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S cheibl e r : Tit r i r - V o r ri c h t un g. 245 XLIII. Ueber eine neue Titrir-Vorrichtung. Yon C. Scheibler. Bekanntlich lassen sich die sonst so zweckentsprechen- den M o h r’ schen Burettcn niit Quetschhahnvorrichtung nicht in Anwendurbg bringen, wenn die Aufgabe vorliegt, mit Chamaleonlosung zu titriren. Eben so ist das Voll- saugen der Pipetten mit sauren, atzenden oder giftigen Losungen (z. B. rnit arseniger Saure) eine unangcnehme Operation, wegen des leichten ruckweisen Aufsteigens der Losungen bis in den Mund hinein, sobald uiivorhergesehe- nerweise die Pipettenspitze aufhort , in die betreffenden Losungen einzutauchen. Diesen Uebelstanden abzuhelfen, habe ich mir eine leicht zu beschaffende Vorrichtung nehengezeichneter Gestalt con- struirt, welche das Vollsaugen, so wie das Ablaufenlassen von Flus- sigkeiten, gleichgiiltig, ob letzteres tropfenweise oder in einem Strahle stattfinden SOH, leicht ermoglicht. Der Apparat Fig. I., der in den ineisten Fallen aus einer gewohn- lichen Retortenklemme construirt werden kann, besteht im Wesent- lichen aus einem Stative a, woran auf und nieder schraubbare Klem- men 6 und d befindlich sind. Die Klemme b fasst eine Kautschouk- kugel c, welche zu einer Rijhre verlangert ist und durch diese luft- dicht rnit der mittelst Klemme d gehaltenen Pipette oder Burette e in Verbindung steht. Statt einer Kautschouk- kugel mit Bohr lrann man die in jedem Spielwaarenlager sich vorfindenden, mit einer Oeffnung versehenen Spiel- Fig. I.

Ueber eine neue Titrir-Vorrichtung

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Page 1: Ueber eine neue Titrir-Vorrichtung

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XLIII. Ueber eine neue Titrir-Vorrichtung.

Yon

C. Scheibler.

Bekanntlich lassen sich die sonst so zweckentsprechen- den M o h r ’ schen Burettcn niit Quetschhahnvorrichtung nicht in Anwendurbg bringen, wenn die Aufgabe vorliegt, mit Chamaleonlosung zu titriren. Eben so ist das Voll- saugen der Pipetten mit sauren, atzenden oder giftigen Losungen (z. B. rnit arseniger Saure) eine unangcnehme Operation, wegen des leichten ruckweisen Aufsteigens der Losungen bis in den Mund hinein, sobald uiivorhergesehe- nerweise die Pipettenspitze aufhort , in die betreffenden Losungen einzutauchen. Diesen Uebelstanden abzuhelfen, habe ich mir eine leicht zu beschaffende Vorrichtung

nehengezeichneter Gestalt con- struirt, welche das Vollsaugen, so wie das Ablaufenlassen von Flus- sigkeiten, gleichgiiltig, ob letzteres tropfenweise oder in einem Strahle stattfinden SOH, leicht ermoglicht.

Der Apparat Fig. I., der in den ineisten Fallen aus einer gewohn- lichen Retortenklemme construirt werden kann, besteht im Wesent- lichen aus einem Stative a , woran auf und nieder schraubbare Klem- men 6 und d befindlich sind. Die Klemme b fasst eine Kautschouk- kugel c , welche zu einer Rijhre verlangert ist und durch diese luft-

dicht rnit der mittelst Klemme d gehaltenen Pipette oder Burette e in Verbindung steht. Statt einer Kautschouk- kugel mit Bohr lrann man die in jedem Spielwaarenlager sich vorfindenden, mit einer Oeffnung versehenen Spiel-

Fig. I.

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ba11e benutzen, an welche man entweder unmittelbar, odcr durch Zwischenschiebung einer zwei Ma1 gebogenen Glas- rijhre die Burette oder Pipette hefestigt. Immerhin ist cs zwcckmassig, die Klemme b mit der Kautschoukkugel nach unten zur rechten Hand an das Stativ zu befestigen, darnit man heim Schrauben den Arm auf den Tisch stutzen kann.

Die Benutzung dieser Vorrichtung ist an sich klar. Will man niimlich die Burette oder Pipette mit Flussigkeit anfullen, so treibt man zuniichst durch Zussmmenschrauben der Kautschoukkugel die Luft durch e hinaus, taucht als- dann die Spitze von P in die einzufullende Flussigkeit und lasst durch Losschrauben der Kugel diese sich wieder aus- dehnen, wobei die Fliissigkeit in e beliebig hoch hineinge- saugtt wird. Es lasst sich in dieser Weise eine Burette oder Pipette his zu einem gewunschten Theilstriche sehr leicht und genau anfullen, wenn man in die Nahe des- selben angekommen, dafur Sorge tragt, dass die Spitze der ersteren eben nur in die einzufullende Flussigkeit ein- taucht. Das Entlecren des Apparats e geschieht durch Zusammenpressen der Kugel c, welches so allmahlich statt- finden kann, dass die Titrirflussigkeit nur tropfenweis ah- fliesst. Die Vorzuge dieses Apparates vor den hisherigen bestehen darin :

2) dass derselbe zu allen Titrirflussigkeiten, insbeson- dere zu Cham5leonliisang benutzt werden kann ;

2) dass das Ausfliesserilassen selbst genauer als mit den Quetschhahnburetten stattfinden kann, weshalb denn auch meine Vorrichtung fur alle iihrigen Titrirflussigkeiten zu empfehlen sein durfte, da die Moglichkeit der Fest- setzung einer Lufthlace i n die Tcautschoukrohre der Quetsch- hahne, diese weniger zuverlassig erscheinen 1Lsst;

3) dass dns Vollsaugen der Buretten bis zu einem gegebenen Theilstrich erleichtert ist, indem das Auge mit letzterem in gleicher Hohe gehnlten werden kann.

Eine unwillkommene Einschrankung dieser Aufsauge- Burette d w f ich jedoch nicht vcrschweigen, darin beste- hend, dass man nur niit kleinen und mittelgrossen, dabei engen bis hochstens zu 30 lsis 50 Cub.-C. gehenden Buretten arbeiten kann, da bei grosseren und weiteren Buretten die

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Fliissigkeitssaule durch Erschutterungen gar zu leicht in Schwingungen versetzt wird und theilweise austropfelt. Diese ‘IJnannehmlichkeit lasst sich jedoch durch Capillar- Attraction wesentlich aufheben, wenn man die Ausfluss- Spitze der Burette moglichst enge und etwss langer als gewohnlich sein lasst; itn ITehrigen aber durften Buretten his zu 30 Cub.-C. Inhalt allen Zweclren ebenfalls genugen, da dieselhen hei einer und dcrselhen maassanalytischen Bestimmung mit Leichtigkeit 2 his 3 Ma1 gefullt werden konnen.

Diejenigen Cherniker und chemischen Techniker, deren Aufgahe es ist , taglich und vielfach mit Titrir-Apparaten zu arbeiten, konnen zweckmiissig dein vorbeschriebenen dpparate eine umfassendere Gestalt geben, auch zweifle ich nicht, dass statt der Gummilrugel eine zweckept- sprechendere Saug- und Druckvorrichtung sich wird her- stellen lassen; so z. B. konnte eine hohle Trornmel, welche mit einer Gummiplatte uberspannt ist , durch Eindrucken und Loslassen der letztern das Einsaugen und L4ustropfeln der titrirten Losungen in und aus den Messapparaten be- werkstelligen. Ferner konnte diese Gummiplatte, urn das Ausfliessenlassen der Flussigkeiten sowohl tropfenweiae als strahlformig in seiner Gewalt zu haben, durch zwei

Fig-. 11.

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Schrauben, von deneri die eine zarteri Gang, die andere die andere ein steiles Gewinde ha t , bewegbar gemadit werden. Nichtsdestoweniger aber durfte wohl eine zu diesen Zwecken eigcnds angefertigte grosse und stark- wandige Kaultschoukkugel am empfehlenswerthesten bleiben. Ich will es versuchen, rnit Hiilfe vorstehender Fig. 11. eine auf vorbeschriebenenr Principe licruhende Vorrichtung fur grossere Anforderuiigen zu skimiren, wobei es den Herren Mechanikern, die sic11 aiit Anfertigung solcher Apparate befassen , uberlassen bleihen muss, das eine oder andere zu vervollkommneu.

Zur reclitcri Seite eiiies Buretten-Statives sei die stark- wandige Iiautschoukkugel (resp. runde oder viereckige init Gummiplatte iibersyannte 'i'rommel) c befestigt, mit welcher die aufwarts und clann horizontal laufende Messingrohre T

so cominuiiicirt, (lass nur durch die,se die Luft der Kugel aus- und eintreten kann. Der obere horizontale Theil der Rohre r , welcher an dem Querhalken des Statives befestigt und durch den Hahn s verschliesshar ist, besitze in Ent- fernungen von 3 bis 4 Zoll eine beliebige Anzahl ange- lotheter, mit Hahn versehener Querrohren si, s2, s3, s4 . . . . an welchen mittelst Kautschouk die Buretten und Pipetten befestigt wcrden. Mittelst der Hahne s,, s2, s3, s4 etc. kann man nun die eine oder andere der Buretten oder Pipetten mit der Kugel in Verbindung setzen und damit wie vorbeschrieben verfahren. Der Hahn s dierit vorzugs- weise nur dazu, die Luft in der Kugel mit der aussern AtmosphHre ins Gleichgewicht zu setzen, oder j e nach dem vorliegenden Bedurfniss die Riiretten oder Pipetten plotzlich , theilweisc oder vollstandig abfliessen zu lassen.

Im Anschlusse an diese Vorrichtungen, die ich als sehr bequem empfehlen kann, will ich schliesslich noch eines Apparates gedenken, den ich seit l lngerer Zeit zur Zerlegung der Ammonialrverbindungen Behufs quantitativer Bestimmung des Ainmoniaks bciiutzt habe und als sehr genaue Resultate liefernd ebenfakls empfehle.

Besagter Apparat besteht aus einer Retorte a (Fig. HI.), in deren Tubulus die unten offene, durch den Stopsel vn verschliesshare Rohre des Gefasses b luftdicht eingesmir-

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gelt ist. Der etwas rohrenfijrmig ausgezogene Retorte ist mit Hulfe eines guten Korks in den

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Hals der Kugelap-

Fig. 111.

parat c eingepasst, welchcr letztere die etwas modificirte Form der bekannten W i 11 ’ schen Vorrichtung besitzt. Die Handhabung des Apparats ist leicht und selbstverstandlich. Die Retorte a dient zur Aufnahme der zu analysirenden Ammoniakverbindungen ; b wird mit einer massig concen- trirten Kalilauge und c mit sehr verdunnter Salzsaure, Behufs Gewinnung des Saliniaks, angefullt. Die durch Liiften des Glasstopsels in xu der Ammoniakverbindung fliessende Kalilauge zersetzt dieselbe und das freiwerdende Ammoniak, welches (lurch andauerndes vorsichtiges Kochen vollstandig ausgetrieben werden muss, tritt mit der Salz- saure in Verbindung. Beim Erwiirmen der Retorte ent- weicht zunachst die Luft des Apparats in Blasen durch c, alsdann aber wird das nachfolgende Ammoniakgas in e verschluckt, so dass die Flussiglieit in c wenig Schwankun- gen zeigt. Wahrend des Kochens kann man beliebig aus b nach Bedarf Kalilauge oder auch Wasser nachfliessen lassen, ohne dass ein Entweichen von Ammoniakgas zu befurchten ist. Der zu Ende des Versuchs in c befind- liche Salmiak kann entweder als Platinsalmiak bestimmt werden , oder eine abgemessene Quantitat titrirter Schwe- felsaure, welche in c eingefullt wurde, wird nach dem Versuche in bekannter Weise mittelst titrirter Natronlauge auf den Gehalt an frei gebliebener Ssure untersucht.