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Das Wissenschaftsmagazin Münze und Geld in der antiken Welt Peter Suhrkamps Erbe Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats Enzyme als Vorbild für Katalysatoren Jeder Fehler zählt – Lernsystem für Hausärzte Geisteswissenschaften 1.2007 [ 25. Jahrgang ] [ 2007 ] [ 5 Euro ] [ ISSN 0175-0992 ] Forschung Frankfurt

UNI 2007/01 00 U1-U4...UNI 2007/01 00 U1-U4 31.03.2007 14:55 Uhr Seite 1 M Kostenloses Girokonto M 3% p.a. Guthabenzins ab dem 1. Euro bis 1.500 Euro M Kostenlose

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  • Das Wissenschaftsmagazin

    ■ Münze und Geld in der antiken Welt

    ■ Peter Suhrkamps Erbe

    ■ Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats

    ■ Enzyme als Vorbild für Katalysatoren

    ■ Jeder Fehler zählt – Lernsystem für Hausärzte

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    ForschungFrankfurt

    UNI 2007/01 00 U1-U4 31.03.2007 14:55 Uhr Seite 1

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  • Ih r

    Präs ident de r JohannWol fgang Goethe-Unive rs i tä t

    F rankfur t« Ihnen e inen E in -d ruck von der Bre i te d iesesWissensgeb ie tes an unsere rUnive rs i tä t . D ie Ge is teswis -senschaf ten s ind Vers te -hens- und Ref lex ionswissen-schaf ten . S ie beschäf t igens ich unte r anderem in tens ivmi t den Unte rsch ieden zwi -schen Kul tu ren , was wesent -l i ch zum Vers tändnis desNeuen und auch Fremdenbe i t räg t – das i s t in unsere rg loba l i s ie r ten Wel t , in de rJahrhunder te a l te Wer tvo r -s te l lungen ins Wanken ge ra -ten , e ine lebenswicht igeund sehr komplexe Aufgabe.

    Diese Heraus fo rderung neh-men unsere Wissenschaf t le r -innen und Wissenschaf t le ran , davon können S ie s ichbe i de r Lektüre der Be i t rägeüberzeugen – be isp ie l swe isein dem Bei t rag des Rechts -soz io logen Gunther Teubnerüber »Globa le Ver fassungenjense i t s de r Nat iona ls taa -ten« oder aber in den Er läu-te rungen zum beant rag tenExze l lenzc lus te r »Herausb i l -dung normat iver Ordnungen«.

    D ie F rankfur te r Ge is teswis -senschaf t le r haben in denvergangenen Monaten inve rsch iedenen In i t ia t i venund Forschungsant rägen be-wiesen, w ie teamfäh ig undkreat i v s ie s ind , um ih reChancen in der Konkur renzmi t anderen se lbs tbewuss tzu nutzen. E in hof fnungs -vo l le r Aufbruch – w i r werdenSie auch in »ForschungFrankfur t« auf dem Laufen-den ha l ten!

    d ie Idee der St i f tungsun i -ve rs i tä t insp i r ie r t F rankfur -te r Bürger sowie Wissen-schaf t le r heute w ie vo r hun-der t Jahren ; s ie fo rder t unsheraus , e ine w i rk l ich t rag fä -h ige Vis ion fü r d ie Unive rs i -tä t de r Zukunf t zu entwi -cke ln . D ies i s t e ine Hoch-schu le , d ie ih re akademi -sche Se lbs tgenügsamkei t a l s »höhere B i ldungsan-s ta l t« in s taa t l i cher Träger -schaf t menta l überwindetund durch d ie gewonneneAutonomie ih re Zukunf tse lbs t ges ta l te t .

    D iesen Wande l haben wi rnun e inge le i te t – w i r be f in -den uns auf dem bes ten Wegzur St i f tungsun ive rs i tä t undknüpfen dami t an unsere e i -gene Gesch ichte a l s e rs tedeutsche St i f tungsun ive rs i -tä t w ieder an . 1914 gegrün-det und über e in Jahrzehntaussch l ieß l ich ge t ragen vonGeldern der F rankfur te r Bür -ge rschaf t , war s ie b innenwenige r Jahrzehnte e ineUnive rs i tä t von Wel t ru f undvon e ine r enormen Innova-t ionskra f t , d ie s ie fü r Leh-rende und Stud ie rende zue inem überaus a t t rak t i venOr t machte .

    B i ldung i s t e in teures undwer tvo l les Gut und e ine ent -sche idende Ressource iminte rnat iona len Wet tbewerb ;d ie Zukunf ts fäh igke i t unse-

    res Landes hängt entsche i -dend vom For tschr i t t in Wis -senschaf t und Forschungab. Doch was h i l f t d iesewe i th in konsensfäh ige E in -s icht , wenn den ö f fent l i chenHausha l ten se i t Jahrzehntend ie Mi t te l feh len , um d ieHochschulen angemessenauszus ta t ten? Tro tz zusätz l i -cher Le is tungen von Bundund Land, d ie in den ve r -gangenen Jahren aufge -bracht wurden, b le ib t d ieF inanzdecke zu kurz ! Nochis t es e in we i te r Weg, b i swi r zu renommier ten amer i -kan ischen Unive rs i tä tenaufsch l ießen können. Dor ts ind d ie p r i va ten Zuwendun-gen und Er t räge aus demSt i f tungskap i ta l doppe l t sohoch wie d ie s taa t l i che Un-te rs tü tzung.

    Wi r spüren, dass d ie Ver -bundenhe i t de r Bürgerschaf tund Unternehmen des Rhe in -Main-Gebie ts mi t ih re r Unive rs i tä t w ieder deut l ichzun immt. 25 St i f tungspro -fessuren s ind e in ebensomarkantes Ind iz w ie d ieüberwä l t igende Resonanzauf e ine Verans ta l tung imCas ino des Campus Westend:Auf E in ladung der F reundeund Fördere r kamen über1000 Bürger innen und Bür -ge r, um s ich des g roßenFrankfur te r Mäzens Ar thurvon Weinberg und se inesSchicksa ls zu e r innern . Se inEngagement – auch a l s Mi t -begründer de r Unive rs i tä t –kann a l s vo rb i ldhaf t fü r ak -tue l le Akt i v i tä ten ge l ten ,das l i eßen d ie Redner unddie g roße Resonanz des Au-d i to r iums e rkennen. In d ie -se r Ausgabe unseres Wissen-schaf tsmagaz ins können S ieden bee indruckenden Vor -t rag des Rechtsh is to r ike rsPro fesso r Michae l S to l le i snach lesen.

    Vor dem Hinte rg rund des»Jahres der Ge is teswissen-schaf ten« b ie te t »Forschung

    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    E d i t o r i a l

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    Wie entsteht Literatur nach 1945,und welche Wirkung entfaltet sie inder jungen Bundesrepublik? Da-rüber geben die Quellen aus PeterSuhrkamps Nachlass und aus seinemVerlag beredt Auskunft. Sie belegeneindrucksvoll, wie Autoren vonBrecht bis Hesse mit sich und ihremWerk ringen, wie der erste Leser imVerlag das Manuskript aufnimmt und welche Schritte bis zum Druck zu-rückgelegt werden. Doch trotz der Fülle des Materials bleibt zunächst ver-borgen, was die »Gabe« des Verlegers ausmacht. Suhrkamp wirkt im Stillenals Katalysator, er gibt Autoren die intellektuelle Heimat, in der entstehenkann, was zur literarischen Signatur Nachkriegsdeutschlands werden wird.Die Frage nach seinem Erfolgsrezept beantwortet der Literaturwissenschaft-ler Wolfgang Schopf und zitiert aus den Schätzen des »Archivs der PeterSuhrkamp Stiftung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität«.

    I n h a l t

    Nachrichten

    Annäherung an Peter Suhrkamp beim Stöbern in seinen Korrespondenzen

    20

    10

    Panama besitzt eine außergewöhnlich hohe Artenvielfalt an Tieren, Pflan-zen und Pilzen. Doch obwohl die Pilze bei weitem am zahlreichsten sind,steckt ihre Erforschung noch in den Kinderschuhen. Die Mykologie ist inDeutschland ein seltenes Fach, in Panama ist sie so gut wie gar nicht vertre-ten. Prof. Dr. Meike Piepenbring, dieseit 15 Jahren die Pilze der südame-rikanischen Tropen erforscht, willdiese Wissenslücke schließen. ImRahmen einer Kooperation mitzwei Universitäten in Panama ent-stand die erste Checkliste der PilzePanamas. Viele Arten sind durchWaldrodung und Klimawandel vomAussterben bedroht.

    Expeditionen ins Pilzreich Panamas

    38

    Archäologie

    Suhrkamps Erbe

    Verfassungsrecht

    Pilzforschung

    Katalysatorforschung

    Wozu haben Griechen, Römer, Kel-ten und andere Völker Münzen ge-prägt, und wie haben sie diese ge-braucht? Wer Einsichten in staat-liches Handeln und ökonomischesDenken, aber auch in Kultpraktikenund gesellschaftliche Vorstellungengewinnen will, muss die Münzen,

    Träger vielfältigster Informationen, heranziehen und ihre Verbreitung undVerwendung studieren. Aus den zehn Jahrhunderten antiker Münzge-schichte gibt es Millionen an Fundmünzen. An der Universität Frankfurtforschen Numismatiker, Archäologen, Althistoriker und Mineralogen ausneun verschiedenen Ländern über Münze und Geld in der antiken Welt.Seit rund 50 Jahren wird in Frankfurt ein numismatisch-geldgeschichtlicherSchwerpunkt gepflegt, der an deutschen Universitäten einzigartig ist. Prof.Dr. Hans-Markus von Kaenel gibt einen Überblick über die aktuellen For-schungen seiner Arbeitsgruppe und stellt einzelne Projekte kurz vor.

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    4 Zwei von sieben Heisenberg-Professuren nach Frankfurt

    5 Auf dem Weg nach vorne – zurück zur Stiftungsuniversität

    6 Entwicklung neuer Silizium-Technologien

    6 Kuratorium des »House of Finance« hat sich konstituiert

    7 Teilchen-Networker – Förderung für Schwerionen-Forscher

    8 Männerstimmen müssen nicht tief sein

    9 Enzym-Hemmer drosselt Vermehrung des Aids-Erregers

    Forsch

    10 Münze und Geld in der antiken Welt

    20 Eine Annäherung an Peter Suhrkamp

    30 Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats

    38 Expeditionen ins Pilzreich Panamas

    43 Enzyme als Vorbild für die moderne Katalysatorforschung

    Forsch

    48 Jeder Fehler zählt – Fehlerberichts-und Lernsystem für Hausarztpraxen

    53 Der lichtgesteuerte Fadenwurm – Das Nervensystem von C. elegans

    56 Typisch männlich? – Wie Werbe-sprache Stereotype fortschreibt

    59 Auf Umwegen zur Schrift – Arbeit mit lernschwachen Schülern

    63 Ahnenforschung unter sozialen Amöben

    67 Die Flugschriftensammlung 1848 im Netz

    71 Warum römische Kaiser ihre Vorgänger in den Himmel lobten

    Forschung intensiv

    Forschung aktuell

    Münze und Geld in der antiken Welt

    UNI 2007/01 Teil 1 04.04.2007 11:47 Uhr Seite 2

  • »Anderer Fehler sind gute Lehrer« – dies ist das Motto eines Internet-ba-sierten anonymen Fehlerberichtssystems für Hausarztpraxen, das am Insti-tut für Allgemeinmedizin unter der Leitung von Prof. Dr. Ferdinand Gerlachentwickelt wurde. Vorbild dieses ersten freiwilligen Berichtsystems ist das

    Risikomanagement sicherheitsorien-tierter Industrien wie der Luftfahrt.Aufgespürt werden damit wenigerschwerwiegende Fehler, als vielmehrdie häufigeren Beinahefehler. Zu 80Prozent sind diese auf Prozessfehlerzurückzuführen, die sich durch Ver-änderung von Routinen im Praxi-salltag dauerhaft vermeiden lassen.

    I n h a l t

    3

    Die Natur ist bei der Suche nach neuen Kata-lysatoren ein wichtiges Vorbild, denn die ef-

    fizientesten Katalysatoren sind Enzyme,die aus Millionen Jahren Evolution her-vorgegangen sind. Durch moderneStrukturaufklärungsmethoden lässtsich die Funktion vieler Enzyme erhel-

    len und im Labor nachahmen. Prof. Dr.Magnus Rueping und Boris Nachtsheim

    berichten über den »Nachbau« des En-zyms Glutamat-Dehydrogenase. Der robuste

    und effiziente Katalysator vereinfacht die industrielle Synthese von Ami-nen – wichtigen Bausteinen für Naturstoffe und Pharmazeutika. Einen ähn-lichen Ansatz verfolgen sie zur Herstellung von Antibiotika.

    43

    Wie bilden sich normative Ordnun-gen, welchen Prozessen sind sie un-terworfen? In dem beantragten Ex-zellenzcluster »Die Herausbildungnormativer Ordnungen« richten dieGeisteswissenschaftler ihren Fokusnicht so sehr auf die Einflüsse vonpolitischen und ökonomischen Sys-teme, sondern auf die Perspektiveder agierenden Personen. Als Ak-teure haben sie die Erwartung, dassnormative Ordnungen ihnen ge-genüber gerechtfertigt werden und dass die Rechtfertigungen sie überzeu-gen können. Historische Prozesse sollen ebenso untersucht werden wie diegegenwärtigen globalen Konflikte um eine gerechte Weltordnung, wie derRechtshistoriker Prof. Dr. Klaus Günther erläutert. Im Oktober fällt die Ent-scheidung, ob sich die Universität Frankfurt – neben den beiden bereits be-willigten naturwissenschaftlichen Exzellenzclustern – auch mit einem geis-teswissenschaftlichen Cluster profilieren kann.

    78

    Jeder Fehler zählt – Fehlerberichts- und Lern-system für Hausarztpraxen

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    »Der intellektuelle Dialog lebt 75von der Vielsprachigkeit« – Gespräch mit der DFG-Vize-präsidentin Luise Schorn-Schütte

    Der etwas andere Blick auf 78dynamische Prozesse bei der Herausbildung normativer Ordnungen

    Was ist eigentlich Kultur? 83Neues Forum für kultur-wissenschaftliche Forschung

    Blick über den Tellerrand – 86Die Graduiertenschule für translationale Biomedizin FIRST

    Stifter und Sponsoren

    Ada Yonath und Harry Noller 89erhalten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2007

    Aids – ein Unfall der viralen 91Evolution? – Nachwuchspreis für Michael Schindler

    Geschichte

    Wissenschaftler, Unternehmer, 94Mäzen, NS-Opfer – Zur Erinnerung an Arthur von Weinberg (1860 – 1943)

    Die Wüste lesen lernenDie Poesie des Wirklichen – 99Neue Publikationen vonKlaus Reichert

    Ein kritisches Kompendium 100zur Gesundheitspolitik

    Recht in den Spannungsfeldern 101der Weltgesellschaft

    »Den umgekehrten Weg Freuds 102gehen« – Kandel plädiert für Biologie des Geistes

    Was ist wirklich drin – 103Lebensmittelzusätze

    Vorschau/Impressum/ 104Bildnachweis

    Enzyme – Vorbild für diemoderne Katalysatorforschung

    Wie Menschen Normen und Wertvorstellungen mit beeinflussen

    Perspektiven

    Stadt- und Universitätsgeschichte

    Stifter und Sponsoren

    Gute Bücher

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    UNI 2007/01 Teil 1 04.04.2007 11:47 Uhr Seite 3

  • Zwei von sieben Heisenberg-Professuren nach FrankfurtDFG schafft »attraktive Karriereperspektiven« für zwei exzellente Naturwissenschaftler

    Internationale Arbeitsgruppe »NanoGeoscience« unter der Lei-tung von Heisenberg-Professor Dr. Frank Brenker (von linksnach rechts): Dr. Christian Riekel und Dr. Manfred Burgham-mer (European Synchrotron Radiation Facility ESRF, Greno-ble), Dr. Frank Brenker, Laszlo Vincze (Gent, Belgien) und Dr.Bart Vekemans (Antwerpen, Belgien). Nicht auf dem Bild Syl-via Schmitz (Frankfurt).

    Der Geologe Dr. Frank Brenker,40, und der Chemiker Dr. JacobPiehler, 39, gehören zu den bundes-weit ersten drei Heisenberg-Profes-soren in den Naturwissenschaften.Die Chance, exzellente Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlerdurch die Aussicht auf eine Tenure-Track-Position zu gewinnen, hat dieJohann Wolfgang Goethe-Universi-tät in besonderem Maße genutzt:Sie richtete zwei der insgesamt sie-ben Heisenberg-Professuren ein.Die Heisenberg-Professuren derDeutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) bieten den Wissenschaftlernnicht nur eine fünf Jahre lang fi-nanzierte Stelle, sondern auch dieAussicht auf eine unbefristete an-schließende Weiterbeschäftigung.In dieser ersten Bewilligungsphasehatte die DFG über 33 Anträge zuentscheiden, damit lag die Erfolgs-quote nur bei ungefähr 20 Prozent.Die DFG möchte Wissenschaftlernmit dem Programm eine »attraktiveKarriereperspektive im deutschenWissenschaftssystem eröffnen«. DaHeisenberg-Professuren nur für

    Die Untersuchung der Kometen-proben hat zwar gerade erst richtigbegonnen, dennoch wartet Brenkerschon heute gespannt auf die künf-tigen Probenrücktransporte von As-teroiden, vom Mond oder vomMars. Bis dahin steht ihm in gro-ßem Umfang meteoritisches Mate-rial zur Verfügung, das seinen Wegaus dem Asteroidengürtel oder vonanderen Planeten zur Erde selbstgefunden hat. Untersucht werdendie kostbaren Proben inzwischenauch direkt im Institut für Geowis-senschaften. Erst vor wenigen Ta-gen trafen weitere Pakete aus Hous-ton ein. Die Proben des KometenWild 2 werden dort am hauseigenenTransmissionselektronenmikroskopuntersucht.

    Der Diplom-Chemiker Piehlerund seine Arbeitsgruppe, die er be-reits seit 2001 im Rahmen des Em-my-Noether-Programms der DFGleitet, entwickeln biophysikalischeMethoden, um dynamische Inter-aktionsprozesse zeitlich verfolgenzu können. »Dies können wir nurin einem interdisziplinären Teamleisten«, so Piehler, der seit 2001 an der Universität Frankfurt forscht.»Neben hochempfindlichen spek-troskopischen Verfahren als Nach-weismethode einzelner Molekülegilt es mit den neuen Möglichkeitender Nanobiotechnologie, biochemi-sche Prozesse an der Zellmembranin vitro nachzustellen und so unterkontrollierten Bedingungen zu un-

    N a c h r i c h t e n

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    Stellen bewilligt werden, die einneues, am Standort bisher nicht vor-handenes Wissenschaftsgebiet etab-lieren, geben sie den Universitätendie Möglichkeit, sich strukturellweiterzuentwickeln.

    Brenkers Arbeitsgebiet sind Ster-ne, Kometen, Asteroiden und dasInnere von Planeten: Bei der Erfor-schung »planetarer und extraterres-trischer Prozesse auf der Nanoska-la« arbeitet er eng mit der NASA,dem Max-Planck-Institut für Che-mie in Mainz und dem Naturmu-seum und Forschungsinstitut Sen-ckenberg zusammen. Ihr Potenzialkonnten Brenker und seine inter-nationale Arbeitsgruppe für »Nano-Geoscience« bereits im vergange-nen Jahr unter Beweis stellen, alsdie NASA sie ins Voruntersuchungs-team zur Analyse der Proben desKometen Wild 2 der STARDUST-Mission berief. Die Gruppe arbeitetedamals an der European Synchro-ton Radiation Facility (ESRF), »ei-ner Art Röntgen-Supermikroskop«,so Brenker, »mit dessen Hilfe manzerstörungsfrei die chemische Zu-sammensetzung und die Strukturvon Materie bis in den Nanometer-Maßstab hinein exakt bestimmenkann«. (Ein Nanometer entsprichteinem Millionstel Millimeter.) IhreErgebnisse erschienen zum Jahres-ende 2006 in zwei Übersichtsarti-keln zur chemischen Zusammen-setzung des Kometen im Wissen-schaftsmagazin Science (Vol. 314).

    Heisenberg-Pro-fessur für Dr. JacobPiehler: Der Chemi-ker und sein Teamversuchen mit bio-physikalischen Me-thoden, Interaktio-nen von Typ-I-Inter-feronen mit ihremRezeptor auf derOberfläche der Zell-membran zu ent-schlüsseln.

    UNI 2007/01 Teil 1 04.04.2007 11:47 Uhr Seite 4

  • tersuchen.« Die Gruppe um denHeisenberg-Professor will die Inter-aktionen von Typ-I-Interferonenmit ihrem Rezeptor auf der Oberflä-che der Zellmembran entschlüsselnund die Frage klären, warum ver-schiedene Interferone unterschied-liche Wirkung zeigen, obwohl allean den gleichen Rezeptor binden.

    Die Interferone, die gegen das He-patitis-C-Virus (HCV), aber auchgegen verschiedene Tumore undMultiple Sklerose eingesetzt wer-den, spielen eine wichtige Rolle inder Immunabwehr und könnendurch die Bindung an den Rezeptorgesunder Zellen diese vor Virenbe-fall beschützen. »Wenn wir die

    komplexen molekularen Mechanis-men aufklären können, die für dieSignalvermittlung durch die Plas-mamembran der Zelle verantwort-lich sind, dann schaffen wir damiteine wichtige Grundlage, um maß-geschneiderte Wirkungen von In-terferonen zu erzielen«, prognosti-ziert Piehler. ◆

    N a c h r i c h t e n

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    Auf dem Weg nach vorne – zurück zur StiftungsuniversitätSenat stimmte zu – Jetzt startet das Gesetzgebungsverfahren

    Die Universität Frankfurt will ih-re Position als eine der führen-den Forschungsuniversitäten inDeutschland ausbauen und festi-gen. Um dieses ehrgeizige Ziel zuerreichen, strebt sie einen Neuan-fang als »Stiftungsuniversität desöffentlichen Rechts« an, der mitdeutlich größeren Spielräumen derGestaltung und Autonomie verbun-den ist, aber auch eine intensivereZusammenarbeit mit Stiftern eröff-nen wird. Die Johann WolfgangGoethe-Universität wird diesenWeg der Veränderung weiterhin alsVolluniversität mit breitem Fächer-spektrum gehen; dies machte derSenat in seinem mit großer Mehr-heit gefassten Beschluss zur Stif-tungsuniversität am 14. Februardeutlich.

    Damit ist der Weg frei, ein Ge-setzgebungsverfahren einzuleiten,das die Umwandlung der staatli-chen Hochschule zur Stiftungsuni-versität zum Ziel hat. Geht es nachden Wünschen der Senatoren unddes Präsidiums der Universität, solldie Universität bereits zum 1. Janu-ar 2008 neu aufgestellt sein. DieEntscheidung über das Gesetz liegtbei den Abgeordneten des Hessi-schen Landtags. Ausdrücklichdankte Universitätspräsident Prof.Dr. Rudolf Steinberg der hessischenLandesregierung und dem Landtagfür die Bereitschaft, diesen Weg desGesetzgebungsverfahrens mitzuge-hen: »Die Politik in Hessen hat ver-standen, dass eine Qualitätsverbes-

    Der Vertrag zur Gründung der Frankfurter Stiftungsuniversität von 1914: DasSchmuckblatt, das Otto Linnemann von der Städelschule gestaltete, stellt Atheneals Göttin der Wissenschaft zentral ins Bild. Der Bürgersinn der Frankfurter, der dieGründung der Universität erst ermöglichte, dokumentiert sich auch in diesem Bild:Die im Hintergrund dargestellte Leonhardskirche war die erste bürgerliche Kirche inder Geschichte der Stadt, den Domturm finanzierte überwiegend die Bürgerschaft.

    serung von Hochschulen nur zu er-zielen ist durch ein Loslassen desStaates. Dies bedeutet ein Umden-ken auf beiden Seiten.«

    Die Universität und das Landsetzen mit dem ambitionierten Aus-bau der drei Campi klare Signale:Insgesamt fließt eine Milliarde Euroin die Verbesserung der baulichenInfrastruktur. Auch die jüngst imRahmen der beiden Runden derExzellenzinitiative errungenen Er-folge zeigen das Potenzial der Uni-versität. »Doch solche Erfolge kön-nen nicht über ein prinzipiell vor-handenes, strukturelles Problemhinwegtäuschen: Zur weiteren Stei-gerung der Leistungen in For-schung, Lehre und Weiterbildungist die jetzige Struktur als ›Körper-schaft des öffentlichen Rechts undstaatliche Einrichtung‹ nicht opti-mal«, so Steinberg. »Die Universitätbenötigt einen modernen Rahmen,in dem sie sich entfalten und flexib-ler als bisher agieren kann. Inter-nationale Vorbilder im Hochschul-bereich wie Berkeley oder Michiganzeigen: Um wirklich signifikanteVerbesserungen zu erzielen, mussdie Universität Frankfurt in Zukunftüber wichtige Punkte ihrer künfti-gen Entwicklung selbst entscheidenkönnen und dafür mehr Autono-mie erhalten. Gleichzeitig muss siedie Möglichkeit besitzen, sich in höherem Maße als bisher privatenGeldgebern und Stiftungen zu öff-nen. Als die dafür geeignetste Formerscheint die Stiftungsuniversität.«

    Steinberg bezeichnete die beab-sichtigten Veränderungen an derUniversität Frankfurt als die größteReform der letzten 50 Jahre. Dieneue Universität werde ein Maß anAutonomie erhalten, von dem an-dere Hochschulen in Deutschlandnoch träumten. Die Wahl derRechtsform »Stiftung öffentlichenRechts« signalisiere der Bürger-schaft das Angebot, sich wie bei derGründung der Universität vor 93Jahren an der Hochschule zu enga-gieren. So könne die Universität ineinzigartiger Weise an ihre Grün-dung als Bürger- und Stiftungsuni-versität anknüpfen. ◆

    UNI 2007/01 Teil 1 04.04.2007 11:47 Uhr Seite 5

  • Dem Kuratorium des »House ofFinance« (HoF), das sich imFebruar konstituiert hat, gehörenführende Persönlichkeiten aus Poli-tik, Finanzwirtschaft und Hoch-schule an, darunter alle Kuratori-umsvorsitzenden der in das HoF in-tegrierten Institutionen. In denkommenden Jahren soll das Kura-torium die Entwicklung des inter-disziplinären Forschungszentrumsfördern und begleiten; zu seinemVorsitzenden wurde einstimmigProf. Dr. Otmar Issing gewählt, Prä-sident des Center for Financial Stu-dies an der Universität Frankfurt.»Für die Universität und den Fi-nanzplatz Frankfurt ist diese Kon-stituierung ein bedeutender Mei-lenstein auf dem Weg zum ›Houseof Finance‹«, freute sich Universi-tätspräsident Prof. Dr. Rudolf Stein-berg bei der Begrüßung der Gäste,darunter BundesfinanzministerPeer Steinbrück, Bundesbankpräsi-dent Axel Weber und der hessischeMinisterpräsident Roland Koch.

    Im Bereich der Finanzwirtschaftsoll das »House of Finance« durch

    die Bündelung von interdisziplinä-rer Forschung und Lehre wissen-schaftliche Synergiepotenziale aus-schöpfen und neue Initiativen undProgramme erarbeiten. Zugleichsoll es zum offenen Forum der Be-gegnung und Kooperation von Wis-senschaft und Praxis werden. »Da-bei ist es überaus wichtig, dass auchdie Kommunikation über die inter-

    N a c h r i c h t e n

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    Offenes Forum für Kooperation von Wissenschaft und PraxisKuratorium des »House of Finance« hat sich konstituiert

    »Synergieeffekte durch Kompetenz-Bün-delung« – eines der Ziele, die Prof. Dr.Paul Bernd Spahn als Direktor des»House of Finance« verfolgt.

    Der Vorsitzende des neu konstituiertenKuratoriums: Prof. Dr. Otmar Issing, bisMai 2006 Chefvolkswirt und ehemaligesDirektoriumsmitglied der EuropäischenZentralbank.

    Entwicklung neuer Silizium-Technologien City Solar AG stiftet Chemie-Professur

    Die erfolgreiche Zusammenar-beit zwischen dem Solarener-gieunternehmen City Solar AG,Bad Kreuznach, und Prof. Dr. Nor-bert Auner vom Institut für Anor-ganische und Analytische Chemie(IAAC) führte Ende 2006 zur Un-terzeichnung eines Vertrags, der dieEinrichtung einer neuen Stiftungs-professur über ein Gesamtvolumenvon 4,5 Millionen Euro ermöglicht.Parallel zu laufenden Kooperations-projekten mit verschiedenen Ar-beitsgruppen am IAAC unterstütztCity Solar mit dieser großzügigenStiftung die Forschungsaktivitätendes Instituts zunächst über einenZeitraum von zehn Jahren. »Mitdieser Stiftungsprofessur möchtenwir der Universität auch etwas zu-rückgeben«, stellte der Generalbe-vollmächtigte Steffen Kammler die

    gute Zusammenarbeit heraus. Derzukünftige Inhaber der Stiftungspro-fessur soll sich Fragen der grundle-genden Materialforschung widmen.

    Den ersten Kontakt zwischendem Universitätsinstitut und CitySolar stellte vor zwei Jahren derehemalige Vizepräsident Prof. Dr.Jürgen Bereiter-Hahn her. Seitdemarbeiteten City Solar und Auner ge-meinsam an einem weltweit neuenVerfahren zur Erzeugung von hoch-reinem Silizium, das inzwischen pa-tentiert ist. Das neue Verfahren ver-braucht erheblich weniger elektri-sche Energie als die üblichenProduktionsprozesse und steht ge-genwärtig vor der Übertragung indie industrielle Nutzung. Nach Au-ners Einschätzung hat es das Poten-zial, »den internationalen Silizium-markt zu revolutionieren«.

    Das Kerngeschäft der City SolarAG sind die Projektierung und derBau von Photovoltaik-Großkraft-werken. Aktuell errichtet das Un-ternehmen in der spanischen Pro-vinz Alicante den weltgrößten So-larpark. Bis Spätsommer 2007werden dort auf einer Fläche von500 000 Quadratmetern 200 Einzel-anlagen à 100 Kilowattpeak Nenn-leistung installiert – und Solarstromfür mehr als 12 000 Haushalte lie-fern. Parallel investiert City Solar indie Forschung und bearbeitet mitPartnern ein breites Spektrum vonEntwicklungsthemen. Die Palettereicht von solarthermischen undkonzentrierenden photovoltaischenKraftwerkskomponenten bis hin zuAnwendungen wie der siliziumba-sierenden Wasserstofferzeugungund -speicherung. ◆

    Prof. Dr. NorbertAuner erhielt eineStiftungsprofessurder City Solar AG.

    nationale Bedeutung des Finanz-platzes Frankfurt gestärkt wird, undzwar in volksnaher Weise, damitder Informationsstand und die Auf-geschlossenheit der Bevölkerungerhöht werden«, so Bundesfinanz-minister Steinbrück. Er wünschtesich zudem eine große Praxisnäheder HoF-Forschung, beispielsweisein Form der Entwicklung noch pra-

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    xisnäherer akademischer Modellefür die Politikberatung. Der Hessi-sche Ministerpräsident Koch wür-digte das »House of Finance« alsLeuchtturmprojekt mit großen Vor-teilen für Land, Stadt und Universi-tät. Er sagte der Universität diegrößtmögliche Unterstützung desLandes zu: »Angesichts der Tatsa-che, dass in Frankfurt gerade diemodernste Universität Deutsch-lands entsteht, ist Durchschnittlich-keit bei einem solch innovativenVorhaben weder angebracht nocherwünscht.« »Die Einheiten desHoF haben sich zum Ziel gesetzt,das ›House of Finance‹ zu einemder führenden europäischen Zen-tren im Bereich der Finanzwirt-schaft und zu einem wichtigen

    Knotenpunkt im internationalenNetzwerk finanzbezogener Spitzen-forschung zu machen«, bestätigteUniversitätspräsident Steinberg denhohen Selbstanspruch der Instituti-on. Zudem soll durch die Aktivitä-ten des HoF die besondere, 2004auch vom Wissenschaftsrat attes-tierte Forschungsstärke der Univer-sität Frankfurt in den Bereichen Fi-nanzwirtschaft, Geld und Währungsowie Recht der Unternehmen undFinanzen noch nachhaltiger be-kannt gemacht werden.

    Insgesamt sollen im »House ofFinance«, das zurzeit auf dem Cam-pus Westend errichtet und im Früh-sommer 2008 bezogen werden soll,etwa 130 Wissenschaftler in welt-weiter Vernetzung finanzbezogene

    Themen bearbeiten. Sie gehören re-nommierten Professuren und Ab-teilungen der Universität ebenso anwie der Universität nahe stehendenForschungsinstitutionen, vom Insti-tute for Law and Finance bis zumCenter for Financial Studies. »Ankeiner anderen deutschsprachigenUniversität findet sich eine ver-gleichbare Konzentration an geld-und finanzbezogener Forschung«,erläuterte HoF-Direktor Prof. Dr.Paul Bernd Spahn. Vom HoF ver-spricht er sich einen Treffpunkt in-ternationaler Experten sowie denAusbau von Netzwerken und dieSchaffung von Synergieeffektendurch Kompetenz-Bündelung. DieLehre soll zum Teil nach amerikani-schem Muster organisiert werden.◆

    Die Frankfurter Schwerionen-Physiker um Prof. Dr. HaraldAppelshäuser und JuniorprofessorDr. Christoph Blume sind aus derersten Wettbewerbsrunde zur Aus-wahl der BMBF-Forschungsschwer-punkte (BMBF-FSP) erfolgreich her-vorgegangen. Ziel dieser Forschungs-schwerpunkte ist es, die bestenForscher in überregionalen Netzwer-ken zusammenzuschließen, um dieoptimale Nutzung von Großgerätender naturwissenschaftlichen Grund-lagenforschung zu ermöglichen.Hierbei arbeiten Hochschulen, Max-Planck-Institute und Helmholtz-Zentren eng zusammen. Alle dreiSieger der ersten Wettbewerbsrundesind Netzwerke deutscher Forscher-gruppen, die an den drei Experi-menten ALICE, ATLAS und CMSzusammengearbeitet haben. DieseExperimente werden derzeit amweltgrößten Teilchenbeschleuniger,dem Large Hadron Collider (LHC),im CERN bei Genf aufgebaut.

    Appelshäuser und sein Teamsind am Experiment ALICE (A Lar-ge Ion Collider Experiment) betei-ligt und bilden nun gemeinsam mitForschern der Universitäten Darm-stadt, Heidelberg und Münster so-wie dem Helmholtz-Zentrum GSI(Gesellschaft für Schwerionen-For-schung) in Darmstadt den neuenBMBF-FSP 201. Bei ALICE, einemder größten Experimente, das jevon der Menschheit aufgebaut

    wurde, soll der Zustand der Materieam Anfang der kosmischen Ent-wicklung, etwa eine Mikrosekundenach dem Urknall, erforscht wer-den. Bei den extrem hohen Tempe-raturen, die in der Geburtsstundedes Universums herrschten, konn-

    ten noch keine Atome oder auchnur Atomkerne existieren. Viel-mehr handelte es sich um eine»heiße Suppe« (Plasma) aus Quarksund Gluonen, den kleinsten heutebekannten Materiebausteinen. Ummehr über die Prozesse bei der Ent-

    Teilchen-NetworkerFrankfurter Schwerionen-Forscher punkten mit ALICE

    Bis zum letzten Moment wird an der Time Projection Chamber des ALICE-Experiments gearbeitet. Der De-tektor gehört zu den Kernstücken des Experiments, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung(BMBF) als überregionaler Forschungsschwerpunkt gefördert wird.

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    Männerstimmen müssen nichtunbedingt tief sein, damitFrauen sie als attraktiv empfinden.In ihrer Magister-Arbeit am Institutfür Phonetik zeigte Vivien Zuta,dass unterschiedliche Stimm-Eigen-schaften von einer Hörerin als angenehm empfunden werden. Zu-sätzlich zu der Grundfrequenz(durchschnittlich um die 120 Hertz)spielt die Sprechmelodie des Man-nes eine entscheidende Rolle. EinAnstieg lässt den Sprecher attrakti-ver erscheinen, während nasalier-te Laute als unangenehm empfun-den werden. Allerdings gilt dies

    nur für deutsche Hörerinnen. Ihrefranzösischen Geschlechtsgenossin-nen etwa stoßen sich nicht an denin ihrer Sprache üblichen nasalenLauten. Die unterschiedliche Zu-sammensetzung der Sprachen derWelt, ihre Melodieverläufe undLaute haben einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung einesSprechers.

    »Es gibt klar definierbare Eigen-schaften, die eine Stimme attraktiv

    klingen lassen«, fasst Vivien Zutadie Ergebnisse ihrer Studie zusam-men. So darf die Sprechmelodienicht zu sehr von der Grundfre-quenz abweichen. Eine ebensowichtige Rolle spielen die Artikula-tionsgeschwindigkeit, die Sprechge-schwindigkeit und auch das Pau-sen- und Hesitationsverhalten, alsodie Häufigkeit, mit der die Rededurch Laute wie »äh« und »ehm«unterbrochen wird. Alle diese Ei-genschaften und noch einige mehrsind ausschlaggebend für die At-traktivität einer Stimme, wie Zutamesstechnisch nachweisen konnte.

    Wie wichtig der stimmliche Ein-druck ist, zeigt ein weiterer Befundder Untersuchung. Zuta bat die Pro-bandinnen zunächst, einen Spre-cher nach dem Klang seiner Stim-me zu bewerten. Anschließend soll-ten sie Vermutungen über seinÄußeres anstellen. Der Sprechermit der höchsten Stimme (134 Hz)wurde von über 80 Prozent alsstimmlich eindeutig attraktiv bewer-tet. Gleichzeitig und überraschen-

    derweise beschrieben die Proban-dinnen das evozierte optische Bildsehr ähnlich dem tatsächlichenAussehen des Sprechers. So vermu-teten 70 Prozent der insgesamt Be-fragten, der Sprecher habe grüneAugen (was auch stimmte!), ob-wohl die Minderheit der Erdbevöl-kerung grüne Augen hat. Auch derKleidungsstil, Größe und Bildungs-grad stimmten weitgehend überein.»Allerdings bedeutet das keines-wegs, dass man generell von derStimme auf die Augenfarbe oderden Kleidungsstil schließen kann«,betont Zuta, deren Forschungser-gebnisse ein großes Medieninteres-se hervorriefen.

    Ein Sprecher hingegen, der an-sonsten optisch stets als attraktivbewertet wurde, erhielt für den reinakustischen Eindruck die Bewer-tung »weniger attraktiv«. Die Pro-bandinnen vermuteten, er sei kleinund habe wenig Haar, kleide sichschmuddelig und habe deutlichesÜbergewicht. Er entsprach also, denBefragungen nach, in keiner Weisedem gängigen Schönheitsideal.Demnach kann eine als attraktivempfundene Stimme den Gesamt-eindruck eines Menschen zum Posi-tiven hin verändern.

    Bleibt zu fragen, ob ein Mannmittleren Alters sein angewöhntesSprechverhalten noch derart umstel-len könnte, dass ihm eine Bewer-tung als attraktiver Sprecher sicherwäre. Dies scheint zwar grundsätz-lich möglich zu sein, müsste aberdurch weitere Versuche ermitteltwerden. ◆

    Eine attraktive Stimmehat Detlef Bierstedt,der deutsche Synchron-sprecher von GeorgeClooney. Rein vom Hör-Eindruck her schreibenFrauen ihm ein attrakti-ves Äußeres zu, wie erin der Sendung »SternTV« Günther Jauch undder Frankfurter Phone-tikerin Vivien Zuta er-zählte.

    stehung unseres Universums zu ler-nen, wird das Experiment ALICEdie Eigenschaften des Quark-Gluon-

    Plasmas erforschen. Denn reinrechnerisch ist das Verhalten desQuark-Gluon-Plasmas nur schwer

    Männerstimmen müssen nicht tief sein!Phonetische Studie zeigt, was in weiblichen Ohren attraktiv klingt

    Computersimula-tionen helfen Teil-chenphysikern,geeignete Detekto-ren für die tausen-de von neuen Teil-chen zu planen,die bei der Kollisi-on von Atomker-nen im Beschleu-niger entstehen.

    vorherzusagen. Das liegt an derkomplizierten Dynamik zwischenQuarks und Gluonen gerade in je-nem Energiebereich, der für die Er-zeugung eines Quark-Gluon-Plas-mas relevant ist. Die geplanten Ex-perimente sollen somit also zumtieferen Verständnis der fundamen-talen Naturkräfte beitragen.

    Bis 2009 werden die BMBF-For-schungsschwerpunkte mit mehr als32 Millionen Euro gefördert. Dabeientfallen auf das ALICE-Experimentetwa 7,5 Millionen Euro, von de-nen rund 1,5 Millionen Euro nachFrankfurt gehen. ◆

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    Für Patienten, die bereits antire-troviral behandelt wurden, gabes bisher bei fortschreitender HIV-Infektion nur noch wenige Thera-pie-Optionen. Eine neue Substanz-klasse, die in zwei multizentrischen,internationalen Phase-II-Studien –unter anderem auch am HIV-Cen-ter des Frankfurter Universitätskli-nikums – getestet wird, gibt neueHoffnung. Der Integrase-HemmerMK-0518 senkt die Viruskonzentra-tion im Blut der Patienten innerhalbweniger Wochen unter die Nach-weisgrenze, wie Prof. Dr. SchlomoStaszewski unlängst beim interna-tionalen HIV-Kongress in Glasgowberichtete.

    Der Integrase-Hemmer verhin-dert, dass die in DNA umgeschriebe-ne Erbsubstanz des HI-Virus in dasGenom der Wirtszelle eingebautwird, so dass diese auch nach er-folgter Infektion das Virus nichtmehr reproduzieren kann. Da essich um eine neue Substanzklassehandelt, wird die Wirksamkeit bei

    vorbehandelten Patienten nichtdurch eine bestehende virale Resis-tenz beeinträchtigt. Der Integrase-Hemmer bereichert somit das the-rapeutische Arsenal bei der Therapievon Patienten, die mit den her-kömmlichen Medikamenten nichtmehr ausreichend behandelt wer-den können.

    Aber auch bei Patienten ohneVorbehandlung ist der Integrase-In-hibitor bemerkenswert wirksamund verträglich. »Besonders beein-druckend ist, wie schnell MK-0518die Virusmenge unter die Nachweis-grenze von 50 HIV-RNA-Kopien proMilliliter Blut senkt«, sagt Staszews-ki. Bei zwei Drittel der Patientenkonnte das HI-Virus bereits nach vierWochen nicht mehr nachgewiesenwerden. Das oral verabreichte Me-dikament erwies sich in allen bishergeprüften Dosierungen als gut ver-träglich. Im Unterschied zu den be-kannten Standardtherapien verän-derten sich die Lipidwerte währendder 24-wöchigen Einnahme nicht.

    Hoffnung bei fortgeschrittener HIV-InfektionEnzym-Hemmer drosselt Vermehrung des Aids-Erregers

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    Die Hersteller von MK-0518, dieamerikanische Merck & Co. (inDeutschland MSD), kündigten ein»Expanded Access Program« (EAP)für den Integrase-Hemmer an. Da-mit soll diese viel versprechendeSubstanz Patienten mit einge-schränkten Behandlungs-Optionenvor der Zulassung verfügbar ge-macht werden. ◆

    Prof. Dr. SchlomoStaszewski ist anzwei internationa-len klinischen Stu-dien beteiligt, dieeinen viel verspre-chenden Enzym-hemmer testen.

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