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Ueber die Zuverl~,ssigkeit yon Heizversuchem Von A, Wagner. ~Eine vollst~ndige Klarlegung dieser ftir die Feuerungskunde so wichtigen Frage ist um so nothwendiger, als die erhobenen Einw~nde auf alle bisher verSffentlichten Rauchgasanalysen Anwendung finden mtissen und somit die Heizversuchsstation Manchen nieht allein treffen. Diese Worte in der Erwiderung des Herrn Dr. Bunt e*) auf racine Bemerkungen fiber die Zuverl~tssigkeit yon Rauchgasanalysen **) ermuthigen reich, auf den angeregten Gegenstand noch einmal zuraek- znkommen, da er doeh allgemeineres Interesse zu bieten seheint. Der Haupteinwand, welehen ieh gegen den Werth der Resultate tier Mtmehener Heizversuehsstation erhoben hatte und dessen Gewicht Herr Dr. B u n t e v6Ilig, anzuerkennen scheint, grttndete sich darauf, dass die Einrichtung besagter Station eine viel zu primitive ist, als dass sieh hiermit exaete Resultate hStten erzielen lassen, so dass die Versuchsfehter in Folge der mangelhaften Methoden manchmal selbst mehr ausmaebten, a ls der ganze Unterschied. in den Versuchsobjeetem Die haupts~eblichste Unvollkommenheit des Apparates der tIeiz- versuehsstation liegt darin, dass das Gesammtquantum der bei dem Ver- brennungsproeesse in's Spiel kommenden ease night direct gemessen werden konnte~ sondern nut indirect aus sehr kleinen Proben dieses nngeheuere Gasvolumen berechnet werden musste. Als einen weiteren h6chst wesentlichen Fehler machte ich besagtem Apparate zum ¥orwurf, dass bei demselben gar keine ¥orsorge ftir Ent- nahme yon richtigen Proben aus den Rauchgasen zur chemischen Ana- lyse getroffen war, indem dieselben vollst~ndig willkfirlieh entnommen wurden, w'~hrend sic doch in einem eonstanten Verh~ltnisse zum Haupt- *) Diese Zeitschrif~ 20~ 163. **) Diese Zeitschrift 19~ 43~. Fr esenius, Zei~sehrif?; fi an~,ly~, ehemle. XX, J~hrgang. ~2

Ueber die Zuverlässigkeit von Heizversuchen

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Page 1: Ueber die Zuverlässigkeit von Heizversuchen

Ueber die Zuverl~,ssigkeit yon Heizversuchem

Von

A, Wagner.

~Eine vollst~ndige Klarlegung dieser ftir die Feuerungskunde so wichtigen Frage ist um so nothwendiger, als die erhobenen Einw~nde auf alle bisher verSffentlichten Rauchgasanalysen Anwendung finden mtissen und somit die Heizversuchsstation Manchen nieht allein treffen.

Diese Worte in der Erwiderung des Herrn Dr. B u n t e*) auf racine Bemerkungen fiber die Zuverl~tssigkeit yon Rauchgasanalysen **) ermuthigen reich, auf den angeregten Gegenstand noch einmal zuraek- znkommen, da er doeh allgemeineres Interesse zu bieten seheint.

Der Haupteinwand, welehen ieh gegen den Werth der Resultate tier Mtmehener Heizversuehsstation erhoben hatte und dessen Gewicht Herr Dr. B u n t e v6Ilig, anzuerkennen scheint, grttndete sich darauf, dass die Einrichtung besagter Station eine viel zu primitive ist, als dass sieh hiermit exaete Resultate hStten erzielen lassen, so dass die Versuchsfehter in Folge der mangelhaften Methoden manchmal selbst mehr ausmaebten, a ls der ganze Unterschied. in den Versuchsobjeetem

Die haupts~eblichste Unvollkommenheit des Apparates der tIeiz- versuehsstation liegt darin, dass das Gesammtquantum der bei dem Ver- brennungsproeesse in's Spiel kommenden ease night direct gemessen werden konnte~ sondern nut indirect aus sehr kleinen Proben dieses nngeheuere Gasvolumen berechnet werden musste.

Als einen weiteren h6chst wesentlichen Fehler machte ich besagtem Apparate zum ¥orwurf, dass bei demselben gar keine ¥orsorge ftir Ent- nahme yon richtigen Proben aus den Rauchgasen zur chemischen Ana- lyse getroffen war, indem dieselben vollst~ndig willkfirlieh entnommen wurden, w'~hrend sic doch in einem eonstanten Verh~ltnisse zum Haupt-

*) Diese Zeitschrif~ 20~ 163. **) Diese Zeitschrift 19~ 43~.

F r e s e n i u s , Zei~sehrif?; fi an~,ly~, ehemle. XX, J~hrgang. ~2

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strom h/itten stehen sollen. Ieh hatte als Beweis ffir die Nothwendig- keit einer votlkommenen Anlage, in welcher die beiden besagten Fehler- quellen vermieden sind, die am P e t t e n k o f e r ' s e h e n Respirations- apparate gesammelten Erfahrungen angefi~hrt, naeh welchen das anfang- liehe Ausserachtlassen der Ft~rsorge fiir Entnahme einer richtigen Probe zur Analyse unsichere und oft ganz unbrauehbare Resultate ergeben ha t t e . Erst durch Anbringung einer hSehst sinnreichen mechanisehen Einriehtung~ dutch welche selbstthatig stets ein constant bleibender Bruehtheil des Hauptstromes zur Analyse entnommen wurde, erlangte der Respirationsapparat seine Brauchbarkeit.

Bei dem Respirationsapparate wurde der Hauptstrom durch eine auf ihre richtige Angabe gepr~ffte Stationsgasuhr exact gemessen, tIatte man die hohen Ausgaben hierfar ersparen und die ~fenge des Haupt- stromes auf billigere Art bc<stimmen wollen, so hgtte man otme Zweifel lauter unbrauehbare Resultate erhalten. Da bei den Heizversuehen es sich um ein ungeheueres Gasvolumen des tIauptstromes handelt~ z. B. bei Yel-such Nr. 36 ~im 232000 cbk#~ innerhalb 7 Stunden, so ware zur Messung desselben die Ansehaffung der allergrSssten Stationsgasuhr n0thig gewesen. Um die Kosten hierfi~r und die hierbei erwaehsenden technisehen Sehwierigkeiten zu umgehen, war bei der Heizversachs- station ursprtinglieh die Anwendung der L i n d e 'sehen ealorimetrischen Methode*) zur Bestimmung der Gasmenge projeetirt, yon welcher an angefOhrter Stelle Herr Professor H o y e r im ~Namen der fiir die Heiz- versuehe eingesetzten Commission constatirt, dass diese .elegante Be-. stimmung der Yerbrennungstemperatur~ sowie der Gasmengen einen grossen Theil der Schwierigkeiten aus dem Wege ger/~umt hat, die his- her mit derartigen Untersuehungen verbunden waren. Herr L i n d e gab die eigentIiehe Anregung zur Grandung der Manchener Heizver- snchsstation und alas ganze Unternehmen War reinzu auf seine Methode tier Bereehnnng des Gasvolumens basirt. Der erste ~,[isserfolg der Heiz- versuchsstation war tier, dass die L i n d e ' s e h e Methode sieh unver- wendb~r zeigte, indem die Temperatur tier Rauehggse vor dem Eintritt in den zweiten Kessel zu hoeh war, um mit dem Quecksilberthermo- meter bestimmt werden zu k0nnen. Es musste somit, da die ganze Anlage bereits fertig hergestellt w~r, Zu tier xNothhatfe gegriffen werden, alas Gesammtvolumen tier Rauchgase auf chemischem Weg ~us kleinen,

*) Bayr. Indas~rie- unct Gewerbeblatt 1876, p. 148.

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Wagner: Ueber die Zuverlgssigkeit yon Heizversuehen. 485

~vfllk~rlichen Proben, welehe ohne alle Rt~eksieht auf die Yer~nderungen

in Quantit~t und Qualit~t des Hauptstromes entnommen wurden, zu-

berechnen.

Dazu war bei den Versuehen der Heizversuehsstation im Yergleiehe

~um Respirationsapparate ein h6chst ung~nstiges VerMltniss zwisehen

dem ¥olumen der zur Untersuehung ~erwendeten Proben und dem des

(~esammtstromes. So wurde z. B. bei dem Versuche Nr. 34 der Heiz-

~ersuehsstation ein Gesammtvolumen yon 232102 cbkm Raucbgasen inner-

halb 7 Stunden producir t , wovon nur 10 bis 1 8 / zur ehemisehen Ana-

lyse verwendet wurden; hieraus bereehnet sieh fur je 1 Stunde:

3 3 1 5 7 0 0 0 l Rauehgase und nut 1,43 bis 2,57 / Probe. Bei dem

Respirationsapparate dagegen betrug der Hauptstrom in 24 Stunden

~irca 300 cbkm, wovon etwa 100 l zur Probe verwendet wurden ; hieraus

bereehnet sich Nr je 1 Stunde: 12500 / Hauptstrom uM etwa 4

Probe. Wie diese Zahlen beweisen, liegt somit das Verh~ltniss zwisehen

dem ¥olumen des Hauptstromes und dem der entnommenen Probe hOehst

ungilnstig bei dem Heizversuehsapparate im Vergleich zum Respirations-

apparate. Es w~re also bei dem ersteren die Erzielbarkeit einer welt

grOsseren Oenauigkeit dureh vollkommenere Einriehtung nOth_ig gewesen,

im Yergleieh mit letzterem.

Wie steht es abet in Wirkl iehkei t? Bei dem Iteiz~ersuehsapparate

fehlen al!e Bedingungen zur Erzielung der erforderliehen Oenauigkeit,

indem der Hauptstrom weder direct gemessen, noeh eine riehtige Probe

aus demselben zur Analyse entnommen werden kann, w~hrend der

Respirations~pparat allen diesen Anforderungen entsprieht.

Nan kOnnte vielleieht den Einwand erheben, bei den tteizversuehen

sei Nr die Proben lange niebt die Genauigkeit nSthig, wie bei dem

Respirationsapparate, well bei ersteren es sieh um eine an Kohlens~ture

welt reiehere Luft handelt als bei letzterem. Ein soleher Einwand w~re

deshalb vOllig unbegranclet, well es vollst~tndig gleicbgtiltig ist far das

Resultat, ob man aus n Nill igramm Kohlens~ure, welehe in der Probe

gefunden wurden und mit dem Fehler -4-a ~Iilligramm behaftet sind,

auf n Gramm Kohlens~ure hn Hauptstrome schliesst, oder ob man aus

n Gramm Koblens~ture der Probe bei einem Fehler yon _+ a Oramm auf n Kilogramm im Hauptstrome reehnet.

Wie gesagt, der Apparat tier Heizversucbsstation ist viel zu primitiv und unvollkommen angelegt, als dass mit demselben seiner Bestimmung

gentigt werden kOnnte. I)em Zweeke jeder Untersuehung muss die Voi1- 32*

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486 Wagner: Ueber die Zuverl/issigkeit yon Heizversuchen.

kommenheit des Apparates angepasst sein; so genagt z. B. eine ordin~re Wage far sehr viele Zwecke, ohne dass man sie deshalb etwa far eine Atomgewiehtsbestimmung mit verwenden darf. Hat man kein voll- kommneres Instrument zur ¥erfagung, so ist es besser, eine solche Bestimmung zu untertassen? als sie nnvollkommen auszufahren. Ge- fade so verh~lt es sich auch mit dem Apparate der Heizversuehsstation~ mit welchem sich zwar einzelne einfache Untersuehnngen ausfiihrea lassen, w~hrend damit die • gestellte Aufgabe, alle Bedingungen de~ Verbrennungsprocesses zu erforschen, keineswegs gelSst werden kann.

H~tte die Heizversuehsstation die in Folge der primitiven Ein- richtung ihrer Untersuchungsweise unvermeidlichen Fehler selbst erkannt~ und ihre ersten Resultate auch 5ffentlich als blosse Versuche ausgegeben~ durch welche die Fehlergrenzen des Apparates und hierdurch die Brauch- barkeit oder Unbrauehbarkeit desselben h~tte erforscht werden sollen~ so w~re gegen ein solches ¥erfahren gewiss kein Einwand zu erheberr gewesen. Nun hat aber besagte Station zuerst 5ffentlict~, und nicht ohne Ger~useh, das teehnisehe Publicum eingeladen, seine Kohlen bei~ der Manchner tteizversuchsstation um 220 Mark pro Sorte untersuehen zu lassen und welt sparer die ersten grSsseren Versuchsreihen ver5ffent-

lieht. Dureh diese Einladung musste der Techniker glauben, die Ein- richtung der Station sei so vollkommen und sehon so erprobt, class die- selbe auch far sigher richtige Resultate garantire n kSnne. Dass aber die Wirkliehkeit dieser ¥oraussetzung nicht entspricht, beweisen die verOffentlichten Versuchsreihen besagter Station, nach welchen z. B. far ein nnd dieselbe bOhmisehe Kohle bei gleicher Einrichtung des Appa- rates das eine real (ira Versueh Nr. 36) 6~17 und das andere real (ira Versueh Nr. 39) 5067 W~rmeeinheiten gefunden wurden, w~hrend bei den iibrigen Versuehen mit dieser Kohle lauter bunt dazwisehen liegende Zahlen, wie 634~; 5705; 5733 etc. anzutreffen sind. Wa~ kSnnen denn solche differirendeZahlen natzen? Hat es ferner einen Sinn, aus solehen den Mittelwerth 6062 zu berechnen?

Untersuchungen solcher Art, wie sie die Heizversuchsstation ver- 5ffentlieht hat, k~nnen weder der Theori% noeh tier Praxis yon Nutzen sein. Man darf die Versuehe besagter Station noeh so genau studiren, man wird bei so unsicherer Grundlage nichts far die Theorie verwerth- bares Iqeues hierin finden kSnnen. Aber auch far die Praxis kanrr man keinen neuen Gewinn hieraus ziehen~ denn dass z. B. die west- ph~lisehen und die Saarkohlen ira grossen Durehsehnitt vorzt~glieher sind

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als die bShmisehen, und diese wieder besser ats die oberbayerischen Xohlen~ das ist wohl jedem t)raktiker l~ngst bekannt. Es kann der iPraxis nur durch die Aufstellung bestimmter Zahlen gentitzt werden, welche das Werthverh~tltniss besagter Kohlensorten gegenseitig exact zu vergleichen gestatten. Diese Zahlen mtissen dann jedoeh vollst~ndig uichere sein und dtirfen nicht als ~ittelzahlen aus so sehlecht stimmen- den Yersuchen, ~vie es bei der tIeizversuchsstation der Fall ist, ge- ~Tonnen werden. Hat man aber ffir eine b5hmisehe Kohle Zahlen zwischen 6417 (Versuch ~r. 36) und 5067 (Versuch Nr. 39) und ftir eine oberbayerische Kohle Zahlen zwischen 5876 (Versuch Nr. 42) und 5599 (Versueh Nr. 45) erhalten, wie li~sst sieh hier der Werth dieser beiden Kohlen praktiseh mit einander vergleichen? Ferner ist gegen den praktischen Werth yon Xohlenuntersuchungen der wohlbegrfindete Einwand zu erheben, dass dis oieweilig gefundenen ResuItate nlcht anf Xohten yon anderer Liefermlgszeit, tibertragen werden dfirfen. So spricht ~ieh z. B. der um alas Gasfach hoch verdiente Ingenieur H o r n in Bremen fiber den Yorsehlag der Erriehtung einer Yersuchsanstalt fot- gendermaassen aus *): >>Ein im Februarheft d. J. entbattener Vorschlag tiber Erbafiung yon ¥ersuchsanstalten ffir dis Vi[erthbestimmung yon Kohlensorten veranlasst reich, meine Ansiehten fiber diesen Gegenstand in Kfirze mitzutheilen. Abgesehen yon der sonstigen Unausffihrbarkeit .des ¥orsehlages bin ieh der Meinung, dass die Resultate der Versuehe 1)raktiseh ohne Werth sind . . . . Auch die ehemische Analyse, welche nur das Yerhi~ltniss der Urbestandtheile ermitteln kann, ist praktiseh ~)hne Werth. Im Allgemeinen weiss man wohl, diese oder jene Kohle ist far die Gasbereitung eine vorzfigliehe; aber ob man die gate Kohle ~auch wirklieh erb~lt, weiss Keiner und daher sehe ieh aueh in Er- baunng yon Versuchsanstalten keinen Nutzen, well man sich erstens :nicht fiberzengen kann, ob man bestimmt die Kohle erh~tlt, die man ~ersucht h~t, und zweitens die Resultate des wirklichen Betriebs ganz anders ausfallen werden, als die des ¥ersnchs . . . . Die ¥ersuehs- anstalt wfirde ein Seheinresultat ergeben.<,

Nach diesen allgemeinen Betracht~ngen sei es mir noeh geStattet, ~uuf die Einzelheiten in der Erwiderung des Iterrn Dr. B u n t e kurz einzngehen.

*) Journal fiir Gasbeleuchtung 1869, p. 171.

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488 Wagner: Ueber die Zuverl~ssigkei~ yon Heizversuchen.

a) Z u r F r ~ g e t i e r r i e h t i g e n E n t n ~ h m e y o n G ~ s p r o b e n wt threnc t d e r g a n z e n V e r s u c h s d a u e r .

Herr Dr. B u n t e erw~hnt, *) dass die Kohlens~urebestimmung der unter 1) uncl 2) genannten verschiedenen Rauchgasproben mit der Gas- btlrette ausgeftlhrt wurden, und dass, um ~schttrfere Controlen<~ zu er- halten, die Kohlens~ure in der unter 3) genannten Gasprobe sparer' durehweg gewiehts~nalytiseh bestimmt wuiode etc. ttierzu ist zu be- merken: Der Ausdruck >>Controle¢ ist-hier gar nicht am Platze, indem das Ergebniss einer exacten Analyse unmOglich dutch das einer appro- ximativen controlirt werden kann. Die Bestimmungen bei 1) and 2) mittelst clef Gasbtirette k6nnen aber nur approximative sein, wtthren4 die Bestimmung bei 3) naeh exacter ~Iethode ausgefahrt ist.

Herr Dr. B u n t e finder (siehe Tabelle anf pag. 172) als mittterea wahrscheinlichen Fehler im Kohtens~uregehalt der Rauchgase 0,24 % uncl als wahrscheintiehe Abweiehung 0,35 ~ . Es handett sich jecloch keineswegs um den mittleren wahrseheinliehen Fehler, sondern am den g r 5 s s t e n m 5 g I i e h e n Fehter, da man in keinem Falle sicher ist, dass man es nieht mit letzterem zu thun hat. in besagter Tabelle ist die gr6sste Differenz 0,60 bei 9,41 und 10,01 ~ Kohiens~uregehalt.. Bei 9,41 macht jedoeh eine Unsicherheit yon 0,60 bereits sehon einen mOgliehen Fehler yon 6,3 off in der Gesammtmenge der Kohlens~ure aus.

Ferner sind far die yon Herrn Dr. B a r i t e auf pag. 169 u. L als Beispiele angeftthrten Einzelproben nur solehe ausgewi~hlt 7 bei wel- chen keine' sehr grossen Schwankungen im Kohlenstturegehalte vorkommen; so in einem Fa l le nur zwischen 7,0 und 9,5. Es sind also hier nur verhi~ltnissmiissig sehr gt~nstige F~lle herbeigezogen. Wie steht es aber in unglil~stigen~ wie etwa bei Versuch Nr. 72, bei welchem der Kohlen: Sguregehalt der Rauehgase innerhalb kurzer Zeit yon 7,4 auf 18,2 schwankt? Wie in e i n e m solche~h F a l l e e i n e w a h r e D u r c h - s c h n i t t s z a h l e r l a n g t w e r d e n k a n n , h i e r i i b e r i s t m i r H e r r Dr. B a r i t e j e d e A n t w o r t s c h u l d i g g e b i i e b e n ! Fiir solange, als mir das Rttthsel nicht enthtitlt wird, wie man dieses Kunstst~lck trotz der mangelhaften Yersuchsanlage ausfiihren konnte, muss ich die Re- sultate der Heizversuchsstation als sehr zweifelhafte Scheinresultate er- kl-~xen. Gerade solche schtimme Fi~lle eingehender zu besprechen, w~tre. ftir die Ermittelung der Fehlergrenzen welt vortheilhafter gewesen~ ~Is

*) Diese Zei~schrift ~0~ 169.

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W~gner: Ueber die Zuverl'assigkeit yon Heizversuchen. 689

die Anfiihrung einiger besonders ganstigen F~tlle. Bei jeder neuen,

also noch nicht erprobten, Untersuehungsart muss man sieh urn die

grSssten/e-ehler, welehe dureh die gew~hlten 5/Iethoden eintreten kSnnen,

kammern und nieht blos urn die mittleren, da rnan far einen speeiellen

Fal l nieht sieher ist, ob man es nur rnit dem rnittle~'en oder rnit dern

grSsstrnSgliehen Fehler zu thun haben wird.

Herr Dr. B u n t e beantwortet sehliesslieh die Frage naeh dern

Einflusse eines Fehlers yon 0,35 % im Kohlensiiuregehalt der Rauch-

gase dahin: es ergibt sich irn Mittel eine Differenz yon nur 0,4 ~o /

des totalen Heizwerthes. Derselbe abersieht hierbei, dass die Heiz-

versuchsstation versprochen hat, nieht allein den totalen Heizwer~l eines

Brennrnaterials zu bestirnrnen, sondern auc]~ alle Urnsti*nde des Ver-

brennungsproeesses zu beraeksiehtigen. Wenn auch dieser Fehler gegen-

tiber den zahlreichen anderen Fehlerquellen far die Bestimmung des

totalen Heizwerthes unbedeutend erscheint, so rnaeht er sich bei der

Beurtheilung des Verbrennungsproeesses irnmerhin sehon sehr geltend.

0der ist z. B. ira gersueh INr. 1 bei einern Kohlensguregehalt der Rauch-

gase yon 3,95 off ein Mehr oder Weniger yon 0,35 gleiehgt~ltig?

Uebrigens, wo ist denn die Garantie gegeben, dass der Fehler nieht

grSsser als 0,35 sein kann? Den Beweis hierfar ist Herr Dr. B u n t e

vSllig sehuldig geblieben! In einzelnen ganstigen Fallen rnag vielleieht

tier Fehler wirklieh nicht grSsser sein; wie gross er aber irn u~-

gtinstigsten sein kann, hieraber vermisse ieh jeden Anhaltspunkt!

Ferner rnaeht rnir Herr Dr. B u n t e den Einwand, dass, wenn

auch 152 kcj Kohle zu je einern Versuehe verwendet wurden, die Re-

sultate alle auf je 1 leg Kohle bereehnet worden seien, und kommt zu

dem aberraschenden Schlusse, dass, obgleich bei dem Versuehe 152 tag Kohle verbrannt und nur 10 l Rauchgase zur Probe entnornrnen wurden,

dennoch aus 10 1 Gasprobe nur auf 10 bis 20 cbl¢sa Rauehgas, :welehe

bei Verbrennen yon 1 kg Kohle entstehen warden~ geschlossen sei.

Dieser Schluss ist vOllig unrichtig! Bei dern Versuche sind in Wirk-

lichkeit 152 kg Koh!e verbrannt und aus dem hierbei entstandenen u~l-

geheueren Gasvolurnen nur 10 1 zur Probe verwendet worden. Das ist die positive Orundlage des Versuehes! 0b man nun die Resultate auf

je 100 kg, oder je 1 kg, oder je 1 g, oder je 1 ~ng Kohle bereehnet,

bleibt v{511ig gleiebgaltig und ~tndert gar niehts an der positiven Grund-

lage des Versuches.

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490 Wagner: Ueber die Zuverl£,~sigkeit yon Heizvel~uchen.

b) Z u r F r a g e d e r F e h l e r in d e n E i n z e l b e s t i m m u n g e h .

Herr Dr. B u n t e gibt selbst zu~ dass eine wirkliche Best.immung yon G rSssen wie 0,01 75 Y~sserstoff oder Kohtenoxyd wegen der un- vermeidtichen Beobachtungsfehler unmSglich ist. Far wen stellt man dann abet solche Zahlen als exaete Wer theh in? Die Faehchemiker werden allerdings den Unwerth dersetben sofort einsehen; die reinen Praktiker aber, ftir welche doch vorwiegend: die Resultate der Heiz- versuehssta~tion bestimmt sind, werden die Zahl 0 , 0 i far gerade so sicher hinnebmen und verwerthen, wie et, wa die Zaht 10,0, Warde z. 13. bei der Kohlenstoffbestimnumg einer Eisensorte dureh Elementar- analyse ein eingeschaltetes Ohlorcaleiumrohr am 1 ~ng an Gewicht zu- nehmen, d~irfte man hieraus far das Eisen einen Wasserstoffgehalt yon etwa 0,01 off berechnen, oder mtlsste man diese kleine Zunahme blos einer Fehlerquetle zuscbreiben und vSltig ausser Rechnung lassen 9 In diesem Falle w~irde woht kein Zweffel sein. Ich bin iiberhaupt der Ansieht~ man solte Werthe~ far deren "Richtigkeit man nicht einstehen kann, nieht durch absolute Zahlen ausdrgcken wolIen. Lieber wende man noch Ausdrt~eke wie etwa: ~geringe Spuren¢ an, welt dieser, tier

• Unbestimmba.rkeit angepasste Ausdruck zu keinem Irrthum Anla~ss geben kann, wahrend angef~hrte Zahten immer gls baare Miinze genommen zu werden pflegen.

Herr Dr. B u n t e sagt ferner, da bei 0~1 ~ Wasserstoff lind Kohten- oxyd in 10 t Rauehgasen 8 mg Wasser und 20 s,g Kohlensgure sat analytischen Bestimmung gel~nge~: ,Wenn auch nur die H~,lfte dieser ~engen sieher besthnmt werden kann, so shad die Angaben auf 0,05 genau.<, Ist, ~ber nut die Hgl~te sicher bestimmbar, so betragt der absolute Fehler nieht 0~05 ~ , sondern 50 ~ ! Dieser Fehler sotl naeh Herrn Dr. B u n t e nur 0~2 bis 0 , 4 ~ bei der Bestimmung des totalen Heizwerthes ausmaehen. Es handelt sieh aber, wie schon Ofters er- wghntj nicht blos um die Bestimmung des tot~len tteizwerthes, sondern um alle Verhgltnisse des Yerbrennungsprocesses. Wenn nnter 72 Y~llen in 34 die Produete der unvoltstandigen Verbrennung sicb" nicht ge- nagend sicher bestimmen lassen~ so vertieren die hiertiber im 13ericbte der Heizversuehsstation angestellten zahlreichen Betraehtungen doch sehr an ihrer Grundtage.

Den yon mir erhobenen Einwand, dass bei gleichzeitiger Gegenwa~'t yon Xohlenoxyd und Kohlenwasserstoffen in den Rauebgasen die Be-

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Wagner: UebBr ctie Zuverl~ssigkeit yon Iteizversuehen. 491

stimmungen durch Verbrennen mit Kupferoxyd vSllig unbrauchbar

werden, sueht Herr Dr. B u n t e durch den Hinweis auf die Publication

yon S t 5 e k m a n n *) zu widerlegen. Hierbei ist yon ihm fibersehen

worden, dass die S t 5 c k m a l l n ' ache Berechnungsweise nur dann nieht

zu grossen Unsicherheiten f~ihrt, wenn es sich um bedeutende Quanti-

t~ten handelt ; S t 5 c k m a n n selbst fiihrt an : ~)Etwaige Fehler werden

dureh die grossen Quantit~ten, mit denen man operirL ausgeglichen.<~

Bei den geringen Mengen brennbarer Gase, welche in der Mehrzahl

der Falle in den Rauchgasen enthalten sind~ w~tre die Anwendung der

S t 5 c k m a n n ' schen Bestimmungsart absolut unanwendbar gewesen.

Was meinen Einwand gegen die Sauerstoffbestimmung mittelst der

B u n t e ' s e h e n Biirette anbelangt, so meint Herr Dr. B u n t e durch

Herabfliessenlassen Yon etwas Wasser aus dem Trichteraufsatze liesse

sieh der yon mir erhobene Einwand wegen der Sehwierigkeit des Ab-

lesens leicht beseitigen. Ieh habe die B u n t e ' s c h e Btirette h~ufig ver-

wendet~ finale aber an derse]ben einen Haupttibelstand.

Bei jeder Bfirette muss man bekgnntlich, naehdem man so viel

Flfissigkeit aus derselben hat auslaufen lassen, bis der gewtinschte Zweck

erreicht ist, dieselbe einige Minuten stehen'lassen~ his die Flfissigkeit

an den Wandungen der R6hre gehSrig abgelaufen und alas Niveau con-

stant geworden ist ; erst dann darf man ablesen. Verf~thrt man in dieser

Weise bei der B u n t e ' schen Bfirette, nachdem man nach der Vorschrift

des Herrn Dr. B u n t e**) durch Drehen des oberen Hahnes das Mess-

rohr mit dem Wasser im Trichter in Verbindung gesetzt ha L so er-

h~lt man kein constant bleibendes ~Niveau, indem best~tndig etwas Wasser

aus dem Trichter an den Wgnden herabtropft, wie folgender Versuch

beweisen kann. Die Btirette wurde mit Luft fiber Wasser geffillt; der

Wasserstand war bei Theilstrich 0,8; der untere Hahn war geschlossen;

das I~[essrohr war -zuvor durch Drehen des oberen Hahnes mit dem

Wasser im Trichter in Yerbindung gesetzt worden, iNach 5 Minuten

war tier Wasserstand bei Theilstrich 1,2; nach 10 Minuten bei 1,4;

nach 15 Minuten bei 1,6 und nach einer Stunde bei 2,0. Welche Zalfl ist bier abzu]esen? Durch etwaiges Schtiessen des oberen Hahnes

lgsst sich dieser Uebelstand nicht bcseitigen, well dann wieder die

Frage entsteht, nach welcher Zeit man den oberen Hahn schliessen darL

*) Diese Zeitschrift 147 47. **) Diese Zeitschrift 177 33"2.

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492 Wagner: tJeber die Zuverlgssigkeit yon Heizversuchen.

c) Zur F r a g e des p h y s i k a l i s c h - t e e h n i s e h e n T h e i l s . Die Differenzen in den Angaben versehiedener Beobaehter fiber

die specifische W~rme des Eisens berahrt Herr Dr. Bun te gar nicht und erledigt diese Frage blos mit dem Einwande: >>Was hat die spe- cifisehe W~rme des Eisens bei 300 o mit der W~trmeabgabe eines Dampf- kessels zu thun?<< Ieh habe nirgends gesagt, dass der Dampfkessel eine Temperatur yon 300 o besitzt; ich habe blos die abweiehenden Angaben

versehiedener Beobaehter tiber die speeifische W~rme des Eisens bei Temperaturen yon 0 bis 350 o angefahrt. Weshalb abet die Heizver-

suehsstation for das Eisen des Herdes die speeifische WSrme zu 0,11; far das des Kessels zu 0,113 angenommen hat, hieraber vermisse ich jede Aufkl~rung, wie aueh iiber die grossen Untersehiede bei Annahme der speeifischen W~rme des Fiehtenholzes und des Thons.

~eine Ein~-~nde tiber den physikalisch-teehnischen Theil fertigt Herr Dr. B u n t e kurz damit ab: >>Dass die Summe s~mmtlicher dureh

Strahlung verlorener W£rme nur den 20. Theil oder 5 ~ (des totalen Heizwerthes) ausmaeht.<< Hierzu muss ieh bemerken: Herr Dr. Bun t e ~erfolgt durchg~tngig bei jeder der einzelnen Bestimmungsweisen d i e Entsehuldigung, der bei der fraglichen Bestimmungsweise wahrsehein- liche mittlere Fehler betr~gt nur wenige Proeent des totalen Heiz- werthes und ist deshalb ohne wirldiehen Einfluss auf das Resultat.

D ie se A u s r e d e i s t de r r o t h e F a d e n , w e l e h e r s i eh d n r c h s ~ m m t l i e h e B e s t i m m u n g e n de r H e i z v e r s u e h s s t a t i o n h i n d u r e h z i e h t !

Sie w~re ja ganz am Platze, wenn das Endresultat nur aus sehr wenigen Bestimmungen sich zusammensetzen warde. Z~hlt man abet die sehr vielen und h~iufig nm" auf willkarlicher Grundlage beruhenden Einzelbestimmungen im physikalischen und ira chemisehen Theil der Heizversuche zusammen, so kann die Summe der sehr vielen kleinen Unsicherheiten eine grosse Unsieherheit als Resultat erzielen. Dazu kommt noch, man ist hie sicher, ob bei einer Einzelbestimmung der wahrscheinliche mittlere Fehler oder der gr6sstmtigliehe auftreten' wird i und ob sieh diese Fehler zuf~illig theilweise compensiren oder ob alle auf eine Seite fallen werden. Dass alle Fehlerquellen grossen Einfiuss auf das Resultat ~iussern kSnnen, beweisen die Versuche der Heizstation selbst am deutlichsten; hat man niimlich far ein und dieselbe Kohle ein real (Versuch Nr. 36) 6417 und das andere real (Versuch :Nr. 39) 5067 W~irmeeinheiten als totalen Heizwerth gefunden, so weiss man i~

Page 11: Ueber die Zuverlässigkeit von Heizversuchen

Wagner: Ueber (]as Verhalten yon Braunstein und Chlor]~alk etc. @=93

Wirklichkeit gar nichts fiber den Werth dieser Kohlensorte und alle ~ahe bei diesen Versuchen war umsonst!

Wenn Herr Dr. B u n t emi r gegen~lber bemerkt, in meiner kritischen Abhandlung fin@ er keine Andeutung~ in welcher Weise den bestehen- den Sehwierigkeiten abzuhelfen sei, so muss ich-ihm entgegenhalten, class der sichere INachweis, ein eingeschlagener Weg fahre nicht zum Ziele, indem er nnr Scheinresultate und Selbstt~uschungen bringen kann, gewiss nicht ohne allen Werth ist.

Ueber das Verhalten yon Braunstein und Chlorkalk beim Gl~ihen mit

Chromoxyd und kohlensaurem ~atron unter Ausschluss der Luft. Yon

A. Wagner.

Da ~anganhyperoxyd bei starker Hellrothgl~ihhitze so viel Sauer- stoff abgibt, dass Manganoxyduloxyd zurt~ckbleibt, so muss der Werth des k~ufiichen Braunsteins aus der Menge des abgegebenen Sauerstoffs bestimmbar sein. Eine directe Messung des abgegebenen Sauerstoff- volumens w~re jedoeh mit ziemlichen Umst~ndlichkeiten verbunden; leicht l~sst sich dagegen die oxydirende Wirkung desselben auf ein glfihendes Gemenge yon Chromoxyd und kohlensaurem I~atron unter Ausschluss tier Luft bestimmen. Hierzu verfuhr ich in folgender Weise: In eine 25 cm lange und 8 his 9 ,~m weite~ hinten zugeschmolzene Ver- brennungsrShre gab ich etwas doppelkohlensaures Natron~ darauf das innige Gemenge des abgewogenen feinsten Braunsteinpul~ers (0,3 bis 0,5 g) mit t~berschassigem Chromoxyd und kohlensaurem iNatron, sodann noch eine Schicht eines reinen Gemenges der beiden letzteren. Die so be- schickte RShre wurde durch Kork mit einem Glasr~hrchen verbunden, an welches durch ein mit Ouetsehsehraube versehenes Kautschukrohr eine GasleitungsrShre befestigt war. Die beschickte R6hre kam in den Verbrennnngsofen, wobei die erwahnte GasleitungsrShre bei geSffneter Quetschschraube in einige Tropfen Quecksilber, des Luftabschlusses halber, eingetaucht wurde. Zuerst wurde zur Yertreibung der Luft das doppel- kohlensaure Natron gelinde erw~rmt; hierauf das Gemenge yon Chrom- oxyd mit kohlensaurem ~'atron und dann erst die den abgewogenen Braunstein enthaltende Schicht in's Gltihen gebracht. Die volle Gluth des Verbrennungsofens liess ich dann noch 8 bis 10 Minuten w~hren, wobei schliesslich das Entweichen yon Gasblasen (CO2) aus der Gas-