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Cornelia Heintze
Unterfinanzierung und kein Ende „Öffentliche Bildungsausgaben im internationalen Vergleich“
Workshop-Vortrag auf dem Kongress Umverteilung – Macht - Gerechtigkeit
am 25.05.2013
in Berlin
Dr. Heintze
www.dr-heintze-beratung.de
www.dr-heintze-beratung.de
Gliederung
Gute Bildung für alle und Wohlfahrtsstaat – eine Einführung
Block 1: Ankündigungen und Erfolgsmeldungen contra Bildungsrealität
Hochtrabende Ankündigungen
Erfolgsmeldungen auf irrelevanter Berechnungsgrundlage
Block 2: Befunde aus dem internationalen Vergleich
Ausgaben für Bildungseinrichtungen: Ländergruppen
Fiktive Mehr- und Minderausgaben von Deutschland
Staatliche Bildungsausgaben (€/EW; % des BIP)
Ausgaben pro SchülerIn und pro StudentIn
Folgen der Unterfinanzierung (Personalrelationen, Lernumfeld)
Block 3: Folgerungen
Die Priorisierungsstrategie ist gescheitert
Ohne höhere Staatsausgaben keine real höheren öffentlichen Bildungsausgaben
Dr. Heintze
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Dr. Heintze
Wohlfahrtsstaat als Fundament oder: Das große Missverständnis
Podiumsrunde im US-Fernsehsender PBS
Frage an den finnischen Vertreter (Pasi Sahlberg), worin das pädagogische
Konzept bestehe, das Finnland so erfolgreiche mache.
Antwort von Pasi Sahlberg:
„Zuerst einmal ist die Schule bei uns für alle kostenlos, von der Vorschule bis
zur Universität“. Kostenlos ist nicht nur der Unterricht. Auch das Schulmaterial,
der Nachhilfeunterricht, das Schulessen, die Schulgesundheitsausgaben sind
kostenlos….
Bedeutet: Es ist das skandinavische Wohlfahrtsmodell, auf dem der finnische
Erfolg gründet. Bei PISA gut abzuschneiden, ist ein Nebeneffekt.
0.1
Finnland als Bildungsrepublik und Bildungsgesellschaft
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Dr. Heintze
… bedeutet in der Umkehrung
Schweden kombiniert zunehmend hohe öffentliche Finanzierung mit
Vermarktlichungstendenzen. Dies unterminiert den bisherigen Erfolg
Privatisierung, Wettbewerb und die Zulassung renditeorientierte
Bildungsunternehmen fordern einen hohen Preis:
• Die soziale Segregation ist gewachsen
• Die Unterschiede zwischen den Schulen sind gewachsen
• Die Chancengleichheit hat abgenommen
• Bei PISA erreicht Schweden nur noch durchschnittliche
Ergebnisse: Die Gruppe mit niedrigen Kompetenzwerten hat sich
vergrößert; die Spitzengruppe verkleinert.
0.2
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Bildungsstaatlichkeit und Einkommensungleichheit
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22
24
26
28
30
32
34
36
38
40
42
44
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48
50
10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100
Öffentlicher Finanzierungsanteil tertiärer Bildungsinstitutionen 2008 (%)
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7/2
00
9
Zone mittlerer Ungleichheit
Zone hoher Ungleichheit
Zone geringer Ungleichheit
Zone sehr hoher Ungleichheit
Dr. Heintze
Heintze, C. 2012: „Bildungsrepublik“ oder „Bildungsmarktstaat“ . Aussagekraft und Steuerungsrelevanz alternativer Indikatoren der Bildungsfinanzstatistik, S. 112
0.3
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Gliederung
Block 1: Ankündigungen und Erfolgsmeldungen contra Bildungsrealität
Hochtrabende Ankündigungen
Erfolgsmeldungen auf irrelevanter Berechnungsgrundlage
Steigerung der Bildungsausgaben und Absenkung der
Staatsausgabenquote geht nicht zusammen
Dr. Heintze
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Dr. Heintze
Hochtrabende Ankündigungen
„Bildung, Forschung und
Wissenschaft sind unsere
Antwort auf die Heraus-
forderungen des 21.
Jahrhunderts…Unsere
Leitidee ist das Recht auf
Bildung, d.h. die
bestmögliche Bildung für
alle.“
(aus: Koalitionsvereinbarung von SPD
und B90/Die Grünen v. 20.10.1998)
„, Bildung und Forschung sind Grundlagen des
wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts. Bildung
ist Voraussetzung für umfassende Teilhabe des
Einzelnen in der modernen Wissensgesellschaft.
Bildung ist daher für uns Bürgerrecht. Deswegen
sagen wir der Bildungsarmut den Kampf an. Dazu
bedarf es einer nationalen Anstrengung. Wir wollen
mehr Chancengerechtigkeit am Start,
Durchlässigkeit und faire Aufstiegschancen für alle
ermöglichen. Wir wollen Deutschland zur
Bildungsrepublik machen, mit den besten
Kindertagesstätten, den besten Schulen und
Berufsschulen sowie den besten Hochschulen und
Forschungseinrichtungen. d.h. die bestmögliche
Bildung für alle.“
(aus: Koalitionsvertrag „Wachstum, Bildung, Zusammenhalt“ von CDU/CSU und FDP v.
24.10.2009)
1.1
1998 2009
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Dr. Heintze
…und Erfolgsmeldungen zu Bildungsausgaben
Darin enthalten sind:
Nur 129,8 Mrd. € der
öffentlichen Hand (= 75 %)
5,5 Mrd. € der Privathaushalte
für Nachhilfeunterricht
7,6 Mrd. € für Kindergeld
8,7 Mrd. € aus den
Konjunkturprogrammen, mit
denen 2009 die Wirtschaft
stabilisiert wurde* (Auszahlung
2009 bis 2011)
Quelle: Bildungsfinanzbericht 2012
Bildungsgipfel von
Herbst 2008
10 Prozent des Brutto-
inlandsprodukts (BIP) sollen
für Bildung und Forschung
aufgewandt werden; 7 % für
Bildung und 3 % für
Forschung.
Die Mittel sollen aus
öffentlichen und privaten
Quellen stammen.
Bis 2015 soll das Ziel
erreicht sein (fand Eingang
in den Koalitionsvertrag der
Schwarz-Gelben-
Bundesregierung)
1.2
* „Gesetz zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder (Zukunftsinvestitionsgesetz). Gesetz trat am 6. März 2009 in Kraft und lief bis zum 31.12.2011
Budget für Bildung,
Forschung und
Wissenschaft stieg 2010
um rd. 10 Mrd. Euro“ auf
234,5 Mrd. Euro
„In Relation zum Brutto-
inlandsprodukt wurden 2009
und 2010 in Deutschland
jeweils 9,5 % des BIP für
Bildung, Forschung und
Wissenschaft ausgegeben.“
(Destatis, Bildungsfinanzbericht
2012, S. 16)
Bildungsbudget stieg auf
172,3 Mrd. € (6,9 % des BIP)
Destatis, Bildungsfinanzbericht
2012, S. 16)
7+3-Prozent-Ziel
2010 fast erreicht
Aber…
Auf die Messlatte und die Vergleichbarkeit kommt es an
Dr. Heintze
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7 Prozent für Bildung gemäß internationaler Bildungsfinanzrechnung:
2006 : Zusatzbedarf von 55 Mrd. € . Entspricht dem von Henrik Piltz (2011; GEW-Auftrag) anhand
konkreter Bedarfe errechneten Zusatzbetrag
Darstellungspolitik: Intensive Arbeit an der Aufhübschung des Bildungsbudgets.
Beispiel für Modellrechnungen (Dohmen/Hoi 2004 im Auftrag des Bildungsministeriums)
Autoren: Bei erweiterter Betrachtung umfasse das Bildungsbudget des Jahres 2000 167,2 Mrd. € (> 8
Prozent des BIP). Dabei: Zurechnung von Steuersubventionen und kalkulatorischer Kosten wie
Lebenshaltungskosten von SchülerInnen
Begründung: Statt in die Schule zu gehen, könnten Kinder ja auch erwerbstätig sein. Nur bei Vorschulkindern
entstünden keine dem Bildungssystem zuzurechnenden Lebenshaltungskosten, da für diese „Kinder keine
Möglichkeit besteht, ein eigenes Einkommen zu erzielen und die vorschulische Erziehung Bestandteil des
Sozialisationsprozesse ist.“ (Dohmen/Hoi 2004, S. 29).
1.3
Bildungsfinanz-bericht 2012, S. 33
Dohmen/Hoi 2004: Bildungsausgaben in Deutschland – eine erweiterte Konzeption des Bildungsbudgets, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Köln
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Dr. Heintze Realität: Sparpolitik frisst die
schönen Programmsätze
Blick auf Sachsen-Anhalt
Überfüllte Hörsäle, steigende Studienbeiträge und Vorlesungen, die ausfallen, weil Dozenten
fehlen… So sieht die Situation aktuell an vielen Hochschulen in Sachsen-Anhalt aus. Eine
Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht, denn die Landesregierung plant, bis zum Jahr 2025
insgesamt 50 Millionen Euro einzusparen. Aber wo?
Auf der einen Seite werben die Hochschulen fleißig um Studenten, die aus den alten
Bundesländern in den Osten kommen sollen, auf der anderen Seite will die Landesregierung die
Zahl der Studienplätze in den nächsten Jahren von 50.000 auf 33.000 schrumpfen lassen. (Quelle:
Sputnik 30.04.2013)
Wissenschafts- und Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) wollte diese derben Einschnitte
nicht vertreten und musste gehen.
Parallele zu Sachsen ein Jahr zuvor:
März 2012: Kultusminister Roland Wöller (CDU) tritt aus Protest gegen das Spardiktat von MP
Tillich und FM Unland zurück. Auch der langjährige bildungspolitische Sprecher der CDU-
Landtagsfraktion Colditz legt sein Amt nach monatelangen Auseinandersetzungen nieder:
Im Zeit-Interview erklärt er: (DIE ZEIT, 22.3.2012 Nr. 13, 23.03.2012)
Colditz: „Ich glaube nicht, dass es zum Ansehen Sachsens beiträgt, Musterknabe der
Haushaltspolitik zu sein, wenn dafür die Bildung vernachlässigt wird. Die Pisa-Erfolge, die
Bertelsmann-Studie, all das basiert auf Daten der Vergangenheit. Die Gegenwart ist
erschreckend. Damit verbauen wir uns gerade die Zukunft.
1.4
Dr. Heintze Gefrässiger Staat? Nein, geringster Zuwachs der Staatsausgaben nach Japan
Zeitraum 1999 bis 2006
1.5
14.834
20.449
33.552
26.044
22.331
20.113
18.749 18.678 18.055 17.572
15.401 14.526
8000
10000
12000
14000
16000
18000
20000
22000
24000
26000
28000
30000
32000
34000
EU15 CH NO DK SE FI AT BE NL FR IS DE
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1995 2012
CH: 2011 Quelle: Eurostat, Staatseinnahmen, - ausgaben und Hauptaggregate [gov_a_main]; update 22.04.2013; eigene Auswertung www.dr-heintze-beratung.de
www.dr-heintze-beratung.de
Dr. Heintze Wie weiter? Ambitionierte Leitsätze,
aber…
„Bildung ist ein Menschenrecht. Denn Bildung ist der Schlüssel für ein
selbstbestimmtes Leben, für Teilhabe, gute Arbeit und existenzsicherndes
Einkommen. Deshalb ist es vornehmste Aufgabe des Staates, ein gutes und
leistungsfähiges Bildungssystem zur Verfügung zu stellen, das allen jungen
Menschen gute Bildung vermittelt, elternhausbedingte Unterschiede
ausgleicht und alle mitnimmt.“ Gefordert wird:
Schaffung eines inklusiven Bildungssystems, „das von Kita und Schule
bis zur beruflichen Ausbildung, dem Hochschulstudium und der
Weiterbildung reicht.“
„Zentral sind bedarfsgerechte und hochwertige Kitas (…)“
Bis 2020 soll ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz für alle
Schulformen eingeführt werden.
Nicht nur Studiengebühren sollen abgeschafft werden, sondern alle
„Gebühren für Ausbildungen und Prüfungen an öffentlichen Schulen und
Fachschulen.“ (aus: Antrag „Mit einer eigenständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chancen eröffnen, Rückhalt geben“, Antrag
der SPD-Bundestagsfraktion v. 15.01.2013, BT-Drs. 17/12063)
1.6
2013: SPD (15.01.2013)
www.dr-heintze-beratung.de
Dr. Heintze Wie weiter? Ambitionierte Leitsätze,
aber…
1.7
2013: Bundestagswahlprogramm der Grünen
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Block 2: Befunde aus dem internationalen
Bildungsvergleich
Quelle: Statistisches Bundesamt, Bildungs-
finanzbericht 2011, S. 69
OECD-Bildungs-finanz-indikatoren B2
Dr. Heintze
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Dr. Heintze Ausgaben für Bildungseinrichtungen
1 Hohe Gesamtausgaben öffentlich + privat (2009: > 7 % des BIP):
Heterogene Gruppe aus Bildungsrepubliken (Dänemark, Island) und
tendenziellen Bildungsmarktstaaten (Korea, USA, Israel)*
2. Hohe öffentliche Ausgaben (2009: > 6 Prozent des BIP)
Skandinavien-Gruppe + (Dänemark, Island, Schweden, Norwegen, Finnland,
Belgien und Neuseeland )
3. Mittelfeld-Länder (hohe bis leicht unterdurchschnittliche öffentliche Ausgaben: 5 %
bis < 6 % des BIP)
Hauptsächlich mitteleuropäische Länder plus Sonstige (Schweiz, Österreich, Frankreich, Niederlande, Slowenien, Polen, Estland, Irland,
Großbritannien, USA , Israel, Mexiko)
4. Länder mit geringen öffentlichen Ausgaben von < 5 % des BIP (1995 genauso
wie 2009):
Gruppe größter Heterogenität: Deutschland, Slowakei, Tschechien, Italien, Spanien,
Griechenland, Australien, Kanada, Korea, Japan, Chile (DE 2009: 4,53 % des BIP)
2.1
Ländergruppen (1995 – 2009)
* Länder mit sehr hohen Gesamtausgaben fallen bei den öffentlichen Ausgaben in verschiedene Gruppen, daher Doppelerfassung Quelle: OECD, Education at a Glance, fortlaufend bis 2012; eigene Auswertung
Gesamt öffentliche Bildungsausgaben (OECD-Indikator 4.1) : Fiktive öffentliche Mehr- und Minderausgaben 2008 bei Anlegung der Bildungsquoten anderer OECD-Länder
www.dr-heintze-beratung.de
-25,0
-15,0
-5,0
5,0
15,0
25,0
35,0
45,0
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65,0
75,0
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105,0
115,0
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20
08
)
Elementarbildung (ab 3 Jahre) u. Sonstiges Primar- bis Postsekundar Tertiärbildung
Indikator B4.1: Gesamte öffentliche Bildungsausgaben
(Institutionenfinanzierung und Transfers an
Haushalte und Privateinrichtungen)
Heintze, C. 2012: „Bildungsrepublik“ oder „Bildungsmarktstaat“ . Aussagekraft und Steuerungsrelevanz alternativer Indikatoren der Bildungsfinanzstatistik, S. 119
Dr. Heintze 2.2
www.dr-heintze-beratung.de
Dr. Heintze Staatliche Bildungsausgaben: € je EW Deutschland ist real zurückgefallen
Quelle: Eurostat, Ausgaben des Staates nach Aufgabenbereich (COFOG) [gov_a_exp]; Aufgabenbereich „Bildung“; Update vom 20.07.2012
1.873
3.437
1.542
2.604
1.368
2.193
1.079
2.090
1.044
1.300
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
4.000
1995 1997 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
€ je E
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Norwegen Dänemark Schweden Finnland NiederlandeBelgien Österreich EU15 UK FrankreichDeutschland Italien Spanien
Deutschland
Wachsende Auseinanderentwicklung:
Deutschland bleibt zurück
2.3a
www.dr-heintze-beratung.de
Dr. Heintze … und nach Untergruppen im Jahr 2010 (% des BIP)
Quelle: Eurostat, Ausgaben des Staates nach Aufgabenbereich (COFOG) [gov_a_exp]; Aufgabenbereich „Bildung“; Update vom 06.02.2013
2.3b
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
8,0
9,0
Elementar+Primar Sekundar Tertiär Sonstiges
Seit Ende der 90er Jahre deutliche Steigerungen in: Finnland, Irland, Island, Niederlande, Zypern. DE: 1999: 4,4% des BIP; 2010: 4,3 % des BIP (2011: 4,3%)
Ausgaben je Schüler: Im OECD-Raum kein Zusammenhang
zwischen der Entwicklung der Schülerzahlen und den Ausgaben pro Schüler
Dr. Heintze
www.dr-heintze-beratung.de Datenquele: Eurostat, Expenditure on public educational institutions [educ_fipubin],
update vom 19.12.2012; eigene Auswertung
2.4a
Primarschüler
9.051 8.904
8.039 7.695
7.202 7.074
6.535 6.478 6.225 6.188
5.956
5.544
5.060 4.898
4.343
3.781
3.336 3.155
5.579 5.359
1000
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
5500
6000
6500
7000
7500
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9000
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1999 2009
Ausgaben in €-Kaufkrafteinheiten pro Primarschüler an öffentlichen Schulen: 1999 und 2009 im europäischen Vergleich
Keine Verbesserung; 2003 Rang 17; 2009 Rang 18 aus je 27 Länder
Sekundarbereich (ISCED 2- 4): gleiches Bild Dr. Heintze
www.dr-heintze-beratung.de
Datenquelle: Eurostat, Expenditure on public educational institutions
[educ_fipubin], update vom 19.12.2012; eigene Auswertung
2.4b
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
9000
10000
11000
12000
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1999 2009
Ausgaben in €-Kaufkrafteinheiten pro Sekundarschüler an öffentlichen Schulen: 1999 und 2009 im europäischen Vergleich
Keine Verbesserung; 2003 Rang 17; 2009 Rang 18 aus je 27 Länder
www.dr-heintze-beratung.de
Schüler-Lehrer-Relation im Bereich ISCED 1-3:
Deutsche Entwicklung im europäischen Vergleich 2000 bis 2010
Quelle: Schüler/Student - Lehrer Verhältnis und Klassengröße im Durchschnitt (ISCED 1-
3) [educ_iste]; update 1.06.2012; eigene Darstellung
Dr. Heintze 2.5
8,4
9,2
10,3 10,4 10,7
11,0 11,0 11,0 11,2 11,5 11,6
12,3 12,5
12,7
13,8 14,1
14,4 14,6
15,1 15,5
15,8 15,9
16,7
8
9
9
10
10
11
11
12
12
13
13
14
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18
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DS 2000 - 2005 DS 2006 - 2010
Ausgaben für institutionelle Hilfsdienste im Primar- bis Postsekundarbereich 2004 und 2009 (% des BIP): OECD-Vergleich
www.dr-heintze-beratung.de Quelle: OECD (2012): Education at a Glance, Indikator B2.4; eigene Darstellung
Dr. Heintze 2.6
0,01
0,08
0,09
0,09
0,11
0,13
0,15
0,17
0,18
0,20
0,23
0,26
0,26
0,34
0,34
0,37
0,44
0,45
0,53
0,55
0,86
0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90
PL
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2009 2004
Bei Ausgaben gemäß OECD-DS stünden rd. 4,5 Mrd. € mehr zur Verfügung für Schulsozialarbeit, Schulessen etc.; mit Ausgaben gemäß FI + SE rd. 9,3 Mrd. €
Block 3
Dr. Heintze
www.dr-heintze-beratung.de
Warum die Priorisierungsstrategie nicht funktioniert
Welches Credo steckt dahinter?
Sind die Funktionsvoraussetzungen gegeben?
Privatisierung und Darstellungspolitik als Scheinausweg
Priorisierungsstrategie
Dr. Heintze
www.dr-heintze-beratung.de
Beim Bildungsmonitor von IW/INSM ist Priorisierung ein Handlungsfeld
Credo: Das deutsche Bildungssystem kann qualitätsgerecht ausgebaut, die
Studierendenzahlen erhöht werden, ohne dass eine reale Steigerung der öffentlichen
Ausgaben erfolgt. Nötig ist lediglich die Konzentration öffentlicher Ausgaben bei Bildung.
Prämisse: Die öffentlichen Haushalte bieten ausreichend Umschichtungs-
potential.
Indikatorkonstruktion: Bewertet werden (5 Indikatoren) nicht die öffentlichen
Bildungsausgaben, sondern die Bildungsausgaben pro Grundschüler, Sekundarschüler
etc. relativ zu den Gesamtausgaben öffentlicher Haushalte pro EW.
Ergebnis: Zerrbild
• Ansteigender Konzentrationsgrad wird als Verbesserung der öffentlichen Finanzierung
interpretiert (Punktzahlen steigen) unabhängig davon, ob die Bildungsausgaben dem
Bedarf entsprechen resp. real überhaupt gestiegen sind.
• Unter der Rahmenbedingung „Unterfinanzierung öffentlicher Belange“ wird positiv
honoriert, wenn bei Aufgaben wie Soziales, Kultur, Umwelt, Verbraucherschutz der
Kahlschlag regiert.
Indikator ist unsensibel gegenüber unzureichender Finanzierung , damit wenig brauchbar
3.1
Manövriermasse als Funktionsvor-aussetzung existiert nicht (mehr)
www.dr-heintze-beratung.de
Dr. Heintze 3.2
Denn: Annähernd alle öffentlichen Bedarfsfelder sind unterfinanziert
Einige Beispiele
Investitionsstau in Kommunen (technische Infrastruktur): rd. 704 Mrd. € Öffentlicher Personennahverkehr Kulturelle Dienstleistungen Dienstleistungen des Umwelt- und Verbraucherschutzes (Lebensmittelüberwachung…) Arbeitsschutz und Gesundheitsprävention Soziale Dienstleistungen (Pflege ist stärker unterfinanziert als Bildung) Jugendarbeit (1995 wurden 3,46 Mrd. € für Jugendarbeit eingesetzt; 2008 nur noch 1,54 Mrd. € (- 56 %; Bildungsfinanzbericht 2009, Tabelle 4.6.1-1, S. 120) Polizei (wirksamer Kampf gegen das organisierte Verbrechen findet nicht statt)
Folge: Wachsende Finanzierungskonkurrenz. Der konservative
deutsche Sozialstaat entwickelt sich tendenziell zum sozial-karitativen Fürsorgestaat zurück, ohne dass es mit der Bildungsrepublik etwas wird.
www.dr-heintze-beratung.de
Dr. Heintze
Schlussbemerkung
Notwendig
Ohne einen finanzpolitischen Paradigmenwechsel in Richtung
deutlicher Erhöhung der Staatsausgabenquote wird es keine
Behebung der unzureichenden Ausstattung des deutschen
Bildungssystems mit öffentlichen Geldmitteln geben.
Wahrscheinlich
Politik wird fortfahren mit einer Kombination aus Finanzmarketing
(Politik der unechte Ausgabenerhöhung) und der Ankurbelung
privater Finanzierung. Folge: Die soziale Segregation nimmt zu;
private Geldgeber erhalten wachsenden Einfluss auf die Bildungs-
inhalte mit negativen Folgen auch für unser demokratisches
Gemeinwesen.
Dr. Heintze
www.dr-heintze-beratung.de
Vielen Dank für die
Aufmerksamkeit