52
9. Ueber uma4chtbare ~liissigkeitsuchichte~ wncl die Oberfldchemspannumg fiCss4ger Niederschlc'lye 6ei N%ederschlagmernbmmem, Ze Zlen, ColloZden tm t7 Callerten; von G. J2zcdmcke.l) 0 22. Einleitung. Unsichtbare Flussigkeitslamellen. Die Erfahrung lehrt ! dass die gemeinsame Grenzflache zweier Fliissigkeiten, welche nicht in jedem Verhaltnis mischbar sind, das Beatreben hat, moglichst kleiu zu werden. Man hat d&er in der diinnen Fliissigkeitsschicht zu beiden Seiteii der gemeinsamen Grenzflache eine Oberflachenspannung an- genommen. Ich habe 1870 fiinf Methoden angegebena), urn die Grosse dieser Oberflachenspannung zu messen. Nach der letzten dieser funf Methoden breitete sich an der gemeinsameu Grenzfiache zweier Fliissigkeiten eine dritte Fliissigkeit in einer diinnen Hau t aus, wenn dadurch die Oberflachenspannung der gemeinsamen Grenzflache verkleinert wurde. Die Ver- kleinerung der Oberflachenspannuug nrthm zu mit der Dicke der ausgebreiteten diinnen Haut und wurde constant, wenn diese Dicke einen gewissen kleinen Grenxwert uberschritt, Dieser Grenzwert ist gleich der doppelten Wirkungsweite3) der Molecularkrafte, von denen die Oherflachenspannung abhangt, nnd betragt etwa 0,0001 mm oder 'I, einer mittleren Licht- welle. Nimmt man die Grosse der Objecte, die mit den besten modernen Mikroskopen iioch gemessen werden k6nnen ! zu Lichtwelle an. so kann man mit optischen Hiilfsmittelii 1 ) Die Resultate dieser Unter~uchungen wurden der Kgl. Akxdernie der Wissenschaften zu Berlin vorgelegt am 25. Juli 1901 und bildeii die- selben die Fortsetzung der Arbeit ., Ueber Kbruug triiber Losunpen". Ann. d. Phys. 7. p. 57-96. 1902. 2) G. Quincke, Pogg. Anu. 139. p. 1. 1870. 3) G. Quiucke, Pogg. Ann 137. p. 413. 1869.

Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

9. Ueber uma4chtbare ~l i iss igkei tsuchichte~ wncl die Oberfldchemspannumg fiCss4ger Niederschlc'lye 6ei N%ederschlagmernbmmem, Ze Zlen, ColloZden t m t7

Callerten; von G. J2zcdmcke.l)

0 22. Einleitung. Unsichtbare Flussigkeitslamellen. Die Erfahrung lehrt ! dass die gemeinsame Grenzflache zweier Fliissigkeiten, welche nicht in jedem Verhaltnis mischbar sind, das Beatreben hat , moglichst kleiu zu werden. Man hat d&er in der diinnen Fliissigkeitsschicht zu beiden Seiteii der gemeinsamen Grenzflache eine Oberflachenspannung an- genommen. Ich habe 1870 fiinf Methoden angegebena), urn die Grosse dieser Oberflachenspannung zu messen. Nach der letzten dieser funf Methoden breitete sich an der gemeinsameu Grenzfiache zweier Fliissigkeiten eine dritte Fliissigkeit in einer diinnen Hau t aus, wenn dadurch die Oberflachenspannung der gemeinsamen Grenzflache verkleinert wurde. Die Ver- kleinerung der Oberflachenspannuug nrthm zu mit der Dicke der ausgebreiteten diinnen Haut und wurde constant, wenn diese Dicke einen gewissen kleinen Grenxwert uberschritt, Dieser Grenzwert ist gleich der doppelten Wirkungsweite3) der Molecularkrafte, von denen die Oherflachenspannung abhangt, nnd betragt etwa 0,0001 mm oder 'I, einer mittleren Licht- welle. Nimmt man die Grosse der Objecte, die mit den besten modernen Mikroskopen iioch gemessen werden k6nnen ! zu

Lichtwelle an . so kann man mit optischen Hiilfsmittelii

1 ) Die Resultate dieser Unter~uchungen wurden der Kgl. Akxdernie der Wissenschaften zu Berlin vorgelegt am 25. Juli 1901 und bildeii die- selben die Fortsetzung der Arbeit ., Ueber Kbruug triiber Losunpen". Ann. d. Phys. 7. p. 57-96. 1902.

2) G . Q u i n c k e , Pogg. Anu. 139. p. 1. 1870. 3 ) G. Quiucke, Pogg. Ann 137. p. 413. 1869.

Page 2: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

632 G. Quincke.

eine Flussigkeitsschicht nicht mehr wahrnehmen und die Dicke der Fliissigkeitsschicht nicht mehr messen, welche durch Aus- breitung an der gemeinschaftlichen Grenzflache zweier Fliissig- keiten die Oberflachenspannung der Greiizflache sehr erheb- lich oder sogar moglichst stark verandert hat.

Dasselbe gilt auch, wenn diese dunne Haut ausgebreiteter Flussigkeit durch Temperaturerniedrigung oder durch physi- kalische oder chemische Veranderung erstarrt oder fest- geworden ist.

Die Oberflachenspannung der gemeinsamen Grenzfiache zweier Fliissigkeiten ist bekannt fur die Grenzfliiche von Quecksilber mit Wasser, wasserigen Salzlosungen, Alkohol, fetten und atherischen Oelen; fur die Grenzflache von Wasser mit fetten und atherischen Oelen, Chloroform, Aether etc.l) Diese Grenzflachenspannung ctI2 ist bei dem Zusammenbringen der beiden Flussigkeiten 1 und 2 am grossten und nimmt all- mahlich ab, indem die beiden Flussigkeiten sich gegenseitig aufloseaa) 1st schliesslich ein Gleichgewichtszustand ein- getreten, so beriihren sich nicht mehr die Fliissigkeiten 1. uxd 2 , sondern zwei Fliissigkeitsgemische A und B von ver- schiedener Concentration, die aus den Fliissigkeiten 1 und 2 durch Mischung . entstanden sind , von denen das Gemisch A viel Fliissigkeit 1 und wenig Flussigkeit 2: das Gemisch B wenig Flussigkeit 1 und viel Fliissigkeit 2 enthiilt. Die gemein- same Grenzflache hat d a m nicht mehr die Grenzflachen- spannung ulz , wie bei dem Zusammenbringen der Flussig- keiten 1 und 2, sondern eine kleinere Grenzflachenspannung GAB,

deren Grosse mit der Zusammensetzung der Flussigkeits- gemische A und B, also im allgemeinen auch mit Temperatur und Druck sich andern wird.

Oft ist die gegenseitige Loslichkeit der Fliissigkeiten 1 und 2 so gering, dass man sie vernachlassigen kann. Zuweilen losen sich die Fliissigkeiten in merklicher Menge. So losen sich Aether , Schwefelkohlenstoff, Chloroform in merklicher Menge in Wasser ,

1) G. Q u i n c k e ,

2) 8. Quincke , p. 582 u. 583. 1888.

so dass nach einiger Zeit ein atherreiches

Pogg. Ann. 139. p. 27. 1870; Wied. Ann. 36.

Pogg. A1111. 139. p. 18. 1870.

Page 3: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichthare I,'liiss?9l~eitsschichten etc. 633

Flussigkeitsgemisch A iiber einem atherarmen Flussigkeits- gemisch B steht *) , oder eiii chloroformarmes Fliissigkeits- gemisch B uber einem chloroforinreichen Flussigkeitsgemisch A. z,

Die Gegenwart anderer Substanzen 3, 4, . . . , welche i n den Fliissigkeitsgemischen A und B verschieden loslich sind. kann die Oberflachenspannung aAB mehr oder weniger erheb- licb modificiren.

In neuerer Zeit sind Flussigkeiten 1 und 2 mit grosser gegenseitiger Loslichkeit mehrfach untersucht worden, besonders in ihren thermodynamischen Beziehungen , und man hat die Fliissigkeitsgemische A und B die beiden coexistirenden Phasen9) der conjugirten Flussigkeiten 1 und 2 oder auch eutectische Fliissigkeiten 4, genannt. Die eine oder beide Flussigkeiten konnen dabei einen niedrigen Schmelzpunkt haben und bei gewohnlicher Temperatur eine feste Substanz sein.

Der Einfluss der Oberflachenspannung der Fliissigkeits- gemische -4 und B ist aber dabei wenig oder gar nicht be- ach tet wordeii.

Ich werde irn Folgenden zeigen, dass diese Oberflachen- spannung eine wesentliche Rolle spielt bei scheinbar ganz verschiedenartigen Erscheinungen, wie der Bildung von Nieder- schlagmembranen, Zellen, Metallsalzvegetationen und Spharo- krystallen, bei Pseudolosungen und Gallerten, der Oerinnung der Colloide, dem Aufquellen quellbarer Substanzen, bei der inodernen Photographie mit Bromsilber-Emulsionsplatten ! bei der Doppelbrechung der Gallerte und Colloide.

Dass diese Oberflachenspannung auch bei der Flocken- bildung und Klirung triiber Losungen, bei der Versilbernng des Glases und bei der positiven oder negativen Photodromie

1) E. A. Klobbie , Zeitschr. f. physik. Chem. 24. p. 618. 1897. Bei 20° enthalten 100 g Fliissigkeit A 98,8 g Aether; 100 g Fliiasigkeit B 6,41 g Aether.

2) 0. Chancel u. F. Permentier, Compt. rend. 100. p. 774. 1885. Bei 20° sind in 100 g Flussigkeit B 7 , l O g Chloroform oder 0,18 g Schwefelkohlenstoff.

3) J. Wil lard Gibb s, Transact. of the Connecticut Acad. of Arts and Sciences. 3. p. 152. 1876. Thcrmodynamische Studien, Deutsch YOU

w. Ostwald. So. p. 115. Leipzig 1892. 4) F. Guthrie , Phil. Mag. (5) 18. p. 29 u. 499. 1884.

Page 4: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

634 G. Quincke.

der Flocken ebenfalls die wirkende Kraft ist, habe ich schoim im ersten Abschmitt dieser Untersuchungen 98 1-21 gezeigt,

Die Gestalt der gemeinsamen Greazflache der Fliissig- keiten 1 und 2 oder der Flussigkeitsgemische A und B hangt nur von der Grosse und Richtung der Oberflachenspannung in der gemeinsamen Grenzfliche ab, wenn das Gewicht oder die hydrostatische Druckdifferenz der Flussigkeiten klein gegen die Grosse der Oberflachenspannung ist.

Dies ist der Fall bei Oelkugeln in einer wasserigen Grundfliissigkeit yon nahezu. gleichem specifischen Gewicht, bei Seifenblasen oder Seifenschaum mit dunnen Seifenwasser- lamellen in Luft, oder Oelschaumen in wasseriger Flussigkeit von nahezu gleichem specifischen Gewicht. Die diinnen Schichten (Lamellen) von Seifenwasser in Luft oder von Oel in wasseriger Fliissigkeit sind dann von zwei Kugelflachen mit nahezu gleichen Radien begrenzt und bilden einzelne Hohl- kugeln (Blasen) oder aneinander hangende Kugelflachen (Schaum). Die Kugelflachen der Schaumwande schneiden sich in Kreisen oder Kreisbogen, den Schaumkanten.

Auch die Oberflachenspannung dieser diinnen Lamellen oder SchaumwBnde, die gleich der Summe der Oberflachen- spannungen der beiden Grenzflachen der Lamellen ist, nimmt mit der Dicke der Lamelle zu und erreicht einen Maximal- wert , sobald die Lamellendicke grosser als die doppelte Wirkungsweite der Molecularkrafte ist.

Man kann das Vorhandensein und die Lage solcher diinnen unsichtbaren Oellamellen erkennen, wenn sie zwei verschieden gefarbte Teile der wasserigen Grundfliissigkeit von einander trennen. Die Grenze erscheint kugel- oder kreisfiirmig und andert ihre Lage und Gestalt, sobald ein Teil der Grund- flussigkeit mit Diffusion die dunne unsichtbare Oellamelle durchdringt und dabei das Volumen des gefarbten und unge- farbten Teiles geandert wird.

Die kugelfiirmigen Lamellen oder Ychaumwande sind stabiler, haltbarer und schwerer beweglich, wenn auf ihrer Oberflache eine fremde dritte Fliissigkeit C in einer diinnen Haut ausgebreitet ist, denn ein Loch in dieser dunnen Haut wird durch die grossere Oberflachenspannung der freigelegten reinen Oberflache sofort wieder zugezogen.

Page 5: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Aussigkeitsschichten etc. 635

Seifenwasserlamellen in Luft sind stets mit einer durch Hydrolyse der Seife entstandenen dunnen Oelsaurehaut von u~merklicher Dicke bedeckt, und dadurch haltbar und schwerer beweglich. l) Bei Oelemulsionen oder Oelschaumen bedeckt gewohnlich eine diinne Haut von Seifenlosung die gemeinsame Grenzflache von Oel und wasseriger Grundfliissigkeit.a)

Sind die .SchaumwBnde und die auf den Schaumwanden ausgebreiteten Haute von gleicher Dicke und gleicher Be- schaffenheit , so is t die Oberflachenspannung iiberall dieselbe. Drei Schaumwande stossen in einer kreisformigen Schaum- kante unter gleichem Neigungswinkel der Schaumrander (mit einem Randwinkel von 120O) zusammen. Ebenso stossen vier Schaumkanten in einem Punkte unter gleichem Neigungs- winkel zusammen.

Sind feste oder festgewordene Schaumwande vorhanden, so treffen die fliissigen Lamellen dieselben mit Randwinkeln von 90°.

Sind drei Schaumwande ungleichwertig und haben sie verschiedene OberflBchenspannung , so konnen zwei Schaum- wande mit kleinerer Oberflachenspannung unter einem spitzen Winkel zusammenstossen und mit einer dritten Schaumwand von grosserer Oberflachenspannung in derselben Kante zu- sammentreffen.

In den Wanden des Seifenschaumes oder Oelschaumes konnen kleine, von Kugelflachen begrenzte Hohllinsen der Wand- substanz oder fremde Kornchen oder Luftblasen schwimmen. Dieselben werden durch die Krafte der Oberflachenspannung nach den Kanten der Schaumwande hingefiihrt und hier fest- gehalten. Aus cliesen in Kreisbogen angeordneten Hohllinsen oder Kornchen kann man das Vorhandensein und die Lage der diinnen kugelformigen Fliissigkeitsschichten oder Lamellen erkennen, deren Dicke oft nur wenige Milliontel Millimeter betriigt oder so klein ist, dass man sie mit den besten Mikroskopen nicht mehr wahrnehmen kann.

Die Fliissigkeit solcher diinnen Schaumwande kann sich spater durch Einwirkung der umgebenden Fliissigkeit in feste

I ) G. Q u i n c k e , Wied. Ann. 35. p. 628. 1888; 63. p. 608. 1894. 2) G. Q u i n c k e , Pfluger's Archiv 19. p. 142. 1879; Wied. Ann. 63.

p. 618. 1894.

Page 6: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

636 G. Qtiincke.

Substanz verwandeln oder ein Teil der Schaumwande kann zerstort werden, wie ich an der freiwilligen Bildung von Schaum bei der Einwirkung von Wasser auf olsaure Alkalien ausfiihrlich nachge wiesen habe.’)

Immer wird man aus der Anordnung der Kornchen oder Oellinsen in den kreismrmigen Schaumkanteu auf die Lage der diinnen , unsichtbaren kugelformigen Lamellen schliessen, und sagen konnen , dass diese Lamellen urspriinglich von fliissiger Substanz gebildet wurden.

Diese unsichtbaren fliissigen oder festen Wande der Hohl- kugeln und des Schaumes bilden auch ein Hindernis fur kleine Kugeln oder Kornchen, welche in der Grundfliissigkeit schweben und von der Fliissigkeitsstromung mit fortgerissen werden. Dieselben werden langs den Kugelflachen in unmittelbarer Nahe derselben oder in einem gewissen Abstande von den Kugelflachen hingefiihrt.

Sind die Schaumwande von klebriger Fliissigkeit gebildet oder umgeben, so konnen die Schwere oder Fliissigkeits- stromungen die Kugelflachen der Hohlraume zu langen hohlen Cylindern oder Schlauchen auseinander ziehen, die sich lang- Sam und allmahlich unter dem Einfluss der Oberflachen- spannung wieder zusamrnenziehen und kugelfijrmige oder nahezu kugelformige Anschwellungen und Einschniirungen zeigen oder wieder in kleinere kugelformige Blasen zerfallen.

Bildet sich eine dritte fremde Fliissigkeit, C an der gemeinsamen Grenzflache von zwei Fliissigkeiten und breitk sich plotzlich an dieser Grenzflache aus, so werden die klebrigen Fliissigkeiten in wirbelnde Bewegung gesetzt und nach dem Ausbreitungscentrum hingezogen. Die Bildung und husbreitung der fiemden Fliissigkeit kann periodisch werden. Die Fliissig- keiten oder die in ihnen schwebenden festen oder fliissigen Massen konnen dadurch periodisch verschoben werden. Die Verschiebung kann scheiiibar continuirlich werden, wenn die Bildung und Ausbreitung der fremden dritten Fliissigkeit C sich in schneller Folge wiederholt. Die Fliissigkeitsschichten, an deren Oberflache die Ausbreitung erfolgt , konnen wieder

1) G . Quincke , Wied. Ann. 63. p. 598. 1894.

Page 7: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtiiare 2aliissigkeitsschichten etc. 637

unmerklich dick und selbst fir ein mit dem Mikroskop be- waffnetes Auge unsichtbar 5ein.l)

Durch den capillaren Druck einer an verschiedenen Stellen verschieden gekriimmten Oellamelle oder Blase kann eine einmalige Formbderung der Lamelle oder Blase auf- treten, aber niemals eine Verschiebung von festen oder fliissigen Massen, wie wohl behauptet worden ist.3

Die Ausbreitung kann auch an der Oberflache der kugel- fdrmigen oder cylindrischen (noch nicht kugelfdrmig gewordenen) Flussigkeitsschichten , auch von unmerklicher Dicke , erfolgen und die Bildung von Hohlraumen oder kugelformigen An- schwellungen oder deren Verschiebung rings des Hohlcylinders herbeifiihren.

Feste Faden oder feste Lamellen in diesen (auch in un- sichtbaren) Fliissigkeitsschichten verteilt, kannen deren Ver- schiebbarkeit und Klebrigkeit und damit deren Haltbarkeit, langsame Gestaltsanderung und Verschiebung wesentlich be- einflussen, wie ich bei der freiwilligen Bildung von Emulsionen, Schaum und Myelinformen 3, bei Einwirkung von Wasser auf olsaure Alkalien oder bei Einwirkung von Wasser auf fette Oele bei Gegenwart von Eiweiss und Oelslure ausfiihrlich nachgewiesen habe.

Die diinnen nnsichtbaren Fliissigkeitsschichten oder Lamellen konnen auch mit einer Seite die wiisserige Grund- fliissigkeit beriihren und mit der anderen Seite an einem festen Korper adhlriren. Dann ist ihre Gegenwart und Lage zu erkennen aus der Ausbreitung einer fremden Fliissigkeit an der Grenze der diinnen Lamelle mit der wkserigen Grund- fliissigkeit und den dabei auftretenden charakteristischen Be- wegungserscheinungen ( Wirbeln) der umgebenden Fliissigkeit.")

Sind in einer Fliissigkeit viele diinne Schaumwande ver- teilt, so stehen dieselben normal zur freien Oberflache der Flussigkeit. Lasst man einen Tropfen einer solchen Flussig- keit mit Schaumwiinden auf Quecksilber eintrocknen zu diinnen

1) G. Quincke, Wied. Ann. 36. p. 608. 1888. 2) L. Rhumbler, Physik. Zeitschr. 1. p. 44. 1899. 3) G. Quincke, Pfliiger's Arch. 19. p. 136. 1879; Wied. Ann. 36.

4) G. Quincke, Wied. Ann. 36. p. 636. 1888; 63. p. 605-612. 1894. p. 635. 1888; 63. p. 598. 1894.

bnnalen der Phydk. IV. Folge. 7. 41

Page 8: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

638 (3. Quincke.

festen Hauten oder Lamellen, so zieht die Oberfliichenspannung der Schaumwande die obere und untere Lamellenflache gegen- einander , verliingert dadurch die Lamelle und ihren Umfang und der Lamellenrand wird wellenformig oder faltig. Ohne die Schaumwande wiirde der Fliissigkeitstropfen beim Ein- trocknen sich nach allen Richtungen gleichmassig zusammenziehen und erstarren, wie ein warmer Fetttropfen, der mit glattem Rand auf Quecksilber erstarrt.’) Solche Randfalten und Schaumwilnde haben auf Quecksilber eingetrocknete Tropfen von Leim, Eiweiss, Starke, Traganthgummi, colloidder Kiesel- saure und colloidalem Eisenoxyd, Gerbsaure.

Wahrscheinlich riihrt auch die Doppelbrechung solcher eingetrockneten Lamellen von Leim (Eiweiss, Kieselsaure) von der Compression der ganzen Leimmasse durch die Grenz- flachenspannung der dunnen Schaumwande her.

Sind viele unsichtbare fliissige Lamellen in einer Fliissig- keit zu einem Netzwerk vereinigt, wie bei einem Schaum mit fliissigen Schaumwanden, so wird man aus der Fliissigkeit lange Fiiden ziehen konnen. Die Faden werden sich aber auch bis zu einer gewissen Lange bilden bei einem Netzwerk von festen Wanden, sohald die festen Schaumwande reissen und nicht mehr geschlossene Zellen von constantem Volumen umschliessen.

Die Eigenschaft einer Flussigkeit, Faden zu ziehen, be- weist also das Vorhandensein eines Netzwerkes von Schaum- wanden, auch wenu diese unmerklich diinn oder unsichtbar sind. Ob die Schaumwande aus fliissiger oder fester Substanz bestehen, bleibt dabei eine offene Frage.

Die fliissigen Schaumwande zweier Sohaummassen konnen bei der Beriihrung ineinander fliessen und beide Schaum-

. massen zu einer einzigen verschmelzen. Sind die Schaum- wtinde erstarrt, so ist die Verschmelzung nicht mehr moglich.

Das Vorhandensein und die Lage der unmerklich dicken und unsichtbaren Fliissigkeitsschichten von Blasen und Schaum- wanden lassen sich also nachweisen:

1. Durch die Anordnung in Kugelflachen oder Kreisbogen, welche die in den diinnen Schaumwtinden oder Schaumkanten eingelagerten sichtbaren Teilchen zeigen.

1) G. Quincke, Wied. Ann. 36. p. 563. 1888.

Page 9: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

UkXchtbare J%bdgh.eisSchichtm stc. 639

2. Durch die kugelfdrmige Gestalt der diinnen Fliissig- keitsschicht, welche zwei Teile der whserigen Grundfliissigkeit von verschiedener Farbe oder verschiedener Lichtbrechung oder zwei Teile mit Krystallmassen von verschiedenem optischen Hauptschnitt trennt.

3. Durch die Aenderung des Volumens der beiden ver- schieden gefkrbten Teile der Grundfliissigkeit und die Aenderung der Kriimmung der trennenden kugelformigen Fliissigkeits- schicht, wenn ein Teil der Grundfliissigkeit mit Diffasion durch die diinne fliissige Trennungsschicht hindurchwandert.

4. Durch den Widerstand, welchen die strijmende Grund- fliissigkeit und die darin schwebenden Teilchen an der diinnen (schwer beweglichen) Fliissigkeitsschicht finden.

5. Durch die Einschniirungen, Anschwellungen oder Form- anderungen, welche die von ausseren Krilften (Schwere und Fliissigkeitsstromung) zu Hohlcylindern umgeformten diinnen Fliissigkeitsschichten zeigen, die eine gefarbte oder mit fremden Teilchen (Krystallen) erfiillte Grundfliissigkeit umhiillen.

6. Durch die plbtzliche, stossweise erfolgende Ausbreitung von frisch gebildeter fremder Fliissigkeit C an der Oberflilche der diinnen Fliissigkeitsschicht , die von einer platzlichen (wirbelnden) Bewegung der Fliissigkeit in der NAhe des Aus- breitungscentrums begleitet ist.

7. Viele unsichtbare Schaumwande konnen die Qrund- fliissigkeit scheinbar scbwer beweglich macben. Oelschaume in wilsseriger Grundfltissigkeit mit sichtbaren oder unsicht- baren Schaumwiinden zeigen einen ahnlichen Widerstand gegen iiussere Krafte , Schwere oder Fliissigkeitsstramungen, wie Ga€lerte. l)

8. Ebenso lassen das Fadenziehen von Fliissigkeiten oder die Randfalten und die Doppelbrechung von Platten aus halb oder ganz eingetrockneter Fliissigkeit auf fliissige oder fest- gewardene Schaumwande im Innern der Fliissigkeit schliessen.

Die unter l., 4., ?., 8. aufgefuhrten Erscheinungen werden auch wahrgenommen, wenn die diinnen unsichtbaren Lamellen urspriinglich aus Fliissigkeit bestanden und spater in feste Substanz iibergegangen oder umgewandelt sind.

1) G. Quincke, Wied. Ann. 36. p. 578. 1888; 63. p. 616. 1894. 41 *

Page 10: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

640 G. Quincke.

I. Niederechlagmembranen. Netalladzvegetationen. Kunstliohe Zellen.

8 23. Russige Niederschlage. Entstehen bei der Ein- wirkung wtisseriger Losungen 1 und 2 von zwei Idetallsalzen chemische Verbindungen, welche in Wasser unliislich sind, so bildet sich ein Niederschlag. Dieser Niederschlag wird zu seiner Entstehung und Abscheidung eine gewisse Zeit brauchen und kann ferner fliissig bleiben, ehe er erstarrt.

Die Niederschlage bilden d a m , solange sie fliissig sind, eine olartige, klebrige Fliissigkeit A in Wasser oder wasseriger Salzlosung B mit einer Oberflachenspannung an der gemein- samen Grenzflache von A und B.

Geringe Mengen dieser chemischen Verbindung sind in der umgebenden Fliissigkeit loslich. Die Abscheidung des Niederschlages erfolgt erst, wenn sich eine bestimmte Menge desselben in der Volumeneinheit des Losungsgemisches ge- bildet hat, wenn eine iibersattigte Liisung des Niederschlages entstanden ist. Die Bildung einer geringen Menge des fliissigen oder festen Niederschlages leitet dann - durch Contact- wirkung - die Abscheidung der ganzen Menge der an der betreffenden Stelle des Fliissigkeitsgemisches vorhandenen chemischen Verbindung als olartige Fliissigkeit A oder als feste Substanz ein.

Im allgemeinen wird also die Bildung des (olartigen) Niederschlages in kurzen Zwischenraumen oder periodisch er- folgen.

Sehr haufig geniigt die Zeit, wahrend welcher der Nieder- schlag noch fliissig ist , demselben eine besondere Gestalt zu geben, unter dem Einfluss der Oberflachenspannung an der Grenzflache von fliissigem Niederschlag und umgebender Fliissig- keit. Umgekehrt wird man dann aus dieser Gestalt auf die Entstehungszeit und die Grenzfiachenspannung an der Grenze von Niederschlag und umgebender Fliissigkeit schliessen kbnnen.

Die Oberflachenspannung des olartigen Niederschlages an der Grenze der Fliissigkeiten 1 und 2 muss zunehmen mit der Dicke des Niederschlages und wird einen constanten Maximalwert erreichen, sobald die Dicke grosser ist als 2 1

Page 11: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichthare Bussiykeitsschichten etc. 641

oder als die doppelte Wirkungsweite der Molecularkrite (> als 0,0001 mm).

Hat der olartige Niederschlag an allen Stellen gleiche Dicke und gleiche Oberflachenspannung, so hat er fiberall das gleiche Be- streben, eine moglichst kleine Oberflache zu bilden. Entsteht er an einer cylindrischen Grenzflache mit kleinem Radius und bildet einen lanngen dunnwandigen Schlauch, so zerfallt er in einzelne kugelformige Blasen und schliesst sich am Ende kugelformig.

Scheidet sich der olartige Niederschlag auf der Cylinder- flache periodisch in verschiedener Dicke ab und die Dicke ist < 21, so wird er nach den Stellen grosserer Dicke oder grosserer Oberflachenspannung hingezogen rind an diesen Stellen kiirzer oder concav.

Bildet sich der Schlauch an einer Grenzflache, die sich mit verschiedener Geschwindigkeit vergrossert (z. B. an der Oberflache einer Flilssigkeit 1, die wegen der Nachbarschaft fester Wande oder klebriger Massen mit verschiedener Ge- schwindigkeit in eine Fliissigkeit 2 einstromt), so wird der olartige Niederschlag an den Stellen grosster Stromungsge- schwindigkeit die grosste Dicke und die grijsste Oberfliichen- spannung haben , weil hier die grosste Menge Niederschlag bildender Materie der Grenzflache zugefiihrt wird. An den Stellen grosster Geschwindigkeit muss sich die Schlauchwand concav, an den Stellen kleinster Geschwindigkeit convex kriimmen. Ein dunner Faden von Flussigkeit 1, die in ruhende Fliissig keit 2 in einem Glasriihrchen schief zur Axe des Glasrohrchens einstromt, muss also einen Schlauch bilden, der auf der Seite der Glaswand convex, nach der Axe des Rohrchens zu concav ist, d. h. er wird eine gewundene Schraube bilden, deren Windungen parallel der Rohrchenwand liegen.

Oft entsteht der olartige Niederschlag an der cylinder- formigen Grenzflache zweier Fliissigkeiten bald links, bald rechts in grosserer Dicke, indem bald links, bald rechts Wirbel auftreten, und dadurch die niederschlagbildende Materie bald links, bald rechts in grosserer Menge angeh&uft wird. Dann wird der mit dem olartigen Niederschlag eingehwte Schlauch bald links, bald rechts concav sein, d. h. er wird eine Wellenlinie oder ebene Sinuscurve bilden. Diese schrauben- oder wellenfi5rmigen Schliuche entstehen besonders in ve rdmten Sdzlasungen, wo

Page 12: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

642 G. Quincke.

die Dicke des olartigen Niederschlages sehr gering ist und seine Oberfliichenspannung bedeutend mit der Dicke wechselt.

1st die Dicke und die Oberflachenspannung der Oelhaut des cylindrischen Schlauches an allen Stellen desselben Quer- schnittes dieselbe, und fur verschiedene Querschnitte ver- schieden dick, so wird die Cylinderflache an den Stellen grosster Dicke der Oelhaut concav, an den Stellen mit kleinster Dicke convex werden. Der Cylinder zerfallt in einzelne kugelformige Blasen, die an den diinnsten Stellen der Oelhaut sich bilden

Entsteht der olartige Niederschlag periodisch von ver- schiedener, aber sehr geringer Dicke an ebenen oder schwach gekriimmten Grenzflachen der Fliissigkeiten 1 und 2, z. B. an Cylinder- oder Kugelflachen von grossem Radius, so wird die Oelhaut nach den Stellen grosster Dicke mit der grossten Oberflachenspannung hingezogen und bildet einzelne runde Oellinsen , die in der diinnen zuriickgebliebenen Oelhaut von sehr geringer gleichartiger Dicke schwimmen , wie die linsen- formigen Fetttropfen auf einer Fleischbriihe oder einer fettigen Wasseroberflache.

Diinne feste Membranen haben eine Oberflachenspannung und das Bestreben eine miiglichst kleine Oberflijlche , anzu- nehmen. Da aber die Teilchen parallel der Oberfliche schwer verschiebbar sind , so bilden diese Membranen keine Blasen, sondern rollen sich zu einer Cylinderflache zusammen. l)

Die diinnen Niederschlage an der Grenze zweier Flussig- keiten werden sich an l i ch wie eine feste Membran verhalten ; urn so ahnlicher, je klebriger die olartige Fliissigkeit ist, aus der sie bestehen.

Eine dunne Haut von olartiger, sehr klebriger Fliissigkeit, die als fliissiger Niederschlag an der Grenze zweier Flussigkeiten entstanden ist, wird sich leichter biegen, als verdicken oder verdiinnen durch Fliissigkeitsstromung in ihrem Innern. Sie rollt sich dann wie ein Papierblatt zu einem Cylinder- oder Kegelmantel zusammen und bildet am Rande wellenformige Falten’ oder spitze Tiiten.

Ich werde im Folgenden zeigen, dass diese Auffassung der Bildung chemischer Niederschlige - periodische Abscheidung

1) 0. Qninoke, Wied. Ann. 36. p. 572. 1888.

Page 13: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Riisszgkeitszchichten etc. 643

flussiger chemischer Yeerbindungen, die erst spater, nach Secunden, Stunden oder Monaten fest werden - durch die Erfahrung be- stiitigt wird.

An den dunnen, einmnl gebildeten flussigen oder festen Niederschlag kann , bei Beruhrung mit anderer uberstittigter Lasung des Niederschlags, sich neue Substanz anlsgern durch Contactwirkung. Der dlinne Niederschlag wird sich ohne wesentliche Formiindernng verdicken.

0 24. Priihere Brbeiten. C. G. Ehrenbe rg l ) fand 1836 unter dem Mikroskop in Quarz, auch in wahren Krystallen, dicht aneinander gedriingte Kugelchen, welche bis 0,0004 mm Durchmesser hatten. Aehnliche Korner entstehen, wenn man aus Kieselsaurefliissigkeit durch Siiure die Kieselerde nieder- schlagt. Durch Erhitzen coagulirtes Eiweiss zeigte dicht an- einander gedriingte Kugelchen; Porzellanstabchen bestanden aus regelmiissig aneinander gereihten Kifgelchen, die sich nach allen Richtungen kreuzten.

G. Rose a) hat 1837 durch Fallen von Chlorcalciumlosung mit kohlensaurem Ammoniak oder kohlensauren Alkalien kleine Kugeln erhalten, die grosser wurden und sich in Kalk- spatrhomboeder verwandelten. E r fand auch einen flockigen Niederschlag, der splter kornig wurde und unter dem Mikro- skop Rhomboeder zeigte, oder Formen wie Schneesterne, Scheiben mit welligem Rand, und in einem Tropfstein von Freiberg sechs pyramidale Zellen um einen runden Kern gruppirt.

1839 beobachtete Links) bei NiederschlMen von wasserigen Kalk- und Bleisalzlosungen mit kaustischem Kali, Natron oder Kohlensiiure die Bildung von runden Kornern, welche zu- sammenflossen und spiiter Krystalle bildeten. Eisensulfat- oder Zinksulfatlosnng mit Ammoniak , Kupfersulfatlosung mit Schwefelwasserstoff oder Metallsalzlosung mit Losungen von Ferrocyankalium gehllt, gaben Platten mit Kiirnern, oder Platten, deren Ursprung am Kornern zu erbennen war.

1) C. Gt. Ehrenberg, Pogg. Ann. S. p. 102. 1836. 2) G. Rose, Pogg. Ann. 42. p. 354. 1837; 111. p. 157. 1860;

Abhandl. d. h. Aked. d. W h s c h . zu Berlin p. 50. 1866. Taf. IV, E g g . 8 u. 10.

3) H. F. Link, Pogg. Ann. 46. p. 258. 1889.

Page 14: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

644 G. Quincke.

F. F. Rungel ) hat wohl zuerst (1855) die periodische Bildung von chemischen Niederschlagen beschrieben. Er liess in den Poren von Fliesspapier wasserige Losungen der Sulfate von Kupfer, Eisen, Mangan, Zink oder des Eisenchlorids und wasserige Losungen von gelbem oder rotem Blutlaugensalz aufeinander einwirken. Die farbigen Niederschlage zeigten sich an den verschiedenen Stellen des Papieres neberieinnnder und schieden sich wiederholt nach kiirzerer oder Iangerer Zwischenzeit ab. Die von den farbigen Niederschlagen ge- bildeten Zeichnungen anderten sich mit der Concentration der Salzlosungen und bei Zusatz von Ammoniaksalzen, Kali- lauge, Oxalsaure und anderen Stoffen. Bei der Gestaltung dieser Bilder, welche in dem angegebenen Werke in zahl- reichen Exemplaren von grosser Schonheit eingeklebt sind, sol1 das Loschpapier ,,recht eigentlich vermittelst seiner Haar- rohrchenkraft thatig sein" und weiter ,,eine neue, bisher un- bekannte Kraft", die F. F. Runge ,,Bildungstrieb" nennt und als ,,Porbild der in den Pflanzen und Thieren thatigen Jebens- kraft" betrachtet (1. c. p. 32).

Ton der Grenzflachenspannung der olartigen fliissigen Niederschlage hangt, wie ich weiter unten zeigen werde, die Form der baum- und strauchartigen Metallvegetationen ab, die Rud. Bot tgera j mit erbsengrossen Stiicken von krystalli- sirtem Eisenchloriir, Eisenchlorid, Cobaltchloriir, Mangansulfat, Kupfernitrat und Kupferchlorid in einer wasserigen Losung von Natronwasserglas vom specifischen Gewicht 1,180 er- halten hat, ohne eine Erklarung fur ihre Entstehung zu geben.

Ebenso hangt von der Grenzflachenspannung olartiger Niederschlage die Form der Zellen ab, welche M. Traube3) mit Leim und Gerbsaure; mit Kupferacetat und Bleiacetat in Wasserglaslosung; mit Kupferchlorid, Kupferacetat, Bleiacetat

1) F. F. Runge, Prof. der Gewerbekunde, Der Rildungstrieb der Stoffe veranschaulicht in selbstlndig gewachsenen Bildern. Fol. Oranien- burg 1855. (Selbstverlag.)

2) R. Bottger , Jahresber. des physik. Vereins zu Frankfurt a/M.

3) M. T r a u b e , Centralbl. f. d. medicin. Wissensch. Nr. 7. 1866; Gesammelte Abbandl. p. 207-212. 1899; Reichert's u. du Bois-Reymond's Archiv p. 87. 1867; Gesammelte Abhandl. p. 213-277. 1899.

p. 57. 1865-1866.

Page 15: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Russigkeitsschichten etc. 645

und Quecksilbernitrat in wiisseriger Losung von Kaliumeisen- cyaniir erhalten hat.

Diese Zellen und Niederschlagmembranen sind dann weiter von J. Reinkel ) , Fe rd . Cohna) , mir8) und H. d e Vries4) untersucht worden, welche das ruckweise Wachsen und die Umwandlung der Niederschlagmembran aus dem gallertartigen quellbaren in den bruchigen Zustand und die Durchliissigkeit der Membran fur die Membranbildner beobachteten.

Damit war die Traube'sche Ansicht von einer Nieder- schlagmembran widerlegt, die aus einem Netz fester Substanz bestehen sollte , dessen kleinere Locher die Membranbildner zuruckhielten und dessen grossere Locher den Membranbildnern den Durchgang gestatteten, sodass die griisseren Locher dnrch neugebildete Niederschliige verstopft und die Membran durcb Intussusception vergrossert wurde.

Uebrigens hat M. T r a u b e selbst die Niederschlagmem- branen spater 6, als diinne Schichten einer festen Gallerte auf- gefasst, in welche mechanisch Wasser eingeschlossen ist.

Auch G. Tam'manns) hat eine grosse Reihe von Nieder- schlagmembranen mit den Losungen eines Chlorids oder Sulfats eines schweren Metalles und den Losungen von phosphorsauren und kieselsauren Salzen, Ferrocyankalium und anderen Salzen hergestellt und die grosse Mehrzahl der Membranen fiir ihre Membranogene permeabel gefunden. Nach G. Tammann') sind alle Niederschlagmembranen hydratische Stoffe, und gewisse Membranen , wie die Ferrocyankupfer- und Gerbsaurer Leim- Membran, sind gleich nach ihrer Entstehung in allen Eigen- schaften durchaus diinnen FliisRigkeitsschichten vergleichbar.

Uebrigens hat schon Grahams) farblose Gallerte beim Zu- sammenbringen von concentrirten Losungen von K,FeCy, und

1) J. Reinke, Bot. Zeitschr. 33. p. 426. 1875. 2) F. Cohn, Bot. Zeitschr. 34. p. 698 u. 714. 1876. 3) G. Qnincke, Pogg. Ann. 160. p. 122. 1877. 4) H. de Vries , Arch. NBerland. 13. p. 344. 1878. 5) M. Traube, Geeammelte Abhandl. p.281. 1899. 6) G. Tammann, Wied. Ann. 34. p. 303. 1888. 7) G. Tammann, Zeitschr. f. physik. Chem. 9. p. 100. 1892; 10.

8) Th. Graham, Phil. Trans. 161. p. 183. 1861; Chem. phys. res. p. 263-264. 1892.

p. 583. 1876.

Page 16: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

646 G. Quincke.

CuSO, erhalten. In neuester Zeit hat Biitschli’) mikro- skopische Abbildungen der Niederschlagmembranen aus Ferro- cyankalium mit essigsaurem Kupfer oder Eisenchlorid gegeben.

Famin tz in2 ) hat, wie L i n k und Gus tav Rose, kugel- f6rmige Niederschlage bei Einwirkung concentrirter Losungen von CaCl, und K,CO, erhalten, deren Volumen schnell zu- nahm nnd d a m plotzlich einen kugeligen oder bisquitartigen Kern und concentrische Schichten zeigte; ferner Gebilde wie Spharokrystalle oder Starkekorner.

Ausserdem haben H a r t i n g , Vogelsang , H a n s e n , Bii t s c h l i die Gebilde bei Einwirkung wasseriger Losungen von Chlorcalcium und kohlensauren Alkalien untersucht. Nach V o g e 1 s an g 9 verharren die Kalkkorperchen in den Formen, welche aus der Verdichtung des amorphen globulitischen Nieder- schlages der Lijsungen von CaCI, und kohlensaurem Ammoniak hervorgegangen sind. E r beschreibt aneinander hangende Kugeln und Blasen und brombeerartige Gebilde. Die Menge der kugel- formigen Gebilde wurde grosser, wenn man der Lbsung etwas Gelatine zufugte. Auch Hansen,) hat nach dem Vorgang von Bar t ing 7 die Bildung der Sphiirokrystalle aus Kalksalzen mit kohlensauren oder phosphorsauren Alkalien bei Gegenwart von Leim und Eiweiss untersucht und hillt diese schleimigen, die Krystallisation hindernden Medien nijtig fur die Bildung der Sphfirokr y s t alle.

Ich werde weiter unten zeigen, dass Leim und Eiweiss die Eigenschaften der Niederschlage sehr wesentlieh modifi- ciren und nicht bloss durch ihre Gegenwart als schleimige Substanzen wirken. Dass auch ohne Leim und Eiweiss aus Losungen von CaCI, und K,CO, Spharokrystalle entstehen, folgt schon aus den Versuchen von F a m i n t z i n , welche von

1) 0. Biitechli, Untersuchungen iiber Structuren p. 139. Taf. VII,

2) A. Famintzin, Verhandl. naturh.-med. Ver. zu Heidelberg 6.

3) H. Vogelsang, Die Krystalliten, p. 86 u. Taf. XI, Fig. 1. 8O.

4) A. Hansen, Arbeiten dee bot. Inst. Wiirzburg p. 113. 1884. 5) P. Harting, Recherche6 de morphologie synthbtiqne sur la

production artificielle de quelques formations calcaires orgdques. Amster- dam 1872.

10; XXIV, 4. 8O. Leipzig 1898.

p. 18. 26. Febr. 1869.

Bonn 1875.

Page 17: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Um‘chtbare H&sigReitsschichten etc. 647

B u t s c h l i l) wiederholt und erweitert wurden, welcher SphBrite aus kohlensaurem Kalk mit polarisirtem Licht untersuchte und darin zuweilen abwechselnd optisch positive und negative Schichten fand.

Die OberfI%chenspannung ist in den vorstehend erwjihnten Untersuchungen zur Erklarung der Entstehung und Structur der Niederscblagmembranen nicht herangezogen worden.

8 25. Niederschlagmembranen mit Losungen von Ferrocyan- kalium und Kupfersulfat. Rohrchenmethode. Die Niederschlie an der Grenze zweier Salzlosungen lassen sich bequem in folgender W eise untersuchen.

Aus dunnwandigen hohlen Glasfaden von 0,5- 1 mm Durchmesser wurden mit einem scharfen Glasmesser Stiicke von 6-10 mm Lange glatt abgeschnitten. Die Glasrohrchen wurden durch Beriihrung rnit der einen Salzlosung gefullt, zu zweien nebeneinander rnit 6 mm Abstand auf einen Object- trager unter ein Deckglas von 18 x 18 mm gelegt, das Deck- glas mit der Praparirnadel festgehalten und mit einer Pipette ein Tropfen der zweiten Salzlosung unter das Deckglas ge- bracht. Der Inhalt der Rohrchen kann dann mit den stkksten Vergrosserungen eines gewohnlichen Mikroskopes untersucht werden (vgl. Fig. 4, 5 7).

Mit dem Durchmesser der Glasrohrchen wachst der hydro- statische Druck, unter welchem die Flussigkeiten sich mischen und auf die gebildete Niederschlagmembran driicken. Durch Neigen des Objecttrilgers gegen die Hoiizontalebene kann man den hydrostatischen Druck weiter verilndern und das Durch- brechen der erstarrten Niederschlagmembran beschleunigen.

Haufig verweGdete ich bei den folgenden Versuchen so- genannte ”, ,,-Normalltisungen, welche in der Volumeneinheit chemisch aquivalente Mengen Substanz enthielten.

Der Uebersicht wegen gebe ich hier specifisches Gewicht c und Concentration c einer Reihe von mir benutzter Salzlosungen, welche in 100 ccm c g Salz enthielten (a/,-Normallosungen mit Ausnahme von Natrium- und Kaliumsilicat).

1) 0. Btitschli, Structuren, p. 118-129. Taf. VII, 8; XYZII, 1-6; Xxm, 4. 1898.

Page 18: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

648 G. Quincke.

Kupfersulfat Kupferchlorid Cobaltchlorid Nickelchlorid Eisenchlorid Ferrocyankalium Natriumsilicat * Kaliumsilicat * Salzshre Schwefelstiure

Spec. Gew.

U

1,155

1,126 1,129 1,086 1,106 1,053 1,078 1,033 1,061

1,109

Aus diesen Salzlosungen

In 100cem Liisung sind

c g r

24,96 17,65 23,85 23,"s 16,22 21,13

12,33 7,29 9,81

-~ -___

5,79

Salz

CuSO, + 5 H,O CuCI, + 2 H,O CoCI, + 6 H,O NiC1, + 6 H , O FeC& K4FeCy6 + 3 H,O Na,O + 0,66 Sio, K,O + 2,88 SiOz HC1 wo4

:rhalt man durch Verdiinnung mit n Volumen Wasser verdiinnte Salzlosungen, welche an- genahert die Concentration c l n + 1 und das specifische .Ge- wicht l + (c - l)/(. + l) haben.

Mit Kupfersulfatlosung vom spec ihhen Gewicht 1,019 in dem Glasrohrchen als Fliissigkeit 1 und Ferrocyankaliumlosung vom specifischen Gewicht 1,025, ausserhalb des Glasrohrchens unter dem Deckglas, als Fliissigkeit 2 erhalt man an der Be- riihrungsfliiche beider Fliissigkeiten eine braune, aber durch- sichtige Haut von fliissigem olartigen Ferrocyankupfer (Cu,FeCy,), welche die Gestalt eines Kugelabschnittes hat, nach kurzer Zeit (etwa 1 Secunde) erstarrt und von dem hydrostatischen Druck der specifisch schwereren Ferrocyankaliumlosung durch- brochen wird. Diese stromt als cylindrischer Fliissigkeitsstrahl in die KupfersulfatlBsung ein, bildet an der Beriihrungsfliche mit der Kupfersulfatlosung einen fliissigen Schlauch von Cu,FeCy,, der sich zu einer hohlen kugelfdrmigen Blase zusammenziehen will. Ehe der Gleichgewichtszustand erreicht ist, erstarrt der fliissige Schlauch, wird an der diinnsten Stelle an seinem vorderen Ende von neuem durchbrochen, es folgt derselbe Vorgang von neuem, die einzelnen in der Mitte erweiterten Schlauchstucke reihen sich aneinander und bilden eine hohle Rohre mit einzelnen Anschwellungen von erstarrtem Ferro- cyankupfer.

Allmiihlich wird die Fliissigkeit dabei weniger concentrirt, der hydrostatische Druck kleiner, die Kuppe wird nioht mehr

Page 19: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Umichtbars Xssigkeitmhichtm etc. 649

durchbrochen, der Schlauch ist geschlossen und hort auf weiter zu wachsen. Die Fig. 8, a, b bis f geben die aufeinander folgenden Formen der Schlauchstucke. Die Anschwellungen in Fig. 8, e und f hatten etwa 0,6 mm Liinge und einen grassten und kleinsten Durchmesser von 0,l und 0,04 mm. Eine Anschwellung bildete sich etwa in 5-10 Secunden aus.

Fig. 8.

Wenn die Salzlosung verdiinnter wird, bleibt der ent- stehende Niederschlag linger fliissig. Am geschlossenen Ende setzt sich haufig eine grossere Menge olartigen Niederschlages ab (Fig. 8, g) und bildet ein dunkles Horn mit durchsiohtiger Kuppe.

a,

b

Fig. 9.

Stromt die Fliissigkeit 2 durch die in die feste Membran gebrochene Oeffnung zufillig schief und nicht parallel der Rohrenaxe aus, so wird der Strahl der Flussigkeit 2 schrauben- formig und die erstarrten Schlauchstucke bilden eine schrauben- formige Rohre.

Mit der periodischen Bildung der blasenfdrmigen An- schwellungen des Schlauches wechselt auch die Strijmungs- geschwindigkeit in seinem Innern periodisch. Bei passender Stromungsgeschwindigkeit und passender Concentration fehlen

Page 20: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

650 G. Quinche.

die Kuppen am vorderen Ende der Schlauchstiicke, und der fliissige Niederschlag bildet nur rohrenfiirmige, in der Mitte erweiterte Schlauchstucke oder eine Rohre mit Anschwellungen von 0,l-0,03 mm Durchmesser. Haufig beriihren die fliissigen Schliuche an den erweiterten Stellen die Glaswand, kleben an dieser fest und lassen deutlich die ebene elliptische Beriihrungs- flache erkennen (Fig. 9, a, b). Die Kuppen sind zuweilen flach (Fig. 9, c).

In den Wanden der einzelnen Schlauchstucke zeigen sich oft einzelne dunklere convexe Querstreifen oder Rippen und im Innern kugelformige Blasen von 0,015-0,045 mm Durch-

messer (Fig. 10). Nach 12 Stunden erscheint die Schlauchwand verdickt und faltig.

Die Querstreifen ruhren davon her, dass sich der olartige Niederschlag in kurz aufeinander fol-

genden Zeitabschnitten verschieden dick abscheidet , und so lange seine Dicke kleiner ist, als die doppelte Wirkungsweite der Molecularkrlfte, nach den dicksten Stellen mit der grossten Obeflichenspannung hingezogen wird.

Nach Verdiinnung mit dem gleichen Volumen Wasser gaben Kupfersulfatlosung (1,009) in dem Glasrohrchen und Ferrocyankaliumlosung (1 ,O 1 2) ausserhalb des Glasrohrchens unter dem Deckglas ahnliche Schlauche mit Anschwellungen, aber von grosserem Durchmesser, die weit langsamer erstarrten als bei der starkeren Kupfersulfat.losung. In der Schlauch-

wandpng waren bei passender Beleuchtung zahl- reiche Schaumwande oder kleine Kreise, wie Linsen oder Pockennarben, sichtbar, die in Kreisbogen angeordnet waren (Fig. 11).

Ferner entstehen durch Einwirkung des Wassers auf die dunne Haut von flussigem Niederschlag in dieser Haut neue olartige Scheidewande. Die von diesen olartigen Scheide- wanden umhiillten Blasen oder Schaumzellen konnen durch Aufnahme von diffundirendem Wasser ihr Volumen vergrossern und bleiben auch nach dem Erstarren der Schaumwande sicht- bar. Die Niederschlagmembran verwandelt sich in eine diinne, mit Blasen oder Schaumzellen erfullte Haut, wie ich es weiter unten beim Aufquellen des Leimtannats oder der Bildung der Zellen aus Leimtannat ausfdhrlicher erortern werde.

Fig. 10.

3 F ~ ~ . ll.

Page 21: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbme Rliissigkeitsschichten etc. 651

Bringt man Glasrijhrchen mit CuS0,-Losung (1,155) in K,FeCy,-Lbsung (1 ,log), so &esst die achwerere CuS0,-LBsung unten aus, die leichtere K,FeCy,-Losung oben ein; um so langsamer, je enger das Glasrahrchen oder je kleiner die hydrostatische Druckdifferenz ist. Dabei fiesst die Losung wegen der Klebrigkeit oben in der Niihe der Glaswand etwas langsamer, als unten naher der Mitte des Rohrchens. Man sieht nun an der Berubrungsflache beider Fliissigkeiten eine hellbraune Haut von Cu,FeCy, sich bilden und auf dieser (durch Einwirkung des Wassers oder durch Wasserabgabe?) ein Netzwerk von dunkelbraunen Lamellen. Diese Haut riickt mit der einstramenden Fliissigkeit vor , krummt sich anfwiirts und ruckwiirts. Aufwarts wegen des durch den Niederschlag kleiner gewordenen specifischen Gewichtes, riick- warts wegen der Obedachenspannung. Die riickliiufige Be- wegung erfolgt meist sprungweise in kurzen Zwischenraumen von 1 Secunde oder mehr. Beruhrt die fltissige Haut mit dem Netzwerk die Glaswand, so heftet sie an dieser. Beim Weiterfliessen wird die Haut mit dem Netzwerk weiter vorwiirts geschoben. Die Oberflhchenspannung der braunen , dickeren Teile der Haut und des Netzwerkes nimmt zu, einzelne dtinnere unsichtbare Teile der Haut werden durchbrochen , die Ober- flachenspannung der Schaumwiinde des Netzwerkes zieht diese plotzlich zuriick, oft um den halben Durchmesser des Wirbel- cylinders. Die vorwiirh fliessende Fliissigkeit kommt mit neuer CuS0,-Losung in Beriihrung, und der Vorgang wiederholt sich. Ob die diinnen Teile der Niederechlagmembran erstarren und yon der Fltissigkeitsstr6mung durchbrochen werden , oder ob sie in der umgebenden SalzlZisung sich auflisen, ist schwer zu entscheiden. Wir werden spiiter iihnliche , aber langsamer verlaufende Erscheinungen bei der Einwirkung von W asser auf Leimtannat wiederhden. Man sieht deutlich an dem vorderen Ende der langsam stromenden K,FeCy,-Losung in periodischem Wechsel die doppelt contourirten Schaumwiinde entstehen, aufwarts fliessen, Wirbel bilden ~ sich zusammen- ziehen und erstarren.

Der flussige Niederschlag enthiilt wahrscheinlich ausser Cu,FeCy, noch Wasser und vielleicht auch geringe Mengen der membranbildenden Salzlosungen. Derselbe giebt beim

Page 22: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

652 G. Quinche.

Erstarren Wasser ab , denn er wird dabei undurchsichtiger und specifisch schwerer, wie ich spater zeigen werde.

Die ruckwarts gelegenen Teile der cylindrischen Membran erscheinen dunkler und brauner. Die nebeneinander gelagerten

Cylinder bilden dunklere und hellere Streifen von erstarrten Schaumwanden (Fig. 12). Diese verdicken sich langsam, indem langs ihrer

Fig. 12. Oberflache Salzlosung fortkriecht oder sich ausbreitet, welche dann bei dem Zusammen-

treffen rnit der anderen Salzlosung von neuem Niederschlag- membranen, Schaummassen und nach dem Erstarren eine dicke brocklige braune Masse bildet.

Stromt die Flussigkeit aus dem Innern des Glasrohrchens nach aussen, oder ist das Glasrohrchen mit K,FeCy,-Losung gefiillt, und stromt diese leichtere Flussigkeit in die schwerere CuS0,-Losung unter dem Deckglas ein, so bilden sich die Wirbelcylinder und Schaummassen unter dem Deckglas und man sieht unter diesem in periodischem Wechsel die Nieder- schlagmembran entstehen, am vorderen Rande eine Wellenlinie mit spitzen Zacken und flachen concaven Bogen bilden, sich aufwartskriimmen und zuriickspringen , und schliesslich als

horizontale nebeneinander gelagerte Cylinder -x,--.-n .1 mit braunem Netzwerk oder braunen Schaum- ,--,-., ,-.. - wanden erstarren. Die einzelnen Wellenlinien

Fig. 13. hatten 0,012- 0,015 mm Abstand voneinander undbildetensichetwa in2 Secundenaus (Fig. 13).

Wenn die K,FeCy, - Losung rnit grosserer Stromungs- geschwindigkeit in die CuS0,-Losung im Innern des Glas- rohrchens einstromt, so bildet sich die olartige Haut des Nieder- schlages an der cylindrischen Oberflache des Flussigkeitsstrahles aus. Es entsteht ein gerader oder schraubenformiger Schlauch, dessen Wand von erstarrten Schaummassen gebildet ist? mit periodisch wechselnder Beschaffenheit, dicken braunen W b d e n im oberen, und diinnen durchsichtigen, von kugeligen Kornchen oder Blaschen umgebenen Wanden im unteren Teil der Schrauben- gange. In einem Glasrohrchen von 0,7 mm Durchmesser ent- stand z. B. ein Schlauch von 0,16 mm Durchmesser mit sieben Schraubengangen von j e 0,4 mm Ganghohe.

Die Wandmasse der Schlauche ist in concentrirter wiisse-

'\

--A-

Page 23: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichlbare B%ssighcijsschichten etc. 653

riger Losung von K,FeCy, loslich. Lhst man das Wasser unter dem Deckglaa verdampfen, b r i m xu den trockenen Salzmassen unter dem Deckglas ein wenig Wasser, so sieht man die Schlauche und Horner am Ende der Schlauche auf- quellen, ihre Gestalt andern und sich auflosen, indem sie vor der Auflosung eine olartige braune Haut bilden, die sich wegen der Oberfliichenspannung zu kugelformigen Blasen contrahiren will.

Sehr kleine Mengen fiemder Substanz haben einen grossen Einfluss auf die Bildung der Schaumwande. Ich setzte der CuSO,-Losung einen Tropfen Schwefelsiiure zu, um die Bildung basischer Kupfersalze zu verhiiten. Dann bildet sich in dem Glasrohrchen mit Cu80,-Losung (1,155), in welche die K,FeCy,- Losung (1,106) oben einstromte, eine olartige Niederschlag- membran mit grossen wellenformigen Falten am vorderen

Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16.

R,ande (Fig. 14). Die gefdtete Haut rollt eich zu einem nach nnten offenen faltigen Cylinder zusammen, dessen horj- zontale Axe parallel der Stromungsrichtung liegt (Fig. 15). Kmze Zeit darauf geht der vordere Teil des fdtigen Cylinders nach oben nnd riickw2irts (Fig. 16). Es entsteht ein sattel- f&migea faltiges Gebilde, das sich nach oben einrollt um eine horizontale, zur ;Strbmungerichtuag senkrechte Axe, iihnlich den cylindrischen WtrBdn bei reiner CuSO,&Lasnng. Diese Wirbel entstehen in periodischem Wechsel, wglzen sich durcheinander und lings der Glasw&nd fort und bilden ein grosses System auaammenhangender SchmmaSnde, die je nach dem Saure- gehralt verschiden s c h n d erstarren.

Die Verlangerung und Faltenbildung am Rande der Mem- bran von Cu,FeCy, hat grosse Aehnlichkeit mit der Falten- bi€dnng von h i m - und KiesdsiSnremembranen, welche auf Quecksilber eingetrochet und erstarrt Bind. Ich halte es d&er fir wahrscheinlich, dass anch bei den Membranen von Cu,FeCy, die Verlhgerung und Faltenbildung von vielen un- sk&tbrrm &beidtinwbdm 6lsrtiger Flilssigkeit herrbhrt, die

Amden dsr Phynlk. IV. Fob. 7. 42

Page 24: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

654 G. Quincke.

sich im Innern der flussigen Membran abscheiden, die gegen- uberliegenden Aussenflachen der Membran gegeaeinander ziehen und die Membran verlingern.

9 26. Niederschlagmembranen mit Aosungen vvn Ferro- cyankalium und Kupfersulfat. Hebermethode. Statt die Losungen von CuSO, und K,FeCy, in engen horizontalen Riihrchen unter einem Deckglas miteinander in Beruhrung zu bringen, kann man auch die schwerere Fliissigkeit in diinnem Strahl

Fig. 17.

- von 0,2-0,5 mm Durch- messer in die leichtere Flussigkeit einstromen lassen.

Ich benutzte fur diese Versuche schmale Trbge aus zusammengeschmol- zenem Spiegelglas von 10 x 10 x 1 cm mit verticalen Wanden von 10 x 10 cm. Indem man die 8alzlSsung an einem

Glasstab herabfliessen und auf einer horizon- talen Korkscheibe am unteren Ende des Glas- stabes horizontal ab-

fliessen lasst auf die horizontale Fliissigkeitsoberflache im Troge, lassen sich Salzlosungen verschiedener Concentration ubereinander schichteq. Der Glastrog wurde mit K4FeCy,- Losung vom specifischen Gewicht 1,025 gefiillt, oder 2 cm hohe Schichten mit den specifischen Gewichten 1,025, ,1,012, 1,006 und 1,003 wurden ubereinander geschichtet und darauf eine 1,5 cm hohe Wasserschicht gebracht, die sehr bald durch Diffusion ein wenig K,FeCy, .aufnahm.

Eine Glasconsole aus zwei Objecttragernl), die mit Siegellack an einen rechtwinkelig geschnittenen Kork gekittet waren, wurde mit einer federnden Holzklammer K (Photographenklammer) (Fig. 17) in geeigneter Hijhe an dem schmalen Glastrog be-

1) G. Quincke, Wied. Ann. 62. p. 6 und Taf. I, Figg. 3 n. 4. 1894.

Page 25: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichthare Riissigkeitsschichten ete. 656

festigt und auf die Console ein kleines Becherglas von 2 cm Hohe und 1 cm Durchmesser gestellt, in welches ein heber- formig gebogener hohler Glasfaden von 0,5 mm Durchmesser eingehjingt war. Erweicht man das Glas an der Biegung des Hebers mit einer kleinen Alkoholflamme, so stellt sich der liingere Schenkel des Hebers durch sein Gewicht vertical. Der Heber wird mit einem Tropfen Colophoniumkitt am Rande des Becherglases befestigt , das Becherglas mit CuS0,-Losung gefiillt, die durch Capillarwirkung den Heber fullt, ohne aus- zufliessen. Bringt man die Heberoffnung unter die Fliissig- keitsoberflache im Glastrog, so fliesst die CuS0,-Losung hug- sam aus. Der ausfliessende Strahl hat an der Heberoffnung 0,2 mm, wenige Centimeter tiefer 0,4 mm Durchmesser. Er bekleidet sich mit einer d b n e n Haut von olartigem Nieder- schlag. Die olartige Haut enthalt dabei ausser Cu,FeCy, wohl noch Wasser und geringe Mengen der den Niederschlag bildenden Salzliisungen. Dieselbe zieht sich wegen der Ober- flichenspannung zusammen und bildet einzelne Anschwellungen in gleichen Abstgnden voneinander (Fig. 17). Bei CuS0,-Lbsung (1,155) mit einer Spur freier Schwefelsaure biegt sich das untere Ende des ausfliessenden Strahles seitlich und bildet einen Haken, dessen mittlerer Teil an- schwiUt und in einen kugelformigen Kolben ubergeht (Fig. 18, a, b, e). Bei geniigender L a n e reissen die Schlauche JJ TJ oder Haken sich durch ihr Gewicht 108, a b

und sinken in der umgebenden K,FeCy,- Losung unter.

Bringt man grossere Mengen CuS0,-Losung in K,FeCy,- Losung vom specifischen Gewicht 1,025-1,106, so entstehen Niederschlage, die noch einige Secunden nach ihrer Bildung fliissig bleiben, sich wie eine Gallerte mit einem Glasstabchen umriihren lassen und beim Ausziehen des Glasstiibchens kurze E’aden bilden.

Haufig bildet der aus dem Heber ausfliessende Strahl eine ebene Zickaacklinie oder eine Schraubenlinie mit mehreren Windungen, deren GanghShe nach unten abnimmt. Diese Er- scheinung deutet nach g 23 auf eine grossere Oberflachen- spanuung an der concaven und auf eine kleinere Oberffgchen-

Fig. 18.

42

Page 26: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

656 G. Quincke.

spannung an der convexen Seite des Schlauches, wegen ver- schiedener, aber sehr geringer Dicke der Schlauchwand.

Kleinere Mengen fiemder Substanz konnen die Erstarrungs- zeit und Klebrigkeit der olartigen Niederschbge und damit das Ansehen der Schlauche sehr erheblich modificiren. Kupfer- vitriolkrystalle, in kaltem oder heissem Wasser gelost , oder geliist und mit einer Spur Schwefelsaure versetzt, geben in derselben K,FeCy, - Losung bei sonst gleichen Bedingungen Schlauche und Zellen von verschiedenem Ansehen.

Eine Abteilung oder Anschwellung eines Schlauches ent- stand in 5 oder 30 Secunden, j e nachdem die CuSO,-Liisung vom specifischen Gewicht 1,02 mit warmem oder kaltem Wasser bereitet war.

Lasst man in den Glastrog mit iibereinander geschichteten K,FeCy,-Losungen vom specifischen Gewicht 1,025-1,003 aus einem Heber von 0,5 mm Durchmesser CuC1,-Lbsung vom specifischen Gewicht 1,011 einfliessen, so bilden sich am unteren Ende des eidiessenden Strahles schone durchsichtige Kolben

oder kugelfdrmige , aneinander gereihte Blasen von 3-4 mm Durchmesser mit einem conischen Schlauch- stiick am oberen Ende (Fig. 19), die allmahlich braun, undurchsichtig und schwerer werden und zu Boden sinken. Mit CuC1,- Losung von grosserer Concentration (1,109) entstanden bei demselben

Heber Kolben von 1,5 mm Durchmesser. Der olartige Nieder- schlag von Cu,FeCy, hatte eine grossere Oberflichenspannung als bei geringerer Concentration.

8 27. Metallsalzvegetationen in Ziisungen von Perrocyan- kalium. Statt die CuS0,-Losung aus einem engen verticalen Glasrohr ausfliessen zu lassen, kann man auch kleine Stuckchen von festen Kupfervitriolkrystallen in die K,FeCy,-LGsung ein- werfen. Dieselben losen sich am Boden des schmalen Glas- troges allm&hlich auf, bilden wasserige CuS0,-Losung , an deren Grenze mit der umgebenden Flussigkeit ein olartiger Niederschlag von Cu,FeCy, entsteht. Die Concentration der CuS0,- Losung nimmt dabei ab. Die specifisch leichtere CuS0,-Losung durchbiicht die erstarrte Haut des Nieder- schlages und steigt in diinnen Strahlen in der umgebenden specifisch achwereren KJ?eCy,-Losung in die Hohe. An der

Fig. 19. "0

Page 27: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Fliis&$sitsschichtm etc. 657

Oberflliche dieser langsam aufwiirts fliessenden Strahlen von CuS0,-Losnng bildet sich dann von neuem ein blartiger Niederschlag von Cu,FeCy,, ein Schlauch mit Oberfliichen- spannung und dem Bestreben, kugelformige Blasen oder An- schwellungen zu bilden. Nach kurzer Zeit iet der olartige Niederschlag erstarrt, die erstarrte Haut wird wieder vom hydrostatischen Druck der CuS0,-Losung durchbrochen, und das Spiel wiederholt sich von neuem in kurzen Perioden, wahrend die Concentration der Cu804-Losung fortwiihrend abnimmt. Die in kurzen Perioden entstandenen Schlauch- stiicke bilden die Aeste eines Strauches, der aus dem Krystalle am Boden des Ghstroges emporwachst, eine ,,Metallsalz- vegetation'(. Die Aeste bilden haufig Schraubenwindungen,

a Fig. 20.

wie bei den Strahlen von wasseriger CuS0,-Losung, die aus dem Heber in die K,FeCy,-Losung einfliesst. Mit der Er- starrungszeit und Klebrigkeit der olartigen Haut andern sich Lange, Durchmesser und Ansehen der gebildeten Schlauch- stucke oder Aeste. Fig. 20, a und c geben einen Strauch und die Kuppe eines Astes, die sich aus einem Stuckchen Kupfer- vitriol in K,FeCy, - Lasung vom specihchen Gewicht 1,025 entwickelt hatten; Fig. 20, b einen Ast in K,FeCy,-Losung von 1,011. Kleine Mengen fremder Substanz kbnnen die Er- starrungszeit und Klebrigkeit des olartigen Niederschlages und da- mit das Aussehen der Metallsalzvegetation erheblich modificiren.

Die Schlauchstiicke oder Aeste der Metallsalzvegetation lassen sich direct in dem schmalen Glastrog mit einem horizontalen Mikroskop betrayhten. Oder man kann sie mit einem hohlen Glasfaden anfsaugen und auf einem Objecttrager unter einem Deckglas mit einem gewohnlichen Mikroskop

Page 28: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

658 G. Quincke.

untersuchen. Dabei wird das offene untere Ende eines Qlas- fadens in die Flussigkeit getaucht, das obere zugeschmolzene Ende abgebrochen und nach dem Aufsaugen wieder zuge- schmolzen ; die Schlauchstucke zeigen Anschwellungen , Quer- wlnde , convexe Rippen , Pockennarben oder eingesprengte Linsen, und Schaumwande, wie die mit der Rijhrchenmethode (8 19) erhaltenen Schrauche.

Bei Zusammenfliessen von wasseriger CuS0,-Losung und K,FeCy,-Liisung entsteht also in kurz aufeinander folgenden

Fig. 21.

Zeitperioden ein Niederschlag, der zuerst flussig und olartig ist, unter dem Einfluss der Ober- flachenspannung Schlauche mit Anschwellungen, kugelformige Blnsen und Schaumwande bildet und nach 1-30 Secunden zu einer festen Masse erstarrt.

Brachte ich anstatt Kupfervitriol Krystalle von Kupferchlorid in den schmalen Glastrog mit den fiinf ubereinander geschichteten Losungen von K4FeCy6, so bildeten sich ebenfalls Schlluche aus olartigem Cu,FeCy6. Die Aeste der Metallsalzvege- tation erscheinen aber langer und dunner als mit CuSO,. In K,FeCy,-Losung vom specifischen Ge- wicht 1,012 zeigten die Schlauche Anschwellungen von 4 mm Lange und 0,2-0,12 mm Durchmesser mit Querwanden und zahlreichen convexen braunen Rippen in 0,03 mm Abstand voneinander. Einzelne Abteilungen der Schlauche enthielten kugelfdrmige Blasen von 0,l mm Durchmesser (Fig. 21).

Meist sind die erstarrten Schaumwande ionCu,FeCy, aus CuSO, einfachbrechend. Zuweilen sieht man aber zwischen gekreuzten Nicol'schen Prismen helle doppeltbrechende Massen bis 0,0006 mm dick, welche auf Kreisen von 0,02 mm bis 0,005 mm Durchmesser und auf Kreisbogen oder Schaumkanten mit Neigungswinkeln von 120 O verteilt sind. Wurden diese Schaummassen aus Cu,FeCy, mit Wasser unter einem Deck- glas zusammengebracht, so habe ich auch schone Spharo- krystalle beobachtet von 0,018 mm Durchmesser , welche zwischen gekreuzten Nicol'schen Prismen das dunkle Kreuz und mit einer Gypsplatte von A positive, in seltenen Fallen negative, Doppelbrechung zeigten mit optischer Axe parallel

Page 29: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare .Fliissiglisitsschichtan etc. 659

dem Radius. Dieselben bestanden aus einer kleinen Kernblase von 0,002 mm Durchmesser, um welche einzelne oder aneinander hangende Blasen von 0,0006 mm radial angeordnet waren, oder aus radialen Rahren mit kugelfdrmigen Anschwellungen, genau wie wir sie spiiter bei den SphZirokrystallen aus Calcium- carbonat wieder finden werden (Fig. 49, § 37).

Merkwiirdig ist die starke Brown’sche Molecularbewegung, welche noch Stunden nach dem Zubringen des Wassers einzelne kleine Teilchen zeigen, zuweilen mit einer Amplitude von 0,001 5 mm. Zwischen I Nicol’schen Prismen leuchten dabei ganz kurze Zeit , Bruchteile einer Secunde, sehr kleine doppeltbrechende Massen auf, die ebenfalls Brow n’sche Yolecularbewegung haben.

8 28. Flussige Niederschlage von Pmocyankalium mit den Salzen uon Cobalt, Nickel, Eisen. Statt CuSO, oder CuCI, kann man auch feste Krystalle der Sulfate oder Chloride von Co, Ni, Fe in die Losung von K,FeCy, einwerfen oder wiisserige Losungen dieser Metallsalze in die K,FeCy,-Losung einfliessen lassen. Man beobachtet dann Metallsalzvegetation oder Zellenbildung mit iihnlichen Erscheinungen wie bei Kupfersalzen.

Krystalle von CoCI, am Boden des schmalen Glastroges mit K,FeCy,-Losungen vom specifischen Gewicht 1,025-1,003 bildeten einen Strauch oder eine Metallsalzvegetation von mehreren Centimetern Hohe. Der eine Ast dieses Strauches war ein schraubenf6rmiger Schlauch von 17 mm Lange, dessen Windungen unten weiter voneinander abstanden als oben.

Zuweilen stiegen Schlauchstucke aus mehreren aneinander- gereihten Blasen (Fig. 22, a) 3 cm in die Hohe und fielen nach 15 Secunden, wenn die Wand er- starrt war, wieder zu Boden, indem das specifische Gewicht vor dem Festwerden kleiner, nach dem Festwerden grosser

Abgabe von Wasser bei dem Erstarren. Nach dem Einbringen kleiner Krystalle von FeCl, in die-

selbe K,FeCy,-Losung stiegen von diesen blaue Tropfen oder kugelfarmige Zellen mit cylindrischem Ansatz (Fig. 22, b) in die HShe, die nach einiger Zeit umkippten und mit der Kugel nach unten zu Boden sanken, wenn die Wand fest geworden war. Gleiehzeitig bildete sich ein Strauch mit Aesten oder

als 1,012 war. Es spricht dies fur eine Fig. 22.

Page 30: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

660 G. QuincRe.

dunkelblauen Schlauchen mit Anschwellungen oder Abteilungen, deren Durchrnesser und Liinge nach oben kleiner wurde (Fig. 23, a)

\-

und oben 0,02-bez. 0,5 mm betrug. Die diinned Schlauche zeigten viele convexe dunkle Rippen oder Scheidewande von 0,l mm Abstand.

Bus Krystallen von Eisenvitriol entwickelten sich in einem Glastrog von 4 x 4 x 1 cm rnit Ferro- cyankaliumlosung vom specifischen Gewicht 1,047 oder 1,024, 1,012, 1,006 ubereinander geschichtet, zahlreiche Vegetationen, blaugriine Aeste von Kalium- ferroferrocyanid mit Anschwellungen , W ellenlinien und Schraubenwindungen, deren Durchmesser von 0,8 mm nach oben hin bis 0,l mm und weniger abnimmt. Die Aeste zeigten fir gewisse Concen- trationen der K,FeCy,-Losung bei Tageslicht und

Auerlicht positive Photodromie, krochen an der Lichtseite der Glaswand empor und bildeten um einzelne Stellen der frei- stehenden und der an der Glaswand haftenden Aeste breite

Fig. 24.

Schaumflocken oder viele kleine Linsen, die an der Glaswand hafteten, wie wir es auch bei den Kalksalzvegetationen wieder- finden werden. Im Innern der Aeste sind oft kugelformige Ab- sonderungen, seltener Querwande sichtbar.

Fig. 24 giebt diese Vegetationen nach einer Photographie in etwa doppelter natiirlicher Gfrosse. Die Windungen der

Page 31: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Umichtbare lGidgkcitsschiclrten etc. 66 1

horizontalen Aeste am Ende der schljruche waren in der Mitte des Glastroges gewacheen. Bei starkem Sonnenlichte neigte sich die ganze Masrae der Aeste nach der belii&teten Trog- wand und klebte dort fest. Dieser positive Heliotropismus ist ilhnlich dem Heliotropismus der Kalksalzvegetationen (vgl. unten 8 36) und k w wie die positive Photodromie der Flocken von Ealiumferroferrocyanid und Calciumcarbonat dadurch erkliirt werden , dass die Klebrigkeit der fliissigen Niederschliige rnit steigender Temperatur abnimmt.

Legt man kleipe Kornchen von Eisenvitriolkrystallen zwischen zwei horizontale Glasrohrchen von 8 x 1 mm auf einen Objecttriiger unter ein Deckglas und fiigt E4FeCy6-Losung zu, so lasat sich die Bildung der Aesta und schraubenformigen Schlauche oder Schaummassen bei starker Vergrosserung beob- obachten. Einzelne Auskufer der Aeste bestanden aus einer Reihe aneinander hiingender kugelformiger Blasen von 0,012 mm Durch- messer. Die Schaummassen sind gewohnlich einfachbrechend. Selten fand ich doppeltbrechende Schaumwiinde oder einen Sphkokrystall mit dunklem Kieuz und negativer Doppelbrechung.

Lilsst man aus einem Heber von 0,5 mm Durchmesser CoC1,-Losnng (1,013) in den schmalen Glastrog von 10 x 10 x 1 cm mit K,FeCy,-Losung einfliessen, so bilden sich diinne Schlauche mit periodisch wechselnden Wiinden, die unten weiter sind wie oben, und das Aussehen eines Schilf- rohres mit Knoten haben (Fig. 23, b). CoCb-Losung von grosserer Concentration (1,126) gab unter sonst gleichen Bedingungen die hakenformigen Schbuche, wie sie oben (Fig. 18) bei saurer CuS0,-Losung beschrieben wurden.

Bei grosserer Verdiinnung der CoCJ-Losung bildete sich ein Schlauch von 0,8 mm Durch- messer in Gestalt einer Schraube mit vielen Windungen von 10 mm Durchmesser und 8 mm Ganghohe. Eine Windung bildete sich in

standen unter der Hebermiindung eine Reihe von 3- 5 aneinander hiingenden Blasen (Fig. 25) von 0,3-1 mm Durchmesser, die nach 3 Minuten sich abliisten und zu Boden sanken, indem die Schlauchwand specifisch schwerer wurde durch Wasserabgabe oder Eretarren. In

I!€elwrmethode.

8/) 20 Secunden. Bei einer anderen CoC1,-Losung ent- b

Fig. 25.

Page 32: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

662 G. Quincke.

den Wanden der am Boden liegenden Sackchen lagen dicke braune Flecke , wie Oellinsen in einer Seifenwasserlamelle

(Fig. 26). Aus den zu Boden gesunkenen Schlauch- 8 stucken steigen in K,E’eCy,-Losung vom specifischen @ Gewicht 1,106 neue griinliche Schlauche empor mit

Anschwellungen und Blasen oder Querwanden im Innern.

CoCl,-Ldsungen vom specifischen Gewicht 1,006--1,009 gaben in K,FeCy,-Losung vom specifischenGewicht 1,025--1,012 Zellen mit dunkelgriinen Streifen in den hellgriinen Wanden.

NiCl,-Losung (1,013) gab, wie CoCl,-Lijsung, lange Schilf- rohr ahnliche Schlauche mit Knoten von 2-3 cm Abstand; NiC1,-Losung von grosserer Concentration (1,129) halb so dicke Schlauche rnit Schraubenwindungen. NiC1,-Losung von 1,006 bildete in K,FeCy,-Losung dunkelgrune Tropfen, deren Wijlnde schon nach 1 Secunde erstarrten, mhneller als die Wande der Zellen aus Kupfer-, Cobalt- oder Eisensalzen.

FeCl,-Losung (1,009) bildete beim Aufsteigen aus einer nach oben gebogenen Hebermiindung in K4FeCy, - Losung (1,025-1,012) durchsichtige hellblaue Sackchen, in deren Wanden sich runde dunkelblaue Linsen abschieden von 0,l mm Durchmesser und weniger (wie in Fig. 26), die nach 1-2 Secunden erstarrten. Dabei bildete sich ein schaum- artiges Netzwerk auf der Wand des Sackchens mit dunkel- blauen Linien auf hellblauem Grunde.

0 29. Pegetationen und Zellen in Aosungeiz von Natrium- oder Kaliumsilicat mit Salzen von Kupfer, Cobalt, Nickel, Eisen, Mangan, Calcium und Ammonium. Fur die folgenden Versuche benutzte ich eine wasserige Losung von Natrium- Wasserglas, die in 100 Teilen fester Substanz 60,14 Teile Kieselsliure enthielt und als ein Natriumsilicat von der Zusammensetzung 3 SiO, . 2 Na,O. H,O angesehen werden kann.

I n ein Becherglas oder einen Glastrog aus zusammen- geschmolzenen Spiegelglasplatten von 10 x 10 x 1 cm mit Wasserglaslosung vom specifischen Gewicht 1,177 und der Concentration 27,23 wurden Krystallstiickchen von Chloriden oder Sulfaten von Cu, Co, Ni, Fe , Mn oder CaCG oder NH,C1 geworfen. Die Metallsalze losten sich auf, die Salz- lSsung stieg in der Wasserglaslosung empor und bildete die

Fig. 26.

Page 33: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Pldissigkeitaschichten etc. 663

von Bo t t g e r beschriebenen Vegetationen mit rohrenformigen Aesten , ahnlich den oben beschriebenen Strauchbildungen in Losungen von K,FeCy, (0 27). Es scheiden sich wie dort in kurz aufeinander folgenden Zeiten fliissige , glashelle und mehr oder weniger gefhbte NiederschlQe von Kieselsilure- hydrat und von Silicaten der betreffenden Metalle ab. Diese periodisch gebildeten iilartigen Niederschlage bilden unter der Wirkung der Oberfliichenspannung an der Grenze mit der umgebenden Flussigkeit rohrenfdrmige Aeste mit Einschniirungen, Querwanden, Rippen, Linsen oder Pockennarben in den Rohren- wanden, oder mit Schaummassen im Innern der Rohren, indem aus olartigen Silicaten unter Einwirkung des Wassers Oel- linsen und hohle, mit wiisseriger Fliissigkeit gefiillte Oelblasen oder Schaumblasen entstehen. Diese Pockennarben oder runden Oellinsen und Schaumblasen erscheinen hibufig auf Kreisbogen verteilt und liegen dann in den Kanten der oft unsichtbaren Schaumwande. Die fliissigen Niederschlage erstarren nach kurzerer oder liangerer Zeit (0,8-5 Secunden und mehr), werden von dem aufsteigenden Fliissigkeitsstrom durchbrochen und bilden von neuem periodische olartige Niederschlage in Form von Schlauchen oder rohrenartigen Aesten, deren Durchmesser mit der Concentration der Metallsalzlosung allmahlich abnimmt.

Schichtet man in dem Glastrog Losungen von Wasser- glas mit verschiedener Concentration 12, 6, 2, 0,2 und den specifischen Gewichten 1,090, 1,045, 1,015, 1,001 iibereinander, so bilden die eingeworfenen Krystallstiickchen ebenfalls hfetall- salzvegetationen , deren rohrenformige Aeste aus erstarrten Schlauchen bestehen, die nach oben dunner werden und in den obersten Schichten geschlossen sind, wie Fig. 27 zeigt. In concentrirter Wasserglaslosung reichen die Vegetationen bis an die Oberflache der Fliissigkeit, wahrend sie bei den iibereinander geschichteten Losungen mit abnehmender Con- centration unter der Oberflache enden. An den geschlossenen Schlauchenden lassen sich haufig gewolbte oder ebene Quer- wande erkennen. Um diese rohrenfhnigen Aeste mit sehr starken Vergrosserungen zu untersuchen , kann man einzelne Teile clerselben in hohle Glasfhden aufsaugen in der oben Q 27 beschriebenen Weise, und in diesen Glasfaden unter einem Deckglas in Wasser eingelegt, untersuchen.

Page 34: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

664 G. Quineke.

Ein festes Kornchen von Eisenchlorid bildet in Wasser- glaslosung vom specifischen Gewicht 1,17 7 braune kugelige Blasen, die stossweise aus der dunklen Masse hervorquellen, nach 0,8 Secunden erstarren und haufig an der Oberflache mit runden, linsenfdrmigen Erhebungen bedeckt sind (Fig. 27, u). In Wasserglaslosung vom specifischen Gewicht 1,04 entstanden ausgebildete kugelformige Blasen , die nach 1 Secunde er- starrten und dabei aneinander froren wie Hagelkorner (Fig. 27,b). An der Oberflache und im Innern dieser Blasen waren sehr kleine, dunkelbraune Pockennarben oder runde Kornchen ver- teilt. In verdiinnter Wasserglaslosung vom specifischen Ge-

C

Fig. 27.

wicht 1,003 bilden sich hraungelbe, dickwandige Schliluche mit Anschwellungen und abgerundeten Enden , deren glatte Wand langere Zeit flussig bleibt (Fig. 27, c). In verdunnter Wasserglaslosung hat also das mit FeCl, gebildete olartige Eisensilicat eine kleinere Oberflachenspannung , eine andere Farbe und bleibt langer flussig, als in concentrirter Wasser- glaslosung. In letzterer wachsen aus der Masse von an- einanderhangenden braunen Blasen nach einiger Zeit hellbraune Schlauche empor,in deren Innern die gelbe Eisenchloridlosung nach oben stromt. Nach einigen Minuten erstarrt dieser Inhalt zu einer gelben Masse, die sich von der hellen Schlauchwand loslost und dunklere convexe Rippen oder Scheidewande zeigt (im um- kehrenden Mikroskop, Fig. 27, d).

Krystalle von Eisenvitriol bildeten in Wasserglaslosung von 1,117 specifischem Gewicht verzweigte Rohren mit convexen oder ebenen Querwanden, in welche haufig runde Schaumblasen eingelagert waren. Dieselben liefen oben in zarte diinne Rohren oder Bander von 0,02-0,08 mm Durchmesser mit Spiralwindungen oder Anschwellungen aus (Fig. 28).

Page 35: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Elksigkeitsschichten etc. 665

CuC1, und CuSO, giebt in Wasserglaslosung von 1,17 7 kugel- f6rmige Zellen mit Blasen und Schaumwilnden, aua denen griinlich - weisse Faden von 0,02- 0,4 mm Durchmesser mit

Fig. 28.

Fig. 29.

Spiralwindungen oder Anschwellungen von mehreren Milli- metern Lange emporsteigen. In den weiteren Rohren sind convexe Querwibnde in kleinerern oder gbsserem Abstand, 0,l bis 3 mm und mehr, zu erkennen. Die R8hren gleichen in diesem Falle einem Schiltkohr mit Knoten (Fig. 29, Q, b). In

Page 36: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

666 G. Quincke.

der Rohrenwand und im Innern waren viele sehr feine Piinktchen von dunklerer Farbe verteilt. In verdiinnter Wasserglaslasung von 1,04 bildeten sich aus CuSO, schaumige Massen von Tulpenform (Fig. 29, d), zusammengebackene schraubenformige Rohren (Fig. 29, c) rnit mehreren kugelformigen oder ebenen Scheidewbden am geschlossenen , ganz durchsichtigen Ende.

C \ e

Fig. 30. Fig. 31.

In Wasserglaslosung von 1,17 7 bildet CoCl, hohle Faden von 0,05-0,l mm Durchmesser , die unten dunkelviolett er- scheinen, oben weissliche Wande zeigen und durch Schlauche mit Anschwellungen verbunden sind. In verdiinnterer Losung von 1,04 entstehen hohle Rohren oder bandartige S c h h c h e rnit Anschwellungen und Einschnurungen. Der blaugriine cylin- drische Kern der Rohren war von einer dicken griinen und diese wieder von einer dick'en hellen Schicht umhullt. In Wasserglas- losung von 1,177 und 1,04 bildet CoSO, zuerst conische Rohren mit durchbrochenen Querwanden oder durchbrochener Kuppe (Fig. 30), spater hohle Faden oder Bander von 0,05-0,l mm Durch- messer, die unten violett, oben blaulich grun sind und oft schrauben- fiirmige Gestalt haben. Das obere Ende der diinnen Faden ist geschlossen oder von einer weisslichen Schaummasse umgeben.

NiCl, bildete in Wasserglaslosung von 1,177 griinliche Sackchen, NiSO, hellgriine Schlauche mit runden Blasen im Innern und mit Anschwellungen von 1 mm Lange, die aussen von einer dicken durchsichtigen Schicht umhiillt waren und

Page 37: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare Irkiiss~~keitsschiten etc. 667

oben in dunne conische Rohren ausliefen (Fig. 31, a). In den Rohren waren convexe Rippen oder Scheidewande oder an- einander hkngende, langgezogene Blasen zu erkennen mit hellem Inhalt und dunkler Wandung. Aehnlich waren die Erscheinungen in verdunnter Wasserglaslosung von 1,09-1,04.

Bus Krystden von MnSO, entwickelt sich in Wasserglas- losung von 1,177 eine fleischfarbene Masse, aus der hohle weissliche Faden von 0,l-0,Ol mm Durchmesser aufsteigen , mit Anschwellungen und convexen Querwiinden in der Nahe der geschlossenen Enden

liche Faden mit unregelmassig verteilten seitlichen Anschwellnngen. In den ubereinander geschichteten Wasserglasliisungen vom specifischen Gewicht 1,009 - 1,001 steigen aus einem Krystallstiickchen von MnCl, viele diinne fleisch- farbene und verzweigte Rohren empor, mit langgestreckten Anschwellungen und Einschnurungen (Fig. 33). Einzelne dieser Faden endeten oben unter der Fliissigkeitsoberfliche in an- einander gereihten kugelfermigen Blasen oder in grosse kolben- ilhnliche Zellen von 3 mm Durchmesser und 5 mm Liinge, die

fig (Fig. 32). Bus MnC1, bildeten sich dicke weiss- -_

Fig. 32.

Fig. 33.

im oberen Teile halbkugelfermig und durchsichtig im unteren Teile undurchsichtig und weisslich oder fleischfarben waren, Anschwellungen und Einschnurungen und dicke , gallert- artige Wiinde hatten (Fig. 33, a-h). Sehnliche Zellen ent- stehen bei der Einwirkung von Wasser auf Leimtannat, wie ich weiter unten zeigen werde. Im Innern der oberen Kuppe dieser Zellen waren bei Beleuchtung mit Sonnenlicht vide eehr kleine Bliischen m sehen, die auf unsichtbaren

Page 38: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

668 G. Quincke.

Schaumwanden mit Randwinkeln von 120 O sich abgeschieden hatten und aus olartiger Kieselsaure oder einem olartigen Mangansilicat bestanden. An einer Stelle, wo vier Schaumkanten zusammenstiessen, war eine tetraederfdrmige Schaumblase ein- gelagert. Nach mehreren Stunden erstarrten diese olartigen durchsichtigen Schaumwande , und die festgewordene Kuppe platzte, indem die Zelle Wasser durch die noch fliissigen Teile der Zellwand aus der umgebenden Fliissigkeit aufnahm. Die Zelle bildete nun einen oben offenen Bliitenkelch mit durchsiohtigem Rande, dessen unterer Teil aus drei iibereinander gelagerten dicken Schichten bestand, als ob drei verschiedene olartige Sili- cate sich iibereinander gelagert hiitten und dann erstarrt waren.

Auch aus Stiickchen von festem Chlorcalcium oder Salmiak entwickelten sich in ubereinander geschichteten Wasserglas- losungen lange hohle Schliiuche von 0,04 mm Durchmesser und mehr , mit kugelformigen Anschwellungen, deren braun- gelber Inhalt von weisslichen Schaummassen umhullt war.

Alle diese Erscheinungen erkliiren sich ahnlich wie bei den Vegetationen in Losungen von Ferrocyankalium (§ 27) durch die periodische Bildung von olartigen Silicaten der be- treffenden Metalle oder von olartigem Kieselsilurehydrat, welche erst nach wenigen Secunden oder nach langerer Zeit erstarren.

Die mit Kupfersalzen erhaltenen Silicate bildeten sich spater als die mit Cobalt- oder Nickelsalzen erhaltenen.

Die Versuche mit Eisen- und Mangansalzen lassen direct durch die Farbe drei verschiedene olartige Eisen- und Mangan- silicate erkennen, die verschieden schnell erstarren und sich vielleicht durch den Wasser- oder Luftgehalt unterscheiden.

I m Innern des Qlastroges mit ubereinander geschichteten Wasserglaslosungen von 1,099, 1,045, 1,015 und 1,001, auf

dessen Boden Krystallstiickchen der Chloride oder Sulfate von Cu, Co, Ni, Fe und Mn ge- worfen waren, zeigten sich nach 15 Minuten viele farblose, durchsichtige kolbensrtige Tropf- chen von 0,3 mm Llnge und 0,2 mm Durch- messer rnit einem cylindrischen Hals (Fig. 34). Dieselben hatten nahezu die Gestalt eines

Wassertropfens, der am unteren Ende eines hohlen Glasfadens hkgt, nnd liessen drei iibereinander gelagerteSchichten erkennen,

Fig. 34.

Page 39: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare J'&sighitsschichten etc. 869

als ob drei sehr klebrige olartige Fliissigkeiten - drei Kieselsiiure- hydrate mit versohiedenem Wasser- und Luftgehalt - iiber- einander gelagert wlren. Bei Beleuchtung rnit Sonnenlicht konnte man an diesen Tropfen eine Structnr von concentrischen Schichten erkennen, als ob die Substanz in kurzen Zeitraumen nacheinander abgeschieden und erstarrt wke. Eine iihnliche periodische Bildung und periodische Erstarrung habe ich fruher bei Einwirkung von Wasser auf islsaure Alkalien, bei den Damensteinformen der Myelinbildungen beobachtet.

Spec. Gew. CuSO, CoSO, NiOS, FeSO, MnSO, 1,015

Fig. 35.

Diere hellen Tropfen fallen sehr langsam in der Wasserglas- losung zu Boden und bilden hier Schlauche von islartiger Substanz (Kieselsliurehydrat?) mit Anschwellungen und Einschniirungen.

Fig. 35 (Photographie) giebt die Vegetationen, die sich aus Krystallstuckchen der Sulfate von Kupfer, Cobalt, Nickel, Eisen und Mangan in ubereinander gesohichteten wiisserigen Losungen von Natronwasserglas mit den specifischen Gewichten 1,090, 1,045, 1,015 entwickelt hatten.

In wlsserigen Losungen von Kalisilieat, das nahezu die Zusammensetzung K,SiO, + 2 H,SiO, hatte, bildeten die Metall- salze ahnliche Vegetationen wie mit Natronsilicat.

In einem Glastrog von 10 x 10 x 1 crn wurden wbsserige Liisungen von Kalisilicat vom specifischen Gewicht 1,04, 1,02,

A n d e n der Physik. IV. Folge. 7. 43

Page 40: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

670 B. Quincke.

1,01, 1,005 und 1 iibereinander geschiohtet , Stuckchen fester Metallsalze eingeworfen und die Entwickelung der schlauch- ahnlichen Aeste beobachtet.

Kupferchlorid bildete in Kalisilicatlosung von 1,003 eine klare dickwandige, kugelfiirmige Blase; FeCI, in Losung von 1,04 kugelformige orangefarbene Rlasen, die in 0,3-0,5 Secunde erstarrten. In verdiinnteren Losungen bildeten sich aus FeCl, Rohren aus solchen Blasen mit einem orangefarbenen Kern, der Luftblaschen enthielt und von einem Mantel aus farbloser Gallerte in concentrischen Schichten von verschiedener Brech-

barkeit umhullt war. Dieser Hare Mantel wurde in Losungen von 1,Ol dunner, und die halbkugelfiirmigen Blasen entstanden und erstarrten in 1-2 Secunden.

Krystallstuckchen von Cobaltchlorid oder Nickelchlorid gaben iihnliche rohren- fdrmige Aeste oder Bander wie in Natron- silicat. Manganchlorid bildete in Kali- silicatlosung vom specifischen Gewicht 1,04 - 1,02 Rohren mit Anschwellungen und Einschniirnngen. Eine Abteilung zwischen zwei Einschniirungen hatte etwa 0,5 mm Liinge und bildete sich in 16 - 30 Secunden. In Kalisilicatlosung von 1,002 umhullte eine Rohre von durchsichtiger Substanz (Kieselsaurehydrat) mit langen,

durch Einschniirungen begrenzten Abteilungen eine Reihe an- einander hiingender Tropfen oder Blasen von 0,25 mm oder kleinerem Durchmesser. In der klaren Wand der weiteren Rahren waren undurchsichtige Kugeln oder Rippen zu er- kennen (Fig. 36).

Calciumchlorid bildete Rohren mit kaum erkennbaren An- schwellungen und aneinander hangenden Blasen oder Schaum- wZinden im Innern. In verdiinnten Ealisilicatlosungen waren deutlich Einschnurungen und Anschwellungen zu erkennen, und in dem klaren Mantel an der Aussenseite der Rohren viele feine Schaumwande.

Kupfersulfat in Kalisilicatlosung von 1,04 bildete Schliiuche mit flussigen Wanden, die sich an die Glaswand anlegen

]Fig. 36.

Page 41: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichtbare ~ h a g ~ t a 8 c h i c h t t m etc. 67 1

und ankleben, 0,l-0,2 mm Durchmesser haben, convexe Querwiinde, Schaumblasen in den Wandungen und zusammen- hingende Kugeln oder kugelformige Blasen im Innern zeigen. In Losung von 1,02 zeigten die Schltluche Einschniirungen und Anschwellungen. Haufig enden die Riihren in einen erweiterten Kopf (Fig. 9, c, 8 25). In noch verdiinnteren Losungen bilden die Schliuche aus CuSO, gern schrauben- formige oder wellenfdrmige Windungen (vgl. 8 23). In der obersten Losung entsteht ein flockiges Schaumwerk.

Eisenvitriol bildet hohle Schlauche mit Einschniirungen und Anschwellungen von 0,2-0,4 mm Durchmesser, die Ab- teilungen von 0,s mm Linge begrenzen, und mit farblosen Winden, die eine graue Yasse umhiillen.

Eine Abteilung der Schlauche aus Kupfer- und Eisenvitriol bildete sich in Kalisilicatlosung etwa in 30 Secunden aus.

Hiiufig wachsen in iibereinander geschichteten Losungen von Natron- oder Kalisilicat aus den Metallsalzen am Boden des Glastroges lange gerade Rohren oder Schlauche heraua, und erst in den oberen verdiinnteren Liieungen tritt an ihnen das Bestreben hervor, sich zu kriimmen , Kugelgestalt anzu- nehmen , Anschwellungen und Einschniirungen zu zeigen oder Schaumwande im Inneren und in der Schlauchwand zu bilden. Man kann daraus schliessen, dass die Obedilchenspannung der blartigen Niederschlage von Metallsilicat oder Kieseleilure- hydrat an der Grenzfliche rnit Wasser oder verdiinnter Wasser- glasldsung grosser ist, als an der Grenzfltlche mit concen- trirter Wasserglasliisung.

8 30. Grosse der T e n d i r t e n Teilchen. Wilhrend die Wasserglasl6sung in den ersten Wochen nach Bildung der Metallsalzvegetationen vollkommen fliissig nnd klar erscheint, triibt sie sich nach lhgerer Zeit und erstarrt nach Ablauf mehrerer Monate zu einer truben Gtallerte. Es bilden sich allmiihlich mehr Triipfchen von Kieselsiiurehydrat, aber von kleinerem Durchmesser als die oben beschriebenen von 0,2 mm.

Blickt man durch den Glastrog rnit der triiben Wasser- glaslosung auf eine Gliihlampe mit einem Kohlenfaden, die in einer Entfernung B von 288 cm hinter dem Trog vor einem schwarzen Schirm aufgestellt ist , so erscheint die Liohtlinie von einer Aureole umgeben, wegen der Beugung diw LicBtes

43 *

Page 42: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

612 G. QttLcRS.

an den kleinen, in der Fliissigkeit schwebenden Teilchen. Nennt man y den Beugungswinkel, welcben die von der Aureole und der Lichtlinie naoh dem Auge gezogenen Geraden miteinander eiuschlieesen, b den linearen Ahstand der Aureole YOU der Licbtlinie (der Ghihlampe) in Centimetern, A die Wellenliinge dee Lichtes in Luft, 2 c die mittlere Dicke der suspendirten Kieselsiiureteilchen, so ist

A 2 c = - sin y ' oder angenahert

A 288 E = 0,000590 mm - b b 2 c =

Die U n g e von 6 wurde an einem neben der Lichthnie auf- gestdlten Centirneter-Massstab abgelesen, wabrend das Auge durch ein Qoldglae und den Olastrog mit der trtiben Flussig- keit blickte. Das Goldglas liees Licht von der Wellenlange 1 = 0,000590mm hindurch.

Ich fand bei den Sulfaten b = 20 cm ? c = 0,0113 mm, bei den Chloriden = 15 cm = 0,0085 mm.

Die mittlere Dicke 2 c der in der Fliiesigkeit schweben- den Kieseleaureteilchen wurde abo 401 1 oder 0,008 mm ge- funden und kleiner als der Durchmesser der diinnsten Aeste der Bdetal~ssl~vegetationen, die ich rnit Mikroskop und Ocular- mikrometer gemessen hatte.

Bei anderen Versuchen fand ich beim Duruhblicken durch den oberen Teil des Glaetroges mit triiber Fliissigkeit die Breite der Aureole 40 cm, beim Durchblicken duroh deu nnaeren Ted 4om. Die mittlere Dicke der in der Fliiesig- keit whaebenden Kieselsiiureteilchen war also oben 0,004 mm, unten 0,04 mm.

In den einzelnen schmalen horizontalen Sohichteo (vgl. 5 31) konnbe ich keinen Unterschied in der Breite der Aureole oben und unten wahrnehmen.

$j 31. Schicbtenbildmg in der Wassergladostcrag. In dem Glastrog aus zusammengeschrnolzenen Spiegelglseplatten von 10 x 10 x 1 om wit ilbereinsnder geschichteten Natron-Wasser-

Page 43: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Umichtbare Rii&@eh!i?schichten etc. 639

ghlosungen vemGdener Concentration waren 20 Tage nmh Einwerfen der & W e ~ 0 1 1 Cu, Co, Ni, Pe and Mn augwr den Vegetationen aclat horizontale Schichten von weisslicher Triibung entstanden, die oben kleineren Abshnd, wie unten hatten. O h 2mm, unten 4mm. Die oberste Schicht lag 3 cm fiber dem Boden des Glastqes. Ueber ihr war die Fliissigkeit klar und dwchsichtig. Nach 48 T w n Batte Sich im unteren Teile des Glastroges ein 1 cm hoher weidaher Bodensatz abgesetzt. Daruber war eine weisslich Trtibung mit sieben dunklen horizontalen Streifen &htbar, die nach untea s h r f begrenzt, ntlch oben verwasohen erechiem.

Wurde ein Teil dieses Bodensa%zee in &em hohlen Glw- faden aufgeeogen, der leer oder am unteren Ende 1 cm hoch mit wksriger Lbsung von Ponceaurot gdbllt war, so liessen sich in der Flbeigkeit bei starker Vsrgrbssernq und geeipebr Be- leuchtung v i d e kugelfijrmige Bhsen von 0,015 bis 0,15mmDurch- messer erkennen oder sechsseitige Plakten mit WinMn von 120 9 In der Oberikhe der Phtten zeigten sich kreis@rmige Sehaum- kanten mit runden Lineen, and in dm Wand der kugelfirmigen Blasen lagen mf Kreisbogen verteilt, dunkle Fiinktchen, die das Mikroskop nicht weiter aufzuliisen vermochte.

Die FIPs8igkeit aus Iriiberen Schichtern der trflben FMseig- keit deasebm Ghtroges zeigte, in einen Gllagfaden aufgmogen, weniger Bmcken und kleinere Kugegeln voa 0,001 bis 0,002 mm Durchmsseer.

Der weisse Bodenkiatz beertght alad aus Schilumw%nden und Blrsen v m eber blartigen Flfissigkeit, welch bei den sechsseitigen Pl- mhm erstarrt id. Die HMe der Bbsen &e noch fltiieaig Seia, wenn man ein Zmmmmenfliessen zweier Blasen beobachten kbnnte. Dies iet lnir ajbgr bisher nicht gdlangsa. Fdi& k4nnte au& eine Haat b m d e r Flliissig- k&t a d b r B l a e e n o M W dm Zuasaamm&emm hindern.

Nach den Eirnwerfen der Metallchloride in einen G k t r o g mit Lhnlichen i&bminaader gidcschichlbeten Wmmgla,albsmgen bild&n &ch mt u a d 48 Tagen &nf weidkh horizonhle Schichten, die o b ldeinerum Abstend wie anlte~ hatha. Die Schichten sr&iema h slptl.fsr ds hi dm Yetadhten. hi B e W h n g Illit &mdicht hoben sic& die fiberein-

snder liegedm ScMtapI, ~jewhtm sie '&$s 8ulfaten d e r

Page 44: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

674 G. Quinche.

Chloriden entstanden sein, an den belichteten Stellen und sanken nach Aufhbren der Belichtung in die friihere Lage zu- ruck. Im Brennpnnkt einer Glaslinse von lOcm Durch- messer betrug die Hebung 5mm und mehr.

Aehnliche horizontale Schichten bildeten sich, wenn der ganze Glastrog mit Wasserglaslosung vom specifischen Ge- wicht 1,045 gefiillt war, etwa 35 Tage nach Einwerfen der Krystalle von Sulfaten, etwas spater nach dem Einwerfen der Krystalle von den Chloriden.

Die horizontalen Schichten ruhren von Kieselsaureteilchen her, die sehr langsam in der umgebenden Fliissigkeit fallen und sich unter dem Einfluss der horizontalen Grenzflachen der ubereinander geschichteten Wasserglaslosungen und des horizontalen Bodens des Glastroges in horizontalen Schichten ansammeln. Hat der Glastrog einen unregelmiissigen Boden oder elektrolysirt man die in dem Glastrog enthaltene Flussig- keit, so bilden sich die horizontalen Schichten nicht aus.

Die Hebung der horizontalen Schichten beim Belichten und die Senkung beim Beschatten ruhrt wahrscheinlich von unsichtbaren Luftteilchen her, die aus der absorbirten Luft an der Grenzflache von olartiger Kieselsanre A und wasseriger Flussigkeit B sich abgeschieden haben, in unmerklich dicken Schichten oder Blasen an der Oberfliiche der Kieselsauretropfen haften, beim Belichten erwarmt und ausgedehnt werden, da- durch in die Hiihe steigen und in bestimmter Hohe schweben bleiben, ahnlich wie ein Cartesianischer Taucher fir einen be- stimmten Druck in bestimmter Hohe schweben bleibt. Ich werde auf diese Anordnung in horizontalen Schichten bei Teilchen, die in einer Flussigkeit langsam fallen, an einer anderen Stelle zuruckkommen.

Die olartigen Xiederschlage von Silicaten kann man auch mit der Rohrchenmethode nachweisen (5 25). Zwei Glas- rohrchen von 8 mm Lange und 0,5 mm Durchmesser wurden mit Wasserglaslosung vom specifischen Gewicht 1,005 gefullt, nebeneinander auf einen Objecttrager unter ein Deckglas ge- legt und ein Tropfen CuS0,-Losung vom specifischen Gewicht 1,015 unter das Deckglas gebracht. Die CuS0,-Losung stromte von beiden Seiten in das Glasrohrchen ein und man beobachtete die periodische Abscheidung kugelformiger Schichten von 01-

8 32.

Page 45: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Um'chtbare Eliissigkeitsschichten etc. 675

artigem Kupfersilicat, das sich an der Grenze beider Flussig- keiten bildete (Fig. 37, a).

War das GlasrZibchen mit CuSO,-Losung gefullt und die Wasserglaslijsung ausserhalb des Rohrchens unter dem Deck- glas, so verdrangte die letztere Losung die erstere von der Glaswand und es bildete sich ein hohler Schlauch von olartigem Kupfersilicat mit Ein- schniirungen (Fig. 37, 6).

Aehnliche kugelige Querwande wur-

chen mit FeC18-Losungvom specifischen Gewicht 1,008 unter einem Deckglas mit Wasserglaslosung vom specifischen Gewicht 1,005 in Beruhrung gebracht wurden.

fj 33. Oelartiqe Kieselsaure aus Natronsilicat. Bringt man statt der Chloride oder Sulfate von Metallen verdunnte Salzsaure oder Schwefelsaure mit Wagserglasliisung in Be- ruhrung, so bildet sich nicht ein Metallsilicat, sondern ein Kieselsiiurehydrat, das auch ale olartige Flussigkeit periodisch in kurzeren oder lingeren Zwischenraumen ausgeschieden wird , aber viel langsamer eretarrt als jene Silicate.

Da diese abgeschiedene Kieselsaure durchsichtig und farb- 10s ist, so lassen sich die olartigen Niederschlage bei ihr viel schwerer wahrnehmen, als bei jenen gefarbten Silicaten des 8 29.

In einem Glastrog aus zusammengeschmolzenen Spiegel- glasplatten von 10 x 10 x 1 cm wurden Wasserglaslosungen verschiedener Concentration vom specifischen Gewicht 1,177, 1,089, 1,044, 1,022, 1 ubereinander geschichtet. Mit einer Holzklammer wurde am oberen Teile des Glastroges eine Glasconsole befestigt und auf diese ein kleines Becherglas mit einem heberfdrmigen Glasfaden gestellt, der bis zum Boden des Glastroges herabreichte und unten aufwarts ge- bogen war (vgl. Fig. l ? , 0 26). Das Becherglas und das Heberrohr waren vor dern Aufsetzen auf die Glasconsole mit verdiinnter Salzsaure gefiillt, die durch ein Gemisch von Yethylenblau und Wasserblau gef&bt war. Die leichtere Salzsllure stieg aus der Hebermundung in der Wasserglas- losung von 1,089 empor und bildete eine Beihe von aneinander

13 - 3 7 (CW - Q,

den beobachtet , wenn die Glasrohr- Fig. 37.

Page 46: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

616 G. Quincke.

hangenden blauen Blasen , die von einer birnfijrmigen hell- blauen oder farblosen Masse umhiillt waren. Die blauen Blasen waren oben zugespitzt oder bildeten eine conische Riihre mit

Fig. 38.

kugelfiirmigen Erweiterungen und Scheidewanden (Fig. 38). Haufig lagen noch dicke hellblaue und griine Massen zwischen dem blauen Kern und der Hiille, die aus ubereinander gelagerten hellbraunen und farblosen Schichten bestand.

Zuweilen liisten sich einzelne Zellen von der Hebermundung, sanken zu Boden und zerfielen in cylindrische Brocken mit verschieden gefiirbten Schichten, die in der Wasserglaslosung von 1,177 zuerst aufquollen und sich zusammenrollten , dann kleiner wurden, dabei ihre Farbe veranderten und schliesslich farblos wurden. Ich beobachtete nach-

einander folgende Farben, von der concaven nach der con- vexen Seite gerechnet :

dunkelblau hellblau braun dunkelbraun, spilter : blau braun farblos, noch spilter: gelblich branu farblos, schliesslich : farblos.

Das Aufrollen der cylindrischen Brocken beweist , dass die tiussere convexe Schicht schneller ranger wurde, als die innere concave Schicht, und dass beide aus verschiedener Substanz , verschiedenem Kieselsaurehydrat bestanden. Nach der Analogie mit ahnlichen Ervcheinungen bei Leimtannat ist anzunehmen, dass die Gallerte aus geschlossenen Schaum- zellen bestand, deren Volumen durch Diffusion von Wasser nach dem Innern der Zellen zunahm; auf der convexen Aussen- seite schneller als in der Mitte.

Wurde nach der Entstehung der einzelnen Zellen das Recherglas mit Heber und Salzsaure entfernt, so quollen in der Wasserglasliisung die birnformigen Zellen langsam auf. Zuweilen wurde die Kuppe der Zellwand durchbrochen, der Zellinhalt mit Kornchen stieg als cylindrischer Fliissigkeits- strahl in der WasserglaslSsung auf, an seiner Amsenwand entstand eine zuerst unsichtbare cylindrische Riihre , ein Hindernis f b die Kijrnchenstriimung. Diese Rbhre von 61- artigem Kieselsaurehydrat bildete Anschwellungen and E n -

Page 47: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Unsichthare Riissigheitsschichten etc. 677

schniirungen und zerfiel in eine Reihe kugelformiger Blasen oder Schaumwande mit Winkeln von 120O. Manchmal beobechtete ich ein Zusammenfliessen einzelner Blasen.

Die birnformigen Zellcn quellen langsam in der Wasser- glaslosung auf. Die braune und violette Farbung der Hulle verachwindet, das Innere farbt sich tief'blau und auch in der Hiille treten blaue Streifen oder Schichten auf. Die Farbe ruckt gleichsam aus dem Kern nach aussen. Dabei treten aus der Oberflache der birnformigen Hiille diinne farblose Schliiuche hervor mit abgerundeter Spitze, Anschwellungen, convexen Rippen oder Querwanden von ahnlicher Gestalt wie bei den strauchartigen Metallsilicaten des 5 29. Figg. 39-41

Fig. 39. Fig. 40. Fig. 41.

geben die verschiedene Gestalt einer solchen Zelle an drei auf- einander folgenden Tagen.

Nach 24 Stunden zeigbn sich in dern Ghstrog 26 hori- zontale blaue Schichten mit einem mittleren Abstand von 2 mm, die durch klare Zwischenraume voneinander getrennt waren. An der Stelle, wo der Salzeaurestrom vor 24 Stunden aufgestiegen war, erschienen die Schichten etwae gehoben. Diese Schichten sind ilhnlich den bei den Metallsilicaten ohne Farbstoff beobachteten, und haben sich wie dort gebildet, aber in weit kiirzerer Zeit.

3,5 proc. Wasserglaslosung gab in einem Probirrohr nach Zusatz von ein paar Tropfen Salzsaure mit Methylenblau eine gallertartige Masse, die oben blau, darunter gran , darunter violett und ganz nnten farblos war. Die vemchieden gefarbten Teile t m n durch horizou tale Flachen vmei-nder gekennt

Page 48: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

678 G. Quincke.

und folgten aufeinander, wie bei den eben beschriebenen birn- formigen Zellen.

In der Gallerte waren bei Beleuchtung mit Sonnenlicht und starker Vergrosserung lichte Punktchen (Luftblasen) zu erkennen, die auf Kreisbogen oder Kreisen von 0,03-0,15 mm verteilt waren oder auf Schaumwanden mit Randwinkeln von 120 O lagen. Aehnliche auf Kreisbogen oder Kreisen verteilte Punktchen zeigte Kieselsiiuregallerte , die ohne Farbstoff aus Natrium-Wasserglas mit Salzsaure erhalten war.

7 proc. Wasserglaslosung wurde mit Ponceaurot gefarbt, in einem Qlastrog mit verdunnter Salzsiiure versetzt; ein Teil der Flussigkeit in einem Uhrglas-Obj ecttrager unter einem Deckglas, ein anderer Teil in dem Glastrog selbst mikroskopisch untersucht. Es bildeten sich zahlreiche klare Kugeln mit scharfem Rand, kugelformige zusammengebackene Blasen vop 0,03-0,12 mm Durchmesser und Schaumwande mit Rand- winkeln von 120°, und mit kleineren Blasen in den Schaum- kanten. Die Wande der Blasen waren mit vielen runden Oel- linsen, wie mit Pockennarben, besetzt. Zum Teil schieden sich Massen von grosserer Brechbarkeit wie die umgebende Flussigkeit in Form von Ellipsoiden oder kolbenartigen Zellen ab (wie in dem Glastrog mit Sulfaten und Chloriden, 0 29), die dann ganz allmiihlich Kugelform annahmen oder zusammen- hangende kugelformige Blasen bildeten, also aus sehr klebriger olartiger Flussigkeit bestanden. Nach und nach zeigten sich in vielen Blasen an der hochsten Stelle kleine Luftblasen von 0,015-0,045 mm Durchmesser mit lebhafter Brown’scher Molecularbewegung. Ein Zeichen , dass an der Oberflache dieser Luftblasen fortwahrend eine Flussigkeit mit kleinerer Spannung der freien Qberflache entstand und sich ausbreitete. Nach 1 Stunde waren auch grossere kugelformige Luft- blasen sichtbar, die von einer dicken Hulle gallertartiger Sub- stanz umgeben waren. Diese Hulle hatte grosseren Brechungs- exponenten als die umgebende Flussigkeit und erschien bei scharfer Einstellung des Mikroskopes innen und aussen von zwei hellen Kreisen begrenzt. Die Hulle war also aus einer Hohlkugel von olartiger Kieselsaure entstanden , die auf der iiusseren und inneren Flache mit einer dunnen Schicht anderer Flussigkeit bekleidet war. Die Wand dieser Hohlkugel zeigte

Page 49: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Um'chlbare Riisszgkeitsschichten etc. 679

zwischen gekreuzten Nicol'schen Prismen keine Spur von Doppelbrechung. Nach einiger Zeit waren in dieser Wand kugelige Flachen, Kornchen und Schaummassen zu bemerken. Die Kornchen bestanden zum Teil am zwei oder drei zu- sammengebackenen Kiigelchen, die Brown' sche Molecular- bewegung zeigten.

Nach einigen Stunden hatten die unter dem Deckglas angesammelten Luftblasen eine runzlige Oberflache , waren plattgedruckt und also mit einer diinnen Haut fester Substanz bekleide t.

Die Flussigkeit in dem 3 cm hohen Glastrog wurde rnit Wasser und einem Tropfen Salzsiiure verdunnt. Blickte man durcb die 5 mm dicke Flussigkeitsschicht auf eine Glublampe mit einem verticalen Kohlenfaden, so erschien durch den oberen Teil der Fliissigkeit die Lichtlinie klar, durch den unteren Teil mit einer Aureole umgeben. Es hatten sich also unten in der Flussig- keit kleine Teilchen abgeschiedener Kieselshure angesammelt.

Liisst man die mit Ponceaurot und Salzsiiure versetzte Wasserglaslosung in einem Uhrglas - Objecttriiger eintrocknen, 80 zeigt dieselbe grosse und kleine kugelige Schaummassen, in deren Wiinden dunkelrote Linsen von 0,Ol-0,02 mm Durch- messer verteilt sind.

8 34. Uebersicht der Resultate. Die Niederschlagmenibranen sind heine halbdurchlaesigen Membranen im Sinne der Theorie des osmolischen Druckes. Die in wiisserigen Losungen von Ferro- cyankalium mit den Sulfaten oder Chloriden von Kupfer, Cobalt, Nickel oder Eisen erhaltenen chemischen Verbindungen bilden, wie aus den 68 25-29 beschriebenen Versnchen hervorgeht, iibersiittigte Losungen, aus denen sie sich in kurzen Zwischen- zeiten oder periodisch als flussiger olartiger Niederschlag ab- scheiden und spiiter erstarren.

Der flussige Zustand dauert 1-2 Secunden bei den Niederschliigen mit Eisen- oder Nickelchlorid ; 15 Secunden bei den Niederschlagen mit Cobdtchlorid ; 1-30 Secunden bei den Niederschlien mit Kupfersulfat.

Bei dem Erstarren giebt der flussige Niederschlag Wasser, vielleicht auch kleine Mengen der membranbildenden Salze, an die Umgebung ab, da er dabei undurcheichtiger und specifisch schwerer wird.

Page 50: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

680 G. Qolinche.

W ahrend des fliissigen Zustandes bildet der Niederschlag infolge der Oberfliichenspannung an der Grenze rnit der um- gebenden Fliissigkeit Blasen oder Schaumzellen. Die d u d die Oberflachenspannung geforderte Gleichgewichtslage nimmt der fliissige Niederschlag wegen seiner Viacositat nur allmahlich an, und er kann erstarren, ehe er den Gleichgewichtszustand erreicht hat.

Der Gleichgewichtszustand wird um so schneller eintreten, je griisser die Oberflachenspannung und je kleiner die Vis- cositat des flussigen Niederschlages ist. Die Bildung von Schlauchen oder Rohren ohne merkliche Anschwellung deutet also auf kleine Oberflachenspannung und grosse Viscositat des flussigen Niederschlages, der an der Oberflache eines Strahles von Salzlosung entsteht, die in die andere Salzlijsung ein- tliesst.

J e nachdem sich frisch gebildete fliissige Schaumwande an altere fliissige, an schon fest gewordene oder an noch im Erstarren begriffene Schaumwande ansetzen, kann der Rand- winkel, unter dem sie gegen die alteren Schaumwande ge- neigt sind, 120°, 90° oder ein Winkel zwischen 120° und 90° sein. Alle diese Winkel kommen bei den Schaumzellen der 90 25-29 vor. Rohrenfiirmige Zellen mit normalen Quer- wanden sind besonders h2lufig. Ein Beweis, dass neue flfissige Querwande sich an schon erstarrte rohrenfijrinige Wande an- gesetzt haben.

Diese Benaerkungen gelten jedoch nur, so lange gleich- wertige Schaumwande entstehen von gleicher OberflLchen- spannung, welche gleiche Zusammensetzung haben und eine Dicke, griisser als die doppelte Wirkungsweite der Molecular- kriifte. Bei geringerer Dicke muss die Oberflhchenspannung mit abnehmender Dicke abnehmen, und es kiinnen dann sehr spitze Randwinkel auftreten.

Dass in der That, besonders bei verdiinnten Salzlosungen, die Obedkkchenspannung der diinnen dassigen Niedemchlag- membran mit der Dicke zunimmt, folgt aus der Schraubenform der Rohren, die auf der Seite der dickeren Baut rnit gr6sserer Oberflilohenspannung concav werden.

Kommt spiiter die diinne Schaumwand oder Haut von fltissigem oder erstarrtem Niederschlag wieder mit tllser&t&er

Page 51: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

Lasung der chemisohen Verbindung in Beriihrung, so wird am letzterer dumh Conbotwirkung wieder fliissiger und fester Miederschlag abgeschieden und die d a m e Haut verdickt , wie man an den Zellwi-ininden mweilen wahrnehmen kann.

Sehr kleine Mengen fremder Substanz lndern die Vis- cositiit des Slartigen Niederschlages, die Erstarrungsgeschwindig- keit und die Anordnung des Netzwerkes von Schaumwlnden, welche die erstarrte Niederschlagmembran bilden.

Aehnliche flussige Niederschllge, feste Niederschlagmem- branen, Vegetationen und Zellen erhalt man in Losungen von Natrium- oder Kaliumsilicat mit den Sulfaten und Chloriden von Kupfer, Cobalt, Nickel, Eisen, Mangan, mit Calciumchlorid und Salmiak, rnit Schwefelslure oder Salzslure.

Bei Natriumsilicat blieb der Niederschlag flussig 0,3 bis 0,5 Secunden mit Eisenchlorid, 15-20 Secunden mit Mangan- chlorid , 30 Secunden mit Kupfersulfat , 120 Secunden mit Cobaltchlorid. Mit Salzslure kann der Niederschlag von Kiesel- saurebydrat Monate lang 5ussig bleiben.

Die festen Niederschlagmembranen oder Zellwande wachsen nicht durch Intussusception. So lange eine Schaumwand oder Zellwand flussig ist, kann sie sich ausdehnen und wird nicht brechen oder reissen, wenn der Zellinhalt durch zustromende Flussigkeit oder mit Diffusion eindringendes Wasser sein Volumen vergrossert. Dagegen kann die erstarrte Zellwnnd brechen oder reissen, und durch die Risse kbnnen Losungen von Salzen, Zucker etc. hindurchgehen.

Zusammengepresste offene Schaumzellen , mit diinnen er- starrten und gebrochenen Wlnden, werden vielleicht unter be- sonderen Umstanden wie ein Ventil wirken konnen. Dann kann sich an der Oberflache dieser festen Wande der offenen Schaumzellen noch Salz- oder Zuckerlosung in unmerklich diinnen Schichten bewegen und ,,mit Diffusion Tangs der festen Wand" zu Wasser oder zu anderer Fltissigkeit hinwandern.

Es ist aber nicht abznsehen, wie eine solche feste Nieder- schlagmembran aus Ferrocyankupfer oder Berliner Blm eine ,,halbdurchliissige Membran" bilden kann , die dem Wasser allein oder auch nur vorzugsweise den Durchgang gestattet und das Salz oder den Zucker zuruckhiilt.

Page 52: Ueber unsichtbare Flüssigkeitsschichten und die Oberflächenspannung flüssiger Niederschläge bei Niederschlagmembranen, Zellen, Colloiden und Gallerten

682 B. Quincke. Um'chtbare Russigheit%schichtsn etc.

Ich muss dies ausdriicklich hervorheben, da Pfeffer l ) bei seinen Versuchen uber Diffusion Zuckerlosung und Wasser durch diese Niederwhlagmembran getrennt hat und diese Ver- suche hhufig angefuhrt werden als ein klassisches Beispiel ffir die Diffusion durch eine halbdurchlassige Membran und als ein Beweis fur die von van ' t Hoffa) aufgestellte Theorie des osmotischen Druckes.

Im Folgenden werde ich zeigen, dass andere Niederschlag- membranen ilhnliche Eigenschaften haben, wie die Membranen aus Niederschlagen mit Ferrocyankalium- oder Wasserglas- losungen. Ich bestreite, dass eine halb durchliissige Membran exi- stirt. Damit fdlt aber auch der osmotische Druck, dessen Theorie die Existenz einer halbdurchlassigen Membran voraussetzt.

1) W. Pfeffer, Osmotische Untersuchungen. 8O. Leipzig 1877. 2) van't Hoff , Zeitachr. f. phys. Chem. 1. p. 481. 1887.

(Fortsetzung im nlichsten Heft.)

(Eingegangen 18. Januar 1902.)