n Korper, deren Molekularaggregation eine vie1 complicirtere ist , im festen und fliissigen Zustande ,eigene Spectra' (analog den einfacheu Gasen) zeigen werden und wenn es dennoch in einzelnen Fallen geschieht, so sind die Griinde dafiir v o l l s t a n d i g u n b e k a n n t .

Ich glaube nicht, dass meine aus w i r k l i c h e n , z a h l r e i c h e n B e o b a c h t u n g e n abgeleiteten Resultate durch blosse Wiederholung u n b e w i e s e n e r B e h a u p t u n g e n nur im geringsten alterirt werden konnen und brauche ich auch gegeniiber der neuen Behauptung des Hrn. M o s e r S. 1419 des vorigen Heftes: ,,Jede L i j s u n g hat ihr eigenes Spectrum' auf meine Untersuchungen hinzuweisen, aus denen hervorgeht, dass dieser Satz noch weniger Berechtigung auf allgemeine Giiltigkeit hat als der erste.

Schliesslich kann ich nicht umhin dagegen Einspruch zu erheben, dass mir Hr. M o s e r in den ersteo Zeilen seiner Erwiderung Fragen und Behauptungen unterlegt, die ich weder der Form n o c h d e m S i n n e nach ausgesprochen habe. So ist die mir zugeschobene Behaup- tung , ,Ein K o r p e r h a t a l s o k e i n e i g e n e s S p e c t r u m ' eine ganz willkiirliche Umdeutung meiner Aussage: D e r fiir A b s o r p t i o n s - s p e c t r e n a u f g e s t e l l t e S a t z : J e d e r R o r p e r h a t s e i n e i g e n e s S p e c t r u m , i s t n u r u n t e r g r o s s e n E i n s c h r a n k u n g e n z u - Iassig 2).

Weon gegneriscbe Bebauptongen in dieser Weise umgeandert werden diirfen, so ist jede sachliche Polemik unmiiglich.

408. L. C l a i s e n und J. S h a d w e l l : Die Synthese d e r Brenz- traubensaure.

(Eiugegangen am 31. Juli.)

Trotz mannigfacher Untersuchungen hat es noch immer nicht gelingen wolleu , iiber die Constitution der Brenztraubensaure vijllige Klarbeit zu gewinnen, resp. die von Wich e l h a u s zuerst aufgestellte Forniel CH, . C O . C O O H endgiltig zu bestatigen. So fasst B6 t -

*) Siehe auch die Berichte der Berliner Akademie 1878, S. 429. a ) Unter welchen Einschritnkungen derselbe z u l i t s s i g ist, habe ich bereits auf

S. 1369 und 1370 dieser Berichte und in dem Berichte der Berliner Akademie 1878 S. 429 angegeben.