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In memoriam Karl Linsbauer UBER PROTOPLASMA-TROPFEN AUS CHARA-ZELLEN u KARL UMRATH (Aus dem Zoologischen Institut der Universit~t Graz) Eingegangen am 15. Mai 1935 Mit 9 Textfiguren Obzwar Protoplasmatropfen aus Chara-Zellen in letzter Zeit yon Jost (6), Strugger (8) und besonders ausffihrlieh yon Linsbauer (7) untersueht worden sind, babe ich mieh mit dem Gegenstand doch noehmMs befagt. Mich interessierte vor allem die Membranbildung, yon der aus den bisherigen Untersuchungen nur bekannt war, dab sic durch Kalzium gefSrdert wird, w/thrend meine Unter- suchungen fiber die Bi]dung selektiv kationenpermeabler Membranen an in Nitella-Internodialzellen eingestochenen Elektrodensloitzen (9) eine F5rderung der Membranbi]dung sowohl dureh Kalzium als auch durch Anionen, die mit Kalzium einen Niederschlag bilden, ergeben haben. Ffir die selektive Kationen- permeabilit~t der Membran seheint daher die Bildung eines Niederschlags we- sentlieh zu sein. Um zu sehen, ob die Abgrenzung von Protoplasmatropfen auf /thnliche oder auf andere Art erfolgt, habe ich das Protoplasma auch in Oxalat- 16sungen ausflieBen lassen. Methodik Zu den Ausflul3versuchen habe ich eine Kfivette am horizontal umgelegfen Mikroskop verwendet. Auf eine grSl3ere Glasplatte waren Glasstreifen und auf diese ein Deckglas ge- kittet, so dab eine enge Kiivette entstand, aus der auch beim Drehen um 180~keine Fliissigkeit ausfloB. Die mit einer Schere aufgeschnittenen Chara-Internodien wurden mit Vaselin so an der Glaspla~te befestigt, dab sie in die Ktivette hingen und zuin gr6gten Tell in die darin befindliche L6sung tauehten. In den Versuchen, in denen die Protoplasmatropfen mit der Mikronadel untersucht wurden oder in denen Chloroformtropfen in ihre N/~he gebracht wurden, verwandte ich einen Zeiss-Mikromanipulator nach Janse und P6terfi und einen Objekt~rgger nach Lass6 mi~ aufgeschmolzenem, 2 mm tiefem und 1,2 • 2,2 cm weitem t~ahmen. Der Mittelteil dieser Kammer war mit einem Deckglas bedeckt und nach Einffillen der betreffenden L6sung wurden ein aufgeschnittenes Chara-Internodium yon der einen und die Mikroinstrumente yon der anderen Seite her eingefiihrt. Zur Beleuchtung habe ich immer eine Mikroskopierlampe mit 100-Watt-Projektionsbirne und den Zeissschen Pr~parierwechsel- kondensor, numerische Apertur 0,4--0,5, Schnittweite l0 ram, verwende~ und meist im Dunkel- feld beob~chtet. Die photographischen Aufnahmen habe ich mit Zeiss-Phoku hergesteltt, bei den AusfluBversuchen, Fig. 1 und 2, Ms Momentaufnahmen mit schwacher Vergr6gerung (achromatisches Objektiv 8 • num. Ap. 0,20, ohne Negativlinse), sonst als Zeitaufnahmen mit etwas st/~rkerer Vergr58erung (apochromatisches Objektiv 10 • num. Ap. 0,30 und Negativlinse L).

Über Protoplasma-Tropfen aus Chara-Zellen

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In memoriam K a r l L i n s b a u e r

UBER PROTOPLASMA-TROPFEN AUS CHARA-ZELLEN u KARL UMRATH

(Aus dem Zoologischen Institut der Universit~t Graz)

Eingegangen am 15. Mai 1935

Mit 9 Textfiguren

Obzwar Protoplasmatropfen aus Chara-Zellen in letzter Zeit yon J o s t (6), S t r u g g e r (8) und besonders ausffihrlieh yon L i n s b a u e r (7) un te r sueh t worden

sind, babe ich mieh mit dem Gegenstand doch noehmMs befagt. Mich interessierte vor allem die Membranbi ldung, yon der aus den bisherigen Unte r suchungen nur bekann t war, dab sic durch Kalz ium gefSrdert wird, w/thrend meine Unter - suchungen fiber die Bi]dung selektiv ka t ionenpermeabler Membranen an in Nitella-Internodialzellen eingestochenen Elektrodensloitzen (9) eine F5rderung der Membranbi ]dung sowohl dureh Kalz ium als auch durch Anionen, die mi t Ka lz ium einen Niederschlag bilden, ergeben haben. Ffir die selektive Kat ionen- permeabi l i t~t der Membran seheint daher die Bi ldung eines Niederschlags we- sentlieh zu sein. U m zu sehen, ob die Abgrenzung von Protoplasmatropfen auf /thnliche oder auf andere Ar t erfolgt, habe ich das Pro toplasma auch in Oxalat-

16sungen ausflieBen lassen.

Methodik

Zu den Ausflul3versuchen habe ich eine Kfivette am horizontal umgelegfen Mikroskop verwendet. Auf eine grSl3ere Glasplatte waren Glasstreifen und auf diese ein Deckglas ge- kittet, so dab eine enge Kiivette entstand, aus der auch beim Drehen um 180 ~ keine Fliissigkeit ausfloB. Die mit einer Schere aufgeschnittenen Chara-Internodien wurden mit Vaselin so an der Glaspla~te befestigt, dab sie in die Ktivette hingen und zuin gr6gten Tell in die darin befindliche L6sung tauehten. In den Versuchen, in denen die Protoplasmatropfen mit der Mikronadel untersucht wurden oder in denen Chloroformtropfen in ihre N/~he gebracht wurden, verwandte ich einen Zeiss-Mikromanipulator nach Janse und P6ter f i und einen Objekt~rgger nach Lass6 mi~ aufgeschmolzenem, 2 mm tiefem und 1,2 • 2,2 cm weitem t~ahmen. Der Mittelteil dieser Kammer war mit einem Deckglas bedeckt und nach Einffillen der betreffenden L6sung wurden ein aufgeschnittenes Chara-Internodium yon der einen und die Mikroinstrumente yon der anderen Seite her eingefiihrt. Zur Beleuchtung habe ich immer eine Mikroskopierlampe mit 100-Watt-Projektionsbirne und den Zeissschen Pr~parierwechsel- kondensor, numerische Apertur 0,4--0,5, Schnittweite l0 ram, verwende~ und meist im Dunkel- feld beob~chtet. Die photographischen Aufnahmen habe ich mit Zeiss-Phoku hergesteltt, bei den AusfluBversuchen, Fig. 1 und 2, Ms Momentaufnahmen mit schwacher Vergr6gerung (achromatisches Objektiv 8 • num. Ap. 0,20, ohne Negativlinse), sonst als Zeitaufnahmen mit etwas st/~rkerer Vergr58erung (apochromatisches Objektiv 10 • num. Ap. 0,30 und Negativlinse L).

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Uber Protopl~sm~-Tropfen ~us Ch~ra-Zellen 93

AusfluBversuehe

Das AusflieBen in 0,067 molarer Ca(5703)2-LSsung erfolgte genau so, wie es L i n s b a u e r (7), meist ffir 0,1 molare LSsung, beschrieben und abgebildet hat. Es t ra t also aus dem in die Kiivet te eingebrachten, aufgeschnittenen Internodium zun/~chst Zellsaft und naeh einiger Zeit Protoplasma aus. Dieses flof3 aus dem Internodium hinunter, wobei es Perlschnur- und sp~ter kugelige Tropfenform annahm.

Das AusflieBen in 0,1 molarer KS~O3-LSsung babe ieh in zahlreichen Ver- suchen immer in ganz derselben Weise beobachtet wie in 0,067 molarer Ca(NO3)2- LSsung. Von einigen photo- graphischen Aufnahmen, die ganz /~hnliche Bilder zeigen wie die L i n s b a u e r s bei Ca(NO3) ~- LSsung, ~st eine in Fig. 1 wieder- gegeben. Fig. 2 zeigt Proto- plasmakugeln, die 10 bis 20 Mi- nuten nach ihrer Entstehung beim Umdrehen der Kfivette um 180 o nochmals dureh die LSsung sinken. Dieses Verhalten fiel mir auf, well L i n s b a u e r bei seinen Kfivettenversuehen in 0,1 mo- ]arem KNO a keine Plasmakugeln, sondern nur ein zun/~chst rasches Ausfliel~en des Protoplasmas in einem sieh allms verschm~- ]ernden, nach oben aufsteigenden Strom beobaehtet hat. L i n s - Fig. 1. Kiivetten- Fig. 2. Kiivettenversueh. b au er war zun/~chst geneigt, das versueh. Protoplas- Protoplasmakugeln nach Abbiegen des Protoplasmastroms ma aus einem Inter- dem Drehen der Kfivette in KNO 3 zur Seite und nach oben nodium in 0,1 molare um 1800 noehmals dutch auf W/irmestrSmungen in der KNOs-LOsung aus- 0,1 molare KNOs-LOsung Kfivet te zurfickzufiihren, ]ehnte fliel~end. Wie ein fallend. diese Erkl/s abet wegen der Vergleieh mit den

folgenden Figuren zeigt, leuchtet das friseh aus- Regelm/if~igkeit der Erscheinung fliel~ende Protoplasma im Dunkelfeld noch relativ ab (7, S. 571). Da ich, obzwar ich schwaeh; sein birnfSrmiges Ende, 5 mm fiber dem wahrschein]ich dieselbe Chara- oberen Ende des Mal3stabs und 10 mm unter der Spezies verwendet habe, niemals stark leuehtenden, kugeligen Auftreibung ist kaum ein solches AufwgrtsstrSmen des zu erkennen. Protoplasmas beobachtet babe, kann ich fiber den Grund des Unterschiedes nur eine Vermutung/s Irgend- welche, vielleicht jahreszeitlich bedingte Unterschiede im Pflanzenmaterial diirften es bedingt haben, dab in den Versuchen L i n s b a u e r s das Protoplasma in den KNO3-LSsungen besonders stark gequollen ist; daffir spricht schon die yon ibm in diesen LSsungen beobachtete grof~e Ausflul~geschwindigkeit; er hat

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ja (7, S. 576f.) gezeigt, dag das Ausflie6en des Protoplasmas auf dessen Wasser- aufnahme bei der Quellung beruht. Die starke Que]lung diirfte ein geringeres spezifisches Gewicht und damit das Aufsteigen des Protoplasmas bedingt haben; vielleicht hat sie aueh die Tropfenbildung verhindert. ?dbrigens hat L in s baue r am Objekttrs auch in KNO a die Bildung seheinbar absinkender Protoplasma- tropfen beobachtet (7, S. 572f.).

Das Ausflie6en in zu den besprochenen ungef~hr isosmotischen CaC12- und KC1-LSsungen erfolgte wie in den Nitratl6sungen.

In 1,6 proz. Kaliumoxalatl6sung (K2C20~) , die mit den bisher besprochenen LSsungen annghernd isosmotisch ist, babe ieh kein AusflieBen des Protoplasmas beobaehtet. Es dtirfte sich bier um eine analoge Erseheinung handeln, wie sie L i n s b a u e r in hypertonisehen Ca (NO3) 2- LSsungen und nach l~ngerem Aufenthalt auch in hypotonisehen beobachtet hat. Das Protoplasma scheint in diesen Versuehen einerseits keine geniigende Volumszunahme durch Quel]ung zu er- fahren, andererseits durch die koagulierende Wirkung der LSsung an der Schnitt- stelle verfestigt zu werden. In 0,16 proz. KeC~O4-L6sung habe ieh die Bildung yon Protoplasmakugeln beobachtet; nach dem Drehen der Kiivette um ]80 o sanken sie in der LSsung neuerlich ab; manehe vermischten sieh allerdings mit der L6sung; sie sind, worauf ieh nochmals zu sprechen kommen werde, gegen mechanische Inanspruehnahme noeh weniger widerstandsfs als Protoplasma- kugeln in KNO s. In einer Mischung yon 9 Teilen 0,l molarer KNO s- nnd 1 Teil isosmotischer K2C204-L6sung babe ich zun~chst ein sehwaches AusflieBen des Protoplasmas mit der Bildung kugeliger oder Ignglicher Tropfen, die ihre Form auffallend wenig ver~nderten, beobaehtet; spgter bildeten sich bei rascherem AusfluB schSne Protoplasmakugeln. Als ich die Kiivette um 180 ~ drehte, fielen die Protoplasmatropfen yon neuem dureh die LSsung, zuerst die groBen, spgt- gebildeten Kugeln, dann die kleinen zuerst gebildeten Tropfen. Von diesen hatten noch viele sehwanzfSrmige Anh~nge, Reste des Fadens der urspriinglieh perl- schnurartigen Protoplasmabildung oder l~este urspriinglieh birnfSrmiger Tropfen. Eine groBe hantelfSrmige Protoplasmamasse teilte sich erst bei diesem zweiten Absinken dureh die LSsung. Jedenfalls zeigen diese Versuehe, dab aueh bei weitgehender Ka]ziumfreiheit, die ]a dureh das Oxalat bedingt ist, das Proto- plasma in wgBriger LSsung Tropfen bilden kann.

Untersuchung der Protoplasmatropfen mit der Mikronadel

Fiihrt man die Mikronadel in einen in 0,067 molarer Ca(NO3)~-LSsung entstandenen Protoplasmatropfen ein, so beobaehtet man eine Eindellung des Tropfens dureh die Nadel, die sehon L i n s b a u e r (7, S. 567) gesehen hat, nnd die Tendenz des Tropfens yon der Glasnadel wegzugleiten. Glas scheint danaeh yon diesem Protoplasma weniger gut benetzbar als yon Wasser. Bringt man die in den Protoplasmatropfen eingefiihrte Glasnadel durch Beklopfen mit dem Finger zum Vibrieren, so bekommt die Hiil]e des Tropfens l~isse, aus denen das Protoplasma herausgewirbelt wird. Wie aueh aus Fig. 5 und 6 zu ersehen, bleibt, ganz in ~bereinstimmnng mit der Auffassung L i n s b a u e r s , eine feste, im Dunkelfeld stark aufleuchtende ttiille zurtick.

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~ber Protoplasma-Tropfen aus Chara-Zellen 95

Ffihrt man die Nadel in einen in 0,1 molarer KNO3-LSsung entstandenen Protoplasmatropfen ein, so erkennt man dieselbe Eindellung des Tropfens, die auch schon yon L i n s b a u e r (7, S. 573) gesehen worden ist, und ebenso eine Tendenz des Tropfens die Nadel zu verlassen. Bringt man die Nadel zum Vi- brieren, so ist das Bild jetzt ein ganz anderes: der Tropfen vermiseht sich mit der LSsung und unter den nun im Dunkelfeld aufleuchtenden Granula befindcn sich einige grSgere, miteinander mehr oder weniger zusammenh~ngende, die ehedem an der Tropfenoberfls waren; Fig. 3 und 4. Der Versuch zeigt, was iibrigens wohl schon bekannt ist, dab das Protoplasma mit derse]ben L5sung, in der es unter statischen Verh~ltnis- sen Tropfen bildet, bei Wir- belbildung mischbar ist.

Protoplasmatropfen, die in den im vorigen Abschnitt genannten, K~C~O 4 enthal- tenden L6sungen en~standen waren, waren gegen Er- schtttterungen mit der Mi- Fig.3. EingrSl~ererProto- Fig. 4. Der in Fig. 3 ge- kronadel auffallend empfind- plasmatropfen in 0,1 too- zeigte groge Protoplasma- lich und ihr Protoplasma larer KNOs-L6sung yon tropfen dutch Vibration schien besonders leicht zu der Mikronadel beriihrt, mit der Mikronadel zer- koagulieren. Nach Zerst6ren aul3erdem einige kleinere st6rt; einige der kMnen der Tropfen blieb, im Gegen- im Gesiehtsfeld. Tropfen erhalten.

satz zu den Versuchen in Ca (NOa) 2 - LSsung, keine sichtbare, feste Hiille zu- riick. Demnach scheint die Bildung einer sichtbaren, derben ttfille in Kalzium- 15sungen nichts mit der Ent- stehung einer selektiv kati- onenpermeablen Membran zu tun zu haben, wofiir auch im n~chsten Abschnitt an- gefiihrte Versuche sprechen.

Die Einwirkung yon Chloro- formtropfenaufProtoplasma-

tropfen Wenn ich mit Mikro-

pipette und Mikronadel kleine Chloroformtropfen in die N~he yon Protoplasma- tropfen in 0,1 molarer KNO a- LSsung brachte, beobachtete

Fig. 5. Ein gr6gerer Pro- toplasmatropfen in 0,067 molarer Ca(NQ)~-L6sung mit eingeftihrter Mikro- nadel, augerdem einige viel kleinere im Gesichts-

feld.

belte Protoplasma.

Fig. 6. Der in Fig. 5 ge- zeigte gro6e Protoplasma- tropfen durch Vibration mit der Nikronadel zer- st6rt; man erkennt rechts unterhalb dem Ende der Nadel die Tropfenhtille, herum das herausgewir-

Die kMnen Tropfen sind grogen- teils erhalten.

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96 Umrath

ich zun/tehst, dab sieh birn- oder hantelfSrmige Protoplasmatropfen kugelig abrunden und clal~ durch Plasmaf~tden verbundene Tropfen zu grSl]eren Kugeln zusammenfliel~en. Hierbei konnte ich keine Verst/trkung der Brownschen Molekularbewegung beobachten; deshalb halte ich eine ErhShung der Grenz- fl/tehenspannung zwischen Pro~oplasma und w/tl3riger LSsung dureh das vom Chloroformtropfen aus in LSsung gegangene Chloroform ffir wahrscheinlich. Naeh einiger Zei~ platzten die Protoplasmatropfen und ihr Inhalt vermischte sieh mit der LSsung. Bei /tlteren Tropfen eventue]l iibrigbleibende feste Teile der Oberfl/tchensehieht, wahrscheinlich aus koaguliertem Protoplasma bestehend, adherierten am Chloroformtropfen, wenn sie mit ihm in Beriihrung gebracht wurden.

In 0,067 molarer Ca(NOs)2-LSsung kugelten sieh frisehe birn- oder hantel- fSrmige Protoplasmatropfen, wenn ein Chloroformtropfen in ihre N/the gebracht wurde, ebenso ab wie in KNO~-LSsung und dureh Plasmaf/tden zusammen- h/tngende Tropfen flossen zusammen. Aber auch/tltere Tropfen mit schon gut ausgebildeten ttiillen nahmen meist Kugelform an, wenn ein Chloroformtropfen in ihre N/the gebraeht wurde. Die groi3en Tropfen hatten meist einen elliptischen Umril~, und je grSl3er der Tropfen, desto grSfter war im allgemeinen der Untersehied zwischen grol~er und kleiner Achse der Ellipse. Brachte ieh einen Chloroform- tropfen in die N/the eines solehen Protoplasmatropfens, so nahm dieser meist in einiger Zeit vollkommen kreisfSrmigen Umril] an, wobei der Kreisdurchmesser kleiner war a]s die kleine Aehse der friiheren Ellipse. Offenbar waren die Tropfen ursprfinglich durch die Sehwerkraft abgeflaeht und wurden h5her, wenn sie Kugelform annahmen. An kleinen Protoplasmatropfen, die yon vornherein kreisfSrmigen Umril~ batten, war, wenn ein Chloroformtropfen in ihre H/the gebraeht wurde, keine Veranderung des Kreisdurehmessers zu beobaehten. Aueh in Ca(NO)s)2-LSsung bewirkte ein Chloroformtropfen meist, dab in der I~/the befindliche Proimplasmatropfen ihren Inhalt nach einiger Zeit austreten lie[ten, und dies trat immer ein, wenn Chloroform und Protoplasmatropfen einander beriihrten. Dabei blieb, wie naeh meehaniseher ZerstSrung des Tropfens, eine gut siehtbare, derbe Hiille zuriiek. Sehon das Austreten des Protoplasmas, das meist an einem nieht allzu grol~en Tell der Tropfenoberfl/tehe begann, maehte in der Ca(I~03)2-, aber aueh in der KNOs-LSsung den Eindruek, als stiinde der Tropfeninhalt unter Druek. I~eben der Grenzfl/tchenspannung kommt hierffir, wenigstens in der Ca(NO~)2-LSsung, noeh eine elasbisehe Spannung der Hiille in Frage. An Tropfen, an denen ieh die Ver/tnderung ihres Umrisses dutch die Einwirkung eines benaehbarten Chloroformtropfens genau messend verfolgte, ergab sich der Durehmesser der nach dem Protoplasmaaustritt zuriiekbleibenden Hiille um etwa 30 % kleiner als der des kugeligen Tropfens gewesen war. Aueh das sprich~ fiir eine elastisehe Spannung der Hiille des Protoplasmatropfens. Wenn ein Protoplasmatropfen dureh langes Liegen in der Ca(lqQ)e-LSsung sehon eine sehr fes~e Hiille bekommen hatte, konnte ein ihm anliegender Chloroform- tropfen den Austritt des Protoplasmas bedingen, ohue die Hiille merklieh zu zerstSren. Fig. 7 zeigt, neben dem an der Mikronadel haftenden Chloroform- tropfen eine solche Hii]le, aus der das Protoplasms schon ausgetreten ist; ihr

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Uber Protoplasma-Tropfen aus Chara-Zellen 97

Umrig weieht nur wenig yon der friiheren Kreisform ab, zeigt aber dureh diese Abweichungen doeh deutlieh, dag die Halle nieht mehr elastiseh gespannt ist. Ihr gr6gter Teil leuehtet im Dunkelfeld ebenso hell wie der koagulierte Proto- plasmastrang, der enstand, als das Internodium, aus dem der Tropfen floB, entfernt wurde.

Wenn ein Protoplasmatropfen, der schon einige Zeit in Ca(NO3)~-L6sung gelegen war, in sehr enge Bertihrung mit Chloroform kam, etwa indem ein Chloro- formtropfen aus der Pipet te direkt auf ihn geblasen wurde, so wurde vonde r Halle viel mehr als sonst weggelSst und es blieb nur ein feiner, im Dunkelfeld schwaeh leuehtender l%est abrig, der die Kugelform aber noch deutlich erkennen lieB,

Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9

Fig. 7. An der Mikronadel ein Chloroformtropfen, der Halle eines friiheren Protoplasma- tropfens anliegend. Das Chloroform hat den Protoplasmaaustritt, kenntlieh an der allerdings nur geringen, stellenweisen Aufhellung des Gesiehtsfeldes, sehon bewirkt. Vonder Tropfen- halle geht ein Strang koagulierten Protoplasmas aus, der beim Wegziehen des Internodiums, aus dem der Tropfen stammt, entstand. In 0,067 molarer Ca(NOs)2-L6sung. Fig. 8. Protoplasmatropfen, Mikronadel links, Mikropipette mit Chloroform links oben;

0,067 molare Ca(NO3)2-Lasung. Fig. 9. Naehdem auf den in Fig. 8 gezeigten Protopl~smatropfen aus der Pipette ein Chloro- formtropfen geblasen und die Pipette entfernt wurde. Das stark leuohtende Chloroform adheriert an dernur schwach leuchtenden, zart aussehenden Tropfenhiille nnd an der Mikro-

nadel, mit der es zur Seite gezogen ist.

wie das Fig. 8 und 9 zeigen. Das Chloroform, das so oder wiederholt auf andere Art in intensive Beriihrung mit Protoplasma gekommen war, erhielt eine eigen- tamliche, im Dunkelfeld leuchtende Oberfl~chenschieht, haftete an Glas, wurde etwas fadenziehend und seine Oberfl~ehe lie6 sich mehr oder weniger gut in Falten zusammensehieben, wie das in Fig. 9, wenn auch nicht sehr deutlich, zu erkennen ist. Diese Hau t des Chloroformtropfens wurde besonders deutlich, wenn sieh der Tropfen, dureh Lasung des Chloroforms in Wasser, verkleinerte. Xhnliche Erscheinungen an Chloroformtropfen haben C h a m b e r s und H 5 f 1 e r (1) beschrieben und entsprechende an Ather schon H i l l e r (5). H i l l e r hat auch gefunden, dab Narkotika, die auf Amaben yon der AnBenl6sung her einwirken, in geringer Konzentrat ion die Oberfl/ichenspannung zu erniedrigen seheinen, in haherer die Bewegung systieren, eine Abrundung der Amaben und darauffolgend

Protoplasma. XXIV 7

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98 Umrath

einen Zerfall ihres Plasmalemmas bedingen. Den beiden letztgenannten Er- scheinungen dfirften meine Beobaehtungen an Chara-Protoplasmatropfen ent- sprechen.

Diesen Hs an Chloroformtropfen, die mit Protoplasma in Berfihrung gewesen sind, sind vielleicht H~ute an Chloroformtropfen, die man auf etwas andere Art erhalten kann, sehr ahnlich. Naeh Hi l l (4) geben Nitella-Ze]len, die man in destilliertes Wasser bringt, in welchem sie ihre Erregbarkei~ verlieren, an dieses Substanzen ab, die eine Chloroformemulsion stabilisieren. Als ieh diese Versuche mit versehiedenen Abanderungen wiederholte (10), fiel mir auf, dab in den stabilisierten Emulsionen den Chloroformtropfen vielfaeh kleine Luftblasen aufsitzen, die, wenn die Chloroformtropfen nach langerer Zeit zu gr6Beren Tropfen verschmelzen, ein wei~liches tts emporheben, das offenbar die ursprfinglichen Chloroformtropfen gegen die ws L6sung ab- gegrenzt hatte.

Schlu~folgerungen Meine Beobachtungen zeigen, was iibrigens zum Teil schon bekannt war,

dab das Chara-Protoplasma in Ca(NO3) ~- und in KNO~-LSsung, auch wenn letztere durch Oxalatzusatz weitgehend kalziumfrei ist, Tropfen bflden k~nn, und dab diese Tropfen, in der Ca(NO~)2-LSsung wenigstens anfangs, der Grenzfl~chen- spannung durch Form~nderung folgen, also eine f]iissige Grenzfl~che haben. H e i l b r u n n (3, S. 221) hat gegen solche Vorstellungen eingewendet, daB das Protoplasma selbst Wasser als Dispersionsmittel enthalte und dab sich an der Grenze zwischen zwei w~l~rigen LSsungen kein Oberfli~chenfilm bilde. Ich glaube, daB diesem Einwand die folgenden Ausftihrungen F r e u n d l i c h s (2, S. 116) entgegenzuhalten sind: . . . . . . auch zwei vSllig mischbare l~liissigkeiten zeigen, ehe sie sich zu einer Phase vereinigt haben, eine dynamische Grenzfl~chen- spannung. Man erhi~It j~ beim vorsichtigen (Jbereinanderschichten irgend zweier Fliissigkeiten einen deutlichen Meniskus, man kann einen Strahl der einen Flfissigkeit in der anderen erzeugen u. a. m. Diese Spannung nimmt w~hrend des LSsungsvorgangs rasch ab und wird Null, sobald sich die Flfissigkeiten vSllig gemischt haben". Beim ersten AusflieBen des Protoplasmas ist also die yon H eil b r u n n geforderte Grenzfl~che sehr wohl vorhanden und hat die dynamische Grenzfls Es scheint mir nun, was auch H e i l b r u n n zugibt, durchaus vorstellbar, dab sich an einer solchen Grenzfls oberf]s vielleicht grsBtenteils lipoide Stoffe anreichern und eine Vermischung des im Tropfeninneren befindlichen, an und ffir sich mit Wasser mischbaren Protoplasmas mit der umgebenden L5sung verhindern. Es is~ wahrscheinlich, daB diese Stoffe, entsprechend der Gibbsschen Adsorptionsformel (2, S. 66), die Grenzfli~chen- spannung herabsetzen, denn bei der Einwirkung yon Chloroform, bei der Lipoide aus der Grenzfliiehe entfernt werden dfirften, seheint ja zun~ehst die Grenz- fl~chenspannung zuzunehmen, bis nach einiger Zeit der Tropfen platzt.

Nur in kalziumhaltigen LSsungen wurde bisher an Protoplasmatropfen aus Chara-Zellen die Entstehung einer relativ derben Hiille beobaehtet. L ins - b a u e r (7, S. 581) nimmt an, dab sie den yon H e i l b r u n n (3) beobaehteten und

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gJber Protoplasma-Tropfen aus Chara-Zellen 99

auf seine surface precipitation reaction zuriickgefiihrten Bildungen entspricht, worin ich mich ihm vollkommen ansehliege. Da die Itfille durch Chloroform nieht siehtlich ver/~ndert wird und weil das dutch Chloroform bedingte Austreten des Inhalts aus einem Protoplasmatropfen in Ca(NOs) 2- und in KNOs-L6sung ganz i~hnlich vor sieh geht, gewann ich den Eindruck, es sei in diesen beiden LSsungen dieselbe dutch Chloroform zerst6rbare, vielleicht groBenteils ans Li- poiden bestehende, bis zu einem gewissen Grad semipermeable Grenzschichte vorhanden, der in der Ca(NOs)~-LSsung nur noch eine derbe, aber sogar fiir Protoplasma permeable ttfille fiberlagert ist. Wenn L i n s b a u e r (7, S. 581) die Ansicht iiuftert, daft ,,der in der Ca-LSsung entstandene Film keine Nieder- sehlagsmembran, sondern eine Haptogenmembran darstellt" und dann meint, es k6nnten etwa Abspaltungen der Plasmalipoide eintreten, die mit Ca eine Verbindung eingehen, oder eine kapillaraktive Eiweiftkomponente k6nnte mit Ca reagieren (7, S. 582), so soll wohl auch damit ausgedriickt werden, dal3 einer prim/~ren Grenzfl~che mit Grenzfl~ichenspannung sekund/~r nnl6sliche Verbin- dungen eingelagert werden. DaB die in Kalziuml6sungen entstehende Hiille aus festen, in Wasser unl6slichen Substanzen besteht, lehrt ja der unmittelbare Augenschein und stimmt aueh mit H e i l b r u n n s , viel weiter ins Einzelne aus- gebauten, Auffassung der surface precipitation reaction iiberein (3, S. 227).

Schlieftlieh ist anzunehmen, daft die seinerzeit yon mir (9) untersuchten, selektiv kationenpermeablen Membranen, deren Bildung sowohl durch Kalzium als auch durch Anionen, die einen Kalziumniederschlag ergeben, gef6rdert wird, fiir die also ein anorganiseher Niederschlag wesentlich zu sein seheint, yon den bier untersuchten Bildungen versehieden sind. Denn die Grenzfl/~che des fltis- sigen Tropfens bildet sich in KNO3-L6sung ebenso gut aus wie in Ca(NO3)2-L6sung und wird dutch Oxalat nicht gefSrdert und die feste Itfille wird nut in Kalzinm- 16sungen, nicht auch in oxalathaltigen LSsungen gebildet und seheint aufterdem fiir sich allein sogar fiir Protoplasma permeabel.

Die bekannte, besonders giinstige Wirknng von KalzinmlSsungen bei der Plasmolyse, die J o s t (6) bei Chara und Weber (11, 12) in neuerer Zeit aus- ffihrlich fiir andere Zellen besehrieben hat, beruht vielleicht darauf, daft in diesen LSsungen alle drei der besproehenen Grenzflgehen oder Membranen entstehen.

Zusammenfassung Protoplasmatropfen mit einer Grenzfl~che mit Grenzfls

wurden in Kalinmnitrat-, Kaliumoxalat- und Kalzinmnitratl6sung, wenigstens solange eine feste tIiille noeh nieht stark ausgebildet war, beobachtet. Eine Zer- st6rung der Grenzfl/~che und Vermischung des Tropfeninhalts mit der L6sung ist mechanisch oder durch Chloroformeinwirknng m6glieh.

Von allen diesen LSsungen wird nut in den KalziumlSsungen eine relativ derbe Halle gebildet. Diese bleibt nach Chloroformeinwirkung erhalten, lggt abet dann das Protoplasma durchtreten.

Aus ihren Entstehungsbedingungen scheint zu folgen, daft diese Grenz- fl/~chen beziehungsweise )/Iembranen yon den seinerzeit yon mir besehriebenen selektiv kationenpermeablen Membranen versehieden sind.

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100 Umra~h, t)ber Protoplasma-Tropfen aus Chara-Zellen

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