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Rechtsprechung 156 bbl 2010, Heft 4 August © Springer-Verlag 2010 Tirol Universitätsgebäude; kein bundeseigenes Gebäude; zuständige Baubehörde; subjektiv-öffentliche Nach- barrechte; Immissionsschutz DOI 10.1007/s00738-010-0898-4 § 52 Abs 2 tir BauO 2001; Art 15 Abs 5 1.Satz B-VG Ein (hier: Universitäts-) Gebäude im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft ist kein „bundes- eigenes“ Gebäude. Die Festlegung im Flächenwidmungsplan „Sonderfläche Universitätseinrichtung“ dient nicht dem Immissionsschutz VwGH 24.3.2010, 2008/06/0198 <115> Aus der Begründung: Wenn der Bf meint, es liege ein „bundeseigenes Gebäude“ iSd § 51 Abs 2 TBO 2001 vor, da die mitbeteiligte GesmbH im alleinigen Eigentum des Bundes stehe, und die tätig gewordenen Beh seien daher in der vorliegenden Angelegenheit nicht zustän- dig, ist er nicht im Recht. Der VfGH hat zum gleichar- tigen Begriff der bundeseigenen Gebäude in Art 15 Abs 5 B-VG ausgesprochen, dass schon der Wortlaut des Kriteriums „bundeseigene Gebäude“ nahe lege, dass der Verfassungsgesetzgeber nur Gebäude erfassen wollte, deren Eigentümer im zivilrechtlichen Sinne die Gebietskörperschaſt Bund ist. Eine Anknüpfung an ei- nen anderen als diesen Eigentumsbegriff müsste vom B-VG – wie das an anderen Stellen geschieht (vgl Art 52 Abs 2 und Art 126b Abs 2 B-VG) – ausdrücklich ange- ordnet werden. Keinem Zweifel könne es ferner unter- liegen, dass diese Bestimmung das – kumulative – Vor- liegen von beiden genannten Voraussetzungen verlangt. Wenn der Verfassungsgesetzgeber – unabhängig von der, wie dargelegt verstandenen, formellen Eigentü- merstellung des Bundes – Gebäude, die der Bund zur Erfüllung von bestimmten Aufgaben nutzt (vgl das zweite Kriterium), hätte jedenfalls erfassen wollen, so hätte er auf das erste Kriterium verzichten können. Dass der – einfache – Bundesgesetzgeber durch das BundesimmobilienG, BGBl I 141/2000, und die da- durch bewirkte Übertragung des weitaus überwiegen- den Teils der ehemals im Bundeseigentum befindlichen Liegenschaſten in das Eigentum der BIG die Zahl der Fälle, in denen Art 15 Abs 5 B-VG anzuwenden ist, erheblich reduziert hat, könne keine andere als die dar- gelegte Auslegung des Begriffs „bundeseigene Gebäu- de“ in Art 15 Abs 5 B-VG gebieten. Der VwGH teilt diese Ansicht. Das geplante Univer- sitätsgebäude, das im Eigentum der Mitbeteiligten ste- hen wird, stellt somit kein „bundeseigenes Gebäude“ dar, die tätig gewordenen Beh waren gem § 52 Abs 1 TBO 2001 für diese Bauangelegenheit zuständig. Für die bel Beh lag kein Grund vor, von einer Unzustän- digkeit der erstinstanzlichen Beh auszugehen. (Abwei- sung) Vorarlberg Geschäftshaus; Verkaufsflächen; Warenangebot; we- sentliche Veränderung der Verwendung; baubewilli- gungspflichtige Maßnahmen DOI 10.1007/s00738-010-0899-3 §§ 2 lit p, 18 Abs 1 lit b vlbg BauG 2001 Wird die bewilligte Verwendung einer Geschäfts- einheit nicht eingehalten (hier: Verkauf von zent- rumsrelevanten statt autoaffinen Waren), liegt eine wesentliche Veränderung der Verwendung vor, die baubewilligungspflichtig ist. VwGH 25.2.2010, 2008/06/0132 <116> Wien Pergola; baubewilligungsfreie Maßnahmen DOI 10.1007/s00738-010-0900-1 § 62a Abs 1 Z 14 wr BauO Eine Pergola ist ein Rankgerüst aus leichtem Baustoff, das für das Ranken von Pflanzen erfor- derlich ist. Die Errichtung einer Rahmenkonstruktion in Massivbauweise (hier: im Ziegel in der Höhe von 5 m) kann nicht mehr als bewilligungsfrei aus- führbare Pergola qualifiziert werden. VwGH 23.2.2010, 2008/05/0025 <117> Aus der Begründung: Die bel Beh stützt die aktuelle Bewilligungspflicht va darauf, dass die in Rede stehen- de Ausführung nicht dem Begriff der „Pergola“ gem § 62a Abs 1 Z 14 BO subsumiert werden kann. Damit befindet sich die bel Beh im Recht. Gem § 62a Abs 1 Z 14 BO ist bei der Bauausführung von „Pergolen“ weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich. In der BO findet sich keine Def des Begriffes „Pergola“. Der VwGH hat in seinem Erk v 9. 10.2001, 99/05/0050, mwH, zu § 62a Abs 1 Z 14 BO ausgesprochen, dass „unter einer ‚Pergola‘ (= Rankge- rüst) im Allgemeinen ein nicht überdeckter Lauben- gang in einer Gartenanlage zu verstehen ist, wobei die auf Stützen liegenden Unterzüge ein Gebälk tragen, das von Pflanzen umrankt ist. Es wird in diesem Zusam- menhang auf Koepf, Bildwörterbuch der Architektur 2 , (1968) S 87 f, verwiesen. Weiters wird Pergola (s Fromm‑ hold/Gareiß, Bauwörterbuch 2 , 1978, 195) als offener, meist überrankter Laubengang, bei dem in der Regel lange, beiderseitig auf Pfeilern oder Holzstützen liegen- de Kanthölzer, die in regelmäßigen Abständen ange- ordnete Querhölzer tragen, definiert.“ Entscheidende Funktion einer Pergola ist somit, dass sie als Rankgerüst in einer Gartenanlage Pflanzen Halt gewährt. Dieser Funktion dient regelmäßig ein leichter Baustoff, vorzugsweise Holz. Nur ein Gerüst, das für

Universitätsgebäude; kein bundeseigenes Gebäude; zuständige Baubehörde; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; Immissionsschutz

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Page 1: Universitätsgebäude; kein bundeseigenes Gebäude; zuständige Baubehörde; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; Immissionsschutz

Rechtsprechung156bbl2010, Heft 4

August

© Springer-Verlag 2010

Tirol

Universitätsgebäude; kein bundeseigenes Gebäude; zuständige Baubehörde; subjektiv-öffentliche Nach-barrechte; Immissionsschutz

DOI 10.1007/s00738-010-0898-4

§ 52 Abs 2 tir BauO 2001; Art 15 Abs 5 1.Satz B-VG

Ein (hier: Universitäts-) Gebäude im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft ist kein „bundes-eigenes“ Gebäude.

Die Festlegung im Flächenwidmungsplan „Sonderfläche Universitätseinrichtung“ dient nicht dem Immissionsschutz

VwGH 24.3.2010, 2008/06/0198 <115>

Aus der Begründung: Wenn der Bf meint, es liege ein „bundeseigenes Gebäude“ iSd § 51 Abs 2 TBO 2001 vor, da die mitbeteiligte GesmbH im alleinigen Eigentum des Bundes stehe, und die tätig gewordenen Beh seien daher in der vorliegenden Angelegenheit nicht zustän-dig, ist er nicht im Recht. Der VfGH hat zum gleichar-tigen Begriff der bundeseigenen Gebäude in Art 15 Abs 5 B-VG ausgesprochen, dass schon der Wortlaut des Kriteriums „bundeseigene Gebäude“ nahe lege, dass der Verfassungsgesetzgeber nur Gebäude erfassen wollte, deren Eigentümer im zivilrechtlichen Sinne die Gebietskörperschaft Bund ist. Eine Anknüpfung an ei-nen anderen als diesen Eigentumsbegriff müsste vom B-VG – wie das an anderen Stellen geschieht (vgl Art 52 Abs 2 und Art 126b Abs 2 B-VG) – ausdrücklich ange-ordnet werden. Keinem Zweifel könne es ferner unter-liegen, dass diese Bestimmung das – kumulative – Vor-liegen von beiden genannten Voraussetzungen verlangt. Wenn der Verfassungsgesetzgeber – unabhängig von der, wie dargelegt verstandenen, formellen Eigentü-merstellung des Bundes – Gebäude, die der Bund zur Erfüllung von bestimmten Aufgaben nutzt (vgl das zweite Kriterium), hätte jedenfalls erfassen wollen, so hätte er auf das erste Kriterium verzichten können. Dass der – einfache – Bundesgesetzgeber durch das BundesimmobilienG, BGBl I 141/2000, und die da-durch bewirkte Übertragung des weitaus überwiegen-den Teils der ehemals im Bundeseigentum befindlichen Liegenschaften in das Eigentum der BIG die Zahl der Fälle, in denen Art 15 Abs 5 B-VG anzuwenden ist, erheblich reduziert hat, könne keine andere als die dar-gelegte Auslegung des Begriffs „bundeseigene Gebäu-de“ in Art 15 Abs 5 B-VG gebieten.

Der VwGH teilt diese Ansicht. Das geplante Univer-sitätsgebäude, das im Eigentum der Mitbeteiligten ste-hen wird, stellt somit kein „bundeseigenes Gebäude“ dar, die tätig gewordenen Beh waren gem § 52 Abs 1 TBO 2001 für diese Bauangelegenheit zuständig. Für die bel Beh lag kein Grund vor, von einer Unzustän-digkeit der erstinstanzlichen Beh auszugehen. (Abwei-sung)

Vorarlberg

Geschäftshaus; Verkaufsflächen; Warenangebot; we-sentliche Veränderung der Verwendung; baubewilli-gungspflichtige Maßnahmen

DOI 10.1007/s00738-010-0899-3

§§ 2 lit p, 18 Abs 1 lit b vlbg BauG 2001

Wird die bewilligte Verwendung einer Geschäfts-einheit nicht eingehalten (hier: Verkauf von zent-rumsrelevanten statt autoaffinen Waren), liegt eine wesentliche Veränderung der Verwendung vor, die baubewilligungspflichtig ist.

VwGH 25.2.2010, 2008/06/0132 <116>

Wien

Pergola; baubewilligungsfreie Maßnahmen

DOI 10.1007/s00738-010-0900-1

§ 62a Abs 1 Z 14 wr BauO

Eine Pergola ist ein Rankgerüst aus leichtem Baustoff, das für das Ranken von Pflanzen erfor-derlich ist.

Die Errichtung einer Rahmenkonstruktion in Massivbauweise (hier: im Ziegel in der Höhe von 5 m) kann nicht mehr als bewilligungsfrei aus-führbare Pergola qualifiziert werden.

VwGH 23.2.2010, 2008/05/0025 <117>

Aus der Begründung: Die bel Beh stützt die aktuelle Bewilligungspflicht va darauf, dass die in Rede stehen-de Ausführung nicht dem Begriff der „Pergola“ gem § 62a Abs 1 Z 14 BO subsumiert werden kann. Damit befindet sich die bel Beh im Recht.

Gem § 62a Abs 1 Z 14 BO ist bei der Bauausführung von „Pergolen“ weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich. In der BO findet sich keine Def des Begriffes „Pergola“. Der VwGH hat in seinem Erk v 9. 10.2001, 99/05/0050, mwH, zu § 62a Abs 1 Z 14 BO ausgesprochen, dass „unter einer ‚Pergola‘ (= Rankge-rüst) im Allgemeinen ein nicht überdeckter Lauben-gang in einer Gartenanlage zu verstehen ist, wobei die auf Stützen liegenden Unterzüge ein Gebälk tragen, das von Pflanzen umrankt ist. Es wird in diesem Zusam-menhang auf Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2, (1968) S 87 f, verwiesen. Weiters wird Pergola (s Fromm‑hold/Gareiß, Bauwörterbuch2, 1978, 195) als offener, meist überrankter Laubengang, bei dem in der Regel lange, beiderseitig auf Pfeilern oder Holzstützen liegen-de Kanthölzer, die in regelmäßigen Abständen ange-ordnete Querhölzer tragen, definiert.“

Entscheidende Funktion einer Pergola ist somit, dass sie als Rankgerüst in einer Gartenanlage Pflanzen Halt gewährt. Dieser Funktion dient regelmäßig ein leichter Baustoff, vorzugsweise Holz. Nur ein Gerüst, das für