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J. Meyer u. V. Sfateoxny. Polysawert. von Eleme&n der Schwefdgruppe. 1 uber einige Polysiuren von Elementen der Schwefelgruppe. Von JULIUS NEYER und VALENTIR STATECZNY. Mit 2 Figuren im Text. Die Elemente S, Cr, Mo, W und U, die der secbsten Gruppe des naturlichen Systems angehoren und in gewissen Beziehungen groBe Ahnlichkeiten aufweisen, sind unter anderrm dadurch aus- gezeichnet, dal3 sie SSiuren und Salze zu bilden vermiigen, derrn Anionen zwei oder mehr Atome dieser Elemente im Molekul ent- halten. So kennen wir die Dischwefelsaure, die Di- und die Tri- ehromsiiure und die eigentumlichen Polymolybdate und Polywolf- ramate. Wenn wir die klare uncl ubersichtliche Systematik der Polysauren von A. ROSENHEIM~) zugrunde legen, so konnen wir die Polysauren des Schwefels uncl des Chroms von einem Zentml- atom mit der Koordinstionszahl 4 ableiten, Sie gehoren also ZII den ungesgltigten Reihen der Polysauren und lassrn pich folgcnder- m&en koordinativ formnlieren : usw. Wir lcgten uns nun die Frage vor, ob die vier Koordinations- stellen des Zentralatoms sich nicht auch clinch wesensfremde, jedoch auch zur sechsten Gruppe des naturlichen Systems gehorige SBure- reste besetzen lassen, ob sich also neben den oben gensnnten Iso- polysiuren auch Heteropolysiiuren aus Elementen der Schwefel- gruppe bilden lassen, eine Erscheinung, die man in ahnlicher Form z. B. bei der Trimolybdiinarsensaure H, As und bei anderen Verbindungen schon 1Singer kennt, die aber bei den Elementen der Schwefelgruppe bisher noch nicht genauer beobachtet worden ist. Bei dieser Untersuchung interessierte iins auch noch eine andere Frage. Wir hatten in fruheren Untersuchungen2) zeigen konnen, daB sich Schwefel- und Selensiiqre in den einfachen Salzen beider I (~00,)s - I) A. ROSENHEIM im Abeggschen Handbuch 4. I, 2, S, 977. *) JUL. MEYER, 8. awg. u. allg. Chem. 118 (1921), I. Z. morg. u. allg. Chem. Ed. 122. 1

Über einige Polysäuren von Elementen der Schwefelgruppe

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Page 1: Über einige Polysäuren von Elementen der Schwefelgruppe

J. Meyer u. V. Sfateoxny. Polysawert. von Eleme&n der Schwefdgruppe. 1

uber einige Polysiuren von Elementen der Schwefelgruppe. Von JULIUS NEYER und VALENTIR STATECZNY.

Mit 2 Figuren im Text.

Die Elemente S, Cr, Mo, W und U, die der secbsten Gruppe des naturlichen Systems angehoren und in gewissen Beziehungen groBe Ahnlichkeiten aufweisen, sind unter anderrm dadurch aus- gezeichnet, dal3 sie SSiuren und Salze zu bilden vermiigen, derrn Anionen zwei oder mehr Atome dieser Elemente im Molekul ent- halten. So kennen wir die Dischwefelsaure, die Di- und die Tri- ehromsiiure und die eigentumlichen Polymolybdate und Polywolf- ramate. Wenn wir die klare uncl ubersichtliche Systematik der Polysauren von A. ROSENHEIM~) zugrunde legen, so konnen wir die Polysauren des Schwefels uncl des Chroms von einem Zentml- atom mit der Koordinstionszahl 4 ableiten, Sie gehoren also ZII

den ungesgltigten Reihen der Polysauren und lassrn pich folgcnder- m&en koordinativ formnlieren :

usw. Wir lcgten uns nun die Frage vor, ob die vier Koordinations- stellen des Zentralatoms sich nicht auch clinch wesensfremde, jedoch auch zur sechsten Gruppe des naturlichen Systems gehorige SBure- reste besetzen lassen, ob sich also neben den oben gensnnten Iso- polysiuren auch Heteropolysiiuren aus Elementen der Schwefel- gruppe bilden lassen, eine Erscheinung, die man in ahnlicher Form

z. B. bei der Trimolybdiinarsensaure H, As und bei anderen

Verbindungen schon 1Singer kennt, die aber bei den Elementen der Schwefelgruppe bisher noch nicht genauer beobachtet worden ist.

Bei dieser Untersuchung interessierte iins auch noch eine andere Frage. Wir hatten in fruheren Untersuchungen2) zeigen konnen, daB sich Schwefel- und Selensiiqre in den einfachen Salzen beider

I (~00,)s

- I) A. ROSENHEIM im Abeggschen Handbuch 4. I, 2, S, 977. *) JUL. MEYER, 8. aw g . u. allg. Chem. 118 (1921), I .

Z. morg. u. allg. Chem. Ed. 122. 1

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2 J. H5y5r w. V. Stateczny.

Sauren nicht nur auljerordentlich iihnlich sind, sondern da13 sie fiucli in ihren Verbindungen mit Lomplexen Kationen und sogar bei ihrem Eintritt in diese Kompkxe selbst in ihrem Verhalten nur wenig voneinancler abweiclien . In den komplexen Chromi- und Kobalti- snlzcn Bonnen sich heide Siinreii gegenseitig usetzen und vertreten, ohne daB cler Charalrter der Salze daclurch merklich verandert wird. Es war nun von Interesse, einmal festzcstellen, wiewcit sich Schwefel, Srlen uncl Chrom gegenseitig in den Di- und anderen Polysauren vrrtretm kbnnen , und wieweit der Charaht er der Verbindungen tladurch gciindert wird. Es waren also die gemischten Di- oder Pyro- siiureii und iihnliche Verbindungen von Elementen der sechstrn Giuppe dcs naturlichen Systems darzustellen.

I. Chromschwefelaaure. Die ersten Angaben uber eine Verbindung zwischen Schwefel-

und Chromsaure finden sich bei BOLLEY~) : spater treffen wir nur gc.legmtliche Andeutungen iiber diese Verbindung an.2) Im An- schIu8 an seine Untersuchungen uber die Ihrstellung von CrO, ~ L I S K2Cr,0, und I-I,SO, untersuchte BOLLEP auch die Lbslichkeit von Chromtrioxyd in Schwefelsaure und fand, daB hierin betriicht- liclio Mengen von CrO, gelost werden konnen. Aus diesen Liisungen fit11 aber nach einigcr Zeit cin oclrergelber bis hellbranner Nieder- schlog aiis, wsl11md die anfangs dunkle Flussigkeit sich hell fiirbte. t?ormm folgorte, daPJ dic Chromsiiurc mit der Schmefelsiiure einr c*liemisehc F'wbindung cingrgangcn win mussc, und versuchte nun, t t m t ~ h : i l l m e u Niederschlag zu nnalysierm . Trotzdem er nber wegen clvr TJnbestiindigkeit des Niedcrschlages L'einp eindeutigen an4 ly- t ischen Ergcbnisse erliielt, nahm cr an, da,B dcr Niederschlag eine (:~1Pomschwefelsuure von der Formel H,CrSO, ware. 8eine An- rinhme finclet hier volle Bestatigung.

Ein ganz entsprechender hellbrauner Niederschlag ist iifters Ilei den gebrauchlichen Schwefelsiiurebichromatlbsungen zu h o b - achten, die zum Reinigen von Glasapparaten im Laboratorium be- nutzt werden. Wir werden weiter unten sehen, daB diese Nieder- schlage die Kalium- oder Natriumsalze der Chromschwefelsaure sind.

Unsere ersten Versuohe, die Chromschwefelsaure nach BOLLEY darznstellen, schlugen fehl, weil sich das grobkristallinische Chrom-

1) P. A. BOLLEY, Liebigs Ann. 66 (1845), 113. z, SCHIFF, Liebigs Ann. I26 (1863), 168; PICTET und KAEL, Arch. Sc. pkys.

el mf. Gen8ve (4) 26 (1908), 437.

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Uber ei?zige Polysaurern von Elemernten deer Schwefelgruppe. 3

trioxyd des Handels in konzentrierter H,SO, nur aul3erst langsam auflost. Versuche, die Losung dmch ErwBrmen zii beschleunigen, mifigluckten, weil sich das CrO, dabei unter 0,-Entwicklung zer- setzte. Es gelang uns aber, ein zur Losung geeignetes und sehr reines CrO, zu erhalten, als wir das kaufliche Produkt in Waaser ldsten und dann durch konzentrierte H2S04 wieder ausfA1lten. Man bekommt SO ein aul3erst feinkristallinisches Pulver, das abgenutscht und von der anhaftenden Schwefelsaure durch Waschen mit konzentrierter Salpetersaure befreit wird. Die noch anhaftende HNO, wird durch mehrstiindiges Erwarmen auf 1300 vollstandig verjagt. Die durch das Trocknen erhaltene Masse wurde fein zerrieben und stellte im Gegensatz zu dem ublichen braunro ten Kristallpulver ein lockeres, hellrotes Pulver dar, das sich als sehr rein erwies und nach mehreren titrimetrischen Analysen 99,901, Cr 0, enthielt. Der Schmelzpunkt lag bei 190°, wobei allerdings etwas Zersetzung eintrat. Nach TRAUBE~) schmilxt CrO, bei 180-1900, nach MOISSAN~) bei 170

sichtiges Erhitzen geschmolzenes Cr 0, mit dem Schmelzpunkt 195 his 200° erhalten haben.

Gegenuber dem handelsublichen Chromtrioxyd ist das nach diesem Verfahren dargestellte Produkt erheblich reiner und 16s t sich vor allem leichter in konzentrierter Schwefelsiiure suf .

Um festzustellen, in welchem Umfange Chromtrioxyd in H,S04 lijslich ist und welche Eigenschaften diese Losungen hsben, w i d e versnchl, das Schmelzpunktsdiagramm des Systems K2S04-Cr0, zu bestimmen. Zur Gewinnung der wasserfreien H,SO, arbeiteten wir nach den Angaben von HANTZSCH~) und von ODDO und SOANDOLA.') Wir brachten in einen Glasapparat, der dem von ODDO und SCAN- DOLA benutzten nachgebildet und mit Thermometer und Ruhrer bei AusschluB von Feuchtigkeit versehen war, eine gewisse Menge H,SO,, die 5--100/,, SO, enthielt. Nun wurde zu dieser rauchen- den Schwefelsaure so lange tropfenweise Wasser gegeben, bis der Schmelzpunkt der Masse sein Maximum - in unserem Falle 10,45O - erreicht hatte. Diem Produkt entspricht einer lOOO/,, igen, wasser-

bis 177O, nach GROSCHUFF3) bei 1960. ZETTNOW4) will durch vor-

1) TRAUBE, Liebigs Ann. 66 (1847), 103, 165. i) MOISSAN, Cmpt . rend. 98 (1884), 1581. 3) GROSCHUFF, 2. a w g . Chem. 58 (1908), 102. 4) ZETTNOW, Pogg. Ann. 53 (1871), 468. 6 ) HANTZSCH, 2. phys. Chem. 61 (1907), 267. 6) ODDO und SCAN DO LA,,^. phya. Chem. 6% (1908), 243.

1+

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4 J. Meyer u. V. Stateexny.

freien H,SO,, wie wir sie fur unsere Zwecke nijtig hatten. GroRere Mengen von dieser Saure auf Vorrat herzustellen, erwies sich als iinpraktisch, weil sie auch bei sorgfiiltigster Aufbewahrung Luft- feuchtigkeit nnzog und so fur unsere Zwecke unbrauchbar wurde. Es wurde deshalb fur jeden Versuch die erforderliche wasserfreie Schwefelsaure frisch aus dem Oleum hergestellt. Das hatte den Yorteil, daB tatsachlich stets wasserfreie Saure verwendet wurde, wiihrrnd der kleine Zeitverlust nicht in Eetracht kam.

Zu der gewogenen Menge tvasserfreier H,SO, wurde nun unter AusschluB von Feuchtigkeit 1) eine kleine gewogene Menge unseres reinen CrO, gegeben uncl in dem oben angedeuteten Apparate durch gelindes Erwarmen und energischen Ruhren geliist , bis eine klare Lbsung vorhanden war, deren Erstarrungspunkt bestimmt wurde. lhhe i ergab sich, dsB schon eine an (21-0, 2,5O/,ige Losung nach einiger Zei t einen orangefarbenen Niederschlag fallen lieR, der sich 1)cJim Erwiirmen nur schwer wieder loste. In reiner H,SO, war er so gut wie un1i)sliich. Bei raschem Arbeiten lie6 sich das Ausscheiden cles Niederschlages eine Zeit lnng hintanhalten, so daB wir den Schmelzpunkt von Liisixngen b d i m m e n konnt en, die bis mi S,@/, an CrO, gesgttigt, an dern orangefarbenen Nicderschlag jcdoch er- Ircblich ubersattigt wnren.

Aus eincr grofieren Anzahl von Resiimmungen mit jedesmttl friscli efugcsiellt~r Sch wcfelsiiure seien die f‘olgenden Ergebnisse mitgcteill :

Tabelle 1.

.-?

0,16 0,17 0,19 0,57 0,87

10,5

10,45 10,2 I0,2 10,2 9 3

9 8 9 3

1,20 1.67 1 ;95 2,02 2,13 2,55 2,64

2,80 3.13 3365 4,17 5,37 7,43 8,66

Tragt man diese Ergebnisse in ein Erstarrungspunktkonzen- trationsdiagramm ein, so erhalt man eine Kurve mit dem bekannten eutektischen Knickpunkt, und zwar liegt hier das Eutektikum bei einer Konzentration von 2,20/, CrO, und bei + 5,50.

1) Genaueres wegen der Apparatur und der Ausfiihrung der Versuohe ist in der Dissertation von V. STATECZNY, Rreslau 1922, zu finden,

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l'iber ei~igt? Polysaurm vm Ebmt?mtt?m de,. SchwefelgrzLppe. 5

Das Chromtrioxyd lost sich demnttch in der Schwefelsiiiure nicht als solches auf, sondern bildet eine Verbindung, die sich jenseits dieses eutektischen Punktes als orangefarbener Niederschlag aus- scheidpt. Die molekulare Gefrierpunktsernieclrigung dcr H,SO, ist von HANTZSCII zu 70, von ODDO mid SCANDOLA zu 68,l bestimmt worden, so daJ3 es moglich sein niiifite, aus den oben gefundenen Zahlen ctav Molekulargewicht des gelosten Stoffes xu berechnen.

t 12"

+10

-+ 9"

+ 8"

t70

+6"

$7 +- Fig. 1.

Indessen ergeben sich ebenso wie bei den Untersuchungen der ge- nannten Forscher stets vie1 zu kleine Werte, die weder auf CrO, noch auf H&rSO, passen. Statt des Molekulargewichtes 100 fur CrO, ergeben sich Werte zwischen 30 und 60, statt des Molekular- gewichtes 198 fur H,CrSO, Werte zwischen 60 und 120. Die ge- fundenen Zahlen sind also erheblich zu Mein, wie man es bekanntlich auoh bei anderen in konzentrierter Schwefelsaure gelfisten Stoffen gefunden hat .

Der orangefarbene Niederschlag, der sich aus den Chroms&ure- Schwefelsaurelosungen allmahlich abscheidet, ist gegen Feuchtigkeit auBerst ehpfindlich und zerfallt unter der Einwirkung geringer

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Mengen Wasser unter Rotfarbung. Das beste Verfahren, ihn voii der anhaftenden H,SO, zu befreien und zu trocknen, bestand darin, da8 er schnell in einem Goochtiegel abgesaugt und dann zwischen Tonplatten abgeprel3t wurde. Nach mehrtagigem Stehen auf Ton uber P,O,, wobei die Tonplatten mehrere Male gewechselt wurden, war der Stoff genugend analysenrein geworden. Die Analysen naherten sich den Werten fur die Verbindung H,CrSO,. Zur Dar- stellung Qiner grofieren Menge dieser Chromschwefelsiiure erwies sich nach vielen Versuchen folgendes Verfahren am geeignetsten. Es wurde eine bei Zimmertemperatur gesiittigte Losung von CrO, in Wasser hergestellt, die dann mit konzentrierter Schwefelstiure als feinkristallinischer Schlamm ausgefallt wurde. Dieser wurde uber einer Glaskugel abgesaugt und ohne weitere Entfernung der anhaftenden Schwefelsaure in eine Stiipselflasche mit konzentrierter H,SO, gegeben. Bei kraftigem Schutteln loste sich das Chromtrioxyd unter Erwarmen auf und die Losung zeigte schwarzrote Farbe. Auf 200 g H,SO, kamen so etwa 100 g Cr0,-Schlamm. Nach mehreren Stunden schied sich in deu Kalte ein dicker, orangefarbener Nieder- schlag ab, der abgesaugt und 5 Tage zwischen Tonplatten uber P,O, getrocknet wurde. Die Analysenwerte stimmten mit den fur die Formel H,CrSO, um so besser ubercin, je besser das Produkt zwischen Tonplatten abgedriickt und von cler anhaftenden Schwefelsaure lucfreit worden war. Es ergabrn 1,0954 g Snbstanz 1,3123 g BaSO, = 16,4% S und 0,4359 g Cr,O, = 26,2O/, Cr, 0,6579 g Substanz 0,7850 g BaSO, = 16,30/, S und 0,2529 g Cr,O, = 26,2O/O Cr, TvBhrend sicli fiir Chromschwefelsiiure 16,2O/, S und 26,3O/, Cr borechnen.

Zur Darstellung der Schwefelchromsaure ist die Anwendung von absoluter H,SO, nicht notwendig; es genugt schon die handels- ubliche von 9501,. Jedoch darf der Wassergehalt nicht uber SO/,,

steigen, wie sich aus den weiter unten angefuhrten Liislichkeits- bestimmungen ergeben wird.

Die reine Chromschwefelsaure stellt ein lockeres, dunkelorangc- farluenes Pulver dar, das sehr energisch Wasser anzieht und sicli dabei ziegelrot farbt. Sie zerfallt also mit Wasser in Schwefelsaure und Chromtrioxyd, das sich in mehr Wasser dann auch noch auf liisen kann. Selbst uber Schwefelsiiure zerfallt sie allmahlich in dieser Weise. Sie lafit sich nur uber Pz05 oder im zugeschmolzenen Rohr dauernd aufbewahren. Ein auf diesc Weise adbewahrtes Praparat

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Ubw einige Polysauren von Eternen t en der Xohwefelgixppe. 7

hatte sich nach einem halben Jahr amf der dem Lichte augekehrten Seite in gaaae oberflachlich dunner Schicht rot gefarbt. Man konnte mit bloBem Auge deutlich die roten, ins Bliiuliche schimniernden Cr0,-Kristalle erkennen. Es scheint also auch das Licht auf die Chromschwefelsaure etwas zersetzend einzuwirken, eine Erscbeinung, die man ja auch bei anderen Chromverbindungen antrifft.

Die Chromschwefelsaure ist in CS, und in ahnlichen indifferenten Fliissigkeiten unloslich. In bther, Ligroin, Benzol tritt beim Er- warmen allmahlich Reduktion unter Griinfarbung ein. Beim Er- wHmen wird die Farbe der Saure allmiihlich dunkler und bei 168 bis 1700 sintert sie zu einer hellbraunen Masse zusammen, um bei 1900 zu einer blutroten Fliissiglreit zusammenzuschmelzen, die sofort u n t a Aufschaumen Sauerstoff entweichen 1aBt.

Die Chromsaure-Schwefelsiiuregemische sind in der Chemie seit langem als kraftige Oxydationsmittel bekannt. Es war daher an- zunehmen, daB die Chromschwefelsaure diese Oxydationswirkung in ganz besonderem MaBe besitzen wurde. Gibt man auf die festc ChromschwefelsSiure einen Tropfen Alkohol, so tritt sofort Ent- flammung cin, wiibrend Aldehyd, Saure, SO, entwcicht und Cr,O, xuruckbleibt. Naphthalin und Phenol worden clnrob die Siiurc vcr- kohlt, Anthracen liefert Essigsgure. Mischt man etwas Zucker urid Chlorat mit dcr Chromschwefels~ure, so tritt bpi gelindcni Erwiirnicn explosionsartige Verbrennung ein.

Salao dw Chromschwefolsiiuro hsseii sioh riich 1 unniittelbnr durch Neutralisation aus ihr bilden, da sie in Wasser sofort in ihre beiden Bestandteile zerfallt, ein Verhalten, das sie mit der Discliwefel- sBure und ihren Salzen gemeinsam hat. Indessen lieBen sich ihre Salze auf Umwegen gewinnen.

Das Kaliumsalz der Chromschwefelsiiurc sol1 sicli nacli SCHIE'P~) beim Zusammenschmelzen von Ka1iunisulf;lt oder -Lisulfa,t rnit Cblorkaliumchromat bilden ;

K,SO, + ClCrO,K = K,CrEO, + KC1 KHSO, -k ClCr0,K = HC1 + I<,CrSO, .

Die so erhaltenen Yrodukte sind aber stets stark vcrunreiiiigt und fur analytische Zwecke nicht brauchbar. Nach SCHIFI: enbweicht bei der Umsetzung auch noch Chromylchlorid, und man sol1 bei moglichst niedriger Temperatur arbeiten , damit miiglichst wenig

l) SCEIFF, Liebigs A m . 120 (1863), 166.

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gasforrnigc Produkte entweichen. Wir haben daher andere Wege eingeschlagen, die uns zu analysenreinen Stoffen fuhrten.

Es wurden iiquivalente hlengen Kaliumsulfat und CrO, unter C S, in ciner Schale verrieben, im Exsikkator vom Schwefelkohlen- stoff befreit und eine halbe Stunde im zugeschmoleenen Rohr auf 150O erhitzt. Das Produlrt "ar eine dunkelorangefarbene Masse, die bri 545--350° unter Sauerstoffabgabe schmolz. Dasselbe Pro- dull t bi1dt.t sich auch, wenn man SO, unter geeigneten Bedingungen rtuf K,CrO, einwirken 1BBt. LaBt man jedoch die beiden Stoffe im unverdunnten Zustande aufeinander einwirken, so tritt eine sehr hcftige Reaktion unter Feuererscheinung ein, und es bleibt schljel3- licli nur grunes Chromisdz ubrig. Zur Milderung der Reaktion wurde das K,CrO, in CS, suspendiert, mit Wasser gekuhlt und dann wurde SO, eingeleitet. Zum Entfernen des uberschiissigen SO, und CS2 uwrde vorsichtig auf 60° erwarmt, die dunkelbraune, zahe Masse schnell herausgenommen und zwischen Tonplatten im Vakuum- essikkator getroclcnct . Nach c h i Tagen wurde die Masso gepulvert uiid andysiert.

Es ergrtben 0,9383 g Substane 0,8353 g BaSO, = 12,20/0 S, 0,2620 g Cr,O, = 19,1°/,, Cr und 0,5949 g K,SO, = 28,2OI0 I<.

Dlts Sadz E<,Cr80, verlangt in &Titer Ubereinstimmung damit 12,0"/, S, 19,U'J/o Cr uncl 28,5°/0 I<. Es lag also das gesuchte Kalium- salz clcr Chromschwef~~lsaure vor. Aucli dieses 8alz schmolz bei 345 his 3800 und gab dabei Sauerstol'f ab, indem sich Chromisulfatc? liilde ten.

Das chromscliwefelsaiire Kalium 1&Wt sich auch durch Zusammen- sclmelzen von KHSO, und K2Cr207 darstellen :

K,Cr,O, + 2KHS0, = H,O 4- I<,CrSO, . Nacli diesem T'erfahren dargestellt, bildet es eine hellbrauno,

kristallinische Masse, deren Schmelzpunkt bei 5400 liegt. Das chromschwefelsaure Kalium la Bt sich aus Wasser nicht

umkristallisicren, sondern zerfiillt darin in (Ihrom- und Schwefel- qmre und ihre Salze. In indifferenten Losnngsmitteln l&Bt sich das Salz nicht aaflosen. Die Oxydationswirkung des Stoffes ist sehr grofi, wenn auch nicht so heftig wie die der freien SAure.

Das chromschwefelsaure Kalium scheidet sich gelegentlich aus dcn Bichromat-SchwefelsBuregemischen aus, die im Laboratoriurn zum Reinigen der GlasgefaBe verwendet werden. Durch Umsetzung tlcr H,SO, mit dem Bichromat bildet sich wahrscheinlich zuers t

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o b e y einip Polysauwt von Elementen dey Schwefelyruppe. 9

&-SO,, an das sich dann CrO, anlagert. In starker Schwefelsiiure ist das Salz schwer liislich und scheidet sich daher ebenso wie die Chromschwefelsiiure als gelb- bis orangebrame Masse aus.

Das Natriumsalz Na,CrSO,, aus Natriumsulfat und Chrom- trioxyd oder aus Natriumchromat und SO, wie oben hergestellt, war etwas heller als das Kaliumsalz. Es besitzt im ubrigen dieselben Eigenschaften, schniilzt aber schon bei 280".

Das Amnioniumsalz ( NH,),CrSO, konnte nur nus Ammonium- sulfat und CrO, durch Erhitzen im geschlossenen Rohr auf dem Wasserbade hergestellt werden. Es zeigte etwas dunklere Farbe als das K-Salz, besaB aber sonst dieselben Eigenschaften. Im gc- schlossencn Rohr schmole es bei 159-160O. Betropft man diese Salze mit Alkohol, so tritt Erwarmung ein und Aldehyd entweicht, wahrend grunes Chromisalz zuruckbleibt.

Der Darstellung der Erdalkalisalze stellten sich groBere Schwierigkeiten entgegen. Das Ba-Salz erhielten wir, indem zu BaCrO, Schmefeltrioxyd im UberschuB gegeben und dann im gc= schlossenen Bombcnrohr 3 Stunden auf 120" erhitst wurde.

BaCrO, + SO, = BltCrSO, . Nach dem Offrien des Rohres, in dcm sich beim Erhitzen auf

hohere Temperaturen starker Suuerstoffdruck bemerkbar macht, und nach dem Verjagen des uberschiibsigon SO, durch gclindes Er- miirmen, blieb eine feste, hellbraune Mssse zuruck, die sich nieht sehuzelztii lie13, sondcrn bei 2000 Sauerstoff abgab uiid im Wasscr in EaSO, und gclOstes CrO, zerfiel. An der Luit zcigte es sich xicmlich besliindig.

Bei der Analyse ergaben 0,9954g Substanz 0,7018g BaSO, = 70,50/0 BaSO, und 0,2183 g Cr,O, = 15,0°/0 Cr, wahrend die Formel BaCrSO, G9,90/, BaSO, urid 15,6O/,, Cr verlangt.

Das Ca- und das Sr-Salz lieBen sich nicht auf diesem Wege gewinnen. Ex wurden vielmehr iiquivalente Mengen von Ca SO, und SrSO, mit den entsprechenden Mengen CrO, 3 Stunden lang im Bombenrohr auf 160" erhitzt. Dabei wurde allerdings etwas 0, abgespalten und das Chromat zu griinem Chromisalz reduziert. Der Sauerstoff entwich beim Offnen des Rohres. AuBer einem griinlichen Schimmer zeigten diese Produkte eine hellbraune, homogene Farbe. In Wasser zerfielen sie in Chromsiiure und Sulfat, wahrend beim Bnsiiuern etwas grunes Chromisalz in Losung ging. Die Schmelz- punkte konnten nicht festgestellt werden.

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10 J. Meyer u. K Statecxny.

Die Konstitution der Chromschwefelsaure und ihrer Salze eiit- sprickt valenzchemisch durchaus derjenigen der Dischwefelsaure und der Dichromsaure. Betrachten wir sie als Polysaure, so mussen wir sie zu den ungesattigten Reihen zahlen, in denen das Zentralatom vier Koordinationsstellen besetzt enthalt. Und zwar sind in den Disauren die vier Koordinationsstellen von drei 0-Atomen und von einem Saurerest besetzt, der gleicher oder verschiedener Natur wie das Zentralatom sein kam. Wir haben also die Koordinations- formeln:

usw. Es ist denkbar, daB von den vier Koordinationsstellen nicht nur eine, sondern auch mehrere durch SBurereste besetzt werden konnen. Bisher ist es aber nicht gelungen, zwischen Schwefel- und Chromaaure derartige Polysauren darzustellen.

11. Chromselenaiiure. Die benachbarte Stellung von S und Se im naturlichen System

sowie die grol3e Ahnlichkeit zwischen der Schwefel- und der Selen- saure1) legten die Vermutung nahe, daG auch die Selensaure Poly- sauren zu bilden vcrmag. Es gclang uns auch, ohne erhebliche Schwierigkeiten dic Chromsclensiiure eu gewinnen, die der Chrom- schwefelsaure in allen Bcziehungon an die Seite zu stelleii ist. Es wurden 20 g 0,-Schlanim, der, wie obon beschrieben, aus der go- siittigten w-8Brigen Losung niibtels konzentrierter H,SeO, ausgefgllt wordon war, in 50g 980/0igcr SelensSuru geldst,, die nach dem Ver- fahren von JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER~) dargestellt worden war. Bei kraftigem Schutteln in einer Stopselflasche hatte sich bald alles Cr C), unter Erwarmen aufgelost. Nach dreistundigem Stehen in der Kalte schied sich uin orangefarbener Niederschlag ab, der in1 Goochtiegel abgesaugt und zwischen Tonplatten im Exsikkator gctrocknet wurde. Nach dreimaligem Wechseln der Tonplatten war der Stoff so trocken geworden, daB er gepulvert werden konnte. Zur Bestiminung des Se-Gehaltes wurde eine gewogene Menge des Btoffrs im M E Y E R - J A N N E I G A P ~ ~ ~ ~ ~ ~ ) durch Kochen mit kon- zentrierter Salzsauro zu seleniger Saure und diest1 d a m mit Hydraein-

__

I ) JUL. MEYIR, 2. mzorg. u. uZZg. Chem. 118 (1921), J . 2, JUL. MEYEB und H. MOLDEKHAUER, 2. nnmg. zc. dZg. CRsn. 116 (1921), 193. 3, JUL. MEYXR urid J. JANNEK, 2. anorg. Chern. 83 (1913), 77.

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Uber sinige PoiysEuren von Elementen der Schwefelgruppe. 11

llydrat zu Se reduziert, das dann im Goochtiegel gewogen wurde. Aus dem Filtrat wurde das Chrom mit Ammoniak gefallt und aur Wagung gebracht. Es ergaben 0,7683 g Substanz 0,2385 g Cr,O, = 21,3% Cr und 0,2462 g Se = 32,1% Se, wahrend die Chromselen- saure H,CrSeO, 21,2O/, Cr und 32,3% Se verlangt. Es liegt somit die der Chromschwefelsaure entsprechende Chromselensaureverbin- dung vor.

Die Chromselensaure schmilzt bei 200-205° zu einer dunkel- weinroten Fliissigkeit, die bei weiterem Erhitzen Sauerstoff abgab. Auch bei langerem Erwarmen auf 1500 verlor sie, vor allem in Gegen- wart von uberschussiger Selensaure 0,. In konzentrierter Schwefel- und Selensaure ist die Chromselensaure nur sehr wenig Ioslich, gar nicht in CS,, CHCI, und CCI,. Durch die meisten anderen anorganischen und organischen Flussigkeiten wird sie unter Reduktion au Chromi- salz und SeO, zersetzt. Die Oxydationswirkung der H,SeCrO, ist erheblich grol3er als die der H,SCrO,, da ja die Selensaure an und fur sich schon starker oxydierend als die Schwefelsaure wirkt. So wird Alkohol beim Auftropfen auf die feste Substanz sofort entflammt. Ein Gemisch von Zucker und Chlorat, auf die fcste Saure gebracht uncl mit einer Spur H,SeO, befeuchtet, verbrannte mit heftigem Knall und durchschlug die Unterlage.

Als typische Vertreter der Salze iler ChromselensGurc lvurden das K- und dns Ba-Sala dargestellt. Das K,CrSeO, crhivltcn wir durch Vcrrcibm gquivalenter Mengeii Kaliumsrlcna~t und C'hrom- triioxyd und durch cinstundiges Erhitzcn der Masxc irn Bomben- rolir auf clem Wasserbade. Es schmolz bci 1380 und zeigte fast diesclben Eigenschaften wic das K,CrSO,.

Das BaCr SeO, entstand durch zweistundiges Erhitzen der Komponenten BaSeO, und CrO, im Bombenrohr auf dem Wasser- bade und entsprach in seinem Verhalten durchaus dem BaCrSO,. Auch hier lionnte kein Schmclzpunkt bcobachtet werdcn.

III. Loslichkeitsverhaltnisae der Chromschwefel- und -selensaure. Die Bemcrkung B O L L E Y ~ ) : ,,. . . Somit war dargetan, daB

die SchwcfelsBure die Chromsaure ans ihrer wakirigen Losung, Wasser aber aus ihrer schwefelsauren Liisung ausfallte. Es mu13 also ein Verhaltnis zwischen Wasser und Schwefelsiiure vorhanden sein, in dem Chromsaure nicht lijslich ist. Dabei fand ich, da13 eine

i, BOLLBY, Liebig8 Ann. 66 (1846), 113.

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12 J. Neyer u. V. Stntccxny.

Schwefelsaure H,SO4*H,O am wenigsten Chromsaure zu losen im- stande war", veranlaate uns, die Loslichkeit des CrO, in Schwefel- sauren verschiedener Konzentration zu untersuchen. Zur Vcrvoll- standigung wurde auch noch die Selensaurc als Losungsmittel heran- gezogen.

In kleinen Stopselflaschen wurde Schwefelsaure oder Selen- saure verschiedenen Gehaltes angesetzt, deren Dichte pyknome- trisch festgestcllt war, wiihrend der Gehslt der Schwefelsaurc gewichtsanalytisch durch Fiillung mit BaCl,, derjenige der Selen- saure titrimetrisch gemessen wurde, indem einc gewogene Menge der Selensiiurelosung mit viel Wasscr, etwas HC1 und K J versetzt und dann das ausgeschiedene Jod mit Thiosulfat zuriiektitriert wurde.

In diese Saurelosungen wurde dann unter Schiitteln so viel CrO, gegeben, da13 nach dem Auflosen noch immer CrO, als Boden- korper vorhanden war. Die Temperatur wurde auf 230 gehalten, worauf nach einigen Tagen die Dichten dieser Chromsaurelosungen gemessen und ihr Gehslt an CrO, titrimetrisch festgestellt wurde.

Zur Bestimmung des Chromgehalts in den schwefelsauren Losungen wurden zwci Proben verwendot ; in der eineri wurde das CrO, durch Titration mit K J und Thiosulfitt bestirnmt, in der zweiten Probe wurde die &SO, als BaSO, abgeschieden und gewogen. Bei den selensauren Losungen war nur einc Probeentnahme not- wendig. In diescr wurde dcr Gehalt an Selensaure und Chromsaure gemeinsam durch eine Titration gegen KJ und Thiosulfat bestimmt:

2Cr0, + l 2HCl+ G K J = 2CrC1, -t 6KC14- 6H,O -+ 3 J, H,SeO, + 2HCl+ 2 K J = H,SeO, + 2KCI + H,O + J, .

Dann wurde mit KMnO, zurucktitriert, wodurch sich der Gehalt an Selenssure bzw. der in der vorhcrgehenden Realition entstandenen selenigen SBure ergab :

5 H,SeO, + 2 KMnO, 4- 6 HC1= 6 H,SeO, +- 2MnC1, + 2 KC1 + 3 H,O. Der Unterschicd dcr beiden Titrationen ergiebt dann den Chrom-

sauregehalt . Die Dichten der waarigen Chromsaurelosungen weichen von den im

LANDOLT-BORNSTEIN angegebenen Zahlen kaum ab. Bei der Schwefel- saure verlauft die Loslichkeitskurve des CrO, zuerst steil herunter, bis das Losungsmittel die Zusammensetzung H,S04. 2H,O besitzt. Zwischen dem Di- und Trih ydrat wird ein Loslichkeitsminimum

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#her einige Polysauren von Elmnten der Schwefelgruppe.

Los l i chke i t von CrO, i n Schwefe l sau re be i 230.

13

OIo H2S0, -______ -

20,4 39,6 60,7 75,s 79,6 84,9 85,l 90,3 92,5 97,2 97,6 99,9 99,95

100,o

Dichte dcr H2SO4

~

1,139 1,296 1,501 1,672 1,717 1,772 1,774 1,814 1,820 1,832 1,833 1,831 1,830 1,829

Dichte der (H,SO, + CrO,)

1,510 1,511 1,516 1,680 1,730 1,788 1,796 1,832 1,822 1,840 1,840 1,835 1,833 1,831

___-_ Kon-

zentration

47,19 2135

1,53 032 1,37 1 ,F5 2,22 1,88 0,20 0,84 0,78 0,43 0,30 0,15

- - - - Oio c10.1

~- - ~ -

29,25 14,23 1,01 0,49 0,79 0,92 1,24 1 ,on 0,11 0,46 0,42 0,23 0,1g 0,076

Los l i chke i t des Cr03 i n Sc lenxaure bei 23O. 8,65 1 ‘“0:; 1 0,16

55,l 1,561 1,730 81,2 I 2,142 2,145

2,253 1 0,43 1 0,17 98,s 2’525 2,590 1 2,599 0.90 0.35 90,2 1 87,9 2,325 1 2,330 0.67 0,29

crreicht; dann steigt die Iiurve wieder ein wonig an, erreicht beim Monohydrat ein Maximum und fallt d a m bis zur absoluten H,SO,, die nur noch 0,076O/* CrO, zu losen vermag. Demnach verlguft die Kurve ein klein wenig anders, als von ROLLEY angegeben worden ist. Bci der Sclensaure hat die Liislichkcitskurve einen ganz Bhn- lic?ien Charakter, nur ist die Liislichkcit im allgemeinen etwas ge- ringer. Das Minimum wird beim Dihydrat, das Maximum beim Monohydrnt erreicht, aber die Kurve ist viol flacher als bei der Kchwefelsaure. Diese Loslichkeitskurven erbliiren die Ausfallbarkeit des CrO, aus seinen waBrigen Losungen, die wir ohen zur Reinigung und zu seiner Gewinnung in feinkristilllinischer Form benutzt haben.

IV. Sohwefeleeleneaure H2SSe0,. Auf Grund der groBen dhnliohkeit zwischen S und Se war zu

erwarten, daB auch in der Dischwefelsaure ein Atom S durch ein Atom Se ersetzt werden konnte, daB die Existene einer Heteropoly- saure H,SO,. SeO, = H2Se0,- SO, = H,SSeO, mogliah war. In- folge der leichten Schmelzbarkeit dieser Verbindung ist aber ihre Isolierung mit groBen Schwierigkeiten verbunden, so daf3 wir den Nachweis ihrer Existenz mittels der thermischen Analyse fiihren

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14 J. Meyer u. V. Statecxny.

mufiten. DaB sich SO, mit H,SO, zu verbinden vermag, zeigt die starke Absorption des gasfijrmigen SO, beim Hindurchleiten voii SO,-Nebel durch eine 99,5O/,, ige H,SeO,. Bci der Absorption trat erhebliche Erwarmung ein. Demnach zeigt die H,SeO, gegen SO,- Nebel dasselbe Verhalten wie die konzentrierte H,SO,, die unter diesen Umstanden bekanntlich Dischwefelsiiure H,S,O, bildet. Deni- nach war anzunehmen, daB SO, von konzentrierter H,SeO, unter Bildung von H,SSeO, absorbiert wircl.

Bei der Festlegung der Erstarrungspunktkurve gingen wir rinerseits von 99,5"/,, igcr Selensiiure aus, Z L ~ der frisch destilliertes

Ng, 2.

SO, in kleinen Anteilen getropft wurde, andererseits von einer ge- wogenen Menge frisch dargestellten Schwefeltrioxyds, zu dem H,SeO, in kleinen Anteilen gegeben wurde. Bei der Vermischung von SO, und H,SeO, tritt eine erhebliche Warmeentwicklung auf, die soweit gehen kann, daB etwas Selensaure zersetzt wird. Daher muBte vor jeder Misshung gut gekuhlt werden. Die Erwarmung deutet darauf hin, dal3 eine chemische Verbindung der beiden Bestandteile ein- tritt. Bei den folgenden Versuchen war der Gehalt an SO, und an H,SeO, durch Wagung bestimmt worden; in einzelnen Fallen wurde der SO,-Gehalt auch noch unmittelbar durch Ausfallen als BaSO, kontrolliert. Die Ergebnisse einer grofleren Anzahl von Erstarrungs- punktbestimmungen sind in Fig. 2 graphisch wiedergegeben worden.

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ober einige PolysEuwn von Elementen der Xchwefelgruppe. 15

Der Erstarrungspunkt der Selensiiure sinkt bei steigenden Zu- dtaen von SO, zuerst sehr rssch herab, urn bei 23% SO3 ein Minimum von - 120 zu erreichen. Hier liegt ein eutektischer Punkt vor. Dann steigt die Erstarrungstemperatur wieder, um bei 3G0/, SO, durch ein Temperaturmaximum von + 6,6O hindurchzugehen. Hier liegt also der Schmelzpunkt einer chemischen Verbindung vor, und zwar handelt es sich um die Saure H,SeSO,, f~ die sich ein Gehalt von 35,6O/,, SO, berechnet. Die Erstarrungsknrve geht dann bei - 8,50 und 40,4O/, SO, durch einen zweiten eutektischen Pnnkt, am bei 53% SO, und + 190ein zweites Temperaturmaximum, einer Verbindung H2SeS,0,, = H2Se0,. 2 SO, entsprechend, zu erreichen. Dann tritt noch ein dritter eutektischer Punkt bei 63,9O/, SO, nnd - 7,O auf. Der letzte Verleuf der Erstarrungspunktkurve ist etwas unklar und erinnert an die entsprechenden Verhaltnisse des Systems

Die erste Schwefelselensaure H,SeSO, ist eine schwere, farb- lose Flussigkeit, die an der Luft stark raucht und bei +6,6°schmiht. Sie wirkt oxydierend, aber nicht so stark, wie die Chromschwefel- oder Chromselensaure. Bei stiirkerem Erhitzen spaltet sie Sauer- stoff ab und bildet neben der Schwefelsaure Selendioxyd, das als feinkristallinischer Niederschlag ausfallt. Verdiinnt man sie vor- sichtig mit eiskaltem Wasser, so zerfallt sie in H,SeO, und HzS04, wtihrend sonst, dabei starke Erhitzung und infolgedessen Zersetzung stattfindet.

HZS 0,-SO,.

Dip Eigenschaften der zweiten Selenschwefelsaure

H2 [setleoa,i H2SeS,0,, = H,SeO, . 2 SO, =

sind dieselben wie die der soeben beschriebenen 88ure H, Seas . Ihr Schmelzpunkt liegt bei + 20°.

Von der ersten Selenschwefelsaure haben wir Salze darstellen konnen, wahrend uns dies bei der Selendischwefelsaure bisher nicht moglich war. Zur Darstellung des K-Salzes K,SeSO, wurden fiqui- valente Mengen Kaliumhydrosulfat und -hydroselenat zummmen- geschmolzen, wobei nach der Gleichung

KHSeO, + KHSO, = H20 + K,SeSO,

das gesuchte Salz I(e[ SegbJ entstand. Das erforderliche KHSeO, wurde in Abanderung einer alteren Vorschriftl) so dargestellt, daS

anmg. Chem. IT, 1, 88.

1 w,J

l) MITSCHERLICH, pogg. Ann. 18 (1830), 168; GMELIN-KRAI”P, HaTLdb. d.

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16 J. Meyer u. V. Stateomy.

eine konzentrierte w88rige Kaliunkarbonatlosung mit SelensSiurc neutralisiert und dann nochmals mit der zweifachen Menge Selen- saure versetzt wurde. Nach dem Einengen cler Losung suf deni Wasserbade fielen aus der lralten Losung kleine, farblose Kristalle aus, die nach der Analyse die Zusamniensetzung KHSeO, hatten. Es ist unbedingt erforderlich, da8 die SelensBure im groBen Uber- schn13 vorhanden ist, da sich sonst ein Gemisoh von K,SeO, und ICHSeO, ansscheidet. Qanz entsprechend erhalt man beirn Um- liristallisieren des Hydroselenats aus Wasser nicht das Ausgangs- material zurucli, sondern neutrales Selenat. Das Kaliumhydro- selenat schmilzt bei 180-190° und 1ii13t sich durch vorsichtiges Er- hitzen unter Abspaltung von Wasser in Pyroselenat uberfuhren, wie durch Titration einer gewogenen RZenge dieses Salzes mit, K J und Thiosulfat festgestellt wurde. DM Pyroselcnat schmolz bei ungefiihr 280O.

Einige Versuche, aus dem Pyroselenat durch vorsichtiges Er- hitzen im Hochvalruum das lange gesuchte SeO, zu bekommen, vcrliefen ohne Erfolg, wie es uns auch nicht gelang, suf dicsem Wegc aus dem Pyrosulfat SO, abzuspalten.

Durch Zusammenschmelzen aquivalenter Mengen Kaliumhydro- sulfat nnd -hydroselenat erhielten wir eine Kristallmasse, die bci 1220 schmolz. Versuche, ein Erslarrungspunlrtdiagramm von KHSO, llit steigendcn Mengen von KHSeO, dareustellen, gelnngen nicht', (la durch das Lingere Erhit,zen auf die erforderlichen hoheren Tempc- rnturcn das Ilydrosulht Wnsscr vcrlor, wghrcnd das Hydroselenat sich unter Abgpbc voii Wassrr iiiid Sclrndioxgd zersctztr und Selen abschicd.

Ein anderer Weg Bur Darstellung des K,SeSO, bestand in cler Einwirkung uberschiissigen Schwefeltrioxyds auf K, SeO, im ge- schlossenen Rohr bei 120O. Nach dem Offnen des Rohrs und nsch dem Verjagen des uberschussigen SO, blieb eine weiBe kristallinische Masse zuruck, die bei 122O schmolz. Es ergaben 1,0467 g dieser Substanz 0,8625 g BaSO, = 11,3O/, S, 0,2610 g Se = 26,0°/, Se und 0,5830 g K,SO, = 25,6% K, wahrend die E'ormel K,SeSO, 10,6O/, S, 26,4O/, Se und 26,0°/, K verlangt.

Das Salz ist in Wasser leicht loslich und zerfallt darin in seine Bestandteile. Das SeS0,"-Ion ist also ebensowenig bestandig sls die entsprechenden S,O,"- und Se,O,"-Ionen. Das Ammoniumsalz (NHe),SeSO, wurde durch Zutropfen von uberschussigem SO, zu Ammoniumselena t nnd durch einst iindigrs Erhitzen der Masse im

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o b e y einige Polysauren WON Elementen der Schwefelgruppe. 17

geschlossenen Rohr auf 1000 dargestellt. Einen scharfen Schmelz- punkt zeigte es nicht, da es sich schon vorher zersetzte. An feuchter Luft zerfiillt es.

Zur Darstellung des Bariumsalzes BaSeSO, wurde Barium- selenat mit uberschussigem SO, im geschlossenen Rohr eine Stunde lang auf 2000 erhitzt. Nach dem Verjagen des uberschussigen SO, blieb eine zusammengeballte, weiae, amorphe Masse zuriick, die in Wasser BaSO, abschied, wahrend H,SeO, in Losung ging. An der Luft ist das Salz etwas zerfliefilich. Ein Schmelzpunkt konnte nioht beobachtet werden. Zur Analyse wurden 0,7459 g der Sub- stanz mit Wasser erwarmt, worauf 0,4835 g BaSO, = 64,6O/, BaSO, abfiltriert werden konnten. Das selensaurehaltige Piltrat ergab nach dem Anshern mit Salzsaure und Zusatz von K J bei der Ti- tration mit Thiosulfat einen Gehalt von 0,2625 g H,SeO, = 19,2O/, S. Das Sala BaSeSO, verlangt 64,5O/, BaSO, und 19,2O/, Se.

V. Gemischte Siiurechloride. Nach den Arigaben der Literatur kennt man neben dem Pyro-

sulfurylchlorid S,05C1, auch ein entsprechendes Pyrochromylchlorid Cr,05C1,. Es war daher nicht ausgeschlossen, daI3 auch ein ge. mischtes Chlorid von der Zusammensetzung CrSO,Cl, bildungsfahig war. Zur Darstellung destillierten wir aquivalente Mengen Sulfuryl- chlorid und CrO,. Dabei loste sich das Trioxyd nur zu einem sehr kleinen Teil, und bei 79O deatillierte eine dunkelrote Flussigkeit uber. Sie beatand aus 8O,C1,, das durch etwas CrO,Cl, verunreinigt war. Eine Verbindung beider Bestandteile war also nicht einqetreten. Auch beim Erhitzen von Sulfurylchlorid mit etwas CrO, im ge- schlossenen Rohr wahrend 2 Stunden auf 1800 trat keiiie wesentliche Erhohung der Loslichkeit des CrO, ein, jedoch hatte sich infolge der hohen Temperatur ein Teil davon zu grunem Chromisalz zersetzt. Das Sulfurylchlorid scheint also keine Neigiing zu haben, mit dcm UrO, irgendwelche komplexen Verbindungen einzugehen, wie man ja auch bei der Darstellung des Pyrosulfurylchlorids nicht vom ein- fachen Sulfurylchlorid ausgehcn kann.

LBISt man in Chroniylchlorid fliissiges SO, eintropfen, so findet eine heftige Reaktion statt, bei der cin grol3c.r Teil des CrO,C1, zer- d z t w i d . Das 13eaktionsprodukt bcstand aus grunem Cllromiszllz imd aus eincr dunkelbraunen, amorphen Masse, die stark Btzende, bratnne Dampfe an der Jiuft, ausstiel3. Die grofie Warmeeiitwicklung, clip beim Zusanimenbringen dw heiden Bestandteile auflritt, deutet

2. dUOl'g. U. dig. CheuI. Bd 123. 2

Page 18: Über einige Polysäuren von Elementen der Schwefelgruppe

18 .J. Meyev u. V, Xtatecany.

wohl auf das Eintreten einer chemischea Verbindung hin. Zur Milderung der heftigen Umsetzung wurde daher in Tetrachlorkohlen - stoff gearbeitet, indem eine Losung von CrO,Cl, in CC1, auf festes, stark gekuhltes SO, gegeben und das Ganze im geschlossenen Rohr langsam auf 120° erwarmt wurde. Dabei verschwand allmahlich die weil3e Farbe des SO, und dasselbe loste sich auf. Bald setzte sich eine dunkelbraune, feste Masse ab, wahrend braungefarbtes CCl, dariiber stand. Nach offnen des Rohres und AbgieBen des CCl, wurde die braune, feste Masse herausgeschabt. Sie rauchte an der Luft sehr stark. In Wasser loste sie sich auf, indem unter Zischen rtwas SO,-Nebel und CrO,Cl, entwicheri. Eine Analyse dieses Rtoffes war nicht moglich, jedoch konnte in stimtlichen so erhaltenen Pro- dukten neben Cr und C1 auch S nachgewiesen werden. Einige Male stimmten Cr- und 8-Gehalt rnit dem fur das Pyrosulfurylchromyl- chlorid berechneten Werten angeniihert uberein, wahrend stets zu wenig Chlor gefunden wurde. Mit dem von HERFELDT~) aufgefundenm Pyrochromylchlorid zeigt unser Produkt insofern Ahnlichkeit, als er ebenfalls sehr energisch auf organische Stoffe einwirkt. So ver- brennt ein Tropfen Alkohol in Beruhrung rnit dem Stoffe mit lautem Knall. Es ist also nicht ausgeschlossen, drtB wir es bei unserni Reaktionsprodukte zwischen CrO,CI, und SO, mit einem en tsprechen- den Stoffe zu tun haben, dem in reinem Zizstande wohl die Zu- finmmensetzung SCr O,C1, zukommt.

Daa Pyrochromylselenylchlorid SeCrO,Cl, ist bisher ebenfalls nicht bekannt und seine Darstellung ist auch uns nicht gelungen, was wohl mit der Nichtexistenzfahigkeit des Selenylchlorids SeO,CI, zusammenhangt. Es wurden daher auch keine weiteren Versuchc iiber eine Bildung des Chlorids der Chromselensaure angestellt.

VI. Molybdiinsaureverbindnngen mit Sohwefel- und mit Selensanre.

Bereits von ULLIK,), der in zwei klassischen Arbeiten die Molybdansauren untersucht hatte, ist eine Reihe von Molybdat-- verbindungen systematisiert worden. Fur uns war besonders die Pyromolybdansaure oder das Molybdat H,Mo,O,.aq. von be- sonderem Interesse, weil hiernach die Moglichkeit von Heteropoly-

sguren bestand, wie z. B. H2

1) 0. HERFELDT, J . prakt. Chem. 50 (1894), 93. *) ULLIK, Iiebigs Ann. 1 4 4 (1867), 204; 168 (1870), 370.

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Ober eirtige Polysauren von Elementen der Schwefelgruppe. 19

Das erforderliche Molybdantrioxyd wurde nach LIEBERT~) durch Kochen von Ammoniummolybdat mit Konigswasser und durch mehrfaches Abrauchen mit Salpetersaure dargestellt. Es bildete ein weiBes, zartes Pulver, das durch Sublimieren in kleine glanzende Xristalle von gelblicher Farbe uberging.

Eine Probe dieses Molybdiintrioxyde wurde rnit Schwefelsaure a,bgeraucht. Daa Ergebnis bestand in kleinen, glanzenden, derben Kristallen, die nach der Analyse die Zusammensetzung MOO, - SO, zeigten und so der von SCHULTZ- SELLACK~) aufgefundenen schwefel- siauren Molybdansaure entsprechen. An der Luft wurde die weil3e Kristallmasse feucht und farbte sich jnfolge der Reduktion eines Teils des Molybdantrioxyds durch Staubteilchen allmahlich blau. Beim Erhitzen zersetzte sie sich unter Entwicklung von SO,. Aus waBriger Losung eingedampft, erstarrts sie zu einer hornartigen Masse.

Zu heiBer, konzentrierter H,SO, wurde in kleinen Anteilen so lange MOO, gegeben, bis sich nichts mehr loste. Das Trioxyd wurde zwar sehr langsam, aber doch in betrachtlicher Menge auf- gelost. Nach dem Abkuhlen schied die Losung weiRe Kristalle ab, deren Zusammensetzung auf Grund der Analysen MOO,. H,SO,. MoO,SO, war. EEI lag somit nicht eine Pyrosaure H,MoSO, vor, wohl aber eine Heteropolysaure H,[MoO(MoO,) (SO,),]. Von den vier Koordinationsstellen der normalen Molybdiinsaure sind also mvei Stellen durch Schwefulsaurereste nnd eine Stelle durch einen Molybdansaurerest besetzt worden.

DdS die Molybdiinsaure zur Bildung derartiger Heteropoly- x&urt?n neigt, zeigt such cine Untersmhung von 1,. F o ~ s k ~ ~ ) , der 1intt.r mdern Abkiimmlingen dieser Saure auch ein Salz darstellte, das er als Sulfatoorthomolybdat bezeichnet und dem er die Kon- stitution K,H,[S0,(Mo30,,,)].3H,0 zuerteilt. Da aber dieses Sa'lz beim Erhitzen nicht nur drei, sondern recht leicht vier Molekule Wasser verliert, scheint auch das vierte Wassermolekul als solches und nicht sls Konstitutionswasser vorzuliegen. Wir betrnchten daher dieses Balz besser nls einen Abkiimmling der Heteropolysaure H,[MoO(SO,) (Moo4).& die mit der von uns gefiindenen Hetero yolysgure in naher Verwandtschaft steht. .

1 ) LIEBERT, Dissert. Balk 1891. 2, SCHGLTZ-SELLACK, Bed. Ber. 4 (187I), 14. 7 L. FORS~N, Compt. rend. 172 (1921), 215, 327 uncl G X I ; vgl, aber nuch

It. li. BI~ADBURQ, Z. awrg. Chem. 8 (1894) 42. 2"

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20 .I, Meye? u. V. Stalemny.

Von Selensiiure wird Molybdansiiureanhydrid bei 1200 auBerst langsam, aber gleichfalls in betrachtlicher Menge aufgeldst. Dabei bildet sich eine gelbe, sirupose Flussigkeit, die bei Abkuhlung zu einer glasartigen Masse erstarrt, ohne Kristalle abzuscheiden. Wahr- scheinlich liegt auch hier eine komplexe Saure vor. Diese Molybdan- selensaure reagiert sturmisch mit, Alkohol und scheidet unter Auf- kochen Se und etwas SeO, ab, wiihrend sich die Losung blau farbt. Mit Athylather trat euerst vollkommene Mischung ein, wie ja die Heteropolysauren dadurch ausgezeichnet sind, daB sje mit Ather olige Verbindungen loseren Charakters xu liefern vermogen. Nach kurzer Zeit aber trat Zersetzung unter Aufkochen ein, wohei sich Se und SeO, abschied. Auch dieses Verhalten gegen &her spricht fur die Existenz einer Heteropolysaure zwischen Molybdan- unil Selensaure.

Zueammenfassung. Zu der Klasse der Heteropolysauren gehoren auch die Ver-

bindungen, deren Anion aus zwei Saureanhydriden der sechsten Gruppe des naturlichen Systems gebildet wird. Aus dieser Klasse konnten folgende Heteropolysauren dargestellt werden :

1. Die Chromschwefelsaure H2[CrO3(SOJ] bildet sich aus CrO, uncl H,SO,. Die Salze dieser Saure kijnnen nicht unmittelbar au9 dieser Saure, sondern nur auf Umwegen gebildet werden. Es wurden dargestellt das K-, Na-, (NH,)-, Ba-, Sr- und Ca-Salz.

2. Die Chromselensaure H2[Cr0,( SeO,)] wurde durch Auflosen von CrO, in konzentrierter Selensaure gewonnen. Von ihren Salzen lionnte das K- und Ba-Sale dargestellt werden.

3. Es wurde die Loslichkeit des CrO, in H,SO, und H,SeO, versohiedener Konzentration bestimmt , woraus sich ein Verfahren zur Darstellung eines reinen, sehr feinkristallinischen CrO, ergiht.

4. Der Nachweis der Existenz der Schwefelselensauren H,[ f3e03(SOJ] und HdSeO,( SO4),] gelang durch thermische Analyse. Das K- und Ba-Salz der ersten Saure wurde durch Erhitzen des be- treffenden Selenats mit SO, im gesohlossenen Rohr dargestellt, das K- Salz auBerdem noch durch Zusammenschmelzen von KHSO, mit KHSeO,.

5. Aus Moo, und Schwefelsaure konnte die Saure H,[MoO(SO,), (MOO,)] erhalten werden, wahrend eine entsprechende Selenshuro- wrhindung nicht isoliert, nur wahrscheinlich gemacht werden konnte.

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Uber einige PoiysGuzcren von Elementen der Schwefelgrzc1)l)e. 2 !

6 . Fur die Existenz einer Chromylsulfur ylchloridverbindung konnten nur Andeutungen gefunden werdon.

Es ist uns eine angenehme Pflicht, den Parbenfabriken vorm. Friedr. Bayer u. Go. in Leverkusen fur die freundliche Unterstiitzung mit elementarom Selen auch hier verbindlichst zu danken.

Rresbau, Anorga&ehe Abtedung des Chemisohen InsCituls der U?dvePsitat.

Bei der Redektion eingegangen am 13. M%rz 1922.