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446 H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungsprodukte. Berberin: Amah1 ccm 1/m-Normal-KJ verbraucht Berberin: 1. 15,l 2,52 3. 14,8 2,47. durch 10 g der Wurzel: 2 15,3 29% Mitteilung aus der medizinisohen Abteilung des Universitith- Laboratoriums Freiburg i. B. Ueber Digitoxin und seine Spaltungsprodukte. Von H. Kiliani. (Eingegangen den 30. VII. 1899.) Das Digitoxin kann nach meinen friiheren Mitteilungen I) sehr leicht und glatt gespalten werden in Digitoxigenin und Digitoxose. Fiir das erstgenannte, wasserunlosliche Spaltungsprodukt war aus dem Metallgehalte einer hubsch krystallisierenden Kaliumverbindung die Formel CaaHsa04 als die wahrscheinlichste abgeleitet worden; die Busammensetzung der Digitoxose dagegen blieb noch vgllig zweifelhaft, dieselbe konnte ebenso gut CgHlsOs wie CgH19O4 sein. Die neueren Versuche haben nach beiden Richtungen hin bestimmte Entscheidung gebracht : Digitoxigenin ist sicher CB Has 04 und Digitoxose zweifellos C6 His 04. Da ferner besondere Versuche, welche mit grosster Sorgfalt angestellt wurden, zu dem Resultate fiihrten, dass eine zweite Zuckerart bei der Spaltung nicht auftritt, llsst sich jetzt auch mit weit grtisserer Sicherheit eine Formel fiir das Digitoxin selbst aufstellen : Dieselbe wird CuHwOli sein. Ueber die Thatsachen, auf welche sich diese Ansichten stutzen, sowie ilber verschiedene andere Beobachtungen, welche mit dem Thema in Zusammenhange stehen, sol1 im Folgenden berichtet werden. 1. Digitoxose. Die Formel C6Hla04 ergiebt sich aus der Untersnchung des Oxims und der entsprechenden Carbonslure. Oxim der Digitoxose. 0 , 5 g reine Digitoxose wurden mit der berechneten Menge festen Hydroxylaminchlorhydats vermischt und beide zusammen in dem Quivalenten Volumen Normalsoda-Losung auf- genommen. Nach 2 ttigigem Stehen w&de im Vakuum vollsthdig ein- 1) Dieses Archiv 233, 311. - 234, 481.

Ueber Digitoxin und seine Spaltungsprodukte

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Page 1: Ueber Digitoxin und seine Spaltungsprodukte

446 H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungsprodukte.

Berberin: Amah1 ccm 1/m-Normal-KJ verbraucht Berberin:

1. 15,l 2,52

3. 14,8 2,47.

durch 10 g der Wurzel:

2 15,3 29%

Mitteilung aus der medizinisohen Abteilung des Universitith- Laboratoriums Freiburg i. B.

Ueber Digitoxin und seine Spaltungsprodukte. Von H. Kil iani .

(Eingegangen den 30. VII. 1899.)

Das Digitoxin kann nach meinen friiheren Mitteilungen I) sehr leicht und glatt gespalten werden in Digitoxigenin und Digitoxose. Fiir das erstgenannte, wasserunlosliche Spaltungsprodukt war aus dem Metallgehalte einer hubsch krystallisierenden Kaliumverbindung die Formel CaaHsa04 als die wahrscheinlichste abgeleitet worden; die Busammensetzung der Digitoxose dagegen blieb noch vgllig zweifelhaft, dieselbe konnte ebenso gut CgHlsOs wie CgH19O4 sein. Die neueren Versuche haben nach beiden Richtungen hin bestimmte Entscheidung gebracht : Digitoxigenin ist sicher CB Has 0 4 und Digitoxose zweifellos C6 His 04. Da ferner besondere Versuche, welche mi t grosster Sorgfalt angestellt wurden, zu dem Resultate fiihrten, dass eine zweite Zuckerart bei der Spaltung n ich t auftritt, llsst sich jetzt auch mit weit grtisserer Sicherheit eine Formel fiir das Digitoxin selbst aufstellen : Dieselbe wird CuHwOli sein.

Ueber die Thatsachen, auf welche sich diese Ansichten stutzen, sowie ilber verschiedene andere Beobachtungen, welche mit dem Thema in Zusammenhange stehen, sol1 im Folgenden berichtet werden.

1. Digitoxose. Die Formel C6Hla04 ergiebt sich aus der Untersnchung des

Oxims und der entsprechenden Carbonslure. Oxim der Digitoxose. 0 ,5g reine Digitoxose wurden mit

der berechneten Menge festen Hydroxylaminchlorhydats vermischt und beide zusammen in dem Quivalenten Volumen Normalsoda-Losung auf- genommen. Nach 2 ttigigem Stehen w&de im Vakuum vollsthdig ein-

1) Dieses Archiv 233, 311. - 234, 481.

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getrocknet und der Ruckstand in einem K6lbchen rnit absolutem Alkohol digeriert. Da hierdurch ausser dem Oxim auch Spuren von Kochsalz in LBsung gegangen waren, fugte ich schliesslich noch das gleiche Volumen Aether hinzu, filtrierte dann erst und liess die Losung abermals im Vakuum verdunsten. Ich gewann so weisse, seiden- gltinzende, konzentrisch angeordnete Nadeln vom Schmelzpnnkt 102O '), tiusserst leicht loslich in Wasser und in Alkohol. '

0,1604 g Sbst: 0,2544 g C o p 0,1182 g HaO. 0,1468 g Sbst.: 11,4 ccm N (150, 731 mm).

CoHloOeN. Ber. C 45,57, H 8,01, N 5,91.

Gef. 43,26, 8,18, 8,78. CdH1804N. n n 44,173 n 7,979 n 8959.

Die Analysen sprechen also entschieden ftir die Formel rnit C,. Die hochst charakteristische Blauftirbung, welche die Digitoxose

mit eisenhaltigem Eisessig und konzentrierter Schwefelslure liefert'), giebt das Oxim nicht rnehr. Die lufttrocknen Krystalle verwandelten sich bei mehrmonatlicher Aufbewahrung (in einem Prtiparatenglase) unter %ersetzung in eine gummiartige, gelbe Masse.

D ig i toxoseka rbons t iu re . 2,7 g Digitoxose warden rnit 1,3g Wasser und 1 ccm konzentrierter Blauslure gelost, dann 1 Tropfen Ammoniak hinzugegeben. Nach 12 Stunden fand ich den Inhalt des Kolbchens in einen ztihfltissigen, dunklen Sirup verwandelt. Aus diesem wurde durch Erhitzen mit Barythydrat das Ammoniak verjagt, hierauf das Baryum durch Schwefelsaure gefallt, das Filtrat zum Sirup ver- dampft und dieser mit dem mehrfachen Volumen Alkohol durch- geschiittelt , wodnrch eine fast schwarze, schmierige Masse zur Aus- scheidung gelangte. Die abgegossene alkoholische Losung lieferte nach dem Eindampfen leicht Krystalle. Diese werden am besten aus 50 %igem Alkohol umkrgstallisiert, worin sie etwas schwerer loslich sind, als in Wasser. Schmp. 153-154O; Reaktion neutral, es lie@ also ein Lakton vor, wie zu erwarten war. Dieses Lakton ist metamer rnit jenem der Digitalonssure, welch letzteres aber bei 138O schmilzt.

0,1753 g Sbst. (vakuumtr.): 0,3052 g COI, 0,1156 g HaO. C7Hm06.. Ber. C 47,53, H 6,Sl.

Gef. 4748, ,, 732. Das Ca lc iumsa l z wurde dargestellt durch '/a stiindiges Kochen

der wiisserigen Losung des reinen Laktons mit kohlensaurem Kalk, Eindampfen der Losung und Trocknen des Riickstandes im Vakuum, schliesslich bei 1O0.

1) Derselbe ist gleich jenem der Digitoxose. 9) Dieses Archiv 234, 273.

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418 H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungsprodukte.

0,2414 g Sbst : 0,031 g CaO1). (C10111QOs)2Ca. Ber. Ca 6,96. (c, H1806)&a. ,, ,, 9,39. Gef. Ca 9,15.

Dieses Resultat schliesst also ebenso bestimmt wie die Analyse des Oxims die Formel C Q H ~ ~ O ~ fur die Digitoxose aus; dieselbe muss vielmehr C6H19 0 4 sein. Nach diesem Befunde erscheint die eigenartige Reaktion mit eisenhaltigem Eisessig und konzentrierter Schwefelslure nur noch auff alliger, und es diirfte sich empfehlen, dass Fachgenossen, welche Zuckerarten von abnormer Zusammensetzung in die Hlnde bekommen , diese der erwlhnten Reaktion unterwerfen. Arabinose, Rhamnose, Dextrose, Galaktose, Lavulose und Sorbose zeigen, wie ich mich uberzeugt habe, nicht die leiseste Andeutung einer ahnlichen Farbenrcaktion. Die friiher von mir ausgesprochene Vermutung, dass die Digitoxose zu den zyklischen Verbindungen gehort, wird jedoch durch die soeben mitgeteilten Thatsachen hinf Illig. Die Formel CgHlaO4 selbst ware zwar mit einer solchen Annahme vereinbar unter der Voraussetzung, dass der Zucker keine fertige Aldehyd- oder Keton- Gruppe enthllt, sondern nur eine latente, d. h. dass sich zwei Hydroxyle am gleichen C-Atom befinden, wie z. B. in

CHP /\-

H2C CH2 I I

HOHC CHOH

1’ /\

HO OH. Aber bei der Einwirkung von Hydroxylamin, wie von Blauslure,

erweist sich die Gruppe C = O als aktiv; dies konnte sie bei An- nahme einer Formel obiger A r t nur werden durch Abspaltung von Wasser, d. h. thatsachlich miisste CgHloO8 in Reaktion treten und das Oxim miisste infolge dessen HI1 O8 N, das Lacton der Karbon- slure C7Hlo O4 sein, was durch die Resultate der Analysen entschieden widerlegt wird.

CgHllOeN verlangt 49,66 C, 7,59 H, 9,66 N. C B H ~ ~ O ~ N ,, 44,17 ,,, 7,97 ,,, 8,59 ,,.

Gef. 43,26 ,,, 8,18 ,,, 8,78 ,,. (+Hlo04 verlsngt 53,16 C, 633 H.

Gef. 47,48 ,,, 7,32 ,,.

V

% h a 0 5 n 47,73 n 9 681 n.

1) Das Calcinmsalz schmilzt beim Erhitzen und blaht sich dana bei der Zersetzung milssig stark auf (Unterschied von dem metameren digitalonsauren Calcium).

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H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungsprodukte. 449

Man miisste hochstens annehmen, dass die beiden Produkte gerade wieder je 1 Mol. Krystallwasser enthalten, was aber sehr un- wahrscheinlich ist.

Die Digitoxose ist demnach doch zu den Zuckerarten mit offener C-Kette zu rechnen; sie diirfte sich nur vermoge ihrer eigenartigen Zusammensetzung in hervorragender Weise zu Kondensationsprozessen eignen und ein solcber bedingt vermutlich die anffiillige Eisessig- Schwefelsaure-Reaktion.

V e r h a l t e n d e r Digi toxose zu Brom. Aldehyd- und Keton- Bucker lassen sich nach einer von mir ausgearbeiteten und vielfach benutzten Methode von einander unterscheiden durch ihr Verhalten zu Brom bei Gegenwart von Wasser. 1st ein Aldehydradikal vorhanden, so nimmt der Bucker relativ glatt 1 At. 0 auf und wird in die ent- sprechende Sllure verwandelt ; Ketonzucker reagieren weit trlger mit dem Halogen, wobei im Wesentlichen ihr Molekiil zertrIimmert wird I).

Die Digitoxose reagiert zwar sehr rasch und energisch mit Brom, ver- h a t sich also in dieser Beziehung wie ein Aldehydzncker, die ent- stehenden Produkte sind aber, solange nur kleine Mengen des Zuckers zur Verfligung stehen, sehr schwierig zu fassen. Ich konnte bisher nur feststellen, dass nach Beendigong des Prozesses eine organische Sllure vorhanden ist, aber in auffallig geringer Menge, ferner, dass deren amorphes Kalksalz - im Gegensatze zu glukonsaurem Calcium - in Alkohol leicht loslich und anscheinend nur duroh vie1 Aceton aus wlsserigalkoholischer Losung f a b a r ist. Die Frage, ob die Digitoxose ein Aldehyd- oder ein Keton-Zucker sei, kann deshalb noch nicht beantwortet werden.

V e r h a l t e n zn Silberoxyd. Beim Erhitzen von 1 g Digitoxose mit 100 g Wasser und 20 g Silberoxyd auf ca. looo erhielt ich reichlich Essigslure, welche mittelst ihres Silbersalzes identifiziert wurde. Die Digitoxose enthat also sicher 1 CHS gebunden an C. Nebenbei ent- stehen Spuren einer nicht fluchtigen, leicht krystallisierbaren Verbindung.

II. Digitoxigenin.

M o 1 e kul a r g e w ic h t s -Be s t i m mun g , ausgefiihrt von Herrn Prof.

0,3094 g Sbst.: 15 g Naphtalin, E = 0,350. 0,1158 g Sbst.: 10 g Naphtalin, E = 0,20.

Fromm nach der Methode Bsumann-Fromm mittels Naphtalinn):

C=HmO4. Ber. M 360. Gef. M 412, 405.

1) Lieb. Ann. 205, 182. 2) Ber. 24, 1431,

Arch. d. Pharm. CCXXXVII. Bds. 6. Heft. 29

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4.8 J 11. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltuugsprodukte.

E i n w i r k u n g von Sa lz sau re . Starke. Salzsiiure wirkt auf Digitoxigenin schon bei gewijhnlicher Temperatur leicht ein I). Die genauere Untersuchung fuhrte zu dem Resultate, dass dabei 1 Mol. Wasser abgespalten wird.

Uebergiesst man fein gepulvertes Digitoxigenin mit der lOfachen Gewichtsmenge einer erkalteten Mischung von gleichen Teilen 95%igem Alkohol und konzentrierter Salzslure (1,19), so 1Sst sich die Haupt- menge rasch a d , der Rest aber bei fleissigem Umschwenken erst inner- hdb einiger Stunden. Die Lijsung flirbt sich bei Anwendung von ganz reinem Ausgangsmaterial meist nur gelb mit einem Stich ins Griine; bei direkter Benutzung des rohen, d. h. noch harzhaltigen Digitoxi- genins erhiilt man eine tiefdunkle Fliissigkeit; doch bietet auch in letzterem Falle die Isolierung des Reaktionsproduktes keine Schwierig- keiten. Nach Gstundiger Einwirkung der Salzsgure wird ganz all- miihlich mit Wasser gesLttiyt, so dass der anfangs amorph ausfallende Niederschlag krystallinisch werden kann: schliesslich fugt man Wasser hinzu, bis iiberhaupt keine Flillung mehr auftritt, lLs t noch 12 Stunden stehen, filtriert, wgscht aus, trocknet den Niederschlag auf Thon und krystallisiert das Rohprodukt zunlchst aus moglichst wenig kochendem Alkohol um. Schliesslich wird eine verdiinntere alkoholische Losung rnit Blutkohle gekocht und das Filtrat entweder der Verdunstung auf schwach emlrmtem Wasserbade iiberlassen oder rnit Wasser gesgttigt. Namentlich im ersteren Falle werden prlchtige Warzen von farblosen, derben Prismen erhalten. Besonders hiibsche Krystalle bilden sich auch, wenn man eine konzentrierte LSsung der Verbindung in Chloro- form mit etwa dem doppelten Volumen Aether vermischt und dann ruhig stehen lasst. Die Substanz erweicht (nach raschem Erhitzen bis 210') bei 215-220'.

0,1588 g Sbst. (bai lo00 getrocknet): 0,4484 g COB, 0,129 g H20. 0,1734 g Sbst.: 0,491 g COa, 0,1446 g HaO.

Gef. ,, 77,01, 77,23, CBHaoOs. Ber. C 77,19, H 8,77.

9,03, 9,26. Mo1.-Gew.-Best. (Prof. Fromm): 0,3264 g Sbst., 10 g Naphtalin,

E = 0,650; folglich M = 351; ber. 342. Gegen eisenhaltige konzentrierte Schwefelsliure verhalt sich das

An h y d r o - D i g i t o x igen in genau wie seine Muttersubstanz. Nimmt man zum Versuche so wenig feingepulverte Substanz, dass die Schwefel- siiure im ersten Momente farblos bleibt, so tritt ganz allmlihlich eine schmutzigrote Farbe mit einem Stich ins Grune auf, zugleich aber eine auffallend starke Fluorescenz.

1) Dieses Archiv 834, 486.

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H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungsprodukte. 451

Die vom rohen Anhydro - Digitoxigenin abfiltrierte wiisserige Losung habe ich zuerst mittels Chloroform iron den letzten Anteilen Ham, dann mittelst Silberoxyd von der Salzsaure befreit, hierauf auf dem Wasserbade konzentriert und schliesslich im Vakuum vollig ver- dunstet. Bei Verarbeitung von 0,86 g Digitoxigenin erhielt ich nur einen gerade noch sichtbaren Anflug an der Abdampfschale, so dass von einer etwaigen zweiten Zuckerabspaltung keine Rede sein kann. Endlich wurde durch besondere Versuche noch auf fluchtige Spaltungs- produkte (Aldehyde, Ketone) gepruft , aber ebenfalls mit negativem Resultate. Diese Beobachtungen sprechen, ebenso wie die Analyse des Produktes, fiir die Annahme, dass die SalzsBure dem Digitoxigenin lediglich 1 Mol. Wasser entzog.

Oxyda t ion d e r A n h y d r o v e r b i n d u n g m i t t e l s t Chroms lu re . Lost man Anhydro-Digitoxigenin in 10 Teilen heissen Eisessigs und fugt zu der Losung nach Abkiihlung auf Zimmertemperatur 40 Teile Chromsauremischung (Beckman-Raeye r ) , so beginnt sofort die Ab- scheidung von gelblichen NBdelchen, welche in sehr charakteristischer Weise, iihnlich wie Salmiak, anschiessen. Bur Vollendtmg der Kry- stallisation verdiinnt man nach 5-10 Minuten mit dem gleichen Volumen Wasser. filtriert tmd trocknet die mit Wasser gewaschenen Krystalle auf Thon. Ausbeute ca. 60%. Das Rohprodukt wird in Chloroform aufgenommen und die durch Blutkohle gereinigte Lasung mit dem mehrfachen Volumen Aether vermischt. Es entstehen rasch farnkraut- artige, farblose Krystallaggregate, welche mit Aether gewaschen werden. Das Produkt verhalt sich zu eisenhaltiger, konzentrierter Schwefelsaure nicht mehr wie Digitoxigenin ; die anfiinglich farblose Losung wird nach 5-10 Minuten hochstens schwach gelb. Ein bestimmter Schmelz- punkt war nicht zu ermitteln. Bei 220° beginnt Gelbf&bung, welche hich rasch steigert, aber selbst bei 250O war noch kein eigentliches Schmelzen erfolgt. Verdiinnte Sodalosung und Kalilauge reagieren nuch beim Kochen nicht auf die in Wasser unlosliche Substanz, welche demnach ein Keton sein dtirfte und vorllufig Toxigen o n heissen SOU.

0,1686 g Sbst: 0,47 g COs, 0,1254 g HsO. CBOHmOa. Ber. C 76,43, H 8,28.

Gef. ,, 76,02, 8,26.

Welche Formel die richtige ist, muss vorlaufig unentschieden bleiben. Toxigenon ist bei gewohnlicher Temperatur schwer loslich in Alkohol und in Eisessig, leicht loslich in konzentrierter Salpetersanre unter starker Gelbfarbung.

CIBHPIOO. n n 76,007 n 8W-

29*

Page 7: Ueber Digitoxin und seine Spaltungsprodukte

452 H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungaprodukte.

Anscheinend das gleiche Produkt entsteht, wenn man Digitali- (Vergl. die folgende Ab- genin unter ghnlichen Bedingongen oxydiert.

handlung.)

E i n w i r k u n g von N a t r o n l a u g e a u f D i g i t o x i g e n i n . Die friiher beschriebene ') Kaliumverbindung war nur in ausserst schlechter Ausbeute gewonnen worden. Eine analoge Natriumverbindung l u s t qich ohne Schwierigkeit darstellen nach folgendem Verfahren:

1 T. Digitoxigenin wird mit 10 T. 50%igem Alkohol und 1 Mo1.- Gew. NaOH (ca. a/~-Norma~~osung) in einer Druckflasche 1 Stunde in kochendem Wasser erhitzt, wobei anfangs durch Umschwenken die gleichmassige Mischung und Auflosung zu bef6rdern ist. Beim Er- kalten bildet sich ein dicker Brei von blltterigen Krystallen. Diese sind durch Abnutschen, Auftropfeln yon Wasser und Umkrystallisieren leicht zu reinigen. Bum letzteren Zwecke kann warmes Wasser dienen oder man lost das trockene Rohprodukt in kaltem Methylalkohol (welcher die Substanz weit leichter aufnimmt als Wasser), fiigt Aether bis zur bleibenden Trubung und endlich wenig Wasser hinzu. Der Aether erzeugt eine klebrige FBllung; das Wasser dagegen verwandelt diese sowie das noch geloste Material alsbald in eine hubsche Krystalli- sation.

Die reine Verbindung, d i x g e n i n s a u r e s N a t r i u m , reagiert vollig neutral.

0,3904 g Sbst.: 0,0474 g CO~NQ. Vakuum- 0,4975 ,, ,, 0,0704 ,, ClNa. trouken 0,1722 ,, ,, 0,4028 ,, COa, 0,1446 g HsO.

0,1988 ,, ,, 0,4616 ,, COa, 0,1602 ,, HaO. H 8,44.

Gef. ,, 5,27, 5,57, ,, 63,79, 63,32, ,, 9,33, 8,95.

1 CaaHBaO5Na.H~O. Ber. Na 5,51, C 63,10,

Versetzt man die 1 dosung des Natriumsalzes in Methylalkohol mit der erforderlichen kleinen Menge von verd. SalzsBure und sattigt dann vorsichtig mit Wasser, so erhalt man die zugehorige D i x g e n i n - s g u r e in hiibschen Nadelbiischeln vom Schmp. 220-230° 8). Dieselbe reagiert nach dem Befeuchten mit wlsserigem Alkohol stark saner, lost sich aber nur langsam in atzenden oder kohlensauren Alkalien, auch beim Erwarmen.

1) Dieses Archiv 234, 484. 9) Digitoxigenin erweicht bei gleicher Temperatur. Das vermeintliche

unveriinderte Digitoxigenin, welches ich friiher (Bd. 234, 486) aus der Ka liumverbindung zuruckgewann, durfte wohl mit der hier beschriebenen Saure identiach gewesen sein.

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H. Ki l ian i : Digitoxin und seine Spaltungsprodukte. 463

0,1144 g vakuumtr. Sbst.: 0,293 g Cog, 0,0984 g HgO. CgpHuOIi. Ber. C 69,78, H 9,08.

Gef. 69,85, 9,55. Die Bildnng des Natriumsalzes der Saure diirfte nach der

Gleichung &&04 + NaOH = &Hse05Na

erfolgen, h6chst wahrscheinlich unter Aufspaltung eines Ringes, welcher aber kaum Laktoncharakter besitzt, denn besondere Versuche lehrten, dass das Natronhydrat n ich t durch Soda ersetzt werden kann, auch wenn man mit letzterer anhaltend zum Kochen erhitzt.

Durch Permanganat wird die SPure in alkalischer Losung sehr leicht oxy diert.

111. Digitoxin. Zusammensetzung. Die bei der Spaltung dieses Glykosids

enbstehende Zuckerlosung habe ich wiederholt bis auf den letzten Tropfen verarbeitet und dabei niemals etwas anderes als die leicht. krystallisierbare Digitoxose entdecken kiinnen. Diese reprgsentiert demnach den einzigen Bucker, der abgespalten wird. Die Analysen des Glykosids lassen sich aber nicht vereinbaren mit der Annahme, dass 1 Mol. Digitoxin 1 Mol. Digitoxose liefert, denn in diesem Falle miisste ersteres

(Caa HES 0 4 4- c6 HlZ 04) = CSS H44 0 s (1) oder (Czz HEP 0 4 -I- CB Hia 0 4 - HaO) = Czs H4z 0 7 (11)

sein. Formel I fordert aber 66,14 % C, Formel I1 68,57 %, gefanden wurden im Mittel 63,5%. Dieser letztere Wert stimmt hingegen sehr gut zu der Formel C84HS4011 (ber. ci3,80$, C), und dann ergiebt sich fiir die Spaltung die Gleichung:

Caa H54 0 1 1 f Ha0 = C2-a Haz 0 4 4- 2 Cs Hia 0 4 ,

d. h. es werden zwei Molekiile Digitoxose abgespalten. Hierfiir spricht auch noch die weit,ere Thatsache, dass ich aus 10 g Digitoxin 4,92 .g krystallisiertes Digitoxigenin gewann, wahrend nach obiger Annahme 5,6 g entstehen sollten, wobei die relativ geringe Differenz durch das nie zu vermeidende Auftreten von harzigen Nebenprodukten leicht er- kltirlich erscheint. Demgemllss ist die friiher angenommene Formel Cal H50 010 h i n f u g geworden.

Die Versuche, die neue Formel C84HS4 Oil durch Molekular-, gewichtsbestimmungen zu bekraftigen, ergaben kein giinstiges Resultat. Die Angaben hieriiber verdanke ich ebenfalls Herrn Prof. Fromm. In geschmolzenem Naphtalin ist das Glykosid unloslich; zu den Be- stimmungen wurde deshalb Eisessig verwendet ; sie ergaben einmal M = 529, bei einem zweiten Versuche M = 853 (ber. 688). In beiden

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454 H. Kiliani: Digitoxin und seine Spaltungsprodukte.

Fglen m d e das Glykosid durch Wasser wieder ausgeftillt; das Filtrat besass dann aber deutliche, wenn auuh schwache Reduktionsfahigkeit fiir alkalische Kupferlosung, eine Eigenschaft, welche dem Glykosid selbst nicht zukommt.

E i n w i r k u n g von N a t r o n l a u g e . A r n a u d ' ) hat dnrch mehr- stiindiges Erhitzen von ,,digitalhe cristallisCe" a) mit Barytwasser im geschlossenen Rohre eine krystallinische Baryumverbindung gewonnen, welche die Formel ((331 H51 O&Ba besitzen soll.

Nach rneinen Beobachtungen lassen sich Metallderivate des Digitoxins wie auch des franzosischeu Digitalins sehr einfach und in guter Ausbeute in folgender TVeise darstellen:

Man erhitzt ein Gemisch yon 1 Teil Glykosid, 10 Teilen 50%igem Alkohol und 1 Rlo1.-Gewicht NaOH (in Form verdilnnter wasseriger Losungj in einer Druckflasche 1 Stunde in kochendem Wasser. Wenn man anfangs ijfter umschwenkt, entsteht rasch klare, gelbe Losung. Beim Erkalten erhalt man einen dicken Brei von Wbzchen (Susserst feine, dicht verfilzte Nldelchen), welche sich zur direkten Trennung von der Mutterlange schlecht eignen. Durch Busatz des gleichen Volumens Wasser und Erwkmen entsteht aber leicht klare Losung; in diever erzeugt Chlorcalcium einen starken, flockigen Niederschlag; man fugt nun Alkohol zu, erwarmt wieder und Itisst die hierdurch klar gewordene Losung langsam erkalten. Man gewinnt so d i g i t o x i n - s a u r e s Ca lc ium in hiibschen Krystallbiischeln. Das Salz lost sich in 95zigem Alkohol leichter als in Wasser; eine heiss geslttigte alkoholische Losung erstarrt beim Erkalten seifenart.ig, liefert aber nach Verdunnung mit dern gleichen Volumen heissen Wassers, bei langsamer Abkiihlung, schiine Krystallisation. Das luf'ttrockene Salz verlor im Vakuum 17,7 70 Wasser.

0,3595 g Sbst.: 0,0143 g CnO. Vakuum- 0,2138 ,, ,, 0,4526 ,, COe, 0,1622 g HsO. troeken \ 0,1196 ,, 0;2536 COe, 0,096 8; HsO.

(CsrH, O&Ca - 3 H& Ber. Ca 2,85, C 58,08, Gef. ,, 2,69, ,, 57,73, 57,83, 8,43, 8,82.

H 8,38.

Durch die weitere Untersuchung ist noch festzustellen, ob das Salz thatslchlich, wie hier angenommen wird, 8 Mol. Krystallwasser enthat. Erweist sich dies als richtig, so wiirde der Vorgang der Bildung der S lure genau jenem beim Digitoxigenin entsprechen:

Car H54 0 1 1 -k Ha 0 = Caa H56 012. ~~ -

1) C. r. 109, 701. 9) Betreffs der Frage nach der Identitat von ,,digitaline mist und

Digitoxin s. Ber. 31, 2462.

Page 10: Ueber Digitoxin und seine Spaltungsprodukte

H. Kiliani: Digitalinum verum und seine Spaltnngsprodukte. 4%

Im fibrigen sei betreffs dieser komplizierten Formeln ausdriicklich auf die beztiglichen, allgemeinen Remerkungen in der Abhandlung iiber Digitogenin verwiesen.

Lost man das Kalksalz in warmem Alkohol und sauert dann mit Essigsxure an, so bleibt die Mischung zuerst lange Zeit klar, dann erstarrt sie allmtihlich zu durchscheinender Gallerte. Das Digitoxin ist demnach aus der Metallverbindung nicht unverhdert wieder zu gewinnen; die gleiche Beobachtung machte A r n aud bezuglich des franzosischen Digitalins an seinem Barytsalze.

Schliesslich habe ich den kleinen Rest des digitalhe cristallk6e (Adrian), welcher mir noch zur Verfugung stand, benutzt, um fest- zustellen, dass sich dieses Material bei der Einwirkung von Natronlauge unter den obigen Bedingungen q u a l i t a t i v genau so verhLlt wie das Digitoxin; zur Ausfuhrung von Analysen besass ich nicht genugend Substanz. Dagegen wurde hier das gewonnene krystall. Natriumsalz von Herrn Prof. Boehm pharmakologisch untersncht und als vollig unwirksam befunden. Gleiches wird vermutlich auch fiir die Natrium- verbindung aus Digitoxin gelten.

Fiir die weitere chemische Untersuchung des Digitoxins und Digitoxigenins diirften jedoch die oben beschriebenen Natriumverbindungen noch von wesentlicher Bedeutung werden, denn sie sind 1. ohne Schwierigkeit in guter Ausbeute gewinnbar, 2. in Wasser relativ leicht loslich, 3. offenbar ziemlich reaktionsfghig, insbesondere gegeniiber Oxydationsmitteln.

Mitteilung aus der medizinischen Abteilung des UniversitBts- Laboratoriums Freiburg i. B.

Ueber Digitalinum verum una seine Spaltungs- produkte.

Von H. K i l i a n i . (Eingegangen den 30. VLI. 1899.)

1. Digitaligenin. Z u s am m e n s e t z nn g. M o 1 e kul a r - G e w i c h t s-B e s t im m u n g.

0,2494 g Sbst.: 100,49 g Eisessig, E = 0,0285 (Dr. v. Klobukow). 0,3866 g Sbst.: 10 g Naphtalin, E = 0,80 (Prof. Fromm).

a) CmHm08. Ber. M 356. b) CaHmO8. ,, 342. Gef. I. 340, 11. 338.