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C. Schneider, Nachschrift. - G. C. Wittstein, Ueb. ein. aog. Kloaterniitfel. 525 indem er wenigstens den Einsichtigen als Leuchte auf ihrem Wege dienen konnte, welcher inne gehalten werden muss, sollen nicht auf dem Gebiete der Arzeneiwissenschaft R u c k - s c h r i t t e dauernd zu verzeichnen sein. Nothwendig erscheint es daher, als erster Schritt vor- warts die Aufmerksamkeit der Apotheken - Revisoren auf vor- genannte schreiende Missstande zu lenken , um nach Consta- tirung derselben als einem allgemein verbreiteten Hemmschuh der LeistungsfLhigkeit der Apotheken - Institute, die Wege zu dessen Abstellung von geeigneter hoher Stelle aus bahnen zu konnen. - ,, Nachschrift. '' ,, Durch D r a g e n do r f f ' s Jahresberichte der Pharmacie aufmerksam gemacht, welcher die Kiagen uber den Mange1 an arsenfreier Schwefelsaure sohon langer zu kennen scheint, habe ich durch Vermittelung der Firma J. D. Riedel-Berlin aus Freiberg in Sachsen sogenannte ,, technische '' Saure be- zogen , welche den Anforderungen der Pharmacopoea german. an rohe Schwefelsaure vollkommen entapricht. - Ihr Preis ist nnr um ein Geringes hoher als der der gewohnlichen Schwefelsaure." Schneidar. Ueber einige sogenannte Bloatermittel. Von G. C. Wittstein. Gewisse Quacksalber sind auf eine neue Art von Re- dame verfallen ; sie nennen ihre Erzeugnisse : Klostermittel, offenbar in der Absicht, denselben beim Publicurn grosseres Vertrauen zu verschaffen, denn, wie konnte man von Monchen oder Nonnen etwas Anderes erwarten, als griindliche Kennt- nisse in der Medicin, und als weitere riihmliche Eigenschaf- ten : Barmherzigkeit , Gewissenhaftigkeit und Uneigenniitzig- keit! -

Ueber einige sogenannte Klostermittel

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C. Schneider, Nachschrift. - G. C. Wittstein, Ueb. ein. aog. Kloaterniitfel. 525

indem er wenigstens den Einsichtigen als Leuchte auf ihrem Wege dienen konnte, welcher inne gehalten werden muss, sollen nicht auf dem Gebiete der Arzeneiwissenschaft R u c k - s c h r i t t e dauernd zu verzeichnen sein.

Nothwendig erscheint es daher, als erster Schritt vor- warts die Aufmerksamkeit der Apotheken - Revisoren auf vor- genannte schreiende Missstande zu lenken , um nach Consta- tirung derselben als einem allgemein verbreiteten Hemmschuh der LeistungsfLhigkeit der Apotheken - Institute, die Wege zu dessen Abstellung von geeigneter hoher Stelle aus bahnen zu konnen. -

,, Nachschrift. '' ,, Durch D r a g e n do r f f ' s Jahresberichte der Pharmacie

aufmerksam gemacht, welcher die Kiagen uber den Mange1 an arsenfreier Schwefelsaure sohon langer zu kennen scheint, habe ich durch Vermittelung der Firma J. D. Riedel-Berlin aus Freiberg in Sachsen sogenannte ,, technische '' Saure be- zogen , welche den Anforderungen der Pharmacopoea german. an rohe Schwefelsaure vollkommen entapricht. - Ihr Preis ist nnr um ein Geringes hoher als der der gewohnlichen Schwefelsaure." Schneidar.

Ueber einige sogenannte Bloatermittel. Von G. C. W i t t s t e i n .

Gewisse Quacksalber sind auf eine neue Art von Re- dame verfallen ; sie nennen ihre Erzeugnisse : Klostermittel, offenbar in der Absicht, denselben beim Publicurn grosseres Vertrauen zu verschaffen, denn, wie konnte man von Monchen oder Nonnen etwas Anderes erwarten, als griindliche Kennt- nisse in der Medicin, und als weitere riihmliche Eigenschaf- ten : Barmherzigkeit , Gewissenhaftigkeit und Uneigenniitzig- keit! -

526 G. C. Wittstein, Ueber cinige sogenanntc Klostermittel.

Zu jener Sippschaft, welche die Kloster zur Unterstiitzung ihres Ausbeutungssystems missbrauchen , gehort auch ein ge- wisser C. P i n g e l in Gottingen, der, wie er behauptet, ein General -Depijt der von den Franziscaner-Brudern in St. Mount unter der Aegide des P. Dr. Rhode bereiteten Mittel halt, und sich als General - Correspondent dieser Fabrikanten- unterzeichnet. Was ich zunbhst von diesem Gebahren halte, ist, dass St. Mount sammt Kloster und dessen Bewohnern am sichersten im Nonde anzutreffen 4ein werden. Auf geschehene Anfrage hat P. allerdings geantwortet, St. Mount liige in England, aber alle Geschafte wiirden lediglich durch ihn ver- mittelt. Gemiss ein untrugliches Zeichen fur die Luge!

Um auch s e i n e Uneigenniitzigkeit zu documentiren, giebt P. die - vom Kloster hatiirlich umsonst erhaltenen und nur durch ihn acht zu beziehenden - Mittel ebenfalls umsonst, berechnet nur fur Behandlung ein Honorar und die Ver- packung zum Selbstkostenpreise. Damit die Abnehmer aber auch erfahren , welch' grosses pecuniares Geschenk ihnen da- durch zu Theil wird, setzt P. den ,,Werth" derselben einzeln an. Es sind folgende 6 Mittel, unter denen sich, wie Saul unter den Propheten, auch ein Haarbalsam hefindet.

3'/, Mark. 1) Decoct A Flasche 2) Liniment B Flasche 2 3i4 1J

3) Pulver Schachtel 2% 9 9

4) Pillen h Schachtel 1'12 9,

6) Haarbalsam B Flaeche 3 ,9

5 ) Bandwurmmittel A Schachtel G ,,

Die Sophistik dieses Manovers liegt auf der Hand, wenn ich hinznfiige, dass das Honorar fur Behandlung den obigen Ansiitzen ungefahr gleich kommt.

Mit der ,,Behandlung" macht P. es sich sehr bequem. Obgleich er von den Hiilfe Suchenden verlangt, die Krankheit genau zu bezeichnen, da die Mittel sehr verschieden seien, SO

scheert er doch die verschiedensten Krankheiten iiber einen .Kamm; man hatte eich nernlich an ihn im Auftrage zweier Kranken gewendet, von denen der Eine, ein 5 1 jEihriger Mann,

G. C. Wittstein, Ueber einige sogenannte Klostermittel. 527

sehon seit vielen Jahren an Hlmorrhoiden und seit Jallre an Podagra, der Andere, eine 29jahrige Frau, seit l'/* Jah- ren an Magenschwache und Krampfen , letztere zuweilen epi- leptischer Art, leidet. Die bald darauf angelangte Sendung bestand aber fur Beide aus einerlei Decoct, einerlei Liniment und einerlei Pillen. Auch in der Diat wurde fur Beide keiu Unterschied gemacht , nur sollte der Mann ausserdem noch Klettenwurzthee, die Frau Baldrianthee trinken.

Die oben genannten Mittel wurden mir , mit Ausnahme des (nicht empfangenen) Pulvers , zur chemischen Untersu- chung zugestellt, und ich benutze die dadurch gebotene Gele- genheit, den neuen Volksbegliicker, der sich riihmt, mit No. 1 bis 4 alle Krankheiten von A bis Z sicher zu heilen und bereits 3000 Dankschreiben gliicklich Geheilter in Hiinden zu haben, in seinem wahren Lichte zu zeigen.

1) D a s D e c o c t .

Die Flasche entbalt 420 g. einer gelbbraunen, etwas trii- ben, aromatisch riechenden, aromatisch, sehr bitter und zu- gleich siisslich schmeckenden Fliissigkeit , welche ein mit Wasser bereiteter Auszug mehrerer Vegetabilien, nemlich Enzian , Angelika, Calmus, Siissholz , Schafgarbe und Tau- sendguldenkraut ist.

Preis 31/2 Mark; Werth 50 Pf.

2) Das L i n i m e n t .

Die Flasche enthalt 80 g. einer gelbbraunen, klaren, nach Ammoniak, Campher und Weingeist riechenden Fliissig- lieit, und ist eine Mischung von

20 g. Campherspiritus, 20 ,, Ammoniakliquor, 40 ,, schwarzem Kaffeeaufguss.

Preis 2s/, Mark; Werth 50 Pf.

3) D a s P u l v e r .

(Wie oben bemerkt, nicht empfangen).

528 ff. C. Wittstein, Ueber einige sogenannte Klostermittel.

4) D i e P i l l e n .

Die Schachtel enthalt 38 Stuck liederlich bereitet denn ihr Gewicht variirt von 0,048 bis 0,140 g. (3/4 bis 21/4 Bran). Sie hestehen aus Pfefferminzpulver und Enzianextract , und sind mit grobem Siissholzpulver bestreuet.

Preis Illz Mark; Werth 50 Pf.

5) D a s Bandwurmmit t -e l .

Zwei Stuck Pulver, jedes 15 g. wiegend und aus Kousso

Preis 6 Mark; Werth 1 Mark. bes tehend.

6) D e r H a a r b a l s a m .

Angeblich aus den heilsamsten Krautern bereitet und zur Beforderung des Haarwuchses, ale Toilettenmittel , zur Beseitigung aller Kopfiirankheiten und zur Wiederherstellung der natiirlichen Farbe des Haares angepriesen.

Die Flasche enthalt 160 g. einer farblosen, wie Kolnisch- Wasser riechenden Fliissigkeit , unter welcher ein geringer schwarzer flockiger Niederschlag lagert.

Die Fliissigkeit enthkilt g. salpetersaures Silberoxyd,

25 ,] Glycerin, 134 ,, Wehgeist

nebst wohlriechenden Oelen. Der Niederschlag ist metallisches Silber , entstanden

durch die reducirende Wirkung der atherischen Oele au€ das Silberoxyd. Seine Quantitiit 'entsprach g. Silberni- trat, mithin enthielt die Flasche im frisch bereiteten Zustande

g. dieses Salzes. Preis 3 Mark; Werth 80 Pf.