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G. Kirchhof. 60 1 Dabei ist auf das bestimmteste nachgewiesen, dass nur dies Gesetz die einfache Annahme (7) gestattet. Die An- nahmec (1) bis (7) haben einstweilen nur, insofern sie die Fortpflanzungsform angeben, einen vorstellbaren Sinn; Emis- sion und Reception sind nicht construirt, sondern blos hypo- thetisch formulirt; es bleibt die Aufgabe, diese Formulirung physikalisch zu deuten. T. Ueber e4n@e Amwendungen der TheoIJe der Torrnil.nCleruny, welche e4n E6rper erfihrt, W~NN er 9nagnetBsch. oder d.lei?ect&& poi?a&lrt wird; von G. EBrchhoff. (Aus den Sitzungeberichten der k. preuss. Acad. d. Wise. zu Berlin vom 11. Dee. 1884; mitgetheilt vom Hrii. Verf.) Ich erlaube mir, der Academie einige Anwendungen der Theorie der Formiinderung vorzulegen , welch ein KBrper erfart, wenn er magnetisch oder diulectrisch polarisirt wird. Ich will ankniipfen an die Darstellung dieser Theorie, die ich in den Sitzungsberichten vom 28. Februar 1884 l) gegeben habe, und die dort gebrauchten Bezeichnungen benutzen. Der betrachtete Korper ist dort als ein fester, elastisch8r vorausgesetzt; man braucht in den dort abgeleiteten Formeln aber nur die mit h" bezeichnete Constante = 0 zu setzen, um sie auf den Fall anwendbar zu machen, dass der Korper eine Fliissigkeit, eine tropfbare oder gasformige ist, wodurch man diejenigen Formeln erhdt, die fur diesen Fall Herr v. Helmholtz in einer Mittheilung an die Academie am 17. Februar 1881 abgleitet hat, und die wiederum in die friiher schon von Sir W. Thomson und C1. Maxwell auf- gestellten iibergehen, wenn die Constante h'= 0 gesetzt wird, was erlaubt ist, wenn die Fliissigkeit als incompressibel be- trachtet werden darf, da dann ihre Gleichgewichtsfigur von dem Werthe von k' unabhhgig ist. Auf diesen einfachsten Fall kommen die Versuche 'zuriick, deren Beschreibung Hi. 1) a. auch Wed. Ann. 24. 11. 52. 1885.

Ueber einige Anwendungen der Theorie der Formänderung, welche ein Körper erfährt, wenn er magnetisch oder dielectrisch polarisirt wird

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G. Kirchhof. 60 1

Dabei ist auf das bestimmteste nachgewiesen, dass nur dies Gesetz die einfache Annahme (7) gestattet. Die An- nahmec (1) bis (7) haben einstweilen nur, insofern sie die Fortpflanzungsform angeben, einen vorstellbaren Sinn; Emis- sion und Reception sind nicht construirt, sondern blos hypo- thetisch formulirt; es bleibt die Aufgabe, diese Formulirung physikalisch zu deuten.

T. Ueber e4n@e Amwendungen der TheoIJe der Torrnil.nCleruny, welche e4n E6rper erfihrt, W ~ N N er 9nagnetBsch. oder d.lei?ect&& poi?a&lrt wird;

von G. E B r c h h o f f . (Aus den Sitzungeberichten der k. preuss. Acad. d. Wise. zu Berlin

vom 11. Dee. 1884; mitgetheilt vom Hrii. Verf.)

Ich erlaube mir, der Academie einige Anwendungen der Theorie der Formiinderung vorzulegen , welch ein KBrper erfar t , wenn er magnetisch oder diulectrisch polarisirt wird. Ich will ankniipfen an die Darstellung dieser Theorie, die ich in den Sitzungsberichten vom 28. Februar 1884 l) gegeben habe, und die dort gebrauchten Bezeichnungen benutzen. Der betrachtete Korper ist dort als ein fester, elastisch8r vorausgesetzt; man braucht in den dort abgeleiteten Formeln aber nur die mit h" bezeichnete Constante = 0 zu setzen, um sie auf den Fall anwendbar zu machen, dass der Korper eine Fliissigkeit, eine tropfbare oder gasformige ist, wodurch man diejenigen Formeln erhdt, die fur diesen Fall Herr v. H e l m h o l t z in einer Mittheilung an die Academie am 17. Februar 1881 abgleitet hat, und die wiederum in die friiher schon von Sir W. Thomson und C1. Maxwell auf- gestellten iibergehen, wenn die Constante h'= 0 gesetzt wird, was erlaubt ist, wenn die Fliissigkeit als incompressibel be- trachtet werden darf, da dann ihre Gleichgewichtsfigur von dem Werthe von k' unabhhgig ist. Auf diesen einfachsten Fall kommen die Versuche 'zuriick, deren Beschreibung Hi.

1) a. auch Wed. Ann. 24. 11. 52. 1885.

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Quincke’) am 5. April 1883 und am 17. Januar 1854 der Academie vorgelegt, und durch die er die Dielectricitits- constante und die von ihm sogenannte Diamagnetisirungs- constante fdr eine grosse Zahl von Fliissigkeiten bestimmt hat. Es sollen die nllchsten Betrachtungen sich auf eine Anordnung beziehen, wie sie bei diesen Quincke’schen Ver- suchen stattfand.

1. Man denke sich ein magnetisches Feld, das durch einen electrischen Strom hervorgerufen ist, der nach Will- klir erzeugt und unterbrochen werden kann. Bei den Quincke’- schen Versuchen war dasselbe mit Hlilfe eines krllftigen Electromagnets hergestellt, dessen ebene Polflllchen in einem Abstande von einigen Millimetern voneinander sich befanden. In dem grbssten Theile des Raumes zwischen den Polflachen war die magnetische Kraf t nahezu constant, in der Nahe ihrer Rander nahm sie schnell ab und war nahezu = O in milssiger Entfernung von diesen R a n d e n ausserhalb jenes Raumes. In einem solchen magnetischen Felde seien ver- schiedene Kbrper, die einander bertihren , theils feste, theils fltissige, vorhanden; die festen sollen als starr, die fliissigen als incompressibel angesehen werden, sowohl wenn sie tropf- bar, als wenn sie gasfdrmig sind; die Aenderungen der Dich- tigkeit sollen also vernachlllssigt werden, ausser insofern, als sie Aenderungen des Druckes bedingen. Es handelt sich darum, die Bedingungen fiir das Gleichgewicht der Fliissig- keiten zu bilden; als wirksam sollen dabei neben den magne- tischen Kraften die Schwere und die Capillarkrilfte mge- nommen werden. Der Index 1 beziehe sich auf eine der Fllissigkeiten, p1 sei der Druck in einem Punkte derselben, der Druck, der abhangig ist von der in unendlich kleinen Grenzen variirenden Dichtigkeit, CJ das magnetische Gesammt- potential, pl die Dichtigkeit, g die Intensitit der Schwere, und die Richtung der $-Axe sei die der Schwere. Aus dem p. 148 meiner citirten Abhandlung fiir die Kraft A aufge- stellten Ausdrucke folgt d a m :

1) Quincke, Wied. Ann. 19. p. 705; 21. p. 347.

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\YO c1 eine Constante bezeichnet. Eine ahnliche Gleichung gilt fiir jede der vorhandenen FlUssigkeiten.

Ftir die Bcrahrungsflache zweier Fltissigkeiten, 1 und 2, hat die Differenz p , - ps einen von Null verschiedenen Werth. Derselbe riihrt zum Theil von den Capillarkrtiften, zum Theil von den magnetischen her, Es seien r‘ und T” die Haupt- krtimmungsradien eines Elements der Berithrungsflache, positiv gerechnet, wenn die Oberflache der Flassigkeit 1 eine con- vexe ist, n die nach dem Inneren der ersten Flitssigkeit ge- richtete Normale des Elements, H eine von der Natur der beiden Flussigkeiten abhilngige Constante; dann ist:

Man findet diese Gleichung aus den 1. c. p. 147 ’fur A,, A,, . . , aufgestellten Ausdriicken, wenn man eine der Coordinatenaxen mit der Normale n zusammenfallen liisst und benutzt, dass ftir die Berithrungsfliiche:

(3) ist. Subtrahirt man in die Gleichung (2) fiir p , den in (1) angegebenen Ausdruck, ftir p t den entsprechenden und eli- minirt mit Htilfe von (3) y P , so erhalt man:

Stossen drei verschiedenartige K6rper in einer Linie zu- sammen, so wirken auf die Theile dieser Linie noch beson- dere, von der Capillaritat herrtihrende Krlf te , welche mit einander im Gleichgewicht sein miissen. J?&llt die Grenz- h i e der Beruhrungsfllche zweier FlUssigkeiten in die Ober-

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fliche eines festen Korpers, die hier keine scharfe Kante darbietet, so ist die Bedingung fir dieses Gleichgewicht die, dass die Trennungsflgche der beiden Fliissigkeiten die Ober- fliche des feeten Korpers unter einem bestimmten Winkel schneidet. Diesr?r Winkel muss derselbe sein, magen m -tgne- tische Kriifte wirken oder nicht wirken.

2. Es kann der Fall stattfinden, dass das Gleichgewicht beim Eintritt der magnetischen Kriifte dadurch erhalten wird, dass man den Druck in geeigneter Weise verlndert, ohne dass irgendwo die geometrischen VerhPltnisse gegndert aer- den. Sind nur zwei Flilssigkeiten, 1 und 2, vorhanden, und sind 6cl und 6c, die Vergrosserungen, welche die Constanten c1 und c2 erfahren, wenn die magnetischen Krilfte in Wirk- samkeit treten und das Gleichgewich t erhalten wird, so muss nach (4) die Beruhrungsfliiche:

Es werde nun angenommen, dass k, und k, als unend- licli klein betrachtet werden dtirfen. Diese Voraussetzung ist bei den von Hrn. Qu incke untersuchten Fliissigkeiten erfallt. Diejenige von ihnen, bei der k seixien grbssten Werth hatte, war eine wasserige Losung von Eisenchlorid von der Dichtigkeit 1,51, und fiir diese fand erl):

wenn far atmosphlrische Luft dieae Grosse gleich Null ge- setzt wird. Ausser den beiden Fliissigkeiten l und 2 mogen i n dem magnetischen Felde noch feste polmisirbare Kgrper vorhandsn sein, fur welche die Constante k ebenfalls unend- lich klelne Werthe besitzt. Die Gleichung (5) sereinfacht sich dann zunichst dadurch, dass das erste Glied ihrer rechten Seite gegen das zweite vernachlilssigt werden kann.

R = 65.

1) H t Quincke hat aus sehen Messungen eine Gr6sse berechnet, die er f qenannt hat, und die mit dem hier eingefiihrten k: in der Bela- tion stehtr k = I . 29.

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Eerner darf fur cpl der Werth gesetzt werden, den das Potential haben wiirde, wenn tiberall in dem magnetischen Felde R = 0 wtire, oder wenn (was gleichbedeutend hiermit sein soll) atmosphilrische Luft das ganze magnetische Feld erftillte. Bezeichnet man durch cp diesen Werth, so wird die genannte Gleichung also:

Damit diese, fur die BeriihrungsflLche von 1 und 2 geltende Bedingung erfullt werden kann, muss die magnetische Kraft fiir diese Fllche eine constante Griisse haben.

Die Fltissigkeit 1 sowohl als die Fltissigkeit 2 soll bis zu Orten reichen, in denen die magnetischen Kriifte, wenn sie erregt sind, eine verschwindend kleine Intensittit besitzen ; der Gleichung (1) zufolge sind dann 6cl und Sc, die Vcr- grosserungen, die der Druck hier erfahrt, wenn die magne- tischen Krafte in Thlltigkeit gesetzt werden und das Gleich- gewicht erhalten wird. Endlich miige die Anordnung ge- troffen sein, dass die Druckilnderung 6c, = 0 ist; die Druck- vermehrung 8 c , ist dann:

Xach dieser Formel hat Hr. Q u i n c k e seine Versuche berechnet. Die Voraussetzungen, die derselben zu Grunde liegen, waren bei ihnen in zwei verschiedenen Weisen ver- wirklicht. Bei der einen Methode diente eine gltiserne, 0-formige Rahre, die mit der zu untersuchenden Fliissigkeit theilweise gefullt war, und deren einer Schenkel zwischen den Polfltichen des Electromagnets, deren rtnderer ausserhalb derselben sich befand. Die zu untersuchende Pliissigkeit ist hier als die Fltissigkeit 1, die atmospharische Luft als die Flussigkeit 2 zu rechnen. Bei der anderen Methode erftillte die zu untersuchende Fliissigkeit den grossten Theil des Raumes zwischen den horizontal gestellten Poltfachen, wlhrend den Rest eine flache Luftblase einnahm, die beide Polfliichen beriihrte und mit einem Bussen befindlichen 118-

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nometer communicirte. Hier ist die zu untersuchende Flus- sigkeit die Fliissigkeit 2, und die atmospharische Luft die Fliiasigkeit 1.

3. Die hier angestellten theoretischen Betrachtungen gelten auch, wenn statt der magnetischen Krafte electrische thiltig sind, und Hr. Q u i n c k e hat auch die Dielectricittlts- constanten verschiedener isolirender Fliissigkeiten durch Ver- suche bestimmt, die den zuletzt erwghnten magnetischen Ver- suchen ganz Lhnlich sind. Zwischen zwei horizontale Con- densatorplatten, die in einem mit der zu untersuchenden Fltissigkeit gefiillten Geftlsse aufgestellt waren, hatte er eine flache Luftblase gebracht, die beide Platten beriihrte und durch eine in der oberen miindende Riihre mit einem Ma- nometer communicirte, dae ausserhalb des Gefasses sich befand. Wurde der Condensator geladen, so zeigte das Mft- nometer eine Vermehrung des Druckes an. Auch fur diese gilt der Ausdruck (6), obwohl hier die Grossen k, und k, nicht als unendlich klein zu betrachten sind, wenn nur die Dicke der Luftblase (also der Abstand der Condensatorplat- ten) unendlich klein ist gegen ihre horizontalen Dimensionen.

Es seien .T = 0 und x = u die Bleichungen der inneren Oberflachen der beiden Condensatorplatten, cp =O und y = P die Werthe des Potentials in diesen, wenn sie geladen sind. Alle in Betracht kommenden Grenzflachen heterogener Korper sollen Rotationsflhhen sein , deren gemeinsame Axe die x-Axe ist. Welche.Function cp von x, y, z in der Nahe des Randes der Luftblase ist, liisst sich mit den jetzigen Hulfs- mitteln der Analysis allgemein nicht finden, aber man weiss Folgendes: Es ist 'p uberall eine Function von x und vy2 + 9; fur z = 0 und x = a verschwinden un den Ober- flachen der Condensatorplatten acp/ay und d y l d z , und in einer Entfernung vom Rande der Blase, die gross genug gegen a ist, ist sowohl in ihr, als in der umgebenden Flus- sigkeit : (7) 'p = PC.

Nun fasse man einen unendlich kleinen Raum ins Auge, der begrenzt ist

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durch die Ebenen z = 0 und z = u: einen Theil der zy-Ebene, in dem y positiv ist, eine Ebene, die durch die x-Axe gelegt ist, mit der

xy-Ebene den unendlich kleinen Winkel 9. bildet und zwischen den positiven Theilen der ?/-Axe und der r-Axe sich befindet,

und endlich zwei Cylinderflachen, die um die x-Axe mi t den Radien PI und Is, beschrieben sind.

Diese Radien sollen so gewilhlt sein, dass die erste Cylinderflilche in der Luft, die zweite in der lusseren Fliis- sigkeit in der Region sich befindet, in der der in (7) far y angegebene Ausdruck gilt. Es muss d a m Pa-@l unendlich gross gegen u sein; dabei soll aber diese Differenz noch unendlich klein gegen die Werthe sein, die pl und p2 selbst besitzen.

Es soll ausgedrtickt werden, dass die Summe der y-Com- ponenten der Krafte verschwindet, welche auf die in dem bezeichneten Raume vorhandene Masse ausgeiibt werden. Dabei sollen die electrischen Krlifte, welche hier wirksam sind, ersetzt werden durch die auf die Oberflache wirkenden Druckkrafte, durch die sie ersetzt werden konnen, und deren Componenten durch A,, B,, . , . bezeichnet werden mogen.

Fur die Ebenen z = 0 und x = u ist t3y/t3y = 0: und, da allgemein:

ist, so tragen die Theile dieser Ebenen, welche zur Ober- fllche des gedachten Raumes gehoren, zu der gesuchten Summe nichts bei.

Was zu dieser Summe die Cylinderflachen, deren Radius PI und Pz genannt sind, hinzubringen, ist, wenn man nur die Grossen der hochsten Ordnung bertickeiclitigt, den Index 1 auf die Luft und den Index 2 auf die umgebende Fliissigkeit bezieht:

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Der Theil der q - E b e n e , der zur Begrenzung des ge- dachten Ranmes gehort, triigt auch nichts zu der zu bilden- den Summe bei, da allgemein:

Die letzte Begrenzungsfliche des betreffenden Raumes hat die GrBsse: und die y-Componente des auf die Einheit ihrer Fliiche be- zogenen Druckes ist = c,s, mo C, unter der Annahme z = 0 zu berechnen ist. Dieses C, ist von der Ordnung von P8/aa, und daher ist auch der Beitrag, den diese Fliche zu der in Rede stehenden Summe liefert, unendlich klein gegen das in (8) angegebene Glied.

Daher ist die Gleichgewichtsbedingung, welche gebildet werden sollte:

lz (% - Pl) 9

Driickt man hier p1 und ps mit Hiilfe von (1) aus, zieht von der dann entstehenden Gleichung diejenige ab, in die sie sich verwandelt, wenn man annimmt, dass die electrischen Krafte ausser Thatigkeit gesetzt sind, gibt den Zeichen Jc, und 8c2 die entsprechende Bedeutung, wie bei der Discussion der magnetischen Versuche des Hrn. Quincke, nnd setzt auch hier 8c , = 0, so erh&lt man fiir Jc,:

einen Ausdruck, ftir den auch der Ausdruck (6) geschrieben werden kann.

4. Hr. Quincke brachte zwischen seine, durch eine isolirende Fliissigkeit getrennten Condensatorplatten eine Luft- blase, die nur die obere Platte bertihrte; wurde der Conden- sator geladen, so verlingerte sich die Blase in der Richtung der Kraftlinien und zog sich zusammen in den auf diesen senkrechten Richtungen. Zwischen den Polflihen seines Electromagnets zeigte unter entsprechenden Verhdtnissen eine Luftblltse diese Erscheinung nicht und auch ein hlngen- Tropfen verschiedener magnetischer Fliissigkeiten erlitt keine

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Formanderung, wenn der Nagnetismus erregt wurde. Eine Anordnung, die Lhnlich der eben erwiihnten ist und keine Schwierigkeit der Rechnung darbietet, soll hier theoretisch verfolgt werden.

Der Raum, soweit er in Betracht kommt, sei von zwei Fliissigkeiten, 1 und 2, erfiillt, die, wenn die electrischen oder magnetischen Krafte nicht wirken, durch eine Kugel- flache vom Radius R getrennt sind. Damit das der Fall sein knnn, muss die Schwere unwirksam sein. Sind die elec- trischen oder magnetischen Kriifte erregt, so sollen sie ein Potential erzeugen, dass in der ausseren Fliissigkeit, der Fliissigkeit 2, in grosser Entfernung von der Fliissigkeit 1 der Gleichung: (9) tp2 = - a,x geniigt, wo a, eine Constante ist. E s soll die Gestalt be- stimmt werden, die dabei die GrenzflLche der beiden Fliissig- keiten annimmt. Fur dieselbe ergibt sich aus der Gleichung (4) die Bedingung:

Es hat die Fliissigkeit 1 einen Mittelpunkt; in diesen lege man den Anfangspunkt der Coordinaten. Die gesuchte Fliche ist d a m eine Rotationsfliiche, deren Axe die x-Axe ist, und fiir ihren Schnitt mit der xy-Ebene ist daher:

d x . + - - d __- 1 d x 1

Y v d m d y 9 dY l/dxe+dy4 1 1 * (7 + 7) = -

Setzt man: x = Q cos 9. y = 8 sin 8,

nimmt 9. nls unabhangige Variable an und macht:

so wird diese Gleichung:

Man setze ferner: 4 = R (1 + U)

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und nehme u als unendlich klein an. Man erhiilt dam, indem man die Zweideutigkeit des Vorzeichens durch die Erwagung hebt, dass, wenn u verschwindet, r'= r"=R wird:

7+7- -= 1 1 2 -L(.U + c t g 9 % + 2 u ) oder: B 22 d P

du B

wenn: p = cos9.. Die Functionen Q / ~ und ez sind aus der Differentialglei-

chung Asp = 0, der sie geniigen mussen, der Bedingung (9) und den Bedingungen (3) zu bestimmen. Die letzten sind, da u als unendlich klein angenommen ist, zu erfullen fur e = R. Daraus folgt:

wo :

Substituirt man diese Werthe, sowie den Ausdruck (11) in die Gleichung (lo), so erh&lt man:

wo : 2R 2

B 4n (k1 - 4)' H 1 + 4 n k , a12'

B = -

Waren A und B = 0, so ware diese Gleichung die Differentialgleichung fur die Kugelfunctionen erster Ordnung von einem Argument. Ein particulares Integral der gefun- denen Gleichung ist:

A B

das allgemeine erhlllt man, wenn man die Ausdriicke:

u = - - - 2 4 (1 - P2) ;

p und ~ p l o g ~ ~ - - u 1,

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mit willkiirlichen Constanten multiplicirt, hinzufiigt. Diese Constanten sind hier aber gleich Null zu setzen, da u filr p = + l' und p = -1 endlich bleiben und denselben Werth annehmen muss, dense lben Werth, da der Anfangspunkt der Coordinaten in den Mittelpunkt der Fllissigkeit 1 gelegt ist. Die Annahme, dass dieselbe incompressibel sei, gibt eine Relation zwischen den Constanten A und B; in der That folgt aus ihr:

+1

[ a d p = O , d. h. A = g B , - 1

B sodass sich ergibt:

Kraftlinien eine Dilatation, die:

u = - 4 (p* - 8,. Hiernach erleidet die Fllissigkeit 1 in der Richtung der

in jeder darauf senkrechten Richtung eine Contraction, die halb so gross ist. Die Dilatatiooen und Contractionen, die stattfinden, sind mit dem Q u a d r a t e der Differenz R, - h, proportional; darauf beruht es , dass sie im electrischen Felde, wo diese Differenz einen erheblichen Werth hat, sich zeigen, wahrend sie im magnetischen Felde, wo dieselbe un. gemein klein ist, sich der Beobachtung entziehen.

5. Es sol1 schliesslich die Formanderung berechnet werden, die eine Kugel von Eisen erftihrt, wenn sie durch eine constante magnetische Rraft magnetisirt wird.

Diesem Falle entspricht es, dass in grosser Entfernung

ist; J irt dann die Intensitat der magnetisirenden Kraft, die Richtung der x-Axe ihre Richtung. Fur die umgebende Luft werde k = 0 gesetzt und das Zeichen R auf dt1s Eisen bezogen, dann ist im Inneren der Kugel:

von der Kugel: ~ = - J x

2. J

1 + s k v=-- 4 n

Daraus folgt, dass die in meiner citirten Abhandlung') 1) cf. Kirchhoff, Sitzungsber. d. Bed. Acad. v. 28.Febr. 1854. p. 148.

39 *

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mit A , B , C bezeichneten Krafte verschwinden, und die mit A , B , C bezeichneten Druckkrgfte, menn man den Anfangs- punkt der Coordinaten in den Mittelpunkt der Kugel legt und ihren Radius mit R bezeichnet, diese Werthe annehmen:

- - -

Nennt man 1 1 , u , w die Componenten der Verriickung, welche infolge der Magnetisirung der materielle Punkt der Kugel erfhhrt, welcher vorher die Coordinaten 3, y, z hatte, und setzt:

(131

so hat man infolge davon, dass die Krafte A , B , C gleich Null sind:

und fur x2 + y2 + z2 = R2 ist: -

R A = - ( X LYz + y Xy + z .YZ), R B = - (.c El + yYy + zU.), -

R C = - ( ~ ' 2 ~ + y Z y + z Z Z ) .

(15)

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Aus den Gleichungen (12), (13), (14), (15) sind u, v, ul

zu berechnen. Ihre Ausdriicke lassen sich, wie die in (12) angegebenen Ausdrllcke von A, 3, C aus je drei Theilen zusammensetzen, yon denen der erst.e den Factor 2nka, der zweite den Factor ( k - k ’ ) / Z 1 der dritte den Factor --k”/2 enthalt; man kann daher setzen:

u, , v, w, oder u2, z2, w2 oder i iy, v3, w3 mussen dann d e n Gleichungen genugen, die aus den fur u , v , w aufgestellten entstehen, wenn man (12) ersetzt durch:

X8 A = - (17) R3 ’ oder durch:

-

- - A = L B = 0 , c= 0. (19) B ’

ul= a, x3 + I , (y2 + 9 ) x + c, RZ,

Den fiir u l , v , , w, geltenden Bedingungen kann man durch die Annahme:

wl= a,’x’Jz + b,’(y? + z2)x + c,’R2z gentigen, wenn man die sechs Constanten a, , b, , c,, a,‘, bl’, c,’ passend beetimmt. Bei dieser Annahme geben die Glei- chungen (13):

6 = (3a, + 2 ~ 2 , ‘ ) ~ ~ + (b, + 44‘) (y2 + re) + (cl + 2c,‘) R2, x, = - 2K(3cc1 r2 + b, (y2 + 9) + c1 R2 + OCT) I; = - 2 K ( a , ’ r 2 +b,’(3y* + 22) + O1’R2 + B 0 ) 2, = - 2K(a,’r2+b1‘(y2 + 3 9 ) + Cl’R2 + 00)

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Y,= 2,- - 4Kb , ’y z

‘YY = Y,= - 2 X ( 4 ’ + q x y . 2, = A’,= - 2 K ( a , ’ + b,) LI

Hiernach reduciren sich die Gleichungen (14) auf die beiden Relationen zwischen den eingefiihrten Constanten:

0 = 3a , + a,’+ b, + 0 (3a1 + Za,’) 0 = a,’+ b, + 86,’f 2 O ( b , + 46,’).

Die Gleichungen (15) ergeben bei Rticksicht auf (17), wenn man x2+yg + z2 fur R2 in den Ausdrticken fur X,, Y,, 2. setzt:

1 -- 2 x R 9 - 3a , + el + @(3@, -k 2a1’+ c1 + 2cl’)

0 = a,’+ 2 4 +cl + @ (b, + 4b,’+ c1 + 2 5 3 -- 2KRS- 2 a , ’ + b 1 + c l ’ f @(3a1+2a, ’+c , -k2c1? 1

s 0 = 3 b,‘+ cl‘+ 0 (b , + 4b,‘+ c, + c,’).

So hat man sechs Gleichungen fiir die sechs Unbekann-

= (7+8@)%, a 1 ’ = - ( 7 + 6 0 ) & , 6 , ’ = - 2 0 % 40’

ten a , , b , , ~ 1 , a,’? b,’, c,’; ihre Auflosung gibt:

, 6 0 + 160* aI c1 = --- 1 + 3 0 --a’ l f 3 0 4 @

-- 1 - (7+19@)$. 2 K R 2 -

(22) u, = az%, v, = a, y , ZL~? = a, z setzen, worau8 nach (13) folgt:

7 + 3 1 8 + 32Oq a, (21) 1 b1 c, = -

und :

Man kann ferner :

d = 3c1,

-YE = Uy = 2, = - 2K(1 + 3 0 ) a z Y, = z, = xy= 0;

dabei werden die Gleichungen (14) erfiillt, und die Glei- chungen (15) geben mit Hiilfe von (15):

(23) a , =

(24) u a = a , x , u 3 = h 3 y , w 3 = b 3 z ; dabei wird :

1 2 K ( 1 + 30) *

Endlich mache man:

0 = a3 + 2b3 x,= - 2 K ( a 3 + 0 ( ~ ~ + 2 b ~ ) ) , ~ ~ = ~ ~ - 2 ~ ( a , + 0 ( a ~ + 2 b ~ ) )

Y, = 2, = xy = 0.

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Auch hier werden die Gleichungen (14) von selbst er- fullt, und die Gleichungen (15) geben bei Rucksicht auf (19):

Substituirt man in die Gleichungen (16) die in (20), (21), (22), (23), (24), (25) gegebenen Ausdrucke, so hat man die Losung der vorgelegten Aufgabe.

Um die Werthe der VerrUckungen u , v , w numerisch berechnen zu kbnnen, muss man zuniichst die Grosse h kennen. Es ist dieselbe in der hier zu Grunde gelegten Theorie als eine Constante vorausgesetzt, man weiss aber, dass sie thatsiichlich in hohem Grade veranderlich ist; man schliesst sich, bei beliebiger Gestalt des Eisenkorpers und beliebig gegebenen magnetisirenden Kriiften, naher an die Wirklichkeit an, wenn man R als eine durch Beobachtungen zu bestimmende Function von:

annimmt. Bezeichnet man dieses Argument durch % und nimmt als Einheit dafur:

g% ___ crn"2. sec

an, eine Einheit, die zehnmal so gross ist, als die von G a u s s fur magnetische Krilfte eingefiihrte, so ergeben die von Hrn. S to l e tow] ) ausgefuhrten Messungen, dass K von 21,5 bis 174 zunimmt, wenn '$3 von 0,43 bis 3,2 wilchst und bis 42,l sinkt, wenn 8 weiter bis 31 vergrossert wird. Fiir eine Eisenkugel, die unter dem Einfluss einer constanten magnetisirenden Kraft J steht, gelten die unter der An- nahme, dass h eine Constante ist, abgeleiteten Formeln auch bei RUcksicht auf die Veriinderlichkeit dieser Grosse, nur ist der Werth derselben verschieden zu setzen je nach dem Werthe von J; er ist zu bestimmen aus der Beziehung zwischen k und '$3 und der Gleichung:

J 4% I + - k 3

% =

1) Stoletom, Pogg. Ann. 146. p. 461. 1872.

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E s ware: k = 21,4 oder = 175 oder 42,l

fur J = 39,l oder = 2340 oder 5450. Ueber die Werthe von k' und k" hat man gar keine

Erfahrung. Setzt man aber voraus, dass sie nicht gross gegen k sind, und nimmt an, dass die Kraft J zwischen dem kleinsten und dem grossten der eben angefilhrten Werthe liegt, so braucht man bei der Berechnung der fiir die Ver- rilckungen a, v , w in (16) gegebenen Ausdriicke k' und A", und rtuch k, nicht genauer zu kennen; man kann dann k als unendlich gross betrachten und schreiben :

1st E der Elasticitiitscoefficient des Eisens, so ist: 14- 3 @ E = 2 K - 1 + 2 0 '

und setzt man mit P o i s s o n :

so geben daher die Gleichungen (21): @ = A ,

Aus (20) und (26) folgt hiernach:

u = Jp (-lox3 - 56(!y2 + z2 )x + 61R2r), 176n ER'

176n ERq

116n E X q

2'= ____ J' (50r2y + 5 (?ye+z2) y - 14R2y),

= __- J 2 ( 5 0 ~ a z + 5 ( y 2 + z 2 ) z - 1 4 R Z r ) .

Fiir die rlumliche Dilatation o ergibt sich

Q=:--- J' (70.r2 - 35 (y2 + z2) - 33R9). 176n ER'

Ein Radius der Kugel, der die Richtung tisirenden Kraft hat, erleidet die Verlilngerung:

dabei :

der magne-

R, 153 J? 17671 E ___

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ein Radius, der senkrecht zu dieser &aft ist, die Verkurzung:

Ein magnetisches Feld, wie es hier vorausgesetzt ist? kann mit Hiilfe eines electrischen Stromes hervorgebracht werden, der eine Spirale durchfliesst, welche die Eisenkugel umgibt urid so lang ist, dass die magnetische Kraft des Stromes in dem Raume, den die Kugel einnimmt, als con- stant betrachtet werden kann. 1st n die Zahl der Win- dungen, die auf ein Centimeter in der R.ichtung der Lange der Spirale kommen, und i die Intensitat des Stromes in Amperes ausgedriickt, so ist d a m :

431 g'l? J = -ni7

10 cm ' 2 . sec

setzt man fur den Elasticitatscoefficien en des Eisens:

E = 1@. 10l2 cm . eecP ?

so ergibt sich die Verlingerung eines Radius der Kugel, der der Axe der Spirale parallel ist:

= n2 i2. 2,32.10-13. R. Schon im Jahre 1847 hat Jou le ' ) die Verlangerungen

gemessen, die Eisenstiibe erfahren? wenn sie in einer Spirale magnetisirt werden , Verlangerungen , welche im Maximum 1,4 Milliontel der Lange betrugen. Aehnliche Messungen bei einer Kugel auszufiihren, wurde wegen der Kleinheit der Formlnderungen kaum maglich sein.

1) Joule, Phil. Mag. 30. p. 76, 225. 184i.