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7/18/2019 universimed.com - Schnarchen – State of the Art- chirurgische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe - 2014-01-28 http://slidepdf.com/reader/full/universimedcom-schnarchen-state-of-the-art-chirurgische-therapie-der 1/6 Veröffentlicht auf universimed.com  (http://universimed.com) Startseite > Reports & News > Schnarchen – State of the Art: chirurgische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe Schnarchen – State of the Art: chirurgische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe Erstellt 28 Jan 2014 - 10:21 Obwohl die nasale Überdruckbeatmung die Standardtherapie beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) darstellt, wird sie von vielen nicht vertragen, nur teilweise angewandt oder gar nicht akzeptiert. Die Langzeit- Compliance liegt bei ca. 60–70% der Patienten. Als Alternative stehen konservative Hilfsmittel wie Unterkiefer- Protrusionsschienen oder eine chirurgische Therapie zur Verfügung. In der Chirurgie gibt es kein universelles Prinzip (wie in der Beatmungstherapie), das die gesamten Atemwege grundsätzlich erweitert, sondern es muss sehr individuell vorgegangen werden. Mittlerweile gibt es eine breite Palette an Operationstechniken, die jeweils nur bestimmte Obstruktionsmuster und -stellen bis zu einem vertretbaren Maß erweitern können, um nicht die Funktionen des Schluckens und der Artikulation zu stark zu beeinträchtigen. Der Erfolg hängt daher stark von der Patientenselektion unter Kenntnis der Obstruktionsmuster im Schlaf, der richtigen Wahl der optimalen therapeutischen Vorgangsweise und der Erfahrung des Operateurs mit einer Vielzahl an Operationsmethoden ab. Er ist auch nicht individuell vorhersagbar, sondern nur statistisch abschätzbar. Die chirurgische Therapie ist daher kein genereller Ersatz für die Beatmungstherapie (Randerath et al, Eur Respir J 2011). Dieser Überblick zeigt anhand der vorliegenden wissenschaftlichen Studien auf, welche Personengruppen von einer chirurgischen Therapie profitieren, welche Faktoren für einen chirurgischen Erfolg ausschlaggebend sind, welche Methoden zur Verfügung stehen, wie hoch die Erfolgsraten sind und welche Nebenwirkungen auftreten können. Dadurch sollen Sie in die Lage versetzt werden, Ihre Patienten besser aufklären zu können und auch chirurgische Alternativen zu berücksichtigen, jedenfalls wenn die anderen Methoden versagen oder nicht anwendbar sind. Das Ziel der operativen Behandlung des OSAS ist die Verhinderung der nächtlichen Obstruktionen durch eine dauerhafte Erweiterung der Atemwege im Hals. Erst durch die Implantation eines Nervus-hypoglossus-Stimulator-Systems steht neuerdings eine funktionelle Behandlung zur Verfügung, bei der die Atemwege nur im Schlaf – teilweise atemsynchron – erweitert werden, ohne Veränderungen untertags. Diese Implantate sind aber nur bei isolierter retrolingualer Obstruktion indiziert und derzeit noch sehr teuer. Die chirurgischen Methoden setzen entweder im Bereich der Zungen-, Gaumen-, Rachen- oder Kehlkopfstrukturen an – eine Domäne der HNO-Chirurgie – oder erweitern die Atemwege durch Vorverlagerung des Ober- und Unterkiefers (bimaxilläres Advancement) und ziehen damit die Ansätze der Wände des Atemschlauches mit nach vorne – eine Domäne der Kieferchirurgie. Die Begrenzung der Weichteilchirurgie liegt in der Rücksichtnahme auf die Tagesfunktionen im Wachzustand wie Schlucken, Sprechen (Artikulation) oder Singen. Bei der Kieferchirurgie sind es die Zahnokklusion, das Kiefergelenk und ästhetische Veränderungen des Gesichtsprofils, die aber bei Retrognathie meist zum Vorteil geraten. Als Ultima Ratio besteht auch die Möglichkeit der Tracheotomie und des Einsatzes einer Sprechkanüle, wodurch die Obstruktionen umgangen werden. Bei aller Problematik des Kanülentragens ist das eine zu 95% erfolgreiche Therapie, die bei sonst nicht therapierbaren schweren OSAS-Patienten in Betracht gezogen werden sollte. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nicht auf die Tracheotomie, die eine Sonderstellung innehat. Faktoren, die den chirurgischen Erfolg beeinflussen 1. Schweregrad des OSAS Grundsätzlich ist mit zunehmendem Obstruktionsgrad mit mehreren Obstruktionsniveaus zu rechnen. Das bedeutet, dass sowohl im Gaumen als auch im retrolingualen, hypopharyngealen oder laryngealen Bereich Obstruktionen auftreten können. Die chirurgische Therapie muss dann auf allen Niveaus eine ausreichende Erweiterung erzielen, um den Apnoe- Hypopnoe-Index (AHI) zu senken. Dieses Vorgehen wird „multilevel surgery“ genannt. Trotzdem sinkt über einem AHI von 30 die Erfolgsrate stark ab, obwohl in Einzelfällen bei günstigen anatomischen Voraussetzungen durch adäquate Operationstechniken auch noch gute Erfolge erzielt werden können. 2. Body-Mass-Index 1

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Schnarchen – State of the Art: chirurgische Therapie

der obstruktiven Schlafapnoe

Erstellt 28 Jan 2014 - 10:21

Obwohl die nasale Überdruckbeatmung die Standardtherapie beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) 

darstellt, wird sie von vielen nicht vertragen, nur teilweise angewandt oder gar nicht akzeptiert. Die Langzeit- 

Compliance liegt bei ca. 60–70% der Patienten. Als Alternative stehen konservative Hilfsmittel wie Unterkiefer- 

Protrusionsschienen oder eine chirurgische Therapie zur Verfügung.

In der Chirurgie gibt es kein universelles Prinzip (wie in der Beatmungstherapie), das die gesamten Atemwege

grundsätzlich erweitert, sondern es muss sehr individuell vorgegangen werden. Mittlerweile gibt es eine breite Palette an

Operationstechniken, die jeweils nur bestimmte Obstruktionsmuster und -stellen bis zu einem vertretbaren Maß erweitern

können, um nicht die Funktionen des Schluckens und der Artikulation zu stark zu beeinträchtigen. Der Erfolg hängt daher

stark von der Patientenselektion unter Kenntnis der Obstruktionsmuster im Schlaf, der richtigen Wahl der optimalen

therapeutischen Vorgangsweise und der Erfahrung des Operateurs mit einer Vielzahl an Operationsmethoden ab. Er ist

auch nicht individuell vorhersagbar, sondern nur statistisch abschätzbar. Die chirurgische Therapie ist daher kein

genereller Ersatz für die Beatmungstherapie (Randerath et al, Eur Respir J 2011).

Dieser Überblick zeigt anhand der vorliegenden wissenschaftlichen Studien auf, welche Personengruppen von einer

chirurgischen Therapie profitieren, welche Faktoren für einen chirurgischen Erfolg ausschlaggebend sind, welche

Methoden zur Verfügung stehen, wie hoch die Erfolgsraten sind und welche Nebenwirkungen auftreten können. Dadurch

sollen Sie in die Lage versetzt werden, Ihre Patienten besser aufklären zu können und auch chirurgische Alternativen zu

berücksichtigen, jedenfalls wenn die anderen Methoden versagen oder nicht anwendbar sind.

Das Ziel der operativen Behandlung des OSAS ist die Verhinderung der nächtlichen Obstruktionen durch eine dauerhafteErweiterung der Atemwege im Hals. Erst durch die Implantation eines Nervus-hypoglossus-Stimulator-Systems steht

neuerdings eine funktionelle Behandlung zur Verfügung, bei der die Atemwege nur im Schlaf – teilweise atemsynchron –

erweitert werden, ohne Veränderungen untertags. Diese Implantate sind aber nur bei isolierter retrolingualer Obstruktion

indiziert und derzeit noch sehr teuer.

Die chirurgischen Methoden setzen entweder im Bereich der Zungen-, Gaumen-, Rachen- oder Kehlkopfstrukturen an –

eine Domäne der HNO-Chirurgie – oder erwei tern die Atemwege durch Vorverlagerung des Ober- und Unterkiefers

(bimaxilläres Advancement) und ziehen damit die Ansätze der Wände des Atemschlauches mit nach vorne – eine

Domäne der Kieferchirurgie.

Die Begrenzung der Weichteilchirurgie liegt in der Rücksichtnahme auf die Tagesfunktionen im Wachzustand wie

Schlucken, Sprechen (Artikulation) oder Singen. Bei der Kieferchirurgie sind es die Zahnokklusion, das Kiefergelenk und

ästhetische Veränderungen des Gesichtsprofils, die aber bei Retrognathie meist zum Vorteil geraten. Als Ultima Ratio

besteht auch die Möglichkeit der Tracheotomie und des Einsatzes einer Sprechkanüle, wodurch die Obstruktionen

umgangen werden. Bei aller Problematik des Kanülentragens ist das eine zu 95% erfolgreiche Therapie, die bei sonst

nicht therapierbaren schweren OSAS-Patienten in Betracht gezogen werden sollte. Die folgenden Ausführungen beziehen

sich nicht auf die Tracheotomie, die eine Sonderstellung innehat.

Faktoren, die den chirurgischen Erfolg beeinflussen

1. Schweregrad des OSAS 

Grundsätzlich ist mit zunehmendem Obstruktionsgrad mit mehreren Obstruktionsniveaus zu rechnen. Das bedeutet, dass

sowohl im Gaumen als auch im retrolingualen, hypopharyngealen oder laryngealen Bereich Obstruktionen auftreten

können. Die chirurgische Therapie muss dann auf allen Niveaus eine ausreichende Erweiterung erzielen, um den Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) zu senken. Dieses Vorgehen wird „multilevel surgery“ genannt. Trotzdem sinkt über einem AHI von

30 die Erfolgsrate stark ab, obwohl in Einzel fällen bei günstigen anatomischen Voraussetzungen durch adäquate

Operationstechniken auch noch gute Erfolge erzielt werden können.

2. Body-Mass-Index 

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Mit zunehmendem BMI nimmt der Erfolg chirurgischer Maßnahmen deutlich ab. Als Grenze wird von den meisten Autoren

ein BMI von 30 bis 33 angesehen. Darüber soll te nur in Ausnahmefällen operiert werden. Die Ursache dafür liegt in der

Enge der gesamten oberen Atemwege.

3. Schädelskelettanomalien 

Viele kraniofaziale Dysmorphien führen zu einer Einengung der oberen Atemwege, sie sind daher meist nicht ausreichend

durch Weichteilchirurgie zu behandeln.

Patienten mit hochgradiger Retrognathie oder kurzem, dolichozephalem Mittelgesicht profitieren wesentlich besser von

einer kieferchirurgischen Erweiterung des Knochenrahmens als von Weichteilchirurgie.

4. Lokalbefunde in den oberen Atemwegen (siehe Teil 1)

Die Größe der Tonsillen, ein Status post Tonsillektomie, die Höhe des Zungengrundes, die retrolinguale Distanz,

Zungengrundhypertrophie und die Form der Epiglottis spielen eine bedeutende Rolle in der Prognose und Auswahl von

Gaumen- oder anderen Operationen (siehe UPPP).

Weitere Differenzierungen der Obstruktionen im Schlaf können durch Schlafendoskopie, akustische Analysen oder

Manometrie gewonnen werden. Siehe dazu Teil 1 zur Diagnostik in JATROS Pulmologie & HNO 2/2013 .

Erfolgsmessung in chirurgischen Studien

Unter Erfolg wird bei chirurgischen Studien international die Senkung der Anzahl der obstruktiven Ereignisse pro StundeSchlaf unter die Grenze angesehen, unter der das Risiko, kardiovaskuläre Folgeerkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall)

gehäuft zu bekommen, nicht mehr erhöht ist. Die Kriterien zur Messung des Erfolges wurden 1996 von Sher publiziert und

in den meisten Studien angewandt: mehr als 50% Verbesserung des AHI, AHI unter 20 und Besserung der

Tagesmüdigkeit. Diese Kriterien sind weniger streng als die pulmonologischen, jedoch muss berücksichtigt werden, dass

diese Verbesserung bei operativem Erfolg die gesamte Schlafzeit anhält, und das 7 Tage pro Woche, während bei den

Compliance-Studien zur Beatmungstherapie zwar niedrigere AHI-Werte angegeben werden, jedoch nur 4 Stunden pro

Nacht und nur 5 Tage pro Woche Tragezeit gefordert werden, sodass die Patienten teilweise unbehandelt bleiben. Auf die

gesamte Schlafzeit gerechnet liegt dann die Anzahl der Rest-Obstruktionen gar nicht so weit auseinander. Außerdem liegt

die Langzeit-Compliance der beatmeten Patienten je nach Studien nur bei 60–70%. Für die sonst nicht behandelten

Patienten ist auch ein Tei lerfolg bereits eine merkbare Verbesserung. Die meisten Patienten in den chirurgischen Studien

lehnten eine Beatmungstherapie ab oder vertrugen sie nicht.

Operationsarten

Erweiterung des Oropharynx und des retrovelaren Raumes 

Die 1981 erstmals beschriebene Uvulopalatopharyngoplastik  (UPPP) ist die am weitesten verbreitete Operation bei

OSAS. Falls Gaumenmandeln vorhanden sind, wird gleichzeitig eine Tonsillektomie (TE) ausgeführt. Früher waren die

Techniken sehr radikal und bargen die Gefahr der nasalen Regurgitation oder auch von Pharynxstenosen in sich. 1989

wurde von W. Pirsig die heute allgemein geübte, gut verträgliche, muskelschonende Technik eingeführt. Die

Beschreibung, OP-Bilder und Informationen zum Heilungsverlauf finden Sie im Teil 2 „Chirurgische Therapie des

Schnarchens“ in JATROS Pulmologie & HNO 3/2013 . Im Wesentlichen wird überschüssige Schleimhaut am freien

Gaumenrand und an der Uvula entfernt und die Gaumenbögen werden zusammengenäht, wobei eine Inzision der

Muskulatur des hinteren Gaumenbogens die Aufspannung erleichtert.

Die Erfolgsrate hängt stark von den anatomischen Voraussetzungen ab. Nach den Therapiestudien von M. Friedman sind

hypertrophe Tonsillen und eine tiefe Zungenposition (leider ein seltener Befund) optimal für eine UPPP geeignet, wobei

die Erfolgsrate bei 80,6% liegt, während bei kleinen oder fehlenden Tonsillen nach Tonsillektomie der Erfolg der UPPP

bei tiefem Zungenstand auf 37,9%, bei hohem Zungenstand sogar auf 8,1% sinkt. Die Erfolgsrate bei Patienten mit

hypertrophen Tonsillen und einer hohen Zungenposition liegt nur mehr bei durchschnittlich 37,9%.

Die hohe Zungenposi tion ist ein Indikator für eine Makroglossie und retrolinguale Obstruktion. Deshalb ist dann eine

Multilevel-Chirurgie erforderlich. Die unselektierte Erfolgsrate der UPPP ± TE bei leicht- bis mittelgradigem OSAS liegt bei

41–50% der behandelten Patienten.

Nebenwirkungen und Komplikationen: Mit postoperativen Schmerzen und Schluckbeschwerden für zwei bis drei Wochen

ist zu rechnen. Vorübergehend kann es zu nasaler Regurgitation und Geschmacksstörungen kommen. EineNachblutungsgefahr besteht in wenigen Prozent der Fälle bis zur Abheilung innerhalb von ca. 3 Wochen. Als dauernde

Nebenwirkung kann es zu Trockenheit im Rachen und Fremdkörpergefühl kommen. Die Artikulation von Gaumenlauten

wie einem rückwärtigen R oder Ch kann gestört sein. Deshalb ist diese Operation bei Sängern oder Menschen mit

Stimmberufen nicht einsetzbar.

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Laterale Pharyngoplastiken 

Ein Kollaps der Pharynxseitenwand ist eine der Hauptursachen von Misserfolgen der UPPP. Deshalb wurden

Operationsmethoden entwickelt, die in randomisierten Vergleichsstudien wesentlich bessere Ergebnisse als die UPPP

erzielten. Es sind dies vor allem die laterale Pharyngoplastik nach Cahali 2004 und die Expansion Sphincter

Pharyngoplasty (ESP) nach Pang und Woodson 2007 (Abb. 1a–d). Da die Cahali-Technik doch deutlich mehr

Nebenwirkungen aufweist, hat sie sich nicht gut durchgesetzt. Pang und Woodson erreichten in einer randomisierten

Kontrollstudie an Patienten mit mittel- bis hochgradiger obstruktiver Schlafapnoe (mittlerer AHI = 38 in Gruppe A und 44 in

Gruppe B) und Kollaps der seitlichen Rachenwand bei 78% der Patienten in der ESP-Gruppe B eine Verbesserung des

AHI unter 15/Stunde und eine mehr als 50%ige Besserung, während in der UPPP-Gruppe A nur 45% diesen Wertunterschritten – ein hochsignifikanter Unterschied. Der durchschnittliche AHI-Wert sank in der ESP-Gruppe B von 44,2 auf

12,0, aber in der UPPP-Gruppe A von 38 auf nur 19,6.

Die Nebenwirkungen sind mit jenen der UPPP vergleichbar, aber doch länger anhaltend. Einzelne Patienten haben

länger dauernde Narbenbeschwerden, Fremdkörpergefühl und Schluckbeschwerden. Deshalb wurde die Technik bereits

durch Vermeiden der kraniolateralen Gaumeninzision modifiziert. G. Sorrenti publizierte 2013 seine Ergebnisse mit

„Functional Expansion Pharyngoplasty“ (FEP). Er erreichte bei 85 operierten Patienten eine Senkung des AHI von 33,3

auf 11,7, wobei der Eingriff bei 89% nach Sher Kriterien erfolgreich war. Es traten keine andauernden

Schluckbeschwerden auf.

Erweiterung des retrolingualen und hypopharyngealen Raumes 

Etwa zwei Drittel der OSAS-Patienten haben Obstruktionen retrolingual und/oder hypopharyngeal, meist zusätzlich zu

velopharyngealen Obstruktionen. Daher werden die folgenden Operationen meist als „Multilevel-Chirurgie“ in Kombination

mit einer palatopharyngealen oder auch nasalen Operation durchgeführt.

Unterschiedliche anatomische und funktionelle Befunde erfordern verschiedene operative Vorgangsweisen. Zum Beispiel

kann eine anteroposteriore Einengung durch Zungengrundhypertrophie oder Makroglossie auftreten durch Rückfallen der

Zunge oder auch bei normaler Größe infolge schlafbedingter oder konstitutioneller Hypotonie des M. genioglossus,

besonders in Rückenlage.

Zungengrundoperationen 

Die häufigste Operation ist die interstitielle Radiofrequenz-induzierte Thermotherapie  (RFITT) oder RF-Volumenreduktion 

(RaVoR) des Zungengrundes. Das Prinzip der Technik mittels RF-induzierter Erwärmung auf ca. 70–90% mit Koagulation

und Narbenschrumpfung wurde schon im Teil 2 der Serie erklärt und bebildert (JATROS Pulmologie & HNO 3/2013 ). Für

einen ausreichenden Erfolg im Zungengrundbereich sind meist 3 Sitzungen im Abstand von ca. 4 bis 6 Wochen

erforderlich. Die erste Sitzung erfolgt meist unter Vollnarkose gemeinsam mit den anderen Eingriffen der Multilevel-Chirurgie, dann folgen noch 1 bis 2 Sitzungen in Lokalanästhesie. Antibiotischer Schutz ist erforderlich, um einer

Abszessbildung vorzubeugen. Postoperative Überwachung wegen evtl. vorübergehender Anschwellung und Atemnot ist

anzuraten. Eine N.-hypoglossus-Parese ist eine extrem seltene Komplikation. Als isolierte Maßnahme der Behandlung

von Patienten mit mittel- bis hochgradigem OSAS (BMI <30) wurden dafür Erfolgsraten nach den Sher-Kriterien von 20 bis

40% publiziert.

Genioglossus-Advancement und Hyoid-Myotomie 

Dabei handelt es sich um eine der ersten Methoden zur Vorverlagerung des Zungengrundes (Riley 1989). Es wird das

Knochenstück des Unterkiefers, an dem der M. genioglossus und der M. geniohyoideus ansetzen, herausgeschnitten und

vor den Unterkieferknochen gezogen. Gleichzeitig wird auch das Hyoid durch Myotomie mobilisiert. Der Eingriff wird meist

in Kombination mit UPPP durchgeführt und erzielt Erfolgsraten nach Sher von bis zu 70%.

Fadensuspension des Zungengrundes 

Mit dem Repose®-System wurde eine einfache Möglichkeit eingeführt, den Zungengrund mittels eines nicht

resorbierbaren Fadens, der in einer Schlinge submukös durch den Zungengrund geführt wird, an einer Knochenschraube

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in der Medianen des Unterkiefers aufzuhängen und so das Zurückfallen zu verhindern (Abb. 2a und b).

Als isolierte Maßnahme erzielte dies durchschnittlich 30% Erfolg, in Kombination mit UPPP und teilweise HTP wurden

Kurzzeit-Erfolgsraten nach Sher von 57 bis 92% und 3-Jahres-Erfolge von bis zu 78% publiziert, bei durchschnittlichempräoperativem AHI von 32 bis 53 und BMI von 29 bis 32. Zwei Studien berichten eine durchschnittliche AHI-Senkung unter

10 bei 43% resp. 58% der Patienten. Als Nebenwirkungen treten Schmerzen, Schluckstörungen und

Artikulationsstörungen während 2–3 Wochen auf, sehr selten Sialadenitis der Glandula submandibularis oder

Osteomyelitis des Unterkiefers.

Eine randomisierte Vergleichsstudie von E. Fernandéz-Julian 2009 an 57 Patienten zwischen RaVoR des

Zungengrundes (3x Applikation) und Fadensuspension jeweils gemeinsam mit UPPP ergab keinen signifikanten

Unterschied zwischen beiden Gruppen mit 51,7 vs. 57,1% Erfolg. Der mittlere AHI wurde von durchschnittlich 32,5 auf 15,4

versus 33,1 auf 15,1 gesenkt. Auch die Tagesmüdigkeit wurde von ESS=13,9 unter 10 gesenkt. Eine andere, 2-jährige

Verlaufskontrolle zeigt die Verminderung der Erfolgsrate nach Sher bei Zungengrund-Suspension von 67% nach 1 Jahr

auf 42% nach 2 Jahren und bei RaVoR von 75% auf 33%. Das zeigt deutlich die Abnahme der Wirkung mit der Zeit, die

aber bei der Fadensuspension geringer sein dürfte als bei der RaVoR. Grundsätzlich können aber beide Techniken beiVerschlechterung wieder angewandt oder auch miteinander kombiniert werden.

Resektion der Zungengrundhypertrophie 

Bei lymphatischer Hypertrophie des Zungengrundes kann dieser entweder mit RaVoR geschrumpft werden oder mit

Laser, elektrokaustisch oder mit Coblation-Technik abgetragen werden. Bei der Abtragung ist die Nachblutungsgefahr

höher.

Zungengrundteilresektion nach Chabolle und Sorrenti 

Bei Makroglossie können große Zungengrundresektionen transzervikal von außen in Verbindung mit Hyoid-Epiglottopexie

(Chabolle 1999, Sorrenti 2006) in selektierten Fällen Erfolge erzielen (mittlerer RDI von 55 auf 9,4 gesenkt, Chabolle

1999). Meist ist allerdings eher das bimaxil läre Kiefer-Advancement (Abb. 5) empfehlenswert. Dadurch erhält die Zungemehr Platz im Unterkieferbogen.

Hyoid-Suspension 

Am Zungenbein (Hyoid) setzen die äußeren Zungenmuskeln und das Ligamentum hyoepiglotticum an. Eine

Vorverlagerung bringt daher sowohl den Zungengrund als auch die Epiglottis nach vorne und streckt auch die

Pharynxseitenwand.

Der Begriff wird für die Hyoidomandibulopexie (HMP), die Fixation an den Unterkiefer, und für die Hyoidothyreopexie

(HTP) (Abb. 4), die Fixation und Vorverlagerung an den Schildknorpel (Adamsapfel), verwendet.

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Riley publizierte 1994 eine Verbesserung des AHI bei 15 mit UPPP voroperierten Patienten von 46,9 auf 21,3 allein durch

die HTP. In der Kombinationstherapie mit UPPP und evtl. Naseneingriffen zur Atmungsverbesserung werden Erfolge nach

Sher bis zu 80% publiziert.

Epiglottis- und endolaryngeale Obstruktionen

Epiglottisobstruktionen und auch endolaryngeale Obstruktionen werden im Falle einer Hyoid-Suspension mitbehandelt,

weil dadurch auch die Epiglottis und die aryepiglottische Falte vorgezogen werden. Andernfalls stehen die Epiglottopexie

oder die Epiglottisteilresektion zur Verfügung. Ein Schema ist im Teil 2, JATROS Pulmologie & HNO 3/2013 , abgebildet.

Erfolgsraten der Multilevel-Chirurgie

Eine Metaanalyse der australischen Gesundheitsbehörden von 18 Multilevel-Surgery-Studien (Elshaug 2007) an

Patienten mit mittel- bis hochgradigem OSAS hat eine 55%ige Erfolgsrate nach Sher-Kriterien (AHI <20, mindestens 50%

Reduktion und keine übermäßige Tagesmüdigkeit) und eine 31,5%ige Erfolgsrate mit AHI ≤10 ergeben. Im Mittel wurde

der AHI halbiert. Eine Metaanalyse von T. Verse 2009 an 44 Multilevel-Chirurgie-Studien (1.640 Patienten) ergab

ebenfalls 54,3% Erfolg nach Sher und eine durchschnittliche Senkung des AHI von 43,9 auf 20,2.

In einzelnen Studien mit guter Selektion der geeigneten Patienten werden jedoch polysomnografisch kontrollierte

Kurzzeiterfolge nach Sher von bis zu 92% berichtet und Langzeiterfolge über 3 bis 6 Jahre von bis zu 78% publiziert. Wie

eingangs erwähnt, sinkt in allen Studien der Erfolg stark ab, wenn der AHI >35 und der BMI bei >30 (bis 33) liegt.

Bimaxilläres Advancement

Durch die Osteotomie (Knochenschnitte) und gezielte Vorverlagerung sowohl des Oberkieferalveolarfortsatzes wie auch

des Unterkiefers kommt es zu einer wesentlichen Erweiterung der Atemwege in allen Anteilen des Rachens (Abb. 5a und

b). Es werden Erfolgsraten nach Sher von 90% der operierten Patienten noch nach 5 Jahren und mehr und eine

durchschnittliche Senkung des mittleren AHI von 62 auf 8 in den publizierten Studien beschrieben (Riley, Sleep Breath

2000).

Nachteilig sind eine längere Vorbereitungszeit und auch Nachbehandlung zur Sicherung des richtigen Bisses (Okklusion).

Auch ist mit einer Veränderung der Gesichtskontur durch die Vorverlagerung des Kinns und des Mittelgesichtes zur

rechnen. Daher ist der Eingriff besonders für Patienten mit Retrognathie oder kurzem Mittelgesicht (Dolichozephalie)

empfehlenswert. Eine typische Komplikation bei ca. 10–15% der Operierten ist eine dauernde N.-mandibularis-Parese mit

Sensibil itätsstörung im Unterlippen-/Kinnbereich. Die Operation wird von Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen

durchgeführt.

Nervus-hypoglossus-Stimulator („Zungen-Schrittmacher“)

Bei diesem Verfahren wird ein Impulsgenerator ähnlich einem Herzschrittmacher implantiert (Abb. 6). Eine

Stimulationselektrode wird um die Äste des Nervus hypoglossus gelegt, die den M. genioglossus innervieren und so die

Zunge vorziehen. Die Steuerung der Nervenreizung erfolgt bei den derzeit verfügbaren drei Implantattypen

unterschiedlich. Zwei stimulieren in fixer Frequenz, eines (Inspire®) stimuliert atemgetriggert durch einen Drucksensor im

Interkostalraum. Eine Vorstudie hat aufgezeigt, wie wichtig es ist, eine zirkuläre Pharynxobstruktion durch

Schlafendoskopie auszuschließen. Die multizentrische europäisch-US-amerikanische STAR-Studie an 126 Patienten mit

durchschnittlichem Alter von 54,5 ± 10,2 Jahren und BMI von 28,4 ± 2,6 ergab nach einem Jahr eine Reduktion des

Ausgangs-AHI von durchschnittlich 29,3 auf 9 und des Desaturationsindex von 25,4 auf 7,4 mit signifikanter Verbesserung

der Tagesmüdigkeit (Sleep 2013). Das System erhielt das CE-Zeichen und ist in Europa zugelassen. Es ist allerdings mitsehr hohen Anschaffungskosten verbunden. Der Vorteil li egt darin, dass untertags keine Veränderung der Mund- oder

Rachenanatomie erfolgt und somit keine Funktionsbeeinträchtigungen stattfinden. Die nächtliche Reizung wurde schon

 jahrelang gut vertragen. Es sind keine Schädigungen am N. hypoglossus aufgetreten.

Zusammenfassung

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Durch die Entwicklung neuer Operationstechniken in den letzten 15 Jahren ist die chirurgische Therapie des OSAS in

geeigneten Fällen eine Alternative oder eine Ergänzung zur Beatmungstherapie geworden. Die durchschnittlichen

Erfolgsraten mit einer Halbierung des AHI und etwa 55% Erfolgsrate nach Sher und 31,5% der Patienten unter einem AHI

von 10 lassen zu wünschen übrig. Allerdings gelingt es durch Selektion geeigneter Fälle, die Erfolgsraten bis 90% zu

verbessern. Bei adipösen Patienten und Patienten mit hochgradigem OSAS sind nur selten Erfolge zu erzielen. In diesem

Artikel wurde aufgezeigt, welche Faktoren bei einer operativen Behandlung eine Rolle spielen und welche

Operationsarten zur Verfügung stehen. Die Wirkung der Operation kann nach Jahren nachlassen. Dann kann entweder

neuerlich operiert werden oder, wie auch bei unzureichendem Erfolg, auf andere Therapieformen übergegangen werden.

Indikationen für eine Operation bei OSAS

Voraussetzung für jegliche chirurgische Therapie ist ein geeigneter, operativ korrigierbarer anatomischer Befund. Wenn er

nicht bereits im Wachzustand erkennbar ist, sollten Hinweise auf die Obstruktionshöhe und -richtung in den oberen

Atemwegen aus der Schlafendoskopie, den akustischen Schnarchaufzeichnungen oder der Multikanal-Pharynx-

Manometrie vorhanden sein (siehe Teil 1 der Serie „Diagnostik des Schnarchens“ in JATROS Pulmologie & HNO 2/2013,

S. 29 ff.).

• Schlechte Nasenatmung zur Vermeidung der pathogenen Mundatmung bzw. zur Verminderung des nötigen

Beatmungsdruckes und Verbesserung der Verträglichkeit einer nächtlichen Beatmungstherapie (z.B. CPAP)

• Upper Airways Resistence Syndrome (UARS) oder leichtgradige obstruktive Schlafapnoe, wenn noch keine Indikation

zu einer nächtlichen Überdruckbeatmung gegeben ist

• Primär leicht- bis mittelgradige obstruktive Schlafapnoe (Apnoe-Hypopnoe-Index unter 30/h) ohne ausgeprägte

Adipositas (BMI <30–33), wenn eine Beatmungstherapie oder Unterkiefer-Protrusionsschienen-Therapie (UPS) abgelehnt

wird

• Sekundär nach erfolgloser oder nicht tolerierter nächtlicher Beatmungstherapie oder Unterkiefer-Protrusionsschienen-

Therapie

Literatur beim Verfasser 

Autor: 

Dr. Robert Pavelka 

Facharzt für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, ästhetische Chirurgie,ehem. Vorstand der Abteilung für HNO-Heilkunde des Landesklinikums Wiener Neustadt,

Leiter der ARGE Schlafmedizin der Österreichischen Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und 

Halschirurgie 

Wr. Neustadt und Baden bei Wien 

www.schnarchen-operation.at 

2013 4 Jatros Pulmologie

Quellen-URL: http://pulmologie.universimed.com/artikel/schnarchen-%E2%80%93-state-art-chirurgische-therapie-der-obstruktiven-schlafapnoe

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