23
Die Studentenzeitung der Humboldt-Uni zu Berlin 6. Jahrgang 12. April 1993 lliiiiil üiiii Fällt Humboldt? Keine Konzepte für die Universität!

UnAufgefordert Nr. 55

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Das ist Ausgabe Nummer 55 der Studentenzeitung der Humboldt-Universität zu Berlin vom 12. April 1994.

Citation preview

Page 1: UnAufgefordert Nr. 55

Die Studentenzeitung der Humboldt-Uni zu Berlin 6. Jahrgang

12. April 1993

lliiiiil

üiiii

Fällt Humboldt?Keine Konzepte für die Universität!

Page 2: UnAufgefordert Nr. 55

| 1 I ^ ^ ^g% A g^V lA^H. ^ ^V 1^^%. . .

Inhaltsverzeichnis:

StuPa die Zweite 3

Studieren beiden Anglisten....4

Kündigungsaffaire 6

Wohin geht die Uni 10

Schwarze Kunstformel 12

Philosopheninterview 14

Jeunesse 16

Medienkongreß 17

Studieren mit Kind 18

T oder "i" 18

Wohnen im Prenzelberg 19

Psycho. .19

Unser Bildungsminister 20

Projekttutorien 22

Leserbriefe 23

Statististiken u.ä 24

Editorial

Seid gegrüßt und willkommen zurück! Herzlichen Glückwunschallen, die Prüfungen bestanden und Hausarbeiten termingerechtabgegeben haben! Und den normalen Menschen, die nicht zudiesen Wunderkindern zählen, schmettern wir ein fröhliches Kopfhoch! entgegen. Seid sicher: Das Studium geht weiter!

Aber wie lange noch? Notdürftig nur sind die Trümmer, die diegroße Ferienkatastrophe ä la Humboldt hinterließ, in die dunklenEcken gekehrt. 179 Kündigungen und 176Änderungskündigungenhat die HUB nicht termingerecht umgesetzt. Diese "Kündigungs-affäre" und vor allem die daraus voraussichtlich entstehendenKosten lösten eine heftige Pressekampagne aus. Seilschaften,Inkompetenz, Böswilligkeit - viel wurde über die Ursachen derAffäre spekuliert. Auch UnAUF recherchierte und stieß aufKonzep-tionslosigkeit und wirre Verwaltungsstrukturen. Denkt die Uni-versitätsleitung gelegentlich auch an die Studenten? Dazu die Seiten7-11.

Studenten? Studentinnen? Studentinnen? Ach ja, da gibt es zumBeispiel solche, die es gewagt haben Anglistik/Amerikanistik zustudieren. Jedoch erwarten sie Übergangsprüfungs- und Über-gangsstudienordnungen und sie müssen Pflichtbücher lesen undPflichtstunden zählen - kein Wunder, daß viele schnell wieder aussolcher Schule flüchten.

Während wir im gewohnten Chaos weitermachen, hat sich unserprofessioneller Prenzlberger nach Nairobi abgesetzt. Auf der Fluchtvor sprechenden Türen?

Kurz und gut - wer wissen will, was in dieser Zeitung steht, mögesie doch einfach lesen. Ich halte mich schließlich auch nicht längermit diesem Editorial auf.

ImpressumDie Studentenzeitung der Berliner Humboldt-Uni. Erstmals erschienen am 17. November 1989.

Redaktion: Arlett Albrecht, Juliane Kerber (Chefredakteure), Franziska Ahles, Ingo Bach, Klaus Kallenberg, Anke Kautz, Alexandra Kolle, GeorgLinde, Hannah Lund, Ulrich Miksch, Rüdiger Neick, Jens Schley *

Kontakt: Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10 099 Berlin; Hauptgebäude Raum 3022, Tel.: 2093 2288, fax: 2093 2770Redaktionsschluß: 5. April 1994Satz: Roody Druck: Contrast, Tempelhofer Damm 210 12099 Berlin gedruckt auf Recycling-PapierNachdruck, auch auszugsweise, ist ausdrücklich erwünscht. Wir bitten aber um Quellenangabe und Belegexemplar.Für alle Fakten besteht das Recht auf Gegendarstellung in amgemessenen Umfang. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall"die Meinung der Redaktion wieder. Kürzel werden nur von Redaktionsmitgliedern verwendet.UnAUFGEFORDERT Nr.56 erscheint voraussichtlich am 28. April 1994Die Redaktionssitzungen sind öffentlich,jeden Montag, 18.00Uhr, HG 3022,

Redaktionsschluß für die nächste Nummer: 19. April 1994

Page 3: UnAufgefordert Nr. 55

.XA/ALJI

Amtliches EndergebnisNach den Gremienwahlen der Humboldt - Uni

Am 10./11. Februar 1994 wurden die hoch-schulpolitischen Gremien der Universität(Akademischer Senat, Konzil und Kuratori-um) und das Studentinnenparlament derHUB neu gewählt. Im Vorfeld der Wahlengab es eine Klage gegen den Wahlmodus.Professoren und akademischer Mittelbausollten entgegengesetzt zum getrenntenWahlrecht gemeinsam die Vertreter derHochschulgruppe der Professoren und derHochschulgruppe derakademischen Mitar-beiter wählen. Dies erregte das MißfalleneinigerProfessoren,unterihnenH.A. Wink-ler, Professor am Lehrstuhl für NeuesteGeschichte und R. Schröder, Professor derTheologie. Die Klage wurde abgewiesenund die Professoren, die aus Angst vorChancenminderung geklagt hatten, sitzenalle in den Gremien.

Die Wahlbeteiligung lag für den Akademi-schen Senat, Konzil und Kuratorium beiinsgesamt 19,17% (Hochschullehrer75,42%, Akademischer Mitarbeiter 42,63%,sonstige Mitarbeiter 28,54%, Studenten12,10%). Das sind zumindest für die Gruppeder Studenten erfreuliche Resultate. Gegen-über 5,8% Wahlbeteiligung bei den Wahlenzum 1. Studentenpar-lament vor einem Jahrwählten diesmal immer-hin doppelt so viele Stu-denten ihre Vertretung.Und in Anbetracht 6%Wahlbeteiligung amMassenhaus FU ein wah-rerTriumph!

Der Akademische Se-nat besitzt nunmehr un-ter den Hochschulleh-rern klare Fraktionen, dieauf den ersten Sitzungendas Geschehen im Aka-demischen Senat be-stimmten und für eineteils gespannte Atmo-sphäre sorgten: auf dereinen Seite Humboldt-Forum, von den Profes-soren Winkler und Te-north angeführt und inAußenseiter- quasi Op-positionsrolle. Beide ver-suchten sich an der Kün-digungsaffäre (siehe Ar-tikel in diesem Heft) zuprofilieren und blamier-ten sich dabei tüchtig.

Auf der anderen Seite Mit-Humboldt mitVizepräsidentBankundlanggedienten Hum-boldt-Universitäts-Politikern wie Hansen,Burkhard, Meffert. Sie unterstützen die Prä-sidentin und deren Politik und bilden dieMehrheit der Professoren im AS. VivatCharit^ ist mit Dekan Harald Mau vertreten,Charit^ Forum ist durchgefallen. Bei denAkademischen Mitarbeitern zählt Hum-boldt-Mittelbau mit zwei Stimmen zur Frak-tionMit-Humboldt, Charitä-Mittelbau un-terstützt ihren Dekan und Neue Universitätfühlt sich mehr der Winkler-Fraktion ver-pflichtet. Der Versuch der politikverdros-senen „Statt"Mittelbau, in den AS zu ge-langen, scheiterte. Diese Fraktionen sindwie immernur relativ zu betrachten, an einempolitischen Gebilde wie einer Universitätüberwiegen oft praktische Gründe beiMehrheitsbildungen. Bei den Vertretern derstudentischen Senatoren (Ronald Höhner,Rene Grube, Rahel Fink und Juliette Brungs)macht sich die langjährige Herrschaft deralten studentischen Senatoren bemerkbar.„Das sindja Schüler einer achten Klasse, dieman in die zehnte gesteckt hat!", bemängel-te ein Vertreter der Presse die zur Schau

getragene Unerfahrenheit der neuen Stu-denten im AS. Ronald Höhner's geistrei-cher Kommentar zum Thema Kündigungen:„Das sind doch alles Menschen!".

Alarmierend ist, daß weder im Akademi-schen Senat, Kuratorium noch Konzil Jura-Professoren sitzen, nur Dekan Krauß undVizepräsident Hofmann sorgtenKraft ihresAmtes für juristische Kompetenz. Wie nötigdie ist, bewiesen die ersten beiden Sitzun-gen des neuen Senats.

Im Kuratorium ist die Studentenschaftdurch Katrin Werlich (Sozialwissenschaf-ten) und Susann Baller (Kunstwissenschaf-ten) vertreten, ersterebürgt für große Erfah-rung im Umgang mit den Gremien der Uni-versität. Im Konzil sitzen Ronald Höhner(WiWi), Markus Otto (Geschichte), ReneGrabe (Biologie), Rahel Fink (Psychologie),Ute Friedrich (Fremdspr. Phil), JulietteBrungs (Germanistik), Wolfram Detlefs(Theologie), Markus Obstück (Reha-Wiss.), Till Liebau (Kuwi) und Anke Zerbst(Reha.-wiss.) für die Studenten, fast allesNeulinge.

UnAUF-Gruppe Wahlen

Zusammensetzung des StuPas im Vergleich

Unabhängige Naturwissenschaftliche Liste 8Fachschaftsini Mediän 6

AntFrusiA 5GeozentrikerfürUtopia 5

Mutvilla 4Jusos 3

Ausländische Liste 2RCDS 2

Sympel (nicht angetreten)Mach hier Dein KTBUZ (na)

Freihe Liste (n.a.)

363432302826242220181614121086420

19931994

Page 4: UnAufgefordert Nr. 55

I \~AK\n\ ICTIC/̂ U

Das zweite Studentenparlament der Humbeldt-UniversitätDie höchste Wahlbeteiligung hatte die Psychologie mit 32,0% die niedrigsteder FB Erziehungswissenschaften mit 1,8%. Die meisten Stimmen alsneugewählter Vertreter bekam Rahel Fink von der Psychologie, dem gewähl-ten Schlußlicht Mario Pschera von der Jura reichten acht Stimmen. Insgesamtwählten 2727 Studenten das neue Studentenparlament. Erfreulich ist dasEngagement der Fachschaftsini Medizin im StuPa mit sechs Mandaten; sorücken die Mediziner endlich aus ihrer Außenstellung in die Universität ein.

Liste 1: Geozentriker für Utopia (5 Mandate [3 von der STUVE,Listenverbindung])Andreas Huth (Geographie)Stephan Pohner (Anglistik/Amerikanistik)Jana Chmieleski (Geographie)Ina Säumel (Geographie)Mario Pschera (Jura)Liste 2: RCDS (2 Mandate)Holger Barske (Germanistik)Tilman Thiel (Jura)Liste 3: Fachschaftsini Medizin (6 Mandate, alle Medizin)Martin PlaczekJulia HoeffeTheres GoldhagenMichael GOrthMichael WeberPhilipp SedlaszListe 4: Mutvilla Lesbisch-Schwule Interessenvertretung (4 Manda-te)Stefan Knoke (Kulturwissenschaften)Conny Heidrich (Sozialwissenschaften)Sandra Wagner (Sozialwissenschaften)Ilka Rößler (Russistik)Liste 5: Unabhängige Naturwissenschaftliche Liste (8 Mandate)Christian Richter (Pharmazie)Remo Rohs (Physik)Torsten Aßelmeyer (Physik)Thomas Schirrmann (Biologie)Maiiis Göhler (Biologie)Ingolf Reim (Biologie)Jens Scheithauer (Medizin)Joachim Wiegmann (Pharmazie)

Liste 6: HDS - Offene Linke liste (10 Mandate)Susann Baller (Musikwissenschaften)Ronald Höhner (VWL)Sebastian Köhler (Philosophie)Michael Weber (Informatik)Markus Otto (Geschichte/Politkwissenschaft)Andreas Frielingshaus (Physik)Stephan Meier (Südasienwissenschaften)Bernd Schilfert (Sozialwissenschaften)Jörn Rogge (VWL)Martin Füßler (BWL)Liste 7: AntiFrustA (5 Mandate)Claudia Schumann (Kulturwissenschaften)Johannes Peschke (Fischereiwissenschaft)Birgit Kulke (Psychologie)Anke Zerbst (Sozialtherapie)Susanne Rose (Anglistik/Geographie)Liste 8: Ausländische Liste (2 Mandate)Radife Göger (Erziehungswissenschaften)Ayfer Inci (BWL)Liste 9: STUVE (15 Mandate)Rahel Fink (Psychologie)Anja Mittermaier (Slawistik)Wolfram Detlefs (Theologie)Till Liebau (Jura)Juliette Brungs (Germanistik)Tino Müller (BWL)Peter Giselher Dick (Jura)Oliver Beckmann (Jura)Stehan Eckardt (Sport/Geographie)Moritz Krotz (Kulturwissenschaften)Dirk Jacobs (Theaterwissenschaften)Christian Reincke (Wirtschaftspäd.)Bekele Tefera (Kulturwissenschaften)Karsten Wundermann (VWL)Peter Wellach (Theaterwissenschaft)Liste 10: Hochschulgruppe der JUSOS (Mandate 3)Oliver Vogelsmeier (Theologie)Anneke Schmitt-Wenkebach (Jura)Jakob Hein (Medizin)

Studieren im ÜbergangEin Fallbeispiel: die Anglistik/Amerikanistik

Seit 1989istdieHumboldt-Universitätnunschon im Umbruch. Fünf Jahre fast,in denenerneuert, evaluiert, abgewickelt oder sonst eine Tätigkeit von Veränderung vollzogenwird. Jahre, in denen man eigentlich ein Studium zu Ende bringen könnte und wahrschein-lich sogar zu Endegebracht hat, scheinen im Lichte der für jeden Studenten nachvollzieh-baren Studienanforderungen, die ihn ja tagtäglich beschäftigen, wie ein Tag, an dem mansich abends unzufrieden ins Bett legt, erschöpft von der Hatz nach Erfüllung der immerneuen Bedingungen einschläft und doch nicht weiß, ob das vergangene Tagwerk genügthat, um morgen wieder als Student aufstehen zu dürfen.

Veränderungen kamen und kommen vonvielen Seiten. Am Anfing (Herbst 1989) standsicherlich das Engagement der Studentenselbst, sich für eine andere Studien-organisation einzusetzen, die endlich vonideologischen Vorgaben, wie ML (ge-sellschaftswissenschaftliche sprich ideolo-gische Ausbildung) oder diversen Wehr-

ertüchtigungsprogrammen, befreit sein soll-te. Doch dann brach mit der Anpassung anwestdeutsches, wie westberliner Recht vor-allem in den geisteswissenschaftlichen Be-reichen der Universität (aber nicht nur da!)mit der Einführung der Magisterabschlüsseeine Unmenge an Übergangs- und Ausnah-meregelungen über die Studenten herein,

deren Kette bis heute nicht abreißt und diesnicht ohne Hinzutun des politischen Senats,dervor kurzem wieder einmal dieZeitfiireineneue Magisterprüfungsordnung für die HUBgekommen sah...

Es waren und sind nicht nur schlechte(gesetzliche) Vorgaben die da „von obenreingedrückt" wurden und werden. Schonallein deshalb nicht, weil man einen Diplom-studienabgänger in den Geisteswissenschaf-ten heute nirgends mehr fachbezogen ein-stellen würde. Der Magister Artium ist zu-meistBedingung, um dann hinterherin einerAnstellung nur irgendeine Befähigung über-haupt nachweisen zu dürfen. Ob man siedann hat, ist noch eine ganz andere Frage.Die Gesellschaft hat sich verändert und so

I

Page 5: UnAufgefordert Nr. 55

IICTICOLJ

sind die Arbeitsfelder wie die Anstellungs-möglichkeiten andere geworden. Und derMagisterbietet da mit seinerfachlichenZwei-bzw. Dreispurigkeit bessere Möglichkeiten,flir sich Arbeitsfelder (mit seiner nachgewie-senen Kompetenz) in der Gesellschaft zufinden. Doch nicht allein der Fakt der Exi-stenz des Magisters bestätigt die Güte derVorgaben. Nein, auch seinePraxis inder Alt-Bundesrepublik nun schon seit mehr alszwanzig Jahren. Wer da Verbesserungeneinklagt, muß die Entwicklung dieses Ab-schlusses kennen, in den natürlich über dieJahre hinweg und gerade in Berlin studenti-sche Vorstellungen (ja, studentischer Pro-test) über die Machbarkeit dieses Studiumsmit eingegangen sind.

Diese Anpassungsveränderungen, die derVereinigung Deutschlands geschuldet sind,bieten da keinerlei Anlaß zu irgendeinerWagenburgmentalität Dakommtkeine „kalt-schnäuzige, arrogante und uns völlig falschsehende Westmacht" daher. Sondern ein-fach gelebte Praxis, die uns das Leben in derUniversität leichter machen könnte.

Gerade darum muß es verwundern, wielange nun schon die Anpassung dauert.

So studiert man beispielsweise in der An-glistik/Amerikanistik (aber nicht nurda!) nochimmer mit der Übergangsstudien» und Prü-fungsordnung von 1991, die zu diesem Zeit-punkt erstmals die Magisterregelung ent-hielt, aber in vielenRegelungen den Geist dervormalsander Humboldt-Universität (in derDDR) einzig möglichen Lehrerausbildungnoch immer erkennen läßt. So ist zwar dieSemesterwochenstundenzahl (SWS) auf dasakzeptable Maß von 80 SWS für das Haupt-fach und 40 SWS für das Nebenfach festge-

legt. Jedoch gliedert sich das ge-samte Studium in Pflichtver-anstaltungen. Im Grundstudiumbleibt nur im Bereichder Literatur-wissenschaft die einzige Wahl-möglichkeit, das eine oder dasandere Proseminar zur Einfuhrungin die allgemeine Nationalliteraturzu absolvieren. Und auch die Viel-zahl der Überprüfungen (Prüfun-gen, Klausuren, aber auch münd-liche Konsultationen wie mündli-che Prüfungsgespräche, die nurüber bestanden oder nicht bestan-den entscheiden) seitens der Leh-renden, selbst nach Vorlesungenhalten die Studenten in gehetztemAtem. Da gibt es zwar die einewirkliche Belegarbeit (Hausarbeit)in der Literaturwissenschaft, abersonst wird kaum die, noch im An-fangstext der Studienordnungprogrammatischvermerkte, „Vor-bereitung auf wissenschaftliches

Arbeiten" im Studium eingelöst. Dafür bleibtdann letztlich wohl keine Zeit. Aber liegt esdenn an der Zeit?

Sicher, eine neue Studien- und Prüfungs-ordnung ist in Arbeit und wird, so dieGenehmigungsstellen nicht Schneckentem-po in der Bearbeitung an den Tag legen,vielleicht schon im kommenden Winterse-mester inKraft treten. Wie Prof. Lucko, einerder Verantwortlichen der Erarbeitungs-kommission für diese neue Studien- undPrüfungsordnung, erwähnte, wird diese alsPrüfungszulassung nur noch 9 Scheine fürdas gesamte Hauptfachstudium fordern (und5 im Nebenfachstudium). Eswird wesentlich mehr Wahl-möglichkeitengeben. Die Struk-tur des Studium gliedert sichneu in Sprach-, Literatur- undKulturwissenschaft. Ein Erfolgfür eine bessere Studienglie-derung sicherlich.

Aber was passiert bis zumInkrafttreten der neuen Ord-nung? Es wird ja weiter studiertund es wollen Abschlüsse er-reicht werden. Gibt es also eineweitere Hatz nach den Pflicht-veranstaltungen, Pflichtklau-suren, eben Pflichtscheinen?Bleibt das Studieren im Über-gang immer mit der Beschrän-kung der eigenen kreativenMöglichkeiten verbunden?Und was wird fernab der Fest-legungen in der Studien- undPrüfungsordnung, dann wirk-lich gefordert, ohneeiner kriti-schen Kontrolleunterliegen zu

müssen. Werden weiterhin 60 Bücher, dieinnerhalb von 4 Semestern neben dem ei-gentlichen Studium gelesen werden müssen(15 Pflichtbücher und 15 Pflichtautoren inder Anglistik und 30 Bücher in der Amerika-nistik), zum in einer Studien- und Prüfungs-ordnung nichtgenannten Forderungs-katalog eines jeden Hauptfachstudentenzählen?

Es bleibt unklar, ob dieses große Dilemmasehr vieler Studierender der Humboldt-Uni-versität, das Ordnungen nicht genügenddurchgesetzt oder schier umgangen wer-den, je ins Bewußtsein verantwortlicherGremienaibeiter dringen wird.

Eines sei hier nur angemerkt: Will manwirklich auf studentische Probleme einge-hen, so genügt es nicht, einzig das Mitspra-cherecht ausgewählter Vertreter der Studen-tenschaft zu sichern oder besondere „Volks-nähe" zu demonstrieren. Das größte Pro-blem der Studierenden bleibt die Strukturihres Studiums, die zumeist keine vertretbareund praktikable ist.

Struktur bedeutet Anordnung oder Gefü-ge. Die Anordnung oder das Gefiige ver-schiedenster Studienfächer ist wie alles andieser Universität in Fluß geraten. Und sieverliert so vielfach ihren eigentlichen Wort-sinn.

Und will man sich wirklich für Studenteneinsetzen, dann sichere man ihnen Angebo-te, Gestaltungsmöglichkeiten, Anreize fürindividuelles Tun ineinemKanonüberschau-barerund machbarer Anforderungen. Dochwer tut das schon in dieser Universität desÜbergangs?

Ulli

TEEist mehr als nur ein Getränk

Speziell China - und Ceylontees sowieGeschenkideen

Wermitdieser Anzeige zuunskommt, erhälteine20gProbierdose als Begrüßungsgeschenk.

Bötzowstraße r9(PrenzlauerBerg)TeL/Fax. 4213542,10407Berlin

Mo-Frgeöffhetvon9.00bis 18.00 Uhr

Lünser & Hennlein oHGDie Teehandlung im Prenzlauer Berg

Page 6: UnAufgefordert Nr. 55

UnGERilML

Ungereimtheiten in Höhevon 35.086,18DM

Die Finanzkommission des ehemaligen Studentenrates hat auch noch nach ihrerAuflösung Gelder bewilligt. Zum Teil sind diese in private Kanäle geflossen.

wurde von der Finanzkommission bewilligtund bei ihr von Jo Bielert beantragt. DieRechtsstelle der HUB erklärte den Vertragfür unwirksam, da die Legitimation zur Ver-tragsunterzeichnung durch den Studenten-rat des FB Geographie nicht nachvollzieh-bar sei. Das Studentenparlament fordertKlärung über die Existenz von Henrik Hör-ner und Nachweis der korrekten Ausgabeder Gelder.

Am 17. Februar trafsich noch einmal dasamtierende Studentenparlament, um überein brisantes Thema zu beraten. Bei derÜbergabe^der Finanzen des alten Studen-tenrates stellte sich heraus, daß Nachweis-belegebzw. Anträge für bewilligte Gelder inHöhe von ca. 35.000 DM fehlen. Einerseitswurden Anträge von Studenten noch nachAuflösung der Finanzkommission des Stu-dentenrates und schon zu Amtszeiten desneugewählten Studentenparla-ments bewilligt, andererseits wur-den vonden Geldern Geräte gekauft,für die es zwar Lieferscheine undQuittungen gibt, die selbst aber amBestimmungsort nieauftauchten. ImKreuzfeuer der Kritik steht der ehe-malige Finanzchef des Studentenra-tes Jo Bielert, der dem Studenten-parlament bis heute Rechenschaftschuldig ist. Die Finanzkommission(letzte Mitglieder Jens Schley, Tho-mas Neie, Sven Walter, Jo Bielert)wurde am 18.05.1992 nachZusam-menbruch des Studentenrates in ei-ner kontroversen Sitzung ins Leben _ .. , ~, c . , ~ T~

x- J i« * • ! _ ! . • Gründung des otudentenratesgerufen und löste sich nach eige- a Foto: Kracheel

Studenten der Sportwissenschaft. Zweiterist Unterzeichner eines zweiten Vertragesmit Wilhelmsaue.

8.)Am 10.05.1993 werdenfür einSportfestder Sportwissenschaften 600 DM überwie-sen: Dafür gibt es keinen Antrag.

9.) Am 28.05.1993 überwies Jo Bielert sichselbst 4.896 DM; davon sind ca. 400 DMungedeckt bzw. „selbstbewilligt".

Am 15.06.1993 erfolgte eine Über-weisung anUnAUFGEFORDERT von10.000 DM, die aber bereits im Winter1992 überwiesen werden sollte. DasStudentenparlament hat nach Durch-sicht der Finanzbuchhaltung derUnAUFGEFORDERT die Vorwürfegegenüber der Zeitung fallengelas-sen.

Inzwischen hat das Studenten-parlament, nachdem Jo Bielert eineFristvon zwei Monaten verstreichenließ, einen Rechtsanwalt eingeschal-tet und will das Problem nun vor Ge-richt klären, Jo Bielert hat sich inzwi-schen auch gemeldet: über seinenRechtsanwalt.

nemBeschlußam31.12.1992 auf. Vorausge-gangen war diesem eine äußerst nebulöseFinanzverwaltung des Studentenrates, dieangeblich mit einer indirekten Geldwäschevon FDJ-Geldern in Höhe von 40.000 DMbegann, mit unbekannten Darlehens-zahlungen der Sprecher des Studentenratesuntereinander in Tausenderbeträgen fort-gesetzt wurde und in einer katastrophalenBuchführung endete. Zuletzt wurden imSommersemester 1992 aufgrund der fehlen-den Rechtsbasis des Studentenrates frei-willig 32.000 DMBeiträge eingezahlt.

Konkret geht es nun um neun „Finanz-bewegungen":

1.) AmO9.O5.1992 wurde zwischen einemHenrikHörner, wohl Student am FB Geogra-phie, aber bisher von unsicherer Existenz,und einem Verein Wilhelmsaue eineNutzungsvereinbarung abgeschlossen.Bestandteil des Vertrages war die finanzielleUnterstützunginHöhevon7.300DMfürdietechnische und materielle Ausstattung ei-nes Seminarraumes. Diese Unterstützung

2.) Nach dem 21.04.1994 -das Studenten-parlament hatte sich inzwischen konstitu-iert - wurde aus Geldern des Studentenrateseine Videoanlageim Wertvon 15.053,32 DMgekauft: Die Geräte sind unauffindbar.

3.)Am 04.02.1993 wurdean den StudentenTh. Schulze2. lOODMüberwiesen; der Grundist nicht nachvollziehbar.

4.) Am 29.01.1993 ist eine Quittung füreinenPC über 1.851,50 DM registriert: DerVerbleib des Gerätes ist ungeklärt.

5.) Ebenfalls am 29.01.1993 erfolgt eineRechnung für einen Toner (217,3 5 DM); fürwen dies gekauft wurde, ist ebenfalls unge-klärt

6.) Am 18.03.1993 erfolgteeine Überwei-sung von 779,01DM für einen Fernseherund 10 Videokassetten: Die Kassetten unddas Gerät sind verschwunden.

7.) Am 28.04.1993 (Jo Bielert hat inzwi-schen beim Studentenparlament Abrech-nung angekündigt) wurden vom Konto desStudentenrates 2.289 DM für Flugticketsnach Athen ausgegeben. Reisende: Jo Bielertund Jörg Labeau und Sieghard Below, alle

Zu den Vorgängen sei mir eine sehr per-sönliche Bemerkung gestattet. Vor der Sit-zung des Studentenparlaments gab es überzwei Jahre hinweg immer wieder Gesprächeund Diskussionen über die Geheimniskrä-merei um die Finanzendes Sturas. Mir wurdeGerüchteverbreitung vorgeworfen, als ichöffentlichzufragen wagte, wie lO.OOODMinbar vom Konto des Sturas abgehoben wer-den können und keiner erklären kann, wozu.Nun gibt es erstmals Ansätze, Licht in die-ses Chaos zu bringen. Ich beobachte diesmit zugegebenermaßen bitterer Genugtu-ung. Vielleicht wird einRechtsstreit darüberim Nichts «nden, denn das Chaos und dieUngereimtheiten um dieFinanzendes Sturassind riesig. Jo Bielert bot miran, wennichalsMitglied der ehemaligen Finanzkommissionan besagter Sitzung teilnehme, brauche ichihn nicht mehr zu besuchen. Nach Endedieser Sitzung möchte auf dieses Angebotgern zurückkommen.

Jens Schley

Page 7: UnAufgefordert Nr. 55

"Ein Fall administrativerInsuffizienz"

7 79 beschlossene Kündigungen und 176 Änderungskündigungen* hat dieVerwaltung der Humboldt-Universität nicht fristgerecht zum 31.12.1993 ausge-stellt. Die daraus enstehenden Kosten, ein ein- oder zweistelliger Millionenbetragsorgten für Aufregung. Was zunächst als mittleres Problem zwischen Wissenschafts-senator Erhardt und Humboldt-Universität begann, hat sich inzwischen zu einerpolitischen Affäre ausgeweitet. Die „Kündigungsaffäre" zeigt aber auch dieprekäre Situation, in der sich die Humboldt-Universität momentan befindet: Einevollkommen überlastete Verwaltung und eine Universitätsleitung ohne klaresLeitungskonzept haben die Universität in eine schwere Krise schlittern lassen.

„Dr. Raflke &Prof. Ratlos - so schmeißt dieHumboldt-Uni unser Geld raus!", meldeteBild am 2.3. und freute sich der schönenSkandalgeschichte: „Es ist alles viel schlim-mer als befürchtet: Weil die Humboldt-Uni178 Kündigungen verpennte, müssen wirSteuerzahlerjetzt 20 Millionen pro Jahr ble-chen. Ein Skandal.". Der Berliner Kurierzognach und meldet den „Skandal an der Hum-boldt-Uni", der die Einstellung neuer Profes-soren blockiere. Der SPIEGEL erhöhte dieSchadenssumme noch einmal auf über 20Millionen und meldet den baldigen RücktrittderPräsidentinDürkop. DiedeutschenFach-blätter für Skandale waren sich einig: Egalwie es passiert ist und was es genau bedeu-tet, die Humboldt-Universität hat wiedereinmal geschlampt.

NationalePresseschlacht

Die „nationale Presseschlacht" (Personal-chef Baeckmann) um die nicht vollzogenenKündigungenander HUB begann mit einemArtikel inder/vlZam 22. Februar und hat einekleine Vorgeschichte innerhalb der Univer-sität.

Die Tatsachen, die im Artikel der FAZ ge-nannt werden, beruhen größtenteils auf In-formationen des Assistenten am LehrstuhlfürNeueste Geschichte, Siegfried Weichlein.Dieser ist gewähltes Mitglied des Personal-rates und gemeinsam mit seinem Prof. Dr.Heinrich August Winkler „sehr an einer um-

Änderungskündigungen meinen den Übergangeines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in einbefristestetes.

fassenden und gründlichen Erneuerung"(Winkler) der Humboldt-Universität interes-siert. Selbiger unterrichtete auch das ihmwohl gesonnene Frankfurter Blatt über dieVorgänge Unter den Linden und zog kurzeZeit darauf mit seinem Assistenten vor dieKameras der „Berliner Abendschau", umzum selben Thema dem geneigten Zuschau-er schlimme Tatsachen aus dem Hause Hum-boldt zu verkünden.

Verwunderung undBefremden

Der späte Zeitpunkt der Veröffentlichung -die Problematik um die nicht vollzogenenKündigungen ist an der HUB intern seitAnfang Januar bekannt - hat seine Ursacheim Ausgang der Wahlenzum AkademischenSenat, Kuratorium und Konzil, deren Recht-mäßigkeit Winkler zuvor selbst vor Gerichtangezweifelt hatte. Nach seiner erfolgrei-chen Wahl als Mitglied des AkademischenSenats für die Liste Humboldt-Forum schluger dann los. Und zwar so deutlich, daß sichdie Präsidentin der Universität auf Grunddieses Berichtes bereits einen Tag spätergezwungen sah, in einer „PresseerklärungzurHochschulpersonalübernahme" Stellungzunehmen.

Diese Presseerklärung, die wegen ihres ver-frühten Zeitpunktes und der überzogenenReaktion innerhalb der Zentralen Universi-tätsverwaltungauf große VerwunderungundBefremden stieß, brachte dann den Steinendgültig ins Rollen und Herrn Erhardt dort-hin, woer nicht hinwollte: vor die Mikrofone.Er hatte, so seine Pressesprecherin Grütters,der Humboldt-Universität eine interne Re-

gelungvorgeschlagen, die er nun, einerseitsunwillkommen wegen des Gezerres der ein-zelnen Senatsverwaltungen um die rarenHaushaltsgelder und andererseits willkom-men wegen der möglichen Ablenkung vonden Problemen der beiden anderen BerlinerUniversitäten, in aller Öffentlichkeit austra-gen mußte.

Diese Auseinandersetzung wurde begie-rig von der Presse und Politik aufgegriffen,vielealte Kämpfer gegen die Humboldt-Uni-versität sprangen auf den fahrenden Zug derFalschmeldungen und Verdrehungen aufund versuchten mit Ratschlägen, sich insRampenlicht zu rücken. In der Humboldt-Universität war sich GeschichtsprofessorWinkler zwar sicher, sein wissenschaftli-ches Amt fortzuführen, er sah sich aber auchder Tatsache gegenüber, „der hochschulpo-litischen Arbeit mehr Zeit widmen zu müs-sen", was immer das bedeuten möge. Vor-sichtshalber hat er im Akademischen Senat,wo ersichals„Nestbeschmutzer" fühlt, schonmal nach freiwerdenden Stellen innerhalbder Universitätsleitung gefragt.

Eine Reihe vonKündigungen

Der Fraktionschef der CDU im Berliner Ab-geordnetenhaus Liepelt rief empört „Sabo-tage" und verlangte personelle Konsequen-zen. Schließlich meldete sich SPD-Jugend-senator Krüger zu Wort und rief angesichtsder Einsparungen im eigenen Hause frohenMutes: „Solange in diesem Saustall Millio-nen verballert werden, kann ich notwendigeEinsparungen nicht vertreten". Kurzum: DasPolitkarussell drehte sich, vielleicht wird es

Page 8: UnAufgefordert Nr. 55

ALJI T

einoder zwei Opfer innerhalb derUniversitätfordern und die nächste Schlacht um Berlinsälteste Universität istgeschlageaDie eigent-lichen Fakten lesen sich etwas nüchterner:

Die Präsidentin der Humboldt-UniversitätMarlis Dürkop hat, so ihre Darstellung vordem Akademischen Senat der Universität,am 17.01.1994 erfahren, daß „eine Reihe vonKündigungen" nicht ausgeführt wurden.Darüber informierte sie die Senatsverwal-tung, die darauf sofortige Aufklärung ver-langte. Insgesamt umfaßt dies 179 Kündi-gungen und 176 Änderungskündigungen.Darunter sind Kündigungen, die bereits imFrühjahr 1993 ausgesprochen, aber nichtumgesetzt wurden. Dasbetrifft wissenschaft-liche Mitarbeiter des Institutesfür Geschichte(Mai 93), eine Kündigung aus dem FB Psy-chologie (April 93)undeineKündigungausdem FB Landwirtschaft und Gartenbau vomJuli 1992, dieinzwischendurch die Personal-kommission wieder aufgehoben wurde, daKündigungsschutz bestand und anschlie-ßend das Fusionsgesetz in Kraft trat, wel-ches die Kündigung verhinderte. Die in derPresse als Existenzbeweis für massenhafteAltkader an der HUB angeführte Häufungvon Nichtkündigungen in den FB Erzie-hungswissenschaften und Afrika- undAsienwissenschaften entstand aus dem spä-tenDatum der Verhandlung vor der Personal-kommission und nicht auf Grund „von Seil-schaften" an der HUB. Der inzwischen altbe-kannte Vorwurf der Senatsverwaltung, hierseien wieder „Altkader" am Werke gewesen,wurde inzwischen auch offiziell zurückge-nommen.

Fiktive Zahlen

Die größte Aufregung entstand um dieentstehenden Kosten. Nach Auslaufen desEinigungsvertrages zum 31.12.1993 konntendie betroffenen Personen nicht mehr nachDDR-Arbeitsrecht gekündigt werden, miteiner Kündigungsfrist von 3 Monaten. DieKündigungen müssen jetzt nach den Be-stimmungen des BundesangestelltentarifsOst ausgesprochen werden, dieser sieht eineKündigungsfrist von sechs Monaten vor.

Außerdem ist zu befürchten, daß eine gan-ze Reihe der Gekündigten sich über die Ar-beitsgerichte wieder in die Universität ein-klagen würde. Beziffert wurdeder erwarteteSchaden von der Senatsverwaltung für Wis-senschaft und Forschung zunächst auf 13,3 5Millionen DM. Auf die Summe kam man,indem das fiktive Jahresgehalt von 75.000DM eines Mitarbeiters angenommen undauf die Zahl derbetroffenenMitarbeiter hoch-gerechnet wurde. Es spricht für die Arbeits-

weise von HerrnErhardt, daß ewlie-se sehr UngewisseSumme flugs derPresse mitteilte,aber zwei Wochenspäter nach einerSitzung der Per-sonalkonimissionder HUB zum The-ma wieder zurück-zog. Genauer be-trachtet, bleiben imgünstigsten Fall(keine Klagen) nur3/4 dieser Summeübrig.

Wissenschafts-senator Erhardtbehielt sich diszi-plinarische Maß-nahmen vor, inso-ferndirekte Verant-wortlichkeitenausgemacht wer-den können. Diesbetrifft den Kanz-"ler, denPersonalchefunddiePräsidentinderUniversität. Erstere haben auch die Verant-wortung übernommen, Marlis Dürkop gibtlediglich zu, sie habe sich „subjektiv nichtsvorzuwerfen", abernicht immer deutlich ge-nug die Situation in der Verwaltung regi-striert. „Ich kann doch nicht die vielen Kün-digungen, die ich unterschrieben habe, auchnoch zählen", erklärt sie dem AkademischenSenat ihr spätes Reagieren. Wissen-schaftssenator Erhardt sieht „interneKommunikationsmängel, Leitungsdefiziteund eine außergewöhnliche Arbeitsbela-stung" der Verwaltung der HUB als Haupt-ursachen für die entstandene Situation.

Der entstandene Schaden bewirkt zusätz-lich eine strukturelle und atmosphärischeSchieflage an den betroffenen Bereichen,der Erneuerungsprozeß in Form des Austau-sches von Personen wird blockiert.

Personalratschef Beckmann

Joachim Baeckmann, der sich an seinemAmt regelrecht krankgearbeitet hat, ist amstärksten von disziplinarischen Maßnahmenbedroht. ErhatinfastallenFällenmitdenvonKündigung betroffenen Angehörigen derUniversität persönliche Gespräche geführt,so manche Klage vor den Arbeitsgerichtenabgewendet und im letzten Jahr ca. 150TageÜberstunden erarbeitet. Inzwischen habenihm verschiedene Personen vorgeschlagen,

den Amtsarzt auf-zusuchen, um fest-stellen zulassen, ober überhaupt nocharbeitsfähig sei.„Aus unterschied-lichen Gründen ha-ben mir diese Per-sonen einen sol-chen Vorschlag ge-macht", meintBaeckmann undfügt mit einer gehö-rigen Portion Sar-kasmus hinzu: „Die-ses Amt neigt dazu,Erfolge für andereundMißerfolgefürmich selbst zu pro-duzieren." Ihmfehltjetzt ein Erfolgser-lebnis: „Wenn manden eingeschlage-nen Wegfür richtighält und der geht

Foto: Fisahn nicht auf, schleichtsich das Gefühl ein,

man hat versagt!"Ähnlich sieht es Kanzler Neumann. „Wir

haben auf Grund der katastrophalen Über-belastungderLeutehierbisher alles im Klimm-zug schaffen müssen. Ich habe gedacht, wirschaffen auch dieses letzte Stück mit einemKlimmzug. Diese Einschätzung war falsch."In der Tat ist die totale Überlastung derVerwaltung der Hauptgrund für das entstan-dene Chaos. Fast ausschließlich ungeschul-tes Verwaltungspersonal noch aus DDR-Zeiten versucht, Probleme zu bearbeiten, fürdie Inkompetenz vorprog. Auf Grund derknappen Stellenausstattung sind Schulun-gen kaum möglich, Neubewerberfinden sichfast keine. Das nahe Brandenburg lockt mithöheren Gehältern und von Grund aufneustrukturierten Verwaltungseinheiten.Kanzler Neumann: „Wer nimmt dann schonnoch eine Verschlechterung des Gehalts inbezug auf die Arbeitszeit in Kauf, wenndirekt nebenan gute Angebote locken?' EineStelle im Bereich Verwaltung an der HUBmuß gewöhnlich mehrmals ausgeschriebenwerden, bevor sich überhaupt kompetentePersonenbewerben. HinzukommenEinspa-rungen: 302 Stellen im gesamten Ver-waltungsbereich wurden bisher abgebaut,es folgen 1994 30 und bis 1997 noch einmal10% des Stellenkontingents, etwa 80 Ar-beitsplätze im Bereich Verwaltung gehendabei verloren.

Die Verwaltungsarbeit an der HUB wirdzusätzlich blockiert durch nicht vorhandeneKommunikationsstrukturen: Da wandert einePersonalakte über drei Monate zwischenPersonalabteilung und Personalrat hin und

Page 9: UnAufgefordert Nr. 55

JJrvATrQAJZUVZ.

her, weil immer wieder eine Anlage oder eineUnterschrift fehlt Eine Rücksprache ist we-gen nicht vorhandener Zuständigkeitsbe-reiche kaum möglich. „Im Notfall geb ich'smeinen Chef, beschreibt eine nicht genanntwerden wollende Mitarbeiterin der Perso-nalabteilung ihre Arbeit. Notfälle scheint esviele zu geben: Der Schreibtisch vonBaeckmann ist eine Platte mit vier Akten-säulen in Meterhöhe.

PlaHe mit vierAktensäulen

Von außen bemühte inkompetente Fach-kräfte, für die dieHUB scheinbar eine Schwä-che hat, tun ihr übriges. Der Rechtsanwalt,der im Namen der HUB Kündigungenschrieb, die von den Arbeitsgerichten ausrein formalen Gründen „als nicht verhand-lungsfähig" der Universität zurückgeschicktwurden, ist inzwischen unbekannt verzo-gen.

Dem gegenüber steht eine vollkommen fal-sche Prämissensetzung der Arbeit durch dieUniversitätspräsidentin und die Senatsver-waltung.

Die Neuberufungen an der HUB finden ineinem erfreulich rasanten Tempo statt, derAufbau der Verwaltung und des Service-bereiches in einem erschreckend langsamen.358 von 500 neuen Professoren (ohne Cha-rite) sind da, die Studenten, eigentlicherNutzer der Universität als Bildungsstätte,fallen in ein immer tieferes Verwaltungsloch.

„Das ist ein Dilemma, in dem wir stecken,was wir aber für diese Übergangszeit in Kaufnehmen müssen", rechtfertigt Neumann ausseiner Sicht diese Schief lage. Dies wirkt sichaber nichtnur imPersonalbereichaus, sie istumfassender. In spätestens einem Jahr wer-den die ersten Studenten, die nur den „Über-gang" kennengelernt haben, mit ihrem Stu-dium fertig. Deren qualitative Ausbildunghinsichtlich der Lehre und den Möglichkei-ten des Studiums muß kritisch hinterfragtwerden:

Studieren imÜbergang

Für viele Studiengänge gibt es noch keinebestätigte Studien- und Prüfungsordnung.Oft werden bereits bestätigte Prüfungs-ordnungen durch neuberufene Professorenwieder in Frage gestellt oder ineinigen Punk-ten schlicht nicht beachtet. „Zum Beispiel",so der Leiter der Studienabteilung Pieper,

„ist die widerrechtliche Teilnahmebe-grenzung der Lehrveranstaltungen ein gro-ßes Problem. Hier wird zum Teil äußerstwillkürlich gehandelt." Ein anderes sind diezum Teil katastrophalen vorläufigen Prü-fungsordnungen. Der FB Biologie beispiels-weise schreibt in der Studienordnung „75Stunden Chemie im 2. Semester" vor - mitkeiner Rahmenordnung in Einklang zu brin-gen und schlicht falsch. Die Studenten imDiplomstudiengang Biologie müssenPraktika ä 6 Stunden absolvieren; davonwerden nur drei angerechnet, damit die Stun-denzahl insgesamt wieder stimmt. „Eigent-lich ein Unding!" - so Pieper. Vorlesungenwerden in einigen Fächern mit Klausurenbeendet, deren erfolgreiches Bestehen Vor-aussetzung für die Teilnahmebescheinigungist. „Rechtlich falsch!" - so Pieper. AkutenBedarf, hier für Neuregelungen zu sorgen,sieht die Studienabteilung etwa für denDiplomstudiengang Biologie, den Lehramts-studiengang Biologie undfür einige philolo-gische Fächer. Aufgrund der Änderung desBerliner Hochschulgesetzes (UnAUFNr. 54)müssen sowieso alle Studienordnungen bisApril nächsten Jahres überarbeitet werden.Es bleibt zu befürchten, daß die Staatsseite,wennFristen nicht eingehalten werden, selbstRegelungen für Studiengänge schafft: DieEigenverantwortlichkeit der HUB ist dannausgeschaltet. „Natürlich haben wir aucheine Arbeitsüberlastung, die michetwas nach-denklich für die Zukunft macht," beschreibtPieper den Ungewissen Fortgang der Erar-beitung neuer Studiendokumente für die ein-zelnen Studiengänge an der HUB.

Attraktive Termine

NachdenklichstimmtauchdiePlanungvonLehrveranstaltungen zum laufenden Som-mersemester. Eine Durchsicht der angebote-nenLehrveranstaltungenim Vorlesungsver-zeichnis ergab, daß eine stark überpropor-tionale Häufung der LehrveranstaltungenandenTagenDienstag, Mittwoch und Don-nerstag auftritt, am Freitag läuft fast nichtsmehr. Beispielsweise hat das Institut fürGeschichtswissenschaften mit 198 Lehrver-anstaltungen bei35 Terminen innerhalb derWoche einen Zwischenwert von 5,6 LVproLehrveranstaltungszeit. Dieser wird zum at-traktiven Termin Dienstags von 14.00 -16.00Uhr mit 15 übererfüllt, Freitags nach14.00Uhr laufen nur noch zwei Lehrveran-staltungen. Die Folge ist eine Einschrän-kung des Studienangebotes, zumal wennsich, wie in der Geschichte, Termine für Vor-lesungen und Hauptseminar decken. Pro-blematisch ist auch das Gezerre um die Räu-

me. „Das Raumproblem an der Humboldt-Uni ist zum Teil hausgemacht, resultierendaus der schlechten Verteilung der Lehrver-anstaltungen." gibt Pieper zu. Die Studien-abteilung könne hier nur mahnend auffor-dern, eingreifen kann sie nicht.

Eklatante Verstelle

Auch dann nicht, wenn eklatante Verstößegegen die Prüfungsordnung vorliegen.Nochmal zurück zum Problemfall Biologie:Im Sommersemester 1994 werdenkeine Se-minare mehr angeboten, angeblich wegenfehlender Personalausstattung. Folge: EinStudium nach Prüfungsordnung ist nichtmehr gewährleistet. Befragt, welche Mög-lichkeiten Studenten in einem solchen Fallhaben, erklärt Pieper: „Die Studenten, undich würde studentisches Engagement insolchen Fragen nur begrüßen, können insolchen Situationen beim Fachbereich, demFakultätsrat, der Studienabteilung und derPräsidentin Beschwerde einlegen. Zuletztbliebe das Mittel der Klage auf Vertrauens-

"Ich habe mir nichts vorzuwerfen..."Foto: Fisahn

Page 10: UnAufgefordert Nr. 55

schütz vor dem Verwaltungsgericht."Zustande kommen solche Probleme, wenn

die Kommunikationsstrukturen zwischenZentraler Universitätsverwaltung und denFakultätenbzw. denEndabnehmern Profes-soren gestört sind. „Ich kann doch nicht zudem Mittel greifen, daß ich mit der Studien-satzung zu den Dekanen gehe, sie aufforde-re, diese zu lesen und mich daneben setze,um zu beobachten, daß sie das auch getanhaben", beschreibt der Leiter der Studienab-teilung diese Kommunikationsmängel. UndHeinz Spangenberg, rühriger Kämpfer fürneue Studienordnungen, kann oft nur sa-gen: „Ich weiß es nicht." Vieles, was an dieFachbereiche geht, kommt gar nicht oderverspätet zurück. Die Bearbeitung einer neu-en Studienordnung muß so verlängert wer-

den. Und oft ist das Bemühen der einzelnenFachbereiche, sich auf zentrale Rahmenvor-gaben einzulassen,äußerst gering.

Was fehlt, sind Rahmenvorgaben aus derUniversitätsleitung und der Senatsverwal-tung. Die Affäre um die Kündigungen hateinen tiefen Graben sichtbar gemacht, derzwischen der Verwaltungsebene, einzelnenProfessoren und der Universitätsleitung inpersona der Präsidentin klafft.

Kritik an derPräsidentin

Ende März sind zwar alle säumigen Kündi-gungen ausgesprochen und mit einigen

Ausnahmen umgesetzt, aber die prekäre Si-tuation, in der sich die Humboldt-Universi-tät befindet, ist damit nicht aufgehoben. Die„Kündigungsafläre" zeigt vielmehr deutlich,in welch große Krise die Humboldt-Univer-sität geraten ist. Die Verunsicherung gegen-über dem weiteren Weg der Universitätwächst, viele neuberufene Professoren sindsich nicht mehr sicher, ob sich der Einsatz füreine reformierte Universität gelohnt hat bzw.überhaupt noch lohnt. Die Kritik innerhalbder Universität an einer inkompetenten Lei-tung durch die Präsidentin, die es versäumthat, der Universität ein klares Leitungs-konzept zu geben, wächst, wird aber dortnichtgehört. Ihrpolitisches VerhaltenimFallder Kündigungen hat zum Teil tiefe Enttäu-schung innerhalb der Universitätsleitung

Wohin geht die Universität?Eigentlich war Ruhe eingekehrt in das Haus Untir den Linden. Die Semsterferien versprachen ein leichtes

Abflauen der stürmischen Winde, die seit dem Aufbrechen der DDR-Gesellschaft, immerfort von verschiedenenSeiten die Universität erfaßten und die für ein Übermaß an Arbeitsbelastung für alle in den Strudel irgendeinerFunktion geratener Mitarbeiter dieser Universität sorgten.

Doch kam es anders, späterhin. In der winterkalten Ruhezeitbrach plötzlich ein Sturm vom Blätterwald her über die streß-gepeinigten Verantwortlichen in Leitung und Verwaltung herein.DieFAZ suchte (in Person vonKonrad Adam) im Versäumnis desVollzugs von Kündigungen (und in den „Machenschaften" beimWahlvollzug Anfang Februar) wiederholt die roten Socken mitihren schier netzartigen Seilschaften, die immer noch die Univer-sität regieren sollen, zu erkennen. Und erklärte abschließend dieReform der Humboldt-Universitätfür endgültig gescheitert. Dar-aufhin stieg wieder das Interesse der Öffentlichkeit am Zustandder Humboldt-Universität, wie es wohl immer wieder intervallartigüber die zukünftig „regierungsnahe" Institution hereinfällt, bis zuwissenschafts- und bildungspolitisch eher unscheinbaren publi-zistischen Meisterwerken wie BILD und BZ. Nach einigen aufge-regten Schuldzuweisungen zwischen politischem Senat undUniversitätsleitung in denen versucht wurde, persönliche Ver-antwortung für das nun nicht erreichte Klassenziel im vorgegebe-nen Finanzrahmenfür 1994 zubleiben, herauszustellen, ist es nunum Wissenschaftssenator Erhardt wieder stiller geworden. Wohlnicht zuletzt wegen möglicher eigener Verantwortung in derVernachlässigung seiner Aufsichtspflicht als Vorsitzender derPersonalkommission der HUB...

Doch hinter der eigentümlichen Wahrnehmung der Humboldt-Universität in der Gesellschaft und hinter der Art der Reaktion aufbegangene Fehler seitens des Senators und seitens derUniversitätsleitung verbergen sich zwei Arten von Realitäts-verlust, der fast zwanghaft mit dem deutschen Einigungsprozeßverbunden ist.

Zur Außenwahrnehmung: Schon zu Zeiten der kommendenVereinigung Berlins geisterten zwei Ideen in den Köpfen vor allemWestberliner wissenschaftspolitisch engagierter Leute herum.

Die eine war die von der notwendigen Schließung der Humboldt-Universität und einer Neugründung unter möglicher Ägide (viel-leicht Rückkehr?) der Freien Universität, die ja nach 1945 als Reak-tion auf die Ideologisierung der eigentlichen Berliner Universität inWestberlin begründet wurde. Man hätte eben doch neugründensollen, war denn auch das vorgebrachte Argument (Rupert Scholz,CDU), als die beschriebene Malaise der HUB an die Öffentlichkeitdrang. Vergessen war bei der Idee, wie bei dem vorgebrachtenArgument, nur leider, daß Menschen und in Teilen durchauswissenschaftlich engagierte Menschen an der Humboldt-Universi-tät tätig waren und sind, daß Studenten hier auch profunde Lehreerfuhren und sie gerade auch nach dem Umbruch in der DDR-Gesellschaft freier nutzen wollten. (Und wie wollte man Vertrauens-schutz für die Studenten laut Einigungsvertrag denn anders gewäh-ren, als mit einer wenigstens vorläufigen Übernahme?) Wollte manalso in Kolonialherrenmanier vorgehen?

Daß diese Vorstellung nicht zum Tragen kam, war wesentlichesVerdienst der Ernennung eines Auswärtigen zum Wissenschafts-senator (Manfred Erhardt, Baden-Württemberg). Daß diese Ideeaber immer noch umherirrt, zeigt die Illusionshaltigkeitder Wahr-nehmung von idealen Zuständen. Es haben sich nun einmal dreiUniversitäten in Berlin etabliert.

Die andere Idee, die umherschwirrte, war deutschlandbezogener.Es war die einer in den neuen Bundesländern durch den wirklichenZwang einer Neustrukturierung sich eröffnenden Chance zu einerUniversitätsreform, die endlich die massenuniversitären Ärgernis-se vom Platz fegen sollte. Und die Humboldt-Universität zu Berlinsollte an herausragendem Platze ein Beispiel geben. Gerade darumsieht Konrad Adam (FAZ vom 22. 02. 1994) nun die Reform alsendgültig gescheitert an. Doch reicht ein so gearteter Reformatemeben nicht weit genug, wenn einerseits die realen Bedingungen für

Page 11: UnAufgefordert Nr. 55

ausgelöst. „Die Reformansätze werden allzuoft und allzu massiv durch tagesaktuelleProbleme behindert, die allzu oft und allzunachhaltig durch eine verfehlte politischeRahmenvorgabeauch innerhalbder Univer-sität verursacht wurden.", so ein Mitgliedder Universitätsverwaltung.

Die Bereitschaft eines Teils der Lehrendenundder Leiterauf Verwaltungsebene, mitderPräsidentin zusammenzuarbeiten, sinkt. Umeinen Prof. Winkler, der seine Bedenkengegenüber der Präsidentin angekündigt hat,sollte Marlis Dürkop nicht bange werden.Wenn aber Vizepräsident Hof mann, einerder wenigen, der sich um Konzepte für dieUniversität bemüht, im Akademischen Se-nat seine Unsicherheit darüber verkündet,ob er noch das richtige Amt innehabe, soll-

ten bei der Präsidentin alle Alarmglockenklingeln.

Passiv verhält sich auch die Senatsverwal-tung für Wissenschaft und Forschung, diesichauch im vorliegenden Fall wieder einmalals Verwaltungsbehörde begreift und ihrepolitische Signalwirkung nur in Mißtrauens-bekundungen versteht. Geforscht wird imsichtbaren Widerstreit mit ständigemRückwärtsblick nach den scheinbar immernoch vorhandenen „roten Socken". Vorga-ben und konstruktives Verhalten sind sel-ten. Vier Beamte hat der Wissenschafts-senator zur Lösung des Problems geschickt,dann hat er der Universität „administrativeInsuffienz" vorgeworfen und geschwiegen.Dieser Vorwurf geht gleichberechtigt zu-rück.

Widerstreit mitRückwärtsblick

Unter den Personen, die aus dem Westenbzw. auch aus dem Osten an die Universitätneu gekommen sind, um ihr im Prozeß derErneuerung zu helfen, breitet sich zuneh-mend Unsicherheit über den eigentlichenSinn der Arbeit aus. Personalchef Baeck-mann: „Ich kündige hier Leute, Herr Neu-mann auf der anderen Seite beruftNeue, undbeide wissen wir immer weniger, wo diesalles hinführen soll! Wirtauschen nur Perso-nen aus."

eine mögliche Andersheit dieser Universität überhaupt nicht wahr-genommen wird, und wenn andererseits der ganze Antrieb für eineReform der jahrelang vergeblichen Diskussion der Alt - Bundesre-publik entstammt, gemäß demMotto: Hier im Modelland greifen nunendlich die vormals in praxi verworfenen Lösungsansätze. Wo istdenn die Hochschulautonomie der Humboldt-Universität? Und woist das weitreichende politische Reformprogramm des Senats? Washier stattfindet, ist doch maximal ANPASSUNG an WestberlinerVorgaben!

Es ist die paradoxe Sicht der Draufseher, die, geleitet vom Ideen-schutt vergangener Realitätsspiegelungen, die Humboldt-Univer-sität im geschilderten Zwielicht erscheinen läßt, fernab einer wirk-lichenProblemanalyse oder gar eines wirklichen Lösungsvorschlagsfür die, die in täglicher Arbeit und unter immensem Druck vernünf-tige Entscheidungen treffen sollen und vielmals ja auch wollen!

Zur Art der Reaktion von Senator und Universitätsleitung: Dasaufgeschreckte Rudern und die unangemessenen Töne (Schuldzu-weisungen zu Häuf) auf die Außenwahrnehmung der versäumtenKündigungen verraten konzeptionelles Niemandsland bei der Tä-tigkeit beider.

Vizepräsident Prof. Hofmann beschrieb in einer maßgeblichenSitzung des Akademischen Senats, während einer sehr persönli-chen Stellungsnahme zu den Vorfällen, die Situation mit einemplastischen Bild: Bewundert hätte er die ganz in der Nähe derUniversität stattfindenden Arbeiten auf der größten Baustelle Eu-ropas, den in Bau befindlichen Friedrichstadtpassagen. Eine Un-menge an Materialien, an unterschiedlich qualifizierten Arbeiten inrichtiger Reihenfolge würden dort, inmitten immer noch pulsieren-den städtischen Lebens, gebraucht. Und dennoch entstehe dortfast unscheinbar ein riesiger Bau. Dies sei aber eben nur möglich,so sagte er, weil dort eine ganze Gruppe von Logistikern unschein-bar die Fäden ziehe, mit denen das Baugeschehen voranschreite.Eben diese vorausschauende Leitung des Geschehens hätte er inseiner Tätigkeit vermissen müssen.Es hilft eben wenig, wenn man, wie Prof. Hofmann, die ganze

Aufgabe eines Neuaufbaus und einer wirklichen Erneuerung vorsich sieht, aber keiner diese Erkenntnis teilt. Und deshalb neben;inem nur gewurschteltwird, und, was viel schlimmer ist, über einemnurmehr das Mißtrauen regiert und die Unterstützung und Leitungjei einer so schwierigen Sache, wieder Reformierung der Strukturen

einer Universität im Umbruch, also größenordnungsmäßig fehlt!Die Einsicht in die Aufgaben, die der Einigungsprozeß stellt, ist

scheinbar in Berlin auf hochschulpolitischem Areal nur spärlichgesät.

Die Leidtragenden dieser fehlenden intellektuellen Kraft sindnicht zuletzt die Studierenden dieser Universität, diein der ganzenWirrnis der Umbruchsphase, die kein Ziel erkennen läßt, auchkeiner Freiräume gewahr werden, und die sich so wohl kaum derGründungsväter erinnern werden, welche damals aus Reform-geist der Universität als Institution eine neue Prägung gaben, diesich in allen Universitäten von Rang in aller Welt durchsetzte.Nämlich die Wissenschaft in das Zentrum der Universität zustellen, und nicht in der Ausbildung das Heil dieser Institution zufinden. Lehre und Forschung sollten in dem lebendigen Organis-mus Universität ihre gegenseitige Befruchtung erfahren. Wobeies um die Hinterfragung der bestehenden Kategorien und dieWeiterentwicklung der Wissenschaft ging. Wilhelm von Hum-boldt schrieb 1810 in seinen Vorstellungen über die Neuorgani-sation, wie wir heute sagen würden, der Wissenschaftslandschaft,daß „der Gang der Wissenschaft offenbar auf einer Universität,wo sie immerfort in einer großen Menge und zwar kräftiger,rüstiger und jugendlicher Köpfe herumgewälzt wird, rascher undlebendiger ist"

Die Kraft der Jugend hat in diesen Tagen einen schweren Stand,überhaupt entdeckt zu werden, da schier alles in Rückwärts-betrachtung und Ertragen des täglichen Drucks der institutionel-len Strukturen erstarrt scheint. Daß aber gerade die geistig an-spruchsvolle Atmosphäre unter den neu hereinströmenden Stu-denten, die getragen wird von der Kraft der hiesigen Biographien,die einzige Chance bietet, die Humboldt-Universität zu eineminteressanten Forum geistiger Auseinandersetzung zu machen,vielleicht ja auch zu einer „geistigen Mitte" im regierungssitzli-chen Berlin, scheint völlig unreflektiert. Und wird wohl schlum-mern bis die letzte Kraft der Biographien in nerventötender,aktivitätseinschläfernder Gremienarbeit verschwendet ist oderder letzte Student mit hiesiger Biographie und dem Drang nacheiner geistigen Herausforderung die Humboldt-Universität ver-lassen hat!

Ulrich Miksch

Page 12: UnAufgefordert Nr. 55

Paual Wieaas

Lssass JNemaid Aurei INemaslHockü oermir Imbir Kenlaub

(Jbir Kedei iNesüs SelaslSiel Rugnickl Sansick Milverl

Auk 01a 01a 01a 01a LaPfui

JJieson JNescnie JNauisien llrabLJndi Ckick Sckau legernki MaulISobreckl INurü oermick JJenslabJJannse lzenwi Uunsbei Uearaul

Oje Oje Oje Oje MiniPsl

vie braucnsan Weisung:

Inei Jlema lein zu vruncilaul

iYuisa vrenialls JJuon JMebraul

Page 13: UnAufgefordert Nr. 55

Unsere Chance liegt in derErneuerung

Gespräch mit Prof. Dr. Volker GerhardtGeschäftsführender Direktor des Instituts für Philosophie

Zu den in loser Folge erschienen Beiträ-gen über eine mögliche Neuorientierungder Humboldt-Universität kommt in dieserNummer das erste Mal ein, aus den altenBundesländern gekommener Professor zuWort, der hier sofort eine Venvaltungs-funktion übernommen hat. Erzieht Bilanznach eineinhalb Jahren Tätigkeit im Auf-bauprozeß des philosophischen Instituts.

UnAUF: HerrGerhardt,Sie sind jetzt seitanderthalb Jahren an der Humboldt-Uni-versität Wie fühlenSie sich?

Volker Gerhardt-Zunehmend ent-täuscht! Ich bin mitgroßen Erwartungenhierhergekommen, ha-be die Verödung mei-nes Privatlebens, dieVerschiebung meinerForschungsvorhabenund empfindliche fi-nanzielle Einbußen inKauf genommen, weilich meinte, daß derAufbau des Institutsfür Philosophie anDeutschlands bedeu-tendster Universitätnicht länger verzögertwerden durfte. Dazuhabe ich mich auch be-reitwillig auf eine geradezu groteske Arbeits-situation eingelassen. Aber gelohnt hat sichdie Mühe nicht. Morgens sage ich in derRegel: noch nicht, abends bleibt vom Nochdann nichts mehr übrig.

Vor einem Jahr haben Sie sich in der»Berliner Zeitung" ziemlich optimistischgeäußert. Ist da nicht ein Widerspruch?

Ich habe damals gesagt, daß ich „nur mitden Studenten richtig zufrieden" sei. Davonnehme ich nichts zurück. Im Gegenteil: Zuden positivenEindrücken in meinen Lehrver-anstaltungen, in denen wir den Schmutz, dieüberheizte und verbrauchte Luft in den vielzu engen Räumen rasch vergessen, sind nun

auch die gutenErfahrungen in der Gremien-arbeit hinzugekommen. Außerdem sind vonden Philosophiestudenten ernsthafte Vor-schläge zur Verbesserung des Studiumsgekommen. In Einfuhrungsveranstaltungenfür die Studienanfänger und in zwei Modell-seminaren werden die neuen Ideen jetzt er-probt.

Und über Ihre Kollegen läßt sich nichtsGutes sagen?

Im Gegenteil: Nur Gutes! MitdenKollegenund Mitarbeitern im Institut bin ich wirklich

zufrieden. Da ist auch die Ost-West-Integra-tion auf einem guten Weg; wir kooperierennicht nur gut, sondern wir verstehen unssogar. Ja, wir können uns schon gegenseitigdie Meinung sagen! Nach allem, durch tätigeMitwirkung für günstigere Bedingungen zusorgen, hat man sich im Innenverhältnis aufAnfragen beschränkt und im Außen-verhältnis kaum etwas dazu beigetragen,den publizistischen Feuerbrand einzudäm-men. Allerdings muß ich einräumen, daß diePräsidentin durch ihre öffentlichen Erklä-rungen die Sache eher verschlimmert hat.

Wer trägt die Verantwortungfür die Kri-se?

Um diese Frage beantworten zu können,müßte ich mehr von den internen Vorgängenwissen. Deshalb muß ich mich auf den Hin-weis beschränken, daß die Lage für alle Be-teiligten extrem schwierig war und ist. Nie-mand konnte erwarten, daß die Humboldt-Universität mit dem Auslaufen des Er-gänzungsgesetzes wie ein Phönix aus derAsche steigt. Ausbau und Reform unsererUniversität sind ein Prozeß, der noch einigeJahrein Anspruch nehmen wird. Underkannnur gelingen, wenn die Politik, die Verwal-

tung und die Wissenschaftin dieser Stadt sich nichtdurch ein paar Rückschlägevon der anfänglichen Ziel-setzung abbringen lassen.

Was Sie den anderen emp-fehlen, könnten Sie das nichtauch auf sich selbst anwen-den? Siebrauchten dann we-niger enttäuscht zu sein.

Guter Rat! Ich will mein Be-stes tun! Aber Sie solltenschon den Unterschied etwazwischen dem Senator undmir sehen: Erwares, derdie-ser Universität alle Unter-stützung zugesichert hat. Erhat der Humboldt-Universi-tät eine glanzvolle Zukunft inAussicht gestellt. Ich durfte

Foto: privat annehmen, daß sein Verspre-chen auf solider Grundlage

beruht, und habe ihm geglaubt. Im übrigenbin ich auch gerne bereit, dies weiterhin zutun. Vorausgesetzt, es ist derpolitische Willeerkennbar, die Universität in ihrem Er-neuerungsprozeß nachdrücklich zu fördern.

Sie haben angedeutet, daß Sie noch mehrGründe für Ihre Enttäuschunghaben. Kön-nen Sie vielleicht noch einen weiteren nen-nen?

Nein, wir wollen es gut sein lassen. Dievielen kleinen Ärgernisse, die sich mit denfehlenden Räumen und Stellen, der desola-ten Bibliothekssituation, der doktrinärenGesinnung, der fehlenden Kompetenz etc.,etc. ergeben, zählen nicht. Das wächst sich

Page 14: UnAufgefordert Nr. 55

aus, wenn wir zusammenwachsen. Bedenk-licher ist schon, daß nur in seltenen Ausnah-mefällen ein Ost-West-Dialog zustandekommt Aber auch hiervertraue ich auf einenLernprozeß, von dem ich mich selbst nichtausnehmen will.

Wenn Sie das Fehlen von Ideen und Kon-zepten beklagen: Was sind denn Ihre Vor-stellungen?

Die sind in das Wahlprogramm von MitHumboldt eingegangen. Wenn man diesesProgramm auch nach der Wahl beachtenwürde, wären die Grundpositionen klarer.Sie erleichtern die Aufstellung einesPrioritätenkatalogs, den wir nach denHaushaltskürzungen brauchen. Im übrigenerwarte ich vom akademischen Senat, daß erdie Universität stärker in die Debatte über dieStudienreform, die Forschungsförderung,die Verwaltungsstruktur und über die Ge-staltungder Mitte Berlins einbringt. Ich wie-derhole noch einmal meinen Vorschlag, dieUniversitätsbibliothekim Gebäude der Volks-kammer unterzubringen oder - noch besser:im wieder aufgebauten Schloß. Wir müssenauch nach außen hin deutlich machen, daßhier nicht nur ein Zentrum der Macht ent-steht. Der Geist muß gegenwärtig sein, unddas hat auch in der Architektur zum Aus-druck zu kommen. Zwischen der Spreeinselund dem Forum Fridericianummuß ein kulturelles EpizentrumderpolitischenMacht entstehen.

Man sagt Ihnen nach, Sie plä-dierten für eine Elite-Univer-sität?

Der Unsinn ist mir auch schonzu Ohren gekommen. Aber ichversichere Ihnen, daß mir ein sol-ches Plädoyer nie über die Lippenkäme. Wer gegen eine „Kader-Universität" ist, kann schlecht füreine „Elite-Universität" sein. So-ziologisch mag es einen gewis-sen Sinn ergeben, von „Eliten" zureden; wer das aber in politischeProgrammatik überträgt, derdrückt nur den diffusen Wunschaus, selbst irgendwie dazuzuge-hören. Mein politisches Credo istder demokratische Rechtsstaat,derseinersozialen Verantwortung •nur gerecht werden kann, wenn er in einerdifferenzierten, lebendigen Kultur über eineleistungsfähige Wirtschaft verfügt. Für al-les dies brauchen wir eine exzellente For-schung und gute, vielseitig ausgebildeteWissenschaftler. Die können natürlich nuraus Universitäten kommen, die ihr Bestesgeben. Gewiß würde ich mich freuen, wenndie Alte Berliner Universität bald wieder indem Ruf stünde, zu den besten Universitä-ten zu gehören. Das ist, nebenbei gesagt,

auch der einzige Weg, für eine gute Perso-nal- und Finanzausstattung zu sorgen. Diebeste Sozialpolitik in einer Universität taugtdaher nichts ohne gute Wissenschaft.

Wie steht es mit dem Ausbau des Institutsfür Philosophie?

Die Erneuerung kommt seit der Reduktionder Ethik-Professur auf C 3 im vergangenenSommer nicht mehr voran. Die von allengewünschte Aufstockung der Stelle ist aberan die Annahme der Professur für Naturphi-losophie gebunden. Die wiederum ist an denAbschluß eines Vertrages mit der Max-Planck-Gesellschaft gebunden. Dieser Ver-tragsabschluß ist aus Gründen, über die ichnicht spekulieren möchte, verschleppt wor-den. Vielleicht ist jetzt alles zu spät, und dieeinmalige Chance zur Anbindungeines Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsge-schichte der Naturwissenschaften ist ver-tan. Von der in Aussicht gestellten Profes-sur für Sprachphilosophie, mit der wir an dieTradition Wilhelm von Humboldts anschlie-ßen wollten, ist nach den Etatkürzungennatürlich auch nicht mehr dieRede. DieFort-setzung des erst im Wintersemester aufge-nommenen Studiengangs für Philosophie-Lehrer ist in Frage gestellt. Die Aussichtensind schlecht.

Wie werden Sie dann mit den sprunghaft

steigenden Studentenzahlen fertig?Wir bemühen uns natürlich durch Gastpro-

fessuren, Lehraufträge und durch eigeneMehrarbeit Ersatz zu schaffen. Die entlastenuns aber nicht bei der Betreuung der Studen-ten. So wie die Dinge liegen, muß ich sogarVerständnis für das Verlangen des Politi-schen und des Akademischer Senats auf-bringen, einen Numerus clausus für unserFach einzurichten. Die Maßnahme wider-sprichtmirzutiefst. Aberich weiß nicht, wie

wir anders den jetzt Studierenden einegute Ausbildung garantieren können.

Sie haben kürzlich in einem Vortrag imSenatssaal gegen den politischen Gebrauchvon Utopien polemisiert Wenn Sie nun sostark für eine Erneuerung der Universitätplädieren: Brauchen Sie da nicht selbsteine Utopie?

Ich wüßte nicht. Wir brauchen Ideen undIdeale, wenn wir erfolgreich politisch han-deln wollen. UndwirbenötigenProgrammeund konkrete Pläne, die angeben, wie wir denWeg in eine stets Ungewisse Zukunft bewäl-tigen wollen. Aberwir dürfen die Gegenwartund die nächste Zukunft nicht mit Blick aufimaginäreZieleüberspringen. DerTagtraumlähmt die politischen Kräfte und birgt dieGefahr, die Gegenwart einem Phantom zuopfern. Wohin das führen kann, hat uns derreal existierte Sozialismus gelehrt.

Und welche Ideen und Ideale haben Sie?Politisch sind sie durch die Prinzipien vor-

gegeben, denen die Politik nur unter derGefahr der Selbstpreisgabe widersprechenkann, also durch das Streben nach Freiheit,Gleichheit und individueller Eigenständig-keit. Zu sichern sind sie nur unter den Bedin-gungen des Rechts, das auch die Gerechtig-keit gegenüber den Bürgern einschließt, diefür ein eigenständiges Lebens zu schwach

sind. Alles Wei-tere ergibt sichaus den konkre-ten Ansprüchenund Erwartungenin der jeweils ge-gebenen histori-schen Situation -nicht zuletzt ausdem Mut und derFreude, die eige-nen Kräfte auchgegen Wider-stände zu be-haupten. Als Wil-helm von Hum-boldt diese Uni-versitätgründete,stand Preußenvor dem Ruin. Eraber meinte, mandürfe auch vor ei-

nem Abgrund die Hoffnung nicht aufgeben.An seinen Lehrer Wolff schrieb er damals:„Niemand kann die Zukunft enträtseln; aberich weiß nicht, ich habe einen manchemwunderbar scheinenden Mut." Dieser Mutkönnte uns heute in Berlin aus mancherkleinlichenBefangenheit lösen.

Das Gespräch führte Ulli

Foto: privat

Page 15: UnAufgefordert Nr. 55

~kA\ ICII/AI

Chormusik aus fünf Jahrhunderten

Im Sommer 1991 hatten der Chorleiter Hans-Peter Schurz und einige Studentinnen undStudenten des Institutes für Musikerziehung der Humboldt-Universität zu Berlin dieIdee, einen Chor zu gründen. Mit dem Beginn des neuen Semesters im Oktober entstandder Kammerchor „Jeunesse" Berlin. Und schon zur Weihnachtszeit gaben sie ihr erstesKonzert in Neuruppin. Mit Erfolg! DasNeuruppiner Publikum zeigte sich begeistert vonden Neuen aus Berlin.

„Jeunesse" ruhte sich nicht auf seinenersten Lorbeeren aus, sondernprobte intensivfür einen näch-sten großen Auftritt. Der ChorfuhrimMai 1992nachNeerpeltin Belgien zum „EuropeesMuziekfestival voor deJeugd", wo er sein Könnenvor einer internationalen Juryunter Beweis stellen und mitüber einhundert anderen Chö-ren in Wettstreit treten wollte.„Unser Ziel war es, Kontaktezu anderen Chören zu knüp-fen und erfolgreich am Festi-val teilzunehmen" so JochenSteiner, einer der fünf Tenöredes Chores. Ihr Ziel erreichtensie auf jeden Fall, denn dieJury würdigte dieLeistung von„Jeunesse" mit dem „ 1. Preissumma cum laude". WeitereReisen ins Ausland folgtenbald, so zum Beispiel im Herbst1992 nach Lund (Schweden)zu einem Choraustausch undzum 4. Internationalen Kam-merchorfestival nach Miskolc (Ungarn) imMai 1993. Seit 1992 gastierte der Kammer-chor wiederholt in verschiedenen Städtendes Berliner Umlandes.

Sein Hauptstadt-Debüt gab der Chor am

Sänger überzeugten auch die Berliner Zu-hörer mit schönen Stimmen und einem inter-essanten Programm, das Chorwerke aus fünfJahrhunderten und unterschiedlichen Na-tionen bot. „Es hat uns freudig überrascht,"resümiert Chorvorstandsvorsitzender Jo-chen Steiner, „daß sich unser Publikum auchungewöhnlicher Literatur gegenüber so auf-

31. Oktober 1993 in der FranzösischenFriedrichstadtkirche am Gendarmenmarktmit einem Konzert anläßlich des Re-formationstages. Die 29 Sängerinnen und

geschlossen zeigte. Diese Reaktion bestä-tigt uns in dem Bestreben, auch weiterhinnichtalltägliche Werke zu Gehör zu brin-gen."

Anzeige

Wir haben die besten Erfahrungen mit jungen Menschen gemacht, welche ihr

Studium abbrechenwollten und bei uns einen neuen Beruf als

Gewerbe-Immobilienmakler,ergriffen haben. Übrigens ausnahmslos Ex-HUB-Studis. Deshalb halten wir auch ständig 1-2 Schreibtische fürUmsteiger frei. Wer sich heute oder später einen solchen Schritt überlegen möchte, sei gewarnt. Einerseits beschäftigenwir uns nicht damit, Omis über den Tisch zu ziehen oder Wohnungen zu Luxusmieten zu verklingein, andererseitsherrsoht durohaus das rauhe aber herzliche Klima der freien Wirtschaft bei uns. Wer bereit ist, ca. 2500 Stundenim Jahr zu arbeiten, nicht glaubt, daß auf Anfänger goldene Berge und Pensionsansprüche warten, bekommthöchstwahrscheinlich seine Chance bei uns. Als Ausgleich für den Sprung in kalte Wasser gibt es hier eine extremflache Hierarchie, eine offene Atmosphäre, vielfältige Chancen auf Erkenntnisse im Learning-By-Doing - Verfahrenund vom ersten Tag an viel Verantwortung und Selbständigkeit. Also, wer Lust hat, ruft an.

SLB Stefan Liesegangs Büros030-417798-0

Page 16: UnAufgefordert Nr. 55

I I^

Der Erfolg des Chores ist neben der inten-siven Probenarbeit nicht zuletzt den Erfah-rungen und dem Können des Chorleitersund Dirigenten Hans-Peter Schurz geschul-det, der sich bei Seminaren in Deutschland,Afrika, Lateinamerika und Asien sowie alsHonorardozent an der Humboldt-Universi-tät zu Berlin der Ausbildungjunger Chorlei-ter widmet. Mit einfühlsamem und bestimm-tem Dirigat weiß er die jungen Stimmen zuvielfältigem Ausdruck zu führen.

Auf ihre Konzerte freuen sie sich natürlichalle und sind stolz auf ihren bisherigen Er-folg, „aber das Wichtigste ist für uns dieFreudeamgemeinsamenMusizieren" meintCordula Ulbricht, die von Anfang an im Altmitsang. Übrigens studiert Cordu (wie sievon allen genannt wird) Informatik und nichtMusik. Sie ist nicht die einzige „Nicht-musikerin", denn wenn auch die Initiativeanfänglich von Musikstudenten ausging,so ist das berufliche Spektrum der Mitglie-der mittlerweile weit gefächert. Einige vonihnen studieren in den Fächern Jura, Germa-nistik, Geschichte und Russisch, andere ar-beiten in medizinischen Bereichen oder alsLehrer. Sie alle verbindet jedoch der Spaß

D i e g o l d e n e M i t t e

Kiepert an derHumboldt-UniDie Buchhandlung

in der Georgenstraße 2.

in 10117 Berlin-Mitte,

nahe Bhf. Friedrichstr

Telefon 2081844/45

Fax 208 18 29

Kiepert. Bücher Für Alle.

am Singen. Und den konnten sie ihrem Pu-blikum bisher immer sehr eindrucksvoll ver-mitteln.

NachBerichteninUnAUFNr. 52überdieQuerelen um die verschieden Klangkörperder HUB wird jetzt mancher vielleicht den-ken: Noch so' n Chor, der Geld von der Uniwill! Nein, falsch gedacht. „Jeunesse" istmittlerweile als gemeinnütziger Verein aner-kennt und finanziert sich durch Mitglieds-beiträge und Sponsoren. Eine recht guteMöglichkeit, einen solchen Klangkörper amLeben zu erhalten. Zumindestens klappt esbei „Jeunesse" prima.

Das jüngste Zeugnis seiner Qualität legte„Jeunesse" am27.02.1994 um 16.00 Uhr imKammermusiksaal der Philharmonie ab, woer, wie immer mit Hans Peter Schurz amDirigentenpult, konzertierte; diesmal gemein-sam mit dem Berliner Kammerchor unterLeitung von Mirjam Sohar. „Wir wollten denBerlinern innerhalb der Sonntagskonzert-reihe des Berliner Sängerbundes einen ni-veauvollen musikalischen Nachmittag bie-ten" umriß Hans-Peter Schurz das Anliegendes Konzertes. Mit Werken wie der „VisionS" von Günther Erdmann, einem zeitgenös-

sischenBerliner Kompo-nisten, „Jerusalem ofGold", einem israelischenLiedvonNaomi Shemer,Spirituals, Madrigalenaus dem 17. Jahrhundertvon Johann HermannSchein und, aus dem 16.Jahrhundert, die „Missasecunda" von Hans LeoHaßler ist ihnen das sehrgut gelungen. Das be-wies auch der nicht en-den wollende Applaus.Am eindrucksvollstenwar die „Vision S" mitdem darauf folgenden„Jerusalem of Gold", beidenen wohl so manch-einem ein Schauer überden Rücken lief. Dochauch die Interpretationder Spirituals und ande-ren Literatur zeugte vonmusikalischem Feinge-fühl der Sängerinnen undSänger und des Dirigen-ten. Insgesamt kann manvon einem interessantenmusikalischen Nachmit-tag sprechen und auf fol-gende Konzerte des Cho-res gespannt sein.

BuchhandlungKiepertStadtmitte

Die Buchhandlung

in der Friedrichstraße 63,

in 10117 Berlin-Mitte.

am U-Bhf. Stadtmitte.

Tel. 208 25 H/208 27 II

Fax 208 26 13

Kaa

NjuhsM*di«nkongr«B

in Stuttgart

Schüsseln, Kabel, über 20 Fernsehpro-gramme per Fernbedienung - der Medien-sektor ist ein expandierender und heiß-umkämpfter Markt. Die Medienwirtschaftgilt als Wachstumsbranche. Rundfunk-und Fernsehsender geben die Frequen-zen von Hand zu Hand. Es ist kaum nochmöglich, den Überblick über das Ange-bot zu behalten. Wohin soll das allesnoch führen, fragt sich verzweifelt derKonsument.

Weniger verzweifelt und etwas nüchter-ner sollen am4./5. Mai 1994 in Stuttgartwährend des Kongresses ProfessionalBroadcasting Entwicklungstendenzenin der Medienwirtschaft diskutiert wer-den. Am 4. Mai werden die Neuerungender Gegenwart analysiert: exemplarischwird der Medienstandort Baden-Würt-temberg untersucht und die Auswirkun-gen neuer Technologien für Rundfunkund Fernsehen erörtert. Der zweiteKongreßtag gehört der Zukunft. Es fin-den Symposien zu den Themen: TV2010-digital, interaktiv, multimedial, Elektroni-sche Medien im Jahr 2004 und NeueWerbeformen und verschiedene Work-shops statt.

Da das Bild einer Medienwelt nach derJahrtausendwende gezeichnet werdensoll, sind auch die zukünftigen Medien-macher besonders gern gesehen. Mit er-mäßigten Kongreßgebühren werden be-sonders interessierte Studenten herzlichzur Teilnahme eingeladen.

Nährere Informationen erhält man bei:ComMunicKonrad-Celtis-Straße 7781369 MünchenTel: (089) 74117270Fax: (089) 74117279

Eine Tageskarte für ProfessionalBroadcasting,Stuttgain4./5. Mai 1994 fürStudenten kostet 150,-DM, eine Karte fürden Gesamtkongreß 250,-DM. DieKartenberechtigen gleichzeitig zum kostenlo-sen Besuch der Messen telematica unddas moderne bfiro.

Anmeldungen erfolgen unter:ComMunic GmbHPostfach 7010 4081310 München

Page 17: UnAufgefordert Nr. 55

NjuhsAG "Studieren mitKind" teilt mit:Umfrag« fürB«tr«ungsmoglichkeit«n

Wir fordern die Einrichtung eines Kin-derladens im Hauptgebäude oder in des-senunmittelbarerNähezurflexiblenundkurzzeitigen Betreuung der Kinder auchin den Abendstunden. Um unsere Forde-rung begründen zu können, machen wireine Umfrage. Wer Interesse an einersolchen Kinderbetreuungsmöglichkeitehat, möge bitte unseren Fragebogen aus-füllen. Erliegt beider Frauenbeauftragten,HG 3107 aus und kann dort wieder abge-geben werden.

Pflichtv«ranstaltung«nnicht m»hr in d«n Abend-stunden

Ein Schreiben mit der Bitte, aus Rück-sicht auf studentische Eltern Pflichtver-anstaltungen nicht mehr in die Abend-stunden zu legen, ging von der Frauen-beauftragten an alle Fachbereiche. Wertrotzdem an Pflichtveranstaltungen auf-grund der späten Stunde nicht teilneh-men kann, kann sich auf das Schreibenberufen bzw. an die Frauenbeauftragtewenden.

Frau«nferderichtlinfonIn die Frauenförderrichtlinien sind etli-

che unserer Forderungen eingeflossen.Sie müssen in einer öffentlichen Sitzungdes Akademischen Senats verabschie-det werden. Erscheint zahlreich, um unszu unterstützen! Der Termin wird nochbekannt gegeben.

Unsere AG braucht noch viele Mit-macherlnnen!

Bei der Frauenbeauftragten (HG 3107)steht ein Infoordner von und über uns.Unseren nächsten Termin erfahrt Dir dortoder über die Aushänge. Wer kann beiden Medizinerinnen Aushänge machen?

Kontaktadresse:Katrin GirgesohnPalisadenstraße 5710243 BerlinTel.: 4836971

NICHT SO MS "Ii LESBAR VERSTÄNDLICH, SCHÖN

Natürlich habe ich nichts gegen eine Fortentwicklung der deutschen Sprache. Schließ-lich finde ich es sogar hervorragend, daß man anstatt "ein Glas kühlen Wassers"getrost "ein Glas kaltes Wasser" sagen darf. Oder daß man nicht mit Thomas Mannfragen muß "Pressiert es?" sondern auf "Stört Dich das?" ausweichen darf.

(LESBAR VERSTÄNDLICH, UNSCHÖN

Zweifel beschleichen mich jedoch schon bei der Aussage: "Ich bin größer wie Du."Zwar hat sich das schöne Wörtchen "als" fast völlig aus der Umgangssprachezurückgezogen (auch: "Wo ich nach Hause kam..." - Wo schon? Zu Hause natürlich!),ein ungutes Gefühl bleibt aber. Doch auch wenn man "als" nach Belieben durch "wo"und "wie" bzw. "als wie" ersetzt, ist das gerade noch erträglich und zumindest nochverständlich. Selbst die wahre Begebenheit aus meiner Thüringer Heimat: "Dasheeßtnicht mir fahr 'n in die Omi, mein Kleiner, das heeßt mir fahr'n bei die Omi!" ist noch zuverkraften, weil diese Sprachverirrung doch räumlich recht begrenzt ist, und dieSchriftsprache noch verschonte (Die Thüringerin, die das sagte, hält sich vermutlichmit dem Schreiben von Aufsätzen eher zurück.). So bleibt uns diese Schande in denAugen kommender Generationen hoffentlich erspart. Doch auch wenn nicht, bleibt dieAussage zumindest fließend lesbar und am Ende sogar für Berliner verständlich.

LESSAR UNVERSTÄNDLICH, UNSCHÖN

Schlimmer jedoch stieß mir ein Leserbrief auf, der die Redaktion anläßlich unsererStreikaktivitäten (viel Arbeit!) erreichte. Da war von "Transpis" die Rede und von"Studis" von "Demos", "Flugis" und zu guter Letzt sogar von "Ministerpräsis"."Ministerpräsi" immerhin klingt zumindest nicht ganz so unanständig wie "Minister-präservativ", wie -2a in einer Erwiderung schon bemerkte. In diesemFall bleibt uns aberdie Schande nicht erspart - alles aufgeschrieben. Wenigstens ist dieses trotz allerUnverständlichkeit (es sei denn man benutzt das Standardwerk "Neologismen in derBerliner Studentensprache") nochfließend lesbar. Man stolpert beim Lesen nurüberVerständnisschwierigkeiten nicht über anfängliche objektive Unleserlichkeit.

MNLESBAR UNVERSTÄNDLICH, ABER SCHÖN

Wie ist es demgegenüber zum Beispiel mit einER(m) StudentI(E)n (übersetzt, einemmännlichen oder weiblichen Studenten)? Die positive Zielrichtung bei dieser ArtSprachverstümmelung ist mir selbstverständlich bekannt, doch ist sie auch bei derbelehrenden Thüringer Muddi zweifelsfrei vorhanden. Ob das allein reicht? Und dasDilemma ändert?

Page 18: UnAufgefordert Nr. 55

Wohnen im PrenzlbergTeil 2

Unter besonderer Berücksichtigungder sich aus dem Einzug des Kommunikationszeitalters

ergebenden Schwierigkeiten

Seit neuestem haben wir ein elektronischesTüröffnungssystem bei uns im Haus instal-liert bekommen. Zwar wird unsere Haustürzum Glück nie abgeschlossen (Wo ist ei-gentlich mein Schlüssel?), doch kann einpotentieller Besucher bereits ohne anstren-gendes Treppensteigen überprüfen, ob ichzu Hause bin. Und außerdem ist auch eineVerständigung innerhalb des Hauses mög-lich. Jeder der sich in die Sprechanlage ein-schaltet, kann an der Unterhaltung teilneh-men. Wenn ich so zum Beispiel etwas mitPoddi und Jörg Schütz zu bereden hätte,ganz einfach: Ich flitze die Treppe hinunter,ins Vorderhaus zu unserer Haustür, klingelebei beiden, renne wieder zurück. Inzwischenhaben sicher beide den Weg vom Bett zurneuen Sprechanlage geschafft und ich führedas Gespräch von meiner Nebenstelle aus -2 mal Treppensteigen gespart.

Neulich jedoch:Tür: Klingelt (Währendmeineswohlver-

dienten Mittagsschlafes)Georg: Rennt zur selben. Zum Glück nie-

mand draußen, der Benutzung der neuenSprechanlage steht demnach nichts mehrim Wege. Hallo!?

Tür: Stille.Georg: Hallo!!??Tür: Ja, wer ist da?Georg: Ich natürlich, wer sonst?Tür: Wer ist ich?Georg: Georg.Tür: (von mir abgewendet) Kennst Du

einen Georg? Antwort: Nee, kenn ich nichtGeorg: Fein.Tür: Wer ist da bitte?Georg: Hab ich doch nun schon gesagt.Tür (gleichzeitig): Beate.Georg: Beate, welche Beate?

Tür: Zu wem wollen Sie denn nun eigent-lich? und (gleichzeitig) Kenne ich nicht

Georg: Ich will zu niemanden.Tun Und warum klingeln Sie dann derar-

tig boshaft? und: Das kann doch nicht wahrsein!

Georg: Ich habe doch nicht geklingelt.Tür: Werden Sie nicht frech, Sie, sonst

kommeich runter!Georg: Runter??Tür: Ja. Und (sogleich): Wenn Sie schon

zu niemandem wollen, kann man nicht malmehr in Ruhe Mittagsschlaf machen?

Georg: Ich störe doch schließlich Nieman-des Mittagsschlaf!

Tür: Ist da wer?Ichlege auf. Als ich mich nach einiger Zeit

noch einmal zuschalte, ist eine erregte Unter-haltung im Gange:

..nicht!!!Ich bin doch nicht Georg!Haben Sie doch gerade noch gesagt!Wer, ich?Natürlich, Sie...Seit dieser Begebenheit nutze ich häufig

meineFreizeit, umaUeKlingelknöpfezudrük-ken, und dem sich entspinnenden Gesprächzu lauschen.

u

NjuhsPsychologische Beratung

Nun gibt es sie endlich auch bei Hum-boldts. Die psychologische Studienbera-tung.

Seit dem 1. März istHolger Walther in dieserFunktion an unserer Unitätig. Die die Fragen, diesich sicher viele gern be-antwortet wissen möch-ten, lauten: Was ist psy-chologische Studienbe-ratung? Was macht einpsychologischer Stu-dienberater?

Psychologische Stu-dienberatung ist ein ko-stenloses Angebot, Stu-dierenden mit psychi-schen Problemen, eineHilfestellung zu geben.

Es gibtan der HUB jemanden, der ein offenesOhr hat, wenn man nicht mehr weiter weiß.

Das betrifft sowohlProbleme, die wäh-rend des Studiumsauftreten, wie Prü-fungsängste, Re-deangst, Zukunft-sangst u.a.,als auchganz private Kon-flikte in der Familieoder mit dem Part-ner. Holger Waltherist zunächst einfach„nur" jemand, derzuhört und versuchtherauszufinden,was das eigentlicheProblem ist und wieman damit bisher

umgeht. Therapien bietet er nicht an, kenntaber viele Möglichkeitenin Berlin, die hel-fen, die vorhandenenProbleme inden Griffzubekommen. Ein langfristiges Ziel ist dieArbeit in Gruppen, die zu verschiedenenProblemen gebildet werden können. Bei-spiele wären da Redeangsttraining oderSelbstbewußtseinstraining. Ein weiteresBetätigungsfeld sieht Hol ger Walther auchin der psychologischen Examensbe-treuung. Als wichtig erachtet er die Zu-sammenarbeit mit den anderen Studien-beratern.

Holger Walther ist 34 Jahre alt, Psycho-loge, genauer System- und Familien-therapeut. Seit sieben Jahren lebt der ge-bürtige Hamburger schon in Berlin. Bevorer an die HUB kam, arbeitete er in einerBeratungsstelle für schwule Manner. Daswar ein Selbsthilfeprojekt, bei dem er vor-wiegend mit jungen Leuten zu tun hatte.

Sprechstunden sind montags von 9 bis11 Uhr und mittwochs von 13 bis 15 Uhr.Zu diesenZeitenkann man imRaum 2008einen Termin mitihmausmachenoder auchgleich seine Sorgen loswerden.

Kaa

Page 19: UnAufgefordert Nr. 55

ITIC/^U

„Ich weiß, wo Ihnen derSchuh drück!"

Interview mit Bundesbildungsminister Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann

UnAUFGEFORDERT: Herr Laermann,seit nunmehr 20 Jahren sind Sie Mitglieddes Deutschen Bundestages. 1993 verkün-deten Sie, nicht mehr für den Bundestag

Hochschullehrer nachzugehen; noch kurzvor meiner Ernennung habe ich Vorlesun-gen gehalten. Ich weiß also, wo Hochschu-len, Hochschullehrer, Mittelbau und Stu-

"Dazu bedarf es einer Struktureform..."

kandidieren zu wollen, und der Landesver-band der FDP Nordrhein-Westfalen hatteauch schon einen Nachfolger für Sie paratNun werden Sie mit 64 Jahren noch Mini-sterfür Bildungund Wissenschaft Gehender FDP die Experten für das Bildungs-ressort, welche sie zu besetzen hat, aus,oder wie erklären Sie sich Ihre späte Kar-riere als Bundesminister?Karl-Hans Laermann: Für die Nach-

besetzung im Bundesministerium sind ins-gesamt vier Namen von kompetenten Partei-freunden diskutiert worden. So schlecht kannes dann ja wohl um unsere Personaldeckenicht bestellt gewesen sein. Daß die Frakti-on mir ihr Vertrauen geschenkt hat, hängtsicher vor allem mit meiner langjährigenArbeit auf diesem Politikfeld, etwa als Vor-sitzender des Arbeitskreises Bildung undWissenschaft der Fraktion, zusammen. Au-ßerdem hatte ich auch als Abgeordneterversucht, so oft es ging, meiner Tätigkeit als

dierende der Schuh drückt, und ich denke,wir haben mit den Vorschlägen für eineStudienreform auch Lösungen anzubieten.

Ein Bildungsminister benötige eine „ge-wisse Leit- und Orientierungsfunktion"und müsse koordinieren in dem Sinne, daß„er die Beteiligten" zusammenbringt,umrissen Sie Ihre Hauptaufgabe als Mini-ster. Welche Initiativen wollen Sie dennnun der „Bildungsgipfel- Politik"des Bun-deskanzlers entgegensetzen, damit IdasBundesministerium wieder „Leitlinien"setzt,diefürdie Bildungsarbeit der Ländermaßgeblich werden könnten?

Technische Entwicklung, neue wissen-schaftliche Erkenntnisse und arbeits-organisatorische Veränderungen führen zusteigenden Qualifikationsanforderungen,die ein vielgegliedertes effizientes Aus- undWeiteibildungssystem erfordern. Dazu be-darf es einer Strukturreform im gesamtenBildungssystem. Wesenszüge müssen Qua-

litätssicherung undDifferenzierung, Durch-lässigkeit und Wettbewerb sein. Im frucht-baren Wettstreit um die zukunftssichere Ge-staltung des Bildungssystems des 21. Jahr-

hunderts liegen die Chancen vonBund und Ländern.

Meine Aufgabe sehe ich sowohlin der Forcierung dieses Wettstrei-tes als auch in der Wahrung deserforderlichen Rahmens. Die Bil-dungsreform kann nur gelingen,wenn die von Bund und Länderngemeinsam erarbeiteten Grundsät-ze und Schwerpunkte zum Beispielzur Studienreform auch gemeinsamumgesetzt werden. Für ebensowichtig halte ich die Differenzie-rung der beruflichen Bildungsan-gebote und die Steigerung der At-traktivität der Ausbildungsberufe.Um auf diesen beiden wichtigenGebieten die Weichen für die Zu-kunft stellen zukönnen, muß an derbewährten verfassungsmäßigenAufgabenverteilung zwischenBund und Ländern im Bildungs-bereich festgehalten werden. DieVorschläge der GemeinsamenVerfassungskommission, die dar-aufhinauslaufen würden, die Kom-petenzen des Bundes beim Hoch-

schulrahmenrecht und der beruflichen Bil-dung zu beschneiden, dürfen nicht Wirk-lichkeitwerden.

Das Bundesbildungsministerium für Bil-dungund Wissenschaft war in den letztenJahren mehr Verwaltungsamt denn Mini-sterium; die dürftige Bilanz des ehemali-gen Ministers Ortleb liest sich wie einAbrechnungsbericht eines Finanzbuch-halters: bis auf das Eckwertepapier zurHochschulreform nur Finanzdaten. Wel-che Reformvorschläge für den Wis-senschaftsstandort Deutschland und dieVerbesserung von Studium und Lehrebringt der neue Minister mit in sein Amt,was möchten Sie in Ihrer eventuell knappbemessenen Amtszeit von acht Monatendurchsetzen?

Primäres Ziel ist, das Studium für alle, diedies wünschen, in vertretbarer Zeit studier-bar zu machen. Dazu ist es notwendig, ins-besondere das universitäre Studium inhalt-

Page 20: UnAufgefordert Nr. 55

IEDI

lieh und strukturell zu erneuern und dieStudienbedingungen nachhaltig zu verbes-sern. Das Universitätsstudium sollte in einwissenschaftlich fundiertes berufs-qualifizierendes Studium einerseits und indie Ausbildung für Tätigkeiten in Wissen-schaft und Forschung andererseits geglie-dert sein. Das Studienangebot an Fach-hochschulen sollte erheblich ausgebaut unddie Studienberatung und studienbeglei-tende Betreuung verbessert werden. Au-ßerdem müssen wir erreichen, daß Prüfun-gen studienbegleitend abgenommen wer-den, wobei die Möglichkeiten des Frei-versuchs ausgeweitet werden sollten.

UmdieHochschullehre zu verbessern, sindeine Reihe von Maßnahmen vorgesehen:Mittelzuweisungen für die Hochschullehrenach erfolgs- und qualitätsorientierten Kri-terien, Aktualisierung des Dienstrechtes fürHochschullehrer unter Leistungsgesichts-punkten und stärkere Berücksichtigung di-daktischer Fähigkeiten bei Habilitationenund Berufungsverfahren. Es muß gewähr-leistet werden, daß das Lehrdeputat aucherfüllt wird. Ausgefallene Lehrveranstaltun-gen sollen nachgeholt werden. Die Geneh-migung von Forschungsfreisemestern undvon Nebentätigkeiten sollte in Abhängig-keit von der Erfüllung der individuellenLehrverpflichtung erfolgen.

Bund und Länder haben sich im sogenann-ten Eckwertepapier zur HochschulreformEnde 1993 auf entsprechende Reform-maßnahmen verständigt. Die Studien- undHochschulreform ist inzwischen in Ganggekommen. Dies ist mit ein Verdienst desKollegen Ortleb, dessen Bilanz ich deutlichpositiver bewerte als Sie es tun.

Mit der Wiedervereinigung 1990 trafensich zwei in ihren Strukturen zum Teilvöllig gegensätzliche Systeme von For-schung und Wissenschaft. Für die Erneue-rung der Hochschulen im Osten ist in denletzten Jahren finanziell und personellzwar enormes geleistet worden, struktu-relle Besonderheiten des alten DDR-Sy-stems mußten aber zum Großteil dem be-reits bestehenden der alten BRD weichen.Es gab und gibt Vorschläge und Mahnun-gen, Teile dieser alten Strukturen zu er-halten bzw. sie für eine anstehende Bil-dungsreform in Ost und West zu nutzen.Wie stehen Sie zu dieser Problematik?

Bei der Erneuerung der Hochschul- undForschungslandschaft in den neuen Län-dern sollte nach dem erklärten Willen allerBeteiligten dem ostdeutschen Hoch-schulsystem das westdeutsche Systemnicht übergestülpt werden. Die vorgefun-dene Forschungs- und Hochschulland-schaft sollte in ein gesamtdeutsches Sy-stem eingepaßt werden.

Zugleich waren allerdings Schwächen desvorhandenen Systems zu überwinden: dieTrennung von Grundlagenforschung undLehre infolge der zahlreichen Akademien,die hohe Spezialisierung der DDR-Hoch-schulen sowie die EntwicklungsrückständeeinigerFächer.

Die Bewältigung dieser schwierigen Auf-gaben, die notwendige personelle Erneue-rung der Hochschulen und die Reduzierungdes Personalbestands ist für viele sehrschmerzlich gewesen. Ohne Zweifel sindaber auch die Chancen zur Erneuerung undSelbstbestimmung genutzt worden: Es sindneue Hochschulzweige, wie etwa die Fach-hochschulen, entwickelt worden, die außer-und inneruniversitäre Forschung ist völligneu strukturiert worden, bei der investivenAusstattung der Hochschulen sind imGerätebereich große Fortschritte gemachtworden und die Bauinvestitionen laufenjetzt verstärkt an.

Eine Ihrer Forderungen sind mehr Lei-stungskontrollen auch für die Lehrenden;alle Versuche in dieser Richtung haltenSie bisher für unzureichend. Was genauwollen Sie in dieser Richtung unterneh-men?

Im Mittelpunkt der Hochschulreform müs-sen Maßnahmen stehen, um die Qualitätund Leistungsfähigkeit der Hochschulen inallen ihren Funktionsbereichen zu sichen.Hierzu ist es notwendig, den Leistungs-wettbewerb zuintensivieren. Im Bereich derLehre wurden dazu bereits mehrere erfolg-reiche Projekte, auch mit Unterstützungdurch mein Ministerium, verwirklicht. Nunkommt es darauf an, den Wettbewerb durchLeistungsvergleich gezielt zu verstärken.Wir müssen Kennzahlen und andere Para-meter zur Messung der Lehrleistung ent-wickeln, regelmäßig vorzulegende Lehr-berichte einführen, systematische Evalua-tionen von Studiengängen und Studienfä-chern sowie zum Studienbetrieb durchfüh-ren und die studentische Veranstaltungs-kritik ausbauen. Bei all diesen Maßnahmenmüssen ausländische Konzepte und Erfah-rungen mit berücksichtigt werden.

Im 10. Bericht des BMBW zum BAföGwird festgestellt, daß ab Herbst 1994 dieBedarfssätze zum BAföG um mindestens 6Prozart angehoben werden müßten,die Frei-beträge müßten um jeweils 3 Prozent stei-gen. Eine Anpassungder Beträge wäre, soder Bericht, „dringend geboten,eine Spar-maßnahme nicht vertretbar". Wenn diesnicht geschehe, werde sich die Studien-situation hinsichtlich der Förderungs-leistungen sozial unproportional verschie-ben, die Schaffung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft an den Hochschulen program-miert Wollen Sie an dieser BAföG-Novel-

le, die Sie noch vor Ihrem Amtsantritt„Blödsinn" nannten,Änderungen vorneh-men oder wird sie mit den erwartbarenAuswirkungen dem Bundestag zum Be-schluß vorgelegt?

Entgegenlhrer Darstellung gelangt der 10.B AföG-Bericht zu der Bewertung, daß derVerzicht auf die turnusmäßige Anpassungder Bedarfssätze undFreibeträgeangesichtsder angespannten Haushaltslage ein ver-tretbarer Beitrag der Auszubildenden imRahmen zwingend notwendiger Sparmaß-nahmen ist. Ich sehe durchaus die negati-ven Folgen dieser Zwangslage für Studie-rende und setze mich deshalb dafür ein, eineAnpassung schon vor 1996 durchzuführen.

Im übrigen weise ich drauf hin, daß derEntwurf eines 17. BAföG-Änderungsgeset-zes auch Verbesserungen enthält, die in deraktuellen Diskussion häufig unterschlagenwerden: Die Sozialpauschalen werden an-gehoben, die Altersgrenze für solche Stu-dierende, die über die berufliche Bildung zurHochschule kommen, wird angehoben undbei der Darlehnsrückzahlung werden diebesonderen finanziellen Belastungen Al-leinerziehender stärker berücksichtigt.

Gegenüber der derzeitigen Rechtslageführt die Novelle zu Mehraufwendungenvon jährlich rund 50 Millionen DM.

Ob der Gesetzesentwurf im Rahmen derBeratung in den gesetzgebenden Körper-schaften Änderungen erfährt, ist nicht ab-sehbar. Der Bundesrat hat sich mit seinenVorschlägen für die denkbar teuerste Vari-ante ausgesprochen, so daß hinsichtlichder Realisierungschancen durchaus Zwei-fel angebracht sind. In der Tendenz sehe ichdarin aber eine Unterstützung für meineeigenen Bemühungen.

Nachtrag: Der Bundesrat hat dem Kabi-nettsbeschluß, die Studienförderung bisbis zum Herbst 1996 einzufrieren, nichtzugestimmt. Noch in diesem Jahr sollen dieBAföG-Sätze um sechs und die Freibeträgeum drei Prozent erhöht werden.

Zitat aus dem 1 O.Bericht des BMB WzumBAföG: ("•••") (•••) Bei Nichterhöhung derElternfreibeträge werden bisher Geförder-te keine oder verringerte Leistung des*BAföG erhalten. (S.U8) Eine Nichtan-hebung der Bedarfssätze und Freibeträgepaßt - (...) - weder kurzfristig (Überwin-dung der Rezession, Bewältigung struktu-reller Anpassungsprozesse u.a.m.) nochlangfristig (Steigerung der internationa-len Wettbewerbsfähigkeit u. a. m.) in diewirtschafls- und bildungspolitische Land-schaft. (S. 119)

Das Gespräch führte jot.

Page 21: UnAufgefordert Nr. 55

Neue Projekftutorienan der HUB

Im Sommersemester 1994 gibt es wieder eine Reihe von Projelcttutorienals neue Studienangebote für Studierende aller Fachbereiche. Aufihrer letzten Auswahlsitzung hat die Kommission des AkademischenSenats für Projelcttutorien folgenden Anträgen zugestimmt:

Folklore und Schrifttumder finnisch - ugrischenVölker

Im Mittelpunkt steht die Volksdichtungder finnisch-ugrischen Völker in Verbindungmit den alten Schriftlichkeitstraditionen.

Kontakt: FB FremdsprachlichePhilologien; Szilard TothDie Veranstaltungen finden jeweils diens-

tags um 10.00 Uhr im Seminar für Hun-garologie/Institut für Slawistik/FB Fremd-sprachliche Philologien, Clara-Zetkin-Str. 1statt. Tel.:20932911,2912,2915

Außenhandel unter beson-derer Berücksichtigungder Situation vonEntwicklungsländern

Es istbeabsichtigt, die Teilnehmer für dieProblematik der Dritte-Welt-Länder zusensilibisieren. Anhand von Länderstudiensoll gemeinsam breites Wissen erarbeitetwerden. Mit diesen Kenntnissen werdendie Studierenden in die Lage versetzt, sichsachkundig und kritisch mit dem angespro-chenen Themenbereich auseinanderzuset-zen.

Kontakt: WirtschaftswissenschaftlicheFakultät; Marcel Eschweiler,Simone Roch

Geschlechterverhältnisse* und Körperpolitik

Im Rahmen des Projekttutoriums findeteine Ringvorlesung mit dem Thema:"DieLegende von Paul und Paula- Alltagskulturund Geschlechterverhältnisse in der DDR"statt.

Kontakt: FB Sozialwissenschaften/Kul-tur- und Kunstwissenschaften; SusanneKästner, Sylka Scholz

Termin: Mittwoch, 19.00 Uhr, Beginn: 27.

April (vierzehntägig) Referentinnen: JensBisky, Prof. Irene Dölling, Daphne Hornig,Dr. Inne Merkel, Prof. Dietrich Mühlberg,Christine Steiner, Dr. Bert Thinius. Der Ortder Ringvorlesung sowie Ort und Zeit derArbeitskreistreffen sind den Aushängen zuentnehmen.

Einführung inComputeralgebra-systeme am BeispielMathematica

Am Beispiel des modernen und verbreite-ten Computeralgebrasystems Mathematicasollen Studierende verschiedener Fachbe-reiche mit solchen Systemen vertraut ge-macht werden. Nach Abschluß der Veran-staltung soll jeder Teilnehmende in der Lagesein, das System selbständig und effizientseinen Bedürfnissen entsprechend zu nut-zen.

Kontakt FB Informatik; Andre Bergholz,Mathias Müller

HumangeographischeBetrachtung verfehlterBevölkerungs- undSiedlungspolitikEin Teil des Projektes„Lebensfete 1994"

Das Ziel ist, für eine öffentliche Großver-anstaltung vom 08.-10.07.1994 in Berlinwissenschaftliche Beiträge, Dokumentatio-nen und Ausstellungen von wissenschaft-lichen Forschungsprojekten zu erstellen. Indiesen Tagen werden Menschen verschie-dener Nationalitaten mit und ohne Behinde-rung einen breiten öffentlichen und wissen-schaftlichen Diskurs zum-Leben mit Behin-derung in der Gesellschaft - führen können.

Kontakt: FB Geographie; Andreas Huth,Dirk Schneider

Diskussion zu ausgewähl-ten Problemen im Zusam-menhang zur Planung undOrganisation der "Lebens-fete 1994" in Berlin - eineandere Art Wissen schaf-fender Auseinanderset-zung

Das Projekt bietet die Möglichkeit, aktuel-le Probleme des Zusammenlebens von Per-sonen mit und ohne Behinderung unter fach-lichem wie auch ethischem Aspekt und un-ter Einbeziehung von Vertretern unter-schiedlicher Fachdisziplinen zu behandeln.

Kontakt: FB Rehabilitationswissen-schaften; Katrin Stratmann, Corinna

is soll ich tun?Zum Selbstverständnis der

Ethik in der Psychologie

Ziel des Projektes soll sein, die Diskussionüber Ethik im Fachbereich anzuregen. ZweiFragestellungen stehen dabei im Vorder-grund: „ 1. Was bestimmt mein Handeln alsPsychologe? und 2. Was kann die Psycho-logie auf gesellschaftlicher Ebene in ethi-sche Problemstellungen einbringen?"

Kontakt: FB Psychologie; Rahel Fink,Vera-Kristin Kögler

Die Soziologie derGemeinde - Das Beispieleines mecklenburgischenDorfs seit 1990

Im Mittelpunkt steht der Übergang einerkleinen Gemeinde in Mecklenburg aus derDDR in die Bundesrepublik und die damitverbundenen Probleme. Mit sozialwissen-schaftlichen Methoden soll der Trans-formationsprozeß biographisch, ökono-misch, politisch und sozial beschriebenwerden.

Kontakt FB Sozialwissenschaften; FrankErnst, Andreas Willisch

Clara-Zetkin-Str. 26, R. 300, Do.: 9 -11.00Uhr.Beginn: 14. April 1994

Page 22: UnAufgefordert Nr. 55

Grundzüge alternativerGeldsysteme

Gemeinsam mit den Teilnehmern sollen diewichtigsten bestehenden Vorstellungenalternativer Geldpolitik zusammengefaßtundweitergeführt werden. Hauptaugenmerkwird auf die Ursachen und Wirkungen desderzeitigen Zinssystems und des Zentral-banksystems gelegt.

Kontakt: FB Wirtschaftwissenschaften;Klaus Müller, Daniela Kämpf

Hinweise zur BewerbungfürProjekftutorien

Semesterweise besteht die Möglichkeit,daß sich Studierende für die Durchfuhrungvon Prorojekttutorien bewerben. Für die ab01.10.1994 frei werdenden Stellen könnenBewerber ihre Antragsunterlagen bis zum15.06.94 an die Vorsitzende der Kommissi-on, Frau Doz. Dr. Stuhlmacher, über denLeiter der Studienabteilung einreichen. Ineiner öffentlichen Sitzung wird die Kommis-sion des Akademischen Senats über dieFörderungswürdigkeit der Projektanträgeberaten.

Achtung: Aufgrund der schwierigen Haus-haltssituation kann momentan nicht vor-ausgesetzt werden, daß zum Winterseme-ster 1994/95 Projektanträge gefördertwerden.

Kontaktmöglichkeiten sind in der Ge-schäftsstelle der Kommission Projekt-tutorienHG 1032, Tel.: 2093 2706, zu erfra-gen.

Zur BewerbungfürProjektrutorien gel-ten im allgemeinen folgende Vorausset-zungen:

- abgeschlossenes Grundstudium / erfolg-reich bestandene Zwischenprüfung desStudierenden

- Stellungnahme des wissenschaftlichenBeraters

- Zustimmung des Fakultätsrates (Unter-schrift des Dekans)

In den Antragsunterlagen für Projekt-tutorien sollte enthalten sein:

1. Name und Anschrift des Antragstellers2. Fakultät3. Titel/Themades Projekttutoriums4. Erforderliche Anzahl von Tutoren-

plätzen (ein oder zwei)5. Voraussichtliche Dauer des Projekts(i. d. R. zwei Semester)

Auskünfte sind erwünscht Ober:- Problemstellung/Zielsetzung/angestreb-

tes Ergebnis- Arbeitsplan- Lern- und Arbeitsformen/methodisches

Vorgehen- Adressaten/Beteiligung

Als Anlage bitte beifügen:- Höhe der vom Fakultätsrat genehmigten

Sachmittel -Bestätigungdes Fakultätsrates- Dekans - Stellungnahme des wissen-

schaftlichen Beraters - Kopie des Zeugnis-ses der Diplomvorprüfung

- Zwischenprüfung oder eine Bescheini-gung über den erfolgreichen Abschluß desGrundstudiums.

Ein Erfahrungsaustausch zu Projekt-tutorien findet am 10.05.94 um 14.00 Uhr(Raum 605, Seminargebäude am Hegel-platz) statt Die Beratungist für alle Inter-essierten offen.

++Leserbriefe +++ Leserbriefe +++ Leserbriefe +++

zu "Einschreibelisten, Anwesenheits-listen, Schwarze Listen"in UnAUF 53

Sehr verehrte/r Frau/Herr Alex!Sie haben es für richtig befunden, mich inübelster Weise herunterzumachen und einpositives Anliegen von mir mit Unterstel-lungen zu diskreditieren. Ich will Ihnen dazunur Folgendes mitteilen:1. Sollten SieweiterhindieLüge verbreiten,daß ich schwarze Listen führe, so werde ichgegen Sie rechtliche Schritte unternehmen.2. Sie können beruhigt sein: Ich werde michfür Studierende, die das gar nicht wollen,nicht weiterhin vehement in meinen vielenÄmtern und Funktionen einsetzen. Ich wer-de auch keine Überstunden mehr machen,sondern den Umfangmeiner Tätigkeit in derAusbildung auf das gesetzlich festgelegteMaß reduzieren. Wenn Studierende michals Anwalt ihrer Belange ablehnen, so willich mich ihnen nicht länger aufdrängen.Voller Bitterkeit und EnttäuschungProf. Dr. Klaus Hansen

Der Datenschutzbeauftragte der HUB,Andre" Kuhring, hat inzwischen am InstitutAnglistik/Amerikanistik eine ''Raum-begehung" durchgeführt. Dabei wurdenauch Anwesenheitslisten gefunden, be-schlagnahmt und vernichtet. "SchwarzeListen" werden von Prof. Hansen allerdingsnicht geführt; er wurde jedoch durch denDatenschutzbeauftragten darum gebeten,in Zukunft auch jede Erwähnung solcherfiktiven Listen gegenüber Studenten zuunterlassen. Weiter versicherte Prof. Han-sen gegenüber dem Datenschutzbeauf-tragten eidesstattlich, in Zukunft keinerleiAnwesenheitslisten zu fuhren. Durch HerrnKuhring wurde Prof. Hansen ein Bescheidmit Rechtsbelehrung zugestellt.

RedUnAUFGEFORDERT

zu „Einschreibelisten, Anwesen-heitslisten, Schwarze Listen" inUnAUF 53, und dem dazugehöri-gen Leserpamphlet in UnAUF 54

Was mich dazu veranlaßt, über 800 kmhinweg meine Meinung zu äußern, ist das fürmich erschreckende Selbst- und Mißver-ständnis, mitdemFrauMarionLöffler glaubt,eineBresche für Herr ProfessorHansen schla-gen und Alex gleichzeitig diffamieren zumüssen. (...)

Woher nimmt Frau Marion Löffler die si-chere Erkenntnis, daß Alex ausschließlichdaran gelegen ist, Herrn Professor Hansenumfassend und vernichtend zu kritisierenund sein gesamtes Engagement, seine ganzePersönlichkeit gar, inFrage zu stellen? Undwarum erschien es mir dann so, als ob es Alexnur daran gelegen war, einenganz speziellenMißstand aufzugreifen und diesen öffent-lich inFrage zu stellen? (...)

Meiner Ansicht nach ist es wohl tatsäch-lich die Bitterkeit Herrn Professor Hansens,die ihn dazu trieb, besagte Listen in seinenSeminaren zu erwähnen, doch ich frage mich,inwieweitFrau Löffler glaubt, mitihrem Le-serbrief zur von ihr geforderten Aufklärungund Kooperation gegen Frontenbildungund Konfrontation beizutragen. Es ist scha-de, mit ansehen zu müssen, wie nicht durchAlex Artikel, sondern durch Frau LöfflersKommentar jede vernünftige Diskussion zudiesem Thema unnötig erschwert wird. (...)

Warum sieht Herr Professor Hansen sichdenn genötigt, schwarze Listen in seinenVeranstaltungen einzuführen? Offensicht-lich fehlt es ihm an Studierenden, die sich zuseinen Seminaren einschreiben und dannauch jede Woche regelmäßig teilnehmen.(...)

Kaiserslautern, 16.02.94Peter Albert

Page 23: UnAufgefordert Nr. 55

I IIV7I\ m IQ IC DT

Jlidk und cifintye Statütcfan!Euch muß ich diesmal besonders nett be-

grüßen, weil Ihr gleich wieder rausgeschmis-sen werdet. DieLektüre dieses Artikels kannunter Umständen zu Magenschmerzen undSchreianfällen führen, und das kann ichnicht verantworten. Lest also lieber die Le-serbriefe oder das Impressum. Und tschüß.

Liebe Sonstige! Mit Vorliebe (fast so gernwie Straßenbahnfahren) mache ich Dinge,von denen ich keine Ahnung hab. Eigent-lich wollte oder sollte ich mich diesmal überdas Phänomen Männer an sich und als sol-che dozieren, aber die Wochenpost ist mirzuvor gekommen (He, da liest ja noch einSo Wi mit! Sofort umblättern!). Deshalb wer-de ich heute eine Umfrage auswerten oderauch in Artikelform verbraten.

Trotz intensiver Nachfor-schungen ist es mir leider nichtgelungen, herauszufinden, obsich die Verfasser des Fragebo-gens dabei etwas dachten. Viel-leicht hielten sie sich für beru-fen, die UnAUF-Geschichte, inder es bereits zwei oder dreiUmfragen gab, weiterzuschrei-ben. Vom unübersehbaren Er-folg solcher Aktionen zeugtübrigens auch der Name diesesBlattes. Vor unendlich langerZeit begab es sich nämlich, daßdie damaligen Redakteure einenNamen für ihr Kind suchten undihre Leser befragten... Aberletzt-lich nannten sie sich selbst, ineinem Anfall von Trotz und Be-amtentum „UnGefragt" oder so.

Befragt wurden diesmal 4000Personen, die sich im Wintersemester 1993/94 wenigstens einmal in der Uni, aus wel-chen Gründen auch immer, aufhielten oderin irgendeiner Weise Kontakt zu solchenPersonen haben oder hatten. Nicht alle ha-ben geantwortet, wofür ich sehr dankbarbin, denn so kann ich eine präzisere Aus-wertung vornehmen als ich es beispielswei-se mit 3869 Fragebögen getan hätte, was vorallem an Dir, lieber Leser, liegt. Du hast denFragebogen nämlich nicht ausgefüllt, je-denfalls mit hoher statistischer Wahrschein-lichkeit nicht. (Ich seh grad, der Soziologehat sich übergeben. Ich hab Dich gewarnt.)Aber es gab doch Leute, die den Fragebo-gen in Nummer 54 ernstgenommen haben.

Von diesen haben 91% den Fragebogenmindestenseinmal gefaltet, ll%davon mehrals zweimal. Diese 1 l%befinden sich im 10.

Semester (Durchschnittswert), während derDurchschnittsfalter im 4,85. Semester ist.Dagegen sind diejenigen, die den Bogenungefaltet abgaben, erst im 3,6. Semester.

17% haben den Fragebogen an der gestri-chelten Linie ausgeschnitten. Das Durch-schnittsalter dieser Testpersonen liegt mit26,8 Jahren erheblich über dem für Frage-bogenausfüller typischen von 24. Auch gabes in dieser Gruppe keine sächlichen Exem-plare, obwohl die übrigen regen Gebrauch(10%) von der Option „sächlich" machten.

Sehr verdächtig in meinen Augen mach-ten sich 27%, welche, befragt nach Freizeit-aktivität, (meist an erster Stelle) Schlafenangaben. Die Tatsache, daß diese Personen

mit22,3 Jahren fast zwei Jahre jünger sind alsdie übrigen, bestätigt die Forderung nachausreichend Schlaf für die lieben Kleinen.Fast genauso bedeutend sind anspruchs-volle und diffizile Dinge wieEssen, Trinken,in Cafes und Kneipen sitzen. Allerdingsbeschäftigen sich nur 7% bzw. 10% mitFrühstücken und Sex. Da, glaube ich$kannetwas nicht stimmen. Sehr sympathisch sindmir die 10%, welche als Freizeitbeschäfti-gung „mich unbeliebt machen" bzw. „ande-re Leute nerven" nannten. Weiter so!

Fast 50% schienen etwas verwirrt vonbestimmten Fragestellungen („Findest duFragebögen genauso bescheuert wie dieVerfasser des vorliegenden?' So schwerkann diese Frage doch nicht gewesen sein,zumal nur eine Antwortmöglichkeit vorge-geben war, ich bitte Euch! Selbst wer die

Frage nicht verstanden hat, hätte sie zumin-dest ankreuzen können, statt statistischkaum verwertbare Kommentare dahinter zukrakeln!)

Zu bemängeln sind der hohe Prozentsatzder der Schulausgangsschrift Unkundigenund die 28% Raucher. Letzteren stehen har-te Zeiten bevor, sollten sie sich ihre Gewin-ne abholen wollen; allerdings legten auchnur 14,28% von diesen darauf Wert.

Mein herzliches Beileid gilt den 66%Mensaessern und den nur 7% Nutzern derwohl ungleich grausameren Professoren-mensa. Sind die Überlebenschancen in derProfessorenmerisa geringer? Das könnteman vermuten, doch liegt aus mir völlig

unverständlichen Gründen dasDurchschnittsalter der letzterenwesentlich höher als das der er-sten Gruppe. Scheinbar setzensich nur die zähesten Exemplaredurch und erreichen ein höheresAlter, während die übrigen be-reits in jungen Jahren schon ander weniger anstrengenden nor-malen Mensa-Kost krepieren.

Auf absolute, relative, totaleund ganz schlimme Fehler ver-zichte ich an dieser Stelle, weilmich das als Nichtsoziologe nichtinteressiert. Ich denke, ich habgenüg an meiner Arbeit rum-gemäkelt.

Bedanken möchte ich mich fürdie liebe statistische Unterstüt-zung bei der guten Franziska undbei meinem Taschenrechner SRI.

Grüßen tu ich diesmal keinen;ich leide gerade unter dem Vorlesungs-beginn: Überall laufen Leute nun, die ganzeUni, vor einer Woche noch schön leer, istvoll von Menschen, die mir auf die Füßetreten und alle in der Säule vor mir stehen.Oder doch, für den Soziologen, der sich bishier durchgequält hat: Remmi räumt denMagen auf! Dich werd ich jetzt wohl kaum inder Säule treffen, glaub ich...

Leicht angetrunken, -2a.

PS: Und was sagt mein Computer zumThema Statistik? Dieser Artikel besteht aus5307 Zeichen, 779 Wörtern, 80 Zeilen und 19Absätzen.