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BcrLhelot: Acctylcn, neuer Kolilenwasserstoff. 65 VI. Ueber eine neue Reihe organischer Ver- bindungen ; uber das Acetylen oder den Vier- fach-Kohlenw asserst off und seine D erivate. Von Berthelot. {Compf. rend. t. L, p. 805.) I) Die zwei einfachsten Kohlenwasserstoffe, das Sumpf- gas C2IJ4 und das ijlbildende Gas C4H4 sind Typen fur eine Reihe von Verbindungen, die durch dieselbe allge- - meine Formel ausgedruokt werden konnen ; es entsprechen dem Sumpfgas die Kohlenwasserstofe von der Formel C>nH2"+2, dem olbildenden Gas die mit der Formel C2nH2n, und jeder einzelne liefert wieder zahlreiche Derivate, ei- lien Alkohol, ein Aldehyd, eine SBure, Chlorur etc. Im Nachfolgenden werde ich einen dritten gleichfalls gasfiirmigen Kohlcnwasserstoff beschreiben, der eine eben- so einfache Formel hat und gleichfalls der Typus einer nicht weniger zahlreichen und wichtigen Reihe von Ver- bindungen ist: es ist diess das Bcetylett, oder der Vier- fach- Kohlenwasserstoff von der Formel CaH1, der Typus fur die Kohlenwasserstoffe Czn€Izr,- 2. *) 2) Das Acetylen entsteht jedesmal, wenn man durch eine rothgluhende Rohre olbildendes Gas, Dampf von Al- kohol, von Aether, Aldehyd oder von Holzgeist leitet, oder wenn Dampf von Chloroform auf rothgliihendes metallisches Tiupfer einwirkt ; das Acetylm ist ein Bestandtheil des Leucht- gases; Aether liefert dasselbe in griisster Menge. 3) Auf die eine oder andere Weise dargestellt ist das Acetylen itntner gemischt mit einer grossen Menge frem- der Gase; es muss daher in eine bestimmte Verbindung umgewandelt werden, durch deren Zersetzung man es rein erhiilt. *) Es ist diess jedenfalls dcrselbc Kohlcnwnsserstoff, welchen E. Davy bci Behandlung der schwarzcn IvI.~ssc, die bei der I<alinrnbc- reitung ubcrgeht, mit Wasser erhiclt, Gmclin's Illume. S. Gme- lin's Handbuch d. Chcmie. 4. Bd. p. 509. D. Red. Jouin. 1. prah!. Cliemie. 1,XYXI. 2. 5

Ueber eine neue Reihe organischer Verbindungen; über das Acetylen oder den Vierfach-Kohlenwasserstoff und seine Derivate

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BcrLhelot: Acctylcn, neuer Kolilenwasserstoff. 65

VI. Ueber eine neue Reihe organischer Ver- bindungen ; uber das Acetylen oder den Vier- fach-Kohlenw asserst off und seine D erivate.

Von Berthelot.

{Compf. rend. t. L, p. 805.)

I) Die zwei einfachsten Kohlenwasserstoffe, das Sumpf- gas C2IJ4 und das ijlbildende Gas C4H4 sind Typen fur eine Reihe von Verbindungen, die durch dieselbe allge- - meine Formel ausgedruokt werden konnen ; es entsprechen dem Sumpfgas die Kohlenwasserstofe von der Formel C>nH2"+2, dem olbildenden Gas die mit der Formel C2nH2n, und jeder einzelne liefert wieder zahlreiche Derivate, ei- lien Alkohol, ein Aldehyd, eine SBure, Chlorur etc.

Im Nachfolgenden werde ich einen dritten gleichfalls gasfiirmigen Kohlcnwasserstoff beschreiben, der eine eben- so einfache Formel hat und gleichfalls der Typus einer nicht weniger zahlreichen und wichtigen Reihe von Ver- bindungen ist: es ist diess das Bcetylett, oder der Vier- fach- Kohlenwasserstoff von der Formel CaH1, der Typus fur die Kohlenwasserstoffe Czn€Izr,- 2. *)

2) Das Acetylen entsteht jedesmal, wenn man durch eine rothgluhende Rohre olbildendes Gas, Dampf von Al- kohol, von Aether, Aldehyd oder von Holzgeist leitet, oder wenn Dampf von Chloroform auf rothgliihendes metallisches Tiupfer einwirkt ; das Acetylm ist ein Bestandtheil des Leucht- gases; Aether liefert dasselbe in griisster Menge.

3) Auf die eine oder andere Weise dargestellt ist das Acetylen itntner gemischt mit einer grossen Menge frem- der Gase; es muss daher in eine bestimmte Verbindung umgewandelt werden, durch deren Zersetzung man es rein erhiilt.

*) Es ist diess jedenfalls dcrselbc Kohlcnwnsserstoff, welchen E. D a v y bci Behandlung der schwarzcn IvI.~ssc, die bei der I<alinrnbc- reitung ubcrgeht, mit Wasser erhiclt, G m c l i n ' s Illume. S. Gme- l in 's Handbuch d. Chcmie. 4. Bd. p. 509. D. Red.

Jouin . 1. prah!. Cliemie. 1,XYXI. 2. 5

66 Berthelat : Acetylcn, iieuer Koblenwasserstoff.

Diese Verbindung ist identisch mit der rothen und detonirenden Verbindung, welche Q u e t entdeckt hat (siehe das folgende Heft), als er eine ammoniakalische Kupferchlorur- losung auf die Gase wirkeri liess, welche durch Zcrsetzung des Alkohols mittelst des elektrischen Punkens oder mit- telst Wlrme entstehen; dieselbe Verbindung ist von I3 o t t g e r (dies. Journ. LXXVI, 224) beschriehen worden ; keiner der beiden Chemiker hat ahcr das Gas untersucht, welches sich beim Auflosen der Verbindung in Salzsaure entwickelt.

Dieses Gas ist das Acctylen; es hat folgende Eigen- schaften :

4) Das Acetylcn ist ein farbloses, im Wasser ziemlich losliches , unangenehm und charakteristisch riechendes Gas, es brennt mit stark leuchtender und russender Flam- me. Mit Chlor gemischt detonirt es fast sogleich mit Abscheidung von Kohle, selbst im diffusen Lichte. Ich konnte es weder durch Druck noch durch Kiilte fliissig machen. Seine Dichte ist 0,92.

1 Vol. Acetylen giebt im Eudiometer verbrannt 2 Vol. Kohlenslure unter hufnahme von 2& Vol. Sauerstoff Diess Resultat, sowie seine Dichte fiihrt zur Formel:

C4H2 (4 Volumen entsprechend). Unter allen gasfijrmigen Kohlenwasserstoffen enthiilt

also das Acetylen a m wcnigsten Wasserstoff; es stimirit diess mit seiner Stabilitat ubercin.

Seine procentische Zusammensetzung ist dicsclbe wie die des Benzins, CJI,,, und des Styrols, ClcIIs ; diese beitlen sind aber fliissig und ihr Dampf ist dichter.

Endlich unterscheidet sich: das Acetylen C4Hz vom Aldehyd C411409

und vom Glykol C,11e04 nur durch die Elemente von Wnsser. Ich koiinte das Acetylen aber aus beiden Verbindungen auch bei niederer Temperatur nicht erhalten.

5) Die cheniischen Eigenschaften des Acetyleris ltaiin man kurz bezeichnen, iiidem inan sagt, es besitzt die Inci- sten wescntlichcn Eigcnschnften des 6lbildenden Gasw,

Berthelot: Acctylen, neuer Kolikx1wasserstoff, 67

von dem es sich nur durch 2 Aeq. Wasserstoffe unter- scheidet. Es liefert mit diesem paralelle Derivate, indem es sich rnit Brom, SchwefelsLure, mit den Elementen von Wasser oder mit U'asserstoff vereinigt. Es wurde leicht sein, die auf diese Resultste gestutzten Schlusse zu ver- allgemeinern, wenn man Glied fur Glied rnit den Derivaten dcs olbildenden Gases vergleicht.

Ich werde erst spBter eine nihere Beschreibung yon dem Acetylenbromur, C4H2Br2 geben, sowie Analysen an- fiihren, von den Verbindungen, welche das Acetylen rnit detn Kupferchlorur, dem salpetersauren Silber- und Queck- silberoxyd giebt, sowie auch von den ahnlichen Verbin- dungen, welche das olbildende Gas mit den Silber- und Quecksilbersalzen giebt. Die Existenz, die Art der Bib dung uiid die Eigenschaften dieser Verbindungen schei- nen mir neues Licht uber die Constitution der knall- sauren Verbindungen zu verbreiten.

6) Die Acetylschwefelsdi~re erregt besonderes Interesse ; sie entsteht aus Acetylen, genau so wie die Aethyl- schwefelsaure mittelst olbildenden Gases. In beiden Fal- len findet Absorption des Gases nur rnit concentrirter Schwefelsaure und bei heftigeni, lange fortgesetatem Schutteln statt.

1 Liter Acetylen bedarf zu seiner Absorption langere Zeit als 1 Liter olbildendes Gas; es erfordert 1 Stunde Zeit bei 4000 Erschutterungen.

Nach beend'igter Absorption verdunnt man die Saure sehr vorsichtig mit Wasser, sattigt rnit kohlenssuren Baryt und verdampft; es bilden sich clnnn sehr schone Krystallc von acetylschwefelsnurem Baryt.

7) Stxtt rnit kohlensaurem Baryt zu sattigen, kann man destilliren ; man erhalt dann bei systematischen Rec- tificationen eine besondere Flussigkeit, die etwas fliichti- ger als Wasser, sehr veranderlich ist und ahnlich wie Ace- ton, aber ausserordentlich reizend riecht. Sie ist loslich in 10-1 5 Th. Wasser, wird daraus durcli kohlensaures Kali gefallt, nicht aber, wie es scheint durch Chlorcalcium.

Ich betrachte diese Fliissiglicit als den deetylalkohol 5'

68 Bertlielot : Acelylcn, nciicr Kohlcnwasserutoff.

C4H402, welcher voni gewtihnlichen Alkohol CqEI602 durch 2 Aeq. H verschieden ist.

T'orliiufig begniige ich mich, die Existenz aller dieser Verbindungen anzuzeigen , da die Schwierigkeit, welche die Darstellung grosserer Mengen von Acetylen darbietet, bis jetzt ein naheres Studium der Verbindungen nicht ge- stattet hat.

8) Schliesslich noch eine neue Beziehung zwischen dem Acetylen und dem olbildenden Gas, welche sich auf ihre gegenseitigen Umwandlungen grundet. Ich hahe ohen gesagt, das Acetylen entstehe aus dern olbildenden Gag und seinen Hydraten (Alkohol, Aether.) Diese Anniherung stutzt sich aber auf verwickelte und in der Rothgluth ein- tretende Zersetzungen. Es ist mir gelungen, die umge- kehrte Metamorphose bei niederer Temperatur auszufiihren, d. h. das Acetylen in olbildendes Gas umzuwandeln:

C4Hz f 112 = C4H4 Acctylen. 6lbildciides

Gas.

Es geniigt die beiEinwirkung destlcetylens aufamoniaka- lisches Kupferchloriir entstehende Verbindung mit Wasser- stoff im Entstehungsmomeiite zu behandeln. Wasserstoff' aus einer sauren Flussiglieit entwickelt, gab nicht die er- wiinschten Resultate. Ganz anders ist es, wenn sich der Wasserstoff durch Wirkung von Zink auf Amrnoniak bei Gegenwart der Acetylkupferverbindung entwiclielt. Es entsteht dann ein Gas, welches sehr reich an ijlbildendern Gas ist und nur Wasserstoff und ein wenig- Acetylen ent- halt. Man trennt das iilhildende Gas u n d reinigt e8 nach einem yon mir en tdecliten Verfahren, dessen Ueschreihung mich hier zu weit fuhren wiirde. Iin Eudiometer zeigt es eich alsdann als vollliommen rein.

IIierbei sind zwci Punlite zu beachten : 1) Die Methode, Wasserstoff aus einer alkalisc'hen

Fliissigkeit bei Gegenwart einer organischen Verbindung zu entwickeln ; eine Methode, welche sehr ausgedehnter An- wendung fahig 'zu sein scheint.

2) Die bestimmten Bezieliungen zwischen dem Acety- len und dem dlbiidenden Gas , Beziehungen, welche ge-

Bacaloglo : Analysc des Td?ucbtp .cs . 69

atatten dem Acetylen oder ersten Kohlenwasserstoff seincn Platz in der systematischen Eintheilung der Verbindungcn anzumeisen Es ist der husgangspunkt der Acetylreihe, welche parallel mit jener der Derivate des gewohnlichen a41koho1s ist.

Die Rcetylreihe ist besonders interessant durch die Einfachheit ihrer Verhindungen und ihre regelmassige Construction , welche ganz auf Synthese gegrundet ist. Es derivirt das Acetylen regelmgssig von seinem Fundtt- mental - Kohlenwasserstoff und dieser selbst wird erhalten aus olhildcndem Gas und seinen Derivaten, oder aus Ilolz- geist und Cliloroform, d. h. auq Derivaten von Sumpfgas.

Nun habe ich gezeigt, dass olbildendes Gas oder Sumpfgas durch Synthese aus ihren Elementen erhalten werden kiinrien ; dieselbe Darlegung liisst sich daher an- wenden auf das Acetylen und die g a m e Reihe von Ver- bicdungen. tvelche dieser Kohlenwasserstoff auf syntheti- schem Wege bildet.

Nachschrift, die Analyse des Leuchtgases betreffend.

Von E. B a c a 1 o g 1 o i n Leipzig.

Das von B e r t h e 1 o t im Leuchtgase nachgewiesene Rce- tylen C4Hz erfordert, zu seiner quantitativen Bestirnmung, die Erweiterung der yon B u n s e n (Gasometrische Metho- den) auf Elayl und Ditetryl angewandteri Formelri fur den Fall von drei durch Schwefelsiure absorbirbaren Kohlen- wasserstoffen. Die Berechnung kann sehr einfach in fol- gender Weise geschehen. Es bezeichne :

x die Menge des Elayls, y die des Ditetryls, z die des Acetylens, A die Summe ihrer Volumina, B die bei der Verbrennung gebildete Kohlensaure, C die entsprechende Contraction, so ergiebt sich :

Da ferner 1) x+ y 4 z= A.

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1 Vol. Elayl

Uncaloglo : hnalysc dcu Lcuchtgascs.

2 VoI. Iiohlciisiiure u. 2 VoI. Contraction 1 ,, Ditetryl 4 ,, ,> 3 9 , 1,

1 ,, Acetylen 2 ,, ,1 c )> ,> entsprechen, so folgen noch die beiden Gleichungen

2) 2 x + 4 y + 2 z - B B , 3) 2x4- 3 y + ; z = c ,

und durch Auflosung derselben : 4C--3B

2 x = - - - - - ~

B-2A = -r-- -

z = I3 - 2 (C A). Werden diese Formeln auf ein Beispiel angewendet,

wenn z. €3. das Volumen der sammtlichen schweren Koh- lenwnsserstoffe A ~0,747 die gebildete Kohlensaure I3 = 2,089

(Gasomctrische Methoden S. 216) ist, SO folgt: die Contraction bei der Verbrennung c = 1,747

Elayl x = 0,3tiO Ditetryl y = 0,208 hcetylcn z = 0,089

0,747. I___

Rei der Berechnung der Gasanslyse a. a. 0. sind bloss die zwei ersteren mit Hulfe der Formeln

4) x{-y=A 5 ) 2 x -$- 4 y = B 6) 2 x + 3 y = c

bestimmt worclen. 4 ) und 5 ) gaben Elayl = 0,449 Ditetryl =i. 0,2Y8

0,747.

4) und 6) gaben Elsyl = 0,494 Ditetryl = 0,253

0,747.

Mit demselhen Rechte korinen aber auch die beiden letzten Gleichungen 5) und 6) benutzt werden, woraus

Elayr = 0,380 Ditctryl = 0,324 ___

0,702,

Richc: Vcrhal(.cn dcr Korksfiure ztim Baryt ctc. 71

welche Zahlen noch grossere Ahwcichungen zcigen ale die beiden ersteren, wahrschciiilich d a ~ o n hcrruhrend, dsss der neue Kohlenwasscrstoff C4Hz nicht rnitberucksichtigt wurde.

vrI. Ueber das Verhalten der Korksaure zum

Baryt und eiiien neuen Kohlen- wasserstoff.

Von

A. Riche.

(Compt. rend. t. XLZX, p . 304.)

Der Caryt resgirt in der Kalte nicht auf Korksaure, wenn man aher diese Saure mit uberschuscigem Baryt crhitzt, so tritt gegen 8oo eine sehr lebhafte Reaction ein, es entwickeln sich weisse Dimpfe und in der Vorlage condensirt sich eine farblose oder schwach gelbliche Flus- si g lr e i t .

Bei der Destillation dieser Flussigkeit geht der grosste Theil derselben bei 76O uber, und dieser hat die Zusam- mensetzung ClzH14.

Diese Forrnel entspricht 4 Vol. Dampf; die Dampf- dichte wurde gefunden = 3,17 ; berechnet 2,97.

Die Bildung dieses Kohlenwasserstoffes erklart sich nach foigender Gleichung :

C f 6 H t 2 0 6 , 2 H 0 +4Ba0 =CIZHiI +4Ba0,C02. Die Verbindung ist sehr beweglich, stark lichtbrechend

und hat bei 26O das spec. Gew. 0,671. Sie besitzt einen schwach aromatischen Geruch, ist unloslich in Wasser, aber sehr leicht loslich in Alkohol und in Aether; an einern brennenden Korper entzundet sich der Kohlenwasser- stoff und brennt rnit leuchtender , blaugestiumter Flsmme. Wird trockenes Chlor hindurch geleitct, 80 tritt Erhitzung