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XII. Aus dem Laboratorium der medicinischen Klinik zu K~nigsberg i. Pr. Ueber experimentell am )Ienschen zu erzeugcnde Albuminurie. Yon Dr. Julius Sehreiber, Professor o. o. ~n der Universit~t K5nlgsberg i. Pr. Die Lehre yon der Albuminurie ist insbcsondere durch die Ent- deckung der Eiweissausscheidung anscheineud normaler Meuseheu, der sogenannten physiologischen AlbuminuHc (Frerichs, J. Vogel, Ultzmann, Leube, FUrbringer, Fischl, Leroux u. A.) in ein neues Stadium geriiekt worden, welches einen tieferen Einbliek in die Genese derselben verspricht. Indessen fehlt es noeh an einer befriedigenden Erkl~trung dieses Vorkommnisses, wie wir tiberhaupt yon einer vtillig zweifellosen Erkenntniss der wahren Quelleu der Albuminurie noch weir ent- fernt sind. Die Bedingungen, welche experimentell an Thieren wiederholt geschaffen worden sind 1), um Eiweissharnen zu bewirken, an sieh sehon nicht eindeutige, weiehen wesentlich ab yon den Bedingungen, unter welchen beim Mensehen die Albuminurie, offeubar in der Mehr- zahl der Ftille, zur Beobachtung gelangt. Es ist daher von Interesse, ein Verfahren kennen zu Iernen, welches gestattet, beim Menschen jederzeit in der leiehtesten und zugleieh in der unsehadlichsten Weise Albuminurie zu erzeugen, und welches in geeiguetem Vergleich mit analogen Experimenteu an Thieren vielleicht dazu angethan sein wird, tiber manehe, noeh offene, 1) Vergl. Bar tel's Handbuch der Krankheiten des Harnapparats. Leipzig 1877, desgl. E. Wagner, 1882, Cohnheim, Vorlesungentiber allgemeine Patho- logic. Berlin 1877. Senator, Die Albuminurie etc. Berlin 1882. R. L~pine, (deutsch yon Dr. Havelburg) Fortschritt der l~ierenpathologie. Berlin 1884.

Ueber experimentell am Menschen zu erzeugende Albuminurie

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Aus dem Laboratorium der medicinischen Klinik zu K~nigsberg i. Pr.

Ueber experimentell am )Ienschen z u erzeugcnde Albuminurie.

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D r . J u l i u s S e h r e i b e r , Professor o. o. ~n der Universi t~t K5nlgsberg i. Pr.

Die Lehre yon der Albuminurie ist insbcsondere durch die Ent- deckung der Eiweissausscheidung anscheineud normaler Meuseheu, der sogenannten physiologischen AlbuminuHc ( F r e r i c h s , J. V o g e l , U l t z m a n n , L e u b e , F U r b r i n g e r , F i s c h l , L e r o u x u. A.) in ein neues Stadium geriiekt worden, welches einen tieferen Einbliek in die Genese derselben verspricht.

Indessen fehlt es noeh an einer befriedigenden Erkl~trung dieses Vorkommnisses, wie wir tiberhaupt yon einer vtillig zweifellosen Erkenntniss der wahren Quelleu der Albuminurie noch weir ent- fernt sind.

Die Bedingungen, welche experimentell an Thieren wiederholt geschaffen worden sind 1), um Eiweissharnen zu bewirken, an sieh sehon nicht eindeutige, weiehen wesentlich ab yon den Bedingungen, unter welchen beim Mensehen die Albuminurie, offeubar in der Mehr- zahl der Ftille, zur Beobachtung gelangt.

Es ist daher von Interesse, ein Verfahren kennen zu Iernen, welches gestattet, beim Menschen jederzeit in der leiehtesten und zugleieh in der unsehadlichsten Weise Albuminurie zu erzeugen, und welches in geeiguetem Vergleich mit analogen Experimenteu an Thieren vielleicht dazu angethan sein wird, tiber manehe, noeh offene,

1) Vergl. Bar tel's Handbuch der Krankheiten des Harnapparats. Leipzig 1877, desgl. E. Wagner, 1882, Cohnheim, Vorlesungen tiber allgemeine Patho- logic. Berlin 1877. Senator, Die Albuminurie etc. Berlin 1882. R. L~pine, (deutsch yon Dr. Havelburg) Fortschritt der l~ierenpathologie. Berlin 1884.

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Frage aus dem vorliegenden Thema ftir die mensehliehe Pathologie befriedigende AufsehlUsse zu geben.

Im XXXIII. Bande des deutsehen Arehivs flir klinisehe Mediein beschrieb ieh ein Verfahren, die respirator{sehen Exeursionen einer Thoraxhttlfte gesondert zu verRndern, um den Einfluss auf die viea- riirende Thtttigkeit der anderen Lunge, resp. um die Druekver- httltnisse im Thorax zu studiren. ~) Dasselbe besteht, wie ieh an der

citirten Stelle in KUrze angegeben, darin, dass mit Httlfe einer Schraubenvorriehtung 2 Pelotten, die ungef'ahr der vorderen und hin- teren Thoraxoberflttehe angepasst sind, an diese je naeh BedUrfniss loser oder fester befestigt werden.

Weitere Untersuehungen mit diesem ,Compressorium", wie ieh den Apparat in KUrze fur die Folge nennen will, fiihrten mieh auf die Untersuehung des Urins, zunttehst bei Leuten mit bestimmten Lungenkrankheiten und hiermit weiterhin auf den Fund experimen- teller Albuminurie beim Mensehen. Bis jetzt wurden yon nxir 26 Per- sonen ohne besondere Auswahl untersueht und bei 20 ~) mit posi- tivem Erfolge das Experiment ausgeftihrt. In 16 dieser Fttlle babe ieh die Eiweissausseheidung dutch Wagung des Troekeneiweisses quantitativ bestimmt, wie die naehstehenden Tabellen (s. S. 240ff.), welehe ieh zur Vermeidung spttterer Wiederholungen voransehieke, ergeben; in diesen folgen sieh die Versuehe so, wie sie sieh mir der Zeit naeh dargeboten haben. Die in der 5. Columne der Ta- bellen (s. S. 240 ft.) der Compressionsdauer stets vorangestellte Zahl 1 oder 2 bedeutet einseitige (1) oder doppelseitige (2) Compression des Thorax 3).

A u s f t t h r u n g de s V e r s u e h s . Zur Ausftihrung des hier in Rede stehenden Versuehes wird der Thorax der Versuehsperson e in- s e i t i g oder d o p p e l s e i t i g eomprimirt; zwischen einseitiger und doppelseitiger Compression des Thorax ist genau zu unterseheiden, well sowohl das Resultat des Versuehes, als zum Theil aueh das Ver- standniss der im Versuehe ablaufenden Vorgttnge hiervon abhttngig ist.

Die Compression des Thorax gesehieht am besten allmtthlieh, so dass die Maximaleompression desselben im Verlaufe yon mehreren Minuten bis zu einer Viertelstunde bewirkt wird. Bei Versuehspersonen,

1) J. S ~ h r e i b e r : Ueber Pleural- und Peritonaldruck unter pathologisehen u163 Deutsches Archly filr klinische Medicin. 1883.

2) Ein Fall, Stud. reed. E., gab ein zweifelhaftes Resultat. 3) d. h. Compression des Thorax mit einem oder zwei Compressorien.

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welehe iifter dem Experimente gedient haben, kann die Maximal- compression indess auch sofort hergestellt werden.

Die Versuchspersonen bleiben wiihrend der Dauer des Versuehes in aufrechter Stelhng ruhig sitzen, oder sie kiinnen sich frei bewegen; einen wesentlichen Unterschied fiir das Resultat habe ieh dutch Ein- haltung yon Ruhe oder Bewegung nicht hervortretcn sehen.

Der Grad der Compression, der als maximaler zu bezeiehnen ware, ist ftir jedes einzelne Individuum versehieden; jedenfalls darf tiber einen gewissen Druckgrad nicht hinausgegangen werden~ soil der Erfolg des Experimentes night aus mehrfachen GrUnden in Frage gestellt werden. Am besten riehtet man sich naeh den Empfindungen des Untersuchten; es lassen sich bestimmte Vorsehriften in dieser Beziehung nicht geben. ~ur soviel kann ieh fUr diejenigen, welehe dem vorliegenden Gegenstande experimentell naher zu treten beab- sichtigen, sagen, dass am besten jUngere Individuen yon 10 his 20 Jahren zu wahlen sind und dass, wenn das Resultat der Compression ganz negativ ausgefallen, die Compression nicht riehtig ausgeftihrt worden ist; denn bei solchen Individuen ist der Erfolg der vorsich- tigen, gleichm~issigen, nicht zu starken und dadurch jede Athmung verhindernden Compression ein constant positiver.

Bei gleichmiissiger, zuniiehst allm~ihlich ansteigender - - einsei- tiger oder doppelsei t iger- Compression des Thorax bis (am besten dutch Uebung festzustellenclen, jedenfalls) zu mittelstarken Graden haben die Untersuehten naturgemass das GefUhl yon Schwere auf der Brust; aber, es sei dies hervorgehoben, sie sind und werden dadureh nieht wesentlieh dyspnoetisch, wenn sie es nieht etwa schon vorher gewesen. Die Untersuchten athmen kaum frequenter 1), jeden- falls nicht wesentlich mUhevoller als zuvor, sie werden nieht eyano- tisch und der Puls, der im Verla~afe des Versuches um einige Schl~ige~ 4--6 in der Minute, sieh vermehren kann, zeigt fUr die Palpation keine grtiberen Veriinderungen :); das Gesicht erseheint weder anii- miseher, noch hyperamischer gefiirbt als zuvor.

Ich babe (vgl. die Tabellen) die Compression yon 1 Minute und 10 Seeunden bis zu 2 Stunden wirken lassen; die letzteren Zeiten er- trngen die Untersuchten zaweilen freilieh nur miihsam. FUr die Folge kann tibrigens yon so langen Compressionen ohne Weiteres abgesehen werden; dieselben sind nut, wie noch niiher zu bespreehen sein wird,

1) Genauere stethographische, sphygmographische und sphygmomanometrische Untersuchungen babe ich bis jetzt noch nicht vornehmen kSnnen.

2) Bei li~ngerer Dauer des Versuches schien tier Puls etwas kleiner zu werden.

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bei ~lteren Individuen erforderlich, w~thrend bei jtingeren die minuten- bis viertelstundenweisen Compressionen sieh ungleieh erfolgreieher erweisen. So ergab z. B. eine solche kurzdauernde Compression bei einem zw~lfjahrigen Knaben eine Albuminurie yon m e h r a l s I Proeent (vgl. Tabelle vom 5. December. Versueh Nr. 1).

D ie U n t e r s u e h u n g des t i a r n s . Bevor die Untersuehung des Thorax begann, wurde die Versuehsperson aufgefordert, ihre Blase so vollkommen als m~glieh zu entleeren und ebenso w~thrend und unmittelbar nach beendigter Compression. Niemals hat infolge der Compression eine Harnverhaltung stattgehabt, wie dies bekannt- lieh naeh bestimmten Eingriffen beim Thiere zum Zwecke experi- menteller Albuminurie wiederholt, selbst constant vorkommt. Immer waren die Untersuchten im Stande, selbst nach nur minutenlanger Compression des Thorax und obschon sic erst kurz vorher sieh voll- kommen entleert hatten, mindestens ein paar Tropfen' bis ein paar Cubikcentimeter Urin zu entleeren und spatestens in den naehsten 5--10 Minuten diese Quantitat zur weiteren Untersuehung ausreichend reichlieh zu vermehren (vgl. Tabellen in der 6. Columne).

Die vor und nach der Compression entleerten Urine wurden auf ihren Eiweissgehalt geprtift uud zwar meistens: 1. dutch Kochen und vorsiehtiges Hinzusetzen yon verdiinnter Essigsiture, 2. durch Metaphosphorsaure in der Kalte und 3. ebenso durch Zusatz yon EssigsKure und Ferrocyankalium. Vor Allem wurde so der vo r der Compression.entleerte Urin untersucht, da der nach der Compression entleerte gewShnlich so reichlich Eiweiss enthalt, dass die Koch- probe -4- Essiffsi~ure zum Nachweise vollkommen ausreicht. Bei solchen Proben findet man nun die yon L e u b e , F t i r b r i n g e r u. A. gemachte Beobaehtung besti~tigt, dass aueh schon physiologisch (?) zu manchen Tageszeiten der Harn~ besonders tibrigens j t i n g e r e r Individuen 7 eiweisshaltig ist - - wenigstens erhiilt man nach Koehen A- Essiffsaure oder nach Metaphosphorsaurezusatz eine, allerdings mei- stens kaum mehr als rauchige Trtibung, so dass der Urin noch so gut wie durchsichtig bleibt. In einzelnen Fallen ist die Trtibung solch normaler (?)Harne etwas starker ausgesprochen und ausnahmsweise fand ich eine deutliche, s p a r l i c h e floekige Ausscheidung. Individuen der letzteren Art babe ieh von meinen Untersuehungen ausgeschlossen.

Was d i e M e n g e des n a c h d e r T h ' o r a x c o m p r e s s i o n a u s - g e s c h i e d e n e n E i w e i s s e s betrifft, so schwankte dieselbe in den versehiedenen Versuchen yon nur nachweisbarer TrUbung (ganz aus- nahmsweise!) bis zu 18~7 pro Mille, also bis fast zu 2 Proc. (vgl. Tabelle, Versuch vom 24. November, Nr. 1).

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U e b e r d ie B e z i e h u n g d e r D a u e r d e r T h o r a x c o m - pr e s sio n zur absoluten Menge der Eiweissausscheidung, sowie der letzteren zu den einzelnen Zeiten innerhalb der Versuchsdauer habe ich his jetzt genauere Bestimmungen nieht ffemacht; doeh kann im Allgemeinen bereits das ffesagt werden, dass mit seltener Ausnahme mit der Dauer der Compression die Eiweissmenge zunimmt, so ergab z. B. bei Daridat (Tabelle v. 6. December, Nr. 2) die Compression yon I Minute und 10 Secundeu 7 (und bezw. 17)ccm Urin mit 0,0672 (und bezw. 0,0872) Eiweiss, die Compression yon 5 Minuten Dauer 10 (und bezw. 26) ccm Urin mit 0,117 (und bezw. mehr) Eiweiss, bei mehrfacher Compression innerhalb 11/2 Stunden yon im Ganzen 25 Minuten 190 ccm Urin mit 1,14 g E i w e i s s .

In einem anderen Falle (Schiede~ vgl. Tabelle vom 27. Novem- ber, Versueh Nr. 3) erhielt ich naeh Compression yon 3/4 Stunden Dauer 110 ccm Harn mit 0~11 g E i w e i s s , 13/4 Stunden Dauer (14. November, Nr. 1) 39 ecru mit 0,448 g E i w e i s s , und als an einem Tage die Compression 4 real h 15--20 Minuten wiederholt worden war, in dem Tagesurin yon 1900 ccm 2,28 g E i w e i s s .

Die GrSsse der Eiweissausscheidung ist aber weder bei dem- selben, noch bei verschiedenen Individuen der Dauer der Compression proportional, ja sie seheint nieht einmal, wie die Tabellen ergeben, an sieh constant zu sein; dies rUhrt jedenfalls von der Compressionsf'~ihig- keit des Thorax bei v e r s c h i e d e n e n Individuen her nnd die ge- legentliehe Ineonstanz bei demselben Individuum in versehiedenen Untersuehungen offenbar yon dem verschiedenen, bis jetzt noeh nieht gleich zu bemessenden Grade der Thoraxcompression.

Sehr bemerkenswerth erscheint es mir~ dass bei dieser experi- mentellen Albuminurie der proeentisehe Eiweissgehalt des Urins sehr gross, so gross ist, wie er nut sehr selten bei Nierenerkrankung ge- funden wird. Nach B a r r e l ' s werden bei Stauungsniere selten 2 pro Mille, Choleranephritis 2 pro Mille, acuter parenchymat~ser Entztindung der Niere in den meisten Fallen 2--5 pro Mille und ebenso bei den tibrigen Nierenerkrankungen 3--5 pro Mille beobachtet. D em g e g e n - f iber b a b e ich u n t e r 24 q u a n t i t a t i v e n B e s t i m m u n g e n 8 m a l E i w e i s s m e n g e n y o n 6--18 p ro Mi l l e (und 9real 1--4 pro Mille) erhalten.

Bei diesem proeentiseh so bedeutcnden Eiweissgehalt wiirde dutch hiiufig wiederholte Compressionen aueh eine bedeutende absolute Eiweissausscheidnng erzielt werden kiinnen~ um so mehr, als eine erhebliche u der Urinmenge auch bei sehr bedeutendem Eiweissgehalt in unserem Versuche nicht eintritt.

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Harnmenge, sTeciflsches Gewicht, Reaction und mikroskopische Untersuchung desselben.

Ich babe bel 2 Individuen, die be; gleicher Kost (und Getr~ink) auf Stickstoffgleichgewicht gebracht waren, zunachst die t~glichen H a r n m e n g e n unter wiederholter Compression des Thorax best;mint.

1. Schiede.

10. Decbr. bis 1l. Decbr. I t Uhr Vorm. 1950 ccm Urin 11. : ~ 12 . . . . . 2000 -- -- (flockige Ei-

weissausscheidun g) am vorg. bTachmittage (11. Decbr. wiederholte Compression des Thorax. 12. Decbr. his 13. Decbr. 11 Uhr Vorm. 2000 ccm Urin 13. : : 14 . . . . . 1900 -- ~- (2,28 Eiweiss) (am Nachmittage des 13. December wiederholte Compression; einmalige

Morgens 14. Decbr.) 14. Decbr. his 15. Decbr. 11 Uhr Vorm. 2000 ccm Urin 15. = : 16 . . . . . 2180 : :

2. Daridat.

lS, Decbr. bis 19. Decbr. 11 Uhr Vorm. 2680 ccm Urin 19. -- ~ 20 . . . . . 2650 : 20. : ~ 2l . . . . . 2560 : : 21. : : 22. : : : ~ 2140 -- : (1,14 Eiweiss)

(Wiederholte Compressioa am Morgen des 22. December.) 22. Deebr. bis 23. Decbr. 11 Uhr Vorm. 2750 cem Urin.

Nach diesen be;den Beobachtungen seheint der Thoraxcom- press;on eine relativ massige Harnverminderung zu folgen, dieselbe ;st indess nicht constant und selbst , wenn sic doppelt und dreifach so gross ware, als in der voranstehenden Tabelle, noch gar nicht zu vergleichen mit den be; pathologischen Stauungsalbuminurien vor- kommenden, viel bedeutenderen Harnverminderungen.

Entsprechend den also anscheinend ziemlieh normalen Harn- mengen wahrend und nach der Compression des Thorax ;st auch d a s s p e e i f i s c h e G e w i e h t desselben nicht wesentlich veriindert. Der wahrend oder nach der Thoraxcompression enfleerte Urin r e a - g i r t e bald saner, neutral , in einzelnen Fallen alkalisch. Bei der bisher ganz vereinzelt vorgenommenen m i k r o s k o p i s c h e n Unter- suchung des letzteren land ich in einem Falle ausserst sparlich (2) hyaline Cylinder und kleine, wie dUnne geronnene Eiweissmassen aussehende Kltimpchen yon runder oder unregelmassiger Begrenzung, die Gri~sse eines rothen oder weissen BlutkSrperchens wenig tiber- ragend. In einem Falle fand ich sparliche, in einem zweiten zahl- reiche kleine Krystalle yon phosphorsaurer Ammoniakmagnesia. Rothe

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BlutkSrperchen habe ich einmal ganz sp~trlich (1~2 im Gesichtsfeld) nnd ganz abgeblasst, weisse hie zur Beobachtung bekommen.

Die in diesem Abschnitt besprochenen Punkte bedlirfen durch- aus noch weiterer Prtifungen, da ich die hier mitgetheilten Beob- aehtungen nur mehr beil~iufig vorfolgen konnte.

Die Eiweissqualiti~t in der experimentellen Albuminurie.

Naeh den Untersuehungen yon H o fm ei s t e r, M e ix n e r, v. J a e k s c h u. A. wissen wit, dass ausser dem Serumalbumin noeh andere Eiweissk6rper unter pathologischen Verh~iltnissen im Urin aus- geschieden werden k~innen. Abet aueh die physiologisehe (?) Albu- minurie ist, wie dies insbesondere S e n a t o r dargethan, meistens keine einfaehe Serumalbuminurie.

In einigen hierauf geriehteten Priifungen erhielt ich nun (vgl. TabeUe, letzte Colnmne) bei Urinen, welehe dureh Koehen-t-Essig- s~iure enteiweisst waren und welehe auch naeh Zusatz yon Essig- saure -~ Ferroeyankalium v~llig klar blieben, TrUbungen noeh naeh Zusatz yon Metaphosphors~iure und noeh dentlieher naeh Zusatz yon eoneentrirter Essigsliure "q- Phosphorwolframsaure and dies sogar in einem Fall, in welehem der Urin naeh der Compression (Fr. Biinke, vgl. Tabelle) keine andere Eiweissreaetion dargeboten hatte. Natron sulf. zu dem mit Essigsiiure sehwaeh angesauerten Urin gab eine starke Trtibung, haufig eine reichliche, fiockige Ausseheidung. D es- g l e i e h e n b e o b a e h t e t e ieh in zwe i F a l l e n T r t i b u n g e n , n a e h d e m ieh dem e i w e i s s h a l t i g e n Ur ine in der K a l t e E s s i g s ~ u r e h i n z u g e f U g t ha t t e .

Naeh diesen fliiehtigen Prtifungen ist es einigermaassen wahr- seheinlieh, dass aueh die hier vorliegende experimentelle Albumin- urie eine sogenannte gemischte ist, d. h. dass der Urin sowohl Serumalbumin als aueh Globulin und Pepton enthiilt; es bedarf dies aber jedenfalls aueh noeh sorgfliltiger NaebprfifuDg, es sollte hier nur auf die immerhin interessante und nicht unwichtige Frage naeh der Qualit~it der experimentellen Albuminurie beim Mensehen flir sp~tere Untersuehungen hingewiesen werden.

Die D a u e r der A l b u m i n u r i e wechselte in den versehie- denen Versuehen einigermaassen parallel der Dauer der Compression und der Intensit~it ihrer Wirkung. Im Allgemeinen dauerte die Albu- minurie nieht l~inger als 1--3--4 Stunden; ausnahmsweise wurde in einem Falle noch in dem nach 13 Stunden nach beendigter Com- pression entleerten Urin Eiweiss in geringer Menge nachgewiesen. In F~illen jedoch, in welehen im Verlaufe eines Vormittags oder

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lqaehmittags wiederholte Compressionen vorgenommen wurden, ergab ganz gewiihnlich noch de r naeh 10--12 und mehr Stunden entleerte Urin Triibungen. Irgend welche weitergehende Stiirungen der Ver- suehspersonen oder auch nur eine irgend liingerdauernde Albuminurie tiber den Versuchstag hinaus habe ich in keinem einzigen der yon mir untersu.ehten F~lle zu beobachten Gelegenheit gehabt, so dass ieh dis v o r s i e h t i g e Wiederholung meiner Versuehe als ein durehaus unschiidliches und daher zur Erledigung wissenschaftlicher Fragen erlaubtes Verfahren bezeicbnen darf.

Die Ursache de~" experimenteUen AlburMnurie.

Es liegt nicht in der Absieht dieser Mittheilung, die aufgeworfene Frage eingehend zu behandeln, sondern nut eine Erkliirung ftir die beobaehteten Thatsaehen - - soweit dies bis jetzt schon m~glieh - - zu versuchen.

D ie in d e n a n g e f t i h r t e n V e r s u c h e n b e w i r k t e A l b u - m i n u r i e i s t u n f r a g l i c h d ie F o l g e d e r e i n s e i t i g e n bezw. d o p p e l s e i t i g e n C o m p r e s s i o n des T h o r a x .

Die Compression des Thorax - - vornehmlich in exeessiven Gra- den --- kann

a) das tterz eomprimiren, b) sie kann dureh Behinderung der Athmung Dyspnoe hervorrufen, e) sie kann zur Verminderung des negativen Druckes im Tho-

rax und d) hierdurch und durch Beschriinkung des respiratorisehen Volu-

menweehsels der Lunge zu mannigfachen Cireulationsst~irungen im kleinen Kreislauf ftihren.

In der Compression des Herzens (a) die Ursaehe der Albuminurie zu snehen, liegt naeh dem zum Theil bereits gesehilderten Verhalten des Pulses kein ausreiehender Grund vor. Denn niemals konnte ich h'regularit~it der Pulses, niemals eine griissere Frequenzvermehrung desselben als etwa am 6 in :der Minute beobaehten, niemals eine Verlangsamung oder v(/tlige Intermission und, so weir der zuftihlende Finger zu entseheiden vermag, auch hie eine erhebliche Verengerung der Radialarterie. Freilieh ist hiermit nicht jede Circulationsst(irung, z. B. nieht eine mangelhafte Ftillung bezw. Verengerung der Arterien der inneren Organe und insbesondere der Nierenarterie ausgeschlossen.

Nach den Experimenten yon H. H e r r m a n n und yon Ove r - b e c k ftlhrt nun aber bekanntlieh eine Minuten oder aueh nur Secun- den wi~hrende Arterienligirung beim Thiere unbedingt zur Albumin-

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urie. Desgleichen ist Albuminurie gesehen worden als Folge spa- stiseher Gefiissverengerung in der Niere, die ihrerseits zurUekzufiihren war auf Reizung der Medulla oblongata dutch Dyspnoe (O v e r b e ok Or t i t zne r ) .

In Hinblick auf diese Thatsachen bleibt allerdings die arterielle Anamie, wenn auch nicht als Folge der Compression des Herzens, so doch als Folge yon D y s p n o e (b) noch zu er~rtern und das um so mehr, als ftir den unbefangenen Leser das yon mir angewandte Verfahren zur Erzeugung yon Dyspnoe gerade sehr geeignet ersehei- hen kann.

Eine solehe Annahme ist aber leicht zu widerlegen~ denn: 1. Ktinstliehe Dyspnoe bei Thieren scheint keineswegs constant

zu Albuminurie zu ftihren, wenigstens findet sich in den ausflihrlichen Untersuehungen von F r a n k e I tiber den Einfiuss der verminderten Sauerstoffzufuhr zu den Geweben etc. l) nichts fiber Albuminurle an- gegeben.

2. ~ur die ,,starke Dyspnoe" ist es offenbar, welche dureh arte- rielle Anamie gelegentlieh zu Albuminurie ftihrt und auch diese nur ,,unter meist vSlligem Versiegen der Harnabsonderung" (Hei d e n- hain2)). Das Letztere ergeben aueh die Versuche M. H e r r m a n n ' s mit langerdauerndem Verschluss der ~ierenarterien (1--24 Stunden), sowie die Versuche yon 0 v er b e e k mit Erzeugung vortibergehender Erstiekung durch Compression der blossgelegten LuftrShre.

In meinen Fallen yon Albuminurie hat abet thatsachlich niemals eine irgend griissere Dyspnoe bestanden und dementspreehend nie- mals - - aueh nicht in den Fallen yon langer (1 Stunde und darUber) dauernder Compression ein ,,viilliges Versiegen der Harnabsofide- rung tt.

3. Ganz im Gegentheil habe ieh in der nachfolgenden Tabelle (s. S. 258 u. 259) noch 5 Beobachtungen zu citiren, in welchen wegen verschiedener Erkrankungen der Lunge andauernd Dyspnoe bestand und welehe dutch die Thoraxcompression zum T h e il sichtlich ver- mehrt wurde - - in diesen Fallen, den einzigen negativen yon 26 Unter- suehten, blieb der Urin naeh wie vet der Compression des Thorax frei von Eiweiss.

4. Hiermit stimmen die taglichen Erfahrungen am Krankenbett liberein, welehe meines Wissens lehren~ dass infolge reiner~ noeh so hoehgradiger Dyspnoe niemals Albuminurie entsteht.

1) Virchow's Archly. Jahrgang 1876. 2) Hermann's l=Iandbuch der Physiologie. V. Bd. l. Th. 1883.

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2 5 8 XII. SCHREIBER

Urin vor Com-

Nr. Datum N a m e , A l t e r etc. pression. Menge in ccm, spee. Gewieht

1. 12. November 5. B e y l i s e h , 34 Jahre. Phthis: pulm. Infiltrat. dextr, sup. Kein Eiweiss

1. 15. November Josef L e w i n s k i , 19 Jahre. Brochiek- tasie (Abscess?) der r. Lunge. 100.Kein1020EiweissSP. G.

1: 19. November Theodor C h r i s t , 29 Jahrc. Pleuritis ex- sudat, sinistr. Dampfung hinten nicht ganz his zum Angulus scapulae, vorne yon der 4. Rippe abwarts; D y s p n o e , d i e l e i c h t s e h r i n t e n s i v w i r d . Sehr schwRehllches Individuum; seit 14 Tagcn krank; vor 4 Monaten an- geblieh dieselbe Krankheit auf der rech- ten Seite. 100. 1031 sp. G.

Stark sedimen- �9 tirt. 1) Kochen

Essigs. 2) Me- taphosphors. keine Trtlbung

3. December B a r t s c h , ca. 42 Jahre. Altes~ hochgradiges Emphysema pulmon, mit Bronchialka- tarrh; zur Zeit hocbgradige Dyspnoe. 20. Proben :

a) Koehen -~- Essigs. b) Meta-

phosphors. c) Essigs. ~ Fer-

roeyank. keine Trllbung

5. December

[ ,

200i Proben : a) b) c) ~ keine

Trllbung

Page 23: Ueber experimentell am Menschen zu erzeugende Albuminurie

Ueber experimentell am Menschen zu erzeugende Albuminurie. 259

C . , Urin nach der Compression

ompressmn aes I Thorax (1 od. 2) ~ Eiweiss

und Dauer Menge m spee. absolute pro ccm Gew. Meng e Mille

B e m e r k u n g

1. 13/4 Stunden

1. 2 Stunden

1. ca. 25. Min. Patient ertrug

die Compr. nur mtlhsam und

war sehr dyspnoetisch

2. !]2 Stunde

2. '/2 Stunde

t# St. naeh be- endigter Compr.

30

75

85

50

20

1025

1021

1030

1008

Kein Eiweiss

Kein Eiwelss

Kein Eiweiss ~

Proben: a)b) c)l keine Trubung!

I

I Proben: a) b) c)l keine Trilbung

Desgleichen [

Vor und wahrend Com- pression grosse Dyspnoe.

Koohen -}- Essigs. ~ k e i n e

Trtlbung, dahingegen Meta- phosphors, in dem Urin~ nach Compression deutliche Trll- bung.

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260 XII. S CHREIBEll

5. Die bereits citirten Versuche yon F r a n k e l an Hunden haben ergeben, dass als Folge yon Dyspnoe, resp. yon verminderter Sauer- stoffzufuhr zu den Lnngen ein stiirkerer Eiweisszerfall im Kiirper statthabe und damit eine vermehrte Ausscheidung yon tIarnstoff. Bestand in meinen Versuchen Dyspnoe, so musste sich dieselbe somit wenigstens in einer vcrmehrten Harnstoffausscheidung zu erkennen geben.

Es wurde daher bei 2 Personen, welche ann~ihernd auf Stick- stoffgleichgewicht gebracht waren, die tiigliche Harnstoffausscheidung vor und nach erfolgter Thoraxcompression bestimmt.

10. 10. 11.

am • 12.

13. 14. 15. 16.

1. Schiede.

December (vgl. Tabelle) = 23~008 Harnstoff = 23~127 -"

des 11. December wiederholte Compression des Thorax. Decbr. 21,738 Harnstoff (Eiweiss im Urin im Ganzen

gering). bis 14. Decbr. 1) wiederholte Compression des Thorax. Decbr. 17,784 Harnstoff (2~28 Eiweiss).

= 21,1 = = 27~05 =

2. Daridat.

20. December (vgl. Tabelle). a) D'er Untersuchte entleerte zuniiehst des Morgens den withrend

der :Nacht in der Blase angesammelten Urin~ darauf zwischen 1/27 bis 8 Uhr wiederholte Compression des Thorax; der yon 1/27 bis 11 Uhr gelassene Urin wurdc zur Harnstoffbestimmung gesondert gesammelt.

20. Decbr. yon 1,/27 bis 11 Uhr 4~4 tIarnstoff 2t . . . . . . . 3,78 --

Compression 22 . . . . . . . 1,99 = (1~14 Eiweiss) 23 . . . . . . . 4~53 =

b) Deutlicher noch ist der Erfolg der Thoraxeompression, wenn zu dem Vormittagsurin der n ac h fo l ff e n d e Nachmittags- und Nachturin zur Harnstoffbestimmung hinzugenommen wircl, da alsdann noch die Nach- wirkung der Compression zur Geltung kommt.

20.--21. December 26~0 ff Harnstoff 21.--22. = 24~04= =

Compression 22.--23. = 15,9 = : (1,14 Eiweiss) 23.--24. = 2175 = --

1} 12.--13. December t/2 Tasse Bouillon mit Ei in der Diiit ausgelassen, daher die Bestimmung nicht verwerthet.

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Ueber experimentell am Menschen zu erzeugende Albuminurie. 261

Die Thoraxcompression fUhrt demnaeh ganz im Gegentheil zu einer nicht unerhebliehen Verminderung (bis 1/2) tier Harnstoffaus- seheidung, also kann eine nennenswerthe Dyspnoe nieht bestanden haben und Dyspnoe nieht die Ursache der Compressionsalbuminu- tie sein.

Die Verminderung des negativen Thoraxdruckes (c) kann naeh Erfahrungen an Kranken mit einseitigem, an Thieren mit doppel- seitigem Pneumothorax (und ktinstlieher Respiration) gleiehfalls nicht als Ursache der Albuminurie - - Stauungsalbuminurie ~) - - angesehen werden, wenngleich nicht ausser Aeht zu lassen ist, dass die Ver- minderung des negativen Thoraxdruckes immerhin zu einer mangel- hafteren Aspiration des K(irpervenenblutes, zu einer Verlangsamung des Blutst-romes in den KSrpervenen fUhren kann. Diese letztere, an sich vielleieht ohne grosse Bedeutung, kiinnte yon Bedeutung werden als Glied einer grSsseren Kette yon in gleichem Sinne wir- kenden CircuiationsstSrungen (d), wie sie die Thoraxcompression, die Compressibilitiit des Brustkorbes vorausgesetzt, offenbar mit Noth- wendigkeit herbeiftihren muss.

Wie in Krankheiten mit Raumbeschri~nkung in der Brust (um- fangreiche Pericardial- und Pleuraexsudate etc.), so muss auch durch die Compression der Brustwandungen erstens eine Verkleinerung der normalerweise zwischen den Alveolarcapillaren der Lunge und dem linken Vorhofe herrschenden D r u e k d i f f e r e n z entstehen; die hier unter normalen Verhiiltnissen bestehende Druckabnahme vom Atmo- sphiirendruck bis zum negativen begiinstigt die Circulation im kleinen Kreislauf; die Thoraxeompression muss also den Abfluss des Blutes aus den Lungencapillaren erschweren.

Zweitens muss, wie dort~ so aueh hier der Gef~issquerschnitt der Lungengefasse verkleinert und dadureh die Arbeit des reehten Herzens ersehwert werden. ~un haben freilich die Experimente yon L ic h t- h e l m gezeigt, dass durch die rasch erfolgende compensatorische Th~tigkeit des rechten Ventrikels und resp. dutch Erweiterung des restirenden Gef~ssabsehnittes Ligirung selbst von 3/4 der Pulmonal- arterien compensirt werden, d. h. der Blutdruck im Pulmonalgefiiss- system ungestiirt erhalten wird. Allein im vorliegenden Falle werden neben den Pulmonalarterien auch die Venen des kleinen Kreislaufes und diese vielleicht viel frUher und vollkommener als die ersteren comprimirt.

Hierzu kommt drittens, dass einer der wesentlichstcn Faetoren

1) Vgl. den sehr instructiven Fall: Ueber regelmi~ssig intermittirende Albu- minurie yon Dr. H. Falkenheim. Deutsches Archly far klin. Medicin. 1884.

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262 XII. S c ~ a m r ~

ftir die normale Gestaltung des kleinen Kreislaufes, die normale respiratorisehe Ausdehnung der Lungen, bier gleiehfalls gest~rt ist. Denn obsehon, wie ieh gezeigt babe, eine nennenswerthe Dyspnoe bei den Versuchspersonen nieht besteht, so ist doeh eiue Vermin- derung der respiratorischen Ausdehnungsgrtisse tier Lungen (lurch die Compression des Thorax und (hiermit geradezu identiseh) eine Verminderung des respiratorischen Lumenwechsels der Lungeneapilla- ren, i. e. eine abermalige, wiehtige Ersehwerung der Circulation im kleinen Kreislauf unzweifelhaft gegeben.

Verminderung des negativen Thoraxdruekes, Verminderung tier norma|en Druekdifferenz zwisehen den Alveolareapillaren der Lunge and dem linken Vorhofe, Verminderung des Gefiissquersehnittes der Lunge, Verminderung der respiratorischen Ausdehnungsfiihigkeit der Lungen und mit ihr des respiratorisehen Weehsels in der Weite der Lungengef~tsse - - diese Zustiinde ftihren jeder ftir sieh sehon und um so mehr alle insgesammt zu einer Erschwerung tier Circulation im kleinen Kreislauf, denen offenbar das rechte Herz nieht ohne Weiteres gewaehsen ist; es muss zu cirier Stauung im kleinen Kreis- lauf kommen, fast analog dem Versuche O v e r b e e k ' s , mit dureh Tamponade des rechten Herzens hervorgerufener Albuminurie.

Ist die bier gegebene Erkliirung der dureh Thoraxeompression herbeigeftihrten Albuminurie 1) die richtige, so muss dieselbe sich abhangig erweisen I. yon der Compressibilit~tt des Thorax und 2. yon dutch das Experiment veranlassten und dureh das Experi- ment eventuell wieder beseitigten Compensationszustitnden des Orga- nismus.

Und thatsiiehlieh erweist sieh der Erfolg des Versuehes yon diesen beiden Factoren im hiiehsteu Maasse abh~ingig, denn 1. h~ingt der Erfolg der Compression ganz and gar ab yon der Compressi- bilit~it des Thorax; je naehgiebiger derselbe ist~ um so bestimm- ter, um so reichlieher und um so raseher tritt die Albuminuric zu Tage, sebwerer and in viel geringerem Grade bei ]ndividuen mit mehr starrem~ mehr unnachgiebigem Thorax:); in exquisiten Fallen dieser Art, so z. B. bei vorgesehrittenen Emphysematikern~ kommt es selbst naeh stundenlanger Compression tiberhaupt nicht zur Eiweiss-

l) Die bekanntlich bei Kaninchen so h~tufig beobachtete physiologische Albu- minurie (yon W i t t i c h ) dfirfte bei der grossen Nachgiebigkeit eines Kaninchen- thorax vielleicht gleichfalls auf Compression des letzteren in der Mehrzahl der FMle zurtickzuftihren sein. iMittheilungen hiertiber behalte ich mi rvor .

2) Ftlr die Versuche eignen sich daher am besten Personen yon 10 bis 20 Jahren.

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Ueber experimentell am Menschen zu erzeugende Albuminurie. 263

ausscheidung. Wahrcnd bei Individnen mit weniger nachgicbigem Thorax die Albaminuric naeh 1/2 his 3/4 Stunden noch sehr gering sein kann, habe ich (vgl. oben) z. B. bei einem 13jiihrigen Knaben schon nach 1 Minu te n n d 10 S e c u n d e n eine schwere Albumin- urie mit tib e r 9 p r o Mill e, ein andcres Mal naeh 5 Minuten Com- pression 11,7 pro Mi l l e e r h a l t e n .

2. Die einseitige Compression des Thorax, gleichviel ob rechts oder links, ftihrt, w e n n sic g e n a u l o c a l i s i r t is L bei normalen Menschen nicht zu Albuminurie, und zwar dcshalb nicht, weil unter dieser Versuchsbcdingung compensatorische Einrichtungen des Orga- nismus noch rasch in Function treten kSnnen.

Denn obschon die einseitige Compression des Thorax auf der comprimirtcn Seite gleichfalls den negativcn Thoraxdruck herabset~t, den Gefassquerschnitt verengert etc., d. h. die Circulation des kleinen KreislauIcs beeintrachtigt, so ist doch diese Beeintrachtigung eine relativ geringe, vor Allem aber ist, wie ich an einer anderen Stelle bereits gezeigt (1. c.), iv der unter soIchen Umstanden sofort gestei- gerten Th~itigkeit der Lunge der nicht comprimirten Thoraxseite eine Quelle vollkommenster Compensation der Respiration und mit ihr der hier in Frage kommenden CirculationsstSrungen gcgebcn. Und nun der Gegensatz: Ist die compensatorische, vicariirende Thatig- keit der einen Lunge zufiillig oder absichtlich ausgeschlossen, so tritt sofort dcr Erfolg der Compression, die Eiweissausscheidung~

zu Tage. So liegen die Verhaltnisse bei einseitiger Erkrankung der Lunge,

bei umfangreicher Infiltration, bei pleuritischen Exsudaten, bei Pneu- moth0rax dcr cinch Seite, denn in solchen Fiillen besteht e i n s e i t i g bereits eine der cxperimentellen nahe, gteiche oder sic iibertreffende Circulationsstlirung; eine vicariirende, compensatori~che Thatigkeit ist hier unmiiglich, wcnn die andere Seite comprimirt wird, und so geniigt denn in der That in solchen Fallen die Compression nur e i n c r Thoraxseite und zwar der gesunden (vgl. Tabelle Wolkan, 17. November, Sandowzki, 19. November, Schiede, 14. November, Potschat, 12. November~ Barinowski, 5. November), um ganz be- stimmt Albuminurie zu bewirken.

Und dass in diesen Fallen wirklich nut die kUnstliche Unter- driickung der yon mir supponirten Compensation, i. e. der vicariiren- den Th~tigkeit der nieht erkrankten Lunge die Ursache der Albu- minurie ist, ist wicder leieht durch das Experiment zu erweisen, indem in eben diesen Fallen dutch die Compression ausschliesslich der k r a n k e n Seite eine Albuminurie nicht zu erzwingen ist.

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264: XII. SCHREIBER, Ueber experim, am Menschen zu erzeugende Albuminurie.

So scheint denn die durch Thoraxcompression bewirkte Albu- minurie in der That auf jener zuvor entwickelten Circulationsstfirunff, in erster Reihe des kleinen Kreislaufes, zu beruhen, welche sich offenbar rapid bis in die l~ieren fortsetzt. Wo nun abet hicr die Eiweissausscheidung crfblfft - - in den Malpighi'schen Kapseln oder in den gewundenen Harnkan~lchen, das zu entscheiden, liegt ausserhalb der ftir die vortiegende Mittheilung gesteckten Grenzen.