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292 D. Balarew. Uber neuartige Mischkristalle. VII. Von D. BALAREW. Das System Eisenchlorid-Ammoninmchlorid. Die meisten Autoren betrachten das System Eisenchlorid- Ammoniumchlorid als ein Mischkristallsysteml) bzw. als ein anomales2), trotzdem noch ~oozE~oo~~) bei der Untersuchung des Gleichgewichts Eisenchlorid-Ammoniumchlorid- Wasser (1 5O) einige Tatsachen fest- gestellt hat, die davon sprechen, daB dieses System einige Eigen- tumlichkeiten besitzt , die nicht den wahren Mischkristallsystemen eigen sind. Folgende Tatsachen fiihren uns dazu anzunehmen, daB wir in dem Falle ein EinschlieBen von Eisenchlorid in den NH4C1- Kristallen haben, das ganz analog dem EinschlieBen von verschie- denen Permanganaten und anderen Salzen in dem Inneren der BaS0,-Masse und einiger Sulfide in anderen Sulfiden,) ist: 1. ROOZEBOOM und spater RITZEL5) haben beobachtet, daB bei ein und derselben Zusammensetzung der Mutterlauge die bei frei- willigem Abdampfen kristallisierenden festen Systeme einen FeC1,- Gehalt zeigen, der zu sehr schwankt bzw. von dem abersattigungs- grad der Losung zu sehr abhkngt. Einige meiner Versuche mit den BaS0,-Systemen haben mir gezeigt, da3 auch in diesen Systemen die Menge der eingeschlossenen fremden Salze bedeutend schwankt. Es wurde bei moglichst gleichen Bedinguogen durch freie Diffusion von n/l BaC1,- und n/l K2S0,-Losung bei einer au6eren Flilssigkeit von 5O/, KC1-LSsung das BaSO, niedergefallt und das- selbe bei gleichbleibenden Bedingungen getrocknet und analysiert. Die Analysen haben gezeigt, daB der $SO,-Gehalt dabei zwischen 2,29 und 2,68O/, schwankt. I) 0. LEHMANN, Jahrb. f. &'in. 1915, 11, 109; W. NEBNST, Theoret. Chem. 1926, 126. ' ) G. BBUNI, Feste Liisungen und Isomorphie 1908, 64; W. EITEL, Grund- Iagen der phys.-chem. Petrographie 1923, 102. *) 2. php. Chem. 10 (1892), 145. *) 2. anorg. u. a@. Chem. 166 (1926), 301; 162 (1927), 344; 163 (1927), 213; 165 (1927), 192; 168 (1927), 154. ") Chenzie der Erde 1 (1915), 9.

Über Neuartige Mischkristalle. VII

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Page 1: Über Neuartige Mischkristalle. VII

292 D. Balarew.

Uber neuartige Mischkristalle. VII. Von D. BALAREW.

Das System Eisenchlorid-Ammoninmchlorid. Die meisten Autoren betrachten das System Eisenchlorid-

Ammoniumchlorid als ein Mischkristallsysteml) bzw. als ein anomales2), trotzdem noch ~ o o z E ~ o o ~ ~ ) bei der Untersuchung des Gleichgewichts Eisenchlorid-Ammoniumchlorid- Wasser (1 5 O ) einige Tatsachen fest- gestellt hat, die davon sprechen, daB dieses System einige Eigen- tumlichkeiten besitzt , die nicht den wahren Mischkristallsystemen eigen sind. Folgende Tatsachen fiihren uns dazu anzunehmen, daB wir in dem Falle ein EinschlieBen von Eisenchlorid in den NH4C1- Kristallen haben, das ganz analog dem EinschlieBen von verschie- denen Permanganaten und anderen Salzen in dem Inneren der BaS0,-Masse und einiger Sulfide in anderen Sulfiden,) ist:

1. ROOZEBOOM und spater RITZEL5) haben beobachtet, daB bei ein und derselben Zusammensetzung der Mutterlauge die bei frei- willigem Abdampfen kristallisierenden festen Systeme einen FeC1,- Gehalt zeigen, der zu sehr schwankt bzw. von dem abersattigungs- grad der Losung zu sehr abhkngt. Einige meiner Ver suche m i t d e n BaS0,-Systemen h a b e n m i r gezeigt , d a 3 a u c h i n d i e sen Sys temen d i e Menge d e r e ingeschlossenen f r e m d e n S a l z e bedeu tend schwankt .

Es wurde bei moglichst gleichen Bedinguogen durch freie Diffusion von n/ l BaC1,- und n / l K2S0,-Losung bei einer au6eren Flilssigkeit von 5 O / , KC1-LSsung das BaSO, niedergefallt und das- selbe bei gleichbleibenden Bedingungen getrocknet und analysiert. Die Analysen haben gezeigt, daB der $SO,-Gehalt dabei zwischen 2,29 und 2,68O/, schwankt.

I) 0. LEHMANN, Jahrb. f. &'in. 1915, 11, 109; W. NEBNST, Theoret. Chem. 1926, 126.

') G. BBUNI, Feste Liisungen und Isomorphie 1908, 64; W. EITEL, Grund- Iagen der phys.-chem. Petrographie 1923, 102.

*) 2. p h p . Chem. 10 (1892), 145. *) 2. anorg. u. a@. Chem. 166 (1926), 301; 162 (1927), 344; 163 (1927),

213; 165 (1927), 192; 168 (1927), 154. ") Chenzie der Erde 1 (1915), 9.

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Niuartige Hischkristal2e. 293

2. Falls wir in dem System Eisenchlorid-Salmiak wirklich eine Capillarverteilung hatten, so miifite das feste System auch freies Wasser oder Mengen von der Mutterlauge enthalten, wie das der Fall ist bei den BaS0,-Systemen mit fremden Sa1zen.l) Angaben, die davon sprechen, finden wir in der Arbeit von ROOZEBOOM.

Bei d e r Bestimmung des Wasse rgeha l t s von Misch- k r i s t a l l en , die reich a n Eisenchlorid sind, f indet ROOZEBOOM, daB sie aus NH,Cl, FeCl,. 7H20 und freiem Wasse r - un- gefahr e in Mol - bestehen.

Ich habe den Wassergehalt in dem bei verschiedenen Re- dingungen kristallisierten reinen NH,Cl bestimmt. Es hat sich ge- zeigt, da6 alle uber CaCl, getrockneten und bei 95O eine halbe Stunde lang erhitzten Kristalle wasserfrei sind. In meinen fruheren Beitragen iiber neuartige Mischkristalle habe ich gezeigt, daB die BaS0,-Kristalle immer mefibare Mengen von Wasser enthalten. Diese Mengen stehen aber im Verhaltnis zu der Menge der ein- geschlossenen fremden Salze - bei der Verminderung der Menge der in BaSO, eingeschlossenen fremden Salze vermindert sich im allgemeinen auch der Wassergehalt. Ubrigens miiBten auch die re in e n BaS0,-K r i s t a1 1 e was s e r fr ei s ein.

3. RITZEL~) hat festgestellt, da6, wenn man zu der NH,Cl.FeCI,- LBsung Mengen von NaNO,, K,SO, usw. zufiigt, NH,Cl FeC1,- Kristalle entstehen, die frei von den letzten Salzen sin& Daraus schlieBt RITZEL, da6 in dem Falle eine mechanische Einschliefiung von FeCI, aq. in den NH,C1-Kristallen ausgeschlossen ist, da dabei alle in der Mutterlauge aufgehten Salze auch in den Kristallen gefunden werden miifiten. Eine ahnliche Erscheinung habe ich bei der Auskristallisierung der BaS0,-Systeme beobachtet.

Es ist bekannt, dafi aus BaC1,- und H,SO,-Losung ausgefalltes BaSO, immer BaCI,, HC1 und H,O enthalt I), so daB in dem Innern der BaS0,-Masse sich auch das zweite von den Produkten der doppelten Umsetzung H,SO, f- BaCl, = BaSO, + 2HCl - das im Wasser aufgeloste gasformige HC1 - befindet.

Ich habe durch freie Diffusion von n/l-BaCI, und n/l-KzS04 bei einer auJ3eren Fliissigkeit von To/,, KC1- bzw. gesattigter KC1- Losung (159 das BaSO, gefallt. Es hat sich gezeigt, daB in beiden Priiparaten sich kein C1 befindet. Kein C1 enthalten auch die BaS0,-Praparate, die unter den in Tabelle 1 angegebenen Bedingungen nefillt sind. -

l) Vgl. meine fruheren Beitritgc uber neuartige Mischkristalle. 2) 1. c.

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294 D. Balarew.

Tabelle 1.

n/l-(NH,),SO, n/l-BaCI, ,, l , 91 17 7, 5O/, NH,Cl-LSeung n/1-(NH,)+3O4 n/l-BaCl, ), ), 11 9 1 l 9 15O/, NH,Cl-Lihung n/l-Li,SO, n/l-BaCl, ,, ,, 99 7) ,, 1l0/, LiC1-L6eung n/l-Na,SO, n/l-BaCl, ,) 91 $1 ,) Waeeer

Ubrigens zeigen diese meine Resultate, daf3 beim F a l l e n eines Blkal isulfats mi t BaCl, in Anwesenheit auch von groBen Mengen von Alkalichlorid ein BaSQ, ausfall t , auf dessen inneren Wanden und zwischen ihnen nur die Mole- ku le des entsprechenden Sulfats adsorbier t bzw. ein- ge schlossen werden konnen. Die dabei anwesenden Alkali- ch lor ide werden bei dem Prozesse des Wachsens des K r i s t a l l s ni c h t ei n g e s c h l o s sen.

Bei einer schnellen Ausfiihrung des Kristallisationsprozesses entstehen BaS0,-Teilchen, die bedeutende Mengen von entsprechen- den Chloriden enthalten. Mikroskopisch kann man aber sehen, daB bei diesen Bedingungen niedergefallte Teilchen mehr oder weniger deformiert sind und daB dabei in ihnen sichtbare mechanische Ein- schliisse - Vakuolen - ahnlich den Vakuolen, die in der Fig. 2 b, c') zu sehen sind - gebildet worden sind, welche zweifellos mit Mutter- lauge gefullt sind.

Ich babe ferner untersucht, ob in der BaS0,-Masse zwei Alkali- sulfate gleichzeitig adsorbiert werden kiinnen.

In eine Lijsung, die KCl und NH4C1 enthalt, lasse ich n/l-BaCI,- und n/l-K,SO,-L~sung frei diffundieren. Ein Liter der iiuSeren Fliissigkeit enthalt

n/l-(NH,),SO, n/l-BaCl, bei einer auSeren Fliissigkeit von l,'io/o NH,Cl-L6eung

Nr. KCI in g NH,CI in g 1 15 10 2 15 30 3 10 100 4 5 80 5 5 60

Die getrockneten Praparate wurden in einem geschlossenen System eine Stunde lang bis zur schwachen Rotglut in einem Luft- strom erhitzt. Es wurde dabei untersucht, ob aus dem gegebenen Praparat sich NH, und SO, entwickelt. Die Analysen haben gezeigt, daB nur das Praparat 5(NH,),SO, enthalt.

Das calcinierte Priiparat 2 wurde analysiert - es enth&lt 2,75O/, K,SO, .

Das Prapiparat 5 gibt bei der Calcinierung 2,24O/, H,O und (NH,)$O, Verlust, die zuriickgebliebene Masse enthdt 1,73°/0 K,S04.

I) 2. asorg. u. a&. Chew. 123 (1922), 69.

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Neua~tige Misehkvistalle. 295

Ubrigens zeigen diese meine Versuche, daB bei Anwesenheit von KCl und NH4CI, bis zu einer gegebenen Grenze d e r NH,Cl-Konzentration, d ie inneren Oberflachen des gefaIlten BaSO, n u r das eine Sulfat - K,SO, - adsorbieren.

Endlich habe ich d ie Formen der Teilchen - Skelette, Prismen, Verwachsungen - mikroskopisch nntersucht, die bei einem stromweisen Niederfallen von BaSO, entstehen. Die se Untersuchungen haben die i n diesem P u n k t (3) gemachten zwei SchluSfolgerungen vollkommen bestatigt.

So fallt man stromweise mit BaC1,- eine H,SO,-LBsung, die Mengen von KCl enthalt. Es entstehen Teilchen nur von zwei Formen, namlich a, Fig. 1 und a, Fig. 2.3 J e griiBer die Menge des KCI ist, desto gr6Ber ist die Zahl der Teilchen mit Form a, Fig. 1. Diese Zahl kann bis 96O/, von allen Teilchen steigen. Dabei entstehen au6er diesen zwei Formen von Teilchen keine solchen, die eine intermediare F o r m besitzen. Da bei Ab- wesenheit von ECl bei den angegebenen Bedingungen nur Teilchen der Form a, Fig. 2 ausfallen, so ist es klar, da6 die Teilchen der Form a, Fig. 1 nur K,SO, enthalten, wahrend die Teilchen der Form a, Fig. 2 BaCl, und HCl in ihrem Innern eingeschlossen hatten.

Bei dem stromweisen Niederfiallen einer H,SO,-Lijsung mit BaC1, in Anwesenheit von NH,C1 oder von kleinen Konzentrationen von CaCI,, bekommt man einen Niederschlag, der nur aus Teilchen mit der Form a, Fig. 27 und Form a, Fig. 3l) besteht. Die Zahl der Teilchen der zweiten Form steigt bei der Steigerung der Kon- zentrativn des NH,Cl bzw. des CaCI, in der Lbsung. Auf den inneren Oberflachen dieser Teilchen sind also nur (NH4),S04- bzw. CaS0,-Molekiile adsorbiert.

VeranlaSt durch die oben aufgestellten Resultate und Be- obachtungen, werde ich in einem speziellen Beitrag untersuchen, ob die o ben gemachten SchluSfolgerungen beziiglich der Adsorption von K,S04 in Anwesenhoit von Molekiilen von (NH,),SO, auf den inneren Oberfiiichen des BaSO, fur die Adsorption aller polargebauten, in Wasser aufgeliisten Salze auf der Oberflache eines anderen polar- gebauten festen Salzes Geltung haben.

Die mikroskopische Untersuchung der Teilchen von dem Versuch 5 (S. 294) hat gezeigt, da6 bei den Bedingungen des Versuches erstens

Z. amrg. 21. allg. Chem. 123 (1922), 70.

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296 D. Balarew. Nmartige Bischkristalle.

regelmaBige Prismen Form C, Fig. 1 VI. Beitrag ausgefallen aind, die bei dem weiteren Wachsen von einer deformierten Masse be- deckt sind. Die Prismen enthalten wahrscheinlich nur K,SO,, die deformierte Masse auch (NH,),SO,.

4. ROOZEBOOM hat beobachtet, daB die Mischkristalle NH,CI FeCI, 7 H,O fast ausnahmslos mehr oder weniger doppelbrechend sind. LaBt man diese jedoch langere Zeit bei Zimmertemperatur liegen, sowohl zum Trocknen als auch in ihrer Mutterlauge, so ver- lieren sie langsam die Doppelbrechung, und nach einigen Tagen ist diese nicht mehr wahrnehmbar. Hierbei tritt nur eine unbedeutende Triibung auf. ErwRiirmt man sie, so verlieren sie die Doppelbrechung sehr schnell.

Diese Tatsachen konnen nach ROOZEBOOM sehr schwer durch die Annahme erklart werden, daB ein doppelbrechendes Eisenchlorid- hydrat zuerst zusammen mit dem NH,C1 kristallisiert, das beim Erwarmen schmilzt und bei Abkiihlung zwischen den Salmiak- partikelchen kristallisiert. Die optischen Anomalien in dem Fall stehen nach ROOZEBOOM in Zusammenhang mit den inneren Spannungen der Kristalle.

Ich habe die SystemeBaSO,~K,SO,~H,O, BaSO, - (NH.,),SO,.H,O, BaSO, Na,SO, H,O optisch untersucht. Ea hat sich gezeigt, daB d iese Sys teme s i ch o p t i s c h ganz a n a l o g d e m Sys tem NH,CI. FeCI, . ?H,O H,O verhalten. So fallen auch diese Syateme als Mischungen von isotropen und anisotropen Prismen aus. Beim Er- wiirmen gehen die anisotropen Prismen ohne Veranderung ihrer auBeren Formen aber bei schwacher Triibung in isotrope iiber. In dem Falle finden sicher Veranderungen statt, die eine homogene unregelmiiBige Verteilung der Partikelchen der Kristallgebiude ver- ursachen, welche Veranderungen eine scheinbare Isotropie der Prismen bestimmen.

Das in den Kristallen eingeschlossene Wasser spielt dabei zweifellos eine Rolle, vielleicht auch die Gr8Be der Kristlillchen, aus welchen die Prismen gebaut sind.

Aus allem bis jetzt Aufgestellten folgt, daB d i e N a t u r dea Sys tems E i s e n c h 1 o r i d-Ammoniumchlorid ganz ana log d e r N a t u r d e s Sys t ems BaSO, mi t f r emden S u l f a t e n ist. D i e wei te re E r k l a r u n g d e r N a t u r d i e s e r Sys teme sol1 a l so z u s a mm e n e r f o l g en.

Sofia, Iwstitut fGy anoryankhe Chemie der Uwiuersitffit. Bei der Redaktion eingegengen am 25. Oktober 1927.