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Universität zu Köln Die Rechtswissenschaftliche Fakultät Das Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht Das Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht Die Tagung wird mitgestaltet und gefördert von

Universität zu Köln Die Rechtswissenschaftliche Fakultät ... · 12/10/2013  · Referat. Social Media und Mitbestimmung Dr. Benjamin Ittmann Fachanwalt für Arbeitsrecht 8. Juni

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Universität zu Köln

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät

Das Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht

Das Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht

Die Tagung wird mitgestaltet und gefördert von

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Donnerstag, 8. Juni 2017 Universität zu Köln 2

Universität zu Köln

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät

Das Institut für Arbeits- und Wirtschaftsrecht

Das Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht

Die Tagung wird mitgestaltet und gefördert von

Referat

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Social Media und Mitbestimmung

Dr. Benjamin Ittmann

Fachanwalt für Arbeitsrecht

8. Juni 2017

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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Soziale Netzwerke

• Internetplattformen, auf denen sich Personen einem Kreis anderer Personen präsentieren können. Der Nutzer legt ein eigenes Profil mit unterschiedlichen Angaben – je nach Zweck des Netzwerks – an. Neben der Darstellung der eigenen Person besteht die Möglichkeit der Interaktion mit anderen Nutzern des Netzwerks (vgl. Oberwetter, NJW 2011, S. 417).

• Mitgliedergemeinschaften, die über eine bestimmte Technologieplattform miteinander kommunizieren und untereinander vernetzt sind. Die Mitglieder präsentieren sich mit personenbezogenen Informationen in einem Profil und stellen Verbindungen zu anderen Netzwerkteilnehmern her. Sie kommunizieren individuell untereinander, können sich aber auch mitBeiträgen an Gruppen richten (vgl. Determann, BB 2013, S. 181).

Vorbemerkung

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Vorbemerkung

Nutzer sozialer Netzwerke weltweit 2010-2015 und Prognose bis 2020 (in Mrd.)

Quelle: statista.com

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Unterscheidung von Social Media nach Zweckrichtung

• private Netzwerke (z.B. facebook, Twitter, Instagram, google+) und berufsbezogene Netzwerke (z.B. Xing und LinkedIn)

Besonderheiten bei der Kommunikation

• Mitteilungen kurz, spontan und in „jugendlicher Sprache“, Abkürzungen (z.B. „GN8“, „DND“, „TMI“, „DUW“ oder „w8“),

• neue Wortschöpfungen und „Bilder“ zur Vereinfachung und Beschleunigung des Dialogs (Emoticons und Emojis).

Weiter zunehmende Bedeutung von Social Media

• Visualisierte Netzwerke gewinnen an Bedeutung (Instagram, Pinterest)

• Monatlich 1,79 Mrd. aktive Nutzer bei facebook; im Oktober 2016 rd. 677,5 Mio. Aufrufe („Visits“).

Vorbemerkung

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Vorbemerkung

Soziale Netzwerke in Deutschland nach Anzahl der Visits (Oktober 2016, in Mio.)

Quelle: statista.com

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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Berührungspunkte

• Absinken der Produktivität bei privater Nutzung während der

Arbeitszeit

• Stärkung der Marktposition des Arbeitnehmers mit

berufsbezogenen sozialen Netzwerken unter Angabe des

Arbeitgebers

• Pflege von Unternehmensprofilen des Arbeitgebers durch

(eigene oder fremde) Arbeitnehmer

• Konflikte im Arbeitsverhältnis wegen öffentlichkeitswirksamer

Interaktionen (Meinungsäußerungen, Kompromittierungen,

„Fake News“ etc.)

Social Media im Arbeitsverhältnis

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Widerstreitende Interessen

• Arbeitnehmer

– Freie Entfaltung der Persönlichkeit

– Recht auf informationelle Selbstbestimmung, einschl. „Vergessenwerden“

– Stärkung des eigenen Marktwerts

• Arbeitgeber

– Sicherung der Produktivität

– Nutzung zu Marketingzwecken

» Öffentliche Darstellung des Unternehmens

» Kundenakquise und –werbung

» Rekrutierung neuer Mitarbeiter

» Vernetzung in der Branche

– Steigerung der Produktivität durch Transparenz und Interaktion? (Stichworte: Leistungsdruck, Kontrolle)

Social Media im Arbeitsverhältnis

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Bewertung auf Arbeitgeberseite

• Chancen

– knappe und zügige Kommunikation intern/extern

– geringer Kostenaufwand

– gezielter Austausch mit Geschäftspartnern und Kunden

– Modul zur Geschäftsentwicklung (Marketing, Forschung, Recruiting)

• Risiken

– Beeinträchtigung der Produktivität

– Fehlerhafte oder missglückte „Postings“ mit Öffentlichkeitswirkung (Offenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, versehentlich falscher Adressatenkreis, kompromittierende oder diskriminierende „Postings“ etc.)

– Sicherheitsrisiken (Cyberkriminialität [z.B. Malware, „Phishing“], Erfassung von Verhalten der Nutzer und Weitergabe an Dritte zur Werbung, Missachtung von Datenschutzvorschriften)

Social Media im Arbeitsverhältnis

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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Bestandsaufnahme: „Regelungen“ in allen Facetten

• Spezifische Einzelregelungen zu Social Media stehen oft nicht an; stattdessen Anwendung bestehender, allgemeiner Regelungen(z.B. einer EDV-Rahmenbetriebsvereinbarung).

• Wird Social Media geregelt, dann häufig nur bruchstückhaft, als Ergänzung oder Protokollnotiz einer Betriebsvereinbarung zur Internetnutzung oder Betriebsordnung.

• Zum Teil „Ergänzung“ der bestehenden Regelungswerke durch bloße Information der Belegschaft über Rechtsvorschriften und (unverbindliche) Handlungsempfehlungen.

• Bei umfassender Regelung von Social Media in „Guidelines“ (Leitlinien/-fäden) wird Reichweite der Mitbestimmung häufig nicht diskutiert, um ganzheitliche Regelungen zu treffen, eine datenschutzrechtliche Erlaubnisnorm zu gewinnen und möglichst weitreichend Mitbestimmungsrechte zu verbrauchen.

Mitbestimmung in der Praxis

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Typische Inhalte von Social Media-Guidelines

• Regelungen zur privaten Nutzung eigener oder vom Arbeitgeber gestellter Smartphones während der Arbeitszeit (z.B. Verbot der Nutzung bestimmter Netzwerke)

• Regelungen zur dienstlichen Nutzung am Arbeitsplatz (Verbot/Gestattung mit Vorgaben)

• Hinweis auf die Einhaltung des geltenden Rechts (Bundesdatenschutzgesetz, Betriebs-und Geschäftsgeheimnis, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Diskriminierungsverbot, allg. Verbot illegaler Aktivitäten im Netz etc.)

• Hinweise auf Sprachregelungen, Höflichkeitsformen, Arbeits- und Rücksichtnahmepflichten

• Sicherheitshinweise bzgl. Zugriff auf Account (Passwort)

• Schulungen zur Nutzung von Social Media

• Beschwerdestelle und Compliance-/Whistleblowing-Hotline bei Rechtsverstößen

• Einsichts- und Kontrollrechte des Arbeitgebers/der Betriebsparteien; Sanktionsregelungen

Mitbestimmung in der Praxis

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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Mitbestimmung bei Einflussnahme auf privates Verhalten?

• Arbeitgeberseitiges Weisungsrecht erstreckt sich auf Arbeitsverhalten sowie auf Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 106 Satz 1 und 2 GewO).

• Außerdienstliches Verhalten ist der Einflussnahme des Arbeitgebers grundsätzlich entzogen; es gilt die Nebenpflicht zur Rücksichtnahme(§ 241 Abs. 2 BGB).

• Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb –bezieht sich ebenfalls auf Ordnung und Verhalten im Betrieb.

• Verhaltensregelungen im außerdienstlichen Bereich sind nicht etwa deshalb mitbestimmungsfrei, weil das Weisungsrecht nach § 106 GewO überschritten würde. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG schränkt die Weisungsfreiheit ein, nicht umgekehrt (vgl. Borgmann/Faas, NZA 2004, S. 241, 242). Ausreichend ist, dass die (angestrebten) Verhaltensregeln die betriebliche Ordnung betreffen.

Private Nutzung

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Mitbestimmung bei Einflussnahme auf privates Verhalten? (Forts.)

BAG, Beschluss vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07 (Mitbestimmung bei Ethik-Richtlinien); BAG, Beschluss vom 27.01.2004 – 1 ABR 7/03 (Arbeitnehmereinsatz in Kundenbetrieb mit Zugangskontrollsystem):

Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer hieran zu beteiligen. Sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen.

Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nur mitzubestimmen bei Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Dagegen sind Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhalten regeln sollen, nicht mitbestimmungspflichtig. Dies sind solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird.

Der außerbetriebliche private Lebensbereich der Arbeitnehmer ist der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien entzogen. §87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berechtigt die Betriebsparteien nicht, in die private Lebensführung einzugreifen. Die Vorschrift begründet dementsprechend auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

Der Begriff des Betriebs ist allerdings nicht räumlich, sondern funktional zu verstehen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats soll immer dann ausgeübt werden können, wenn der Arbeitgeber das mit ihrer Tätigkeit verbundene Verhalten der Arbeitnehmer regelt. Daher kann es auch dann bestehen, wenn es um das Verhalten der Arbeitnehmer außerhalb der Betriebsstätte, etwa gegenüber Kunden und Lieferanten, geht.

Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt nicht notwendig voraus, dass es sich um verbindliche Verhaltensregeln handelt. Es besteht auch dann, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das Verhalten der Arbeitnehmer in Bezug auf die betriebliche Ordnung betreffen, ohne dass sie verbindliche Vorgaben zum Inhalt haben. Ausreichend ist es, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, das Verhalten der Arbeitnehmer zu steuern oder die Ordnung des Betriebs zu gewährleisten.

Private Nutzung

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Untersagung von Social Media während der Arbeitszeit

• Keine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wenn sich die Untersagung auf vom Arbeitgeber gestellte Dienstmittel bezieht (PC, Diensttelefon, Smartphone; vgl. LAG Nürnberg, Beschluss vom 29.01.1987 – 5 TaBV 4/86; Küttner/Kreitner, Personalbuch 2017, Internet-/Telefonnutzung, Rn. 19).

• Keine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wenn die private Nutzung von Geräten der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit (ausgenommen Pausen) untersagt wird, da dann lediglich Arbeitsverhalten betroffen ist (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 12.04.2006 – 7 TaBV 68/05 zur Nutzung von TV-, Video- und DVD-Geräten; Frings/Wahlers, BB 2011, S. 3126, 3130).

• Keine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei generellem Verbot, soziale Netzwerke für dienstliche Zwecke zu nutzen (vgl. Oberwetter, NJW 2011, 417; Borsutzky, NZA 2013, 647).

• Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG jedoch dann, wenn im Interesse der Ordnung im Betrieb weitere Verbote ausgesprochen oder wenn die Nutzung begleitende Verhaltensregeln aufgestellt werden (zur privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz LAG Hamm, Beschluss vom 07.04.2006 – 10 TaBV 1/06).

Private Nutzung

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Regulierung privater Nutzung durch den Arbeitgeber

• Konstellation: Arbeitnehmer soll bei einem (in der Regel berufsbezogenen) Netzwerk (Xing, LinkedIn) einen privaten Account einrichten und nach den Vorgaben des Arbeitgebers verwenden (einheitliche Außendarstellung; serviceorientierte geschäftliche Korrespondenz; [keine] Einsehbarkeit der geschäftlichen Kontakte).

• Grundsätzlich kein Recht des Arbeitgebers, die Einrichtung und Verwendung eines privaten Accounts durch Arbeitnehmer (auch) zugunsten des Unternehmens zu verlangen, da kein Bezug zur Arbeitsleistung (Wiese, NZA 2012, 1; Küttner/Kania, Personalbuch 2017, Soziale Netzwerke, Rn. 4).

• Ausnahmsweise Bezug zur Arbeitsleistung, z.B. bei dem Leiter einer Marketing- oder HR-Abteilung. Arbeitgeber kann Inhalt der dienstlichen Nutzung eines Accounts dann in den Grenzen billigen Ermessens steuern (§ 106 Satz 1 GewO). Dies lässt wegen des Rechts des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung – ohne Einverständnis des Arbeitnehmers – aber regelmäßig nur fragmentarische dienstliche Angaben zu (Küttner/Kania, Personalbuch 2017, Soziale Netzwerke, Rn. 4; Oberwetter, NJW 2011, 417).

Keine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wenn nur Arbeitsverhalten betroffen ist und keine allgemeinen Verhaltensregeln aufgestellt werden.

Private Nutzung

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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Dienstliche Nutzung eines vom Arbeitgeber gestellten Profils

• Konstellation: Nutzung berufsbezogener Social Media mit einem vom

Arbeitgeber zur dienstlichen Nutzung gestellten Profil (z.B. bei Xing).

Der Arbeitnehmer nimmt den Arbeitgeber – dessen

Unternehmensprofil – in seine persönlichen Kontakte auf und

ermöglicht diesem so den jederzeitigen Zugriff auf sein Profil.

• Fraglich: Verbindlichkeit von Vorgaben des Arbeitgebers (Eufinger,

ArbRAktuell 2015, S. 340, 341; Frings/Wahlers, BB 2011, S. 3126,

3129); erforderlich sind Bezug zur Arbeitsleistung und

Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Persönlichkeitsrechte.

• Zulässig: Angebot des Arbeitgebers und Vorgaben zur Nutzung durch

den Arbeitnehmer, falls er das Angebot annimmt (z.B. Verwendung

von Vor- und Zunamen in der Korrespondenz, vgl. LAG Schleswig-

Holstein, Urteil vom 23.01.2008 – 3 Sa 305/07).

Dienstliche Nutzung

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Dienstliche Nutzung eines vom Arbeitgeber gestellten Profils (Forts.)

• Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG über begleitende Verhaltensregeln (z.B. zur Art und Weise der Darstellung und Korrespondenz, s.o.)

• Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, wenn für den Arbeitgeber aufgrund der Verknüpfung mit dem Arbeitnehmerprofil die Überwachung von Verhalten und Leistung des Arbeitnehmers möglich wird (hier durch Einsichtnahme in das Netzwerk-Profil und eine dortige Korrespondenz).

Mögliche Überwachung dann auch bei eigenmächtiger Änderung der Profil-Einstellungen durch den Arbeitnehmer.

• Denkbar auch: Mitbestimmung wegen betrieblicher Lohngestaltung nach §87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, soweit es um die gerechte Verteilung kostenpflichtiger Social Media-Accounts unter den Arbeitnehmern geht (offen gelassen LAG München, Beschluss vom 04.09.2014 – 2 TaBV 50/13; bejaht bei Dienstwagen: LAG Hamm, Beschluss vom 07.02.2014 –13 TaBV 86/13).

Dienstliche Nutzung

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„Eigenmächtige“ dienstliche Nutzung eines privaten Accounts

• nicht automatisch Teil der Arbeitsleistung

• Vorgaben des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 und 2 GewO möglich

• Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei Verhaltensregelungen (s.o.)

Dienstliche Nutzung

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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Unternehmensprofil

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Konstellation: Arbeitgeber erstellt eigenes Social Media-Profil zu Marketingzwecken

• Registrieren, Anlegen des Profils und inhaltliche Gestaltung: grundsätzlich freie unternehmerische Betätigung

• Aber: Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG?

Pflege des Accounts mit Eingabe von Daten durch eigene Arbeitnehmer: in der Regel Arbeitsverhalten (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 – 9 TaBV 51/14).

Ordnungsverhalten ggf. betroffen bei Kommunikation im Betrieb über Social Media (Eufinger, ArbRAktuell 2015, S. 340, 341) und bei begleitenden Handlungsanweisungen (Leitfäden etc., s.o.).

• Und: Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG?

Unternehmensprofil

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Eigenes Social Media-Profil des Arbeitgebers zu Marketingzwecken (Forts.)

BAG, Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15:

• Herrschendes Konzern-Unternehmen, das Blutspendedienste betreibt. Bei Blutspendeterminen sind ein Arzt oder mehrere Ärzte sowie bis zu sieben weitere Beschäftigte tätig und tragen Namensschilder.

• Im April 2013 richtete die Arbeitgeberin bei facebook eine Seite für konzernweites Marketing ein. Bei facebook registrierte Nutzer können dort Postings einstellen. Nachdem sich Nutzer darin zum Verhalten von Arbeitnehmern geäußert hatten, machte der Konzernbetriebsrat geltend, die Einrichtung und der Betrieb der facebook-Seite sei mitbestimmungspflichtig. Die Arbeitgeberin könne mit den von facebook bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen. Unabhängig davon könnten sich Nutzer durch Postings zum Verhalten oder der Leistung von Arbeitnehmern öffentlich äußern. Das erzeuge einen erheblichen Überwachungsdruck.

Kernfrage: Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn der Arbeitgeber auf seiner facebook-Seite für andere facebook-Nutzer die Veröffentlichung von sog. Besucher-Beiträgen („Postings“) ermöglicht, die sich nach ihrem Inhalt auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Beschäftigter beziehen können?

Unternehmensprofil

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Eigenes Social Media-Profil des Arbeitgebers zu Marketingzwecken (Forts.)

ArbG Düsseldorf, Beschluss vom 27.06.2014 – 14 BV 104/13

• Arbeitgeber verpflichtet, die facebook-Seite abzumelden, da Einführung des facebook-Auftritts mitbestimmungspflichtig

• Webbasierte Software ist technische Einrichtung, die zur Überwachung bestimmt ist:

Arbeitgeber bediene sich der Spender als weitergehender Kontrollinstanz und ermögliche es diesen, die Arbeits- und Leistungsdaten elektronisch festzuhalten.

Mit der Pflege der Seite – durch Kommentierung von Postings – befasste Arbeitnehmer werden mit der Einrichtung überwacht, da die facebook-Software alle Einzelheiten festhalte.

Unternehmensprofil

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Eigenes Social Media-Profil des Arbeitgebers zu Marketingzwecken (Forts.)

LAG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015 – 9 TaBV 51/14

• Kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG

Erforderliche Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch die technische Einrichtung selbstfehle; keine technisch ausgelöste Überwachung durch facebook, sondern durch manuell eingegebene Nachrichten von Spendern; facebook kenne Mitarbeiter nicht.

Suchfunktionen keine Möglichkeit der technischen Überwachung, sondern nur Kontrolle durch menschliches Handeln. Statistische Auswertungen betreffen nicht Arbeitnehmer.

Keine Überwachung der zehn Administratoren.

• Keine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG

Ausgehändigter Leitfaden betreffe nicht den Betrieb der facebook-Seite.

• Keine Unterlassungsansprüche aus § 80 BetrVG, § 90 BetrVG und § 75 BetrVG

Unternehmensprofil

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Eigenes Social Media-Profil des Arbeitgebers zu Marketingzwecken (Forts.)

BAG, Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15

• Schutzzweck § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG:

Schutz der Persönlichkeitsrechte wegen der Gefahr, zum Objekt einer Überwachungstechnik zu werden.

• Überwachung:

„Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. (…) Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt.“

Unternehmensprofil

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Eigenes Social Media-Profil des Arbeitgebers zu Marketingzwecken (Forts.)

BAG, Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15 (Forts.)

• Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet

sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer zu erheben und

aufzuzeichnen; auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es

nicht an.

• Ausreichend, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf

technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen werden, sondern manuell

eingegeben und von der technischen Einrichtung weiter verwertet werden.

Unternehmensprofil

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Danach: Keine Untersagung des Betreibens des facebook-Profils insgesamt, da keine Möglichkeit der Überwachung von Beschäftigten durch diese Einrichtung

• Derzeitige Funktionen von facebook ermöglichen keine individualisierbaren Auswertungen.

• Keine Überwachung der Beschäftigten, die „Beiträge“ und „Kommentare“ verfassen. Leistungsdaten werden zwar technisch erfasst und dokumentiert; es fehlt aber an der Individualisierbarkeit (allgemeine Administratorenkennung ohne Personenbezug).

• Unerheblich: Datenschutzrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingabekontrolle (Satz 2 Nr. 5 der Anlage zu § 9 BDSG)

• Aber: Untersagung der Nutzung der Funktion „Besucher-Beiträge“

• Technische Einrichtung: Arbeitgeber nutzt mit vorhandenen EDV-Einrichtungen die von facebook bereitgestellte Software. Mit Eröffnung des Kontos technische Einrichtung eingeführt.

Unternehmensprofil

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Untersagung der Nutzung der Funktion „Besucher-Beiträge“ (Forts.)

• Funktion „Besucher-Beiträge“ gestattet Nutzern individualisierbare „Postings“ zum Verhalten und zur Leistung der Beschäftigten.

• Persönlichkeitsrechte betroffen: Beschäftigte müssen über die Preisgabe und Verwendung von Daten gegenüber Dritten und der Öffentlichkeit selbst bestimmen können und sind durch Besucherbeiträge ständigem Überwachungsdruck ausgesetzt.

• Eignung zur Überwachung: Sammeln von Daten, die geeignet sind, ausgewertet oder weiter verarbeitet zu werden, genügt; Überwachungsabsicht nicht erforderlich. Posting muss keine abschließende Beurteilung ermöglichen.

• Überwachung mit Hilfe technischer Einrichtung: Daten müssen nicht durch technische Einrichtung selbst und „automatisch“ erhoben werden. Manuelle Eingabe durch facebook-Nutzer und dauerhafte Speicherung mit zeitlich unbegrenzter Möglichkeit des Zugriffsmittels genügt. Zudem dauerhaft öffentlich zugänglich und deshalb nicht mit Beschwerdebriefen vergleichbar.

Unternehmensprofil

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Einordnung: Änderung oder Fortentwicklung der Rechtsprechung?

1. Rechtssatz: Daten müssen durch die Einrichtung nicht unmittelbar selbst

und „automatisch“ gewonnen werden

• BAG, Beschluss vom 23.04.1985 – 1 ABR 39/81: Eintragung von Strichcodes

und Personalkennziffern durch TÜV-Angestellte auf Prüfbelegen und deren

maschinelle Erfassung im EDV-System: Überwachung, wenn Daten zur

Speicherung und Verarbeitung in das System erst noch eingegeben werden.

• BAG, Beschluss vom 14.09.1984 – 1 ABR 23/82: Erhebungsbogen mit

Personalnummer von Kundendiensttechnikern wird zwecks Auswertung in ein

System eingetragen.

2. Rechtssatz: Schon das Sammeln von Daten unter Nutzung irgendeiner

technischen Einrichtung genügt zur Überwachung

• BAG, Beschluss vom 23.04.1985 – 1 ABR 39/81 sowie Beschluss vom

14.11.2006 – 1 ABR 4/06.

Unternehmensprofil

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Änderung oder Fortentwicklung der Rechtsprechung? (Forts.)

• BAG, Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15:

„Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. (…)“

• BAG, Beschluss vom 10.12.2013 – 1 ABR 43/12:

„Die Überwachung muss aber durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar, dh. wenigstens in ihrem Kern die Überwachung vornehmen, indem sie das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer kontrolliert. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG setzt daher voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge verarbeitet. (…)“

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Änderung oder Fortentwicklung der Rechtsprechung? (Forts.)

3. Rechtssatz: Das öffentlich zugängliche Abspeichern der Daten und die (theoretische) Möglichkeit einer späteren Auswertung der so gewonnenen Informationen genügt (Schutz vor dem öffentlichen „Pranger“).

Liegt eine Überwachung schon dann vor, wenn Daten nicht durch die Einrichtung selbst, sondern auf andere Weise gewonnen und – ohne weitere Verarbeitung und Auswertung – erst noch in die Einrichtung eingegeben werden?

• Bislang: Überwachung, sofern die eingegebenen Daten mit einem entsprechenden Programm zur Auswertung individualisierter Daten verarbeitet werden (BAG, Beschluss vom 14.09.1984 – 1 ABR 23/82).

• Zudem überwiegend anerkannt, dass Abspeichern manueller Eintragungen auf einem Datenträger alleine nicht genügt (z.B. GK-BetrVG/Wiese, 10. Auflage 2014, § 87 BetrVG, Rn. 531; Richardi, Anm. zu AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung; a.A. Däubler, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 32 BDSG; Schwarz, BB 1983, S. 202 f.).

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Bewertung

• Die „öffentliche Speicherung“ und „jederzeitige Zugriffsmöglichkeit“ überwinden die fehlende technische Eigenleistung der Einrichtung.

• Entfernung von Gesetzeswortlaut und bisherigen Maßstäben bedenklich (Schutz vor Gefahr, zum Objekt einer Überwachungstechnikzu werden?).

• Auslegung unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks: Schutz vor dem mit dem technischen Vorgang verbundenen, erhöhten Überwachungseffekt.

• Zudem: Schutz vor einer öffentlichen Kontrolle („Recht auf informationelle Selbstbestimmung“; mittelbare Drittwirkung der Grundrechte).

• Das Abstellen auf die „Schwere des Persönlichkeitseingriffs“ im konkreten („derzeitigen“) Einzelfall führt zu Rechtsunsicherheit.

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Praktische Auswirkungen

• BAG beschränkt sich auf die Untersagung der „Beitragsfunktion“ und vernachlässigt die „Kommentarfunktion“ („vom Antrag … nicht erfasst“). Letztere kann nicht deaktiviert werden, ermöglicht aber ebenfalls „Postings“.

Einbeziehung von Kommentarfunktion in den Antrag hätte zur Untersagung des Betreibens des facebook-Profils führen müssen (!).

Deshalb Auswirkungen keinesfalls gering, weil sich die Entscheidung nur auf die konkrete Seite bezog und die Beitragsfunktion in der Praxis wohl selten genutzt wird (so aber Nebeling/Klumpp, DB 2017, S. 74)

• Künftig auch bloßes Abspeichern eigener Wahrnehmungen erfasst (z.B. Eingeben von Notizen durch Vorgesetzte in Outlook)? Nein, da keine Datenerhebung durch die technische Einrichtung erfolgt (vgl. GK-BetrVG/Wiese, 10. Auflage 2014, § 87 BetrVG, Rn. 511 f., 527, m.w.N.).

• Öffentlichkeitswirkung von Social Media ist künftig in die Prüfung, ob durch Social Media eine Überwachung möglich ist, einzubeziehen.

Unternehmensprofil

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Unternehmensprofil

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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GBR (§ 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) oder KBR (§ 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG): überbetriebliche oder

unternehmensübergreifende Angelegenheit nicht sinnvoll auf der betrieblichen Ebene bzw. der des

Unternehmens zu regeln.

Objektiv zwingendes Erfordernis für eine betriebs- oder unternehmensübergreifende Regelung

bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands. Allein der Wunsch nach einer

konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung, ein Kosten- oder

Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht (vgl. BAG, Beschluss

vom 26.01.2016 – 1 ABR 68/13 zur visuellen Überwachung auf einem Klinikgelände).

Eine unternehmerische Vermarktungsentscheidung, die auf eine einheitliche Ausgestaltung der

Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings im Konzern gerichtet ist, erfordert eine konzernweite

Regelung (z.B. facebook-Seite: BAG, Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15).

Betriebs- oder unternehmensübergreifende Standards der Nutzung von Social Media können aufgrund

eines vereinheitlichten Vermarktungskonzepts oder technischen Gründen (z.B. zentrale Vergabe und

Verwaltung von Accounts) eine überbetriebliche oder unternehmensübergreifende Regelung erfordern.

Konzernweite Ethik-Richtlinien zur Umsetzung einer konzernweiten Unternehmensphilosophie fällt in die

Kompetenz des KBR (BAG, Beschluss vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07).

Zuständigkeitsfragen

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Überblick

1. Vorbemerkung

2. Social Media im Arbeitsverhältnis

3. Mitbestimmung in der Praxis

4. Private Nutzung von Social Media

5. Dienstliche Nutzung von Social Media

6. Unternehmensprofil des Arbeitgebers

7. Zuständigkeitsfragen

8. Ausblick

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