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zur Geschichte des Acetylens. 311 sich geht. Sie ist ein neuer Beweis dafur, wie verwickelt die durch eine alkoholische Kalilosung bewirkten Reactionen sind. 5) Ein anderes nicht weniger wichtiges Unferscheidungs- merkmal fur die beiden Gase lafst sich aus der Einwirkung der concentrirten Schwefelsiiure entnehmen. Dieses Reagens absorbirt namlich das Allylen sofort in grofser Wenge, wah- rend es das Acetylen nur sehr langsam und unter Beihulfe sehr lange fortgesetzten Schuttelns absorbirt. Es ist diefs genau dieselbe Verschiedenheit , wie sie zwischen dem Aethylen und dem Propylen existirt. Ueber Synthese organischer Korper *) ; von L. Curiw. __ Additionen von Chlorigsaurehydrat. Die von mir selbst oder unter meiner Leitung ausge- fuhrten Untersuchungen uber die directe Verbindung von Unterchlorigsaurehydrat mit organischen Korpern lassen mit Sicherheit folgende allgemeine Beziehungen erkennen : Die Addition des Unterchlorigsaurehydrats findet im All- gemeinen an alle organische Kbrper statt, welche ihre Ele- mente noch nicht im Zustande v6lliger Sattigung enthalten, also noch nicht der von mir aufgestellten Grenzformel 0,, E,H2,+2 entsprechen, und es kann ferner ein solcher Kiirper fur je Ha, um welche er sich von der Grenzformel entfernt, 1 MoI. C1H8 aufnehmen. - Das UnterchIorigsaure- *) Nach einem vor der .Gesellschsft zur Refdrderung der gesamm- ten NaturwissenschaftenU zu Marburg gehaltenem Vortrage.

Ueber Synthese organischer Körper

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zur Geschichte des Acetylens. 311

sich geht. Sie ist ein neuer Beweis dafur, wie verwickelt die durch eine alkoholische Kalilosung bewirkten Reactionen sind.

5 ) Ein anderes nicht weniger wichtiges Unferscheidungs- merkmal fur die beiden Gase lafst sich aus der Einwirkung der concentrirten Schwefelsiiure entnehmen. Dieses Reagens absorbirt namlich das Allylen sofort in grofser Wenge, wah- rend es das Acetylen nur sehr langsam und unter Beihulfe sehr lange fortgesetzten Schuttelns absorbirt. Es ist diefs genau dieselbe Verschiedenheit , wie sie zwischen dem Aethylen und dem Propylen existirt.

Ueber Synthese organischer Korper *) ; von L. Curiw.

__

Additionen von Chlorigsaurehydrat.

Die von mir selbst oder unter meiner Leitung ausge- fuhrten Untersuchungen uber die directe Verbindung von Unterchlorigsaurehydrat mit organischen Korpern lassen mit Sicherheit folgende allgemeine Beziehungen erkennen :

Die Addition des Unterchlorigsaurehydrats findet im All- gemeinen an alle organische Kbrper statt, welche ihre Ele- mente noch nicht im Zustande v6lliger Sattigung enthalten, also noch nicht der von mir aufgestellten Grenzformel 0,, E,H2,+2 entsprechen, und es kann ferner ein solcher Kiirper fur je Ha, um welche er sich von der Grenzformel entfernt, 1 MoI. C1H8 aufnehmen. - Das UnterchIorigsaure-

*) Nach einem vor der .Gesellschsft zur Refdrderung der gesamm- ten NaturwissenschaftenU zu Marburg gehaltenem Vortrage.

318 Car du s, uber SyntAese

hydrat miissen wir betrachten als das Osyd der beiden Ra-

dicale CI und H, = G{ i l ; es ist daher erklarlich, dak, wie

ich es bei Aufsuchung dieser Reaction erwartet hatte, die Producte der Reaction den eingetrelenen Sauerstoff aufser- halb, das Chlor im Radical enthalten, also als Chlorsubstitu- tionsproducte betrachtet werden kBnnen. Aus Kohlenwesser- stoffen oder allgemein Korpern mit sauerstofffreiem Radicalc entstelien daher alkoholahnlichen K6rpern sich anschliefsende Chlorsubstitute , s. g. Chlorhydrine mehrsauriger Alkohole, z. B. :

8 G H €&H, + C1, 0, I1 = G2H4f;l, 0, 11 = c,{ ':

wahrend Verbindungen rnit sauerstofl'haltigem Radicale Chlor- substitute organischer Siiuren bilden, z. B. :

G,H,QP, Q2, H2 + C1, 8, H = G,HpC102, 0*, H,.

Ich bin seit langerer Zeit mil einer Ausdehnung dieser Untersuchungen beschaftigt, die zur Auffindung einer neuen Art additioneller Verbindungen, niimlich solcher von Chlorig- siurehydrat *), CIH02, gefuhrt hat, von welcher ich Bhn- liche Erfolge erwarten darf, wie sie die Addition von Unter- chlorigsaurehydrat bietet. Da ich diese neue Reaction bisher an zwei hier besonders mafsgebenden KBrperklassen, namlich Kohlenwasserstoffen : Ainylen und Benzol, und Sauren : Citra-

,

. - - - - - -

+) Ueber Einwirkung von chloriger Sgure auf organische Korper iat bis jetzt nur auB einer von J. S c h i e l vor sechs Jahren ausgefuhrten Untersuchung, diem Annalen CSII , 75, bekannt, dars sie hoftig auf Glycerin einwirkt, dars sie mit Aethyl- und Amylalkohol essigsoures Aethyl oder valeriansaures Amy1 bildet, und d a h sie aus Harnstoff und Harnsilure eigenthiimliche chlor- haltige Korper erzeugt. - Da 8 c h i e 1 seine Untersuchung nicht fortgesetxt hat , so habe ich jetzt im hieeigen chemischen Lsbo- ratorium auch Versuche iiber Einwirkung der chlorigen 8lure auf aodere Klassen trrganischer Korper , beeonders auch Amide, veraularst.

organischer K6rper. 319

consaure, gepriift habe, so hin ich im Stande, das Wesent- liche uber den Vorgang bei derselben mitzutheilen.

Chlorigsaurehydrat kennen wir nicht im freien Zustande, ich vermuthete aber, dafs eine LBsung von chloriger Sdure in Wasser sich wie eine solche von Chlorigsaurehydrat ver- halten werde : C12G8 + BH, = (CIHO,),, was der Versuch vollkommen bestiitigte. - Bringt man in eine wasserige L6- sung von chloriger Saure eine der genannten Verbindungen, so tritt die Reaction und zwar im Allgeminen noch leichter als bei Unterchlorigslurehydrat ein. Indessen kann hierbei neben directer Addition gleichzeitig noch der Austritt der Elemente von Wasser erfolgen; so ist z. B. die Reaction bei Benzol :

6,H6 + (ClHQ,), = 6,H1C‘1,0, + 0Hp. Dieses Beispiel zeigt zugleich, dafs die neue Reaction

beziiglich der Anzahl der in Reaction tretenden Molecule Chlorigsaurehydrat vollig dem von mir fur das Unterchlorig- saurehydrat Festgestellten folgt; so ist fur letztere und das Benzol die Reaction :

6,HB + (ClHQ), = 66H,C180,.

Die chemische Natur der neuen Additionsproducte mufste, wie ich erwartete und der Versuch bestatigte, eine andere sein , wie die der aus Unterchlorigslurehydrat entstandenen. Ich stelle mir das ChIorigsaurehydrat als Oxyd eines sauer-

stofl‘haltigen Radicals, C l 0 , und 1 At. H vor : ClB, 0, H = 0 1;”. Geht daher das Chlorigsaurehydrat additionelle

Verbindungen ein , so mufste, meinen Erfahrungen iiber das Unterchlorigssurehydrat zufolge , die Gruppe ClB in das Radical der entstehenden Verbindung aufgenommen werden. Nothwendige Folge davon ist :

1) Ein KBrper 0 , 6,Hzn kann sich mit Chlorigsiiure- hydrat nicht einfach additionell verbinden, da sonst eine

-

320 Carius, uber &these

iibersilttigte Verbindung 0,, C-,H,,+, entstehen wiirde. Ein Kdrper 6,, GoHPo--6, z. B. Benzol kann, indem er 3 Mol. CIH& bindet , ebenfalls keine einfache Addition niit denselben ein- gehen , es wiirde sonst das ubersattigte Molecul Ox, GnHln+C entstehen mussen, indem (CIHCl)y, d. h. 12 cheinische Ein- heiten in das Radical aufgenommen wiirden; es mufs daher eugleich der Austritt von 4 Einheiten, hier als 8 H s , aus dem Radicale erfolgen :

GBH, + ( C l O , S , 11)s = G ~ H 4 C l s G ~ , 438, HI + QHI.

2) Die Additionsproducte, hier auch an K6rper mit sauerstofffreiem Radicale , mussen sauerstoffhaltige Radicale enthalten, und also wahrscheinlich immer sich als Chlorsub- stilute organischer Sauren betrachten lassen.

Bei meinen speciellen Angaben kann ich mich hier um so eher auf die iiber das Benzol beschranken, a18 die Ad- dition desselben an Clilorigslurehydrat zur Synthese sehr interessanter K6rper fuhrt. - Zur Anstellung des Versuches ist es hier iiberflussig, eine L6sung von reiner chloriger Saure in Wasser anzuwenden ; man kann vielmehr unter An- wendung eines Gemisches von verdiinnter Schwefelstiure, Benzol und chlorsaurem Kaliuni die Oxydation eines Theiles des Benzols durch Chlorsiiure benutzen, um die chlorige Saure darzustellen, ClH& = CIH& + f), die dann sofort von dem ubrigen Benzol unter rothgelber Parbung aufge- nommen und rasch verbunden wird; der Versuch mufs in- dessen wegen der gefahrlichen Eigenschaften der chlorigen Saure mit grofser Vorsicht angestellt werden.

Man erhiilt eine L6sung von schwefelsaurem Helium, iiberschussiger Schwefelsaure und dem Additionsproducte, und auf dieser schwimmend eine Lasung kleiner Mengen chlorhaltiger Nebenproducte und einer der Beirteneiiute *)

*) Icb glnube, d a h Beiiecn*#ure das Oxydatioi~sprodnct ist, dersen

organisch er KGrp er. 321

sehr ahnlichen SIure in dem uberschussigen Benzol. Aus der wasserigen sauren Losung erhalt man durch Ausziehen mit Aether das Additionsproduct ; dasselbe ist eine farblose dicke Fliisvigkeit und besitzt die Zusammensetzung GeH7Clsf)5.

Die Verbindung ist in ihren Eigenschaften sehr ahnlich dem Additionsproducte des Unterchlorigsaurehydrates, unter- scheidet sich aber von letzterem in chemischen Eigenschaften vollig; ihre wasserige Losung reagirt sauer, und sie bildet Saize, die aber so unbestandig sind, dafs schon beim Stehen oder Erwarmen ihrer Losung Chlormetall und die in Folgen- dem beschriebene neue Saure entstehen. - Die beiden wich- tigsten Reactionen der Chlorverbindung sirid die Ersetzung ihres Chlorgehalles 1) durch die Elemente des Wasserstoff- superoxydes, und 2) durch Wasserstoff. Die erste Reaction findet schon durch Einwirkung von Wasser allmalig statt, nach der Gleichung :

QJ37C13'35 + (@H& = 6eHio43t1 + ( C W 3 .

Die so entstehende Verbindung, G6HI0O8, ist eine in schonen, farbIosen , monoklinoedrischen Tafeln und Prismen krystallisirende Slure. Sie ist isomer (wahrscheinlich meta- mer) mit Schleimsaure und Zuckersaure, von denen sie sich durch Krystallform, Lbslichkeit u. s. w., besonders aber im chemischen Verhalten unterscheidet. Die neue Saure lafst niimlich nicht, wie die bekannten beiden Sauren dieser Zu- sammensetzung, nur 2 At., sondern 3 At. H leicht durch Metalle ersetzen , eine Eigenschaft, welche sich aus der obigen theoretischen Betrachtung uber den Vorgang ihrer Bildung voraussehen liefs. -- Die Salze, von denen ich be- ___. .. . .. -

Bildung durch Abgabe von Bauerstoff aus der ChIorsSiure statt- findet :

6&, + (ClH43.43 = '%H,Q2 + (CIHQA3 f Q% und hoffe fiber disse interessante Saure bald weitere Mittheilun- gen machen ZII konnen.

AnwI . d. (:hem. 11. Pharm. (:XL Hd. 3. H e f t . 21

322 Car iu s, iiber Benrensuure

sonders das Baryum -, Calcium - und Silbersalz untersucht habe, besitzen die Zusamrnensetzung €,HiMeSQg ; die ge- nannten drei Salze krystallisiren sehr gut und auch das Sil- bersalz ist laslich in Wasser und sehr bestandig.

Der Chloryehalt des Additionsproducles wird bei Behand- lung seiner wasserigen Lasung mil Zink leicht und vollsttindig durch Wasserstoff ersetzt :

G,H,Cl,Ofi + H, = G ~ l I 1 ~ G ~ + (C111)~.

Die entstandene neue Verbindung scheint nicht deutlich ausgesprochen die Eigenschaften einer Saure zu besitzen.

M a r b u r g , September 1866.

Ueber l3enzeiisiiure uiid l’henose ; yon Demselben.

Die Untersuchung dieser beiden Verbindungen *) ist, da ich bei ihrer Darstellung nur niit verhaltnifsmafsig kleinen Quantitaten arbeiten konnte, eine sehr unvollstandige geblie- Len. Ich habe daher auch kcine hluhe gespart , die Chlor- verbindung C6H9C130J, uus der ich die beiden Kdrper dar- stellte, in reichlicherer Menge zu erhalten, bin aber dabei zu keinein anderen Resultate gelangt , wie fruher. Auch werde ich zu Veraffentlichung der in Folgendem niitgetheilten sehr unvollstandigen Beobachtungen nur dadurch veranlafst, dafs ich die Arbeiten init Unterchlorigsaurehydrat niclit selbst fortselzen konnte **) , und ferner durch den Umstand, dafs

*) Diese Annalen CXSS\’I , 336. **) Ich hatte mir durch die nribnlieuden Arbeiteri mit unterchloriyer

Silure eine ernstliclie Krnriklwit zrigeeugen.