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G. RIENACKER u. K.-H. HOHL, Uber Versuche zur Nitridierung von Nickel 291 Uber Versuche zur Nitridierung von NickeCI) Von G. RIENACKEB und K.-H. HOHL Mit 1 Abbildung Professor Robert Juxa xum 60. Geburtstage gewidmet Inhaltsiibersicht Untersuchungen an aus Oxalat hergestelltem Nickelpulver (im Wasserstoffstrom bei 600 "C zersetzt) zeigten cine starke Abhangigkeit der Bildungstemperatur des hexagonalen Ni3N von der Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit. Die Reaktion zwischen Nickel und Ammoniak kann durch Eisen oder leichtnitridierbare Eisen-Nickel-Legierungen katalytisch beeinfluat werden. Summary The temperature of formation of hexagonal Ni3N from gaseous ammonia and nickel powder (obtained by decomposition of the oxalate at 600°C in hydrogen atmosphere) is strongly dependent on the NH, current velocity. The interaction between nickel and ammonia is catalytically influenced by iron or Fe-Ni alloys which are easily nitridated. 1. Einleitung Die Angaben friiherer Autoren uber Nitridierbarkeit und Nitridierungs- bedingungen des Nickels sind aufierordentlich widerspriichlich. Erwahnt seien BEILBY und HENDERSON~), die durch Ammoniakbehandlung von Nickel- pulver bei 500°C Produkte mit bis zu 7,5% Stickstoff erhielten und HAGG3), der diese Reaktionen im Temperaturbereich von 300 bis 1000 "C durchfuhrte, aber keine Stickstoff- aufnahme des Nickels feststellen konnte. Eingehend wurde das System Nickel-Stickstoff erst durch JUZA und SACHSZE 4, untersucht. Sie verwendeten aus Carbonyl hergestelltes Nickel- 1) Teil einer bei der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultat der Humboldt- 2) G. T. BEILBY u. G. G. HENDERSON, J. chem. SOC. [London] 79, 1251 (1901). 3) G. HAGG, Z. physik. Chem. Abt. B 4, 346 (1929). 4) R. JUZA u. W. SACHSZE, Z. anorg. allg. Chem. 251, 201 (1943). Universitat zu Berlin einzureichenden Dissertation von K.-H. HORL.

Über Versuche zur Nitridierung von Nickel

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G. RIENACKER u. K.-H. HOHL, Uber Versuche zur Nitridierung von Nickel 291

Uber Versuche zur Nitridierung von NickeCI)

Von G. RIENACKEB und K.-H. HOHL

Mit 1 Abbildung

Professor Robert Juxa xum 60. Geburtstage gewidmet

Inhaltsiibersicht Untersuchungen an aus Oxalat hergestelltem Nickelpulver (im Wasserstoffstrom bei

600 "C zersetzt) zeigten cine starke Abhangigkeit der Bildungstemperatur des hexagonalen Ni3N von der Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit.

Die Reaktion zwischen Nickel und Ammoniak kann durch Eisen oder leichtnitridierbare Eisen-Nickel-Legierungen katalytisch beeinfluat werden.

Summary The temperature of formation of hexagonal Ni3N from gaseous ammonia and nickel

powder (obtained by decomposition of the oxalate a t 600°C in hydrogen atmosphere) is strongly dependent on the NH, current velocity.

The interaction between nickel and ammonia is catalytically influenced by iron or Fe-Ni alloys which are easily nitridated.

1. Einleitung Die Angaben friiherer Autoren uber Nitridierbarkeit und Nitridierungs-

bedingungen des Nickels sind aufierordentlich widerspriichlich. Erwahnt seien BEILBY und HENDERSON~), die durch Ammoniakbehandlung von Nickel-

pulver bei 500°C Produkte mit bis zu 7,5% Stickstoff erhielten und HAGG3), der diese Reaktionen im Temperaturbereich von 300 bis 1000 "C durchfuhrte, aber keine Stickstoff- aufnahme des Nickels feststellen konnte.

Eingehend wurde das System Nickel-Stickstoff erst durch JUZA und SACHSZE 4, untersucht. Sie verwendeten aus Carbonyl hergestelltes Nickel-

1) Teil einer bei der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultat der Humboldt-

2) G. T. BEILBY u. G. G. HENDERSON, J. chem. SOC. [London] 79, 1251 (1901). 3) G. HAGG, Z. physik. Chem. Abt. B 4, 346 (1929). 4) R. JUZA u. W. SACHSZE, Z. anorg. allg. Chem. 251, 201 (1943).

Universitat zu Berlin einzureichenden Dissertation von K.-H. HORL.

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pulver in Ansatzen von 10 bis 20 mg und erhielten in 5stundiger Reaktion, die nach drei Stunden zur grundlichen Durchmischung des Materials unter- brochen wurde, bei 445 "C und einer Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit von 22 cmlsec Produkte mit 7,37% Stickstoff.

Dieses Reaktionsprodukt konnten die Autoren rontgenographisch als eine definierte Phase, das hexagonale Ni,N, identifizieren.

TRILLAT, TERTIAN, TERAO und LECOMTE5), die spater im Zusammenhang rnit der Frage nach der Existenz einer hexagonalen Modifikation des Nickels dunne Filme von 400 bis 500 d Dicke bei Temperaturen zwischen 150 und 500 "C mit stromendem Ammoniak behan- delten, fanden als Zwischenstufe der Nitridierung zum hexagonalen Ni,N eine kubisch- flachenzentrierte Phase mit der Gitterkonstanten a = 3,72 A. Diese kubisch-flachenzen- trierte Phase w-urde dann von T E R A O ~ ) als das Nickelnitrid NiJ identifiziert.

Trotz der geringeren Reaktionsbereitschaft des Nickels gegenuber Stick- stoff ist also zu vermuten, daI3 hier ahnliche Verhaltnisse wie in dem System Eisen-Stickstoff vorliegen. Das ist um so wahrscheinlicher, als ARNOTT und WOLD 7 ) die Herstellung eines Nitrids der ungefahren Zusammensetzung FeNiN gelang - das ist die dem Fe,N entsprechende Phase - und durch Untersuchungen von HAHN und MUHLBERG~) an Feilspanen verschiedener Eisen-Nickel-Legierungen auch eine kubisch-flachenzentrierte Phase der Zusammensetzung (Fe, Ni),N bekannt ist.

Anknupfend an Untersuchungen der katalytischen Ammoniak~paltung~) haben wir seinerzeit l o ) durch Zersetzung der jeweiligen Oxalate im Wasser- stoffstrom hergestellte Eisen-, Nickel- und Eisen-Nickel-Legierungs-Pulver bei 600 "C im Ammoniakstrom behandelt und rontgenographisch auf Nitrid- phasen untersucht. Reaktionszeit und Ammoniak-Stromungsgeschwindig- keit wahrend der Reaktion und wahrend der Abkuhlungsperiode waren so gewahlt, daI3 reines Eisenpulver quantitativ in das Nitrid Fe,N umgewandelt wurde. Alle Legierungen ergaben ganz oder teilweise die kubisch-flachen- zentrierte Nitridphase Me,N. Das reine Nickel nahm bis zu 0,7% Stickstoff auf, und es zeigte sich, dafi etwa 10% zum hexagonalen Ni,N nitridiert worden waren. Dieses Ergebnis war fur uns AnlaB, die Nitridierungsbedin- gungen fur aus Oxalat hergestelltes Nickelpulver genauer zu untersuchen.

5) J. J. TRILLAT, L. TERTIAN, N. TERAO u. C. LECOMTE, Bull. SOC. chim. France 5 ,

6 ) N. TERAO, Naturwissenschafteu 46, 204 (1959). 7) R. J. ARNOTT u. 8. WOLD, J. Physics Chem. Solids 15, 152 (1960). 8 ) H. HAIIN u. H. MUHLBERG, Z. anorg. Chem. 259, 1 2 1 (1949). 9) G. RIENACKER u. G. LANGHANS, unveroffentlichte Versuche.

10) G. RIENACKER u. K.-H. HOHL, Mber. dtsch. Akad. Wiss. Berlin 2, 105 (1960).

804 (1957).

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2. Apparatives und Versuchsdurchfuhrung Wir verwendeten eine Stromungsapparatur, die durch ein T-Stuck, an das ein Queck-

silberiiberdruckventil angeschlossen ist, wahlweise auf Wasserstoff zur reduktiven Zerset- zung der Oxalate oder auf Ammoniak zur Durchfiihrung der Nitridierungsreaktion um- schaltbar ist. Das Gas passiert einen Laboratoriums-Stromungsmesser der Firma VEB Priifgerate-Werk Medingen zur Messung hoher Stromungsgeschwindigkeiten, t r i t t uber einen U-Rohr-Staudruckstromungsmesser, der die Messung kleiner Stromungsgeschwindig- keiten gestattet, durch einen seitlichen Ansatz in das Reaktionsrohr aus Quarzglas (Lange 40 cm; lichte Weite 2,5 cm) ein und wird durch eine Schlauchleitung in den Abzug abgelei- tet. Beheizt wird mit einem 24 cm langen, verschiebbar angebrachten Mullitrohr-Ofen von 1200 W Leistung. Die Substanzen werden in 7 cm langen, unglasierten Porzellan-Schiffchen in das Reaktionsrohr eingefiihrt und dieses durch einen Schliffstopfen mit einer einseitig geschlossenen Hiilse zur Aufnahme des Pt/Pt-Rh-Thermoelements verschlossen. Das Ther- moelement ist so weit eingefiihrt, daB immer die Temperatur iiber der Schiffchenmitte ge- messen wird.

Die Oxalate wurden bei GOO "C wahrend einer Stunde im Wasserstoffstrom zersetzt; ent- weder wurde dann auf 200 "C abkiihlen gelassen und nach kurzem Spiilen mit Ammoniak die Nitridierungsreaktion unmittelbar angeschlossen, oder - vgl. S. 298 - wir lieden die Pulver im Wasserstoffstrom auf 40 "C abkiihlen, entnahmen sie der Apparatur und setzten sie erst spater zur Reaktion mit Ammoniak erneut ein.

3. Versuche zur Ermittlung der optimalen Reaktionsbedingungen Die Reaktion zwischen Nickelpulver und Ammoniak mu13 wie jede

Gas-Festkorper-Reaktion stark davon beeinfluljt werden, ob das Gas ge- nugend gut an die einzelnen Festkorperteilchen herangelangen kann. Bei der Zersetzung von Oxalaten erhalt man auljerordentlich lockere Metallpulver ; wir schlossen deshalb die Ammoniakbehandlung unmittelbar an die reduk- tive Zersetzung des Nickeloxalats an.

Fur die Bildung von Metallnitriden aus Metal1 und Ammoniak mulj auflerdem angenommen werden, daB nicht das Ammoniak selbst, sondern die aus diesem z. B. durch katalytische Spaltung entstehenden Reaktions- produkte (NH,- bzw. NH-Radikale oder Stickstoff in statu nascendi) die Nitridierung bewirken. Es mii13te also gunstig sein, bei verhaltnismaljig hohen Temperaturen zu arbeiten, vorausgesetzt, dalj das Nitrid bei diesen Temperaturen noch einigermaljen bestlindig ist. Bei 600 "C und einer Stro- mungsgeschwindigkeit von 2 mMol/min wird Ammoniak an Nickel schon zu etwa 20y0 gespalten; wir erhielten aber unter diesen Bedingungen hochstens zu etwa 10% nitridierte Produkte und das auch nur dann, wenn wir wlihrend der Abkuhlungsperiode die Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit stark er- hohten.

Daraus schlossen wir, dalj bereits gebildetes Nitrid wahrend der Istiindi- gen Abkuhlungsperiode wieder zerfallen war, und haben versucht, durch Er- hohung des Ammoniak-Partialdrucks wlhrend der Abkuhlungsperiode zu besseren Ergebnissen zu kommen.

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Lfd. Nr . Substanz

Ammoniak- Rcaktions- Versuchs- Stromungs- I Stickstoff- temperatur dauer geschwindig- gehalt

["CI [ Stunden] keit ["/o XI [mMol/minl

Ni Ni Ni Ni Ni Ni

GOO ~ 500

400 300 200 175

0,12 0,18 0,22 0,27 0,82 0,90

Die Substanzen wurden unmittelbar nach der Reaktion auf Zimmertemperatur abge- schreckt.

Wie die Tab. 1 zeigt, werden tatsachlich bei niedrigeren Temperaturen bessere Ergeb- nisse erzielt.

Langwierige Versuche, durch Variation der Reaktionszeit, der Temperatur und der Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit besser nitridierte Produkte zu erhalten, fiihrten dann aber zunachst zu keinen weiteren Ergebnissen.

Man hat es bei den metallartigen Nitriden mit recht unbestiindigen Sub- stanzen zu tunll), die unter den Bedingungen ihrer Bildung bereits eine groSe Zerfallstendenz zeigen. JUZA und SACHSZE 4), die das Nickelnitrid bei 445 "C erhielten, fanden eine Zersetzung innerhalb weniger Minuten, wenn sie diese Substanz im Vakuum auf 440 "C erhitzten.

Da nicht das Ammoniak selbst, sondern seine Zersetzungsprodukte die Nitridierung bewirken, ist weiterhin zu beachten, daS die Beschaffenheit des verwendeten Nickels, wie KorngroSe und Gitterstorungen einen gewissen

11) Bildungswarme des Ni,N nach H. HAHN u. A. KOHRAD [Z. anorg. allg. Chem. 064, 181 (1951)] -0,2 0,1 kcal.

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EinfluS auf seine Nitridierbarkeit haben werden. Es ist darum zu erwarten, da13 die Nitridierung von Nickelpulvern verschiedener Genese nur unter recht unterschiedlichen Reaktionsbedingungen moglich ist.

Auffallend ist die aufierordentlich hohe Ammoniak-Stromungsgeschwin- digkeit, die offensichtlich fur die Nitridierung des Nickels erforderlich ist ; bei JUZA und SACHSZE4) findet sich auI3erdem der Hinweis, da13 vollstandig nitridiertes Nickelpulver nur dann erhalten wurde, wenn Reaktionszeit, Temperatur und die Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit miteinander im Einklang waren.

Gas-Festkorper-Reaktionen im stromenden System sind theoretisch recht schlecht iiberschaubar: Diffusions- und Stromungsvorgange iiber- lagern einander, und zumindest bei nicht zu groI3en Stromungsgeschwindig- keiten wird sich, begiinstigt durch Absorptionsvorgange, an der Oberflache eine pseudostationare Schicht ausbilden. Die Notwendigkeit, besonders bei hohen Temperaturen, groBe Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeiten anzu- wenden, konnte nun damit erklart werden, da13 aus der Ammoniakspaltung bzw. der Nitridierungsreaktion des Metalls mit radikalischen Ammoniak- Spaltstiicken stammender Wasserstoff auf der Metalloberflache recht fest adsorbiert werden kann 12)13), durch das schnell stromende Ammoniak aber weitgehend von der Oberfllche entfernt wird.

Das oben Gesagte diirfte den Schlu13 zulassen, dalj Temperatur und Am- moniak-Stromungsgeschwindigkeit gleichlaufig sind und die Nitridierung des Nickels bei Wahl der jeweils richtigen Ammoniak-Stromungsgeschwin- digkeit iiber einen weiten Temperaturbereich hin moglich ist. Begrenzt ist dieser Bereich nach oben durch die Temperatur, bei der die Zersetzungs- geschwindigkeit groljer als die Bildungsgeschwindigkeit wird und nach unten durch die Temperatur, bei der nur noch so wenig Ammoniak-Spaltstiicke entstehen, da13 eine nennenswerte Nitridierung unmoglich ist.

Bei unseren friiheren Untersuchungen lo) hatten wir unter Bedingungen, unter denen reines Nickelpulver zu etwa 10% nitridiert wird, Nickel-Eisen- Legierungen weitergehend bzw. vollstandig nitridieren konnen. Durch Zu- legieren von Eisen wird also die Nitridierbarkeit des Nickels - allerdings unter Ausbildung der kubisch-flachenzenkrierten Me,N-Nitridphase - we- sentlich verbessert. Wir haben das zunachst damit erklart, da13 die durch die Legierungsbildung mit Eisen - das bis zu Legierungen mit etwa 50% Fe

12) Das Nickelnitrid ist in Wasserstoffatmosphare recht unbestandig. Beispielsweise ergaben Versuche der Benzslhydrierung an Ni,N zwischen 90 und 150 "C eine sehr schlechte katalytische Aktivitat, die unter vollstandiger Riickbildung von kubisch-flachenzentriertem Nickel kontinuierlich auf die des reinen Nickels anstieg.

13) Zur Bestandigkeit von Ni,N im Wasserstoffstrom siehe auch R. JUZA, Angew. Chem., Ausg. A 58, 25 (1945).

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~~~

Ammoniak- Reaktions- i Reaktions- 1 Stromungs-

vollstandig in das Nickelgitter eingebaut wird - bedingte Gitteraufweitung der Grund fur die bessere Nitridierbarkeit der Legierungen sein miisse. Es ist aber durchaus denkbar, da13 diese Gitteraufweitung hauptsachlich die Stabi- lisierung der kubisch-fliichenzentrierten Nitridphase bewirkt und dariiber hinaus das Eisen als solches nitridierungsbegiinstigend wirkt .

Wir haben daher mechanische Gemenge von Nickel- mit etwa 1% Eisen- pulver, hergestellt durch Zersetzung von Oxalatgemengen, auf ihre Nitri- dierbarkeit untersucht. Es wurden Temperaturen zwischen 450 und 300 "C bei Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeiten zwischen 120 und 40 mMol/min gewahlt, da diese Bedingungen nach Vorversuchen an Legierungen als giin- stig erschienen.

~

Stickstoff-

4. Versuche an Nickelpulvern mit meehanisch beigemengtem Eiseri Die Tab. 2 zeigt, daB durch Beimengung von Eisen die Nitridierbarkeit

des Nickels tatsachlich verbessert werden kann. Wir haben dann Langzeit- versuche durchgefiihrt (Tab. 2 , Nr. 6 bis S), und es gelang uns, etwa 1 g aus

Tabelle 2 K a t a 1 y t i s c h e K i t r i d i e r u n g v o n 0 x a 1 a t - K i c k e l p u l v e r z u m h e x a g on a le n Ni,N

Lfd. 1 Sr. 1 Substanz

1 2 3 4 5 6 7 8*)

Ni + 1% Fe Ni + 1% Fe Ni + 1% F e Xi + 1% F e Ni + 1% Fe Xi + 1% Fe Ni + 1% Fe Ni + 1% Fe

tepperatur zeit ["C] ~ [Stunden]

450 400 350 300 300 300 300 300

geschwindig- keit

[mMol/min]

120 120 120 120 40 40 40 40

gehalt [% Nl

1,3 1,4

4,1

3,7 2,9

6,7 7,4 7,3

*) Reaktion zur Durchmischung im Achatmorser unterbrochen. Die Ammoniak-Stromungsgeschwindigkeit war bei der Reaktion und wahrend der

Abkuhlung gleicli.

Oxalat hergestelltes Nickelpulver in 20 Stunden vollstandig zum hexagona- len Nitrid Ni,N zu nitridieren, wie analytisch und rontgenographisch (Abb. 1) nachgewiesen wurde.

Nun stellte sich die Frage nach dem Mechanismus, auf Grund dessen das Eisen wirksam wird.

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Unter unseren Reaktionsbedingungen (300 "C, 40 mMol/min) wird reines Eisenpulver nur zu etwa 50 7' zuin kubisch-flachenzentrierten Fe,N nitri- diert. Auljerdem mulj auf Grund der Ergebnisse von TRILLAT und Mitarbei- tern5) angenommen werden, daB die Nitridierung des Nickels zum hexago- nalen Ni,N ebenfalls iiber die kubisch-flachenzentrierte Phase - auch wenn

(117, ilit Ni' N

rP

Abb. 1. Zahlrohraufnahme mit Cu-K,-Strahlung von a) Substanz Kr. 5, Tab. 2, b) Sub- stanz Nr. 7, Tab. 2

das Ni,N am pulverformigen Nickel noch nicht nachgewiesen werden konnte - erfolgt. Eine direkte Einwirkung des beigemengten Eisens auf die Ausbildung der h e x a g o n a 1 e n Phase diirfte somit ausgeschlossen sein.

WICKE und KUSSNER 14), die die Metallhydrid-Bildung untersucht haben, konnten feststellen, dalj in Fallen, in denen die Gleichgewichtsein-

1 4 ) E. WICKE 11. A. KWSSPI'ER, Z. Elektroehem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 63,1013 (1959); A. KUSSNER u. E. WICKE, Z. physik. Chem. [Frankfurt] 24, 152 (1960).

20

-.

Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 333.

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stellung an der Phasengrenze Metall-Wasserstoff kinetisch gehemmt ist, diese Hemmung durch Beriihrung mit gewissen metallartigen Hydriden auf- gehoben werden kann. Die Autoren untersuchten die hydridbildenden Metalle Palladium, Uran, Tantal und Titan und stellten im Falle der drei letzteren auch eine katalytische Wirkung der eigenen Hydride fest. Ein- gehendere Untersuchungen uber die durch Uranhydrid katalysierte Hy- drierung von Palladium fiihrten sie dann zu dew SchluB, daB die katalytische Wirkung des Festkorpers UH,’ auf einer Aufspaltung der H,-Molekeln in Atome an diesem und Weitergabe der H-Atome an das Palladium beruht.

Eine derartige Katalyse durfte auch in unserem Falle vorliegen, und es ist anzunehmen, daB es die aus dem Zersetzungs-Bildungs-Gleichgewicht des Eisennitrids stammenden Spaltstiicke sind, die das Nickel nitridieren.

AuBerdem ist wahrscheinlich, daB die Nitridierung des Nickels zu den durch die eigene Verbindung katalysierten Reaktionen gehort, da sowohl JUZA und SACHSZE4) als auch wir (vgl. Tab. 2, Nr. 8) durch Unterbrechung der Nitridierungsreaktion zwecks grundlicher Durchmischung des Materials zu guten Ergebnissen kamen, wobei in unserem Falle eine Verkiirzung der Reaktionszeit erzielt werden kann, obwohl das Metallpulver nach der Durch- mischung wesentlich dichter als vorher geschuttet ist.

5. Untersuchungen an Nickelpulvern verschiedener Genese Wir haben nun untersucht, welchen EinfluB eine unterschiedliche Genese

des Nickelpulvers besonders auf die katalysierte Nitridierung hat. Diese Untersuchungen wurden an aus Carbonyl hergestelltem Nickelpulver und an

Nickelpulver der Firma Merck (Nickel, reduziert, reinst, kobaltfrei) durchgefuhrt und die Ergebnissc mit den an unserem Oxalat-Nickelpulver erhaltenen verglichen.

Das Oxalat-Nickelpulver wurde fur diesen Zweck, um den EinfluIJ unterschiedlicher Schuttung auszuschalten, vorreduziert und in gleichen Mengen wie die anderen Pulvcr ein- gewogen. Alle drei Pulver wurden fur diese Versuchsreihe ohne Zusatze und mit Eisen- oder Fe,N-Pulver irn Achatmorser verrieben bzw. damit bestreut verwendet.

Da zu erwarten stand, daB nicht nur Eisen, sondern auch gut nitridier- bare Legierungen eine gewisse katalytische Wirksamkeit besitzen, unter- suchten wir auaerdem mit dem Nitrid der an Eisen 40proz. Eisen-Nickel- Legierung (Me,N) bestreute bzw. vermengte Nickelpulver (Tab. 3).

Es zeigte sich also, daB wie erwartet, aus Carbonyl hergestelltes Nickel- pulver am besten und das aus Oxalat hergestellte Nickelpulver am schlech- testen nitridierbar ist.

Im einzelnen ergibt sich folgendes Bild:

Das schlecht nitridierbare Oxalat-Nickel wird durch alle aufgefiihrten Katalysatoren gunstig beeinfluBt. Eisen und Fe,N zeigen die beste, und wie

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Tabelle 3 E i n f l u B d e r Genese d e s N i c k e l p u l v e r s auf s e i n e N i t r i d i e r b a r k e i t

Lfd. ~ mit Katalysator I Nr. I (Menge -lye) Oxalat-Nickel 1 Merck-Nickel I Carbongl-Nickel Stickstoffgehalt [yo N] der Substanzen

ohne Fe gemorsert Fe,N gemorsert Fe bestreut Fe,N bestreut. Me,N gemorsert Me,N bestreut

0,94 1,35 1,26 1,53 1,42 1 , l O 1,18

1,52 2,08 2,14 1,59 2,36 2,11 1,85

2,12 2,11 2,27 2,06 2,64 2,16 1,73

Reaktionsdauer 11/2 Stunden; Reaktionstemperatur 300 "C; Ammoniak-Stromungs- geschwindigkeit (bei Reaktion und Abkiihlung gleich) 40 mMol/min.

erwartet, fast die gleiche Wirkung. Die oberflachlich bestreuten Proben zeigen immer hohere Stickstoffwerte als die Gemenge, da hier ja der Kata- lysator direkt an der Oberflache des Reaktionsgutes wirksam werden kann.

Beim Merck-Nickel liegen die Dinge ahnlich, nur werden hier die mit Eisen und Me4N bestreuten Proben schlechter nitridiert als die entsprechenden Gemenge.

Beim Carbonyl-Nickel endlich zeigen nur noch die mit Fe,N behandelten Proben einen EinfluB des Katalysators, das Bestreuen mit Me4N dagegen zeitigt einen negativen EinfluB.

J e leichter also das Nickelpulver von Hause aus nitridierbar ist, desto geringer wird der EinfluB des Katalysators, und er kann sogar, wie im Falle des mit Me4N bestreuten Carbonyl-Nickelpulvers, wohl durch teil- weise Blockierung der Oberflache, negativ wirken.

Die Nitridierung des Nickels durch Ammoniak ist eine Folgereaktion der katalytischen Ammoniakspaltung ; sie kann aber wegen der thermischen Instabilitat des Nitrids Ni,N nur bei verhaltnismaflig niedrigen Tempera- turen, bei denen die Konzentration an Ammoniakspaltstiicken gering ist, erfolgen.

Daraus ergibt sich; daB eine nennenswerte Nitridierung des Nickels nur an einigermafien aktivem Material zu erreichen ist, und es diirfte wahrschein- lich sein, daB dabei zunachst besonders aktive Stellen nitridiert werden und von diesen aus, durch eine Art Festkorperkatalyse, die iibrige Substanz nitri- diert wird. AuBerdem mu13 durch eine hohe Ammoniak-stromungsgeschwin- digkeit dafiir gesorgt werden, daB an der Oberflache des Reaktionsgutes stets neues Ammoniak fur die Weiterreaktion zur Verfiigung steht und schadliche Spaltprodukte des Ammoniaks entfernt werden. 20*

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Die Ergebnisse unserer Untersuchungen an mit leichter nitridierbareni Metal1 bzw. dessen Nitrid versetztem Nickelpulver deuten wir dahingehend, da13 die Partikeln dieser Zusatze die Rolle der aktiven Stellen, insbesondere zur Erzeugung der fur die Reaktion notwendigen Spaltprodukte des Ammo- niaks, zu ubernehmen vermogen.

Frau CHRISTA LIPKE danken wir fur ihre experimentelle Mitarbeit.

Ber l in - A dler s h o f , Institut fur anorganische Katalyseforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.

Bei der Redaktion eingegangen am 3. Juli 1964.