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Fertigungstechnik-Umformen
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397
5 Umformen
5.1 Einteilung und Vorteile der Umformverfahren
Unter Umformen versteht man gemäß DIN 8580, eine gegebene Roh- oder Werkstückform in eine be-stimmte andere Zwischen- oder Fertigteilform zu überführen. Dabei werden die Stoffteilchen so ver-schoben, dass der Stoffzusammenhalt und die Mas- se unverändert bleiben. Das Umformen bezeichne-te man früher auch als plastische oder bild same Form gebung.
Die Einteilung der Umformverfahren erfolgt ent-spre chend DIN 8582 unter dem Gesichtspunkt der wirk samen Spannungen in der Umformzone in die fünf Beanspruchungsgruppen Druck-, Zugdruck-, Zug-, Biege- und Schubumformen.
Bild 5-1 vermittelt einen Überblick. Die Gruppen sind in den Normen DIN 8583 bis 8587 nach den Kriterien der Relativbewegung zwischen Werkzeug und Werk stück, der Werkzeuggeometrie und der Werk stück geometrie gegliedert. Sie umfassen 18 Untergruppen mit etwa 230 Grundverfahren. Häu-fi g werden auch Verfahrenskombinationen einge-setzt. Es können zwei oder mehrere Grundverfah-
1) Als Warmumformen wurden früher die Verfahren bezeich-net, bei denen die Umformtemperatur über der Rekristal-lisationstemperatur des Werkstückstoffs lag. Oberhalb der Rekristallisationstemperatur T
RK tritt keine Verfesti-
gung des Werkstoffs ein
ren gleichzeitig oder nacheinander in einem Ar-beitsgang durch ge führt werden. Ein Arbeitsgang ändert in einem ein zelnen Schritt die Form und (oder) die Stoffei gen schaften. Aus einer Übersicht über die Umform ver fahren gemäß Bild 5-2 gehen der jeweilige Aus gangs- und Endzustand des Werk-stücks her vor.
Das Umformen kann bei unterschiedlichen Tem-peraturen durchgeführt werden. Die Ausgangs tem-peratur des Werkstücks beeinfl usst sowohl den Um-formverlauf als auch die Werkstück-Stoffeigen schaf-ten. Dabei kann eine bleibende oder nur beim Um-formvorgang feststellbare vorübergehende Festig-keitssteigerung auftreten. Für die Praxis unterteilt man die Verfahren nach DIN 8582 bis 8587 in:
– Kaltumformen: Umformen ohne Anwärmen des Rohlings,
– Warmumformen: Umformen mit Anwärmen des Rohlings 1).
Umformverfahren, bei denen sowohl kalt als auch warm umgeformt wird, sind z. B. das Walzen, Fließ-
Bild 5-1Unterteilung der Fertigungsverfahren der Umformtechnik in Untergruppen nach DIN 8582.
Umformen
DruckumformenDIN 8583
ZugdruckumformenDIN 8584
2.1
.1
2.1
Walz
en
Fre
iform
en
Gesenkfo
rmen
Ein
drü
cken
Durc
hd
rücken
2.1
.2
2.1
.3
2.1
.4
2.1
.5
2.2
.1
2.2
.2
2.2
.3
2.2
.4
2.2
.5
Durc
hzie
hen
Tie
fzie
hen
Kra
genzie
hen
Drü
cken
Knic
kb
auchen
2.2 2.3 2.4 2.5
Hauptguppe 2
ZugumformenDIN 8585
BiegeumformenDIN 8586
SchubumformenDIN 8587
2.3
.1
2.3
.2
2.3
.3
2.4
.1
2.4
.2
2.5
.1
2.5
.2
Längen
Weiten
Tie
fen
Bie
gung m
it d
rehend
er
Werk
zeugb
ew
egung
Vers
chie
ben
Verd
rehen
Bie
gen m
it g
era
dlinig
er
Werk
zeugb
ew
egung
398 5 Umformen
pressen und Prägen. Eine Einteilung der Umform-verfahren nach der geometrischen Rohlingsform (z. B. Stangenabschnitt oder Blech) führt zu der Un-terscheidung Massiv- und Blechumformung.
Vorteile der Umformverfahren sind– bessere Werkstoffausnutzung; die modernen Ver-
fahren des Umformens erlauben in besonderen Fällen die Fertigung von einbaufertigen Teilen. Ge- genüber der spanenden Bearbeitung sind Werk-stoffeinsparungen von 10 % bis 50 % möglich.
– Einsparen von Fertigungszeit; Umformmaschi-nen ermöglichen ein höheres Ausbringen durch verkürzte Haupt- und Nebenzeiten. Die Erhö-hung der Pressenhubzahl, der Einsatz automa-tisierter Zuführ- und Entnahmevorrichtungen sowie die Mehrmaschinenbedienung führen zu einer Einsparung von Fertigungszeit bis zu 30 %.
– Steigerung der Werkstückqualität; die Maßge-
nauigkeit und Oberfl ächengüte der Erzeugnisse können verbessert werden durch Kombinieren von Umformprozessen mit Endbearbeitungs-verfahren. Mit einigen Umformverfahren lassen sich sehr kleine Toleranzen einhalten. Zum Bei-spiel kann beim Fließpressen eine Wanddicken-abweichung bei 600 mm Durchmesser bis zu ± 0,01 mm und beim Oberfl ächenfeinwalzen ei ne Rauheit bei Stahlteilen bis zu Rz = 0,2 mm erreicht wer den.
– Erhöhung der Werkstückstoff-Festigkeit; bei meh-reren Verfahren des Kaltumformens kann eine solche Festigkeitssteigerung vorteilhaft ausge-nutzt werden. Beim Kaltfl ießpressen steigt die Härte des eingesetzten Stahls bis zu 120 % und beim Oberfl ächenfeinwalzen (je nach Umform-grad) bis zu 40 %. Dadurch können preiswertere Stähle mit geringerer Festigkeit als Roh ling ein-gesetzt werden.
Bild 5-2Beispiele für das Umformverfahren, eingeteilt nach überwiegender Beanspruchung in der Umformzone. Im jeweils linken Bild teil ist die Ausgangsform, im rechten Bildteil die Endform des Werkstücks dargestellt.
Walzen Draht-
ziehen
ZugdruckumformenDruckumformen Zugumformen
Tiefziehen
Längen
Gesenkformen
Weiten
TiefenDrücken
Eindrücken Kragenziehen Biegeumformen
Biegen
Durchdrücken Knickbauchen Schubumformen
Verdrehen
M t
M t
90°
Freiformen
399
– Eine höhere Gestaltfestigkeit und eine verringer- te Kerbwirkung lassen sich bei Umformteilen mit nicht angeschnittenem Faserverlauf erreichen.
5.2 Umformtechnische Grundlagen
Für die Anwendung der Umformtechnik ist der kris-talline Aufbau der Metalle von grundlegender Be-deutung. Das kleinste Bauelement eines Kristalls ist die Elementarzelle (Bild 5-3). In Metallen fi ndet
man meist drei Grundformen: die kubische, die te-tragonale und die hexagonale Elementarzelle. Beim Erstarren einer Schmelze (Abschn. 2, Urformen) ordnen sich die Elementarzellen nahezu parallel an und bilden feste Bereiche, die immer größer wer-den. Wenn sich alle Zellen gegenseitig berühren, ist die Schmelze erstarrt. Auf einer fein geschliffenen Ober fl äche kann man durch eine geeignete Ätzung
mit chemischen Mitteln das Gefüge der einzelnen Kristallkörper und ihre Korngrenzen sichtbar ma-chen. Man erkennt unter dem Mikro skop eine Struk-tur etwa entsprechend Bild 5-4.
Die unregelmäßigen Körper mit zueinander statis-tisch regellos orientierten Zellen sind die Kristallite oder Körner. Die mechanischen und physikalischen Eigenschaften der Metalle werden durch die Lage und die Durchmesser der Atome, deren Abstand voneinander und durch die Verteilungsdichte im Atomgitter bestimmt. Die Eigenschaften eines Kris-tallits sind daher richtungsabhängig, also anisotrop. Im Verbund eines Vielkristalls gleichen sich die Vor-zugsrichtungen statistisch aus; die Eigenschaften sind daher quasi-isotrop.
Bei der plastischen Formänderung von Metallen werden große Gitterbereiche von Elementarzellen gegeneinander um endliche Strecken verschoben. Dieses Verschieben oder Gleiten erfolgt bevorzugt parallel zu den am dichtesten gepackten Gitterebe-nen, verdeutlicht im Bild 5-5. Die Ebenen sind bei kubisch-raumzentrierten (krz) Metallen (z. B. a-Eisen, Wolfram, Chrom) die Flächen des sog. Rhom-ben-Dodekaeders. Bei Metallen mit kubisch-fl ächen-zentriertem (kfz) Gitter (z. B. g -Eisen, Aluminium, Kupfer, Nickel) sind es die Flächen des Oktaeders. Bei Metallen mit hexagonalem (hdP) Gitter (wie z. B. Zink, Magnesium) sind die Basisfl ächen am dich-testen mit Atomen besetzt. Entlang dieser Ebenen setzt die Gleitung oder Translation ein 2).
Bei einem Vielkristall, der aus zahlreichen Kristalli-ten mit unregelmäßigen Korngrenzen besteht, ha-
Bild 5-4Aus Kristalliten aufgebautes Gefüge eines Metalls: a) Vielkristall im Ausgangsgefüge, b) Gefüge nach der Umformung.
2) Genauer lassen sich diese Vorgänge nur mit dem Ver set-zungsbegriff beschreiben, dessen Erklärung in diesem Zusammenhang aber zu weit führen würde.
a) b)
Bild 5-3Anordnung von Atomen in einer kubisch-raumzentrierten Ele- mentarzelle (Gitterabstand bei a-Eisen: a = 287◊10- 9 mm).
a
Atomkern mit
Elektronenhülle
5.2 Umformtechnische Grundlagen
400 5 Umformen
ben die Gleitebenen unterschiedliche Orientierung (Bild 5-4). Das Gleiten setzt in diesem Fall richtungs-unabhängig ein, da immer zur Beanspruchungs-richtung günstig liegende Gleitsysteme vorhanden sind. Eine große Anzahl von Kristalliten befi ndet sich aber auch in solchen Lagen, in denen ein Glei-ten in der Kraftrichtung nicht möglich ist. Daher ist der Umformwiderstand eines vielkristallinen Metall-stücks viel größer als derjenige eines Einkristalls.
Für das Berechnen der Umformvorgänge hat man Kenngrößen der Formänderung defi niert. Während des Umformvorgangs bleibt das Volumen des um-geformten Körpers annähernd gleich. Wird ein Qua-der mit den Ausgangsabmessungen h
0, b
0 und l
0 auf
die Endabmessungen h1, b
1 und l
1 gemäß Bild 5-6
gestaucht, so gilt die Beziehung
V = h0 b
0 l
0 = h
1 b
1 l
1 = konst. [5-1]
Die Größe von Formänderungen kann in verschie-dener Weise angegeben werden:
– Unter der absoluten Formänderung versteht man den Unterschied der geometrischen Abmes-sungen vor und nach der Umformung (Höhenab-nahme, Breitenabnahme, Längenabnahme):
Δh = h1 − h
0; Δb = b
1 − b
0; Δ l = l
1 − l
0.
– Bei der bezogenen Formänderung wird die absolute Formänderung zu den Ausgangsabmes-sungen ins Verhältnis gesetzt (bei positivem Vor-zeichen »Dehnung«, meist in % angegeben):
e e eh b l= - = - = -h h
h
b b
b
l l
l1 0
0
1 0
0
1 0
0
; ; . – Das Formänderungsverhältnis ist das Verhält-
nis der geometrischen Abmessungen vor und nach dem Umformen (Stauchgrad, Breitungs-grad, Streckgrad):
g b l= = =h
h
b
b
l
l1
0
1
0
1
0
; ; .
– Der Umformgrad ist das logarithmische Ver-hältnis:
j j jh b l= = =ln ; ln ; ln .h
h
b
b
l
l1
0
1
0
1
0
Der Umformgrad wird bei der Ermittlung des Kraft- und Arbeitsbedarfs benötigt. Formänderungen treten nicht allein in einer Richtung auf. Beim Strecken eines Zugstabs wird sein Querschnitt gleichzeitig abnehmen; beim Stauchen eines Bolzens vergrößert sich der Durchmesser. Für alle Berechnungen des erforderlichen Kraftbedarfs ist stets der Vergleich-sumformgrad j
v (Größtbetrag von j) einzusetzen.
Bild 5-5Elementarzellen von Metallen mit den am dichtesten mit Atomen besetzten Gitterebenen.a) kubisch-raumzentriertes Gitter (a-Eisen, Wolfram, Chrom)b) kubisch-fl ächenzentriertes Gitter (g-Eisen, Aluminium, Kupfer, Nickel)c) hexagonales Gitter (Zink, Magnesium)
Bild 5-6Gestauchter Quader mit idealisierter Geometrie nach dem Umformen.
401
Der Satz von der Volumenkonstanz lässt sich mit Hilfe des Umformgrads formulieren: Die Summe der orthogonalen Umformgrade ist gleich null:
jh + j
b + j
l = 0. [5-2]
Aufgrund des kristallinen Aufbaus zeigen die metal-lischen Werkstoffe ein proportionales Verhalten im Spannung-Dehnung-Schaubild bis zur Fließ grenze (Hooke-Gerade). Die elastische Verformung ent-steht durch reversible Gitterdehnungen und Git ter-stauchungen. Beim Fließbeginn gleiten große Git-terbereiche irreversibel ab.
Die bevorzugten Gleitebenen stimmen bei homoge-nen Werkstoffen mit der Richtung der maximalen Schubspannung überein. Durch die im Werkstoff in großer Anzahl enthaltenen eindimensionalen Git-terdefekte ( Versetzungen) setzt der Fließbeginn bei wesentlich niedrigeren Schubspannungen ein als bei idealem Gitteraufbau. Für einen dreiachsigen Span-nungszustand kann in Anlehnung an Mohr oh ne Be-rücksichtigung der mittleren Hauptnormal span nung die Fließbedingung defi niert werden:
smax
− smin
= 2 tmax
= sv [5-3]
mit sv als der einachsigen Vergleichsspannung. Die-
se wird nach unterschiedlichen Festigkeitshypothe-sen (Fließbedingungen) berechnet und zwar nach der Normalspannungshypothese, der Schubspan-nungshypothese nach Tresca (s. Gl. [5-3]) und der Gestaltänderungsenergie-Hypothese (GEH) nach v. Mises.
Der Einfl uss ein- und mehrachsiger Spannungszu-stände auf den Verlauf der Schubfl ießgrenze t
F und
der Schubfestigkeit tB geht aus Bild 5-7 hervor.
Darin sind die Mohrschen Spannungskreise für den Fließbeginn dargestellt. Der jeweilige Abstand zwi-schen t
F und t
B ist ein Vergleichsmaß für das plasti-
sche Formänderungsvermögen.
Oberhalb des Schnittpunkts S der beiden Kenngrö-ßen ist im Bereich mehrachsiger Zugspannungen mit Trennbruchgefahr zu rechnen. Unter mehrach-sigen Druckspannungszuständen wird ein größeres Umformvermögen erreicht als unter Zugspannungs-zuständen. Im Grenzfall können mehrachsige Zug-spannungen verformungslose Trennbrüche auslö-sen.
Im Spannung-Dehnung-Schaubild nach Bild 5-8 tritt beim Werkstoff Stahl (mit verhältnismäßig we-
Bild 5-7Mohrsche Spannungskreise und Grenzfestigkeiten für unter-schiedliche Hauptnormalspannungszustände.t
B Schubfestigkeit
tF Schubfl ießgrenze
tmax
maximale Schubfestigkeit
s1
s2
s3
s1 s1
s2
s1
s2
s1 � �smax
s 3 � �smin
plastisches
Formänderungsvermögen
- s � �s
tF
t
S
tB
smax
smin
t max
s3 s2
Tre
nnfe
stigkeit (
s T)
s1 s T
Bild 5-8Spannung-Dehnung-Schaubild für S235 (St 37), aufgenommen beim Zugversuch nach DIN EN 10002-1.s Zugspannung (s = F/S
0)
kf Fließspannung (k
f = F/S
1)
ReH
obere StreckgrenzeR
m Zugfestigkeit
L0 Ausgangs-Messlänge, ΔL = Verlängerung
S0 Ausgangs-Querschnitt
Agl Gleichmaßdehnung
0 5
0
100
200
300
400
500
10 15 20 25 30
Dehnung e� � � L
L0
Fließsp
annung
kf,
Zugsp
annung
s
Nmm2
%
s �F
S0
kf � S1
F
Bruch
ReH
Agl
Rm
S0
L0
100
5.2 Umformtechnische Grundlagen
402 5 Umformen
nig Kohlenstoff) eine ausgeprägte obere Streckgren-ze R
eH auf. Wird beim Zugversuch die der Zugpro-
be aufgezwungene Verlängerung ΔL kontinuierlich gesteigert, so erhöht sich die messbare Kraft F und damit die Zugspannung s = F/S
0. Am Höchstlast-
punkt ist die Nennzugfestigkeit Rm des Werkstoffs
erreicht; im Zugversuch kommt es infolge von Insta-bilitäten zur Einschnürung, bei weiterer Dehnung zum Bruch. Die Spannung s ist eine fi ktive Größe, da sie stets auf den Ausgangsquerschnitt S
0 der Zug-
probe bezogen wird.
Die wahre Spannung kf = F/S
1 wird Fließspannung
genannt. Der Verlauf der Fließspannung kf in Ab-
hängigkeit vom Vergleichsumformgrad etwa gemäß Bild 5-9 heißt Fließkurve und ist für unterschiedli-che Werkstoffe von der Höhenlage und dem Verfes-tigungsanstieg abhängig. Für die meisten in der Um-formtechnik angewendeten Metalle und Metalllegie-rungen sind die Fließkurven in den Arbeitsblät tern VDI 5-3200 und 5-3201 festgelegt.
Fließkurven lassen sich einfacher handhaben, wenn sie durch eine mathematische Beziehung näherungs-weise erfasst werden. Zwischen j und e besteht der Zusammenhang 3)
j = ln (1 + e). [5-4]
Für kleine Werte von e < 0,2 sind beide Kenngrö-ßen etwa gleich groß.
Zur mathematischen Beschreibung von Fließkurven wurden (nach Ludwik u. a.) Potenzfunktionen vor-geschlagen. Für unlegierte und niedriglegierte Stähle sowie für Leichtmetalle gilt beim Kaltumformen für die Fließspannung im Bereich j = 0,2 bis j = 1,0 die Beziehung
kf = C j n. [5-5]
Für die Konstanten C und n gelten nach Reihle folgende Zusammenhänge:
C = Rm (e/n)n, [5-6]
n = jgl. [5-7]
Hierin bedeutenn Verfestigungsexponent, R
m Zugfestigkeit,
e Basis der natürlichen Logarithmen,j
gl Umformgrad bei der Gleichmaßdehnung im Zugversuch.
Fließkurven, die sich nach Gl. [5-5] annähern lassen, sind in doppellogarithmischer Darstellung der Fließ-spannung k
f in Abhängigkeit vom Umformgrad j
eine Gerade. Der Verfestigungsexponent n ergibt sich als tan a des Anstiegwinkels dieser Geraden.
Die Fließkurve selbst kann aus dem Zugversuch nach DIN EN 10002-1 bis zur Gleichmaßdehnung A
gl ermittelt werden, die man aus den Werten für R
m,
A10
und A5 näherungsweise berechnen kann:
n = jgl = ln (1 + A
gl) = ln (1 + 2 A
10 − A
5). [5-8]
Aus vorverfestigten Proben, die z. B. durch Walzen oder Drahtziehen zu mehr als j � 0,4 umgeformt wurden, lässt sich im Zugversuch die Fließspan-nung ermitteln. Die Spannung-Dehnung-Schaubil-der solcher Zugproben zeigen fast keinen Dehnungs-bereich mehr, so dass die Zugfestigkeit R
m der Fließ-
spannung kf entspricht.
Im Stauchversuch kann die Fließkurve bis zu Ver-gleichsumformgraden von j > 1,0 ermittelt werden. Beim Stauchen zwischen ebenen Bahnen wird die gleichmäßige Breitung an den Berührungsfl ächen infolge der Reibung behindert. Die Probe verliert ihre zylindrische Gestalt und baucht entsprechend Bild 5-10 aus: Kurze Zylinderproben nehmen Ton-
3) Nach Defi nition ergibt sich die wahre Dehnung oder der Umformgrad j aus:
j e= = =
+= +Ú d
ln ln ln ( )l
l
l
l
l l
ll
l
0
11
0
0
0
1D
.
Bild 5-9Fließkurven von Stahl [unlegierter Einsatzstahl C10E (Ck 10)], Kupfer und Aluminium.Beispiel: Für die Stauchung auf die halbe Ausgangshöhe er-gibt sich ein Vergleichsumformgrad j
v = 0,69; die dazugehö-
rige Fließspannung für Stahl beträgt kf = 620 N/mm2.
Vergleichsformänderung jh = ln
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Flie
ßsp
annung k
f �
F S1
Nmm2
0
200
400
600
800
St
Cu
Al
h0
h1
403
nenform an, schlanke Proben bauchen an den En-den aus. Dadurch kann keine homogene Umformung erfolgen, der Spannungszustand ist nicht mehr ein-achsig. Um dies zu vermeiden, werden die Stauch-fl ächen poliert und geschmiert, Kunststofffolien als Zwischenlage benutzt, oder es wird der Kegelstauch-versuch angewendet. Dabei sind Stauchbahnen und Probenstirnfl ächen kegelig ausgebildet. Die dadurch entstehenden Radialspannungen sollen gerade so groß werden, dass sie die Reibschubspannungen auf-heben. Dies ist der Fall, wenn zwischen dem Nei-gungswinkel a der Kegelfl ächen und der Reibungs-zahl m die Beziehung
m = tan a [5-9]
besteht. Für Stahl bei Raumtemperatur und bei guter Schmierung gilt a = 1,5 °; hierbei kann man den Umformgrad noch mit guter Näherung aus der mittleren Probenhöhe errechnen.
Der Kegelstauchversuch eignet sich auch für die Fließkurvenermittlung an Blechen. Dabei werden die geschichteten Proben in einer Spannhülse zen-triert und nach geringer Belastung frei weiter ge-staucht. Der Spannungsverlauf wird durch die Trenn-schichten der Bleche nicht gestört.
Solange der Spannungszustand im Zug- oder Stauch-versuch näherungsweise als einachsig angesehen werden kann, gilt für die Formänderungsfestigkeit oder Fließspannung
kF
Af e= ◊0
j ; [5-10]
hierbei bedeuten F die gemessene Umformkraft, A0
die Fläche vor der Umformung und
j j= =ln . ln .l
l
h
h1
0
1
0
bzw
Mit Hilfe der Fließkurven können Umformkräfte und Umformarbeiten berechnet werden.
Nach Lösungsansätzen der elementaren Plastizi-tätstheorie ergibt sich zum verlustfreien Umformen eines nicht verfestigten Werkstoffs die ideelle Um-formarbeit zu
W V k V kid f fd= =Ú j jj
10
1
. [5-11]
Hierin bedeutet:V umgeformtes Werkstoffvolumen,k
f Fließspannung des Werkstückstoffs,
j Umformgrad.
Bei verfestigten Werkstoffen ist eine mittlere Fließ-spannung k
fm einzusetzen, die als Integralwert ermit-
telt wird:
k kfm f d= Ú1
1 0
1
jj
j
. [5-12]
Näherungsweise kann auch der arithmetische Mit-telwert der Fließspannungen vor und nach der Um-formung aus der Fließkurve berechnet werden:
kk k
fmf0 f1
2= +
. [5-13]
Bei den Umformverfahren in der Praxis bewirken zusätzliche Verluste durch Reibung, innere Schie-bungen im Werkstoff, Biegung u. ä. eine im Ver-gleich zu Gl. [5-11] größere Umformarbeit:
WW
gesid
F
=h
. [5-14]
Außer den Näherungsansätzen zur Abschätzung dieser Verluste muss besonders bei komplexer Werk-stückgeometrie der Umformwirkungsgrad h
F experi-
mentell bestimmt werden (hF = 0,4 bis h
F = 0,8).
Dieser ist abhängig von der äußeren Reibung an den Werkzeugfl ächen, der Art des Umformverfah-rens, dem umgeformten Werkstoff, der Werkstück-geometrie und dem Stofffl uss. Häufi g wird er aus dem Verhältnis ideelle Umformkraft F
id zur tatsäch-
lich erforderlichen Umformkraft Fges
bestimmt:
hFid
ges
= F
F. [5-15]
Diese Beziehung gilt allerdings nur für stationäre Vorgänge; bei allen anderen Umformvorgängen muss statt mit F
ges mit einer mittleren Kraft gemäß
F W s= ges / [5-16]
Bild 5-10Ausbauchung bei zylindrischen Stauchkörpern:a) kurze Probe mit h
0/d
0 = 1,0
b) schlanke Probe mit h0/d
0 = 2,5
h1
a) b)
h0
d0
F
FUnverformter
Stauchkörper
5.2 Umformtechnische Grundlagen
404 5 Umformen
mit s als dem Umformweg gerechnet werden.
Hinsichtlich der Kraftwirkung ist es zweckmäßig, die Umformverfahren in solche mit unmittelbarer und solche mit mittelbarer Kraftwirkung zu unter-teilen. Bei den Umformverfahren mit unmittelbarer Kraftwirkung, wie z. B. beim Stauchen, Recken und Walzen, wirkt die äußere Kraft in der Hauptum-formrichtung. Für eine idealisierte, verlustfreie Um-formung ergibt sich die senkrecht zur gedrückten Fläche A
1 erforderliche ideelle Umformkraft F
id
zu
Fid = A
1 k
f. [5-17]
Hierbei ist A1 die augenblickliche Querschnittsfl ä-
che senkrecht zur Kraft und kf die augenblickliche
Fließspannung des Werkstoffs.
Für Umformverfahren mit mittelbarer Kraftwir-kung, wie z. B. für das Voll-Vorwärts-Fließpressen, Stab- und Drahtziehen sowie Tiefziehen, muss zu-sätzlich der Umformgrad berücksichtigt werden:
Fid = A
1 k
fm j
1. [5-18]
In dieser Formel ist A1 der Endqerschnitt, k
fm die
mittlere Fließspannung und j1 der Umformgrad des
Vorgangs. Die tatsächlich erfor derliche Kraft lässt sich mit Hilfe des Umform wir kungsgrads h
F berech-
nen. Entsprechende Beispiele werden bei den ein-zelnen Verfahren erläu tert.
Die Fließspannung und damit die Fließkurvencha-rakteristik hängt in großem Maße von der Umform-temperatur ab, wie Bild 5-11 zeigt. Je höher die Um-formtemperatur ist, desto niedriger ist die (Warm-)
Bild 5-11Warmfl ießkurven bei verschiedenen Temperaturen für den Stahl C45, Umformgeschwindigkeit �j = dj /dt in s -1 (nach H.-G. Müller).
Nmm2
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
Fließsp
annung
kf
360
320
280
240
200
160
120
80
40
0
Vergleichsumformgrad jv
800 °C 900 °C 1000 °C 1100 °C
10
1
0,1
0,01
10
1
0,1
0,01
10
1
0,1
0,01
10
1
0,1
0,01
j.
j.
j.
j.
405
Fließspannung bei konstanter Umformgeschwin-digkeit �j = dj /dt, und um so fl acher ist der Verfes-tigungsanstieg der Fließkurven.
Besonders dann, wenn die Temperatur so hoch ist, dass eine Rekristallisation während des Umformpro-zesses ablaufen kann, nimmt der Gleitwiderstand auf den Kristallebenen ab. Bei diesem zeitabhängi-gen Prozess wird die auftretende Verfestigung sofort wieder rückgängig gemacht. Mit einer zweckmäßi-gen Temperaturführung kann auch ein bestimmtes Gefüge erzielt werden (z. B. feinkristallines Grob-blech).
Während beim Kaltumformen vor allem der Um-formgrad j die Form der Fließkurve beeinfl usst, ist für das Warmumformen die Umformgeschwin digkeit �j von ausschlaggebender Bedeutung. Eine größe-
re Umformgeschwindigkeit behindert die Rekristal-lisation während des Umformens oder macht sie so-gar unmöglich. Bild 5-12 zeigt als Bei spiel für den Um formgrad j = 0,3 die Fließspannungen k
f für den
Stahl C45 (nach H.-G. Müller). Je höher die Um-formtemperatur ist, desto steiler verläuft die Kur ve.
Bei �j = 10 s−1 fl ießt der Stahl C 45 bei einer Umform-tem peratur von 1100 °C erst bei der dreifachen Fließ-spannung im Vergleich zu �j = 0,01 s−1. Das Werk-stück hat bei dem schnelleren Umformvorgang ei-ne höhere Festigkeit als ein gleiches Werkstück bei 900 °C, das langsam umgeformt wird ( �j = 0,01 s−1).
Der Einfl uss der Umformgeschwindigkeit �j auf die Fließspannung kann mit sog. Plastometern ermittelt werden. Diese Maschinen erlauben z. B. ein Stau-chen mit konstanter Umformgeschwindigkeit. Da �j bei homogener Umformung nach der Gleichung
�j = dj /d t = vwz
/h [5-19]
von der Werkzeuggeschwindigkeit vwz
und der au-genblicklichen Probenhöhe h abhängt, wird bei Plas-tometern die Stauchbahngeschwindigkeit hydrau-lisch oder mechanisch nach ent sprechenden Kur-venscheiben gesteuert.
5.3 Druckumformen
Bei den Verfahren für das Druckumformen wird der plastische Zustand im Werkstoff durch ein- oder mehr achsige Druckspannungen hervorgerufen. Nach
DIN 8583 gehören dazu die Walzverfahren (Halb-zeugherstellung und sog. Stückwalzverfahren). Die Freiform- und Gesenkformverfahren umfassen die Druckumformverfahren mit gegeneinander beweg-ten Werkzeugen. Diese können die Form des Werk-stücks gar nicht oder nur teilweise ( Freiformen) bzw. zu einem wesentlichen Teil oder völlig umfassen ( Ge senkformen).
Beim Eindrücken dringt das Werkzeug in das Werk-stück ohne oder mit einer Relativbewegung zwi-schen Werkzeug und Werkstück entlang der Ober-fl äche ein.
Den Durchdrückverfahren kommt in der Umform-technik eine sehr große Bedeutung zu. Das Verjün-gen und das Fließpressen werden zur Herstellung einzelner Werkstücke angewendet (z. B. Radbefes-tigungsschrauben). Strangpressen dient vorwiegend der Herstellung von Halbzeug (Hohl- und Winkel-profi le aus Aluminiumlegierungen).
Bild 5-12Fließspannung k
f für den Stahl C45 in Abhängigkeit von der
Umformgeschwindigkeit �j .
400
250
200
150
100
80
60
40
30
20
0,01 0,1 1 10
Umformgeschwindigkeit j.
Fließsp
annung k
f
Nmm2
s � 1
Umformtemperatur:
900 °C
1000 °C
1100 °C
j� � 0,3 � konst.
300
800 °C
5.3 Druckumformen
406 5 Umformen
5.3.1 Walzen
5.3.1.1 Defi nition und Einteilung nach DIN 8583
Das Verfahren ist defi niert als stetiges oder schritt-weises Druckumformen mit sich drehenden Werk-zeugen (Walzen). Beim Walzen von Hohlkörpern werden mitunter auch Gegenwerkzeuge (z. B. Dor-ne, Stopfen, Stangen) verwendet. Die Walzen kön-nen entweder angetrieben oder vom Walzgut mitge-schleppt werden. In Sonderfällen werden an Stelle einer oder mehrerer Walzen anders geformte Werk-zeuge verwendet, z. B. hin- und hergehende Backen beim Gewindewalzen.
Im Ordnungssystem der Druckumformverfahren nach DIN 8583 unterscheidet man Längs-, Quer- und Schrägwalzen, wie die Übersicht Bild 5-13 zeigt. Beim Längswalzen wird das Walzgut senk-recht zu den Walzenachsen ohne Drehung durch den Walzspalt bewegt. Es tritt als Strang aus den ge-gensinnig umlaufenden Walzen aus. Der Strang mit gleichbleibendem Querschnitt ist meist Halbzeug, das weiter verarbeitet wird. Die Erzeugnisse kön-nen nach ihrer Geometrie in Flach- und Profi lpro-dukte unterteilt werden. Die Werkzeuge heißen dem-entsprechend Flach- bzw. Profi lwalzen, wie in Bild 5-14 angedeutet.
Nach diesen Walzverfahren können auch Hohlkör-per hergestellt werden. Hervorzuheben sind das Wal-zen von Vierkantrohren und die Rohrherstellung nach dem Pilgerschrittverfahren.
Bild 5-14Walzenausführungen beim Längswalzen.
Flachwalzen Profilwalzen
a) b)
Bild 5-15Pilgerschrittwalzen zum Erzeugen nahtloser Rohre (Mannes-mann-Verfahren).
Pilgerwalze
Pilgerdorn
Werkstück
Bild 5-13Einteilung der Walzverfahren nach DIN 8583.
1 12 1 1 12 2
1 12 1 1 1 12 1 2 1 12 2 1 1 12 2 2 1 12 3 1
1 12 3
1 12 3 2
Flach-Querwalzen
Profil-Querwalzen
Schrägwalzen
Flach-Schrägwalzen
Profil-Schrägwalzen
1 12
Walzen
Längswalzen Querwalzen
Flach-Längswalzen
Profil-Längswalzen
Das Pilgerschrittwalzen dient zum Erzeugen dünn-wandiger nahtloser Rohre. Hierbei erfolgt das Um-formen abschnittweise durch Strecken der dicke-ren Rohrwand über einem Dorn gemäß Bild 5-15. Üblicherweise wird beim Warmwalzen ein zylindri-
407
scher Dorn, beim Walzen bei Raumtemperatur ein kegeliger Dorn benutzt.
Das Reckwalzen ist ein Profi l-Längswalzen von Vollkörpern, bei dem der austretende Querschnitt nicht konstant bleibt. Die Walzen, entsprechend Bild 5-16, sind so ausgebildet, dass sich der Profi l quer-schnitt in Umfangsrichtung stetig oder sprung haft ändert. Das Verfahren wird häufi g angewendet, um für das Schmieden im Gesenk Zwischenformen mit günstiger Massenverteilung herzustellen.
Das Prinzip des Längswalzens kann auch als Pla-netenwalzverfahren angewendet werden. Bild 5-17 zeigt die Arbeitsweise. Zwei angetriebene Walzköp-
fe rotieren gegenläufi g; an ihrem Umfang sind plane-tenartig die Profi lwalzen gelagert. Diese zeigen ein Pro fi l, das der Lückenform des zu erzeugenden Werk-stücks entspricht. Sie treffen bei jeder Umdre hung gleichzeitig auf dem Werkstück auf. Dieses dreht sich schrittweise weiter, so dass nach einer voll stän-digen Umdrehung die gesamte Anzahl der Zäh ne am Umfang ausgewalzt ist. Diesem Bewe gungsab lauf ist eine Vorschubbewegung des Werkstücks in Längs-richtung überlagert.
Beim Querwalzen rotiert das Walzgut ohne Vorschub- bewegung zwischen gleichsinnig umlaufenden Wal-zen um die eigene Achse. Auch bei diesem Druckum-formverfahren unterscheidet man das Querwalzen von Vollkörpern gemäß Bild 5-18 und von Hohlkör-pern entsprechend Bild 5-19.
Beim Walzen von Ringen werden geschlossene Hohl-körper hergestellt, deren Umfang sich ständig ver-größert.
Bild 5-16Reckwalzen zum Erzeugen von Formteilen (Massenverteilung für Gesenkschmiede-Rohlinge).
Bild 5-18Querwalzen von Vollkörpern für das Glattwalzen im Ein-stechverfahren.
Werkstück Walze
Bild 5-19Querwalzen von Hohlkörpern für das Walzen von Eisen-bahnrädern.
Profilwalze Zylinderwalze
Werkstück
Auflage
Bild 5-17Planetenwalzverfahren für Vielkeilwellen (Grob-Verfahren).
Antrieb
Antrieb
Werkstück
Walzsegment
5.3 Druckumformen
408 5 Umformen
Zum Profi l-Querwalzen von Vollkörpern gehört das Gewindewalzen, das Bild 5-20 zeigt. Falls die Ge-nauigkeitsanforderungen nicht zu hoch sind, ist das Walzen von Gewinden häufi g wirtschaftlicher als ei-ne spanende Gewindeherstellung. Es wird als Kaltum-formverfahren mit Werkstoffen durchgeführt, deren Zugfestigkeit R
m unter 1200 N/mm2 liegt und de ren
Mindestbruchdehnung A5 = 8 % beträgt. Die ge walz-
ten Gewinde (sowie Schnecken, Rillen, Rände lun-gen und Verzahnungen) haben folgende Vorteile:– stark verfestigte Gewindefl anken, – nicht unterbrochener Faserverlauf,– pressblanke Oberfl äche, – erhöhte Dauerfestigkeit, – ausreichende Genauigkeit, – erhebliche Werkstoffeinsparung gegenüber dem
Spanen,– minimale Fertigungszeit auf Automaten.
Die vom Kern in Richtung der äußeren Randzonen ansteigende Härteverteilung eines gewalzten Gewin-des geht aus Bild 5-21 hervor. Auf den äußeren Ge-windefl anken tritt eine weitere Härtesteigerung beim Erzeugen der pressblanken Oberfl äche auf. Im Ge-gen satz zu den anderen Verfahren der spanlosen Zahnradherstellung (Schmieden, Pressen, Strang-pressen, Fließpressen), deren gemeinsames Merk-mal das Kopieren der Werkstückform von einer Ne-gativform des Werkzeugs ist, kann das Walzen von Gewinden und Verzahnungen kinematisch mit dem Wälzfräsen verglichen werden. Das Umformen er-folgt allmählich; die erforderlichen Maximalkräf-te sind bedeutend niedriger als beim gleichzeitigen Um formen eines ganzen Zahnkranzes.
Hinsichtlich der Werkzeuganordnung beim Gewin-dewalzen müssen verschiedene Verfahren unter-schieden werden. Das älteste Verfahren, das in der Automobilzulieferindustrie weit verbreitet ist, ver-wendet als Umformwerkzeuge Flachbacken gemäß Bild 5-22. Der Schraubenrohling wird zwischen
Bild 5-21Härteverteilung nach dem Gewindewalzen (Gewinde M8, vergüteter Chrom-Vanadium-Stahl; Kernhärte 340 HV 0,1).
Bild 5-23Gewindewalzen mit einseitiger radialer Zustellung.e = Exzentrizität des Werkstückmittelpunktes.
Bild 5-22Flachbackenwerkzeuge für das Erzeugen von Gewinden oder Vielkeilwellen (Roto-Flo-Verfahren).
Bild 5-20Profi l-Querwalzen von Vollkörpern für das Gewindewalzen im Einstechverfahren.
e
Werkstück
hartmetallbestücktes
Auflagelineal
ortsfeste
Gewindewalze
bewegliche
Gewindewalze
Walze
Werkstück
350
360
370
380
400
420
440
446
450
460
470
480 480
470
460
450
490 490
500 500
600
550
500
600
550
500
409
den fl achen Backen gewalzt. Diese enthalten das Gewindeprofi l unter dem Winkel der Gewindestei-gung. Das Gewinde ist nach 1,1 Überrollvorgängen auf dem parallelen Backenabschnitt fertiggeformt.
Bei runden Werkzeugen muss das Gewindeprofi l ebenfalls unter dem Steigungswinkel des Gewindes angebracht sein, wenn die Drehachsen von Werk-stück und Werkzeug zueinander parallel stehen. Dies ist beispielsweise beim Radial-Gewindewalz-verfahren der Fall, das Bild 5-23 verdeutlicht. Da-bei liegt das Werkstück auf einem hartmetallbe-stückten Aufl agelineal, das den Werkstückmittel-punkt um das Exzentrizitätsmaß e unterhalb der Walzenachsen fi xiert. Die bewegliche Gewindewal-ze wird durch eine hydraulische Vorrichtung radial gegen das Werkstück und die ortsfeste Gewindewal-ze zugestellt. Dieses Verfahren ist bis zu einer Ge-windelänge von etwa 120 mm geeignet.
Längere Gewinde müssen im Axialverfahren her-gestellt werden. Hierbei wird das Werkstück gleich-zeitig beim radialen Zustellen der Gewindewalzen axial vorgeschoben. Die Vorschubgeschwindigkei-ten liegen zwischen 80 mm/min und 200 mm/min. Im Durchlaufverfahren sind nach diesem Walzprin-zip Gewindestangen mit »endlosen« Gewinden her-stellbar.
Beim Schrägwalzen sind die Walzenachsen entspre-chend Bild 5-24 gekreuzt. Dadurch entsteht ein Längs-vorschub in dem um seine Längsachse rotierenden Werkstück. Das Werkstück wird im Walzspalt durch Anlageleisten und eine Führungswalze (nicht im Bild gezeigt) gehalten. Die doppelkegeligen Arbeits-
walzen sind unter einem Kreuzungswinkel von 3 ° bis 6 ° angeordnet, so dass das Werkstück schrau-benförmig in Vorschubrichtung über die Stopfen-stange bewegt wird. Infolge des Kegelwinkels ver-engt sich der Walzspalt; dies führt zu einer Stau chung des Werkstoffs mit seitlichem Ausweichen. Die ra-dialen Zugspannungen verursachen im Zusammen-wirken mit dem ständigen Wechsel der Be anspru-chungsrichtung ein Aufreißen des Werkstücks im Kern. Der rotierende Stopfen glättet das Rohr innere und bewirkt eine präzise Wanddickenauswalzung im Querwalzteil des Walzspalts.
Schrägwalzverfahren werden auch mit Scheiben- und kegelförmigen Walzen bei der Rohrherstellung sowie mit zylinderförmigen Walzen beim Glattwal-zen von Rohren und Stäben gemäß Bild 5-25 ein-gesetzt. Beim Gewindewalzen im Durchlaufverfah-ren können schräggestellte Profi lwalzen mit in sich
Bild 5-24Schrägwalzen mit doppelkegeligen Walzen ( Stopfenwalzwerk zur Rohrherstellung).
Bild 5-25Schräggestellte Glättwalze zum Einebnen von Drehriefen; erreichbare Rauheit Rz � 0,5 mm.l = Länge der Eindruckmarke.
Bild 5-26Schräggestellte Profi lwalzen zur Gewindeherstellung (Durch-laufverfahren für Endlosgewinde).
Stopfen
Werkstück
Stopfen-
stange
Walze
glatt gewalzte
Welle Wulst Drehriefen
Glättwalze
l
Walze
Werkstück
5.3 Druckumformen
410 5 Umformen
Ein großer Teil der Walztechnik beruht auf Erfah-rung. In den letzten Jahren konnten jedoch viele Vorgänge durch plastizitäts-theoretische Betrach-tungen erfasst werden. An dieser Stelle soll nur kurz die sog. elementare Walztheorie erläutert werden.
Die grundlegenden Bezeichnungen sind an Hand der Walzspaltgeometrie beim Flachwalzen gemäß Bild 5-28 zu erkennen:– Der Walzspalt ist der Raum zwischen den Wal-
zen, der durch die Verbindungslinien EE’/AA’ und die Walzgutbreite b
m begrenzt wird.
– Die Walzebene wird durch die Fläche gebildet, die durch die Walzenachsen gelegt werden kann. (Sie verläuft durch die Auslaufpunkte des Walz-guts A und A’).
– Als gedrückte Länge ld bezeichnet man die Pro-
jektion des Walzbogens E A�
auf die gedachte Mittellinie des Walzguts. Die gedrückte Fläche A
d = l
d b
m ist die Projektion der Berührungsfl äche
zwischen Walzgut und Walzen. Die mittlere Brei -te des Walzguts ergibt sich aus b
m = (b
0 + b
l)/2.
Bild 5-27Walzenanordnung in Walzgerüsten (schematisch).
Bild 5-28. Verhältnisse im Walzspalt beim Flachwalzen (sche-matisch).u
0 Einlaufgeschwindigkeit
u1 Auslaufgeschwindigkeit des Walzguts
h0 Ausgangsdicke
h1 Enddicke des Walzguts
vu Umfangsgeschwindigkeit der Walzen
ld gedrückte Länge
E Einlaufpunkt an der WalzeA Auslaufpunkt an der Walzek
f Fließspannung
kw Umformwiderstand
kw max
maximaler Umformwiderstand
geschlossenen Gewindefurchen eingesetzt werden; dies verbilligt die Werkzeugherstellung. Bild 5-26 zeigt das Prinzip.
5.3.1.2 Verhältnisse im WalzspaltZur Konstruktion von Walzwerken und deren An-trieben ist es notwendig, die Walzkräfte, Walzmo-mente, den Arbeitsbedarf und die Walzleistungen vorauszuberechnen. Dazu müssen die Verhältnisse im Walzspalt betrachtet werden; dies geschieht am übersichtlichsten an Walzen für die Flachmaterial-herstellung.
Die im Stahlwerk abgegossenen Blöcke (Blockguss von Einzelstücken) oder Stranggussbrammen (kon-tinuierlicher Endlosguss) werden mit zylindrischen oder leicht balligen Walzen zu Grobblech, Warm-breitband und dieses dann weiter zu Kaltband, z. B. zu Karosserieblech mit 2050 mm Breite und 0,7 mm Dicke, ausgewalzt. Die Anordnung der Walzen kann paarig sein (Duo), aus drei (Trio) oder vier Wal zen (Quarto) bestehen, wie aus Bild 5-27 hervorgeht.
In neueren Walzanlagen sind die einzelnen Walzge-rüste hintereinander aufgestellt und bilden konti-nuierlich arbeitende Walzstraßen, z. B. Warmbreit-bandstraßen mit sieben Quarto-Gerüsten im Ab-stand von 1,5 m. Dadurch werden die Walzzeiten erheblich verkürzt sowie engere Maßtoleranzen, größere Fer tigungslängen, höhere Walzgeschwin-digkeiten und höhere Leistungen erreicht. Erfor-derlich sind aber lange Werkshallen bis zu 400 m Länge und der Ein satz von Gleichstrommotoren mit einer präzisen Regelungstechnik für die von Gerüst zu Gerüst zunehmende Bandgeschwindig-keit (z. B. 30 m/s bei Warmbreitband mit der End-walztemperatur von 900 °C).
Duo Trio Quarto
u0
h0
vu
E
A u1
h1
A’
E’
Fließscheide
k f k
w k w
max
v’ u
ld
Rücksta
uzone
Vore
ilzone
Dru
cksp
annung
s
411
– Die Walzenöffnung ist der kleinste Abstand AA’ zwischen den Walzen in der Walzebene und wird durch die Anstellung der Walzen verändert. Der Walzensprung wird durch die Nachgiebigkeiten im Walzgerüst verursacht, er ist eine Vergröße-rung der Walzenöffnung beim Durchgang des Walzguts.
– Die elastische Abplattung der Walzen führt zu einer Vergrößerung des Walzenradius R.
In Bild 5-28 läuft das Walzgut mit der Ausgangshö-he h
0 und der Einlaufgeschwindigkeit u
0 in den Walz-
spalt ein. Es wird auf die Endhöhe h1 gewalzt und
verlässt das Gerüst mit der Auslaufgeschwindigkeit u
1. Im Walzspalt stimmt bei näherungsweiser Be-
trachtung der Vorgänge nur in einer Ebene die Walz-gutgeschwindigkeit u
m mit der Umfangsgeschwindig-
keit der Walzen vm überein. Diese Ebene wird Fließ-
scheide genannt.
Vor der Fließscheide (in Durchlaufrichtung gesehen) liegt die Rückstauzone. In diesem Bereich ist die Geschwindigkeit des Walzguts kleiner als die Wal-zenumfangsgeschwindigkeit v
u. In der Voreilzone
zwischen Fließscheide und Walzspaltauslauf ist die Walzgutgeschwindigkeit um etwa 3 % bis 6 % grö-ßer als v
u.
Im oberen Teilbild 5-28 sind die Spannungsverhält-nisse im Walzspalt dargestellt. Der Walzdruck ent-spricht dem Walzspaltein- und auslauf der Fließspan-nung k
f. Be dingt durch die Reibungsbehinderung
an den Walzenfl ächen steigt der Druck bis zur Fließ-scheide an. Der mittlere Druck k
w lässt sich mit der
Be ziehung kw = k
f/�
F abschätzen.
Für das Greifen des Walzguts ist die Reibung von großem Einfl uss. Bild 5-29a) verdeutlicht die Greif-bedingungen im Walzspalt. Zur Aufrechterhaltung des Walzvorgangs muss eine Fließscheide im Walz-spalt vorhanden sein. Vor der Fließscheide (von der Einlaufseite her gesehen) wird das Walzgut durch die Walzen mitgezogen, dahinter zieht das Walzgut die Walzen mit. Ein Greifen ist möglich, wenn der Walzwinkel a kleiner als der Reibungswinkel r ist. Grundsätzlich gilt
tan a = m ≤ tan r, [5-20]
mit dem Walzwinkel a � Δh/R.
Das Greifvermögen ist abhängig von– der Walzguttemperatur, d. h. mit steigender Tem-
peratur J sinkt die Reibungszahl, z. B. von m = 0,5 bei 700 °C auf m = 0,25 bei 1200 °C,
– der Walzengeschwindigkeit (von m = 0,6 bei 1,75 m/s auf m = 0,5 bei 3,5 m/s für J = 700 °C) und von
– der Oberfl äche, d. h. gegossene, raue Walzen greifen besser als geschmiedete, glatte.
Nachdem die Walzen das Walzgut gegriffen haben, spricht man vom Durchziehen. Die Winkel ändern sich, wie Bild 5-29b) zeigt. Der Normaldruck auf das Walzgut verteilt sich längs des Eingriffsbogens, die Resultierende kann bei a
0/2 angesetzt werden.
Damit ergibt sich unter Berücksichtigung des Cou-lombschen Reibgesetzes F
R = m F
N die Beziehung
tan a /2 ≤ m = tan r. [5-21]
Hieraus folgt die Durchziehbedingung a ≤ 2 r, d. h., der Eingriffswinkel a ist kleiner als der doppel-te Reibungswinkel. Beim Walzen kann der Eingriffs-winkel also doppelt so groß sein wie beim Greifen. Man versucht daher in der Praxis, den Walzgutan-fang anzuspitzen, oder das Walzgut zu beschleuni-gen, um Greifen zu erzwingen. Auch durch parti-elle Kühlung kann die Reibungszahl am Walzgut-anfang heraufgesetzt werden, infolgedessen vergrö-ßert sich der Eingriffswinkel.
Die Theorie des Flachwalzens gilt in erster Linie für breitungsfreies Walzen. In Wirklichkeit aber tritt beim Walzen auch eine Breitung des Walzguts ein. Von Einfl uss auf die Breitung sind– die Geometrie des Walzspalts,– der Werkstoff und seine Temperatur, – die Geschwindigkeit und
Bild 5-29Winkelverhältnisse im Walzspalt beim Flachwalzen: a) Greifen des Walzgutesb) Durchziehen des Walzgutes
a) b)
h0
h1
h0
h1
M0
r
r
r
Fließscheide
r
r
2rr
a
M0
MuMu
a
5.3 Druckumformen
412 5 Umformen
– die Reibung, z. B. gilt für das Walzen von Stahl im Bereich J = 700 °C bis J = 1200 °C:
m J= - ◊ - ◊1 05 0 5
10000 056, , , .vu
[5-22]
Die Reibung beeinfl usst beim Warmwalzen eben-falls erheblich die Kinematik des Stofffl usses. Dies ver deutlicht Bild 5-30. Die Geschwindigkeitsverhält-nisse sind am Beispiel des breitungsfreien Warm-bandwalzens dargestellt. Da die Walzguthöhe h in Walzrichtung ständig kleiner wird, muss die Walz-gutgeschwindigkeit u in der gleichen Richtung stän-dig zunehmen. Theoretisch gäbe es nur einen einzi-gen Punkt im Walzspalt, an dem sich Walzgut und Walze gleich schnell bewegen. Dies ist die schon er-läuterte Fließscheide. In Wirklichkeit bildet sich aber eine breitere Haftzone aus, da der Werkstoff-fl uss inhomogen verläuft. Die Ausdehnung der zwi-schen den beiden Gleitzonen liegenden Haftzone nimmt mit wachsender Reibung zu. Dadurch kann der Einfl uss der Geschwindigkeitszunahme in der Voreilzo ne vernachlässigt werden.
Mit w = 2 π nw/60 lässt sich aus der Walzendrehzahl
nw
und dem Walzwinkel a die mittlere Umformge-schwindigkeit �jm ermitteln, nach der die gültige Warmfließkurve (Bild 5-11) ausgesucht werden muss:
�j wa
jm = ◊ 1 in s −1. [5-23]
Beim Warmwalzen von Grobblechen gilt �jm = 0,1 s −1, beim Blockwalzen �jm = 1 s −1 bis 10 s −1, beim Bandwalzen �jm = 10 s −1 bis 300 s −1 und beim Drahtwalzen �jm = 1000 s −1.
In Bild 5-31 ist der Verlauf der Fließspannung kf
und der Umformgeschwindigkeit �j in Abhängigkeit von der Walzspaltkoordinate x dargestellt. Es ergibt sich ein �j-Maximum innerhalb des Walz spalts. Die Fließspannung k
f ist beim Warmwal zen in stärkerem
Maße von der Umformgeschwindigkeit �j als vom Vergleichsumformgrad abhängig. Deshalb ergibt sich im Walzspalt zur Austrittsseite hin ebenfalls ein Abfall von k
f.
5.3.1.3 Kraft- und Arbeitsbedarf beim WalzenDie vertikal ansetzende Walzkraft F
w, die als Resul-
tie rende der Normalspannungen über dem den Werk-stoff stauchenden Walzenbogen wirkt, greift mit dem Hebelarm a vom Walzenmittelpunkt an, Bild 5-32. Sie wird berechnet aus:
Bild 5-30 Geschwindigkeitsverteilung im Walzspalt nach Pawelski; Warm- bandwalzung bei J = 1000 °C, Eintrittshöhe h
0 = 20 mm,
Austrittshöhe h1 = 9,8 mm, Walzenradius R = 325 mm, abge-
platteter Radius R’ = 335 mm.v = Walzengeschwindigkeit, u = Walzgutgeschwindigkeit
58,5 50 40 30 20 10 0
Walzspaltkoordinate
mm
Geschw
ind
igkeit
0
0,4
0,8
1,2
1,6
2,0
m/sWalzengeschwin-
digkeit v
Walzgutgeschwindigkeit u
an der Oberfläche bei
inhomogenem Werkstofffluss
Gleitzone
Nacheilzone
Haftzone
Gleitzone
Voreilzone
u0 � 0,93 m/s h
u v � 1,8 m/s
u
u1 � 1,9 m/s
Bild 5-31Verlauf der Fließspannung k
f und der Umformge schwin digkeit
�j längs des Walzspalts, Warmbandwalzung (nach K.-H. Weber).
Nmm2
Eintritt Walzspaltkoordinate x Austritt
58,5 50 40 30 20 10 0
Fließsp
annung
kf
Um
form
geschw
ind
igkeit
j.
180
160
140
120
100
80
60
0 0
5
10
15
20
jm
.
j.
kf
s� 1
mm
Stahl mit 0,15 % C
Temperatur: 1000 °C
kfm
25
413
F A k Ak
w d w df
F
= =h
. [5-24]
Die gedrückte Fläche Ad ergibt sich aus mittlerer
Breite bm und der sog. gedrückten Länge l
d zu
A b lb b
R hd m d= = + ◊0 1
2D . [5-25]
Als Hebelarm a kann näherungsweise die halbe ge-drückte Länge l
d angesetzt werden. Dies setzt eine
konstante Normaldruckverteilung über die ganze gedrückte Länge voraus, was beim Kaltwalzen oft nicht exakt zutrifft. Vor- und Rückzüge mindern die Druckverteilung in Bild 5-28 und verschieben die Fließscheide zur Einlauf- oder Auslaufebene. Die Druck verteilung hängt auch vom Walzenradius R und der Stichabnahme Δh ab. Mit zunehmendem R und Δh wächst auch l
d an, und damit nehmen die
Reibung und der Umformwiderstand kw zu.
Man kann dies in der Rechnung durch größere Werte für den Hebelarm a berücksichtigen:a = 0,4 l
d beim Kaltwalzen,
a = 0,5 ld beim Warmwalzen von Rechteck-Quer-
schnitten,a = 0,6 l
d für runde Profi le (Bild 5-14b)),
a = 0,7 ld für geschlossene Kaliber gemäß Bild
5-33.
Mit der vertikalen Walzkraft ist das Moment jeder Walze M = F
w a und die Leistung P
P M b hk= =2 whm u
f
F
D v . [5-26]
5.3.2 Schmieden
Schmieden gehört zu den Warmumformverfahren; die wichtigsten Verfahrensvarianten sind das Freifor-men und das Ge senkformen. Außer diesen herkömm-lichen Verfahren werden das Warmstauchen, das Feinschmieden und das Schmiedewalzen eingesetzt. Für das Nachbearbeiten von Schmiedestücken wen-det man zum Erzielen hoher Genauigkeiten das Warmkalibrieren und das Kaltprägen an.
Schmiedbare Stähle haben einen Kohlenstoffgehalt zwischen 0,05 % und 1,7 %. Die Schmiedetempera-tur ist abhängig von der Stahlsorte. Je nach Kohlen-stoffgehalt wandelt sich im Stahl die Struktur bei bestimmten Temperaturen von der kubisch-raum-zentrierten a-Modifi kation (Ferrit) in das kubisch-fl ächen-zentrierte g -Eisen um. Das entstehende Ge-füge be zeichnet man als Austenit. Es ist u. a. durch eine sehr gute Verformbarkeit gekennzeichnet.
Stähle werden im austenitischen Zustand warm um-geformt, weil die g -Modifi kation des Raumgitters der Eisenatome und der darin gelöste Kohlenstoff eine Umformung begünstigen.
5.3.2.1 FreiformschmiedenBeim Freiformschmieden wird ohne begrenzende Werkzeuge aus dem Rohling die gewünschte End-form erzeugt, hierbei kann der Werkstoff zwischen den Werkzeugen frei fl ießen. Die Fertigform ent-steht durch geeignete Führung des Werkstücks und der Werkzeuge.
Freiformen wird oft als Vorstufe für das Gesenk-schmieden angewendet. Für bestimmte Arbeiten der Einzelfertigung ist es noch heute gebräuchlich.
Bild 5-32Vertikale Walzkraft F
w.
a Hebelarm (halbe gedrückte Länge ld)
M WalzenmittelpunktR Walzenradius (R = D/2) h
0 Ausgangshöhe
h1 Endhöhe
l0 Ausgangslänge eines Volumenabschnitts
l1 Endlänge eines Volumenabschnitts
A0 Ausgangsfl äche des Walzguts
A1 Endfl äche des Walzguts
Bild 5-33Geschlossenes Kaliber ohne Möglichkeit der Gratbildung.
A0
h0
l0 ld
vu
E’
A’
Fw
a
RE
M
vu
l1
A1
h1
A
5.3 Druckumformen
414 5 Umformen
Die Umformung geschieht meist zwischen Amboss und Hammer mit verschiedenen Formhämmern und Vorschlaghämmern.
Das Freiformen stellt meist eine Kombination der drei Grundarbeitsvorgänge Stauchen, Strecken und Breiten dar. Dazu kommen weitere Fertigungsschrit-te wie z. B. Lochen, Schlitzen, Absetzen, Schroten.
Das Stauchen ist der einfachste Schmiedevorgang (Bild 5-10). Bei diesem Umformen zwischen zwei ebenen Werkzeugfl ächen wird die freie Ausbreitung des Werkstoffs nur durch die Reibung an den Werk-zeugfl ächen behindert. Dies führt zum Ausbauchen des Werkstücks. Ist der Stauchkörper schlank, bil-den sich die Ausbauchungen zunächst nahe den En-den aus. Werkstücke mit einer Höhe von etwa dem dreifachen Durchmesser knicken beim freien Stau-chen erfahrungsgemäß aus. Will man bei derartigen Werkstücken eine Verdickung an einer bestimmten Stel le erzeugen, so muss der Stab an dieser Stelle er wärmt werden. Eine Anwendung dieses Prinzips ist das Elektrostauchverfahren gemäß Bild 5-34. Vor der Verschleißplatte a befi nden sich zwei beweg-liche Klemmbacken b, die den zu stauchenden Stan-genabschnitt c führen. Ein elektrischer Stromkreis e erwärmt das Werkstück auf die Umformtem pera-tur. Die Druckkraft wird durch den Stauchstempel d aufgebracht.
Das Streckschmieden ist der häufi gste Schmiede-vorgang. Im Gegensatz zum Stauchen wird hierbei jeweils nur ein kleiner Teil des Werkstückvolumens umgeformt. Um ein Werkstück zu recken (oder zu strecken), müssen gemäß Bild 5-35a) viele kleine Einzelstauchungen mit schmalen Werkzeugbahnen durchgeführt werden, die dabei senkrecht zur Streck-richtung angeordnet sind. Nach dem Prinzip des kleinsten Zwangs fl ießt der Werkstoff in Richtung der kleineren Reibungsbehinderung, d. h. über die ballige Druckfl äche ab und verlängert dabei das Werkstück. Auf der gestauchten Oberfl äche bleibt durch die balligen Werkzeugformen eine Struktur mit Querrillen zurück. Durch Umsetzen des Werk-stücks um 90 ° wird in einem nachfolgenden Ar-beitsgang die Oberfl äche geglättet. Die längere Sei-te der Hammerbahnen (Ober- bzw. Untersattel) be-deckt mehrere Rillenkämme zugleich und glättet die wel lige Fläche, wie Bild 5-35b) zeigt.
Die gewünschte Verlängerung des Werkstücks ist mit einer meist unerwünschten Breitung verbunden.
Deshalb wird das Schmiedestück nach jedem Schlag um 90 ° gewendet, um die Breitung zurückzuschmie-den. Der bei jedem einzelnen Hammerschlag oder Pressenhub erzielte Umformgrad hängt von der Ge-schwindigkeit und Masse des Pressenstößels und der gedrückten Fläche A
d unter den Werkzeugen ab.
Die Breite des Rohlings wird durch Stauchen quer zum Faserverlauf oder Wenden vergrößert.
Beim Breiten sind die Längsachsen von Werkzeug und Werkstück parallel angeordnet. Die im Bild 5-36 erkennbare fl ache Rillenstruktur wird auf der um-geformten Oberfl äche zum Schluss mit einem fl a-chen Werkzeug geglättet. Ein einseitiges Breiten quer zur Faserrichtung in größerem Ausmaß sollte ver-mieden werden, weil dabei leicht Risse entstehen.
Dickwandige Rohre werden nicht ausgebohrt, son-dern durch Strecken über einem Dorn hergestellt. Dabei geht man von einem zylindrisch vorgeschmie-deten Rohling aus, der nach dem Warmlochen auf einen Dorn genommen wird. Bild 5-37 verdeutlicht das Verfahren. Der Dorn wirkt als Amboss, das senkrecht zur Dornachse angeordnete schmale Werk-zeug bewirkt ein Verlängern des Werkstücks. Eine er wünschte Aufweitung des Rohrs wird anschlie-ßend in einem Arbeitsgang mit parallel zur Dornach-se eingesetzter Hammerbahn gemäß Bild 5-38 be-wirkt. Nach jedem Schlag oder Pressvorgang wird der Dorn mit dem Rohr etwas gedreht.
Bild 5-34Elektrostauchen von Rundstäben. a Verschleißplatteb Klemmbacken c Stangenabschnitt (Rohling) d Stauchstempel e Widerstandsheizung
a b c d
e
415
Beim Lochen wird in das erwärmte Schmiedestück ein Volldorn getrieben; dies ist aus Bild 5-39 ersicht-lich. Dabei weichen die Werkstoffteilchen zunächst seitlich aus und fl ießen bei weiterem Vordringen des Dorns an diesem entlang nach oben. Ist der Dorn etwa bis zur Hälfte eingetrieben worden, wird das Werkstück gewendet und von der anderen Seite ge-gengelocht. Höhere Werkstücke können mit einem Hohldorn entsprechend Bild 5-40 gelocht werden. Dabei erreicht man eine bessere zylindrische Loch-form.
Durch Schroten trennt man überfl üssigen Werkstoff vom Schmiedestück. Wenn scharfe Absätze beim Schmieden erzeugt werden sollen, wird der Werk-stoff an der abzusetzenden Stelle zunächst einge-schrotet und anschließend auf die gewünschte Di-cke geschmiedet.
Als weitere Verfahren beim Freiformen sind das Biegen und das Verdrehen zu nennen.
Als Arbeitsschritte ergeben sich beim Freiform-schmieden– das Erwärmen des Rohblocks im Schmiedeofen,– das Abtrennen des Blockkopfes mit Lunker und
Seigerung, mitunter auch des Blockfußes gemäß Bild 5-41,
– das Stauchen und Durchschmieden des Roh-blocks,
– die spezielle Formgebung in den vorgesehenen Umformstufen etwa entsprechend Bild 5-42, evtl. mit Zwischenerwärmung,
– das Abkühlen des Rohlings in der Kühlgrube und
– die Wärmebehandlung.
Bild 5-36Breiten eines Vierkantquerschnitts durch Freiformen.
Bild 5-37Streckschmieden von Rohren über Dorn.
Bild 5-38Aufweiten von Rohren (Vergrößern des Umfangs).
Bild 5-39Lochen mit Volldorn.
Bild 5-35Streckschmieden: a) Recken, b) Glätten.
a) b)
Pressenstößel
(Bär)
Obersattel
Untersattel
Schabotte
Ansicht x
x
Dorn
Oberwerkzeug
Rohr
Volldorn
5.3 Druckumformen
416 5 Umformen
Die Aufheizgeschwindigkeit muss besonders bei großen Schmiedestücken sorgfältig überwacht wer-den, damit keine Spannungsrisse auftreten. Bis zu et wa 650 °C muss sehr langsam erwärmt werden, z. B. mit Aufheizgeschwindigkeiten von 30 °C/h. Da-nach kann man wesentlich schneller bis auf die Schmiedetem peratur zwischen 900 °C und 1100 °C aufheizen. Bei großen Stücken kann das Durchwär-men mehrere Stunden dauern. Das Schwindmaß beim Schmieden von Stahl beträgt 1 % bis 1,5 %. Die Tole ranzen beim Freiformen sind verhältnis-mäßig grob.
Freiformschmieden kann sowohl auf Schmiedehäm-mern als auch auf -pressen erfolgen. Der Schmie-dehammer wirkt mit einem Schlagimpuls auf das Schmiedestück. Bei größeren Werkstücken reicht aber die Durchschmiedung oft nicht bis in die Kern-zone. Deshalb werden für sehr große Werkstücke Pressen eingesetzt.
Mit Luft angetriebene Hämmer sind wegen ihrer einfachen Bauart und der guten Steuermöglichkeit weit verbreitet. Die maxi male Bärmasse kann bis zu 1,6 t betragen. Bild 5-43 zeigt die Arbeitsweise eines Schmiedehammers. Der Wirkungsgrad des Hammers wird von der sto ßenden Bärmasse und der gestoßenen Masse (Un terwerkzeug mit der Scha-botte) bestimmt. Die Scha botte ruht auf einem Fun-dament mit elastischer Zwi schenlage. Die in den Bo-den eingeleiteten Funda mentschwingungen und Kör-perschallanteile können erheblich sein, so dass Um-weltschutzprobleme zu berücksichtigen sind. In neu-erer Zeit werden deshalb statt der Hämmer bevor-zugt Schmiedepressen eingesetzt.
Schmiedepressen können wasser- oder ölhydrau-lisch betrieben werden. Je nach Bauart kann man weiter in Säulen- und Ständerpressen unterteilen. Die weit verbreiteten Säulenpressen können als Lauf-holm- oder Laufrahmenpressen mit zwei oder vier Säulen versehen sein. Auf letzteren kann man Roh-blöcke bis zu 300 t Masse verarbeiten. Der Arbeits-ablauf ist wie folgt vorzusehen:– Im Leerhub wird das Werkzeug auf das Schmie-
destück aufgesetzt;– im Arbeitshub wird der Druck erhöht und der
Umformschritt durchgeführt;– beim Rückzug wird der Laufholm hinaufge zo-
gen,– der Laufholm wird in seiner oberen Lage schwe-
bend gehalten.
Bild 5-40Lochen mittels Hohldorn.
Bild 5-41Blockeinteilung beim Freiformschmieden.
Bild 5-42Einzelschritte beim Schmieden einer großen Kurbelwelle.
Blockfuß max. Blockausnutzung Blockkopf
Lunker
Hohldorn
a)
b)
c)
d)
e)
eingekehlt
Zerreißprobe
417
Zum Verringern der Nebenzeiten (Heranbringen des Schmiedeblocks, Vorschub- und Drehbewegun-gen) werden Schmiedemanipulatoren eingesetzt. Der Manipulator ist eine fahrbare Schmiedezange und wird entweder frei beweglich oder schienenge-bunden betrieben. Die Ausnutzung der Schmiedean-lagen kann dadurch bis auf 85 % der Betriebszeit heraufgesetzt werden. Infolge der besseren Ausnut-zung der Blockhitze ergibt sich eine Einsparung an Primärenergie.
5.3.2.2 GesenkschmiedenGesenkschmieden ist Umformen von vorgewärm-ten Metallen mit gegeneinander bewegten Hohl-formen, den Gesenken. Dem Werkstoff werden durch Ober- und Untergesenk die Fließrichtung und die Form vorgeschrieben.
Das Gesenkschmieden wird für Massenteile (z. B. Werkzeuge, Fahrzeugteile und Bestecke) eingesetzt. Als Vorteile sind die geringe Einsatzmasse, der güns-tige Faserverlauf im Werkstück (dadurch bessere Festigkeitseigenschaften) und die geringe zusätz-liche spanende Bearbeitung zu nennen. Die Kosten für die Einrichtungen, Gesenke und Wärmequellen sind dagegen verhältnismäßig hoch. Die Fertigungs-toleranzen (DIN EN 10243) sind beim Schmieden im Gesenk erheblich geringer als beim Freiform-schmieden.
Gesenkschmiedestücke können Massen von einigen Gramm bis zu mehreren Tonnen haben. Typische Werkstückarten sind– Maschinenteile (Scheiben, Naben, Achsschen-
kel, Pleuel),– Normteile (Schrauben, Bolzen, Muttern, Nie-
ten),– Werkzeuge (Zangen, Scheren, Hämmer, Schrau-
benschlüssel),– Blechteile (Besteckteile, Beschlagteile).
Nach der Form des Rohlings lassen sich die Verfah-ren einteilen in– Gesenkschmieden von der Stange, – Gesenkschmieden vom Spaltstück, – Gesenkschmieden vom Stück.
Beim Gesenkschmieden von der Stange wird eine Stange von etwa 2 m Länge an dem einem Ende auf Schmiedetemperatur erhitzt und im Gesenk ge-schmiedet. Die Umformstufen sind in Bild 5-44 zu erkennen. Das fertige Teil trennt man in gleicher
Hitze durch den letzten Arbeitshub von der Stange ab. Das Verfahren wird vorwiegend für Werkstücke in besonders lang gestreckter Form mit Massen bis zu 3 kg und Stangendurchmessern bis zu 50 mm angewendet. Bei diesem Verfahren entfällt das um-ständliche Spannen des Stücks in einer Schmiede-zange.
Beim Gesenkschmieden vom Spaltstück werden überwiegend kleine, fl ache Werkstücke hergestellt. Bild 5-45 lässt erkennen, dass aus einem Grobblech-abschnitt die Ausgangsform durch Flächenanschluss nahezu verlustlos als Spaltstück abgeschnitten wird. Der Faserverlauf bleibt nicht ungestört erhalten, dies kann u. U. für die Biegewechselfestigkeit nach-teilig sein. Die Zwischenformen stellt man wie beim Schmieden von der Stange oder wie beim Gesenk-schmieden vom Stück her.
Das Gesenkschmieden vom Stück wird bei großen oder schwer zu schmiedenden Werkstücken oder bei erhöhten Genauigkeitsanforderungen angewen-det. Ausgangsform ist ein abgescherter oder abge-sägter Stangenabschnitt. Langgestreckte Werkstü-cke werden meist quer zur Walzrichtung umgeformt, prismatische und scheibenförmige vorwiegend in der Walzrichtung (Längsschmieden).
Beim Gesenkschmieden unterscheidet man grund-sätzlich drei Arbeitsvorgänge, die meist kombiniert werden: Stauchen, Breiten und Steigen. Bild 5-46 erläutert dies im Einzelnen. Das Stauchen ist ein Ver ringern der Anfangshöhe bei geringer Breitung ohne große Gleitvorgänge an den Gesenkwänden.
Bild 5-43Aufbau eines Schmiedehammers.
Bär
Oberwerkzeug
Unterwerkzeug
Schabotte
Zwischenlage
Fundament
5.3 Druckumformen
418 5 Umformen
Der Werkstoff fl ießt vorwiegend in Richtung der Arbeits bewegung. Beim Breiten muss der Werkstoff länge re Gleitwege quer zur Arbeitsbewegung zu-rücklegen. Das Steigen erfolgt vorzugsweise entge-gen der Arbeitsbewegung, teilweise rechtwinklig dazu. Das Ausfüllen von Vertiefungen (Zapfenschmie-den) erfordert längere Gleitwege, wobei stärkerer Ge senkverschleiß auftritt.
Genaue Angaben über Bearbeitungszugaben, Kan-ten- und Dornkopfrundungen, Hohlkehlen sowie Außen- und Innenschrägen von Gesenkschmiede-stücken sind der Norm DIN 7523-2, zu entneh men. Der Grat am Gesenkschmiedeteil ist erfor derlich, um eine vollständige Gesenkfüllung sicher zustellen. Die Gratdicke s und das Gratverhältnis b/s nach Bild 5-47 richten sich nach der Projektions fl äche A
s
im Gesenk und dem jeweiligen Arbeitsvor gang. Richtwerte für die Gratausführung sind in Tabelle 5-1 enthalten.
Zwecks einwandfreier Abgratung soll der Grat im-mer an der Linie des größten Werkstückumfangs liegen, wie Bild 5-48 zeigt. Für die Gesenkfertigung ist zu beachten, dass Werkstückkanten nicht mit Tei-lungsebenen zusammenfallen dürfen.
Genauschmieden wird für Werkstücke mit gerin-gen Bearbeitungszugaben und Maß-, Form- und Lagetoleranzen angewendet. Dazu gehören die Ver-fahren Gratlos-Schmieden, Kalibrieren, Prägen. Hierfür müssen sehr genaue Gesenke mit hoher Ober fl ächengüte verwendet werden. Zum Nachbe-arbeiten ist dann vielfach nur noch Schleifen erfor-derlich. Als Rohlinge werden Profi lwalzstahl, Strang-pressmaterial oder gezogene bzw. geschälte Stäbe eingesetzt. Das Volumen des Rohlings sollte genau dem Fertigteil entsprechen. Die Schnittfl ächen müs-sen rechtwinklig zur Längsachse liegen. Genauschmie-destücke werden auf Reibrad-Spindelpressen oder Kurbelpressen hergestellt. Schmiedehämmer sind wegen ihrer Schlagwirkung und des zu großen Spiels in der Bärführung weniger gut geeignet.
Erhebliche Einsparungen an Werkstoff und Bearbei-tungszeit machen das Verfahren bei der Herstellung von z. B. Zahnrädern, Zahnleisten und Turbinen-schaufeln wirtschaftlich. Bild 5-49 zeigt einen Werk-zeugaufbau zum Genauschmieden von Zahnrädern. Der überschüssige Werkstoff kann im mittleren Teil des Obergesenks (sog. »Kompensator«) aufsteigen und wird durch Lochen entfernt.
Bild 5-44Gesenkschmieden von der Stange.
Bild 5-45Spaltstückherstellung für Gesenkschmiedeteile.
Ausgangsform Reckstück Rollstück
Biegestück Vorschmiedestück Gesenkschmiedestück
Grat
Spaltstück
Grobblech
Bild 5-46Gesenkschmieden vom Stück (mit Haupt-Arbeitsgängen).
Stauchen Breiten Steigen
419
5.3.2.3 Kraft- und Arbeitsbedarf beim Schmieden
Vor der Wahl der geeigneten Umformmaschine muss die größte auftretende Umformkraft bestimmt wer-den. Bei mechanischen Pressen ist dies zur Vermei-dung von Überlastungen wichtig. Bei hydraulischen Pressen kann mit dieser Feststellung abgeschätzt werden, ob die Pressen-Nennkraft ausreicht, das Schmiedestück einwandfrei auszuschmieden.
Die zum Schmieden erforderliche Umformkraft ist
F = Ad k
we. [5-27]
Ad ist die gedrückte Fläche als Projektion der Schmie-
destückfl äche senkrecht zur Kraftrichtung und kwe
der Umformwiderstand am Ende des Umformvor-gangs.
Die für das Stauchen geltende Gleichung [5-27] gilt sinngemäß auch für das Recken und Breiten, aller-dings erhöht der mit der Umformzone verbundene Werkstoff die Spannungen. Nach Siebel errechnet sich die Kraft beim Recken zu
F A kl
h
h
l= + +
ÊËÁ
ˆ¯̃d f 1
2 4
m. [5-28]
Hierbei bedeutenh Höhe des Schmiedestücks,l Länge des Stempels oder Sattels.
Beim Gesenkschmieden kann der Umform widerstand am Ende der Umformung k
we bis zu zwölfmal so
hoch sein wie der Anfangswert. Dies ist abhängig von der jeweiligen Form des Gesenks, von der Tem-
Tabelle 5-1. Richtwerte für die Gratausführung (nach K. Lange).
13,010,07,05,54,03,02,5
10,08,05,54,53,52,52,0
8754321
0,61,01,62,54,06,310,0
bis 18001800 bis 45004500 bis 1120011200 bis 2800028000 bis 7100071000 bis 180000180000 bis 450000
SteigenBreitenStauchenmmmm2
Gratverhältnis
b/s
Gratdicke
s
Schmiedestück-Projektionsflächein Gratebene (ohne Gratbahn)As
Bild 5-47 Gratgesenk mit Gratrille zur Aufnahme von überschüssigem Werkstoff.s Gratdickeb Breite des Gratsteges
Bild 5-48Entgraten und gleichzeitiges Lochen eines Gesenkschmie de-stücks (Auswerferstifte nicht gezeichnet).
Bild 5-49Werkzeug zum Genauschmieden von Zahnrädern ohne Grat.
s
b
Obergesenk
UntergesenkGratrille
Schnittplatte
Schmiedestück
Stempel
Grat
Schabotte Auswerfer
Stößel
Obergesenk
Rohling
Untergesenk
5.3 Druckumformen
420 5 Umformen
Bild 5-50Nomogramm zur Ermittlung des Arbeitsbedarfs W für rota-tionssymmetrische Schmiedeteile aus niedriglegiertem Stahl (nach K. Lange).
Beispiel: Ein Schmiedeteil entsprechend Form 6 soll unter einem Gegenschlaghammer hergestellt werden (Ausgangs-durchmesser d
0 = 29 mm). Gegeben sind die Schmiedetempera-
tur 1200 °C, die Geschwindigkeit des Hammers v = 6,66 m/s, die Anfangshöhe h
0 = 60 mm sowie h
1 = 22 mm.
Lösung: Die anfängliche Umformgeschwindigkeit beträgt �j0
= (6660 mm/s)/(60 mm) = 111 s −1. Nach Lange kann die mitt-lere Umformgeschwindigkeit für Hämmer mit 0,9, für Spindel-
pressen mit 0,35, für Hydraulische Pressen mit 1,5 und für Kur bel- bzw. Exzenterpressen mit 0,5 der jeweiligen Anfangs-geschwindigkeiten angesetzt werden. Demnach beträgt die mittlere Umformgeschwindigkeit für das ausgewählte Beispiel �jm = 0,9 ⋅ 111 s −1 = 100 s −1.
Aus Feld 1 ergibt sich damit ein Peilstrahl ins Feld 2; aufgrund der Form 6 wird hier ein mittlerer Umformwiderstand von k
wm = 400 N/mm2 abgelesen. In Feld 3 ergibt sich für den
Umformgrad jh = ln (h
1/h
0) = ln (22/60) � - 1 der Peilstrahl
ins Feld 4: Bei einem Volumen V d h4 0 0= p 2 ◊ ��40 000 mm3 ist W = 16 kNm.
Nmm2
25
40
63
100
160
250
400
kw
a
kwm
40 63 100 160 250 630 1600N/mm2
jm
.s� 10,4 1 2,5 6,3 16 40 100 250
1000 1600 2500 4000 6300 10000 25000Nm
W
Form 1 Form 2 Form 3 Form 4 Form 5 Form 6 Form 7
h0/d0 � 1,5
j h � 0,4
Stauchen Stauchen
im Gesenk ohne
Gratbildungh0/d0 � 1,5
j h � 0,6
Stauchen Stauchen
im Gesenk ohne
Gratbildung
Stauchen
im Gesenk mit
leichter Grat-
bildung
Gesenk-
schmieden ein-
facher Teile mit
Grat
Gesenk-
schmieden ver-
wickelter Teile mit
Grat
12
3 4
2500
1000
N/mm2
400
160
63
25
10
4
j hm
� �k w
m
hydraul. Presse
Spindel- und
Exzenterpresse
Hammer
1000 °C
1100 °C
1200 °C
1 2 3 4 5 6 7
J � 900 °C
400
kwm
40 63 100 160 250 630 1600N/mm2400
j hm � 0,25
0,40
0,63
1,0
1,6
16001000
630
400
250
160
100
63
4025
16
V � 10� 103 mm3
421
peratur des Werkstücks und von der Umformge-schwindigkeit. Aus diesem Grund ist eine Voraus-berechnung sehr schwierig. Daher wur den für ver-schieden gestaltete Formen Arbeits schaubilder ge -mäß Bild 5-50 erstellt, aus denen man den Kraft- und Arbeitsbedarf ermitteln kann.
Die erforderliche Umformarbeit muss für das Ge-senkschmieden auf arbeitsgebundenen Maschinen (Hämmer, Pressen mit Schwungrad) bekannt sein, damit der Arbeitsschritt vollständig durchgeführt werden kann. Berechenbar ist die Umformarbeit W aber nur für das Stauchen zwischen ebenen Bahnen (Freiformen):
W = V jh k
fm/h
F.
[5-29]
Für den Umformwirkungsgrad hF ergeben sich da-
bei je nach Umformgrad jh, Zustand der Stauch-
bahnen, Verzunderung u. a. Einfl üssen Werte zwi-schen h
F = 0,6 bis h
F = 0,9. Diese Werte nehmen
beim Gesenkschmieden infolge der Form- und Grat-einfl üsse bei einfachen Teilen auf h
F = 0,4 und bei
sehr komplizierten Formen mit Grat sogar bis auf h
F = 0,2 ab.
Für genauere Bestimmungen der Kraft- und Arbeits-werte sind Vorversuche zur Korrektur der Schauta-feln in Bild 5-50 unerlässlich.
5.3.3 Eindrücken
Zu den Eindrückverfahren zählen das Prägen, das die Oberfl äche eines Werkstücks reliefartig verän-dert, und das Einsenken zum Herstellen eines Ge-senks. Es handelt sich in beiden Fällen um eine Kaltumformung.
Beim Prägen unterscheidet man das Hohl- vom Voll-
prägen. Beim ersteren Verfahren bleibt die Werk-stückdicke annähernd gleich, beim zweiten wird sie gezielt verändert, wie Bild 5-51 zeigt.
Das Glattprägen ist eine Umformung zum Verbes-sern der Oberfl äche eines Werkstücks durch ge-ringes Kaltstauchen. Die Werkzeugfl ächen müssen feingeschliffen oder geläppt sein. Wenn man beim Stauchvorgang höhenbegrenzende Anschläge ein-setzt, dann spricht man vom Maßprägen. Hierdurch werden Dickenunterschiede an Gesenkschmiedetei-len beseitigt. Ein Beispiel hierfür zeigt Bild 5-52. Diese Nachbearbeitung wird meist auf Kniehebel-pressen durchgeführt, die am unteren Totpunkt bei kleinen Wegen sehr große Kräfte aufbringen kön-nen. Durch Mehrfachprägen ist eine Maßgenauig-keit bis ± 0,025 mm erreichbar. Bei ringförmigen Werkstücken ist die ISO-Qualität IT 8 zu erzielen.
Die Umformkraft ergibt sich nach Gl. [5-27]. An-haltswerte für den Umformwiderstand k
we am Ende
des Prägevorgangs gehen aus Tabelle 5-2 hervor. Je
Bild 5-51Prägewerkzeuge und Rohlinge:a) Hohlprägen ohne Dickenänderung (z. B. für Nummerie-
rung von Karosserieblechen)b) Vollprägen mit Führungsring (z. B. für das Münzprägen)
a) b)
UntergesenkVorformBlechabschnitt
Obergesenk Führungsring
Bild 5-52Maßprägen an einem entgrateten Gesenkschmiedeteil.
h
Tabelle 5-2. Formänderungswiderstand kwe am Ende desPrägevorgangs.
80 bis 120120 bis 350800 bis 10001500 bis 18001600 bis 18001800 bis 22001200 bis 14002500 bis 3200
50 bis 8080 bis 150200 bis 300200 bis 300300 bis 500300 bis 400300 bis 400600 bis 800
Aluminium 99 %Al-LegierungenKupfer, weichCuZn 37Nickel, reinNeusilberStahl USt 12Chrom-Nickel-Stahl
N/mm2N/mm2
Vollprägen kweHohlprägen kweWerkstoff
5.3 Druckumformen
422 5 Umformen
schärfer die Kanten ausgeprägt werden sollen, des-to höher ist der Wert für k
we anzusetzen. Beim Voll-
prägen legierter Stähle werden die Gesen ke bis na-he an ihre Zugfestigkeit belastet.
Einsenken ist nach DIN 8583 das Eindrücken von Formwerkzeugen in ein Werkstück zum Erzeugen einer genauen Innenform. Auf diese Weise können z. B. Gesenke sehr wirtschaftlich hergestellt wer-den, da die erhabene Form eines Einsenkstempels spa nend billiger herzustellen ist als eine hohle Gra-vur. Auf ölhydraulischen Einsenkpressen wird ein Einsenkstempel mit sehr geringer Geschwindigkeit in das Werkstück eingedrückt, wie Bild 5-53 verdeut-licht. Das seitliche Ausweichen des Werkstoffs ver-hindert man durch einen Haltering.
Die auftretenden Druckspannungen können Werte bis zu 3000 N/mm2 erreichen, die höchsten Nenn-kräfte von Einsenkpressen liegen bei 32 000 kN. Um die auftretende Reibung möglichst klein zu hal-ten, werden die Werkzeugfl ächen verkupfert und mit Molybdändisulfi d (MoS
2) geschmiert. Nach der
Richtlinie VDI 3170 beträgt die erforderliche Druck-spannung das 4,5fache der Fließspannung k
f. Dieser
Wert wird der jeweiligen Fließkurve bei maximalem Umformgrad j
max entnommen. Die Größe j
max kann
näherungsweise berechnet werden:
jmax , , ;= -0 33 0 01t
d [5-30]
t ist die Einsenktiefe und d der Stempeldurch messer in Millimeter. Die zum Kalteinsenken erforderliche Druckkraft beträgt
F k d= 4 54
2, .f
π [5-31]
Zu den Eindrückverfahren mit geradliniger Bewe-gung gehört außer den eben besprochenen auch das
Körnen mittels Körnerspitze, Lochen mittels Hohl-dorn (Bild 5-40) und das Einprägen von Zeichen mittels Prägestempel entsprechend Bild 5-54.
Bild 5-53Kalteinsenken zur Herstellung eines Hohlgesenks.
Druckplatte
Stempel
Werkstück
Aussparungen
Haltering
Druckplatte
Bild 5-55Eindrücken mit umlaufender Werkzeugbewegung:a) Walzprägen, b) Rändeln, c) Gewindefurchen von Innen gewinden
a)
b) c)
Prägewalze Werkstück
Werkstück
Rändelwalze
Gewindefurcher
Werkstück
Bild 5-54Einprägen mittels Prägestempel.
Werkstück
Prägestempel
Neusilber
423
Eine andere Gruppe von Eindrückverfahren arbei-tet mit umlaufender Bewegung des Werkzeugs. Da-zu gehören das Walzprägen, Rändeln und Kordeln sowie das Gewindefurchen. Einige dieser Möglich-keiten zeigt Bild 5-55.
Durch Warmeinsenken können die Verfahrensgren-zen des Kalteinsenkens erheblich erweitert werden. Beispielsweise kann die Einsenkgeschwindigkeit von 0,003 mm/s bis 0,2 mm/s beim Kalteinsenken auf 2,5 mm/s bei Schmiedepressen erhöht werden. Oft lassen sich auch Schmiedehämmer (v = 4 m/s bis v = 6 m/s) einsetzen. Genauigkeit und Oberfl ä-chengüte sind geringer als beim Kalteinsenken. Das Verfahren wird zur Herstellung von Schmiede- und Pressgesenken eingesetzt. Der Stempel muss um das Schwindmaß a des Werkstückstoffs größer herge-stellt werden. Eingesenkte Werkzeuge haben gegen-über spanend hergestellten Gesenken den Vorteil des ungestörten Faserverlaufs. Die Standzeit ist etwa dreimal höher. Ein Einsenkstempel kann zum Her-stellen von etwa 100 Gesenken verwendet werden.
5.3.4 Durchdrücken
Durchdrücken ist Druckumformen eines Werkstücks durch formgebende Werkzeugöffnungen hindurch. Die wichtigsten Verfahren sind das Strangpressen und das Fließpressen.
5.3.4.1 StrangpressenBeim Strangpressen wird ein aufgeheizter Block in einem Presszylinder (Blockaufnehmer) durch ei-
Bild 5-56Voll-Vorwärts-Strangpressen mit Schale.F Presskrafta halber Öffnungswinkel der Matrizev
1 Austrittsgeschwindigkeit des Strangs
v1
a
F
Matrize Block Presszylinder (Blockaufnehmer)
Matrizenhalter Pressscheibe Pressstempel
Bild 5-57Durch Strangpressen hergestellte Profi le: a) runde und eckige Vollprofi leb) symmetrische und unsymmetrische Winkelprofi lec) offene und geschlossene Hohlprofi led) komplizierte Profi lrohre
Bild 5-58 Hohl-Vorwärts-Strangpressen. F Presskrafta halber Öffnungswinkel der Matrizev
1 Austrittsgeschwindigkeit des Hohlprofi ls
Bild 5-59Strangpresswerkstoffe mit den Bereichen üblicher Verarbei-tungstemperaturen.
200 400 600 800 1000 ° CPresswerkstoff
Pb-, Sn-Leg.Zn-Leg.Mg-Leg.Al-Leg.MessingKupferCu-Ni-Leg.Stahl
Blocktemperatur
a
v 1
F
F
Matrizenhalter Presszylinder Schale Lochdorn
Matrize Block Pressscheibe Pressstempel
a)
b)
c)
d)
5.3 Druckumformen
424 5 Umformen
nen Stempel unter hohen Druck gesetzt, wie es Bild 5-56 zeigt. Der Werkstoff beginnt zu fl ießen und tritt durch die Matrizenöffnung als Strang mit der Austrittsgeschwindigkeit v
l aus.
Wenn die dem Pressstempel vorgelagerte Pressschei-be kleiner als der Durchmesser des Presszylinders ist, bleibt eine Schale stehen. In diesem Fall wird der Block vor dem Einlegen nicht geschmiert, der Werkstoff wird beim Auspressen abgeschert.
Mittels Strangpressen können Halbzeuge bis 20 m Länge hergestellt werden. Die Möglichkeiten zum Herstellen unterschiedlicher Profi lformen sind sehr zahlreich, wie Bild 5-57 erkennen lässt. Im Gegen-satz zum Walzverfahren sind auch hinterschnittene Querschnitte und Hohlprofi le herstellbar. Aus Bild 5-58 geht hervor, dass die Strangpresse für Hohlpro-fi le doppelte Antriebsmechanismen aufweisen muss, weil der Block zunächst gelocht und dann über dem stehenbleibenden Lochdorn ausgepresst wird.
Zum Strangpressen eignen sich besonders gut um-formbare Werkstoffe, z. B. Aluminium und seine Legierungen sowie Kupfer, Zink, Zinn, Blei und deren Legierungen. Gebräuchliche Strangpresswerk-stoffe mit dem Temperaturbereich, in dem sie ver-presst werden, zeigt Bild 5-59.
Das Stahl- Strangpressen ist erst in den fünfziger Jah ren des vorigen Jahrhunderts gelungen. Nach dem Ugine-Séjournet-Verfahren wird dabei Glas bestimmter Zusammensetzung als Schmierstoff ver-wendet. Der auf Presstemperatur erwärmte Stahl-block wird zunächst in Glaspulver gewälzt, und vor
Bild 5-60Zur Festlegung von Matrize und Presszylinder.d
u Durchmesser des profi lumschreibenden Kreises.
du
Bild 5-61Matrize für unsymmetrische Profi lstangen sowie runde Abfall- stangen zum Ausgleich des Stofffl usses.
Abfallstange
Profilstange
die Matrizenöffnung legt man eine Scheibe aus ge-presstem Glas. Beim Auspressen schmilzt das Glas und übernimmt die Rolle des Schmierstoffs. Gleich-zeitig schützt es Matrize und Stempel vor zu hoher Er wärmung und die Blockoberfl äche vor zu schnel-ler Abkühlung. Da kein Verzundern des Blocks auf-treten kann, entfällt auch die Reibwirkung des Zun-ders in der Matrize. Zurzeit werden in der Bundesre-publik Deutschland Stahlprofi le hergestellt, die sich in einen Kreis von 150 mm Durchmesser einzeich-nen lassen. Die kleinste Wanddicke beträgt etwa 3,5 mm, der Mindestdurch messer der Hohlpro fi le etwa 20 mm. Bei kleineren Wanddicken oder Durchmes-sern wäre die Werk zeugbeanspruchung übermäßig hoch.
Für die Konstruktion einer Matrize muss man vom Profi lquerschnitt gemäß Bild 5-60 ausgehen. Da-nach werden Presse und Aufnehmer sowie Matri-zentyp ausgewählt. Für die Festlegung des Presszy-linder-Durchmessers d
z gilt der Maximalwert für
den profi lumschreibenden Kreis
du max
= 0,85 dz. [5-32]
Als vorteilhaftester Wert gilt aber du = 0,6 d
z.
Aus wirtschaftlichen Gründen wird oft mehrsträn-gig gepresst, wie Bild 5-61 andeutet. Mit Rücksicht auf einen möglichst gleichmäßigen Werkstofffl uss bevorzugt man symmetrische Anordnungen. Da die Matrizendurchbrüche so angeordnet sein sollen, dass der Flächenschwerpunkt in der Matrizenmitte liegt, werden bei unsymmetrischen Profi lstangen häufi g runde Abfallstangen mitgepresst. Das Ziel
425
dieser Maßnahme ist es, möglichst gerade austre-tende Stränge zu erhalten.
Je nach Strangpresswerkstoff und Profi lform stehen verschiedene Matrizentypen zur Auswahl. Am häu-fi gsten verwendet man die Flachmatrize mit einem Öffnungswinkel 2 a = 180 °. Für NE-Schwermetal-le und Stahl werden konische Matrizen (Bild 5-56 und 5-58) eingesetzt (Öffnungswinkel 2 a = 90 °).
Der Stofffl uss beim Voll-Vorwärts-Strangpressen führt bei Flachmatrizen (2 a = 180 °) zu vier unter-schiedlichen Fließtypen. Bild 5-62 vermittelt eine Übersicht. Der Fließtyp S ist ein idealisiertes Mo-dell. Er tritt bei homogenem Strangpresswerkstoff auf, wenn eine sehr kleine Reibung eine praktisch unbehinderte Werkstoffbewegung entlang aller Grenz fl ächen zulässt. Der Fließtyp A zeigt sich bei homogenem Werkstoff, wenn nur an der Matrizen-stirn fl äche eine bestimmte Reibung auftritt. Der Fließtyp B tritt bei homogenen Werkstoffen auf, wenn eine nennenswerte Reibung an allen Kontakt-fl ächen vorhanden ist. Der Fließtyp C ist kennzeich-nend für Blöcke mit ungleicher Verteilung der plasti-schen Eigenschaften (Phasenänderungen in den Randzonen oder ungleiche Temperaturverteilung) sowie mit sehr große Reibung. Im letzten Pressdrit-tel ergeben sich meist Werkstofftrennungen durch das unterschiedliche Fließverhalten.
Die Qualität der Matrizen ist sowohl für die Maß-haltigkeit des Strangs als auch zum Erzielen glatter und sauberer Oberfl ächen von Bedeutung. Letzte-res gilt besonders dann, wenn Strangpressprofi le
für dekorative Zwecke benötigt werden (sog. Elo-xal-Qualität). Kratzer und Riefen in den Reibfl ä-chen der Matrizendurchbrüche, d. h. eine oxidierte Aluminium-Oberfl äche sowie ungenügendes Be-seitigen der festklebenden Pressrückstände führen zu erheblichen Oberfl ächenmängeln.
Herstellungsbedingte Pressfehler sind im Einzelnen– Trichterbildung am Strangende bei zu geringem
Pressrest (Presslunker), – Materialtrennung im letzten Drittel des Strang-
kerns (Zweiwachsbildung),– Innenrisse und sog. Holzfaserbruch infolge zu
kalter Innenschichten,– Schalen- oder Dopplungsbildung durch Verun-
reinigungen in der Oberfl äche des Produktes (Oxidschichten der Rohteile, Schmierstoff),
– Aufreißen des Strangs in Umfangsrichtung (Tan-nenbaumfehler) infolge Warmbrüchigkeit bei zu großer Umformgeschwindigkeit,
– Blasenbildung durch örtliche Aufschmelzungen (v- oder T-Werte zu hoch),
– Längsrisse auf der Rohroberfl äche durch zu starke Abkühlung der Außenschicht,
– Poren und Riefen durch Aufschweißungen am Werkzeug,
– Oberfl ächenfehler, die durch die Strang-Leit-schienen verursacht werden,
– streifi ges Gefüge als Folge zu niedriger Presstem-peratur,
– Gefügeungleichmäßigkeit über die Stranglänge durch Blockabkühlung,
– Grobkornbildung mit Abnahme der Festigkeits-werte und Korrosionsfestigkeit sowie erhöhte Neigung zur Rissbildung beim Abschrecken.
Der Kraft-Weg-Verlauf beim Strangpressen von Voll- profi len ist schematisch in Bild 5-63 dargestellt. Die Kraft zeigt für das Vorwärtsstrangpressen zunächst einen großen Anstieg, weil zum Pressbeginn der ein-gesetzte Block, dessen Außendurchmesser gering-fügig kleiner als der Presszylinder-Durchmesser war, aufgestaucht wird. Nach Abschluss dieses in stationä-ren Anlaufvorgangs nimmt die Presskraft stetig ab, da die Reibung zwischen Block und Aufnehmer li-near mit der Blocklänge abnimmt. Die Neigung die-ses Bereiches hängt vom verwendeten Schmierstoff ab. Zum Ende des Strangpressvorgangs ergibt sich ein Kraftanstieg, da der Stempel in die vor der Ma-trize liegende Umformzone eindringt, den Werkstoff-fl uss stört und zusätzliche innere Schie bungen her-vorruft.
Bild 5-62Einteilung der Fließtypen beim axial-symmetrischen Voll-Vorwärts-Strangpressen (nach Dürrschnabel).
Fließtyp
� � � � � � �
� � �
� � � � � � �
� � � � � �
� � � � � �
� � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � �
� � � � � � � � � �
� � � � � � � � � � � � � � � � � � �
� � � � � � � � �
� � � � � � � � �
� � � � � � � � � �
� � � � � � � � � �
� � �
a � � � � b � � �
S A B C
5.3 Druckumformen
426 5 Umformen
Beim Rückwärts-Strangpressen, bei dem ein hohler Stempel den ausgepressten Strang aufnimmt, fehlt die Relativbewegung zwischen Block und Aufneh-mer. Die Presskraft hat einen geringeren An fangswert und bleibt annähernd konstant.
Zum Schmieren können beim Strangpressen von Nichteisenmetallen alle Hochdruckschmierstoffe verwendet werden, die einen zusammenhängenden Schmierfi lm ergeben und den Temperaturen stand-halten. Auf die Glasschmierung beim Séjournet-Verfahren zum Strangpressen von Stahl wurde be-reits hingewiesen.
Eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Fertigung von Strangpressprodukten ist die zweck-mäßige Auslegung einer Auslaufeinrichtung hinter der Pressanlage. Sie muss das Pressgut möglichst dicht hinter der Matrize selbsttätig annehmen und unter leichtem, einstellbarem Zug führen können. Auf die se Weise wird ein Richteffekt ausgeübt und ein Ver drallen und Ablaufen des Profi ls von der Auslauf bahn vermieden. Bei mehrsträngigem Pres-sen mit einer Auszieheinrichtung ergibt sich als wei-terer Vor teil das gleichmäßige Austreten aller Strän-ge.
Für die Errechnung des Kraftbedarfs kann zunächst angenommen werden, dass die Umformung zum Strang ausschließlich in der kegeligen Umformzo-ne vor der Matrize stattfi ndet. Hierzu wird die Um-formkraft F
u benötigt:
F Ak
uf
Fges.= 0 h
j [5-33]
Der Gesamtumformgrad beträgt jges
= |ln (z A1/A
0)|
mit z als der Anzahl der Stränge, A1 als dem Aus-
trittsquerschnitt und A0 als dem aufgestauchten
Blockquerschnitt. Die Reibkraft FR zwischen Block
und Presszylinder beträgt
FR = m k
fo d
z π h. [5-34]
Dabei ist dz der Zylinderdurchmesser und h die je-
weilige Blockhöhe. Die Gesamtkraft ergibt sich aus F
ges = F
u + F
R zu
F Ak
k d hgesf
Fges fo z .= ◊ +0 h
j m π [5-35]
Wird mit Schale gepresst, dann muss die Reibspan-nung m k
f0 zwischen Block und Aufnehmerwandung
durch die Schubfl ießspannung k = kf0
/2 des Werk-stoffs ersetzt werden.
Der Umformwirkungsgrad hF liegt bei der Warm-
umformung bei hF = 0,2 bis h
F = 0,6. Bei nicht run-
den Strängen wird zusätzlich ein Formfaktor ein ge-führt, der die höheren Fließwiderstände in der Form berücksichtigt. Dieser Formfaktor kann bis 1,5 be-tragen. Ergibt sich nach der Berechnung, dass die erforderliche Kraft F
ges nicht zur Verfügung steht,
kann der Anwender folgende Maßnahmen treffen:– Eine Maschine mit höherer Nennkraft beschaf-
fen,– einen kleineren Blockdurchmesser verwenden, – mit verkleinerter Blocklänge arbeiten,– bei erhöhter Umformtemperatur strangpressen,– die Reibung verkleinern,– größere Ausgleichsstränge vorsehen.
Das Quer-Strangpressen ist ein Sonderverfahren, bei dem der Werkstoff quer zur Wirkrichtung fl ießt. Hiernach können beispielsweise Tiefseekabel mit einem biegsamen Bleimantel umhüllt werden, wie es Bild 5-64 verdeutlicht. Zum Einsetzen eines neu-en Blocks muss der Fertigungsprozess kurz unter-brochen werden.
5.3.4.2 FließpressenFließpressen ist das Durchdrücken eines zwischen Werkzeugteilen aufgenommenen Werkstücks mit-tels Stempel durch eine Düse. Es ist ein Massivum-formverfahren, bei dem metallische Werkstoffe meist bei Raumtemperatur durch große Druckspan-nungen in Radial- und Axialrichtung zum Fließen gebracht werden.
Der Werkstoff wird durch eine Bohrung in der Ma-trize, im Stempel oder durch einen Spalt zwischen Matrize und Stempel verdrängt. Als Rohlinge die-
Bild 5-63Schematischer Kraft-Weg-Verlauf beim Strangpressen:a) Voll-Vorwärts-Strangpressenb) Voll-Rückwärts-Strangpressen
Stempelweg
Pre
sskra
ft
a
b
427
nen Scheiben, Stangenabschnitte oder Vorpress-linge, die durch Ändern des Querschnitts ihre Form erhalten.
Das Kalfl ießpressen hat sich aus der Verarbeitung von Tuben und Hülsen entwickelt. Zu deren Her-stellung wurden zunächst nur sehr weiche Metalle, später auch Zink, Aluminium und Kupfer verwen-det. Im Jahre 1934 gelang es erstmals, auch Stahl kaltfl ießzupressen. Die anfänglichen Schwierig-keiten bezüglich der Standzeit der Werkzeuge und der Oberfl ächenbeschaffenheit der Werkstücke konn-
ten durch Schmierstoffe behoben werden. Beson-ders geeignet für dieses Verfahren ist eine chemische Vorbehandlung der Rohlinge mit einer Phosphat-schicht (sog. Bondern). Nach dem Werkstofffl uss lassen sich grundsätzlich drei Verfahren gemäß Bild 5-65 unterscheiden:
Rückwärts-Fließpressen ist das gegenläufi ge Um-formen eines Werkstücks in Bezug auf die Maschi-nenwirkrichtung. Der Werkstoff fl ießt entgegen der Stempelbewegung. Das Verfahren wird hauptsäch-lich zum Herstellen von Hülsen und Näpfen ange-wendet; somit ist das fertige Werkstück meist ein einseitig offener Hohlkörper (Bild 5-65a)).
Vorwärts-Fließpressen ist gleichläufi ges Umformen eines Werkstücks in Bezug auf die Maschinenwirk-richtung. Der Werkstoff fl ießt in Richtung der Stem-pelbewegung (Bild 5-65b). Es können axialsym-metrische Voll- und Hohlkörper erzeugt werden.
Gemischt-Fließpressen ist die Kombination beider genannter Verfahren. Der Werkstoff fl ießt mit und entgegen der Stempelbewegung (Bild 5-65c). In einem Arbeitsgang können daher komplizierte For-
Bild 5-64Quer-Strangpressen zum Herstellen von ummantelten Tief-seekabeln (schematisch).
Matrize
Strang
(Kabelmantel)
Kabelseele
Matrizenhalter
Werkzeugaufnehmer
Block
Pressscheibe
Blockaufnehmer
Stempel
Bild 5-65Prinzipdarstellung der wichtigsten Fließpressverfahren nach DIN 8583.a) Napf-Rückwärts-Fließpressenb) Voll-Vorwärts-Fließpressenc) Gemischt-Fließpressen
a) b) c)Bild 5-66Verfahrenskombinationen für Fließpress-Hohlkörper:a) Napf-Vorwärts mit Napf-Rückwärtsb) Voll-Vorwärts mit Napf-Rückwärtsc) Hohl-Vorwärts mit Napf-Rückwärtsd) Napf-Vorwärts mit Flanschanstauchene) Napf-Rückwärts mit Napf-Rückwärtsf) Voll-Rückwärts mit Napf-Rückwärts
a) b) c)
d) e) f)
5.3 Druckumformen
428 5 Umformen
men, etwa entsprechend Bild 5-66, hergestellt wer-den, auch mit unterschiedlichen Wanddicken.
Als Fließpress-Werkstoffe eignen sich die meisten Nichteisenmetalle sowie niedriggekohlte und nied-riglegierte Stähle (Cr, CrMn). Stähle mit Korngrö-ßen von 9 bis 7 nach der ASTM-Korngrößen-Richt-reihe 4) eignen sich besonders gut. Von den Nichtei-senmetallen sind Sn, Zn, Cu sowie die gut kaltum-formbaren Legierungen Al-Mg-Si, Al-Cu-Mg und Al-Mg-Mn für das Fließpressen geeignet (Korngrö-ße 6 bis 4 nach ASTM).
Die Schmierung ist für das Verfahren von ausschlag-gebender Bedeutung. Da die Reibarbeit nahezu die Hälfte der gesamten Umformarbeit betragen kann, werden vom Schmierstoff niedrige Reibung, ausrei-chende Druckbeständigkeit, gute Oberfl ächenhaf-tung, Zusammenhalt auch bei starker Oberfl ächen-vergrößerung und das Verhindern von Kaltschweiß-stellen gefordert.
Für Nichteisenmetalle werden in der Praxis mine-ralische Öle und Fette sowie Metallstearate einge-setzt. Bei Stahl muss eine Trennschicht zwischen Werkstück und Werkzeug vorhanden sein. Am bes-ten hat sich das Phosphatieren (Schichtdicke 5 μm bis 10 μm) bewährt. Als Schmierstoff können dann Natronseife, Molybdändisulfi d oder Grafi t eingesetzt werden. Für nichtrostende Stähle hat sich dagegen eine Oxalatschicht als Schmierstoffträger oder ein metallischer Überzug (Cu, Pb, Sn, Zn) bewährt.
Zum Erzielen einwandfreier Werkstücke sind Oberfl ä-chenzustand und Volumen des Rohlings maßge-bend. Als Ausgangsrohlinge können Platinen (Blech-ausschnitte), Stangenabschnitte (abgeschert oder gesägt) und Vorpresslinge verwendet werden. Je nach den Anforderungen an das Pressteil wird Walz-stahl, gezogener oder geschälter Werkstoff einge-setzt. Erreichbare Werkstückgenauigkeiten im Durch-messer liegen bei IT 13 bis IT 8. Die Oberfl ä che kann eine Rauheit von Rz = 6,3 μm erreichen. Fließ-gepresste Teile haben gute Festigkeits- und Dau er-fes tigkeits-Werte. Ursache ist die Kaltverfestigung im Zusammenwirken mit dem nicht angeschnitte-nen Faserverlauf. Dadurch können Stähle mit nied-riger Festigkeit für höher beanspruchte Teile einge-setzt werden, ohne dass vergütet werden muss.
Weitere Vorteile des Kaltfl ießpressens sind die große Stoffeinsparung gegenüber dem Spanen und auch gegenüber vielen anderen Umformverfahren (z. B. Warm-Gesenkschmieden) sowie die hohe Mengen-leistung selbst bei schwierigen Formteilen. Der Hauptabnehmer für Fließpressteile ist die Automo-bilindustrie. Die Produktion nimmt in der Bundes-republik Deutschland und in den USA jährlich um et wa 12 % zu.
Wirtschaftliche Stückzahlen sind:
Mindestmenge Werkstückmasse
10 000 1 g bis 20 g,5 000 20 g bis 500 g,3 000 0,5 kg bis 10 kg.
Die Standzeit der Werkzeuge kann zwischen 10 000 und 20 000 Pressungen liegen. Geometrische Grenz-werte für fl ießgepresste Hohlkörper sind
Länge zwischen 5 mm bis 1200 mm,Außendurchmesser 5 mm bis 150 mm,Wanddicke 0,5 mm bis 50 mm,(Mindestwanddicke � 0,1 mm).bei Aluminium).
Der Werkstofffl uss beim Fließpressen kann durch Ver suche mit geteilten Rohlingen und an Hand der auf der Teilungsebene eingebrachten Liniennetze gemäß Bild 5-67 ermittelt werden. Es ist vorteilhaft, wenn die Rohteile dem Matrizenwinkel entspre-chend vorgeformt werden. Der Werkstofffl uss wird vorwiegend durch die Werkzeuggeometrie und den Reibzustand beeinfl usst.
Bild 5-67Werkstofffl uss beim Hohl-Vorwärts-Fließpressen bei verschie-de nem Neigungswinkel a (Matrizenöffnungswinkel = 2 a).
35 °a � � 20 ° a � � 50 ° a � � 70 °
a
a
a
a � �
a
4) ASTM: American Society of Testing Materials.
429
men, nämlich aus der jeweiligen Kraft für die ideel-le Umformung F
id, für die innere Schiebung F
sch, für
die Verluste im Matrizentrichter durch Reibung FR
und für die äußere Zylinderreibung F’R:
F F F F F
A k
D h k
ges id Sch R
fm gg
k f0.
= + + + =
= + +Ê
ËÁ
ˆ
¯˜ +
+
’R
0
0
12
3j a
jma
mπ
[5-36]
Die Umformarbeit lässt sich über die Umformleis-tung berechnen (s. auch Bild 5-68):
� �W F W W t= ◊ = ◊ges Stempel bzw.v . [5-37]
Beim Rückwärts-Fließpressen kann der für die Pres-senauswahl und Auslegung der Werkzeuge benöti-gte Kraftbedarf zweckmäßigerweise nach Bild 5-69 aus folgender Modellvorstellung hergeleitet wer-den:
In einem ersten Schritt wird nur das Stauchen un-ter dem Stempel mit dem Durchmesser D
1 von der
Rohlingshöhe h0 auf die Bodenhöhe h
1 betrachtet.
Hierfür lässt sich nach Siebel ansetzen:
F D kD
hStauch f1= +ÊËÁ
ˆ¯̃
π4
11
312 1
1
m . [5-38]
In einem zweiten gedachten Schritt wird der Ringzy-linder auf seine Wanddicke s umgeformt. Hierfür gilt:
F D kh
sZylinder f2 .= + +ÊËÁ
ˆ¯̃
È
ÎÍ
˘
˚˙
π4
1 0 2521
2 1 ,m [5-39]
Die Gesamtkraft für das Hohl-Rückwärts-Fließpres-sen beträgt dann:
F F F
A kD
h
A kh
s
ges Stauch Zyl
f1
f2
= + =
= +ÊËÁ
ˆ¯̃
+
+ + +
11
1
11
11
3
1 0 252
m
m,
ÊÊËÁ
ˆ¯̃
È
ÎÍ
˘
˚˙ .
[5-40]
Im Vergleich zu Warmumformverfahren sind die Beanspruchungen der Werkzeuge beim Kaltfl ieß-pressen besonders hoch. Bild 5-70 zeigt einen Werk-zeugsatz für das Napf-Rückwärts-Fließpressen. Die Umformkraft wirkt in axialer und radialer Richtung auf das Werkzeug. Axiale Druckspannungen wer-den vom Werkzeug auf die Presse übertragen und
Bild 5-68a) Zur Kraftwirkung beim Voll-Vorwärts-Fließpressenb) Berechnungsbeispiel zum Voll-Vorwärts-Fließpressen.
Gegeben:Ausgangsdurchmesser D
0 = 50 mm,
Enddurchmesser D1 = 30 mm,
Ausgangshöhe h0 = 25 mm,
Endhöhe h1 = 45 mm
Neigungswinkel a = 60 ° ��1 im Bogenmaß,Reibungszahl m =� 0,1 (geschätzt),Kopfhöhe h
k = 5 mm.
Zu berechnen ist die erforderliche Umformkraft Fges
.
Lösung:
jg0
0
1
2
2
A
A
A
A
50
302,78 1,02= = = = =ln ln ln ln .1
Der Fließkurve für Stahl (Bild 5-9) wird die dazugehörige Fließspannung k
f1 = 670 N/mm2 entnommen. Da k
f0 = 270
N/mm2 beträgt, ergibt sich aus der grafi schen Mittelung kfm
= 580 N/mm2. Somit ist die Umformkraft nach Gl. (5-41)
F 1963,5 580 1,02 12
3
1
1,02
0,1
0,5 0,87N
50 5
ges = + + +
+
◊ ◊ ◊◊
ÊËÁ
ˆ¯̃
◊ ◊ ◊p 00,1 270 N
1,16 10 1 0,65 0,23 N 21205,75 N
22 MN
6
◊◊ ◊
== + + + ==
( )
.
50
25
545
A1
A 0
a) b)
60 °
D1
D0
a
F ’ R
F R
30
Fgesv Stempel
Die Kraftwirkungen beim Voll-Vorwärts-Fließpres-sen lassen sich an Hand von Bild 5-68 erläutern: Der Stangenabschnitt wird von der Querschnitts-fl äche A
0 auf den Austrittsquerschnitt A
1 vermin-
dert. Der größte Umformgrad, bei dessen Betrag die Fließspannung k
f der Fließkurve entnommen
wird, ist
jg = |1n (A
1/A
0)|.
Die Umformkraft setzt sich aus Teilkräften zusam-
5.3 Druckumformen
430 5 Umformen
ohne große Schwierigkeiten abgeleitet. Die radiale Komponente wirkt dagegen als Innendruck auf die Innenwand des hohlen Werkzeugs (Matrize oder Aufnehmer). An dieser Stelle entstehen große Zug-spannungen, die das Werkzeug auseinanderreißen können. Daher werden oft vorgespannte Werkzeug-sätze verwendet, etwa wie Bild 5-71 zeigt. Als Richt-werte für die Anzahl der Armierungsringe kann an-ge geben werden:
Innendruck pi Anzahl Durchmesser-
N/mm2 der verhältnis Ringe d
a/d
i
bis 1000 0 4 bis 51000 bis 1600 1 4 bis 51600 bis 2000 2 5 bis 6
Die Werkzeugform beeinfl usst die Höhe der Umform-kräfte. Die Stempel-Wirkseitenform kann verschie-den ausgeführt werden; Bild 5-72 zeigt eine Aus-wahl. Flache Stempel sind zwar am einfachsten her-zustellen, bewirken aber wegen des Werkstoffglei-tens unter hohen Flächenpressungen höhere Reib-kräfte. Stempel mit kegeliger Wirkseite (Bild 5-72b) und 5-72c) zeigen je nach ihrem Kegelwinkel 2 a ge ringere bezogene Stempelkräfte. Wegen der ge-forderten kleinen Unterschiede in der Bodendicke des Produktes wird mit Kegelwinkeln von 2 a = 160 ° bis 2 a = 170 ° gearbeitet. Stempel mit kugeliger Wirk-
Bild 5-70Werkzeugsatz für das Napf-RückwärtsFließpressen; Matrizen-ausführung ohne Schrumpfring.
Druckplatte
Stempel
Matrize
Gegenstempel
Grundplatte
Auswerferstift
Spannring
D0 = 50
h0 =
28
H =
45
h1 =
10
D1 = 35 s = 7,5
Bild 5-69Berechnungsbeispiel für das Napf-Rückwärts-Fließpressen.
Gegeben: D0 = 50 mm,
D1 = 35 mm
h0 = 28 mm,
h1 = 10 mm,
Napfhöhe H = 45 mm,
Wanddicke s50 35
2mm 7,5 mm= =-
,
Reibbeiwert m = 0,1 mm (geschätzt).
Lösung: Der Umformgrad unter dem Stempelboden be-trägt:
j1o
1
h
h2,8 1,03= = =ln ln .
Für diesen Wert müsste die Fließspannung kf der Fließkurve
entnommen oder aber berechnet werden. Für C10E (Ck 10) ergibt eine Berechnung nach Gl. [5-5]:
k C 690 N/mm Das ergibt mit
k 695 N/mm
fn 0,2519 2
1
f12
= =
=
◊ ◊j j j. :
.
Die Formänderung für den Hohlzylinder des Wandbereichs ergibt sich zu
j j2 111
D
8 s1,03 1
35
8 7,51,63= + = + =
◊ÊËÁ
ˆ¯̃ ◊
ÊËÁ
ˆ¯̃
.
Die dazugehörige Fließspannung kf errechnet sich zu
k 690 N/mm 780 N/mmf2 20,2519 2 2= ◊ =j .
Somit ist die Gesamtkraft gemäß Gl. [5-40]
F 962 690 11
30,1
35
10N
962 780 110
7,50,25
0,1
2
ges = + +
+ + +
◊ ◊ÊËÁ
ˆ¯̃
◊ ÊËÁÁ
ˆ¯̃
È
ÎÍ
˘
˚˙
=
N
1791 kN 1,8 MN= .
431
Bild 5-72 Stempel-Wirkseitenformen für das Hohl-Rückwärts-Fließ-pressen a) fl ach, b) kegelig, c) Kegelstumpf, d) kugelig.
a) b) c) d)
Bild 5-71Beispiele für die Pressbüchsengestaltung mit Schrumpfring beim Napf-Rückwärts-Fließpressen.
Schrumpfring
Auswerfer
seite haben die kleinsten Reibungsverluste, sind aber mit Rücksicht auf die Werkstückgeometrie selten einsetzbar.
Für Stempelformen zum Hohl-Vorwärts-Fließpres-sen gibt es ebenfalls mehrere Ausführungsbeispiele, wie aus Bild 5-73 hervorgeht. Beim Stempel mit festem Dorn (Bild 5-73b)) soll das Verhältnis Dorn-länge/Durchmesser = 1,5 sein. Der Übergangsradi-us zwischen Stempel und Dorn muss möglichst groß gewählt werden (wegen hoher Spannungskonzent-rationen). Der eingesetzte feste Dorn (Bild 5-73c)) wird verwendet, wenn mit kegeligem Dorn eine schwächer kegelig ausgeführte Bohrung erzeugt werden soll. Wenn vorgesehen ist, den Hohlstem-pel auch als Abstreifer einzusetzen, kann ein federn-der beweglicher Dorn im Hohlstempel angeordnet werden.
Als Werkzeugmaschinen zum Fließpressen dienen mechanische weggebundene Pressen (Kurbel-, Ex-zenter-, Kniehebelpressen). Sie können in stehen-der oder liegender Bauart als Einstufen- oder Mehr-
stufenpressen ausgeführt werden. Außerdem wer-den auch hydraulische Pressen eingesetzt.
Beispiele für die maximale Nennkraft sind:Kurbelpressen F
N = 25 MN,
Kniehebelpressen (einstufi g) FN = 32 MN,
Mehrstufenpressenmechanische F
N = 14 MN,
hydraulische Pressen FN = 40 MN.
Auch größere Einheiten wären technisch zu realisie-ren; sie sind jedoch derzeitig nicht wirtschaftlich einsetzbar.
5.4 Zug-Druck-Umformen
Bei dieser Verfahrensgruppe wird der plastische Zustand durch zusammengesetzte Zug- und Druck-beanspruchung erzeugt. Nach DIN 8584-1 gehören hierzu die technischen Fertigungsverfahren Durch-ziehen als Draht- und Stabziehen, Tiefziehen von Blechen zu Hohlkörpern und deren weitere Umfor-mung mit Verringern des Durchmessers, Drücken von Hohlkörpern und deren Formänderung durch Weiten oder Verengen sowie das Kragenziehen und Knickbauchen.
Das Kragenziehen wird häufi g in Verbindung mit dem Lochen im Behälterbau angewendet. Dabei muss der gelochte Behälter (z. B. für Hochspannungs- Schaltanlagen) mit Schweißbrennern erhitzt wer-den, um ein ausreichend leichtes Fließen des Werk-stoffs zu ermöglichen. Die in den Behälter einzu-schweißenden Rohrstutzen können dann kostengüns-
Bild 5-73Stempelformen für das Vorwärts-Fließpressen.
KopfSchaftDorn
Stempel zum Voll-Vorwärtsfließpressen
Stempel zum Hohl-Vorwärtsfließpressenmit eingesetztem festem
Dorn
Stempel zum Hohl-Vorwärtsfließpressenmit abgesetztem Dorn
a)
b)
c)
5.4 Zug-Druck-Umformen
432 5 Umformen
sundheitschädigenden oder belästigenden Gase oder Rauchschwaden auftreten. Ehe der Schmierstoffträ-ger aufgebracht wird, muss man eine metallisch rei-ne Oberfl äche erzeugen. Stahlwerkstoffe werden des- halb mechanisch oder chemisch entzundert.
In der Drahtindustrie ist das Kälken noch weit ver- breitet, da Kalk die letzten Reste der Beizsäure neu-tralisiert und später beim Ziehen mit organischen Ziehfetten verseift. Wird Borax an Stelle von Kalk als Schmierstoffträger verwendet, ergibt sich durch die größere Haftfähigkeit eine bessere Oberfl ächen-feinheit.
Auch Alkali und Seifen können als Schmierstoffträ-ger eingesetzt werden. Eine besondere Bedeutung ha-ben die Phosphatierverfahren ( Bondern) beim Gleit-ziehen von höhergekohltem Stahldraht mit hohen Ziehgeschwindigkeiten und Umformgraden erlangt.
Als Schmierstoff selbst werden Petroleum, Rüböl, Mineralöle, Seifenemulsionen, teilweise mit MoS
2-
und Grafi t-Zusatz (Nassschmierstoff) sowie Bie-nenwachs, Talg, Kalkmischungen und Metallsei-fen, wie Al-, Ca-, Zn-Stearate (Trockenschmierstoff) verwendet. Als Richtwerte für die Reibungszahl kann bei Rüböl m = 0,05 für Hartmetall- und m = 0,10 für Stahl-Ziehringe angegeben werden.
Bild 5-75Ziehstein aus Hartmetall mit Schrumpfring aus Stahl.d
0 Ausgangsdurchmesser des Drahts
d1 Enddurchmesser des Drahts
a halber Kegelwinkel des ZiehholsF
Z Ziehkraft
FD Druckkraft
d0
d1
a
FD
FD
Ziehring
(Hartmetall)
Schrumpfring
FZ
Bild 5-74Zieheisen (aus chromlegiertem Stahl) zum stufenweisen Redu-zieren des Drahtdurchmessers. Der Innenraum des Werkzeugs heißt Ziehhol.
tig längs einer Kreisbahn von Schweißautomaten eingeschweißt werden. Die umständliche Fugenvor-bereitung bei elliptischen Schnitten kann entfallen.
5.4.1 Draht- und Stabziehen
Alle Durchziehverfahren haben nach DIN 8584 das gemeinsame Merkmal, dass das Rohteil durch eine in Ziehrichtung verengte, formgebende düsenför-mige Matrize hindurchgezogen wird. Dabei unter-scheidet man das Gleitziehen als Durchziehen von Voll- und Hohlkörpern durch ein feststehendes Zieh-werkzeug – z. B. das Zieheisen gemäß Bild 5-74 – vom Walzziehen, bei dem der Ziehring durch ein drehbar gelagertes Ziehrollenpaar ersetzt wird (vgl. Bild 5-14b), Längswalzen von Profi lquerschnitten).
Das Draht- und Stabziehen wird zum Herstellen von meist kreisringförmigen Vollprofi len verwen-det. Es ist ein Gleitziehverfahren zur Halbzeug- und Drahtherstellung. Dazu werden warmgewalzte Roh-teile als Stabmaterial entzundert und an einem En-de angespitzt. An dieser sog. Angel greift die Ziehzan-ge an.
Als Schmierstoffe werden häufi g Zwischenschichten auf der Basis von Kalk, Borax, Phosphat oder Oxa-lat verwendet. Wie bei anderen Umformverfahren soll hier der Schmierstoff eine geringere Reibung bewirken, gute Trenneigenschaften in der Wirkfuge haben, temperaturbeständig sein und glatte Werk-stückoberfl ächen ermöglichen. Der Schmierstoff muss weiterhin druckbeständig, leicht aufzubringen und gut zu entfernen sein. Wegen der Sicherheits-bestimmungen am Arbeitsplatz dürfen keine ge-
5.4 Zug-Druck-Umformen 433
Bild 5-76Arbeitsgänge am Diamant-Ziehstein (nach O. Fritsch).� Bearbeitung chemisch (Ausbrennen mit Sauerstoff)� mechanisch-elektrisch� elektrolytisch� mechanisch-elektrisch� elektrisch durch Funkenerosion
➊
➊
➋
➌
➍
➎ ➎
5) Die Ziehkraft FZ soll aus Sicherheitsgründen 70 % des
Wer tes A1 ⋅ R
m, der Abreissbedingung bei mittelbarem
Kraft angriff, nicht überschreiten.
Für Stahl-Ziehringe beträgt die Standmenge etwa 2000 kg Draht je Durchgang. Bei Hartmetallwerk-zeu gen kann sie auf das 30- bis 200fache gesteigert werden. Ziehsteine aus Hartmetall – Bild 5-75 zeigt die Anordnung – sind in DIN 1547 genormt. Bis zu einem Öffnungs-Durchmesser von d
1 = 0,3 mm wer-
den die Hartmetallziehsteine gleich mit der Boh-rung ge sintert. Geschliffen und poliert wird danach mit Dia mantpulver oder Borcarbid verschiedener Körnung.
Fein- und Feinstdrähte mit 1,5 mm bis zu 5 μm Durchmesser werden häufi g mit Diamant-Ziehstei-nen gezogen. Die Fertigung dieser verschleißfesten Werkzeuge erfolgt in einer Kombination von me-chanischen, chemischen, elektrischen und elektroly-tischen Verfahren. Der Poliereffekt wird durch ei-ne feinabgestimmte Funkenerosion im Ziehhol er-reicht, wie in Bild 5-76 erläutert ist.
Der Ziehvorgang erfolgt in mehreren Stufen. Die mögliche Formänderung je Stufe ist durch die Be-lastbarkeit des Kraft-Einleitungsquerschnitts A
1 be-
grenzt 5). Man kann je Zug unter Berücksichtigung der Kaltverfestigung j
max = 0,2 bis j
max = 0,5 ansetzen.
Beim Ziehen von Stahl muss nach fast jedem Zug eine Zwischenglühung erfolgen.
Dicke Stäbe mit d0 = 16 mm sowie Rohre und Pro-
fi le werden auf Ziehbänken gezogen. In den Indus-trie-Betrieben ist die Kettenziehbank weit verbrei-tet, die mit einhakbarem Kettenwagen arbeitet. Zieh-maschinen mit zwei gegenläufi g bewegten Ziehwa-gen ermöglichen einen kontinuierlichen Ziehpro-zess. Bei Mehrfach-Drahtziehmaschinen wird der von der Haspel ablaufende Draht nach Durchlaufen der Ziehdüse auf der angetriebenen Ziehtrommel aufgewickelt. Es erfolgt ein sog. Endlos-Ziehen, sche-matisch dargestellt in Bild 5-77.
Die Temperaturerhöhung beim Gleitziehen entsteht durch die fast zu 90 % in Wärme umgesetzte Um-formarbeit. Eine Festigkeitsabnah me kann sich auf-grund der Erwärmung in der Umformzone nicht ne-gativ auswirken, weil die Ziehgeschwindigkeiten im Vergleich zu den meisten anderen Umformverfah-ren mit über 60 m/s sehr hoch sind,.
Nach Siebel und Kobitzsch kann nach der elemen-taren Plastizitätstheorie ausreichend genau eine adi-abatische mittlere Temperaturerhöhung in ° C für homogen umgeformte Volumenelemente angege-ben werden:
[5-41]DT kc
A
A= fm
1 0
1rln .
Hierin sindc spezifi sche Wärmekapazität des Werkstoffs, r Dichte des Werkstoffs.
Die Reibung zwischen Ziehhol und Drahtoberfl ä-che entlang der Umformzone bewirkt eine zusätzli-che Temperaturerhöhung in der Randzone des Drah-tes. Man kann eine parabolische Temperaturverte-ilung in Richtung auf die Drahtachse annehmen. Je schneller gezogen wird, desto höher wird die Ober-fl ächentemperatur entlang der Umformzone, weil die abgeleitete Reibwärme auf ein geringeres Volu-men konzentriert bleibt. Aufgrund der unterschiedli-chen Wärmedehnungen über den Querschnitt blei-ben Eigenspannungen im Draht zurück.
Der Kraftbedarf beim Draht- und Stabziehen ist am
434 5 Umformen
Damit ergibt sich die Gesamtziehkraft zu
F F F F
k A
ges id R S
fm
= + ¢ + =
= +ÊËÁ
ˆ¯̃
+È
ÎÍ
˘
˚˙1 1
2
3j m
aa .
[5-46]
Danach lässt sich nach Siebel der optimale Nei-gungswinkel berechnen:
Bild 5-78Umformkraft F in Abhängigkeit vom Neigungswinkel a (nach K. Grüning). Berechnungsbeispiel für das Gleitziehen eines Stahlrohrs aus Ck 10 mit den Abmessungen 20 x 2 mm. Das Rohr soll auf d
1 = 12 mm und s
1 = 0,8 mm umgeformt werden. Als Reibungs-
zahl ist m = 0,05 angenommen. Der maximale Umformgrad sei auf j
max = 0,6 festgelegt. Es ergeben sich drei Züge mit
den Gesamtkräften Fges 1
= 22,2 kN, Fges 2
= 20,3 kN und Fges 3
= 11,1 kN.
Bild 5-77Schematische Darstellung einer Mehrfach-Drahtziehmaschine (Block-Ziehmaschinen).
Neigungswinkel a
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
Um
form
kra
ft
F
40 000
35 000
30 000
25 000
20 000
15 000
10 000
5 000
0
Fges
Fid
F S
F R
N
grd
31,2 kN
a op
t �
14°
einfachsten für den Fall des runden Vollstrangzie-hens herzuleiten. Die Zugkraft F
Z in Bild 5-75 erzeugt
im Querschnitt A1 die Zugspannung s = F
Z/A
1. Infol-
ge der im Ziehtrichter auftretenden Druckspannungen werden die Volumenelemente gleichzeitig in der Um-formzone in radialer Richtung gestaucht. Die ide elle Umformkraft ist bei mittelbarer Kraftwirkung
Fid = A
1 k
fm j in N. [5-42]
Die mittlere Fließspannung kfm
muss berücksichtigt werden, weil in Richtung auf den Ziehholaustritt eine zunehmende Verfestigung auftritt. Den Wert für k
f max muss man beim größten Umformgrad
jmax ln ln= =A
A
d
d1
0
1
0
2
aus der Fließkurve für den jeweiligen Werkstoff entnehmen.
Der Reibungsanteil längs der kegeligen Düsenwand beträgt
F F k AR N fm .= m m j� 1 [5-43]
Die Ziehkraft muss die axiale Komponente der Reib-kraft überwinden:
¢ = =F F k AR N fmma
m ja
1 11tan tan
. [5-44]
Der halbe Kegelwinkel a der Ziehdüse beeinfl usst nicht nur die Reibung, sondern auch den Kraft- und Arbeitsbedarf für Schiebungsverluste am Ein- und Austritt in die Umformzone
F k AS fm= 1
2
3tan .a [5-45]
Da die Winkel an Ziehdüsen verhältnismäßig klein sind (a = 10 ° bis a = 15 °), kann näherungsweise tan a dem Bogenmaß
�a gleichgesetzt werden.
5.4 Zug-Druck-Umformen 435
Bild 5-79Gleitziehen von Rohren über festen Stopfen mit Verringern von Durchmesser und Wanddicke. a Neigungswinkel der Zieh-ringöffnung.
a
Wanddicken-
änderung
Durchmesser-
änderung
Ziehring
Werkstück
Stopfen
a mjopt = 2
3. [5-47]
Er ergibt sich auch aus der graphischen Darstellung der Kräfte gemäß Bild 5-78.
5.4.2 Gleitziehen von Rohren
Rohre können nach zwei Verfahren, dem Hohl-Gleitziehen und dem Gleitziehen über festen Stop-fen entsprechend Bild 5-79 gefertigt werden. Beim Hohl-Gleitziehen befindet sich im Inneren des Rohres kein Werkzeug, so dass die Umformung dort frei erfolgen kann. Je nach den geometrischen und technologischen Verhältnissen kann die Wand-dicke s größer werden, gleich bleiben oder sich ver-ringern. Wegen der freien Umformung zeigt die In-nenoberfl äche eine größere Rauheit als die Außen-oberfl äche. Die Krafteinleitung erfolgt wie bei al-len Durchziehverfahren über den Werkstückwerk-stoff. Die Umformung wird in erster Linie durch tangentiale Stauchung und axiale Dehnung bewirkt, so dass nach dem Fließkriterium von Tresca gilt
sz − s
t = k
f. [5-48]
Die Axialspannung sz steigt in der Umformzone
von null am Werkstoffeintritt bis auf den Endwert am Werkstoffaustritt an. Die Drucktangentialspan-nung s
t bewirkt zusammen mit der Axialspannung
die Umformung, während die Radialspannung sr
an der Innenseite des Rohrs gleich null ist. Auch in der Rohrwandung können keine großen Werte von s
r auftreten, weil sich das Rohr nach innen frei ver-
formen kann.
Beim Gleitziehen über festen Stopfen muss zusätz-lich zu der ideellen Umformarbeit, der Reibungsar-beit an der Schulter des Ziehrings und an der Zieh-ringrundung die Reibungsarbeit am Dorn berück-sichtigt werden. In der Praxis werden beim Rohrzie-hen gleichzeitig der Durchmesser und die Wanddi-cke verringert (Bild 5-79). Es handelt sich also um ei ne Kombination des Hohlgleitziehens mit dem Stopfengleitziehen.
Zur Berechnung der Umformkräfte kann der Um-formgrad durch Abstrecken j
max G ungefähr dem
Umformgrad der Wanddicke js gleichgesetzt wer-
den:
j jmax G s� = ln .s
s0
1
[5-49]
Der Gesamtumformgrad setzt sich aus der Wanddi-ckenänderung und der Durchmesseränderung zu-sammen:
jges
� js + j
d. [5-50]
Zwecks weiterer Vereinfachung der Kraft- und Ar-beitsberechnung kann angesetzt werden, dass die mittlere Fließspannung beim Gleitziehen und beim Hohlziehen gleiche Werte erreicht.
5.4.3 Abstreckziehen von Hohlkörpern
Das Abstreckziehen wird zum Vermindern der Wand-dicke von hülsenförmigen Hohlkörpern mit Boden verwendet. Diese Stückgutteile sind entweder tief-gezogen oder fl ießgepresst und haben immer einen Boden, mit dem das Werkstück mittels eines Stem-pels durch einen oder mehrere Abstreckringe gezo-gen wird, wie Bild 5-80 zeigt. Aus Wirtschaftlich-keitsgründen wird man versuchen, in einem ein-zigen Arbeitsgang einen möglichst hohen Umform-grad zu erreichen. Wenn aber die Spannung in der umgeformten Napfwand die Zugfestigkeit über-steigt, tritt ein Versagen durch Bodenreißer auf. Der Abstreckwinkel a beeinfl usst in starkem Maß die Bodenkraft, die für dieses Versagen maßgebend ist. Die Bodenkraft wird um so geringer, je kleiner der Abstreckwinkel ist. Für kleine Winkel a wird die Bodenkraft sehr klein. Die Differenz zwischen der vom Stempel aufzubringenden Umformkraft F
St und
der Bodenkraft FB ist die vom Stempel auf die Napf-
wand übertragene Reibkraft FRSt
. Für kleine Win-kel wird nahezu die gesamte Umformkraft mittels Haftreibung übertragen.
436 5 Umformen
Vielfach wird mit kombinierten Werkzeugen gleich-zeitig tiefgezogen und abgestreckt. Bild 5-81 zeigt die Arbeitsweise. Bei der Getränkedosenherstellung befi nden sich beispielsweise im Tiefziehwerkzeug unter dem eigentlichen Ziehring drei weitere Ab-streckringe mit kleinerem Durchmesser, so dass der Außendurchmesser von d
1 auf d
2 und im zweiten
Abstreckring auf d3 verringert wird. Hierbei berech-
net man den Umformgrad aus der Wanddickenver-ringerung. Wegen der Kaltverfestigung erhält die Dose eine größere Festigkeit im abgestreckten Wand-bereich. Die Dosenwanddicke kann zzt. bis auf s
min
= 0,182 mm verringert werden. Die zum Abstrecken erforderliche Kraft setzt sich aus der eigentlichen Umformkraft und den Reibverlusten zusammen, die überschlägig im Umformwirkungsgrad h
F zusam-
mengefasst werden können. Somit wird die Ab-streckkraft je Abstreckring berechnet zu
Fk
AZAZfm
Fs=
hj . [5-51]
Der Umformwirkungsgrad beträgt hF � 0,35. Der
Umformgrad js kann auch aus den Abmessungen
vor und nach dem Abstreckziehen des Zargenquer-schnitts A
Z berechnet werden (j
s = 1n (A
1/A
2).
Bild 5-81Werkzeug zum kombinierten Tiefziehen bzw. Abstreckziehen (nach G. Oehler und F. Kaiser). d
s Stempeldurchmesser
d1 Durchmesser des Tiefziehrings
d2 Durchmesser des ersten Abstreckrings
d3 Durchmesser des zweiten Abstreckrings
s1 Wanddicke nach dem ersten Abstrecken
s2 Wanddicke nach dem zweiten Abstrecken
s1
d3
d2
d1
ds
Niederhalter
Tiefziehring
1. Abstreckring
2. Abstreckring
s2
Mit abnehmendem Abstreckwinkel a kann der ma-ximale Umformgrad j
max größer gewählt werden.
Allerdings nimmt mit kleinerem a auch die Umform-kraft F
St zu, die damit verbundene Erhöhung der Ra-
dialspannung erfordert die Verwendung armierter Ziehringe mittels eines Schrumpfverbandes. Als Vorteile des Abstreckgleitziehens gegenüber dem Fließpressen ergeben sich kleinere Umformkräfte und geringe Werkzeugspannungen. Die Wanddi-ckengenauigkeit ist sehr groß. Allerdings können Dickenunterschiede, die von der Vorform her vorhan-den sind – z. B. die Zipfelbildung infolge Aniso tro-pie des Werkstoffs – nicht völlig ausgeglichen wer-den. Die Oberfl ächenrauheit wird gegenüber den Ausgangswerten beim Abstreckziehen vermindert. Mit steigender Querschnittsabnahme werden die Napfoberfl ächen glatter und zugleich auch deutlich homogener.
Da in den meisten Fällen lange Hülsen zu fertigen sind, werden Pressen mit großem Hub benötigt. Der Hub muss mindestens die doppelte Länge der Hül-se aufweisen. Mechanische Pressen sollten so aus-gelegt sein, dass ihr Kraftmaximum der höchsten auftretenden Ziehkraft entspricht. Hydraulische Pressen eignen sich besser für das Gleitziehen, sie sind aber für die Getränkedosenfertigung viel zu langsam (zzt. 800 bis 1200 Dosen je Minute in Mehr-fachlinien).
Bild 5-80Abstreckziehen von Hohlkörpern. a Abstreckwinkel F
St Stempelkraft
FRSt
StempelreibkraftF
RR Ringreibkraft an der Matrize
FB Bodenkraft
FRSt
FB
FRR
gefährdeter
Querschnitt
(Bodenreißer)
Matrize
FStStempel
Hülse
a
5.4 Zug-Druck-Umformen 437
Damit kann der Umformwirkungsgrad für das Tief-ziehen berechnet werden:
h ssF
id
ges
id
St
id
z
d
d= = =W
W
F
F. [5-55]
Der Umformwirkungsgrad beim Tiefziehen liegt im Allgemeinen zwischen h
F = 0,5 bis h
F = 0,8.
Wenn der Stempel in den Ziehring eintaucht, wird die Ronde in den Ziehring hineingezogen (Bild 5-82). Der Ausgangsdurchmesser D
0 verkleinert sich
ständig, bis er über verschiedene Stadien von D dem Stempeldurchmesser d
0 unter Berücksichtigung der
Blechdicke s0 entspricht. Dabei bewirkt die maxima-
le Ziehspannung sz max
, die an der Zieh ringrundung umgelenkt wird, gemäß Bild 5-83 eine radiale Zug-spannung s
r auf ein Volumenelement, das in der
Um formzone des Flansches liegt. Durch die Veren-gung der im Flansch liegenden Sektoren des Blech-zu schnitts ergeben sich die tangential wirkenden Druckspannungen s
t. Der Flansch neigt dann beson-
ders bei dünnen Blechen zum Ausknicken bzw. zur Faltenbildung. Dieser unerwünschte Effekt wird vermieden, wenn der Niederhalter mit aus reichender Kraft auf den Flansch gepresst wird. Die zum Ver-mei den von Falten benötigte Druckspannung s
N ist
Bild 5-82Tiefziehen im Erstzug und schematische Darstellung des Spannungsverlaufs in der Umformzone (Flanschbereich).F
St Stempelkraft
FN Niederhalterkraft
d0 Stempeldurchmesser
D0 Zuschnittdurchmesser (Ronde)
D augenblicklicher Flanschdurchmesser rs Stempelradius (� 0,15 ⋅d
0)
rM Ziehringradius (� 8 ⋅s
0)
s0
FNd0
D
D0
r s
rM
FSt
kfa sN
sr
st
kfi
� �0
� s
Stempel
Niederhalter
Ziehring
5.4.4 Tiefziehen
Das Tiefziehen zählt zu den wichtigsten Verfahren des Blechumformens. Es bildet die Grundlage für die Massenfertigung von Werkstücken für die ver-schiedensten Anwendungsgebiete, wie z. B. Feu-erzeuggehäuse, Teile für Automobilkarosserien, Haushaltsgeräte sowie Blechteile des Maschinen- und Apparatebaus. Nach DIN 8584-1 wird das Tief-ziehen wie folgt defi niert: Tiefziehen ist Zugdruck-umformen eines Blechzuschnitts – je nach Werk-stoff auch einer Folie oder Platte, eines Ausschnitts oder Abschnitts – zu einem Hohlkörper, ohne be-absichtigte Veränderung der Blechdicke.
Es kann auch ein Hohlkörper zu einem Hohlkörper mit kleinerem Umfang tiefgezogen werden. Dann spricht man vom Tiefziehen im Weiterschlag. Das Tiefziehen im Erstzug (früher Tiefziehen im An-schlag genannt), ist schematisch in Bild 5-82 dar-gestellt. Beim Tiefziehen handelt es sich um ein Verfahren der mittelbaren Krafteinleitung. Die er-forderliche Ziehkraft F
St wird vom Stempel auf den
Ziehteilboden übertragen und von der Napfwand, der sog. Zarge, in den Flansch weitergeleitet. Der zwischen Ziehring und Niederhalter liegende Flansch entspricht der Formgebungszone dieses Umform-verfahrens. Die Grenze der Verformung ist erreicht, wenn die Bodenzone die zur Umformung des Flan-sches erforderliche Kraft nicht mehr übertragen kann und der Boden abreißt (Bodenreißer). Dies be-deutet, dass beim Tiefziehen das Gleichgewicht der erforderlichen Ziehkraft F
St und der übertragba ren
Kraft betrachtet werden muss, die maximal der Bruchlast F
Br entsprechen kann:
FSt ≤ F
Br. [5-52]
Die dazugehörigen Spannungen ergeben sich nach Division durch den fi ktiven ZargenquerschnittA
Z = π (d
0 + s
0) s
0 zu
s szSt
Z
Br
ZBr= £ =F
A
F
A. [5-53]
Die erforderliche Ziehspannung sz setzt sich zusam-
men aus der ideellen Ziehspannung sid für die ver-
lustfreie Umformung, den Reibspannungen sR, die
an Ziehring und Niederhalter auftreten, sowie aus der Rückbiegespannung s
rb zum Rückbiegen des
gebogenen Bleches im Auslauf der Ziehringrun-dung:
sz = s
id + s
R + s
rb. [5-54]
438 5 Umformen
die Kontinuitätsbedingung erfüllt sein:
jr + j
t + j
n = 0. [5-59]
Unmittelbar nach dem Aufsetzen des Stempels auf die Platine ist die Umformung zunächst auf die Ringfläche im Ziehspalt zwischen Stempel und Ziehring sowie auf den späteren Boden des Zieh-teils beschränkt. Mit zunehmendem Stempelweg wird dieser Bereich einem Streckziehen unterwor-fen; hierbei erfolgt zusätzlich noch eine Biegung um die Rundung des Stempels r
s und den Ziehring-
radius rM
(Bild 5-82).
Der Umformgrad jn in Blechdickenrichtung nimmt
am Napfboden stets negative Werte an, wie aus dem Diagramm Bild 5-85 hervorgeht; d. h., das Blech wird dort dünner, um dann im Bereich der Zarge stetig zuzunehmen. Am oberen Rand des Napfes ist die Wanddicke s
1 im Allgemeinen größer als die
Ausgangsblechdicke s0. Der Verlauf der Wanddicke
über Napfhöhe und Napfumfang hängt u. a. von folgenden Größen ab:– Tiefziehverhältnis, – Werkzeuggeometrie, – Niederhalterdruck,– Eigenschaften des Blechwerkstoffs (wie z. B.
Anisotropie).
Bild 5-83Auf ein Volumenelement im Flansch einwirkende Spannungen beim Tiefziehen.s
N Niederhalter-Druckspannung
st tangentiale Druckspannung
sr radiale Zugspannung
sz max
maximale Zugspannung in der Zarge
sN
sr
st
sz max
Bodenrundung
Zarge
Flansch
von dem Werkstückstoff, der relativen Blechdicke und dem Ziehverhältnis b
0 = D
0/d
0 abhängig. Diese
Druckspannung liegt zwischen 1,25 N/mm2 für Alu-miniumlegierun gen und 2,5 N/mm2 für Tiefzieh-stahl. Nach Siebel gilt für die erforderliche Nieder-halterkraft
F A AR d
sN N N Nm= = - +
◊È
ÎÍ
˘
˚˙s b
4001
20002 0
0
( ) . [5-56]
Es bedeuten:A
N vom Niederhalter geklemmter Flansch,
sN Niederhalterdruckspannung,
b0 Ziehverhältnis,
d0 Stempeldurchmesser,
s0 Ausgangsblechdicke,
Rm Zugfestigkeit des Werkstückstoffs.
Nach Panknin wird die maximale Ziehkraft FSt max
, die aus dem Diagramm Bild 5-84 hervorgeht, mit Hilfe des Umformwirkungsgrads h
F berechnet:
F d sk D
dSt max mfm
F
= -ÊËÁ
ˆ¯̃
È
ÎÍ
˘
˚˙π 0
0
0
1 1 0 25, ln , .h
[5-57]
Hierin sind:d
m mittlerer Napfdurchmesser mit Berücksichtung der Wanddicke s
0,
kfm
Fließspannung im Flansch (näherungsweise k
fm = 1,3 R
m).
Das Ziehverhältnis b0 = D
0/d
0 kennzeichnet die Grö-
ße der Umformung. Beim Überschreiten des Grenz-ziehverhältnisses b
max= D
0 max/d
0 erfolgt am Über-
gang vom Napfboden zur Zarge der sog. Bodenrei-ßer. Überschlägig gilt für die Bodenabreißkraft
FBr
� π dm s
0 R
m. [5-58]
Das Grenzziehverhältnis hängt von der Blechdicke s
0 , der Werkzeuggeometrie und dem Werkstoff ab.
Besonders stark ist der Einfl uss der senkrechten An-isotropie, ausgedrückt durch den R-Wert (s. Abschn. 5.5.4). Je höher der R-Wert, desto größer ist b
max.
Eine Folge der ebenen Anisotropie R des Bleches ist aber auch die Zipfelbildung: Die Napfhöhe ist nicht konstant über dem Umfang, sondern in den Richtungen mit hohem R-Wert groß (Zipfel) und in den Richtungen mit kleinem R-Wert gering (Tal in der Napfwand). Für einige Tiefziehbleche sind praxisübliche Werte für Ziehverhältnisse im Erst- und Weiterzug in Tabelle 5-3 angegeben.
In Bezug auf die Umformgrade im Tiefziehteil muss
5.4 Zug-Druck-Umformen 439
den. Für die Werkzeuggestaltung ist zu berück sich-tigen, dass der Ziehringradius r
M (Bild 5-82) das
fünf- bis zehnfache der Blechdicke s0 betragen soll.
Eine gute Kraftübertragung im Bodenteil des Tief-ziehstempels lässt sich mit einem Stempelradius r
s
von 0,15 d0 erreichen. Vorteilhaft ist eine Stem pel-
rundung, die drei- bis fünfmal größer ist als die Zieh ringrundung. Für den Ziehspalt u
z setzt man
u s a sz = +0 010 . [5-60]
Hierbei gilt a1 = 0,07 für Stahlblech, a
2 = 0,02 für
Aluminium und a3 = 0,04 für sonstige Nichteisen-
metalle. Bei zu großem Spalt wird der Napf nicht zylindrisch und bekommt u. U. Falten. Bei zu klei-nem Ziehspalt wird das Werkstück abgestreckt, es kommt öfter zu Bodenreißern.
Relativ dicke Blechteile mit d0/s
0 < 25 haben genü-
gend Eigensteifi gkeit, so dass kein Niederhalter not-wendig ist. Beim Ziehen von kegeligen und para-bolischen Hohlteilen hat die Zarge beim Umformen keinen Kontakt zum Werkzeug; hieraus ergibt sich dann wieder eine größere Gefahr der Faltenbil-dung.
Bei niederhalterlosem Tiefziehen dickerer Teile (d
0/s
0 = 25 bis 40) wird meist ein traktrixförmi ger 6)
Ziehring verwendet. Wegen der fehlenden Nieder hal-terreibung und der geringeren Biegeverluste erhöht sich das Grenzziehverhältnis.
Bild 5-84Kraft-Weg-Verlauf sowie Umformgrad und dazugehörende Fließspannung beim Tiefziehen im Anschlag.D
0 Ausgangsdurchmesser der Ronde
D jeweiliger äußerer Flanschdurchmesser
Bild 5-85Verlauf der örtlichen Umformung über der Abwicklung eines Tiefziehteils.
Abwicklung a
10 30 50 70 90 110 mm� 30
� 20
� 10
0
10
20
30
A B
C
D
ø = 100
R15
Um
form
gra
d
j
%
A B C D
jr
j n
j t
D � � 0,77 � �D0
Stempelweg h
FS
t m
ax
Um
form
ungsgra
d
jFließsp
annung
kfm
Zie
hkra
ft F
St
FSt
kfm
j� � � ln D
dm
enger
weiter
Ziehspalt uz
Der größte Umformgrad jmax
tritt am oberen Rand des Napfes in tangentialer Richtung auf.
j jmax .= t Die experimentelle Ermittlung der örtlichen Form-änderungen erfolgt meist mit Liniennetzen, die ent-weder mechanisch oder photochemisch auf die Aus-gangsronden aufgebracht werden. Durch Aus messen der zu Ellipsen verzerrten ursprünglichen Kreise und der Blechdicke können zwei Formände rungen an dieser Stelle ermittelt werden. Die dritte Form-änderung kann aber auch nach der Kontinuitätsbe-dingung (s. Blechprüfung, Abschn. 5.5.4) ermittelt werden.
Beim Tiefziehen im Weiterzug entsprechend Bild 5-86 wird aus einem Napf ein anderer Behälter mit kleinerem Durchmesser und größerer Höhe herge-stellt. Der Niederhalter muss der Ausgangsform an-gepasst sein und den Durchmesser d
1 haben. In sei-
ner Mitte bewegt sich der Stempel mit dem Durchmes-ser d
2, der mit dem Ziehring die Endform herstellt.
Die Ziehkraft FSt max
muss wiederum kleiner sein als die Bodenabreißkraft, die wie beim Erstzug be-rechnet werden kann. Bodenreißer lassen sich ver-meiden, wenn die Ziehverhältnisse gemäß Ta bel le 5-3 ausgewählt werden. Bei Näpfen, die in mehre-ren Arbeitsgängen gezogen werden, ist das Gesamt-ziehverhältnis b
ges gleich dem Produkt der einzel-
nen Ziehverhältnisse.
Beim Ziehen ohne Zwischenglühen muss das Zieh-verhältnis bei jeder folgenden Stufe verkleinert wer-
6) Eine Traktrixkurve ist z. B. die spiralähnliche Kurve, die bei einer geschleppten Kette entsteht.
440 5 Umformen
1,951,9
1,61,4
2,052,05
70145
30−
Al-LegierungenAl 99,9 Mg 0,5 wAlMgSi1 w
Petroleum mit Zusatz von kornfreiemGrafit oder Rübölersatz, mineralischeFette, sofern keine Markenschmier-stoffe verwendet werden.
2,01,81,95
1,61,41,6
2,11,92,05
6910079
< 5968< 68
Al 99,5 wAl 99,5 F10Al 99 w
Dicke Seifenlauge, mit Öl vermischt,oder Rüböl.
1,81,31,9295110CuNi20Fe F30 (Monel)
Starke Seifenlauge, mit Öl vermischt,oder Rüböl, seifen- und fetthaltige inWasser emulgierbare Öle, ggf. mit Zu-satz von kornfreiem Grafit.
2,02,02,01,91,8
1,41,41,41,31,3
2,12,12,22,21,9
345295 bis 370275 bis 350235 bis 295340 bis 410
< 235< 195< 155< 135< 295
Cu-Zn-Legierung (Ms)CuZn40 F35CuZn37 F30CuZn28 F28CuZn10 F24 (Tombak)CuNi12Zn F24 (Neusilber)
1,91,32,1215 bis 255< 140Kupfer: Cu-DHP (SF-Cu)sauerstofffrei
1,61,21,7685 bis 880195 bis 440NickellegierungNiCr20Ti (Nimonic 75)
1,6
1,8
1,2
1,2
1,7
2,0
500 bis 650
590 bis 740
295
295
Hitzebeständige Stähleferritisch:X10CrAl13austenitisch:X15CrNiSi25-20
Wasser-Grafit-Brei oder dicke Mi-schung aus Leinöl-Bleiweiß mit 10 %Schwefel, Natrium-Palmitat.
1,25
1,8
−
1,2
1,55
2,0
450 bis 600
500 bis 700
270
185
Nichtrostende Stähleferritisch:X8Cr17austenitisch:X15CrNiSi25-20
In Wasser emulgierbare Öle mit beiwachsender Beanspruchung steigen-dem Seifen- bzw. Feststoffanteil. Fürgebonderte Bleche genügt Kalkmilchbzw. Seifenwasser mit Grafit. Zieh-folien.
1,61,651,7
1,21,251,3
1,92,02,1
270 bis 410270 bis 370270 bis 350
≤ 280≤ 250≤ 220
Unlegierte weiche StähleDC01 (U St 12)DC03G1 (U St 13)DC04 (RR St 14)
ZwischenglühenN/mm2N/mm2
mitohne
1. WeiterzugErstzug
SchmierstoffErreichbaresZiehverhältnis
RmRp0,2Werkstoff
Tabelle 5-3. Werkstoffe zum Tiefziehen; erreichbares Ziehverhältnis b0 und übliche Schmierstoffe (nach Dubbel, Taschenbuch
für den Maschinenbau, 14. Aufl age, Springer-Verlag, Berlin, New-York, Heidelberg).
Die Schmierstoffe sollen die Reibkräfte beim Tiefzie-hen kleinhalten und ein Fressen zwischen Werkzeug und Werkstück verhindern. In der Fertigung wird da-rauf Wert gelegt, dass man den Schmierstoff nach der Bearbeitung mühelos beseitigen kann. Einige Hin-weise auf Schmierstoffe fi nden sich in Tabelle 5-3.
5.4.4.1 Zuschnittermittlung beim TiefziehenEine möglichst genaue Ermittlung des Zuschnitts ist aus Gründen der Wirtschaftlichkeit (Werkstoff-ersparnis) und der Technologie (z. B. Vermeidung
von Bodenreißern) wichtig. Da sich die Blechdicke beim Tiefziehen im Mittel nicht verändert, bleibt bei einfachen rotationssymmetrischen Ziehteilen außer dem Volumen auch die Oberfl äche von Plati ne und Fertigteil gleich groß. Deshalb kann man aus den Teilfl ächen mit Hilfe der Guldin-Regel den Platinen-durchmesser D
0 berechnen. Für ein zylindri sches
Zieh teil der Höhe h und des Durchmessers d ohne Bo denrundung ergibt sich
D d dh02 4= + .
[5-61]
5.4 Zug-Druck-Umformen 441
Das Ziehen von unregelmäßig geformten fl achen Teilen in der Karosseriefertigung ist eine Kombi -n ation von Tiefziehen (Zug-Druck-Umformen) und Streckziehen (Zugumformen). Untersuchungen der Umformungen mit Linienrastern zeigen, dass nur wenig Werkstoff vom Flansch nachfl ießt. Der größte Teil des für die Hohlkörperbildung benötigten Werk-stoffs wird durch Vermindern der Blechdicke bereit-gestellt.
Die größte in der Fläche auftretende Dehnung soll 25 % nicht überschreiten. Damit die Teile ohne Nachbehandlung lackiert werden können, bleibt man meist unter 15 % Dehnung. Dadurch kann man die sog. Apfelsinenhaut vermeiden. Mit Rücksicht auf die Aufrauung der Blechoberfl ächen kann also nur mit geringer Ziehtiefe und nur in einer Ziehstufe gearbeitet werden. Die erforderlichen Ziehkräfte und Grenzen des Verfahrens müssen experimentell ermittelt werden.
Wegen des meist ungleichförmigen Werkstofffl usses werden bei bestimmten Karosserieteilen in vielen Fällen Bremswülste im Werkzeug und Entlastungs-löcher im Ziehteil verwendet. Bremswülste erschwe-ren das Einziehen des Bleches an geraden, fl achen Ziehkanten. Umgekehrt sollen größere Ziehradien an Ecken von z. B. Autotüren das Einziehen von Blech erleichtern. Entlastungslöcher werden dort vorgegeben, wo an vertieften Stellen im Ziehteil (z. B. an später ausgeschnittenen Fensteröffnungen) die Zugspannungen in der Nähe von Ecken bis an die Zugfestigkeit R
m heranreichen.
Zum Tiefziehen werden mechanische weggebun-dene oder hydraulische Pressen benutzt. Um eine zu hohe Auftreffgeschwindigkeit des Stößels zu ver-mei den, arbeiten große Karosserieziehpressen höchs-tens mit 15 Hub/min. Die Hubzahl lässt sich durch ver änderte Kinematik (z. B. Verbund kurbelantrieb mit schnellerem Vorlauf und Rückhub) bis auf et-wa 20 Hub/min steigern.
Hydraulische Tiefziehpressen erreichen nur kleinere Hubzahlen. Die Anschaffungs- und Betriebskosten sind höher als die von mechanischen Pressen. Der Vorteil liegt in der guten Regelbarkeit von Ziehge-schwindigkeit und Niederhalter. Werden versehent-lich zwei Platinen in das Werkzeug eingelegt, tritt bei hydraulischen Pressen keine Beschädigung durch Überlastung auf. Die größten serienmäßigen Hydraulikpressen haben eine Nennkraft von 20 MN
Bild 5-86Tiefziehen im Weiterzug zum Reduzieren des Hohlkörper-Durchmessers.
Stempel
Ausgangs-
form
Endform
Ziehring
Zwischen-
formd1
d2
Niederhalter
Die so berechneten Platinendurchmesser D0 für
häu fi g vorkommende rotationssymmetrische Zieh-teile sind in Bild 5-87 zusammengestellt. Wenn sich ein Ziehteil aus sehr vielen Einzelteilen zusammen-setzt, ist die Berechnung der einzelnen Teilfl ä chen sehr umständlich. Dann empfi ehlt sich eine zeich-ne rische Ermittlung mit Hilfe des Seileckverfah-rens.
Für die Ermittlung des Zuschnitts von quadratischen und rechteckigen Ziehteilen werden die geraden Wände des Hohlkörpers in die Bodenebene abge-wickelt bzw. umgeklappt und durch Bögen verbun-den. Da der Werkstoff in den Ecken beim Fließen durch die Seitenwände behindert wird, müssen die umgeklappten Seitenwände verkürzt und die Ver-bindungs-Viertelbögen erhöht werden. Anderenfalls ergeben sich zu hohe Wände und zu niedrige Ecken am Ziehteil.
Die Zuschnittermittlung von unregelmäßig geform-ten Karosserieteilen ist bisher noch weitgehend Er-fahrungs sache. Man versucht in diesem Fall eben-falls, nach dem Umklappprinzip die Zuschnittform grob vor zubestimmen. Nach der Erprobung im Werkzeug wird die Platine so lange korrigiert, bis der Zu schnitt optimal ist.
442 5 Umformen
Bil
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996.
h
d2
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d2
d1
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d3
d2
d1
s
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r
d3
d2
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h
d2
d1
h
d1
d2
h1h2
d2
d1
h
f
d d1
d2
d2
d1
d1
d1 d
1
Dd
dh
02
4=
+⋅
⋅
dd
h22
14
+⋅
⋅
dd
hd
h22
11
22
4+
⋅⋅
+⋅
()
dd
hf
dd
121
12
42
+⋅
⋅+
+(
)
21
414
2⋅
=⋅
dd
,
dd
1222
+
dd
dh
1222
14
++
⋅
dh
dh
2212
12
4+
+⋅
()
ds
dd
121
22
++
()
ds
dd
dd
121
232
222
++
()+
−
dr
dr
rd
r
121
2
22
62 8
8
22 8
05 6
+⋅
+
+⋅
−
,
d,
,
oder
22 dr
dr
fd
d
dr
df
dd
r
121
22
3
222
23
62 8
82
22 8
20
5 6
+⋅
++
+(
)+
⋅+
+(
)−, ,
,
oder
22
5.4 Zug-Druck-Umformen 443
tem Stahl. In diesen Fällen versucht man, die kom-plette Futterkontur durch eine bewegliche Formrol-le auf der Gegenseite der Drückwalze zu ersetzen.
Das in einem Arbeitsgang erzielbare maximale Drück verhältnis b
D = D
0/d
1 = 1,6 [für den Stahl DC01
(St 13)] wird nur erreicht, wenn folgende Versagens-formen nicht eintreten:– Ausknicken des nur im Bereich der Drückwalze
formschlüssig gestützten Flansches durch Wel-len- oder Faltenbildung,
– Risse in tangentialer Richtung am Übergang zwischen Flansch und Zarge besonders bei zu kleiner Drückwalzenrundung,
– radiale Risse im äußeren Flanschbereich beim Wegdrücken von Falten durch Biegewechsel be-lastung.
Das Drücken ist bei kleinen Stückzahlen und großen Durchmessern wirtschaftlicher als das Tiefziehen, z. B. bei der Herstellung größerer Waschmaschinen-trommeln und Kochkessel für Großküchen. Bei noch größeren Durchmessern, wie sie z. B. bei Para bol-spiegeln, Radarrefl ektoren, Kümpelböden für Groß-kessel oder bei sehr langen Teilen im Flug zeug- und Raketenbau vorliegen, ist das Drücken prak tisch das einzig mögliche (und wirtschaftliche) Ferti-gungsverfahren.
Sobald die Drückwalzen die Wanddicke vermin-dern gehört das Verfahren nach DIN 8583-2 zu den Walzverfahren (Druckumformen). Hierunter fällt das Projizierstreckdrücken, das zum Herstellen rota-tionssymmetrischer Hohlkörper mit kegeligen, kon-kaven oder konvexen Wandformen angewendet wird, Bild 5-89. Die Endform kann in den meisten Fällen in einem Arbeitsgang erreicht werden. Dabei wird die Wanddicke reduziert, indem Volumenelemente im Werkstoff parallel zur Rotationsachse verscho-ben werden. Die Endwanddicke s
1 über der Höhe h
des Hohlkörpers lässt sich aus der Ausgangsdicke s
0 und dem halben Öffnungswinkel (a = 6 ° bis 42 °)
berech nen:
s1 = s
0 sin a. [5-62]
Der Einsatzbereich der Drückverfahren ist sehr groß. So werden z. B. durch Drücken bzw. Drückwalzen hergestellt:– Fässer und Trommeln, – Pfannen und Kochtöpfe,– Radkappen und Kfz-Schalldämpfer,– Lampen- und Scheinwerfer-Refl ektoren,
Bild 5-88Drücken eines Hohlkörpers mit den Zwischenstufen 0 bis 7.s
0 Rondendicke
d0 Rondendurchmesser
dF Durchmesser des Drückfutters
dm mittlerer Durchmesser des Hohlkörpers
s0
dm
dF
d0
Drückwalze
Andrückscheibe
Drückfutter
01
23
4
5
6
7
und eine Ständerweite von 5 m. Meist werden meh-rere solcher Pressen zu Pressenstraßen kombi niert. Das Einlegen, Herausnehmen und Transpor tieren der Werkstücke erfolgt teil- oder vollautoma tisch durch Zangen- oder Greifervorrichtungen und ist zzt. Gegenstand von Rationalisierungsinvesti tionen mit Robotersystemen.
5.4.5 Drücken
Drücken wird zum Herstellen rotationssymmetri-scher Hohlkörper aus Blech mit nahezu beliebiger Mantellinie angewendet. Die Blechdicke bleibt im Mittel unverändert. In der örtlich eng begrenzten Um-formzone treten wie beim Tiefziehen tangentiale Druck- und radiale Zugspannungen auf. Beim Drü-cken sind die Ausgangsformen meist ebene Blechzu-schnitte. Sie werden mit einer Andrückscheibe zen-trisch gegen die Stirnfl äche des Drückfutters ge-spannt, das der Innenform der Fertigteils entspricht. Während Drückfutter und Werkstück rotieren, wird das Werkzeug als Drückwalze oder abgerundeter Drückstock längs der Mantellinie geführt, Bild 5-88. Für Großserien setzt man Drückmaschinen mit hy-draulisch betätigtem Schlitten und automatischer Pro-gramm-Nachformsteuerung ein. Für sehr große Blech-teile im Raketen- und Behälterbau sind Sondermaschi-nen mit vertikaler Drehachse entwickelt worden. Da diese Teile aus Ti-, Wo-, Mo- und Zr-Legierungen warm umgeformt werden müssen, ergeben sich ho-he Kosten für das Futter aus hochlegiertem warmfes-
444 5 Umformen
engem Spalt (uz ��s
0) und kleiner Ziehringrundung
RR ergibt sich die Kragenhöhe zu
h d d= -12 0( ).R [5-63]
Bei großer Ziehringrundung oder weitem Spalt gilt
h d d R s= - + ◊ + ◊12 0 00 43 0 72( ) , , .m R [5-64]
Durch Abstrecken (uz < s
0) kann auf Kosten der
Wanddicke ein höherer Kragen erzielt werden. Die Außenwand des Kragens wird genau zylindrisch, wenn u
z < 0,6 s
0 gewählt wird. Die Wanddicke darf
allerdings nicht zu sehr geschwächt werden, weil sonst der ganze Kragen abreißt.
5.5 Zugumformen
Bei diesen Umformverfahren wird die gewünschte Fertigform überwiegend durch Zugbeanspruchung erreicht. Dabei tritt eine Oberfl ächenvergrößerung bei einer Wanddickenabnahme auf. Die wichtigs-ten Unterteilungen der Zugumformverfahren sind das Längen, Weiten und Tiefen.
Bild 5-89Projizierstreckdrücken eines kegeligen Hohlkörpers.D
0 Rondendurchmesser
d1 Innendurchmesser (Boden)
s0 Ausgangsblechdicke
h Höhe des kegeligen Mantelsa halber Kegelwinkel
s0h
D0
d1
a
Gegenhalter
Werkstück
Drückrolle
Drückfutter
Bild 5-90Auswirkungen der Spaltweite beim Kragenziehen.d
St Stempeldurchmesser
RSt Stempelabrundung
s0 Blechdicke
uz Spaltweite
d0 Lochdurchmesser
di Innendurchmesser des Kragens
dm mittlerer Durchmesser des Kragens
da äußerer Kragendurchmesser
dR
ZiehringdurchmesserR
R Ziehringrundung
h = (dR − d
0) / 2 Kragenhöhe für einen engen Spalt (u
z � s
0).
s0
uz
R R
R St < h
h
dR
di
dm
da
d0
dSt
enger Spalt weiter Spalt
– Keilriemenscheiben und Kfz-Felgen,– Präzisionsrohre und Hydraulikzylinder, – Strahltriebwerk- und Raketenteile.
Im Vergleich zum Tiefziehen ist der Kraftbedarf bei den Drückverfahren wesentlich kleiner, da im-mer nur ein örtlich eng begrenzter Bereich umge-formt wird. Wegen der geringeren Werkzeugkosten können Drückverfahren auch in der Kleinserienfer-tigung eingesetzt werden. Schon bei Serien von ca. 800 zylindrischen Hohlkörpern kann das Verfah-ren wirtschaftlich sein. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die Kaltverfestigung (Festigkeitserhö-hung!) im Wandbereich.
5.4.6 Kragenziehen (Bördeln von Öffnungen)
Dieses Verfahren hat den Zweck, an Hohlkörpern Kragen aufzurichten, um daran Gewinde schnei den, Bolzen einpressen oder Rohre einlöten oder ein-schweißen zu können. Dabei taucht ein Stempel in ein vorgeschnittenes Loch und weitet es auf. Es er-folgt eine Durchmesservergrößerung bei gleichzei-tiger Wanddickenabnahme. Bild 5-90 zeigt diesen Vorgang. Druckspannungen wirken im Kragen in ra dialer und axialer Richtung, Zugspannungen in Um fangsrichtung. Bei weiten Borden (d
i > 5 s
0),
5.5 Zugumformen 445
5.5.1 Längen
Längen ist Zugumformen eines Werkstücks durch eine von außen aufgebrachte, in der Werkstück-längsachse wirkende Zugkraft. Dabei wird unter-schieden zwischen Strecken zum Vergrößern der Werkstückabmessungen in Kraftrichtung wie beim Zugversuch an Rundproben, und Streckrichten zum Beseitigen von Biegungen an Stäben, Rohren und Wellen, oder von Ausbeulungen an Blechen.
Das zu richtende Werkstück wird in Zangen einge-spannt und meistens hydraulisch gestreckt. Die Zug-kraft wirkt zunächst auf teilverkürzte Stellen ein und bringt diese Bereiche zum Fließen. Dadurch steigt die Fließ grenze in diesem Bereich an, so dass nachfolgend der gesamte Querschnitt plastifi ziert wird.
Für das Streckrichten z. B. von Rohren, Strangpress-profi len und Grobblechplatten reichen plastische Dehnungen von 1 % bis 2 % aus. Die größten Streck-bänke für Blechwerkstoffe haben eine Nennkraft von 140 000 kN und können Blechplatten von 20 m Länge und 150 mm Dicke bis zu 5 % strecken.
5.5.2 Weiten
Weiten ist Zugumformen durch eine im Werkstück radial nach außen wirkende Kraft. Die Verfahren zum Weiten werden bei der Herstellung von Gehäu-sen, Trommeln, Karosserieteilen und großen Blech-formteilen angewendet. Außer runden und ovalen können auch vieleckige Hohlkörper umgeformt wer-den. Ist die Vorform mit Schweißnähten hergestellt, muss darauf geachtet werden, dass an diesen Stel-len keine Werkzeugbeschädigung eintritt.
Das Weiten kann mit einem Dorn erfolgen. Hierbei werden entweder nur die Enden oder die gesamte Länge des Werkstücks aufgeweitet. Beim Weiten mit Spreizwerkzeug kann man dagegen auch die Mitte eines Werkstücks aufweiten. Die segmentför-migen Werkzeugteile werden mittels Keil oder Ke-gel nach außen gedrückt und formen dadurch das Werk stück entweder in einer Matrize oder frei. Letz-teres geschieht z. B. bei der Durchmesserkalibrie-rung von geschweißten Großrohren. Dabei wird durch eine plastische Dehnung von 1,5 % eine ge-naue kreisrunde Rohrform erreicht. Da das Aufwei-ten über den ganzen Umfang gleichzeitig erfolgt,
wird eine gleichmäßige Dickenabnahme und Form-ge nauigkeit von 0,2 % bis 0,3 % des Durchmessers er reicht. Bei diesem Maß-Aufweiten kann die Durch-messerabweichung einschließlich der Formfehler bis auf 0,05 mm verringert werden.
Außer dem Weiten mit starren Werkzeugen gibt es auch Verfahren mit elastischen Werkstoffen, wie z. B. Kautschuk, Elastomerkunststoffen und Kork. Mit Gummistempeln können in den meisten Fällen nur kleinere Werkstücke bis zu 100 mm Durchmes-ser. wirtschaftlich aus gebaucht werden. Durch die Reibung zwischen Gummistempel und Werkstück ergeben sich verhält nismäßig große Kräfte und ein Verkürzen der Teile in Achsrichtung (z. B. bis zu 12 % bei CrNi-Stahl blech). Dadurch kann die Um-fangsdehnung erhöht werden (z. B. bis zu 60 % für CrNi-Stahl).
Als Wirkmedien zum Aufweiten können auch Öl oder Wasser verwendet werden. Der Druck wird durch Eintauchen des Stempels in das fl üssige Me-dium aufgebaut, dabei unterliegt die Ringdichtung einem starken Verschleiß. Als Folge der gleichmäßi-gen Druck verteilung in der Flüssigkeit besteht die Gefahr des Ausbeulens und Reißens an Stellen mit geringerer Wanddicke.
Das hydraulische Ausbauchen wird zum Herstel-len von Fittings mit zwei oder mehr Abzweigungen in beliebigen Richtungen angewendet. Meist wird der mittels einer Pumpe mit Druckverstärker aufge-brachte Innendruck durch eine mechanische Längs-kraft unterstützt, um größere Dehnungen zu errei-chen. Solche Maschinen haben eine Werkzeug-schließkraft bis zu 35 000 kN, um das Druckmedi-um mit 1500 bar wirken zu lassen (s. Abschn. 5.7 Innen hochdruckumformen, IHU).
Bild 5-91Hohlprägen mit elastischem Wirkmedium (Verfahren des Tiefens nach DIN 8585-4).
Ausgangsform
des Werkstücks
Endform
des Werkstücks
Stempel
Werkstück
Gummikissen
Grundplatte
446 5 Umformen
5.5.3 Tiefen (Streckziehen)
Tiefen ist das Anbringen von Vertiefungen in einem ebenen oder gewölbten Blech. Die dabei eintretende Oberfl ächenvergrößerung wird durch Verringern der Blechdicke erreicht. Tiefen kann mit starrem oder nachgiebigem Werkzeug erfolgen. Beim Tie-fen mit elastischem Wirkmedium lassen sich kei-ne gro ßen Formänderungen erreichen. Daher bleibt das Verfahren auf verhältnismäßig fl ache Teile be-schränkt ( Hohlprägen von Nummernschildern für Kraftfahrzeuge oder Kennzeichnung von Karos-serien, Bild 5-91).
Das wichtigste Tiefungsverfahren mit starrem Werk-zeug ist das Streckziehen. Entsprechend Bild 5-92 geschieht das Umformen unter verschiedenen Zug-richtungen. Dabei ist das Werkstück mit Spannzan-gen am Rand fest eingespannt und nimmt die Form des Stempels an. Dieses Verfahren wird besonders im Karosseriebau für Aufbauten von Omnibussen und Lastkraftwagen, für Türen, Dächer und Kot-fl ügel sowie in der Luftfahrtindustrie für Blechform-tei le bis zu 50 m2 angewendet. Die Teile sind meist über die ganze Ausdehnung hin gekrümmt, oft auch in querliegender Richtung. Der Blechzuschnitt ist rechteckig oder trapezförmig. Die notwendigen Zug-spannungen werden über den beweglichen Stem-pel aufgebracht, der als Außenform für das Werk-stück dient. Das Blech legt sich zuerst an der Kup-pe des Stempels an und passt sich mit fortschrei-tendem Hub der Stempelform an. Die Spannzangen sind um ihre Achsen drehbar. Wenn die Spannvor-rich tungen den Werkstoff zunächst um etwa 2 % gleich mäßig dehnen und dann durch Schwenken an den Stempel anlegen, spricht man vom Tangen-tial-Streckziehen. Es tritt keine Relativbewegung zwi schen Werkzeug und Werkstück auf, die Kraft wirkt stets tangential zur Werkzeugkontur.
Nach dem völligen Anliegen wird das Werkstück kurz nachgestreckt, um die Rückfederung klein zu halten. Im Vergleich zum Biegen, bei dem Rest-spannungen mit verschiedenem Vorzeichen auftre-ten, ist die Rückfederung aber wesentlich geringer. Beim anschließenden Beschneiden oder Schweißen wirft sich das umgeformte Teil nicht. Dieser Effekt wird auch beim Streckrichten von Strangpresspro-fi len ausgenutzt.
Die Festigkeit von Werkstücken, die durch Streck-ziehen hergestellt wurden, ist höher als die von tief-gezogenen Teilen. Infolge der Verfestigung des Werk-stoffs wird die Streckgrenze bei Karosserieteilen bis 10 %, die Härte bis 2 % erhöht. Da beim Streckzie-hen keine Druckspannungen entstehen, kann keine Faltenbildung auftreten. Durch das Strecken werden Eigenspannungen im Werkstoff abgebaut.
Die Verfahrensgrenze beim Streckziehen ist erreicht, wenn der Werkstoff einschnürt oder reißt. Tritt dies ein, ehe die gewünschte Werkstoffform vollständig ausgebildet ist, so ist die Gleichmaßdehnung im Verhältnis zur erforderlichen Dehnung zu klein, oder die auftretenden Reibkräfte sind zu groß. Es werden drei verschiedene Arten von Reißern unter-schieden:– Risse infolge von Überbeanspruchung in der
Nähe der Spannbacken: Kerbspannungen be-achten;
– Sprödbruch im Bereich des Scheitels am Streck-ziehstempel: Spröde Werkstoffe können sich schlecht der Werkzeugform anpassen;
– Einschnürung im Scheitelbereich: Beanspru-chungsgrenze gemäß den Grenzformänderungs-schaubildern.
5.5.4 Blechprüfung zur Kennwertermittlung
Bei kleinen Formänderungen können auch Fließfi -guren auftreten, wenn der Werkstoff nur an örtlich begrenzten Stellen fl ießt und daneben unverformte Querschnitte vorhanden sind. Dies tritt besonders bei Werkstoffen mit ausgeprägter Streckgrenze auf.
Zum Beispiel zeigen ausgehärtete Aluminium-Le-gie rungen schon bei sehr kleinen Dehnungen im Bereich von 5 % Fließfi guren, die etwa unter einem Winkel von 120 ° zueinander verlaufen, die sog. Lü-ders-Linien. Zum Beurteilen von Werkstoffen für
Bild 5-92Streckziehen von Blechteilen über einen Formklotz.
a) b)
5.5 Zugumformen 447
Bild 5-93Einfl uss der senkrechten Anisotropie R auf das Grenz zieh ver-hältnis b
omax.
2,25
Gre
nzzie
hverh
ältnis
b 0
max
Grenzwert für Rl
Versagen
Gute
Werkstücke
R-Wert in Längsrichtung Rl
0,50 0,75 1,00 1,25 1,50 1,75
2,30
2,35
2,20
2,15
2,10
2,05
2,00
Vertrauensbereich
das Streckziehen werden die Ergebnisse des Zug ver-suchs herangezogen: Die Gleichmaßdehnung e
gl,
die Bruch dehnung ABr
, die Erichsentiefung TE so-
wie der n-Faktor.
Je größer die Gleichmaßdehnung ist, um so gerin-ger ist die Neigung eines Werkstoffs zum Einschnü-ren. Die beim Erichsen-Versuch ermittelte Tiefung ist ein Maß für die Dehnung unter zweiachsiger Zug-beanspruchung. Dieser Wert kann deshalb gut mit dem einfachen Streckziehen verglichen werden. Der n-Faktor ist ein Maß für die Verfestigung eines Werk-stoffs und entspricht bei unlegierten und niedrig le-gierten Stählen der Steigung der Fließkur ve in dop-pelt logarithmischer Auftragung:
n = jgl = ln (1 + e
gl). [5-65]
Ist der n-Faktor groß, so ist auch die Verfestigung groß und die Bauteilfestigkeit höher. Aufgrund der Stützwirkung benachbarter Bereiche besteht eine geringere Neigung zum örtlichen Einschnüren. Dies bedeutet, dass bei einem großen n-Faktor eines Blechs eine gute Streckzieheignung vorliegt.
Für die fertigungs- und funktionsgerechte Werkstoff-auswahl, zum Sichern eines ungestörten Fertigungs-verlaufs und zur optimalen Ausnutzung des Werk-
stoffs muss das Werkstoffverhalten bekannt sein. Wichtig ist z. B. die Anisotropie eines Werkstoffs. Sie gibt an, ob die Orientierungen der Kristalle von der statistisch regellosen Verteilung abweichen und dabei ausgeprägte Orientierungen, Texturen ge nannt, vorhanden sind. Texturen können bei vielkristalli-nen Werkstoffen durch Gieß-, Umform- und Glüh-bedingungen entstehen. Als Maß für die Aniso tropie der plastischen Eigenschaften von Blechen wird der sog. senkrechte Anisotropiewert R im Zug versuch als Verhältnis der Umformgrade in Breiten- und Di-ckenrichtung ermittelt:
R
b
bs
s
= =jj
b
s
ln
ln
0
1
0
1
[5-66]
Danach kann das Grenzziehverhältnis gemäß Bild 5-93 abgeschätzt werden. Der Anisotropiewert R ändert sich aber mit dem Winkel zur Walzrichtung. Deshalb wird die sog. ebene Anisotropie ΔR als Än-derung des R-Werts in der Blechebene aus den Ein-zelwerten berechnet. Dazu müssen die Flach proben der Blechtafel unter den Winkeln 0 °, 90 ° und 45 ° zur Walzrichtung entnommen werden:
DR R R R= + -∞ ∞ ∞12 0 90 45
2( ). [5-67]
5.5.4.1 Tiefungsversuch nach ErichsenDiese in DIN EN ISO 20482 genormte Blechprü-fung besteht im Ausbeulen einer fest eingespannten Blech probe bis zum eintretenden Riss (Bild 5-94).
Bild 5-94Werkzeug zum Durchführen des Erichsen-Tiefungsversuchs nach DIN EN ISO 20482, für Bleche und Bänder mit einer Dicke von 0,2 mm bis 2 mm.
ø 33
ø 27
ø 55
3s0
Kugel ø20
R0,75
R0,75
R0,75
s < s 0
Stempel
Blechhalter
Probe
Matrize
448 5 Umformen
Bild 5-95Grenzziehverhältnis b
max in Abhängigkeit vom bezogenen
Stem peldurchmesser d0/s
0 für verschiedene Werkstoffe.
bez. Stempeldurchmesserd0
s 0
Gre
nzzie
hverh
ältnis
b 0
max
2,0
200 4003001000
DC04/CuZn37
EN AW-Al99,5
X5CrNi18-9X8Cr17
1,8
1,6
2,2
Bild 5-96Formänderungen von Kreisrastern je nach Beanspruchung.j
1 Längenumformgrad
j2 Breitenumformgrad
j3 Dickenumformgrad: j
3 = - (j
1 + j
2)
j1 � � � �j2 j1 � � �2 j2 j2 � 0 j1 � �j2
j1 � � lnl1
d
j2 � lnl2
d
ein
achsig
er Z
ug
gle
ichm
äßig
er
Zug
zweiac
hsig
es S
treck
zieh
enTiefziehen
Umformgrad j2
� �0 �
Um
form
gra
d
j 1
l 2
l1
d
Als Kennwert wird der Tiefungswert TE gemessen,
bis zu dem der Stempel ohne Auftreten von Rissen das Blech ausbeulen kann. Für Feinbleche und Bän-der aus unlegiertem Stahl sind die Mindest-Tiefungs-werte in Abhängigkeit von der Blech- bzw. Band-dicke genormt.
Die Tiefung wird durch eine zweiachsige Zugspan-nung erzeugt. Deshalb besteht eine deutliche Ab-hängigkeit des Tiefungswerts vom Verfestigungs-exponenten n. Ein Zusammenhang zwischen dem Tiefungswert und dem Grenzziehverhältnis b
0 max
beim Tiefziehen besteht dagegen nicht. Das Aus-beulen der Blechkuppe erfolgt auf Kosten der Blech-dicke; deshalb hat diese den größten Einfl uss auf die erreichbare Tiefung. Blechdickenunterschiede – unter Umständen auch Änderungen in den Schmier-verhältnissen – sind die häufi gsten Fehlerquellen bei der Erichsen-Prüfung.
5.5.4.2 Näpfchen-Tiefziehprüfung nach SwiftDieses Prüfverfahren wird vorwiegend zum Beur-teilen von Blechen für das Tiefziehen angewendet. Dabei wird mit gleichbleibendem Stempeldurch-messer d
0 aus Ronden mit stufenweise vergrößertem
Durchmesser D0 ein Näpfchen mit fl achem Boden
gezogen, bis die Grenze der Ziehfähigkeit durch ei-nen Bodenreißer auftritt. Der größte, noch fehler-frei gezogene Durchmesser D
0 max bildet im Verhält-
nis zum Stempeldurchmesser d0 das maxima le Grenz-
ziehverhältnis bmax
= D0 max
/d0. Dieses Prüf verfahren
ist verhältnismäßig aufwändig und wird daher vor-wiegend als Modellversuch mit einem konstanten Stempeldurchmesser von d
0 = 33 mm angewendet.
Infolge des großen Einfl usses der Reibungsbedin-gungen auf das Grenzziehverhältnis b
max lassen sich
die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf das Tiefzie-hen von Blechen mit Großwerkzeugen übertragen. Im Näpfchenziehversuch werden grö ßere Grenz-ziehverhältnisse als bei der betrieblichen Umfor-mung erreicht, da das Grenzziehverhältnis mit grö-ßer werdendem Verhältnis von Stempeldurchmesser d
0 zu Blechdicke s
0 abnimmt (Bild 5-95). Die gro-
ßen Karosserieteile sind wegen der relativen Dünn-wan digkeit d
0/s
0 wesentlich empfi ndlicher, dies ist
be sonders auf die Reibung am Niederhalter zu rück-zu führen.
5.5.4.3 Beurteilung von Blechen mittels Messrastertechnik
Bei umformtechnisch schwierigen Karosserietei-len, bei der Festlegung der Anzahl von Ziehstufen sowie der Erprobung neuer Werkstoffe und Werk-zeuge wird eine Formänderungsanalyse durchge-führt. Hierzu werden Kreisrasternetze vor dem Um-formen auf die Blechoberfl äche aufgetragen und deren Ver zerrungen nach dem Umformprozess ge-messen. Das aufgebrachte Raster soll die Oberfl ä-
5.6 Biegen 449
Bild 5-97Grenzformänderungsschaubild (Forming Limit Diagram) für Blechformteile (nach Keeler und Goodwin).
j2
Bruch
Einschnürbeginn
Zug - Druck Zug - Zug
j2 � 0 0 j2 0
Umformgrad j2
grö
ßte
r U
mfo
rmgra
d j
1
»Versagen«
»gut«
Bereich kritischer
Dehnung
j 1
che nicht beein fl ussen und nach dem Umformen noch gut erkenn bar sein. Die beste geometrische Form zum Erkennen von Verzerrungen an der Blech-oberfl äche ist der Kreis (Bild 5-96). Durch den Zieh-vorgang werden die Kreise auf dem Werkstück ellip-senförmig ver zerrt. Die Hauptachsen können dann messtechnisch erfasst werden. Bei großfl ächi gen Ziehteilen werden Kreise mit 5 mm Durchmesser durch elek trochemisches Markieren mittels Schab-lonen aufgebracht. Auf die vor her gesäuberte Blech-platine wird eine Kunststoff-Ätzvorlage mit dem ent sprechenden Messraster auf gelegt. Über eine Filz-matte wird ein Elektrolyt auf getragen, der je nach Stromstär ke und Einwirkzeit das Rasterbild von der Folie auf die Blechoberfl äche überträgt. Eine weite-re Möglich keit ist das photo chemisch-elektrochemi-sche Auftragen der Messgit ter. Dabei wird die Ras-terfolie durch einen Photo lack ersetzt, wie er z. B. für die Leiterplattenferti gung oder als Offsetdruck-platte eingesetzt wird.
Die Auswertung der Messraster nach dem Umfor-men ist ein arbeitsintensiver Teil der Formände-rungsanalyse. Mit Hilfe einer entsprechenden Soft-ware wer den über der Werkstückkontur die Durch-mes ser der aufgebrachten Kreise ausgemessen (Bild 5-96). Im vorliegenden Koordinatensystem mit j
1
als Län genumformgrad und j2 als Breitenumform-
grad sind das reine Tiefziehen mit j1 = − j
2 sowie
das rei ne Streckziehen mit j1 = j
2 unter den mög-
lichen Ver formungsarten als Idealfälle zu bezeich-nen. In der Pra xis fi nden sich meist Verformungs-zustände, die zwi schen diesen beiden Extremen ein-zuordnen sind.
Im Bereich zwischen der Kurve j2 = 0 und dem
Streckziehen (j1 = j
2) liegt die kritische Verfor-
mungsbeanspruchung. In diesem Dehnbereich er-gibt sich ein Minimum in der Grenzformänderungs-kurve (Bild 5-97). Diese Grenzformänderungskur-ven nach Keeler und Good win zeigen die Grenzen für die untersuchte Blech qualität für Bruch- bzw. Einschnürbeginn. Die Werte ergeben sich aus der Bestimmung des größten Umformgrades j
1 (große
Ellipsenachse) und des kleinsten Umformgrades j
2 (kleine Ellipse). Die Grenzformänderungskurve
(Forming Limit Curve) liegt entlang dieser Mess-werte. Als kriti sche Stellen sind diejenigen Stellen am Ziehteil zu be trach ten, bei denen ein Reißen beim Umformen zu befürchten ist.
Ein Problem beim Beurteilen der Umformeignung von Blechen nach diesem Verfahren der Formän-derungsanalyse ist der nur schwer erfassbare Ein-fl uss der Reibungsbedin gungen auf die Formände-rungsverteilung. Das Verfahren erlaubt daher nur eine annähernde Beurteilung von Blechen für große und fl ache, unre gel mäßige Ziehteile beim Karos-seriebau. In diesen und ähnlichen Fällen lohnt sich der Aufwand, weil bei dem Entwurf und der Kon-struktion von Werkzeugen genauere Unterlagen über die Gleichmäßigkeit der Form än derung am Ziehteil ermittelt werden können.
5.6 Biegen
Biegeumformen ist nach DIN 8586 das Umformen eines festen Körpers, wobei man den plastischen Zustand (Fließen) im Wesentlichen durch eine Bie-gebeanspruchung herbeiführt. Für das Umformen durch Biegen eignen sich alle metallischen Werk-stoffe. Das Biegen wird beim Umformen von Ble-chen sehr häufi g angewendet, und zwar von der Massenfertigung kleinster Werkstücke bis zur Ein-zel fertigung im Schiff- und Apparatebau. Außer den Blechen werden aber auch Rohre, Drähte und Stä-be mit sehr unterschiedlichen Querschnittsformen in einer Vielzahl von Verfahren durch Biegen umge-formt. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um Kalt umformen. Nur bei sehr großen Blechdicken oder sehr kleinen Biegeradien wird warm gebogen, um die notwendigen Kräfte klein zu halten und eine Kaltversprödung des Werkstoffes zu vermeiden. Im Folgenden sei kurz das Biegen um gerade Achsen erläutert. Beim Biegen um gekrümmte Achsen, wie es beim Kragenziehen auftritt, werden zusätzliche Zug- oder Druckspannungen überlagert.
450 5 Umformen
gehaltene Blech wird bis zur Anlage an die Aufl age-wange gebogen ( Schwenkbiegen).
Ähnlich arbeitet das Rundbiegen entsprechend Bild 5-100. Ein Klemmbolzen spannt das zu biegende Blech auf die Biegerolle. Das freie Ende kann unbe-hindert an einer Blechführung nach rutschen. Das zum Umformen erforderliche Moment M
t, wird
durch einen Hebel aufgebracht. Lange Bie geform-teile können statt auf einer Abkant bank auch durch
Bild 5-98Biegegesenk in V-Form.F
b Biegekraft
w Gesenkweiteb Breite des Biegeteils (im Bild nicht sichtbar)s Blechdicke
Fb
w
s
Einspannzapfen
Biegestempel
Gesenk
Bild 5-99Biegen mit drehender Werkzeugbewegung.
Anschlag Spannpratze Biegewange
Auflagewange
M t
Bild 5-100Werkzeuganordnung für das Rundbiegen.
Blechführung
Blech
Biegerolle
KlemmbolzenM t
5.6.1 Einteilung der Biegeverfahren
Entsprechend der Werkzeugbewegung kann man Biegeumformen mit geradliniger und drehender Werkzeugbewegung unterscheiden. Zur ersten Grup-pe gehört das Biegen im V-förmigen Biegegesenk, wie es Bild 5-98 zeigt. Das auf den Rändern des Ge-senkes ruhende Werkstück wird durch die geradli-nige Bewegung des Biegestempels in das V-Gesenk gedrückt. Der Stempel belastet das Blech mit einer Kraft F
b. Unter dem Biegemoment M
b = 1/4 w ⋅F
b
beginnt der Werkstoff zu fl ießen, bis das Blech an der Gesenkwand anliegt. Dieses Verfahren wird auf der Abkantpresse durchgeführt. Der Krüm mungs-ra dius wird durch das Gesenk vorgegeben. Analog zu diesem Vorgang kann auch ein Biegen im U-för-migen Biegegesenk vorgenommen werden. Hier bei entsteht allerdings beim Biegen ohne Gegen halter im Bodenteil eine elastische Durch biegung, die erst im Gesenkgrund eben gedrückt wird.
Eine technische Anwendung dieses Verfahrens stellt die Großrohrfertigung dar. Aus einer Blechtafel wird zunächst eine U-Form vorgebogen, die dann in einer Formpresse zu einer offenen O-Form umge-formt wird. Da die Kanten zuvor angebördelt wer-den, ergibt sich ein offenes Schlitzrohr, das mittels Unter pulver-Schweißverfahren verschweißt wird.
Beim Biegeumformen mit drehender Werkzeug be-wegung gemäß Bild 5-99 wird eine schwenkbare Biegewange eingesetzt. Das mittels Spannpratze
5.6 Biegen 451
Biegen mittels Profi lwalzen herge stellt wer den. Das Prinzip verdeutlicht Bild 5-101. Das Werk stück wird durch den Formschlitz der Pro fi lwalzen ge-führt und nimmt die gewünschten Bie ge winkel an. Meist wer den mehrere Walzenpaare hinter ein ander ange ord net, wenn die Geometrie oder die Größe des Biege betrages nicht mit einem Walzen paar er-reicht wer den kann.
Biegen wird auch vielfach angewendet, um ein Fü-gen durch Umformen zu erreichen. Dazu gehört das Hohlnieten als Biegen um gekrümmte Achsen, das
Bild 5-101Herstellen von langen abgewinkelten Werkstücken (Profi l-schienen) mittels Profi lwalzen.
Profilwalzen
Werkstück
Bild 5-102Herstellen von Falzen an Blechbehältern durch mehrmaliges Umbiegen:a) einfacher Falzb) Doppelfalz
a) b)
Fügen durch umgebogene Blechlappen sowie das Fügen durch geschränkte oder einseitig oder zwei-seitig umgebogene Lappen. Das Verbinden von Glas-scheiben mit Blech oder das Schließen eines Dosen-deckels erfolgt durch Umbördeln; dies kann man als partielles Biegen längs einer Kreisbahn an se-hen.
Hohe Anforderungen werden an Falze gestellt. Ebe-ne und zylindrische Bleche und Behälter werden durch Falze verbunden, die vor allem dicht sein sol-len. Bei vielen Gebrauchsgegenständen müssen sie verhältnismäßig große Drücke aushalten, z. B. in Spraydosen. Beim Verbinden von ebenen Blech tei-len zu einem Kasten dichtet schon der einfache Falz gemäß Bild 5-102a) an drei Flächen, die unter den nach dem Umformen zurückbleibenden elasti schen Kräften aufeinandergepresst bleiben. Beim ste henden oder liegenden Doppelfalz werden bereits vier bis fünf Dichtfl ächen erzeugt, wie Bild 5-102b) zeigt. So können zylindrische Behälter mit ihren Böden verbunden werden, dabei wird der Zylinder bei Kon-servendosen von der Deckelseite her oder auf der Innenseite abgestützt. Ein ebener Boden ist schwie-ri ger herzustellen, weil die Abstüt zung von innen unhandlicher ist als auf einem durchgedrück ten Bo-den von außen.
5.6.2 Biegespannungen, Verformungen und Kräfte
Beim Umformen durch Biegen unterscheidet man nach Bild 5-103 drei Zonen:– Reine Zugzone: Bereich zwischen der ursprüng-
lich mittleren Faser und der äußeren Randfaser;– Druck-Zug-Zone: Zone zwischen der ungeläng-
ten und der spannungsfreien Faser;– reine Druckzone: Zone zwischen der Grenz deh-
nungsfaser und der inneren Randfaser.
Bei scharfkantigem Biegen ist die Spannungs ver tei-lung nicht mehr symmetrisch zur Werkstück mitte. Die innen auftretende größte Druckspannung ist nicht mehr so groß wie die auftretende größte Zug-spannung. Die größte Druckspannung am Rand ist beim Biegen größer als die Zugfestigkeit des Werk-stoffes. Die äußeren Zonen werden unter den Zug-spannungen gelängt und damit dünner, die inne ren Schichten werden gestaucht und daher dicker.
Da die Streckgrenze des Werkstoffs zu beiden Sei-
452 5 Umformen
tritt bereits bei kleineren Randdehnun gen Rissge-fahr auf. Das gilt besonders für Bleche mit höherer Fe stig keit und geringerem Dehn ver mögen. Nach DIN 6935 liegen die Werte für r
min um 0,5 s höher
als beim Biegen senkrecht zur Walzrich tung.
Bild 5-104Zur Geometrie der Rückfederung. a
1 Winkel am Werkzeug
a2 Winkel am Werkstück (aus dem Gesenk entnommen)
s Blechdicker
i1 Innenradius am Werkzeug
ri2 Innenradius am Werkstück
Rückfederungsfaktor kr s
r s= =
++
<aa
2
1
i1
i2
0,5
0,51
s
Bild 5-103Biegezone bei Werkstücken mit einem Bie- gewinkel von 90° (nach König u. Klocke: Fertigungsverfahren. Bd. 5. Blechum for-mung).s Blechdicke r
i Innenradius
ra Außenradius
sungelängte
Faser
Werkstück
mittlere Faser
(»neutrale Faser«)
Bereich der Querschnittsminderung
durch Streckung
r i
r a
ten der spannungsfreien Faser überschritten wird, suchen die elastischen Formänderungen im Inneren nach Wegfall der äußeren Biegekräfte das Werkstück in seine Ausgangslage zurückzubringen. Dabei fe-dert das gebogene Werkstück zurück, bis ein (inne-res) Gleichgewicht eintritt. Die Außenfaser befi ndet sich dann unter Druckspannung und die Innenfaser unter einer Zugspannung. Die dadurch bewirkte Rück fe derung hängt von der Streckgrenze des Werk-stof fes und von der Biegeart ab. Je kleiner der Biege-radius und je größer die Werkstückdicke sind, desto größer ist die plastische Umform zone.
Das Rückfederungsbestreben ist bei allen Biegever-fahren zu beachten. Um formgenaue Werkstücke zu erhalten, muss vor Auslegung der Biegewerkzeuge der Rückfederungsfaktor k = a
2/a
1 nach Bild 5-104
ermittelt werden. Das ist das Verhältnis aus dem ge-forderten Biegewinkel a
2 zum erforderlichen Bie-
ge winkel a1, der die unerwünschte Rückfederung
durch Überbiegen ausgleicht. Die k-Werte hängen von den Werkstoffeigenschaften und vom Verhältnis r/s (Biegeradius/Blechdicke) ab. Diese Zusam men-hän ge gehen für verschiedene Werkstoffe aus den Rückfederungsdiagrammen in Bild 5-105 hervor.
Für die Praxis ist der minimale Biegeradius rmin
von Bedeutung, da an den Blechrändern leicht Risse durch eine überproportionale Randverfestigung auf-treten können. Er wird durch die Höhe der Umfor-mung in den Randfasern festgelegt und kann über die maximal zulässige Dehnung in der Außen faser berechnet werden. Vereinfacht ergibt sich nach Oeh-ler der Zusammenhang r
min = c �s. Dabei ist c der
sog. Mindestrundungsfaktor für die Blechdicke s. In Tabelle 5-4 sind für verschiedene Werkstoffe Min-destrundungsfaktoren zusammengestellt. Diese Wer-te gelten für Biegevorgänge quer zur Walz rich tung. Liegt die Biegeachse parallel zur Walzrichtung, so
Vielfach kommt es zu Versagensfällen an Bautei-len aus Blech, wenn die Gratlage am Biegeteil nicht berücksichtigt wird. Mit abnehmender Dehnung, ansteigendem Streckgrenzenverhältnis R
e/R
m und
zunehmendem bezogenen Radius ri/s steigt die Ge-
fahr der Rissbildung an den Biegekanten, wenn der Schnittgrat außen liegt. Deshalb ist in kritischen Fällen bereits auf der Konstruktionszeichnung zu vermerken »Gratlage innen« oder »Vor dem Bie-gen entgraten«.
Ein weiteres Problem bei Biegeteilen ist die Rand-
5.6 Biegen 453
Bild 5-105Rückfederungsdiagramm für verschiedene Werkstoffe (nach J. Flimm, Hanser Verlag).
Rückfe
deru
ngsfa
kto
r k
0,5
0,7
0,6
0,8
0,9
1,0
1
Verhältnis r i /s
2,5 6,3 16 40 100 1
Verhältnis r i /s
2,5 6,3 16 40 100
USt 1404
USt 1405
St 37 K
AlMgSi F 38
AlMgSi1
(weich)
AlCuMg1
Al 99 w
Aluminium-legierungen
(Leichtmetalle)
StahlNickel-Basis-
Kupferlegierungen
X12CrNi18-8
(geglüht)
USt 1203
C15
CuZn38 F 29
CrNi-Stahl
(ausgehärtet)
CuSn8 HV 170 AlCuMg1 F 38
AlZnMgCu 0,5 F 46
Tabelle 5-4. Mindestrundungsfaktor für verschiedene Werkstoffe.
AlMn, weich 1,0AlMn, presshart 1,2AlMn, hart 1,2AlCu, weich 1,0AlCu, ausgehärtet 3,0AlCuMg, weich 1,2AlCuMg, presshart 1,5AlCuMg, ausgehärtet 3,0AlCuNi, geglüht 1,4AlCuNi, ungeglüht 3,5MgMn 5,0MgAl 6 3,0
Aluminium, halbhart 0,9Aluminium, hart 2,0AlMg3, weich 1,0AlMg3, halbhart 1,3AlMg7, weich 2,0AlMg7, halbhart 3,0AlMg9, weich 2,2AlMg9, halbhart 5,0AlMgSi, weich 1,2AlMgSi, ausgehärtet 2,5AlSi, weich 0,8AlSi, hart 6,0
Stahlblech 0,6Tiefziehblech 0,5rostfreier Stahl
mart. Ferrit. 0,8austenitisch 0,5
Kupfer 0,25Zinnbronze 0,6Aluminiumbronze 0,5CuZn28 0,3CuZn40 0,35Zink 0,4Aluminium, weich 0,6
Werkstoff c-FaktorWerkstoff c-FaktorWerkstoff c-Faktor
t
ba � b � 2 t
tbb i � b + 2 t
A
A
r i
r a
s 1
s
s
Bild 5-106Randverformung beim Biegen (nach W. König und W. Klocke)
verformung. Diese tritt vorwiegend beim Biegen dicker Bleche mit kleinem Biegeradius auf. Der an der inneren Biegekante liegende Werkstoff wird ge-staucht und versucht daher seitlich zum Rand hin auszuweichen, Bild 5-106. Die Ausgangsbreite b nimmt dadurch um das Maß 2 t auf b
i = b + 2 t zu.
Die außen liegenden Werkstofffasern verhalten sich umgekehrt: Es entsteht eine Schrumpfung von der Größe b
a = b − 2 t. Nach Versuchen von Oehler be-
trägt die Brei tendifferenz im Biegegrund für wei-chen Bau stahl t = 0,4 s/r
i. Da der Werkstoff nach
in nen fl ießt, ver mindert sich die Ausgangsdicke s um bis zu 10 % auf s
1. Gleichzeitig tritt an den En-
den der Biege kan ten mit kleiner werdendem bezo-genen Biege radius r
i/ s ein zunehmendes Aufwer-
fen der Außen kanten auf. Der Querschnitt im Bie-gebereich zeigt eine deutliche Aufwölbung. Um den seitlichen Überstand des Wulstes zu verhin-dern, wird bei Prä zi sionsteilen und bei Passungen eine teure Nach arbeit oder ein vorheriges Freischnei-den im Biege bereich erfor derlich.
Bei der Zuschnittsermittlung von Biegeteilen wird die gestreckte Länge L
Z der zu biegenden Teile aus
der Summe der geraden Teilstrecken sowie der da-
454 5 Umformen
Bild 5-107Korrekturfaktor z zur Ermittlung der gestreckten Länge (nach K. Grüning, Vieweg Verlag).
s
l2
rm � ri � s /2
Biegewinkel a� � 30 °
a� � 90 °
a� � 150 °Korr
ektu
rfakto
r z
0 2 4 6 8
Verhältnisrm
s
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Bild 5-108Beiwert nach Cali und Oehler zur Biegekraftberechnung.
0 5 10 15 20 25 30
Verhältnisws
1,9
Beiw
ert
nach C
ali u
nd
Oehle
r C
1,8
1,7
1,6
1,5
1,4
1,3
1,2
1,1
1,0
Beiwert nach Cali
Beiwert nach Oehler
4 sC � 1 �
w
s
w
Bild 5-109Innenhochdruckumformen eines rohrförmigen Bauteils mit zusätzlichen Lochoperationen (Quelle: Schuler-Handbuch).
Lochen
nach
innen
Ausklinken,
Lochen und
Umbiegen
Lochen
nach
außen
p i
p i
zwischenliegenden Kreisbögen berechnet zu:
L l l r zs
Z i= + +∞
+ÊËÁ
ˆ¯̃1 2 180 2
πa. [5-68]
Der Korrekturfaktor z zur Berücksichtigung der Ver- lagerung der neutralen Faser (mit zunehmendem Biegewinkel nach außen hin) kann Bild 5-107 ent-nommen werden.
Ausgangspunkt für die Berechnung der Biegekraft bei Verwendung von V-förmigen Gesenken ist das Bie gemoment M
b (s. Bild 5-98).
Wird ein Blech der Breite b und der Dicke s mit recht eckigem Querschnitt im Gesenk belastet, so ergibt sich zu Beginn der plastischen Umformung ein Biegemoment von
M w F k Wb b f= ◊ = ◊1
4. [5-69]
Hierin ist Fb die mittig aufgebrachte Biegekraft, w
die Gesenkweite der beiden Aufl agepunkte, kf die
Fließspannung und W das Widerstandsmoment des Werkstücks mit W = b s2/6. Dieses verschiebt sich mit zunehmender Krümmung (bei fortschreitender Biegung im plastischen Bereich bzw. kleinerem r/s-Verhältnis) zu W = b s2/4. Damit lässt sich aus Gl. 5-69 die in der Praxis gebräuchliche Beziehung für die maximale Biegekraft herleiten:
Fb = C ⋅b ⋅ s2 ⋅ R
m/w. [5-70]
Nach Mäkelt ist dabei die Fließspannung kf durch
den größeren Wert der Zugfestigkeit Rm
ersetzt wor-den. Der Berichtigungsfaktor C nach Cali kommt insbesondere für kleine Gesenkweiten (w/s < 10) zum Tragen. Aus Kraftmessungen bei Biegever su-chen wurde von Oehler der praxisgerecht korri gierte C-Wert zu C = 1 + 4 s/w bestimmt, Bild 5-108.
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 455
Bauteilspezifi sch können sich folgende Vorteile ge-gen über anderen Fertigungsverfahren ergeben:– geringeres Gewicht,– höhere Festigkeit,– höhere Steifi gkeit,– weniger Einzelteile,– komplexere Geometrie,– weniger Fertigungsstufen,– höhere Genauigkeit.
Als Rohlinge für das Innenhochdruckumformen können Hohlprofi le (Rohre, Strangpressprofi le usw.) oder Bleche eingesetzt werden. Bei letzteren wird im Gegensatz zum Tiefziehen mit Wirkmedien nach ISO/DIS 8500 das gleichzeitige Umformen von zwei oder mehreren Blechen verstanden, zwischen denen nach Beendigung des Umformvorganges ein Hohlraum entstanden ist. Die Einteilung der Ver-fahrensvarianten des Innenhochdruckumformens von Hohlprofi len erfolgt nach den in der Umform-zone wirkenden Spannungen:– Zug-Druck-Spannungen beim Aufweitstauchen
im offenen oder geschlossenen Gesenk,– Zugspannungen beim Innenhochdruck-Aufwei-
ten oder -Kalibrieren,– Biegespannungen bei Innenhochdruck-Bie ge-
vor gängen,– Schubspannungen beim Innenhochdruck-Durch-
setzen.
5.7.2 Anwendungsgebiete
Die möglichen IHU-Anwendungsgebiete umspan-nen viele technische Branchen, Tab. 5-5. Im Auto-mobilbau 7) wird das Innenhochdruckumformen be-reits seit etwa zehn Jahren in größerem Umfang an-gewendet. Bauteile, die nach diesem Verfahren ge-fertigt werden, übernehmen hier im Wesentli chen zwei Funktionen: Zum einen kommen sie als Kraft und Moment übertragende Strukturbauteile in An-triebsstrang, Karosserie und Fahrwerk zum Einsatz. Zum anderen dienen sie im Antriebsstrang sowie im Heizungs-, Lüftungs- und Klimasystem als Me-dien führende Elemente.
Bild 5-110Werkstücke, hergestellt durch Rohraufweiten (Quelle: Siem-pelkamp Pressen Systeme).
5.7 Innenhochdruckumformen ( IHU)
5.7.1 Allgemeines
Die Blech verarbeitende Industrie ist gezwungen, neben einer Minimierung von Kosten und Gewicht, die Festigkeit und Steifi gkeit der Produkte zu opti-mieren. Dabei hat in den letzten Jahren das Innen-hochdruckumformen (IHU) durch Flüssig keitsdruck als alternatives Fertigungsverfahren von Hohlkör -pern mit komplexer Geometrie größere Bedeutung erlangt. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf das »Handbuch der Umformtechnik« (Hrsg. Schu ler GmbH, Springer-Verlag 1996), die VDI-Richt linie 3146 Blatt 1 und Blatt 2 sowie die Aus-führungen von F.-U. Leitloff (Februar 2005).
Danach gehört das Innenhochdruckumformen zu den Umformverfahren mit fl üssigen Wirkmedien. Das Rohteil wird dabei durch ein fl uides Medium umgeformt, das in einem Hohlraum wirkt, Bild 5-109. Ziel ist die Herstellung von Bauteilen, die durch andere Fertigungsverfahren nicht oder nur sehr aufwändig umformtechnisch hergestellt wer-den können. Konkrete Anwendungsgebiete sind die Automobil- und Armaturen-Industrie sowie der An-lagenbau, Bild 5-110.
7) Im Gegensatz zum Innenhochdruckumformen konnte sich das hydromechanische Tiefziehen aufgrund der hö-heren Zykluszeiten im Automobilbau nicht durchsetzen. In der Vergangenheit wurde dieses Verfahren z. B. zur Her-stellung von Scheinwerferrefl ektoren eingesetzt, weil sich da mit eine bessere geometrische Qualität der Bautei le erzielen ließ.
456 5 Umformen
Tabelle 5-5. Anwendungsgebiete für das Innenhochdruckumformen (nach Schuler-Handbuch, Springer-Verlag, 1996).
GehäuseFernrohre, TaschenlampenOptik
Lichtmasten, LampenschalenStraßenbeleuchtungBeleuchtungsindustrie
Füße, Träger, Knoten, Schalen,Regalböden
Rahmen, FormelementeMöbelindustrie
Rohrbögen, Reduzierstücke,T-Stücke, Sammelrohre
FormstückeHeizung, Lüftung, Klima
AnsaugstutzenGehäusePumpen und Armaturen
Knoten, Träger, kalibrierte Rohre und Profile, Dachspriegel, Rahmen,Träger, Knoten
Gerüstbau, RohrhalbzeugeSchienenfahrzeuge, Nutzfahrzeuge
Profilverarbeitung
Tretlager, Knoten, RahmenRohrformstückeZweiradindustrie
Rohrbögen, T-Stücke, Reduzierstücke,Kreuzstücke, Bögen
Armaturen, MaschinenHaushaltstechnik
T-Stücke, Reduzierstücke,Gehäuse, Verkleidungen
Leitungs- und Behälterteile,Rohrformstücke
Chemie-, Gas-, Ölindustrie, Kraftwerksbau
Quer-, LängsträgerKrümmer,Dachreling, Spoiler,Getriebewellen,Sitzrahmenteile, A-, B-, C-Säule,Dachrahmenprofile,Lenksäule mit Kompensator
Fahrwerk,Abgas-, Ansaugsysteme,Anbauteile, Antrieb,Sitze, Rahmen/KarosserieLenkung
AutomobilindustrieFahrzeugeStraße WasserLuftSchiene
Bauteil (Beispiel)BaugruppeBranche
AbgasbauteileIn der Automobilindustrie wurde das Innenhoch -druckumformen als Fertigungsverfahren für die Großserie bei Abgassystemen entdeckt. Dabei wur-den die Gusstechnik und die Blech-Halbschalen-bauweise substituiert.
Folgende Vorteile lassen sich für IHU-Abgassys-teme nennen:– Weniger Einzelteile, dadurch weniger Schweiß-
nähte,– deutlich höhere Haltbarkeit,– besserer Gasdurchfl uss,– geringeres Gewicht,– niedrigere Herstellkosten.
Heute gehört das Innenhochdruckumformen zu den Standardverfahren bei der Entwicklung neuer Abgassysteme, Bild 5-111.
FahrwerksbauteileDie Erfolge des Verfahrens wurden sehr bald auch im Fahrwerkbau genutzt. Ein bekanntes Beispiel ist hier die Aluminium-Hinterachse des 5er BMW von 1995, Bild 5-112. Die erste vollauto ma tisierte IHU-Großserien-Fertigungsanlage der Welt für ei-
nen PKW-Motorträger wurde 1997 bei Opel in Bo-chum in Betrieb genommen. Die hier erreichten tech nisch-wirtschaftlichen Ziele waren:
Bild 5-111Serienfertigung von Abgaskrümmern bei Fa. Arvin Exhaust, Fin nentrop (Quelle: Schuler Hydroforming GmbH).Reduzierung der Einzelteile auf 53 %, der Herstellkosten auf 85 %, Erhöhen der Lebensdauer um 50 %.
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 457
Karosserie- und ChassisbauteileIn den USA hatte man zeitlich parallel sehr viele Rohr-Hydroform-Anwendungen verwirklicht. Da-bei lag der Schwerpunkt bei Strukturbauteilen im Chas sis und in der Karosserie. Diese IHU-Bauteile wurden entsprechend der stark praxisorientierten amerikanischen Vorgehensweise gezielt fertigungs-gerecht ausgelegt, wobei die umgebende Gesamt-konstruktion eine Anpassung an das IHU-Bauteil erfuhr (nicht umgekehrt!). Als Folge einer größe-ren Varianten vielfalt bei geringeren Stückzahlen ge-winnen alter native Karosseriekonzepte zunehmend an Be deu tung, z. B. Rohrrahmen- oder Space Fra-me Bau wei sen. Solche Bauweisen erleichtern dem Konstrukteur den sinnvollen Einsatz der Innenhoch-druckumformverfahren. In Europa steht diese Tech-nik im Bereich der Karosserie trotzdem noch in den Anfängen, Bild 5-114.
5.7.3 Bauteil- und Prozessauslegung
Bei der Entwicklung von IHU-Bauteilen ist eine exakte Analyse der Randbedingungen erforderlich. Eine optimale Gestaltung der Bauteile unter Berück-sichtigung der verfahrensspezifi schen Besonder-
Bild 5-112BMW 5er Hinterachse, bestehend aus 4 IHU-Teilen: 2 Längsträger, 2 Querträger aus Aluminium-Rohr, geschweißt (Quelle: Siempelkamp Pressen Systeme).
– Werkzeugkosten um 60 % reduziert,– Gewicht um 30 % eingespart,– Bauteilepreis um 20 % abgesenkt.
Diese und ähnliche Projekte führten zu weiteren An wendungen der IHU-Technik im Achsenbau. Zum Beispiel machte der Motorträger von Opel Schule für viele weitere U-förmig aus gelegte IHU-Motorträger (Engine Cradle).
Bild 5-113Kompletter Motorträger für Opel-Astra / Zafi ra (Quelle: Schuler Hydroforming).Reduzierung der Werkzeugkosten um 60 %, der Produktkosten um 20 %, des Gewichtes um 30 % (bezogen auf die bisherige Fertigung).
458 5 Umformen
heiten erhöht die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im Serienbetrieb.
Die Machbarkeitsanalyse, die Bauteilauslegung so-wie eine Festlegung des Fertigungsablaufs sind eng miteinander verknüpft. Wenn alle Punkte zu einem positiven Ergebnis führen, kann die Proto ty p ent-wicklung der Bauteile beginnen, Bild 5-115.
Eine Checkliste zur Machbarkeitsanalyse besteht aus folgenden Punkten:– Überprüfung der Geometriedaten, – Bestimmung des erforderlichen Innendrucks,– Festlegung der Werkzeuglage,– Umformanalyse,– Untersuchung der Lochgeometrien,– Festlegung der Biegelinie.
Der erforderliche Innendruck pi ergibt sich aus der
Fließspannung kf (� 1,25⋅R
eH) und der Rohr wanddi-
cke s, bezogen auf den mittleren Rohrdurchmesser R
m. Sobald aber ein (im Verhältnis zur Wanddicke)
kleinerer Eckradius rmin
im Rohr aus geformt wer-den soll, steigt der Innendruck hyperbolisch an. Die-ser Zusammenhang ist in Bild 5-116 dargestellt.
BauteilauslegungHierzu muss die verfahrensspezifi sche Technolo-gie berücksichtigt werden. Dazu gehört neben der Ver wendung von vorgebogenem Rohr z. B. die Erzeu gung von Querschnittsveränderungen, Durch-setzungen, Durchbrüchen, Einfach- und Mehrfach-aushalsungen oder die Erzeugung von Schweiß zen-trierfl ächen. Für rohrförmige Rohteile gelten nach dem derzeitigen Stand der Technik folgende Grenz-werte:
– maximale Länge L = 12 m,– maximaler Durchmesser D = 660 mm,– Wanddicke s = 0,6 bis 50 mm.
Die maximal erreichbare Aushal sungs höhe an einem geraden T-Stück ist deutlich höher als an einem Bo-gen, weil hier das Nach schieben von Werkstoff be-hindert wird, Bild 5-117.
Eine erhöhte Aushalsung ist dann möglich, wenn sie in der Nähe eines Axialzylinders liegt. Bei der Aus legung eines Bauteiles sollten grundsätzlich scharfe Ecken und Kanten vermieden werden. Ra-
Bild 5-114Überrollbügel als IHU-Bauteil für Porsche Boxster (Quelle: Schuler Hydro forming).
Bedarfsfallaufnahme
Machbarkeitsanalyse
Bauteil istmachbar
Entwicklung einesFertigungskonzeptes
Auftrag
Umformsimulation/FEM
Änderungs-
potenzial prüfen
Verbesserungs-
vorschläge
ausarbeiten
nein
ja
Bild 5-115Ablaufdiagramm für die Bauteilauslegung.
1 2 43
2000
4000
6000
8000
0
Innend
ruck p
i
bar
Eckradius rmin / Wanddicke s
p i =k f � �s
r m
10000
Bild 5-116Erforderlicher Innendruck als Funktion vom Verhältnis r
min/ s.
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 459
Innendruck, verschiedene zusätzliche Werkzeug-elemente wie Lochstempel und Gegenhalter so -wie axiale Zylinder,
– elastische Rückfederung,– Versagenskriterien: Knicken und Bersten,– Werkstoffverhalten: Anisotropie und Fließ kurve,– Kontaktbeschreibung.
Folgende Ergebnisse können mit einem entspre-chend ausgelegten FEM-Programm berechnet wer-den:– Plastische Vergleichsdehnung, – Vergleichsspannung,– Dickenverteilung,– Verteilung der Dehngeschwindigkeiten,– Hauptdehnungen,– Abstand der Werkstückaußenwand zur Werk-
zeugwand.
Bild 5-117Erreichbare Aushalsungshöhe in Abhängigkeit von der Bauteilgeometrie (nach Schuler-Handbuch).
100 %
DD
75 %
D
15 %
D
dien müssen an die jeweilige Wanddicke angepasst werden. Querschnittsübergänge sollen weich ge-rundet sein, falls dies möglich ist.
MachbarkeitsanalyseDie Machbarkeitsanalyse besteht meist aus fol-genden Einzelschritten:– Modelleingabe,– Vernetzung,– automatische Wahl der Mittellinie,– Anordnung der Schnitte über der gewählten
Mittellinie,– sofortige Darstellung der Umfänge,– Angabe der Dehnungen für unterschiedliche
Rohre,– Festlegung des Vorrohr-Durchmessers.
Als Ergebnis der Machbarkeitsanalyse liegen da -nach auf der Werkzeugseite vor: Innendruck, erfor-derliche Lochzylinder, Schiebeweg und auf der Ma-schinenseite: Schließkraft der Presse, erforderliche Axialkraft und Biegelinie.
Simulation der FormgebungIn der Umformtechnik hat sich die Methode der fi niten Elemente (FEM) etabliert. Ziel hierbei ist, teure und aufwändige experimentelle Untersu chun-gen durch eine schnelle und preiswerte Simulation zu ersetzen. Bei der Umsetzung aller Vorüberlegun-gen in die Praxis müssen folgende Besonderheiten der Innenhochdruckumformung beachtet werden:– Berücksichtigung der partiellen Kaltverfestigung
an vorverformten Rohren,– Zusammenhang der Prozessparameter: Bewe-
gungen und Kräfte der Axialzylinder, zeit li cher Verlauf des Innendrucks, Bewegung zu sätz licher Werkzeugelemente, Schließbe we gung des Werk-zeugs,
– Funktionale Verknüpfung der Prozessparameter:
Bild 5-118Fertigungsstufen für den Opel-Motorträger aus modifi ziertem niedriggekohltem Baustahl. Vorrohr: 2600 x 65 x 2mm. (Quelle: Schuler Hydroforming).
460 5 Umformen
Mit diesen Ergebnissen lassen sich dann einzelne Fer tigungsstufen festlegen, Bild 5-118.
WerkstoffeinsatzAls Werkstoffe für das Innenhochdruckumformen kommen alle die in Frage, die sich auch für andere Kaltumformverfahren eignen. Heute werden Bau- und Tiefziehstähle, höherfeste Stähle, hitzebestän-dige und nichtrostende Edelstäh le, Aluminium und seine Legierungen sowie Kup fer und seine Legierun-gen eingesetzt. Allgemeine Anforderungen in Be-zug auf die Umformfähigkeit sind:– große Gleichmaßdehnung,– hoher Kaltverfestigungsexponent,– hohe senkrechte Anisotropie,– gute Umformbarkeit der Fügestellen.
Rohteil-GeometrieUnter einem IHU-Rohteil wird das Werkstück ver-stan den, das dem Prozess zugeführt wird. Das Roh- teil besitzt sowohl stoffl iche als auch geome trisch be stimmte Eigenschaften. Es wird aus dem Halb-zeug Rohr oder Blech hergestellt, z. B. durch Vor-formen oder Vorbiegen.
Anforderungen an die Rohteil-Geometrie sind eine auf die Endteilgeometrie abgestimmte Form und Abmessung sowie geringe Form-, Maß- und Lage-toleranzen, insbesondere Länge, Schnittfl äche und Wanddicke. Die quantitative Festlegung hierzu muss bauteilspezifi sch erfolgen. Folgende geometrische Formen kommen zum Einsatz:– Hohlprofi le (gerade, vorgeformt, ge schweißt,
stranggepresst, Doppelwandrohr),– Doppel- oder Mehrfachplatinen (eben oder vor-
geformt, Tailored Blanks).
Zusätzlich ist zu beachten, dass Späne, Verschmut-zungen und Oberfl ächenbeschädigungen oder auch Schweißnahtüberhöhungen usw. vermieden wer-den.
VerfahrensgrenzenFür die erfolgreiche Durchführung des Innenhoch-druckumformens von z. B. Hohlprofi len müssen die Verfahrensparameter innerhalb eines sog. Prozess-fensters liegen, um die typischen Versagensfälle zu vermeiden (Bild 5-119). Die Prozessparameter müssen dabei folgende Anforderungen erfüllen:– die aus Axialkraft und Innendruck resultierenden
Spannungen müssen der Fließbedingung genü-gen,
– die Axialkraft muss so groß sein, dass eine siche-re Abdichtung des Hohlprofi ls gewährleistet ist,
– der maximale Innendruck darf nicht zur Ein-schnürung der Profi lwand führen,
– die maximal aufbringbare Axialkraft muss stets unterhalb der Knicklast liegen.
Versagensfälle Als typische Versagensfälle beim Innenhochdruck-umformen gelten:– Falten in Profi lumfangsrichtung (durch zu hohe
Axialkraft bei niedrigem Innendruck),– Knicken (bei Überschreiten der kritischen axia-
len Drucklast, die abhängig von der Rohrlänge und der Wanddicke ist),
– Bersten durch zu große Aufweitung (tritt bevor-zugt in Zonen mit zweiachsigen Zugbeanspru-chungen auf).
TribologieDie tribologischen Einfl üsse auf das Prozessfenster beim Innenhochdruckumformen sind sehr komplex. Während manche Umformprozesse ohne zusätzli-che Schmierstoffe auskommen, erfordern andere ei-ne gezielte lokale oder globale Schmierung. Hierzu werden zurzeit hauptsächlich Gleitlacke auf MoS
2-
Axia
lkra
ft
Fa
Innendruck pi
Prozessfenster
Bersten
Knicken
Leckage
Falten
elast.
Formänd.
Bild 5-119Prozessfenster im IHU-Arbeitsdiagramm (VDI 3146, Blatt 1).
Tabelle 5-6. Reibungszahlen des verwendeten Schmierstoff-typs beim Innenhochdruck-Umformen (Quelle:Schuler Hydroforming).
0,01 bis 0,015Wachse
0,015 bis 0,02Lacke
0,025 bis 0,06Öle
0,1Ohne Schmierstoff
ReibungszahlenSchmierstofftyp
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 461
Basis, Wachs emulsio nen, grafi thaltige Gleitlacke und jeweils auf Wasserbasis eingesetzt (Tab. 5-6). Es ist aber auch möglich, die tribologischen Verhält-nisse durch Beschichten oder spezielle Ober fl ächen-behandlung zu verbessern.
Prozessauslegung und Prototyping Dieser Schritt umfasst die Festlegung des Fertigungs-ablaufs und die Auslegung der benötigten Ferti-gungsanlagen. Von besonderer Bedeutung ist die konsequente Umsetzung der Ergebnisse des Proto-typings. Nur ein Zusammenspiel von theoretischer Analyse und praxisgerechter Versuchsdurchführung liefert ein optimales Produkt. Die Festlegung quali-tätsrelevanter Daten gehört ebenfalls dazu.
5.7.4 Anlagen- und Werkzeugtechnik
Zur praktischen Durchführung von Innenhochdruck-Verfahren bedarf es einer speziellen Anlage (IHU-Zelle). Diese besteht aus einer hydraulischen Pres-se, der Wasserhydraulik und dem eigentlichen Werk-zeug. Zusätzlich werden Steuer- und Regeleinrich-tungen sowie Werkzeugwechselsysteme benötigt. Vorgelagerte Prozesse sind das Ablängen und Vor-formen (Biegen und Querschnitt ändern), nach ge-lagert ist die Endenbearbeitung.
Grundlegende Funktionen beim Innenhochdruck-umformen sind:– Schließen - Zuhalten - Öffnen,– Füllen und Dichten,– Druck erzeugen und regeln, Bild 5-120,– Form geben,– Prozess führen.
Mitunter ergibt sich die Notwendigkeit einer ge-steuerten oder geregelten Schließbewegung schon zum Vorformen des Rohteils. Diese Funktionen wer-den durch eine Schließ- und Zuhalteeinrichtung er-füllt. Aufgrund des Prozessablaufs und der erfor der-lichen Kräfte kommen kraftgebundene Pressen, me-chanisch verriegelte Maschinen oder deren Kom bi-nation zum Einsatz. Die unter Wirkung des Innen-drucks auftretenden Werkzeugauffederungen müs-sen kompensiert werden.
Die eigentliche Formgebung erfolgt beim Innen-hochdruckumformen in einem Hohlformwerkzeug mit integrierten aktiven Formelementen. Diese können mittels regelbarer Achsen die Hohlräume im Werkzeug verkleinern oder vergrößern.
Ein IHU-Werkzeug besteht grundsätzlich aus Werk- zeugober- und -unterteil, Bild 5-121. Die Aufnah me-platten für die Werkzeuge ermöglichen die An pas-sung an die Einbauhöhe, die durch Pressenhub bzw. Höhe der Zylinderkonsolen vorgegeben ist. Die (z. B. wegab hängig geregelten) horizontal be wegten Dicht stem pel dichten die Rohrenden ab und schie-ben sie beim Stauchprozess nach. Die Zylinder konso-len neh men die Axialkräfte auf und ordnen die Axial-zy linder konzentrisch zu den Einläu fen an. Sie kön-nen auf der Tisch- bzw. Stößelplatte ver schoben wer-den.
Durch einen modularen Grundaufbau der Werkzeu-ge kann eine gewünschte Bauteilgeometrie fl exibel realisiert werden mit dem Ziel, die Fertigungskosten und Wechselzeiten für Werkzeuge und Verschleiß-teile zu minimieren. Während der Entwicklungs-phase kann man ohne Werkzeugwechsel verschie-dene Rohrwerkstoffe und Wanddicken erproben.
Bei der Auslegung eines Prototypwerkzeugs spielt die Lebensdauer eine untergeordnete Rolle. Abge-sehen von den Schiebeeinsätzen kann auf das zeit-intensive Beschichten bzw. Behandeln der Ober fl ä-chen verzichtet werden. Die schrittweise Annähe-rung an ein serientaugliches Werkzeug, das sog. Pro totyping, fi ndet in folgenden Stufen statt:– Entwicklung der Grundgeometrie eines Bau-
teils,– Integration von Zusatzoperationen wie Lochun-
gen,– Fertigung modifi zierter Einsätze.
Dabei beeinfl ussen folgende Parameter die Auswahl
Innend
ruck
pi
Weg s
Anfa
hre
n
Dic
hte
n
freie Aufweitung
Werk
zeuggeb
und
ene
Aufw
eitung
Kalib
riere
n
p0
pf
pkal
pg
sf sf + sg
Bild 5-120Typischer Druck-Wegverlauf eines IHU-Aufweitevorgangs.
462 5 Umformen
Bild 5-121Prinzipieller Werkzeugaufbau für das Innenhochdruckumformen (nach Schuler-Handbuch).
Stößelplatte Zentrierung
Werkzeug-
oberteil
Dichtstempel
Werkzeug-
unterteil
Tischplatte IHU-Werkstück
Werkzeug-
aufnahmeplatte
Axialzylinder
Zylinderkonsole mit
Schwenkeinrichtung
Werkzeug-
aufnahmeplatte
der Werkzeugwerkstoffe sowie deren notwendige Beschichtung bzw. Behandlung der Oberfl äche:– Geometrie des Bauteils, – Werkstoff des Bauteils, – maximaler Innendruck, – Dichtsystem,– Verwendungszweck (Prototyping oder Serienbe-
trieb).
5.7.5 Fertigteilqualität
Ob eine Prozessauslegung und das anschließende Pro-totyping ein gutes IHU-Bauteil ergeben, hängt von der Beurteilung dieser Bauteile durch den Kun den ab. Eine rein optische Prüfung auf Falten oder Mar-kierungen durch den Fertigungstechniker nach der Entnahme des Bauteils aus dem Werkzeug ge nügt nicht. Schon beim Prototyping müssen Wand dicken und zum Teil auch Außenkonturen gemessen wer-den, deren Ergebnisse wiederum zur Anpassung des IHU-Prozesses verwendet werden. Der dafür auf zu-bringende Zeit- und Kapazitätsbedarf ist bei der Pla-nung der Pressenbelegung zu berücksichtigen.
Die Übertragbarkeit von Qualitätsdefi nitionen und Kontur-Messmethoden von ebenen Formpresstei-len auf IHU-Bauteile mit geschlossenem Profi l und ausgeprägter Längsachse ist meist nicht sinnvoll.
Da her wurde von F.-U. Leitloff eine begleitende Qualitätssicherung mit spezieller Messung der Au-ßenkontur von IHU-Bauteilen vorgeschlagen.
Vorausplanung mit dem KundenZu Beginn eines Entwicklungsprojektes werden ei-ne Machbarkeitsanalyse und eine fertigungs- und funktionsgerechte Bauteilauslegung durchgeführt. Bereits in dieser frühen Projektphase muss die »Pro-jektbegleitende Qualitätssicherung« mit Kunde und IHU-Entwicklungsingenieur ein Team bilden. Zu-nächst muss die Analyse der Kundenwünsche erfol-gen in Bezug auf: – Weitere Verwendung des Bauteils,– Toleranzen des IHU-Bauteils,– Maße der Außenkontur und der Wanddicke,– Form und Lage von Anbauteilen und Löchern,– Anzahl der zu vermessenden Bauteile bei Qua-
litätsprüfungen,– Art und Weise der Auswertung dieser Mes sun-
gen.
Ergebnis dieses Vorgehens sollte es sein, die für den Kunden primär wichtigen Bauteilbereiche und die zugehörigen Maße und Toleranzen herauszuarbei-ten (z. B. Stellen für Anbauteile). Die weniger wich-tigen Be reiche werden dann nicht mit überfl üssi-gen Messpunkten überfrachtet, um so für die Serien-fer tigung zu einem bauteilspezifi sch optimierten
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 463
MachbarkeitsanalyseBauteilanalyseBauteildefinition
Entwicklung einesFertigungskonzepts
(fertigungs- und funktionsgerechteBauteilauslegung)
Umformsimulation / FEM
Konstruktion auf Basisdes Fertigungskonzeptes
Fertigung der Werkzeuge
PrototypingBewertung der IHU-Bauteilenach festgelegtem Prüfplan
Konstruktion der Sonderwerkzeuge
Fertigung der Serienwerkzeuge
Bild 5-122Einzelschritte für die Serien-Werkzeugfertigung (nach Leitloff).
Prüf umfang zu kommen. Diese Überlegungen be-einfl ussen die Kon struktion und Fertigung der Se-rienwerkzeuge, Bild 5-122.
Der Entwicklungsingenieur muss die voraus sicht-lich zu erwartenden Toleranzen und Abmes sungen des fertigen IHU-Bauteils zunächst abschät zen. Die-se Schätzungen sind für weitere Planungen des Kun-den sehr wichtig. Die Erfahrung zeigt, dass erst nach Abschluss des Prototypings mit den vorge sehenen Mes sungen die tatsächlich erreichbaren Maße und Tole ranzen bekannt sind. In einem ab schließenden Schritt werden die Ergebnisse gemein sam mit dem Kunden in eine Zeichnung des Bauteils eingetra-gen, die als Prüfplan gilt.
Spezifi kation des RohteilsBereits während der Bauteilauslegung wurde das zu beschaffende »Vorrohr« hinsichtlich Durchmes-ser, Wanddicke, Werkstoff und Biegekontur durch den IHU-Entwickler festgelegt. Nun lassen sich wei-tere Anforderungen an das Vorrohr gemeinsam mit dem Qualitätssicherungs-Ingenieur spezifi zieren und an den Rohr lieferanten und den Bieger weiter-leiten. Bei Lie ferung der Vorrohre ist eine Waren-eingangsprü fung anhand der Spezifi kation durch-zuführen. Bei Abweichungen entscheidet der Quali-tätssicherungs-Ingenieur unter Hinzuziehung des
IHU-Ferti gungs technikers die weitere Vorgehens-weise.
Prüfung von IHU-PrototypenPrototypbauteile sollten bereits während des Proto-typings stichprobenartig geprüft werden. Danach kann der Umformprozess entsprechend angepasst werden, um die gewünschten Bauteileigenschaften zu erreichen. Nach Abschluss des Prototypings wird dann die vereinbarte Anzahl IHU-Bauteile nach dem festgelegten Prüfplan bewertet. Die Ergebnisse wer den interpretiert und mit dem Kunden bespro-chen. Sie dienen jetzt der Festlegung tatsächlich erreich barer Toleranzen für die geplante Serienfer-tigung.
Projektbegleitende Messungen an IHU-Prototypen durch das entwickelnde Unternehmen beschränken sich auf folgende Punkte:– Messung der Außenkontur (Oberfläche und
Löcher),– Messung der Wanddicke,– optische Beurteilung der Oberfl äche (sichtbare
Trennkanten, Abdrücke von Biegebacken, Mi-krofalten).
Der Kunde bewertet weitere Punkte durch eigene Un-tersuchungen, z. B. Gewicht und Crash ver hal ten.
464 5 Umformen
Defi nitionenZum Vermeiden von Missverständnissen und zum Schaffen einer gemeinsamen Nomenklatur für Ge-spräche zwischen Kunde, Qualitätssicherungs-In ge-nieur und IHU-Entwicklungsgingenieur wurde die Verwendung folgender Defi nitionen vorge schla gen:
Abformgenauigkeit Sie ergibt sich aus dem Vergleich der Messdaten ei-nes IHU-Bauteils mit den ursprünglichen CAD-Da-ten. Die Abformgenauigkeit kann durch Mittel der statistischen Prozessregelung (SPC) bewertet wer-den, z.B. als Maschinenfähigkeit mittels c
m- oder
cmk
-Wert.
Unter Maschinenfähigkeit versteht man die Fähig-keit einer Maschine, die Werte eines Merkmals mit genügender Wahrscheinlichkeit innerhalb der vorge-gebenen Merkmalsgrenze zu fertigen. Hierzu wird eine fortlaufende Stichprobe vom Umfang n > 50 ent nommen. Alle Einfl ussgrößen auf den Fertigungs-prozess müssen dabei konstant bleiben, wie z. B. Prüf mittel, Rohmaterial, Maschineneinstellung und Bedienungspersonal. Der geschätzte Mittelwert m und die geschätzte Standardabweichung s dieser Stichprobe charakterisieren die Fertigungsgenauig-keit der Maschine, Bild 5-123.
Aus diesen Kennwerten der Stichprobe werden die beiden Kennzahlen c
m und c
mk nach folgenden For-
meln berechnet:
cT
cm mkkritbzw.=
◊=
◊6 3s sD
. [5-71]
Die Maschine gilt als »fähig«, wenn die Toleranz T mindestens den 8fachen Wert von s beträgt. Die Maschinenfähigkeitskennzahl c
m erreicht dann den
Wert 1,33 oder größer.
Im Automobilbau ist man dazu übergegangen, ei-nen Wert für s < 0,1 T zu fordern. Demzufolge ist eine Maschine erst fähig, wenn ein c
m-Wert von 1,67
oder größer vorliegt.
Der cm-Wert sagt nun nichts über die Lage der Ver-
teilung innerhalb des Toleranzbereiches T aus, Bild 5-124. Daher wird mit dem kleinsten Abstand vom Mittelwert zur Toleranzgrenze �
krit nach obiger Be-
ziehung der cmk
-Wert ermittelt. Ergibt sich dabei eben falls ein Wert von 1,33 oder größer, ist die Ma-schine auch jetzt zur Fertigung in der geforderten Qualität fähig.
WiederholgenauigkeitSie ergibt sich aus dem Vergleich der Messwerte eines IHU-Bauteils mit denen eines weiteren IHU-Bauteils. Sie gibt Auskunft über die Stabilität bzw. Wiederholbarkeit einer Serienfertigung. Die Wei-derholgenauigkeit wird durch Mittel der statistischen Prozessregelung (SPC) bewertet, z.B. als Prozessfä-higkeit mittels c
p- oder c
pk-Wert.
Bei der Ermittlung der Prozessfähigkeit wird der gesamte Fertigungsprozess mit sämtlichen Einfl uss-größen (Personal, Maschine, Rohmaterial, Umwelt-
Bild 5-123Normalverteilung einer Maschinenfähigkeitsuntersuchung.
g(x
)
Toleranz T 8 s
Merkmalswert x
T
6� �scm =
m
Häufigkeit
sg(x
)
Toleranz T
Merkmalswert x
Merkmalswert x
g(x
)
cmk = 3 � �s
s
� 4 � �s
� 4 � �s
s
Toleranz T
m
Häufigkeit
Häufigkeitm
� �krit
� �krit
� �krit
Bild 5-124Normalverteilung mit außermittiger Lage im Toleranzfeld.
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 465
wichtig, da er die Anbauteile in ihren Abmessungen und Toleranzen auslegen muss. Andererseits muss auf eine stabile Serienfertigung mit einer hohen Wie-derholgenauigkeit Wert gelegt werden. Denn es ist kostengünstiger, Anbauteile und entsprechen de (Schweiß-)Vorrichtungen einmalig an einen stabilen Prozess anzupassen, als während einer instabilen Serienfertigung ständig korrigierend eingreifen zu müssen. Ein fachgerecht ausgelegter IHU-Prozess weist i. Allg. eine überdurchschnittlich hohe Wieder-hol genauigkeit auf.
QuerschnitttoleranzMöchte der Kunde z. B. ein Stanz-Biegeteil an ei-nem IHU-Bauteilquerschnitt anbringen, so interes-siert ihn die so genannte Querschnitttoleranz. In die-sem Fall wird ein Querschnitt hinsichtlich Höhe, Breite und Eckradien vermessen.
FormlinientoleranzMuss andererseits ein IHU-Bauteil zwischen zwei anderen Bauteilen einer Baugruppe eingefügt wer-den, so ist die Lage der Endquerschnitte (z. B. hin-sichtlich des Schweißspaltes) wichtig. Diesbe züg-lich spricht man von der Formlinientoleranz. Sie gibt Auskunft darüber, ob das IHU-Bauteil in sei-ner Längsachse dem gewünschten Ver lauf ent spricht oder z. B. durch Rückfederung davon ab weicht.
Diese vier Defi nitionen erleichtern dem Kunden und dem entwickelnden Unternehmen die Kom mu ni-kation hinsichtlich der Fragen nach Ge nau igkeit und Toleranzen des herzustellenden Bauteils.
Werkzeugeinfl ussDas IHU-Werkzeug ist das formgebende Element des Prozesses. Es enthält starre formgebende Hohl-räume (Werkzeuggravuren) sowie bewegliche Ele-mente, die Teile dieser Hohlräume entwe der schlie-ßen oder freigeben (z. B. Stanzstempel, Schie ber).
Tabelle 5-7. Vergleich der konventionellen mit der IHU-Bauweise eines 6-Zyl.-Abgaskrümmers (nachSchuler-Handbuch).
9> 1500 Std.85 %33 %gleich100 %< 0,5 %
17700 bis 1000 Std.100 %100 %unterschiedlich100 %1 %
Anzahl EinzelteileLebensdauerHerstellkostenEntwicklungszeitFlansch-ArtGewichtAusschuss
IHU-FertigungKonventionelle Fertigung
Einzelheit
einfl üsse, Prüfmethode usw.) untersucht. Die Be-stimmung der Verteilungsparameter basiert auf der Grundlage von mindesten 25 Stichproben in einem Umfang von mindestens n = 5. Diese werden in re-gelmäßigen Abständen dem Fertigungsprozess ent-nommen. Auch hier werden aus den geschätzten Parametern Standardabweichung s und Mittelwert m analog zu den oben angegebenen Beziehungen die Prozessfähigkeitskennzahlen c
p- und c
pk gebil-
det und bewertet.
Das Bild 5-125 zeigt ein Beispiel für eine Quali-tätsregelkarte mit der Erfassung des Durchmessers an 84 000 IHU-Teilen.
Mit Qualitätsregelkarten werden die Kennwerte für die Verteilung der Merkmalswerte laufend über-wacht. Dazu werden dem Prozess in regelmäßigen Abständen Stichproben entnommen, ausgewertet und die Kennwerte dokumentiert. Mit diesen Kar-ten lassen sich im Wareneingang auch die Liefer-qualitäten überwachen.
Um frühzeitig auf Änderungen im Prozessablauf re-agieren zu können, setzt man obere und untere To-leranzgrenzen. Wenn die noch davor liegenden Warn-grenzen erreicht werden, haben die Überschreitungs-anteile zwar noch ein erträgliches Maß. Es besteht aber die Gefahr, dass der Prozess noch weiter ab-driftet. Daher werden obere und untere Eingriffs-grenzen festgelegt, bei denen der Prozess angehal-ten werden muss, um Werkzeuge auszuwechseln oder die Maschineneinstellungen zu korrigieren. Welche Maßnahmen speziell zu treffen sind, ist dem Prüfplan zu entnehmen.
Eine hohe Abformgenauigkeit ist für den Kunden
Durc
hm
esser
Anzahl der Teile in 103
0 20 40 60 80 10044,00
44,20
44,40
44,60
44,80
45,00
mm
cp = 33,6 cpk = 4,6
obere Toleranz
untere Toleranz
Sollwert
Bild 5-125 Beispiel für eine Qualitätsregelkarte (Quelle: Schuler Hydro-forming GmbH).
466 5 Umformen
Die Genauigkeit des Werkzeugs entscheidet über die des Bauteils und hängt von folgenden Haupt fak-toren ab:– Güte der CAD-Bauteil- und CNC-Bear bei tungs-
daten (Fräsprogramme),– Präzision der Bearbeitungsmaschinen und deren
Werkzeuge,– Genauigkeit der Montage und der Einpass ar-
beit en.
Unter dem Einfl uss von Schließkraft und Innen-druck verformen sich das Werkzeug und die darin ent hal tenen Hohlräume. Das kann Einfl uss auf die Außen kontur des Bauteils haben. Daher sind IHU-Werk zeuge nicht nur auf Dauerfestigkeit, sondern auch auf Steifi gkeit auszulegen. Die Steifi gkeit ei-ner Kon struktion (und damit ihr elastisches Verhal-ten) hän gen von den zwei Faktoren E-Modul des verwen deten Konstruktionswerkstoffs und Geome-triemaße der tragenden Querschnitte ab.
Beispiele für Messungen und ToleranzenAus verschiedenen Projekten gibt es Erfahrungen über die auftretenden Toleranzen an Querschnitten und an Längsachsenverläufen von IHU-Bauteilen. So müssen z. B. Strangpressprofi le aus Aluminium ka libriert werden, um die für diesen Werkstoff ty pi-schen rückfederungsbedingten Toleranzen zu mi ni-mieren. Bei nicht genügender Kaltverfestigung kann es zum Einfallen gerader, fl acher Quer schnitt swände auf der Außenseite von Biegungen kommen. Hier muss der IHU-Prozess angepasst werden.
Zusam menfassend lässt sich Folgendes festhalten: Vergleicht man Messdaten von IHU-Bauteilen mit den CAD-Solldaten, so erhält man typische Ab form-genauigkeiten für– Querschnitte von ca. 0,15 mm bis 0,50 mm,– Formlinien von ca. 0,40 mm bis 1,40 mm (rück-
federungsbedingt).
Beim Vergleich einer größeren Menge vermessener Bauteile untereinander ergeben sich für die Wieder-holgenauigkeit in der Serienfertigung folgen de typi-sche Werte:– Querschnitte ca. 0,10 mm bis 0,20 mm,– Formlinien ca. 0,15 mm bis 0,35 mm.
IHU-Bauteile zeigen relativ geringe Ab weichungen von den CAD-Solldaten, die sich i. Allg. im Bereich von wenigen Zehntel Millimetern bewe gen. Treten Abweichungen von > 1 mm beim Ver gleich von
Formlinienmessungen mit den CAD-Solldaten auf, so ist das durch die Rückfederung bedingt. Quer-schnitte haben etwas engere Toleranzen als Formli-nien. Dies gilt beson ders für lange, gebogene IHU-Bauteile. Die Wieder holgenauigkeit ist prinzipiell etwas besser als die Abformgenauigkeit, was vor-teilhaft für eine stabile Serienfertigung ist. Damit hat das Innenhochdruck umformen seine Tauglich-keit für die Fertigung von Großserien bewiesen.
5.7.6 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Eine Gegenüberstellung des Innenhochdruckum-formens mit anderen Verfahren (z. B. Formpressen und Verbinden von Blechschalenteilen, Gießen oder Verbinden gebogener Rohre, Schweißen) muss so-wohl techni sche als auch wirtschaftliche Aspekte einbeziehen. Dabei sind auch vorangehende und nachfolgende Arbeitsschritte sowie die technischen Eigenschaften des fertigen Bauteils zu beachten, Tabelle 5-7. So kann durchaus eine Fertigung durch Innenhoch druckumformen für geringe Stückzah-len bei allei niger Betrachtung der Bauteilkosten unwirtschaft lich sein, da die Zykluszeiten relativ lang sind.
Bei mittleren und hohen Stückzahlen eines IHU-gerecht ausgelegten Bauteils können die technisch-wirtschaftlichen Vorteile der Innenhochdruckum-formung so gravierend sein, dass andere Herstellver-fahren ausscheiden.
Für die Weiterverarbeitung der Teile lassen sich al-le Fertigungsschritte anführen, die nach dem In-nenhochdruck-Umformprozess direkt am Bauteil durchgeführt werden. Können die Teile aufgrund ihrer Geometrie oder besonderer Vorgaben nicht auf Endmaß gepresst werden, so ist eine Endbear-beitung notwendig. Dabei kann das Teil gelocht, angeschnitten oder gebogen werden, sofern dies nicht bereits beim IHU-Prozess erfolgte.
Durch Kalibrieren bzw. Anformen lassen sich spe-zielle Konturen an den Rohrenden herstellen. Das Anbringen von Anbauteilen bzw. der Zusammen-bau mit verfahrensfremden Komponenten, muss in ei nem separaten Prozess (meist durch Schweißen) durchgeführt werden.
Folgende technisch-wirtschaftliche Aspekte der In nen-hochdruckumformung können aufgeführt wer den:
5.7 Innenhochdruckumformen (IHU) 467
– Bauteile mit sehr komplexer Geometrie sind in einem Stück herstellbar.
– Durch die einteilige Bauweise entfallen Verbin-dungsschweißnähte.
– Der Kalibriervorgang sorgt für eine sehr hohe Form- und Maßgenauigkeit der Bauteile.
– Die Kaltverfestigung macht die Bauteile im Allgemeinen verwindungssteif (sie federn deut-lich weniger zurück als solche aus verschweiß-ten Blechschalen).
– Oft ist die Wanddicke des IHU-Bauteils im Ver-gleich zum Schalen- oder Gussteil geringer (Ef-fekt der Gewichtseinsparung).
– Im selben Werkzeug können u. U. Rohre mit unterschiedlichen Wanddicken und Ausgangs-durchmessern eingesetzt und erprobt werden (Optimierung von Gewicht und Festigkeit).
– Bei Abgasanlagen ergibt sich oft ein geringerer Strömungswiderstand und eine höhere Dauer-festigkeit.
Abschließend lässt sich sagen, dass sich durch eine gezielte Gestaltung von IHU-Bauteil und Umform-prozess sowohl Energie als auch Material einspa ren lassen. Die Entwicklungs- und Produktionszeiten können wesentlich verkürzt werden, was insgesamt zu einer Kostensenkung führt.
5.7.7 Fertigungsbeispiele
Mit über 5000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 2 Mrd. € stellt die Automobilindustrie im Raum Berlin-Brandenburg eine Schlüsselbranche dar. Aus einem mittelständischen Fertigungsbetrieb, der innerhalb von 5 Jahren eine beachtenswerte Er-folgsgeschichte schrieb, sollen hier einige aktuelle Beispiele für das Innen-Hochdruck-Umformen (IHU) aufgeführt werden.
Die Finow Automotive GmbH in Eberswalde hat sich auf die Entwicklung von rohrförmigen Bautei-len für die Automobil-Industrie spezialisiert. Dazu gehören Baugruppen für die Abgas-, Fahrwerk-, Chassis- und Karosserie-Struktur. Als System-Zulie-ferer arbeitet das Unternehmen mit ganzheitlichem Projektmanagement.
Im Jahre 2000 begann man mit der Serienfertigung von Hinterachsschenkeln für den Jaguar X 400 und ein Jahr später für den Ford Fiesta. 2002 folgte das IHU-Bauteil Diagonalstrebe für den BMW E 65,
ein Jahr später wurden für Opel die Ladeluftrohre für die ISUZU-Dieselmotore produziert. Im Okto-ber 2004 konnte eine neue Fertigungslinie für die Land Rover Plattform T5 mit Investitionen von rd. 28 Mio. € eingeweiht werden, wodurch mehr als 20 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, Bild 5-124.
Bisher war es nur in Nordamerika üblich, die rel. schweren Geländewagen (SUV) und sog. Light Trucks auf »Hydroform-Frames« zu setzen. Diese Leiterrahmen bestehen aus ungewöhnlich langen IHU-Bauteilen. In den USA laufen solche IHU-Rah-men in großen Stückzahlen (mehrere 100 000 p.a.) vom Band. In Europa dagegen ist dieses Konzept »Integrated Body Frame« erstmalig von Finow Au-tomotive in Eberswalde GmbH als T5-Plattform für
Bild 5-124Vollautomatisierte Fertigungslinie für Leiterrahmen aus un-gewöhnlich langen IHU-Bauteilen, sog. Hydro-Frames.(Werkbild: Finow Automotive GmbH, Eberswalde).
Bild 5-125IHU-Längsträger »Rear« für Land Rover T5-Plattform, Typ Discovery und Range Rover.(Werkbild: Finow Automotive GmbH, Eberswalde)
468 5 Umformen
Land Rover (Typ Discovery und Range Rover) ver-wirklicht worden. Da diese Fahrzeuge bei großzügi-ger Dimensionierung möglichst stabil gestaltet wer-den sollen, ergab sich als Lösung eine selbst tragen-de Karosserie, die mit einem stabilisierenden Rah-men verschraubt wird. Ein sog. Frame-Set besteht dabei immer aus einem Paar Front-Rails und einem Paar Rear-Rails. Letzteres wiegt 21 kg und ist als ge teiltes Fertigteil 1955 mm lang bei einem Rohr-querschnitt von 100 x 140 mm. Mit einer Länge von ca. 4 m durchläuft der doppelte Längsträger die Pro-duktionslinie, Bild 5-125.
Als Vormaterial wird ein Präzisionsstahlrohr nach ASTM 513 (Werkstoff AISI 1008) mit den Maßen Dm. 135 x 3,2 x 4 500 mm verwendet. Bei der Weiter-verarbeitung muss besondere Sorgfalt beim Schmier-mittelauftrag aufgewendet werden. Die Rohroberfl ä-che muss völlig sauber und trocken und das Mate-rial vorgewärmt sein. Erst nach dem Waschen, Spü-len und Erwärmen kommt das Rohteil in die Sprüh-ka bine. In der Vorformpresse erhält das bereits vor-gebogene Werkstück seine genaue geometri sche Form für die Aufnahme im IHU-Werkzeug, Bild 5-126.
Die voll automatisierte Fertigungslinie besteht also aus der Vorformpresse, der Prüfeinrichtung, der IHU-Presse und der Vorrichtung für den Beschnitt der Rohrenden.
In 4 Laser-Zellen werden danach die Aussparungen, Bohrungen und Vierkantlöcher in den Fahrwerkträ-ger eingebracht. Nach der Endkontrolle werden die
Fertigteile konserviert und verpackt. Pro Woche ver-lassen mehr als 14 Lkw mit je 880 Trägern das Werk, das entspricht einer Produktion von ca. 6000 Trä-ger-Paaren pro Woche.
Im Jahre 2006 erzielte das Unternehmen einen Um-satz von ca. 23 Mio. € und beschäftigte 90 Mitarbei-ter.
5.8 Gestaltung für das Umformen
5.8.1 Allgemeines
Umgeformte Werkstücke sollten in enger Zusammen-arbeit zwischen Besteller und Hersteller gestal tet werden. Der Hersteller kann dann aufgrund seiner Erfahrung die funktionsbedingten Anforderungen des Bestellers umformtechnisch optimal erfüllen.
Im Folgenden wird zunächst auf die Herstellung von Schmiedestücken eingegangen. Es liegt in bei-derseitigem Interesse, dass die Schmiedestückzeich-nung unter Beachtung der nachstehenden DIN-Nor-men angefertigt wird:– DIN EN 10243, Berichtigung 1: Gesenkschmie-
deteile aus Stahl – Maßtoleranzen. Teil 1: Warm hergestellt in Hämmern und Senk-
recht-Pressen, 7/2005. Teil 2, Berichtigung 1: Warm hergestellt in Waa-
gerecht-Stauchmaschinen, 7/2005.– DIN EN 586: Aluminium und Alumi niumle gie-
rungen – Schmiedestücke, 2/2002. Teil 3: Grenzabmaße und Formtoleranzen.
Für die Herstellung von Freiformschmiedeteilen sind u. a. folgende DIN-Normen zu beachten:– DIN 17606: Freiformschmiedestücke aus Alumi-
nium-Knetlegierungen.– DIN 65033: Schmiedestücke aus Aluminium-
und Magnesium-Legierungen.– DIN 7523-2: Schmiedestücke aus Stahl; Gestal-
tung von Gesenkschmiedestücken; Bearbeitungs-zugaben, Seitenschrägen, Kantenrundun gen, Hohlkehlen, Bodendicken, Wanddicken, Rippen-breiten und Rippenkopfradien, 9/1986.
– DIN EN 12420: Freiformschmiedestücke aus Kupfer und Kupfer-Knetlegierungen.
– VG 81237: Stäbe, Profi le, Formschmie destücke, nahtlos gewalzte Ringe aus nichtmagnetisierba-ren Stählen – Technische Spezifi kation, 12/2005.
Bild 5-126IHU-Werkzeug mit Abdichtstempel zur Herstellung von Fahr-werkträgern (Werkbild: Finow Automotive GmbH, Ebers-walde).
5.8 Gestaltung für das Umformen 469
5.8.2 Gestaltung von Gesenkschmiedestücken
Bild 5-127Lage und Verlauf der Gesenkteilung sind mitbe-stimmend für Anzahl, Größe, Form und Kosten der Umformwerkzeuge. Vorteilhaft ist i. Allg. eine Teil-fuge in halber Höhe des Gesenkschmiedestücks, be son ders dann, wenn es in Bezug auf die Gesenk-teilung symmetrisch ist:– Die für die Aushebeschrägen benötigte Werk-
stoffmenge ist so am kleinsten, dadurch ist der Aufwand bei einer spanenden Bearbeitung am geringsten,
– der Versatz ist leichter zu erkennen,– die Werkzeugherstellung ist durch die Verwen-
dung nur eines Modells für die Herstellung beider Gesenkhälften billiger.
Bild 5-128Zur Verbesserung des Werkstofffl usses kann eine andere Lage der Gesenkteilung besser sein. Dies ist z. B. der Fall, wenn hohe enge Gravurräume aus-gefüllt werden müssen, wie z. B. bei ringförmigen Schmiedestücken größerer Höhe und bei U-förmi-gen Querschnitten.
Bild 5-129Die Teilung des Gesenks unmittelbar an einer Stirn-fl äche ist möglichst zu vermeiden, da die Gratnaht dort das leichte Erkennen von Versatz verhindert und das Abgraten erschwert.
Bild 5-130Unterschneidungen nach Möglichkeit vermeiden, da das Werkstück aus einem einteiligen Werkzeug nicht ausgehoben werden kann. In unvermeidbaren Fällen sind teure, geteilte Werkzeuge einzusetzen.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-127
Bild 5-128
Bild 5-129
Bild 5-130
470 5 Umformen
Bild 5-131Es werden drei Grundformen der Gesenkteilung unterschieden:– eben,– symmetrisch gekröpft,– unsymmetrisch gekröpft.
Bei der ebenen Gesenkteilung ist der Herstellungs-aufwand des Werkzeugs am geringsten. Auch schmie-detechnisch ist die ebene Gesenkteilung vorteilhaft, da die Neigung zum Versatz gering ist.
Bild 5-132Die Neigung der Kröpfungen sollte nicht zu steil sein. Bei zu kleinem Winkel a zwischen Gratnaht und Umformrichtung besteht die Gefahr, dass der Grat nicht glatt geschnitten, sondern abgequetscht wird.
Bild 5-133Gesenke mit unsymmetrisch gekröpfter Teilung er-fordern einen noch höheren Herstellungsaufwand. Um den zulässigen Versatz einhalten zu können, müssen sie ein Widerlager erhalten, das die auftre-tenden Schubkräfte aufnimmt. Dadurch werden die Gesenkblockabmessungen noch größer als bei ver-gleichbaren Gesenken mit symmetrischer Teilung.
Bild 5-134Beim Festlegen der Teilung muss auch der Versatz am Schmiedestück berücksichtigt werden. Nach DIN EN 10243-1 ist der zulässige Versatz nicht in die zulässigen Maßabweichungen einbezogen, son-dern gilt unabhängig und zusätzlich zu diesen. Dies muss beim Bemaßen von Gesenkschmiedestücken, be-sonders von spanend zu bearbeitenden Flächen, berücksichtigt werden.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-131
Bild 5-132
Bild 5-133
Bild 5-134
b2
b1
Versatz
l1
l2
Versatz Versatz
a
symmetrisch gekröpft
unsymmetrisch gekröpft
eben
5.8 Gestaltung für das Umformen 471
Bild 5-135Beim Hohlfl ießpressen entsteht ein Versatz durch das Verlaufen des Pressstempels. Er ist um so grö-ßer, je kleiner das Verhältnis Durchmesser zu Länge der Innenform ist.
Bild 5-136Um Schmiedestücke aus dem Gesenk heben zu kön-nen, müssen ihre in Umformrichtung liegenden Flä-chen eine ausreichende Neigung aufweisen. Richt-werte hierfür sind in DIN 7523-2, angegeben.
Bild 5-137Durch die zweckmäßige Wahl der Gesenkteilung bzw. der Lage der Hauptachsen des Schmiedestücks zur Gesenkteilung kann der Konstrukteur bestim-men, an welchen Flächen Seitenschrägen vorgese-hen werden müssen. Sie werden zweckmäßigerwei-se an Flächen gelegt, wo sie auch am Fertigteil nicht stören, oder an Flächen, die bearbeitet werden müs-sen.
Bild 5-138Durch die Veränderung der Gesenkteilung kann sich der Werkzeug- und Fertigungsaufwand sowohl ver-ringern als auch erhöhen. Bei diesem Beispiel erzielt man eine Verringerung der Werkzeugkosten durch eine andere Gesenkteilung.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-135
Bild 5-136
Bild 5-137
Bild 5-138
Versatz
nur unter bestimmten
Voraussetzungen schmiedbar
Außenflächen
Innenflächen
Umformrichtung
zylindrischer
Schaft
Schaft mit
Seitenschrägen
Gesenkherstellung
durch Fräsen
Gesenkherstellung
durch Drehen
472 5 Umformen
Bild 5-139Eine Verringerung des Aufwandes beim Fertigbe-arbeiten ergibt sich in diesem Beispiel durch die Wahl einer vorteilhaften Gesenkteilung (Vermeiden von Schrägen).
Bild 5-140Durch eine sinnvolle Führung der Gratnaht – auf-gezeigt an zwei Beispielen – können Stichbildungen vermieden werden. Stiche sind Stellen, an denen Werkstoff aus zwei Richtungen gegeneinanderfl ießt, ohne dass es zu einer Verbindung kommt.
Bild 5-141Der Werkstoff setzt dem Umformen in den Gesen-ken Widerstand entgegen, der besonders dann zu-nimmt, wenn der Werkstoff scharfe Kanten umfl ie-ßen oder tiefe, enge Gravurteile ausfüllen muss. Da-her müssen ausreichende Kantenrundungen und Hohlkehlen vorgesehen werden (DIN 7523-2).
Bild 5-142Bei zu kleinen Rundungen von Hohlkehlen entste-hen Schmiedefehler (Stiche, Bild 5-140).
Bild 5-143Enge Hohlräume und schmale, hohe Rippen und Ste ge erschweren das Eindringen des Werkstoffs infolge schnellerer Abkühlung und des dadurch be-dingten Anstiegs seiner Festigkeit. Daher sollen Rip-pen und Stege eine gedrungene Quer schnittsform erhalten. Um das Fließen zu erleich tern, sollen sie gro ße Hohlkehlen am Übergang in den Schmiede-stückkörper aufweisen. Mindestwerte für die Wand- und Rippendicke enthält DIN 7523-2.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-139
Bild 5-140
Bild 5-141
Bild 5-142
Bild 5-143
Schlagrichtung Schlagrichtung
Stich
scharfe Übergänge
scharfe Kanten
fließende Übergänge
gerundete Kanten
Radius ausreichendRadius zu klein
< 7°
< R6
< R3
30
> R6
> R3
> 7°
30
5.8 Gestaltung für das Umformen 473
Bild 5-144Bei der Gestaltung von Querschnittsübergängen sollen Rundungshalbmesser stets so groß gewählt werden, wie es ohne Nachteile für die Funktions ei-genschaften des Werkstücks möglich ist.
Bild 5-145 u. 5-146Durch Prägen erzielt man bei einzelnen Maßen klei-nere Toleranzen und eine hohe Oberfl ächengüte, so dass in vielen Fällen auf eine spanende Bearbeitung verzichtet werden kann. Maßprägefl ächen sollen ge-genüber den angrenzenden Formelementen erha ben sein. Um die erforderlichen Presskräfte klein zu hal-ten, werden die notwendigen Flächen durch ver tiefte Formelemente verkleinert.
Bild 5-147Die Schwierigkeit, schräge Flächen anzubohren, lässt sich dadurch umgehen, dass man eine rechtwink-lig zur Bohrerachse stehende Tasche oder einen ent-sprechenden Ansatz vorsieht.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-144
Bild 5-145
Bild 5-146
Bild 5-147
A B
Schnitt A - B
474 5 Umformen
Bild 5-148Bearbeitungszugaben für die Stirnfl ächen langer Schmiedestücke müssen wegen des unterschiedli-chen Schwindens ausreichend bemessen werden. Aus diesem Grund sollte man Augen, Zapfen oder Nocken, die bearbeitet werden sollen, oval ausbil-den. Bei langen Hebeln mit Augen an beiden En-den sollte nur eines mit vorgeschmiedetem Loch, das andere hingegen massiv ausgeführt werden.
Bild 5-149 Werkstoffanhäufungen sind besonders gefährlich, wenn von ihnen Partien mit geringerem Querschnitt im Winkel zueinander ausgehen. Bei diesem Win-kelhebel ist die Gratform beim 1., 2. und 3. Schlag durch strichpunktierte und ausgezogene Linien angedeutet. Links erkennt man, dass die beiden Grat lappen übereinanderfl ießen, und dass sich beim dritten Schlag ein Stich bis in das Werkstück hin-einschiebt. Durch eine konstruktive Änderung der Hebelform (rechtes Bild) wird der Stich außerhalb des Schmiedestücks gehalten.
5.8.3 Gestaltung von Tiefziehteilen
Bild 5-150Komplizierte Teile und asymmetrische Grundfor-men sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Auf nor-malen Werkzeugmaschinen leicht zu fertigende Um-risslinien sind anzustreben. Die Herstellkosten für verschie dene Werkzeugformen können mit dem Kostenfaktor x abgeschätzt werden. (x � 2 bedeu-tet z. B. bedeutet doppelt so große Werkzeug-Her-stellkosten wie x � 1)
Bild 5-151Runde Böden sind schwieriger durch Tiefziehen her-zustellen als ebene mit genügend großer Boden-rundung. Die günstigste Bodenrundung (r
Boden) ent-
spricht dem 0,15fachen Stempeldurchmesser DSt.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-148
Bild 5-149
Bild 5-150
Bild 5-151
220
Ausgleich für
Schwindmaßabweichungen
x � 2,0
x � 1,9
x � 1,0
DSt
r Bod
en
5.8 Gestaltung für das Umformen 475
Bild 5-152Tiefe Teile mit breitem Flansch erfordern einen gro-ßen Rondendurchmesser sowie große und teure Werkzeuge. Es kann sehr viel wirtschaftlicher sein, den Flansch nachträglich anzubringen.
Bild 5-153Die Höhen ausgezogener Vertiefungen, Augen oder Stutzen sind niedrig zu halten (h ≤ 0,3 d) und sollen mit möglichst großer Schräge und großen Radien ausgeführt werden. Sie sind dann meist in einem Zug zu fertigen.
Bild 5-154Senkrechte Zargen sind billiger als Kegelfl ächen. Eine Außenrolle ist leichter als eine Innenrolle zu fer tigen.
Bild 5-155Teile mit Hinterschneidungen sind nicht ziehbar. In diesen Fällen ist das Werkstück so zu teilen, dass einfache Grundformen entstehen.
Bild 5-156Ebene Verschalungsbleche mit Randbördel neigen eher zu Verwerfungen als leicht gewölbte Blechfor-men.
Gestaltungunzweckmäßig zweckmäßig
Bild 5-152
Bild 5-153
Bild 5-154
Bild 5-155
Bild 5-156
h
h
d
90 °
140 °
Ergänzendes und weiterführendes Schrifttum 477
Ergänzendes und weiterführendes Schrifttum
Abschnitt 5.1 bis 5.6
Beitz, W., u. K-H. Grote (Hrsg.): Dubbel Taschen-buch für den Maschinenbau. 20. Aufl . Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag 2001.
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Teil 2: Walzen; Einordnung, Unterteilung, Be -griffe, 9/2003.
DIN 8584: Fertigungsverfahren Zugdruckumformen. Teil 1: Allgemeines; Einordnung, Untertei lung, Begriffe, 9/2003.
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