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Uber niedere Molybdanhydroxyde Von OSKAR GLEMSER, GERTRUD LUTZ und GERHARD MEYER~) 'Mit 1 Abbildung Professor Rudolj Scholder xicm 60. Geburtstage gewidmet Inhaltsiibersicht Bei der Einwirkung yon Zink und Salzsaure auf MOO, erhalt man als Endprodukt der Reaktion olivgriines, kristallines MO~O~(OH),~, das im Vakuum 1 H, abspaltet und dabei nach Mo605(0H)10 --f Mo507(oH)8 + HZ in bordeauxrotes, kristallines Mo5O7(OH), ubergeht. Beim Kochen mit Kalilauge wandelt sich die olivgrune Verbindung unter Abspaltung von 2 H, in braunes, kristallines Mo,O,(OH), urn. Die neuen Hydroxyde ordnen sich zwanglos in das Schema der geno- typischen Hydroxyde ein, die sich vorn MOO, ableiten. Das chemische Verhalten von Mo505(OH), laat eine andersartige Bindung yon 2 H-Atomen vermuten ; eine entsprechende Hydridformel H,Mo50,(OH), ist aber noch nicht gesichert. Das olivgriine Hydroxyd wirkt als Hydrierungskatalysator. Durch Anlagerung von Wasserstoff an Metalloxyde erhielten wir bei einigen ifbergangsmetallen neue niedere Hydroxyde. Wir nannten diese Verbindungen genotypische Hydroxyde, um den Zusamrnenhang zwischen Ausgangsrnaterial und Reaktionsprodukt zu kennzeichnen, der bei den genotypischen Wolframhydroxyden W40,(OH),, W6016(OH), und W20058( OH), hinsichtlich der Struktur bewiesen werden konnte 2). Vom Molybdantrioxyd leiten sich die genotypischen Hydroxyde Mo,O,(OH),, Mo,O,(OH),~) und Mo,O,(OH),~) ab. Dieser genotypischen Reihe , ) schlieBen sich nun zwei weitere Hydroxyde Mo,O,(OH), und Mo,O,(OH), an, deren Darstellung und Eigenschaften in der vorliegenden Arbeit beschrieben werden. Diplomarbeit Gottingen 1954. ') 0. GLEMSER u. CH. NAUMANN, z. anorg. Chem. 266, 288 (1951). 3, 0. GLEMSER, u. G. LuTz, Z. anorg. allg. Chem. 264, 17 (1951). 4, 0. GLEMSER, U. HAUSCHILD u. G. LUTZ, Z. anorg. allg. Chem. 269, 93 (1952). 5, 0. GLEMSER, Nachr. Akad. Wiss. Gottingen, Math.-Physik. K1. IIa, 1966, 121.

Über niedere Molybdänhydroxyde

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Page 1: Über niedere Molybdänhydroxyde

Uber niedere Molybdanhydroxyde

Von OSKAR GLEMSER, GERTRUD LUTZ und GERHARD M E Y E R ~ )

'Mit 1 Abbildung

Professor Rudolj Scholder xicm 60. Geburtstage gewidmet

Inhaltsiibersicht Bei der Einwirkung yon Zink und Salzsaure auf MOO, erhalt man als Endprodukt

der Reaktion olivgriines, kristallines MO~O~(OH),~, das im Vakuum 1 H, abspaltet und dabei nach

Mo605(0H)10 --f Mo507(oH)8 + HZ

in bordeauxrotes, kristallines Mo5O7(OH), ubergeht. Beim Kochen mit Kalilauge wandelt sich die olivgrune Verbindung unter Abspaltung von 2 H, in braunes, kristallines Mo,O,(OH), urn. Die neuen Hydroxyde ordnen sich zwanglos in das Schema der geno- typischen Hydroxyde ein, die sich vorn MOO, ableiten.

Das chemische Verhalten von Mo505(OH), laat eine andersartige Bindung yon 2 H-Atomen vermuten ; eine entsprechende Hydridformel H,Mo50,(OH), ist aber noch nicht gesichert. Das olivgriine Hydroxyd wirkt als Hydrierungskatalysator.

Durch Anlagerung von Wasserstoff an Metalloxyde erhielten wir bei einigen ifbergangsmetallen neue niedere Hydroxyde. Wir nannten diese Verbindungen genotypische Hydroxyde, um den Zusamrnenhang zwischen Ausgangsrnaterial und Reaktionsprodukt zu kennzeichnen, der bei den genotypischen Wolframhydroxyden W40,(OH),, W6016(OH), und W20058( OH), hinsichtlich der Struktur bewiesen werden konnte 2).

Vom Molybdantrioxyd leiten sich die genotypischen Hydroxyde Mo,O,(OH),, Mo,O,(OH),~) und Mo,O,(OH),~) ab. Dieser genotypischen Reihe ,) schlieBen sich nun zwei weitere Hydroxyde Mo,O,(OH), und Mo,O,(OH), an, deren Darstellung und Eigenschaften in der vorliegenden Arbeit beschrieben werden.

Diplomarbeit Gottingen 1954. ') 0. GLEMSER u. CH. NAUMANN, z. anorg. Chem. 266, 288 (1951). 3, 0. GLEMSER, u. G. LuTz, Z. anorg. allg. Chem. 264, 17 (1951). 4, 0. GLEMSER, U. HAUSCHILD u. G. LUTZ, Z. anorg. allg. Chem. 269, 93 (1952). 5, 0. GLEMSER, Nachr. Akad. Wiss. Gottingen, Math.-Physik. K1. IIa, 1966, 121.

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Untersuchungsmethodik a) Ausfuhrung d e r Analysen: Die Reduktionsstufe MOO, wird durch poten-

tiometrische Titration unter LuftabschluB des in sauerstofffreiem Wasser suspendierten und mit wenig verdiinnter Schwefelsaure versetzten Praparats mit 0,l n K,Cr,O,-Losung ermittelt. Der Molybdangehalt der so oxydierten Losung wurde nach KLINGER, STENGEL und K O C H ~ ) bestimmt: Man gibt zu der Losung Salzsaure bis zur vollstandigen Losung des ausgefallenen MOO,. Das Ganze bringt man in einen 500 ml MeBkolben. 50 ml werden rnit Zink und Salzsaure zu Mo3+ reduziert und dann noch einige ml einer Chrom(I1)- chloridlosung zugefugt. Man titriert mit empirisch auf Molybdanlosung eingestellter 0 , l n K,Cr,O,-Losung. Der erste Sprung entspricht dem Ubergang Cr2+ -+ Cr3+, der zweite dem Ubergang Mo3+ + Mo5+.

b) I s o b a r e r Abbau: Der isobare Abbau wurde in der iiblichen Weise bei pHtO =

c) R o n t g e n a u f n a h m e n : Fur die Rontgenaufnahmen diente Kobalt-Ka-Strah- lung, als Kamera wurde eine SEEMANN-Kamei-a mit r = 28,7 mm benutzt. In den Ta- bellen 1 und 2 sind die d-Werte der Rontgeninterferenzen verzeichnet. Die Intensitaten sind mit den Zahlen 1 bis 10 geschatzt. 10 bedeutet die starkste, 1 die schwachste Inten- sitat.

10 Torr durchgefuhrt.

Olivgriines Mo,O,(OH),, Man gewinnt das olivgrune Hydroxyd durch Einwirkung von Zink-

granalien auf Molybdantrioxyd in konzentriert salzsaurer Losung. Beispiel : 1 g Moo, wird in einem ERLENMEYER-Kolben mit Contat-GOCKEL-

aufsatz (Wasser) mit 100 ml konzentrierter Salzsaure versetzt und dann etwa 50 g Zink- granalien (Merck p. a.) zugegeben. Zunachst tritt Blaufarbung der festen Phase unter Bildung von Mo,O,,(OH), und Mo,O,(OH), ein, anschlieBend entsteht das bordeauxrote Mo,O,(OH),. Nach etwa 1 Stunde fuhrt die Reaktion zum olivgrunen Produkt. Da diese unter starker Warmeentwicklung ablauft, wird der Kolben mit Eis gekuhlt.

Die olivgrune Verbindung ist aunerordentlich luftempfindlich. Das Auswaschen, Trocknen und Isolieren mu6 daher unter sorgfaltigem Ausschlulj von Luft erfolgen. GLEMSER und NAUMANN,) haben fur der- artige Zwecke eine Apparatur beschrieben, die bei den hier erwahnten Umsetzungen verwendet wurde.

Die Darstellung des Praparats, das Auswaschen mit sauerstoff- freiem Wasser, das Trocknen mit sauerstofffreiem, uber P,O, geleiteten Stickstoff und das Abfullen in Analysenkirschen, AbbaugefaOe und Markrohrchen kann bei einiger Obung in 24 Stunden erledigt werden.

Analyse : Bei der potentiometrischen Titration des olivgrunen Hydroxyds mit 0 , l n K,Cr,O,-Losung erhalt man zuerst das bordeaux- rote Mo,O,(OH),, anschliegend erfolgt weitere Oxydation. In einem Arbeitsgang wird so der Reduktionsgrad beider Verbindungen ermittelt.

6) P. KLINQER, E. STENGEL u. W. KOCH, Arch. Eisenhuttenw. 8, 433 (1935).

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0. GLEMSER! G . LUTZ u. G. MEYER, nber niedere Molybdanhydroxyde 175

Beispiel: a) Molybdangehalt. Verbrauch an 0,l n K,Cr,O,-Losung: 30,O ml von Mo,O,(OH), bis MOO,; 38,s ml von Mo,O,(OH), bis MOO,. 1 ml K,Cr,O,-Losung ent- sprach 0,0794 mg 0. Gehalt der Losung: 0,1830 g Mo, entspricht 0,2746 g MOO,.

b) R e d u k t i o n s g r a d Mo,O,(OH),: O-Gehalt in MOO, 0,0916 g; in MOO, 0,061 g. Gefunden MoOa,,, ; berechnet MOO,,,,. (Weitere Analysen MOO,,,, ; MOO,,,, ; Moo,,,.)

c) R e d u k t i o n s g r a d Mo,O,(OH),: O-Gehalt in MOO, 0,0516 g; in MOO, 0,0678g. Gefunden MOO,,,, : berechnet MOO,,,, (Weitere Analysen MOO,,,,; Mo02,,,; MOO,,,,.)

Die O-Gehalte von MOO, und MOO, sind aus den Titrationswerten von a) errechnet.

Thermisehe Zersetzung von Mo505( OH),o Bei der Bestimmung des Wassergehaltes der olivgrunen Verbindung

durch thermische Zersetzung im Vakuum wurde neben Wasser auch Wasserstoff abgegeben, der qualitativ mit Palladiumchloridlosung nach- gewiesen wurde. Die Verbindung wurde isobar bei pH,O = 10Torr abgebaut .

Das AbbaugefaiB,) mit dem Praparat wurde an einen Teil der Hoch- vakuumapparatur angeschlossen, dessen Volumen bekannt und der mit einem Quecksilbermanometer und einem Kolbchen mit Magnesium- perchlorat fur die Wasserabsorption versehen war. Bei etwa 90" beginnt sich Wasserstoff zu entwickeln, wobei das Produkt in gleichem Mafie bordeauxrot wird, also in Mo,O,(OH), ubergeht, das bei 180-190" C Wasser diskontinuierlich abgibt. Bei 550" C ist die Entwssserung be- endet.

Beispiel : Analyse Praparat 412. Einwaage 0,6568 g. 0,0820 g H,O; 0,0018 g Ha. 11,77y0 H,O; 0,26Y0 H. Beim isobaren Abbau liegt der Sprung fur dasabgegebene Wasser, berechnet auf MOO,,,, bei 0,78 Molen H,O (-0,8 H,O). Es wird also die Verbindung MOO,,, . 0,s H,O oder Mo,O,(OH), abgebaut4).

Die Analgsenwerte der olivgrunen Verbindung ergaben die Re- duktionsstufe MOO, ,,,. Bei der thermischen Zersetzung wandelt sie sich unter Abgabe von 1 H, in das rote Mo,O,(OH), um, dessen Formu- lierung weiter oben auf Grund der Analysendaten abgeleitet wurde und das wir vor einiger Zeit schon beschrieben haben4). Fur die genannte Umwandlung errechnet man 0,28% H, in guter Ubereinstimmung rnit dem experimentell gefundenen Wert. Bestat'igt wird dieses Ergebnis durch die potentiometrische Titration, die fur das griine Hydroxyd Moo2,,,,, fur das rote MOO,,,, als Reduktionsstufe ergab. Da Mo,O,(OH), theoretisch 9,87% H20 enthalt, ist der gefundene Wert von 11,77% etwas zu hoch. Dies ist sicher auf nicht vollstandig getrocknetes Aus-

,) Der Abbau wurde wie bei 0. GLEMSER u. CH. NAUMANN, 1. c., vorgenommen. Zersetzt man die Verbindung mit Inertgas bei Normaldruck, dann uberlagert sich, wegen der dann hoheren Zersetzungstemperatur, der Obergang des grunen in das rote Hydroxyd rnit der Entwasserung des roten Hydrioxyds.

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4,07 3,69 3,36 2,94 2,73 2,50 2,41 2,26 2,03 1,95 1,80 1,76 1,72 1,68 1,62 1,58 1,54

gangsmaterial zuruckzufuhren. Die Formel des grunen Hydroxyds unterscheidet sich von der des roten nur durch H,. Es resultiert daraus die Formel H,Mo,O,(OH), oder Mo,O,(OH),.

Der thermische Abbau erfolgt also nach

18 19 20 2 1 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32

. 33 34

Mit Zink und Salzsaure laljt sich aus Mo,O,(OH), wieder Mo,O,(OH), zuruckgewinnen.

Chemische Eigenschaften von Mo,O,( OH),, Die Verbindung ist nicht sehr stabil. Nach einigen Wochen hat

sich die in einer Analysenkirsche befindliche Substanz verfarbt ; beim Offnen macht sich ein Gasdruck bemerkbar. Unter Salzsaure und Luft- abschlulj dagegen ist das Praparat haltbar. Ein frisches Produkt oxy- diert sich an der Luft schlagartig unter Blaufarbung und starker Warme- entwicklung. Sauerstoffhaltiges Wasser oxydiert es zu bordeaux- rotem Mo,O,(OH),, spater zu den blauen Hydroxyden Mo,O,(OH), und Mo,O,(OH),, schlieljlich zu MOO,. Aus einer Silbernitratlosung wird sofort Silber abgeschieden. Kalilauge wandelt in ein braunes Produkt um, das dabei entstandene Gas wird mit Palladiumchlorid- losung als H, identifiziert.

Tabclle 1 R o n t g e n a u f n a h me v on Mo505(OH),,

Nr .

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17

Intens.

2 10 4 1 7 4 2 8 8

1 6 6 3 3 5 5

3

__ 2 6"

25,3 28,O 30,8 35,3 38,2 41,8 43,6 46,5 52,2 54,6

61,O 62,5 64,l 66,8 69,O 71,O

59,5

Intens.

6 4 6 2 7 3 1 1 7 1 4 1 2 2 1 1 1

~

2 6"

74,5 76,O 79,O 80,l 82,O 83,5 85,O 87,8 89,O 91,l 94,O 96,O

100,5 107,O 110,8 112,5 114,5

1,47 1,45 1,40 1,388 1,362 1,342 1,323 1,297 1,276 1,251

1,203 1,162 1,112 1,086 1,075 1,063

1,222

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0. GLEMSER, G. LUTZ u. G. MEYER, uber niedere Molybdanhydroxyde 177

Das Praparat wurde zwei- $

Zersetzung von Mo,O,( OH),, mit heiBer Kalilauge Mit Kali- oder Natronlauge zersetzt sich Mo505(OH),, besonders

schnell beim Erhitzen, unter Abgabe von Wasserstoff und Umwand- lung in ein braunes Produkt.

Der entstandene Wasserstoff wurde nach zwei verschiedenen Methoden bestimmt: a) durch Verbrennen uber CuO zu H,O und Ab- sorption mit MgClO,,) ; b) durch Abtreiben mit CO, und Auffangen im Azotometer uber Kalilauge nach SCHWARZ und THIEL 9).

Methode a): Einwaage 0,70133 g. H,O 0,03620 g. Gefunden: 0,578% H; berechnet fur 2 H, 0,553y0 H.

Methode b): Einwaage 0,4779; 0,6231,g. 29,4; 39,4 ml H, (korr.). Gefunden 0,552; 0,561% H; berechnet fur 2 H, 0,553Y0 H.

Die mit beiden Methoden erhaltenen Ergebnisse sind in befrie- digender Ubereinstimmung mit dem theoretischen Wert. Gleichzeitig ist damit auch der Reduktionsgrad des braunen Reaktionsprodukts mitbestimmt.

R e d u k t i o n s g r a d d e s b r a u n e n P r o d u k t s : Methode a) MOO^,^,; Methode b) MOO,,,; MOO,,,. Direkt bestimmt MOO,,,,; MOO,,,,. Mittel- wert MOO,,. Die braune Verbindung entspricht der Formel MOO,,@. xH,O.

Q32

8, Diesen Versuch verdanken wir Frl. Dip1.-Chem. 0. BIMMERMANN. 9, R. SCHWARZ u. R:THIEL, Z. anorg. allg. Chem. 235, 247 (1935).

Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 285. 1 2

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178 Zeihchrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 285. 1956

als Hydroxyd formuliert, Mo,O,(OH), abgebaut. Der Ruckstand vom isobaren Abbau war ein Gemisch von MOO, und MOO,.

Formel des abgebauten Hydroxyds: MOO,,,, . 0,77 H,O; MOO^,^ I 0,78 H,O.

Chemische Eigenschaften von Mo,O,( OH), LaBt man Mo,O,(OH), an der Luft liegen, dann wird es allmahlich

blau, rontgenographisch ist nach 1 bis 2 Tagen Mo,O,(OH), nachzu- weisen. Mit Zink und konzentrierter Salzsaure bildet sich zuerst das bordeauxrote Mo,O,(OH), und dann das olivgrune Mo,O,(OH), zuruck. Mit konzentrierter Salpetersaure wird die Verbindung zuerst blau und dann farblos: es ist MOO, entstanden. Aus einer Silbernitratlosung scheidet sich bei Zugabe des braunen Hydroxyds sofort schwarzes Silber aus .

Konzentrierte wie verdunnte Salzsaure wirken auf die Verbindung wie auf alle Hydroxyde der genotypischen Reihe, die sich vom MOO, ableiten, nicht ein. In heif3er konzentrierter Schwefelsaure lost sie sich mit tiefdunkelgriiner Farbe auf. Beim Verdunnen der Losung mit Wasser schlagt die Farbe nach gelbbraun urn, was nach HOLTJE und G E Y E R ~ ~ ) durch M o ~ + in der Losung bewirkt wird.

Tabelle 2 DEBYE-SCHERRER-Aufnahme von Mo,O,(OH),

Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15

Intens.

9 2

10 1 4 1 1 5 2 2 2 3 2 9 1

2 8 "

14,O 25,5 28,l 31,O 33,O 37,2 39,8 41,O 44,2 47,8 50,5 54,O 55,O 56,5 57,O

2 8"

60,O 62,5 63,5 65,5 67,O 72,O 80,5 82,8 85,O 88,O 90,o 96,8

103,O 108,5 112,5

1,787 1,723 1,697 1,652 1,620 1,521 1,383 1,351 1,323 1,287 1,264 1,195 1,142 1,101 1,075

10) R. HOLTJE u. R. GEYER, Z. anorg. allg. Cbem. 246, 243 (1941).

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0. GLEMSEX, G. LVTZ u. G. MEYER, gber niedere Molybdhhydroxyde 179

Diskussion der Ergebnisse Die beiden neuen Hydroxyde Mo,O,(OH), und Mo,O,(OH), sind

mit den schon bekannten genotypischen Hydroxyden, die sich vom MOO, ableiten, in Tab. 3 aufgenommen worden.

Durch Anlagerung von Wasserstoff an MOO,, die z. B. mit Zink und Salzsaure bewerkstelligt wird, erhiilt man als Endprodukt der Reaktion olivgrunes, sehr luftempfindliches Mo,O,(OH),. Aus ver- schiedenen Grunden haben wir die Formeleinheit Mo,O,(OH), statt der einfacheren MoO(OH), gewahlt. Der Zusammenhang dieses Hydroxyds mit den anderen Hydroxyden, wie er in Tab. 3 dargelegt ist, maoht die Formeleinheit MOO( OH), nicht wahrscheinlich. Wir vermuten viel- mehr, daIS hier ein besonderer Typ eines Hydroxyds vorliegt; denn bei der thermischen Zersetzung im Vakuum wird Wasserstoff abgespalten

Tabelle 3 Vo m MOO, a bs t a m men de , ge n o t y pis c he Hydro x y de

1 Reduktionsgrad

bordeauxrot Roche rnit Eall- huge. bspaltung

von a BE Oxydatlon mit Oz, oder Abspal- tuns \ o n HZ im Vakuum I

--I

4 T Mo,O5(OH),o -.

olivgriin

und man erhiilt das bordeauxrote Mo,O,(OH),, das in der genotypischen Reihe direkt uber ihm steht. Die Entbindung von Wasserstoff aus Hy- droxyden ist schon ofters diskutiert worden. Z. B. kann Fe(OK), nach

2 Fe(OH), + Fe,03 + H, + H,O 3 Fe(OH), -+ Fe,04 + H, + 2 H,O

oder

12*

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180 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 285. 1956

reagieren11). Der Mechanismus der Wasserstoffabspaltung ist aber in diesem Falle ein anderer wie bei Mo,O,(OH),, da Fe(OH), gleichzeitig H, und H,O abgibt, somit H, wahrscheinlich sekundar aus primar ent- standenem H,O gebildet worden ist. Hingegen geht Mo,O,(OH), unter ausschliefilicher Abgabe von H, in Mo,O,(OH), uber, wahrend dieses durch Anlagerung von 2 H wieder in das Ausgangsmaterial zuruck- verwandelt wird. Wir haben schon fruher bei Mo,O,(OH), eine besondere Bindung von zwei H-Atomen angenommen und dieses Hydroxyd als H,Mo,O,(OH), formuliert 12). Es ist uns bis jetzt noch nicht gelungen, diese Bindung des Wasserstoffs nachzuweisen. Austauschversuche mit D,O und D2l3) deuten ebenfalls auf eine andersartige Bindung der zwei Wasserstoffatome hin. Hieriiber wird spater berichtet werden.

Weiterhin wirkt Mo,O,(OH), als Hydrierungskatalysator. Schlammt man z. B. die Verbindung in Salzsaure auf (pH 2-3) und leitet ein Ge- misch von NO + H, rnit einer Stromungsgeschwindigkeit von etwa 8 l/Stunde durch die Suspension, dann wird NO zu NH, mit einer Aus- beute von 1 % katalytisch hydriert. Andere Reaktionen werden zur Zeit untersucht,

Das aus Mo,O,(OH), durch Kochen mit Kalilauge gewonnene braune Mo,O,(OH), reiht sich ohne weiteres in die gegebene genoty- pische Reihe ein. Bei der Oxydation entsteht das nachst hohere Hy- droxyd Mo,O,(OH), rnit dem Reduktionsgrad MOO,,^, das dann uber Mo,Olo(OH) , in das Ausgangsmaterial MOO, uberfuhrt werden kann. Beim Behandeln rnit Zink und Salzsaure bildet sich das grune Mo,O,(OH),, zuruck.

Die Pulverdiagramme der neuen Hydroxyde lassen sich nicht aus- werten, da offensichtlich bei beiden eine niedere Symmetrie der Ele- mentarzelle vorliegt.

Unsere Versuche zeigen weiter, da13 mit den hier mitgeteilten und den friiheren Ergebnissen I), das Kapitel der niederen Molybdanhydroxyde noch nicht abgeschlossen ist. Wir werden zu gegebener Zeit daruber berichten.

Der Deutscheu Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie danken wir verbindlichst fur die gewihrte Unterstutzung.

11) R. FRICKE u. S. RIHL. Z. anorg. allg. Chem. 251, 414 (1943). 12) 0. GLEMSER u. G. LUTZ, Naturwiss. 37, 539 (1950). 13) 0. GLEMSER, U. HAUSCHILD u. TH. WEBER, nicht veroffentlicht.

Gottingen, AnorganiscF,-c~emisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 8. Februar 1956.