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10 Clubmagazin Nr. 195 INTERN Wer heute in einem Wald nahe einer verlassenen DDR-Militäreinrichtung steht, empfindet eine Ruhe, die es sonst nirgendwo in Europa gibt. Man kann das erleichterte Seufzen immer noch spüren – die Frontlinie des Kalten Krieges verläuft nicht mehr durch Deutschland. Vor 1989 hätte man stattdessen Sowjetpanzer gehört, Truppen, ganze Manöver, oder, wenn man zehn Minuten später kam, den Duft der oft mit Zweitaktgemisch durchsetzten Auspuffgase der Sowjet- fahrzeuge gerochen. Und wenn jemand geduldig war wie Tierfilmer Heinz Sielmann, könnte er sogar das seltenste und geheimnisvollste aller in der DDR fahrenden Automobile entdecken können – kein Kommuni- stenvehikel, sondern einen Wagen aus dem Westen, lackiert in stumpfem Olivgrün. An Bord drei Männer in grüner Montur, mit Union Jacks an den Schultern. Ihr Wagen schlich eine Hecke entlang, und sie taten alles dafür, nicht gesehen zu werden. Nur die leise Auspuffnote des Sechszylin- ders verriet ihren Standort, vielleicht. Was war das Ziel der Männer? War- um die Geheimhaltung? Und was verbarg sich unter dem Blech des sorgfältig getarnten Wagens? Stellen Sie sich vor, Sie sollen von einem Münchner Vorort aus nach Bochum fahren, mit einem gesuchten Auto. Ohne von einem Militärange- hörigen gesehen zu werden, ohne der Polizei aufzufallen, dem Tankwart, dem ADAC, der Öffentlichkeit insge- samt – eine enorme Aufgabe. Genau das haben die Mitglieder der Brixmis, der in der DDR operierenden British Mission, getan, als sie die Manöver und Bewegungen der DDR- und Sowjettruppen zwischen 1946 und 1990 beobachtet haben. Beata Walter, sie lebt heute in Erfurt, erinnert sich an ihre Jugend in der DDR: „Bei den jungen Pionieren wurden wir darin geschult, nach Westbürgern in grünen Autos Aus- schau zu halten“, berichtet sie. „Wir konnten sie daran erkennen, dass sie gelbe Nummernschilder mit Flaggen darauf und sehr niedrigen Nummern trugen, niemals Buchstaben.“ Schon als Siebenjährige sollte sie „…zum entdeckten Wagen laufen und eine Zeitung auf die Windschutzscheibe kleben, zur Not mit Spucke.“ Eine Entdeckung und damit ein Scheitern bedeutete für ein Brixmis- Team im günstigsten Fall: keine Daten, keine Fotos, keine Tonband- aufzeichnungen von Panzern, Flug- zeugen und Militärangehörigen. Im weniger günstigen Fall hieß es: Ausweisung als PNG, Persona non Grata, durch die Sowjets. Und im U n s i c h t b a r u n t e r w e g s i n d e r D D R Dave Richards lüftet den Schleier um den Opel Senator FF, der von der British Mission (Brixmis) in den achtziger Jahren gefahren wurde – hinter der Front des Kalten Krieges. Senator FF unterwegs – warum diese Autos nach 60.000 Kilometern aus dem Militärdienst genommen worden, wird hier deutlich erkennbar… Foto: Archiv Brixmis Eine Winde wurde manchmal vermisst, sie kam später mit dem Mercedes G Foto: Archiv Brixmis

Unsichtbar unterwegs in der DDR - Alt-Opel

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10 Clubmagazin Nr. 195

I N T E R N

Wer heute in einem Wald nahe einerverlassenen DDR-Militäreinrichtungsteht, empfindet eine Ruhe, die essonst nirgendwo in Europa gibt. Mankann das erleichterte Seufzen immernoch spüren – die Frontlinie desKalten Krieges verläuft nicht mehrdurch Deutschland. Vor 1989 hätteman stattdessen Sowjetpanzer gehört,Truppen, ganze Manöver, oder, wennman zehn Minuten später kam, denDuft der oft mit Zweitaktgemischdurchsetzten Auspuffgase der Sowjet-fahrzeuge gerochen. Und wennjemand geduldig war wie Tierfilmer

Heinz Sielmann, könnte er sogar dasseltenste und geheimnisvollste allerin der DDR fahrenden Automobileentdecken können – kein Kommuni-stenvehikel, sondern einen Wagen ausdem Westen, lackiert in stumpfemOlivgrün. An Bord drei Männer ingrüner Montur, mit Union Jacks anden Schultern. Ihr Wagen schlich eineHecke entlang, und sie taten allesdafür, nicht gesehen zu werden. Nurdie leise Auspuffnote des Sechszylin-ders verriet ihren Standort, vielleicht.Was war das Ziel der Männer? War-um die Geheimhaltung? Und wasverbarg sich unter dem Blech dessorgfältig getarnten Wagens? Stellen Sie sich vor, Sie sollen voneinem Münchner Vorort aus nachBochum fahren, mit einem gesuchtenAuto. Ohne von einem Militärange-hörigen gesehen zu werden, ohne derPolizei aufzufallen, dem Tankwart,dem ADAC, der Öffentlichkeit insge-samt – eine enorme Aufgabe. Genaudas haben die Mitglieder der Brixmis,der in der DDR operierenden British

Mission, getan, als sie die Manöverund Bewegungen der DDR- undSowjettruppen zwischen 1946 und1990 beobachtet haben.Beata Walter, sie lebt heute in Erfurt,erinnert sich an ihre Jugend in derDDR: „Bei den jungen Pionierenwurden wir darin geschult, nachWestbürgern in grünen Autos Aus-schau zu halten“, berichtet sie. „Wirkonnten sie daran erkennen, dass siegelbe Nummernschilder mit Flaggendarauf und sehr niedrigen Nummerntrugen, niemals Buchstaben.“ Schonals Siebenjährige sollte sie „…zumentdeckten Wagen laufen und eineZeitung auf die Windschutzscheibekleben, zur Not mit Spucke.“ Eine Entdeckung und damit einScheitern bedeutete für ein Brixmis-Team im günstigsten Fall: keineDaten, keine Fotos, keine Tonband-aufzeichnungen von Panzern, Flug-zeugen und Militärangehörigen. Imweniger günstigen Fall hieß es:Ausweisung als PNG, Persona nonGrata, durch die Sowjets. Und im

Unsichtbar unterwegs in der DDRDave Richards lüftet den Schleier um den Opel Senator FF, der von der British Mission(Brixmis) in den achtziger Jahren gefahren wurde – hinter der Front des Kalten Krieges.

Senator FF unterwegs – warum diese Autos nach 60.000 Kilometern ausdem Militärdienst genommen worden, wird hier deutlich erkennbar…

Foto: Archiv Brixmis

Eine Winde wurde manchmal vermisst,sie kam später mit dem Mercedes GFoto: Archiv Brixmis

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ungünstigsten Fall konnte es den Todbedeuten, denn die Sowjets hattennicht immer Bedenken, das Feuer zueröffnen. US-Amerikanische undfranzösische Dienste hatten Tote zubeklagen, den Briten blieb das er-spart. Auch deshalb genoss Brixmisdas höchste Ansehen bei den Sowjets– so ging die wahnwitzige Logik desKalten Krieges.Die British Exchange Mission wurde1946 nach der Ratifizierung derRobertson-Malinin-Vereinbarunggegründet und sollte ursprünglich denvier Besatzungsmächten ermöglichen,eine Wiederbewaffnung Deutschlandsauszuschließen. Doch als sich dieBeziehungen zwischen den Sowjetsund den Westmächten abkühlten,verschob sich der Aufgabenbereich:Die British Mission, die UnitedStates Military Liason Mission(USMLM) und die French MilitaryLiason Mission (FMLM) beobachte-ten nun die Aktivitäten der Sowjetsauf dem Territorium der DDR, daszum Feindesland im Kalten Krieggeworden war. Jede Tour, so wurden die Einsätzegenannt, basierte auf einer klarenZielsetzung der aufzuklärendenAktivitäten. Die Westmächte wolltenInformationen über Truppenbewe-gungen und –stärken gewinnen, aufdieses Ziel wurde die Ausrüstungabgestimmt. Die Festlegung derAufklärungsaufgaben erfolgte inAbteilungen im englischen Blightlywie der berühmten MI6 und derGCHQ, natürlich in Zusammenarbeitmit den anderen Missionen wie derUSMLM und der FMLM. Brixmis-Mitglieder wurden im normalenmilitärischen Dienst rekrutiert, ge-wöhnlich für zwei Jahre. Wer heutemit Ehemaligen spricht, wird immerdieselbe Antwort bekommen: Es warder Job, mit dem sie die meistenErinnerungen verbinden und der siegeprägt hat.Anfangs wurden Touren in die DDRin ungetarnten Straßenfahrzeugenunternommen, und die Crew trugUniformen. Als sich die internationa-len Beziehungen abkühlten, nahm derBedarf für Tarnung zu, und Anfangder fünfziger Jahre wurden die engli-

schen Humber durch Fahrzeuge vonOpel ersetzt. Politisch betrachtet wardies eine gesunde Entscheidung, dennder Berliner Senat bezahlte alleRechnungen im Zusammenhang mitder Robertson-Malinin-Vereinbarung.Zunächst wurden Opel Kapitän ´51dafür verwendet, „unter dem Radardurchzufahren“. Die entfernte Ähn-lichkeit mit den GAZ der Sowjetswar von Vorteil, und auch die erstenMoskwitsch waren ja bereits unter-wegs. Sie basierten auf dem OpelKadett, dessen Produktionsanlagendie Sowjets demontiert hatten, undsahen aus der Distanz ebenfallsähnlich aus. In den Fünfzigern legten die Sowjetsdann Permanently Restricted Areas(PRA) fest, verbotene Zonen, derenBetreten den Missionen der Alliiertenkurzerhand untersagt wurde. DieseZonen wurden so aufgeteilt, dass dieTouren besonders geeignete Beobach-tungspunkte passieren mussten, derenBesetzung mit zivilen Wartburg undBarkas von der DDR-Staatssicherheitnatürlich sichergestellt wurde. Um nun auch nur in die Nähe dieserPRA zu gelangen, führte an gelände-gängigen Fahrzeugen schließlich keinWeg mehr vorbei. WestdeutscheHersteller hatten keine PKW mitAllradantrieb anzubieten, und sokamen in den Siebzigern neben demRange Rover auch auf Vierradantrieb

Die NVA schreckte auch vor einem Rammstoß durch einen LKW oder Panzer nichtzurück… Foto: Archiv Brixmis

…und die Sowjets feuerten auch aufdie Aufklärer Foto: Archiv Brixmis

Nicht einmal der Nr. 1 blieben lebens-gefährliche Angriffe erspart

Foto: Archiv Brixmis

Die oben montierten Zusatzlampenkonnten nachts einen Barkas-Transpor-ter oder, einzeln geschaltet, ein Motor-rad nachahmen Foto: Dave Richards

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umgebaute Opel Admiral und Diplo-mat zum Einsatz. Der in England beliebte Range Rovererwies sich als nur mäßig geeignetfür die Aufklärungseinsätze vonBrixmis. Ersatzteile waren teuer undbrauchten lange, bis sie in Berlineintrafen. Ein Exemplar wurde mitfalsch eingestellten Vergasern ausge-liefert und wurde auf dem BerlinerRing von einem voll beladenenTrabant überholt – der Fahrer desRange Rovers fuhr Vollgas. ImSommer drang Staub in den Innen-raum, im Winter reichte die Heizlei-stung nicht aus. Eine Differenzial-sperre gab es nicht, was die Einsatz-möglichkeiten abseits der Straßestark einschränkte. Vor allem aberwaren die Qualitätsmängel währendder dunklen Jahre von British Ley-land geeignet, die Sicherheit derBesatzungen ernsthaft zu gefährden.Ein Brixmis-Veteran hat es so formu-liert: „Der normale Opel Diplomatmit Hinterradantrieb war im Geländefast genau so gut wie der Rangie, under fiel nie aus.“So kam es schließlich dazu, dassAdmiral und Diplomat umgebautwurden und Allradantrieb, Unterfahr-schutz, vergrößerte Benzintanks undverstärkte Radaufhängungen erhiel-ten. Ersatzteile waren in Deutschlandleicht aufzutreiben und vergleichs-weise günstig. Doch die Tage derModellreihe waren gezählt, Opelersetzte die großen Limousinen durchein kleineres Modell. In Englanderschien der Senator im November1978. Als der robuste Diplomat schoneinige Zeit nicht mehr erhältlich war,bot Audi die Lieferung von Audi 80mit Quattro-Antriebstechnik an. DieKomponenten zeigten sich so zer-brechlich, dass alle 1000 Meilen eineÜberholung des Fahrwerks fälligwurde, und damit war Opel wiederim Rennen. Ein erster Senator wurdegekauft und für den Umbau aufAllradantrieb zu FF Developmentsnach Coventry geschickt. Das vonTony Rolt gegründete Unternehmenentwickelte und vermarktete Fahrzeu-ge mit Allradantrieb nach einem vonihm und Harry Ferguson erfundenen

Pierre Flauss unterwegs – nicht in geheimer Mission, sondern in seinem Senator-Nachbau mit der beziehungsreichen Nummer 7 Foto: Dave Richards

Außen liegender Tankstutzen Foto: Dave Richards

Tür auf – die geschlossene Stellung wurde mit einem roten Strich markiertFoto: Dave Richards

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System, das zum ersten Mal imJensen FF in Serie gegangen war. DerSenator-Umbau war für Fergusoneine relativ einfache Aufgabe; dortwaren bereits Ford Capri und ZephyrMk IV sowie eine Serie Plymouth-Polizeiwagen für die USA gebautworden. Weitere Umbauten wie dieMontage des vergrößerten Tanks, desUnterfahrschutzes, der geändertenAbschlepphaken und der einzelnschaltbaren Zusatzleuchten erfolgtenin der Brixmis-eigenen Werkstatt inBerlin. Die Innenausstattung erhieltVorhänge und wurde vollständig allerglänzenden Teile beraubt, um Refle-xionen zu vermeiden. Schließlichwurde dieser erste Umbau zumTestgelände im Grunewald gebrachtund dort auf seine Eignung für denEinsatz geprüft. Schnell zeigten sicherste Probleme: Die Karosserie littunter erheblichen Verwindungen, vorallem der Heckbereich war denBelastungen nicht gewachsen.Schweißpunkte brachen, der Koffer-raum ließ sich entweder gar nichtmehr öffnen oder sprang während derFahrt auf, wenn der Wagen durch dasGelände bewegt wurde. Promptbekam der Erstling einen wenigschmeichelhaften Spitznamen: bendySenator, der biegsame Senator. DieseProbleme erforderten natürlichgrundlegende Lösungen. Dave Pic-ton, damals bei Brixmis, erinnertsich: “Wir diskutierten mit Opel überdie Stabilität der Karosserie, und alssie sahen, was wir den Autos zuge-mutet haben, lieferten sie uns Autosmit Verstärkungen, einem richtigenNetzwerk von Verstärkungen derBodengruppe.“Nachdem diese Probleme gelöstwaren, erwies sich der Senator alszuverlässiges Arbeitsgerät. „Wirdachten nicht groß über die Autosnach, ob sie nun Range Rover waren,Admiral, Diplomat, Senator oderspäter das Mercedes G-Modell“, sagtPicton, und fährt fort: „Sie warenWerkzeuge für unseren Job. Einfa-cher Aufbau, zuverlässig, und wennunterwegs etwas klemmte, bestandeine gute Chance, es in den Griff zubekommen.“Eine Panne nahe einer PRA konnte

beängstigend sein, und auch gefähr-lich. „Wenn das Auto nicht lief oderfeststeckte, war das erste Ziel, es aufneutralen Boden zu bringen, umkeinen Ärger mit den Sowjets zubekommen. Gelegentlich wurdendeutsche Bauern bezahlt, um uns rauszu ziehen. Ob nun Traktor oderTrabbi machte keinen Unterschied, solange wir nur an einen neutralen Ortgelangten, ohne gesehen zu werden.Dann konnten wir immer noch anru-fen und den Anhänger anfordern.Natürlich wurde das Telefonat in diePotsdamer Zentrale von der Stasiabgehört. So lernten wir, nicht unseregenauen Koordinaten anzugeben –

einmal, damit die Stasi und dieSowjets nicht hinter unsere Plänekamen, und dann natürlich auch, damitsie nicht vor unseren Leuten da waren,das wollten wir als allerletztes.“Die Basis des Allrad-Senators wareine genau anhand der Spezifikationder British Army gebaute Version.Die Autos wurden bestellt mit Links-lenkung, Dreilitermotor, Automatik-getriebe, Servolenkung und dem vonRochester stammenden Vierfachver-gaser Quadrajet. Von Rüsselsheimwurden die Autos mit der Bahn nachBerlin geliefert, weiter ging es zumTransporthof des Berliner Olympia-stadions. Dort erhielten sie verstärkte

Das wäre etwas für die Tester der Auto, Motor und Sport gewesen – gleich vieridentische Lichtschalter ohne Beschriftung Foto: Dave Richards

Nein, Dave hat nicht einfach die Kamera schräg gehalten – der Senator FF schafftwirklich extreme Steigungen Foto: Dave Richards

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Radaufhängungen, und es wurden mitSand gefüllte Kisten in den Koffer-raum gestellt, um Gewicht und Bo-denfreiheit für den nächsten Teil desUmbaus zu simulieren. Anschließendwurden die Wagen quer durch Europagefahren, auf die Fähre geladen undnach England zu FF Developments inCoventry gebracht. Dabei warenimmer je zwei Autos in entgegengesetzte Richtung unterwegs, und dasdie nächsten Autos anliefernde Teamkonnte sofort zwei umgebaute Wagenübernehmen, um sie nach Berlinmitzunehmen. Ein ehemaliger Brix-mis-Angehöriger erinnert sich, dassdie Rückfahrt der beste Part war:„Wir fuhren starke Autos durch

Europa, mit Allradantrieb und Mili-tärzulassung. Fast immer war derrechte Fuß ganz unten, und wirerreichten Berlin sehr zügig. Für dieschnellste Reise haben wir geradesieben Stunden gebraucht.“ Das ergibt einen Durchschnitt vongut 175 km/h. Kein Wunder, dassdamalige Fahrer heute noch sagen,sie hätten selten so viel Spaß gehabt!In Berlin wurden dann die Umbautenanhand der Brixmis-Spezifikationenabgeschlossen. Neben dem größerenBenzintank umfasste das den Unter-fahrschutz, die Abschleppösen, dieeinzeln schaltbaren Zusatzscheinwer-fer sowie die Montage von PirelliCinturato M+S-Reifen für die Nut-zung im Gelände. Ein zweites Reser-verad wurde eingebaut, und Innen-ausstattungen wanderten hin und her– ein Satz Türverkleidungen undRücksitze überlebte normalerweisedrei Autos. Nur die vorderen Sitzewaren jedes Mal „neu, aber mit billigaussehenden Bezügen verkleidet“.Einmal für den Einsatz bereit ge-macht, dauerte die Karriere einessolchen Wagens etwa 60.000 Kilome-ter. Die Autos erreichten ihre Lauflei-stungen extrem schnell, sie legten anjedem Tag ihres kurzen Arbeitslebensviele Kilometer in der DDR zurückund wurden nach nur zwei Monatenausgemustert. Fünf bis acht dieserWagen waren stets verfügbar, unddaraus ergibt sich, dass insgesamtzwischen 160 und 200 Opel Senatorfür Brixmis umgebaut worden sind.Der Schlüssel eines solchen Brixmis-Senators fühlt sich nicht anders an alsjeder anderer Schlüssel eines Opelsdieser Tage, bereit für die zivilenHerausforderungen der achtzigerJahre. Doch schon hören die Gemein-samkeiten auf. Selbst für den Um-gang mit dem stehenden Wagen gabes Vorschriften, die besagten, dass erniemals offen gelassen und schon garnicht ohne ein Teammitglied an Bordirgendwo stehen durfte. Man entrie-gelt also die Tür, steigt ein undschließt sie gleich wieder hinter sichzu. Die geschlossene Stellung wirddurch einen eigens angebrachtenroten Strich markiert. Niemand kanndie Tür von außen öffnen, niemand

kann fragen, was für sensible Dingewir an Bord haben, unser nur beinahediplomatischer Status und die Immu-nität sind gewährleistet.Die Innenausstattung wirkt auf denersten Blick etwas abgenutzt. Dasmattschwarz lackierte Armaturen-brett, der ebenfalls schwarze Dach-himmel, dazu die dunklen Vorhängean den hinteren Seitenfenstern – alsUmgebung für das Fotografierensowjetischen Kriegsgerätes war dieseAusstattung perfekt, hier reflektiertwirklich nichts.Ein Tritt auf das Gaspedal, um dieKaltstartvorrichtung des Quadrajet zuaktivieren, den Wählhebel auf N, eineSchlüsselumdrehung, und der Rei-hensechszylinder startet mit einemleisen Summen. Ab mit dem Wählhe-bel in Stellung D, und los geht es. Esfühlt sich vollkommen anders an alsirgendein anderes Militärfahrzeug,komfortabel und sehr leicht zu bedie-nen. Der Senator beschleunigt ruhigund zügig, wenn auch nicht ernsthaftschnell nach heutigen Maßstäben.Die 165 PS haben einiges an Mehrge-wicht zu bewegen, und die zusätzli-che Kraftübertragung mit den vorde-ren Antriebswellen schluckt natürlichauch Leistung. Doch es kommtimmer noch reichlich Kraft, und dasie auf alle vier Räder übertragenwird, vermittelt der Senator vielFahrfreude und –sicherheit. SchnelleKurven durcheilt er präzise. Natürlichvertragen die M+S-Reifen wenigerTempo als das Fahrwerk, doch dieLenkung gefällt mit erstaunlicherFeinfühligkeit. Im Grenzbereich wirdder Antrieb in der Lenkung spürbar,aber geht man ein wenig vom Gas,gräbt sich der Senator in den Asphalt,beißt regelrecht hinein, und die 37%Kraft auf den Vorderrädern zieheneinen um jede Kurve. Bei hohenGeschwindigkeiten fühlt sich dasAuto immer noch gutmütig an, mitviel Traktion und zuverlässigenReaktionen. Von derHöchstgeschwindigkeit hält man sichbesser fern, denn der Senator läuftschneller als er es mit den M+S-Reifen darf. Um zu erkennen, was dieses Autowirklich kann, verlassen wir die

Cpl. McDowell wartet auf einen Zug,aufgenommen 1982Foto: Archiv Brixmis

Ssgt. Jones und Cpl. Woods habenihren Senator auf dem Bodenblechabgestellt und warten erstaunlichunbeeindruckt auf Hilfe. Ein weiteresBild von 1982 Foto: Archiv Brixmis

Senator FF, hier vor dem AshfordIntelligence Center 1983Foto: Archiv Brixmis

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Straße, suchen uns einen gepflügtenAcker und dann einen schlammigenFeldweg, der aussieht wie die “BlueTac Route“ der Sowjets im Forst beiEberswalde. Auf losem Untergrundgleiten die Räder hierhin und dorthin,immer auf der Suche nach Grip. Derbeständige Kampf in der Kraftüber-tragung wird spürbar, doch das FF-Allradsystem lässt die Räder kaumjemals durchdrehen. Picton erinnertsich: “Ja, man konnte in Schwierig-keiten geraten, wenn man unvorsich-tig war, aber jedes Auto lässt sichfestfahren, wenn es gefühllos gefah-ren wird. Niemand wollte die Windebenutzen, wenn es nicht absolutnotwendig war.“ Nach einigen Kilometern mitSchlamm unter den Rädern werdendie Gutmütigkeit und die Verlässlich-keit des Wagens deutlich. Er ist nichtder schnellste Senator, nicht derleichteste und nicht der luxuriöseste –doch was er am besten kann, ist ebendas, wofür er gedacht war: Hinaus-fahren in feindliches Land, untereinem veralteten diplomatischenAbkommen, um die sowjetische unddie DDR-Armee zu beobachten, plusSee- und Luftstreitkräfte. Es gibtnicht viele Militärfahrzeuge, die sokomfortabel und schnell sind. Undder Senator kann lange Strecken mitannehmbarem Verbrauch zurückle-gen. Zwar kostet eine Tankfüllung250 €, aber sie reicht dann auch fürgut 1100 Kilometer. Viele der von Brixmis beobachtetenMilitäranlagen sind heute verlassenoder in Wohnanlagen umgebautworden. Die hart rangenommenenBrixmis-Senatoren wurden ihrerUmbauten entledigt und dann überden Berliner Senat an die Bundes-wehr gegeben, wo sie als Dienstwa-gen weiterliefen. Heute sind sieäußerst selten und fast völlig inVergessenheit geraten. Nicht einmalErnst-Peter Berresheim von OpelClassic wusste bis zur Recherchedieser Geschichte von der Existenzeines allradgetriebenen Senators imDienst der British Army. Wie inseiner aktiven Zeit, so fährt derSenator noch heute „unterm Radar“hindurch, kaum jemand weiß etwas

über ihn. Der brisante politischeHintergrund und der außergewöhnli-che Einsatz hinter dem EisernenVorhang machen die ungewöhnlicheLuxuslimousine zum unbesungenenHelden der heißen Phase des KaltenKrieges.

Text: Dave Richards, Übersetzung:Stefan Heins *1662Fotos: Dave Richards, Brixmis Asso-ciation

Herzlichen Dank an Pierre Flauss,Dave Picton und Major GeoffreyGreaves, Brixmis Association:www.brixmis.co.uk

Der Autor

Dave Richards arbeitet als Journa-list in England, sein Spezialgebietsind klassische Automobile. SeineVerbundenheit zu Opel/ GM reichtzurück in die achtziger Jahre, alser den VX4/90 Drivers Clubgegründet hat, der sich um denVictor der Serien FD und FEkümmert, außerdem (natürlich!)den VX4/90 und die Ventora-Modelle. Er war als Medienpartnerfür Opel tätig und fuhr 2006 denorangefarbenen Werks-GT bei den2000 Kilometern durch Deutsch-land. Die Recherche zu dieser Geschich-te hat ihn mehr als zwei Jahregekostet.

Dave Richards scheut nicht einmalvor Testfahrten mit Dieselautoszurück – hier am Steuer des GT-Rekordwagens. Ein Bild von sei-nem Vauxhall FD Ventora gibt esauf Seite 7.

Technische Daten Opel Senator FFMotor: Wassergekühlter Reihensechs-zylinder, 2968 ccm, Verdichtung 9.4:1,Vierfach-Fallstromvergaser RochesterQuadrajet, kontaktlose Zündung

Leistung: 165 PS bei 5800/minKraftübertragung: GM “Strasbourg”Dreigangautomatik, zusätzlicher An-trieb auf die Vorderräder auf FergusonFormula Zentraldifferanzial hinter demAutomatikgetriebe, Kraftverteilung37% vorn, 63% hintenRadaufhängungen: Serie, teilweiseverstärkt, u.a. SchräglenkerKarosserie: selbsttragend, verstärktTank: Spezialanfertigung, Fassungs-vermögen 180 Liter, Stutzen rechtsaußenRäder und Reifen: Stahlräder 6J x 14mit 195/70-14 Pirelli Cinturato M+SHöchstgeschwindigkeit: 205 km/hBeschleunigung 0-100 km/h: 10 Sek.

Tödlicher Ernst

Nicht alle Aufklärungseinsätzeendeten glücklich. Am 22. März1984 wurde ein Mercedes derfranzösischen Mission von einemUral-LKW der NVA gerammt.Oberfeldwebel Phillippe Mariottikam dabei ums Leben. Anlässlichseines zwanzigsten Todestageswurde nahe Halle an der Saale einGedenkstein für ihn aufgestellt.

Der vollkommen zerstörte W123an der Unfallstelle

Philippe Mariotti, rechts im Bild,wenige Stunden vor seinem ge-waltsamen Tod

AhnengalerieDer erste Opel im Einsatz der Brix-mis war der Kapitän ´51, erstmalseingesetzt wahrscheinlich 1954.Belegt ist auch der Kapitän P, hier zu

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sehen in ziviler Ausstattung. Dannwurde der Einsatz härter, wie diefolgenden Bilder zeigen. Nicht herausfinden ließ sich bislangdie Zahl der bei Ferguson umgebau-ten Admiral und Diplomat B. Daauch unmodifizierte Fahrzeugeeingesetzt wurden, lässt sich auch

nicht sagen, ob es sich bei den abge-bildeten KAD um serienmäßigeAutos oder umgebaute Exemplarehandelt. Weiter konnten wir kein Bildauftreiben, das einen solchen Allrad-Admiral oder –Diplomat von untenzeigt. Wenn ein Mitglied Hinweisezum Verbleib eines dieser Fahrzeugehat: Auch Dave Richards, MajorGreaves und Ernst-Peter Berresheim

warten gespannt auf weitere Informa-tionen!

Ergänzungen

Die Umbauten am Senator FF um-fassten weitere Punkte, einiges stelltesich erst heraus, nachdem die Storyvon Dave Richards fertig war. Für dieFahraufnahmen wurde ein von PierreFlauss umgebauter Senator verwen-det, bei dem es sich nicht um einOriginal aus dem Brixmis-Diensthandelt.Im Text ist vom Unterfahrschutz dieRede, tatsächlich hatten die Fahrzeu-ge einen gepanzerten Motorraum.Der Grund: Offiziell trugen dieAngehörigen der Mission keineWaffen, ein Beschuss der nicht ge-panzerten Fahrgastzelle wäre damit

Für uns ein Symbol des Wirtschaftswunders, für die Offiziere ein Arbeitstier, von dessen Zuverlässigkeit das Lebenabhängen konnte – schon der Kapitän ´59 musste auch übelste Strecken unbeschadet überstehen können

George Flint mit einem Kapitän ´52 inBerlin 1952

Chefwagen – Kapitän ´58 vor demPotsdamer Brixmis-Hautquartier imFrühjahr 1959 Foto: Alan Short

Hier offenbart sich, warum der Admi-ral A ein Schiebedach hatte – RayWilmott hätte zur Not dadurch aus-steigen können. Aufgenommen 1964

Der erste weiße Admiral B bei derBrixmis, aufgenommen ca. 1973Foto: Danny Daniels

Etwas kompakter als der Vorgängermochte der Admiral B sein, die Mo-torhaube bot aber immer noch Platzgenug für ein Picknick. Im Bild LionelHarrod und Colin Johnson 1974Foto: Barrie Darlington

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einer Kriegserklärung gleichgekom-men. (Vorgekommen sind solcheAngriffe dennoch.) Ein gezielterSchuss auf den Motor mit dem Ziel,den Wagen zu stoppen, hätte sichaber als Versehen deklarieren lassen,und deshalb bekamen die Einsatzwa-gen einen geschützten Motorraum.Weiter wurde die Elektrik überarbei-tet, um die zusätzliche Montage vonInfrarotlampen vornehmen undLichtprofile von Fahrzeugen derNVA nachahmen zu können. DieLenkung erhielt eine direktere Über-setzung, und es wurden geänderteMotoraufhängungen verbaut, die einleichtes Versetzen der Antriebseinheitermöglichten. Außerdem fand ein beiFF seit den Sechzigern eingesetztesmechanisches ABS Verwendung. Vermutlich erfolgten die Modifikatio-nen der Bodengruppe in der Rüssels-heimer Motorsportabteilung. Unterla-gen darüber sind nicht mehr zufinden.Neben dem Umbau von Pierre Flaussexistieren heute noch ein Original imNational Army Museum, London,und das Auto von Jan Vetter. Warumes nicht an die Bundeswehr ging, beider die vom Brixmis-Einsatz schonfrüh verschlissenen Autos relativschnell aufgebraucht waren und inden Schrottpresse gingen, sondern aneinen Privatmann verkauft wurde,ließ sich nicht herausfinden.

Der letzte Überlebende in Privathand?

Das Auto wurde von 1986 bis 1993von den Alliierten für die "offeneSpionage" in der damaligen DDReingesetzt. Um im dortigen "Feindes-gebiet" Vorteile gegenüber den Fahr-zeugen der NVA und der RotenArmee zu haben, wurde der Senatorgründlich überarbeitet. So bekam ernebst Allradantrieb ein höher gelegtesFahrwerk mit stabilem Unterfahr-schutz vorn und hinten, neu konstru-ierter Vorderachse sowie verstärktenQuerlenkern hinten. Vorn und hintenkamen extra verstärkte Ramm-Stoß-stangen zum Einsatz, vorn mit ein-zeln zuschaltbaren Zusatzscheinwer-fern, die bei Bedarf ein Motorradsimulieren konnten. Den Kofferraumfüllte ein 180 Liter fassender Zusatz-tank, um die Reichweite erheblich zuvergrößern. Der Senator erhieltweiterhin ein eigens für den Allrad-antrieb entwickeltes mechanischesABS. Die hinteren Seitenscheibenkonnten mit speziellen Jalousienabgedunkelt werden, damit niemandsehen konnte, wer im Fond Platzgenommen hatte. Für die Sicherheitder Insassen war das Auto mit Pan-zerglas bestückt.1993 wurde das Fahrzeug ausgemu-stert und für rund 13.000 DM für denzivilen Verkehr zurückgebaut. Hier-

Gesamtansicht

Unterdruckspeicher für ABS

Vordere Kardanwelle und vorderesDifferential

Automatikgetriebe mit Verteilerge-triebe

Heckansicht, das Emblem "4x4"stammt vom Vectra A

Mechanisches ABS

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bei entfielen der Zusatztank imKofferraum, die Ramm-Stoßstangenmit den Zusatzscheinwerfern, diePanzerverglasung und der vordereUnterfahrschutz. Ferner wurde derSenator von außen neu lackiert;vorher war er oliv. Bis 1999 lief derWagen im Kreis Recklinghausen,danach Stilllegung bis 2004. Seitdemist er in meinem Besitz.

Jan Vetter (*2000)

Noch mehr Senatoren mit Allrad-antrieb

Ferguson hat auch einige Senator undMonza für private Kunden umgebaut,außerdem einige Vauxhall Royale.Erich Bitter ließ dort den SC umbau-en, dazu vier Senator und einenMonza, alle mit Automatikgetriebe.

Ferguson – Pionier desAllradantriebs

1953 siegte Tony Rolt gemeinsammit Duncan Hamilton bei den 24Stunden von Le Mans und wurdedadurch berühmt. Harry Fergusonhatte in den Dreißigern die Drei-punkthydraulik erfunden und gewannnach dem Zweiten Weltkrieg einenProzess um Patente gegen Ford.

Dadurch wurde er reich. Nach derÜbernahme des MotorenherstellersPerkins und der Fusion zu Massey-Ferguson verließ er das Unternehmenund gründete Ferguson Research, umgemeinsam mit Tony Rolt Rennwa-gen zu bauen und deren Erfolge dafürzu nutzen, Entwürfe für Fahrzeugemit Allradantrieb an Großserienher-steller zu verkaufen. Rolt hatte schon zuvor einige skurrilePrototypen gefertigt, die neben demAllradantrieb sogar eine Allradlen-kung hatten. Was beim Fahren Vortei-le bot, erwies sich beim Bremsen alsheikel, wie er später gestand: BeiVorführungen stieg er immer nur inGeradeausstellung auf die Bremse.Geradeaus wäre es auch in jedemanderen Fall gegangen. Unausgego-ren mochte die Umsetzung sein – dieIdeen waren dennoch gut, erkannteHarry Ferguson, und gemeinsammachten sie sich an die Weiterent-wicklung.1961 stand der Ferguson P99 erst-mals beim Formel 1-Rennen inAintree am Start, Jack Fairman undStirling Moss waren die Fahrer.Gewonnen hat der Allradrennwagenletztlich nur ein nicht zur Seriegehörendes Rennen; er war kompli-ziert und anfällig. Auch BRM, Matra,McLaren und Lotus experimentiertenseinerzeit mit dem Ferguson-Allrad-antrieb, ebenfalls ohne durchschla-genden Erfolg.1966 konnte Tony Rolt endlich seineArbeit in einem Serienauto verwirk-

licht sehen, wenn es auch eins war,das in einer sehr kleinen Serie herge-stellt wurde: Der Jensen FF hatte denFerguson-Allradantrieb und auch einmechanisches ABS. Beide Systemesind direkte Vorläufer der im Brix-mis-Senator verwendeten Technik. Danach schien der Durchbruch derkleinen Firma bevorzustehen, dieRolt inzwischen allein leitete; HarryFerguson war im Oktober 1960gestorben. Ford orderte eine Kleinse-rie des Zephyr Mk. IV für die engli-sche Polizei und setzte zwei Dreiliter-Capri im jungen Rallycross-Sport ein.Nach dem Beheben der Kinderkrank-heiten waren die gut 250 PS starkenCapris so überlegen, dass sie 1973per Änderung des Reglements ausdem Sport verbannt wurden. Dochauch diese beeindruckende Dominanzsollte es Ferguson nicht ermöglichen,in der Großserie Fuß zu fassen.Wahrscheinlich war der Senator FFnach dem Jensen der größte Auftragder kleinen Firma, der es vor allemzu schaffen machte, dass die öffentli-che Hand den von British Leylandgebauten Range Rover bevorzugte.Eine späte Genugtuung mag es fürRolt bedeutet haben, dass der AudiQuattro mit dem von Ferguson erfun-denen Torsendifferenzial schließlichdie Rallye-WM gewinnen sollte.1994 verkaufte er das 1971 von ihmgegründete NachfolgeunternehmenFF Developments.

Stefan Heins *1662

Linkes vorderes Radhaus mitAntriebswelle

Verstärkte Querlenker hinten

Vorderachskörper mit Differenzial und Antriebswellen vorn

09-0805-Alt-Opel_MagazinNr195:210 x 297 09.06.2009 9:01 Uhr Seite 18