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Insolvenz und Sanierung © 2004 Dr. Hofmeister & Partner GmbH, Salzburg 1 www.romanhofmeister.com SANIERUNG UND KRISENMANAGEMENT Unterlagen zur Vorlesung Univ.Lektor Mag. Roman Hofmeister

Unterlagen zur Vorlesung Univ.Lektor Mag. Roman Hofmeister · 2004. 3. 8. · Durch den Kreditschutzverband von 1870 („KSV“) wird regelmäßig jährlich eine prozentuelle Verteilung

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SANIERUNG UND KRISENMANAGEMENT Unterlagen zur Vorlesung

Univ.Lektor Mag. Roman Hofmeister

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1.KRISE, INSOLVENZ UND SANIERUNG.................................................................4

1.1Begriff „Krise“ im allgemeinen Sinn...............................................................................................................4

1.2Begriff „Zahlungsunfähigkeit“ ........................................................................................................................4

1.3Begriff „Sanierung“ ..........................................................................................................................................5

1.4Begriff „Sanierungsfähigkeit“..........................................................................................................................6

1.5Insolvenzursachenanalyse ................................................................................................................................7

1.6Arten der Gläubigerbefriedigung ....................................................................................................................9

2.SANIERUNGSFORMEN ..........................................................................................9

2.1 Wesentliche Statements .................................................................................................................................11

2.2 Außergerichtlicher Ausgleich .......................................................................................................................11

2.2 Konkurstatbestände.......................................................................................................................................13

2.3 gerichtlicher Ausgleich ..................................................................................................................................13

2.5 Anschlusskonkurs .........................................................................................................................................14

2.6 Konkursabweisung mangels Masse .............................................................................................................15

2.7 Konkurs ..........................................................................................................................................................15

2.8 Zwangsausgleich.............................................................................................................................................17

3.VORGEHENSWEISE BEI DER BERECHNUNG DES ERFÜLLUNGSERFORDERNISSES FÜR EINEN (ZWANGS)AUSGLEICH ............18

4.HAFTUNGEN.........................................................................................................18

4.1Strafrechtliche Bestimmungen.......................................................................................................................19

4.2Zivilrechtliche Haftungen...............................................................................................................................19

5.GRUNDSÄTZE DER SANIERUNG .......................................................................19

6.BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE INSTRUMENTE ................................................20

7.SANIERUNGSBEDINGUNGEN UND SANIERUNGSMAßNAHMEN....................20

8.INHALT EINES SANIERUNGSKONZEPTS ..........................................................23

9.ÜBERBLICK ÜBER ANSÄTZE ZUR ERTRAGSSANIERUNG .............................23

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10.(BERECHTIGTE) ERWARTUNGEN AN DIE HAUSBANK BEI DER SANIERUNG ..................................................................................................................................24

11.ABSCHLUSS .......................................................................................................24

LITERATURVERZEICHNIS ......................................................................................25

ANHANG...................................................................................................................25

1. Krise, Insolvenz und Sanierung

1.1 Begriff „Krise“ im allgemeinen Sinn Eine Unternehmenskrise sei definiert als eine Entwicklung, durch welche ein Unternehmen in Gefahr gerät

• seine strategische Entwicklungsfähigkeit einzubüßen • seine Investitionskraft zu verlieren • seine Ertragskraft nachhaltig zu schmälern • zahlungsunfähig zu werden.

In einem frühen Krisenstadium ist es dem Unternehmen noch möglich und nach rechtlichen und betriebwirtschaftlichen Kriterien erlaubt, durch geeignete Maßnahmen eine Insolvenz abzuwenden. Für die Krisenbewältigung in diesem Stadium gelten Kriterien des Krisenmanagements und noch nicht der Sanierung im engeren Sinn. Zwar zeigen sich bereits betriebswirtschaftliche Entwicklungen, die bei nicht entsprechendem Handeln eine Insolvenz wahrscheinlich werden lassen, wie beispielsweise Umsatzverluste, Kundenverlust, Erträge nur mehr durch nicht nachhaltig wirksame Einsparungseffekte (etwa bei Einkaufspreisen, Währungskursänderungen, durch sinkende Abschreibungsbeträge, etc.), Reduzierung des Eigenkapitals, Verluste im laufenden Geschäft oder Überhang der Aufwände über die Erträge („Cash-Abgang“) im laufenden Geschäft, u.v.a.m., es besteht aber noch keine Insolvenzsituation. Indikatoren einer Krise sind Frühwarnsignale unterschiedlicher Stufen. Wesentlich beim Krisenmanagement im definierten Stadium ist, im Gegensatz zur Insolvenzsituation bzw. der Situation einer akuten Insolvenzgefahr,

- die grundsätzlich nicht eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Geschäftsführung/des Unternehmers

- das Fehlen insolvenzrechtlich relevanter Sachverhalte. Die Bearbeitung dieser niedrigen Krisenstufe ist nicht Kernthema unserer Veranstaltung, obwohl Methoden der Bewältigung akuter Krisen auch für Krisenmanagement bei Krisen im Entwicklungsstadium geeignet sind.

1.2 Begriff „Zahlungsunfähigkeit“

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Im erweiterten Sinn spricht man von Insolvenz, wenn zur Zahlung fällige Verpflichtungen nicht erfüllt werden können. Im engeren Sinn sind zu unterscheiden

- die Zahlungsstockung - die drohende Zahlungsunfähigkeit und - die Zahlungsunfähigkeit.

Zahlungsstockung bedeutet vorübergehende Zahlungsfähigkeit, die aber in absehbarer Zeit wieder bewältigt werden kann. Zahlungsstockungen können auftreten, wenn beispielsweise Kunden vertragswidrig verspätet zahlen oder wenn sich die Fälligkeit von Zahlungsverpflichtungen häuft (z.B. bei der Fälligkeit von Sonderzahlungen bei gleichzeitigem Quartalsabschluss der Kreditkonten und saisonal bedingtem Umsatzrückgang). Der Begriff der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ stammt aus der deutschen Gesetzgebung. „Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 18 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, wenn also die Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten ist, aber mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb kurzer Zeit eintreten wird.“1 Im österreichischen Recht scheint eine ähnliche, zum frühzeitigen Schutz der Gläubiger gedachte Bestimmung die Festlegung der Mindestgrenzen für den Reorganisationsbedarf im Unternehmensreorganisationsgesetz 1997 zu sein: §4/1: Der Unternehmer hat im Antrag auf Einleitung des Reorganisationsverfahrens zu erklären, dass er nicht insolvent ist und das Unternehmen der Reorganisation bedarf.“ und § 22 zur Haftung: „...wonach die Eigenmittelquote weniger als 8 % und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre beträgt (Vermutung des Reorganisationsbedarfs)....“2 Zahlungsunfähigkeit wird in der Konkursordnung insbesondere dann angenommen, „wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Zahlungsunfähigkeit setzt nicht voraus, dass Gläubiger andrängen. Der Umstand, dass der Schuldner Forderungen einzelner Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt hat oder noch befriedigen kann, begründet für sich allein nicht die Annahme, dass er zahlungsfähig ist.“3 In der Literatur wird unterschieden zwischen

- materieller Insolvenz und - formeller Insolvenz.

„Unter materieller Insolvenz ist jener Zeitpunkt zu verstehen, ab dem der Schuldner zahlungsunfähig und/oder überschuldet war (im Gegensatz zur formellen Insolvenz, das ist der Zeitpunkt der Konkurseröffnung).“4

1.3 Begriff „Sanierung“ Der Begriff der formellen Insolvenz darf nicht verwechselt werden mit dem Begriff der formellen Sanierung. Unter formeller Sanierung verstehen Hamerle et.al. „- Ausbuchung von Verlustvorträgen durch Auflösung stiller Reserven...

- Verwendung vorhandener Rücklagen

1 Wimmer/Dauerheim/Wagner/Weidekind: Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht. Neuwied/Kriftel, 2002, 21.Kapitel, S 1908, und dort zitierte Literatur 2 Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) 1997 idF BGBl 2001/98, zitiert nach Kodex des österreichischen Rechts, Zivilgerichtliches Verfahren, 16. Auflage, Stand 1.2.2003, Wien 3 Konkursordnung (KO) 1914, idF BGBL I 2002/75, zitiert nach Kodex, a.a.O. 4 Feuchtinger/Lesigang: Praxisleitfaden Insolvenzrecht. Wien 2003, S 60

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- Kapitalherabsetzung ohne gleichzeitige Kapitalrückzahlung (vereinfachte Kapitalherabsetzung; §§ 182-191 AktG und § 59 GmbHG) – Saldierung des Buchgewinns mit dem vorhandenen Verlustvortrag.“5

„Sanieren heißt, ein Unternehmen wieder selbständig lebensfähig zu machen, oder, mit einem Vergleich aus dem medizinischen Bereich...nach der Behandlung in der Intensivstation wieder ohne künstliche Ernährung weiterleben zu lassen. Sanieren endet nicht mit einer erfolgreichen „Feuerwehraktion“, sondern mit der Wiedereingliederung eines leistungsfähigen, konkurrenzfähigen Unternehmens in den Markt....“6 Diese „materielle Sanierung“ gliedern Hamerle et.al. in

a) finanzwirtschaftliche Sanierung - zu Lasten der Gesellschafter - zu Lasten der Gläubiger - unter Nutzung von Förderungen, Subventionen und Sale & Lease back und b) leistungswirtschaftliche Sanierung worunter sie die Wiederherstellung und Sicherung der Ertrags- und Finanzkraft durch unterschiedlichste betriebswirtschaftliche Maßnahmen verstehen.7

Aus dem Blickwinkel der juristischen Betrachtung ist zu unterscheiden zwischen

- Sanierung des Rechtsträgers (der juristischen Person) und - Sanierung des operativen Unternehmens.

1.4 Begriff „Sanierungsfähigkeit“ Ob ein Unternehmen sanierungsfähig ist, d.h. ob bei Abwägung aller Fakten eine Liquidation im Rahmen der Insolvenz als wirtschaftlich sinnvollste Lösung erkannt wird oder ob dem Unternehmen realistische Zukunftschancen eingeräumt werden können, hängt von einer Fülle von Einflussgrößen ab. Wimmer et. al. verlangen bei der Prüfung der Unternehmens-Fortführungschancen:

„Fortführungsprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung im vorinsolvenzlichen Bereich,

- Prüfung der Konsequenzen der Betriebsfortführung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO,

- gutachterliche Überpüfung, ob der Tatbestand der „Überschuldung“ als Eröffnungsgrund tatsächlich vorliegt...“8

Die Sanierungsfähigkeitsprüfung ist somit eng verknüpft mit jener Prüfung, die im Rahmen einer Fortbestehungsprüfung zu erfolgen hat, d.h.

- Sorgfältige Prüfung der Wertansätze im Jahresabschluss - sorgfältige Analyse der Verlustursachen und Prognose der zukünftigen Vermeidbarkeit

dieser Ursachen - fiktive Liquidationsrechnung bzw. fiktives Liquidationskonzept

5 Hamerle/Lahodny-Karner/Reisch, Hrsg.: Sanierung von Unternehmen. Wien, Stand Oktober 2000, Reg. 11, Kap. 2.3.1, Seite 1 6 Hofmeister, Roman: Sanierung in Klein- und Mittelbetrieben unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Situation in Österreich. in: Seicht/Stiegler, Hrsg.: Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen ´85, Controlling und Unternehmenssanierung, Wien 1985, S 189-212, S 190 7 Hamerle et.al., a.a.O., Reg.11, Kap. 2.3.2, S 2 8 Wimmer et.al., a.a.O., Seite 1978

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- Unternehmenskonzept - darauf aufbauende Planungsrechnungen, insbesondere Leistungsbudget, Finanzplan

und Planbilanz.9 Vorrangiges Ziel jedes Sanierungskonzepts muss es zunächst sein, das Unternehmen ohne Schaden für seine Gläubiger zu konsolidieren und Rechtmäßigkeit und Plausibilität des Sanierungsversuches in einer Fortbestehensprognose zu dokumentieren. Ziele einer Fortbestehensprognose sind: – gesetzeskonforme Fortführung – dynamische Überschuldungsprüfung – Prognose der Wiederherstellung (ausreichenden) Eigenkapitals innerhalb eines, maximal

zweier Jahre – Prognose der Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit – Exculpierung des Geschäftsführers – Anfechtungsvermeidung für Banken und sonstige Gläubiger – Basis für einen Bestätigungsvermerk durch den Wirtschaftsprüfer bei prüfplichtigen

Unternehmen (Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter, d.h. GmbH & Co. KG etc., mit einer Bilanzsumme > € 3,125 Mio., einem Umsatz von > 6,25 Mio. und einer Mitarbeiterzahl > 50 im Jahresdurchschnitt, wobei zwei dieser 3 Kriterien nachhaltig überschritten sein müssen)

– Vermeidung der Haftung nach URG (Unternehmensreorganisationsgesetz 1997) in Höhe von € 100.000,--.

Eine Sanierung ohne Insolvenz ist, vorausgesetzt es bestehen keine nachhaltigen rechtlichen Hindernisse (d.h. Vorliegen eines Konkurstatbestands, der nicht innerhalb von 60 Tagen beseitigt werden kann), aus betriebswirtschaftlichen Gründen wie auch aus Gründen der Rechtsfolgen in Zivil- und Strafrecht vorzuziehen, denn: – Ein Insolvenzverfahren löst im ersten Ansatz weder Liquiditätsprobleme noch

Ertragsprobleme. – Eine erfolgreiche Bewältigung erfordert den Zufluss liquider Mittel für die

Fortführungsfinanzierung (unter den Prämissen Vorauszahlung bzw. Zug-um-Zug-Zahlung) wie für die Bezahlung der Verfahrenskosten und der Quotenzahlungen für Altverbindlichkeiten.

– Eine Entschuldung findet lediglich bei nicht besicherten Gläubigern statt (d.h. Nicht bei Aussonderungs- oder Absonderungsberechtigten).

– Alle unternehmerischen Maßnahmen unterliegen der Kontrolle (beim Ausgleich) oder der Handlungsbereitschaft (beim Konkurs) des durch das Gericht beauftragten Verwalters (Ausgleichs- bzw. Masseverwalter).

– Die Insolvenzsituation bringt enormen zeitlichen Druck auf alle Sanierungsmaßnahmen (aufgrund der in den Insolvenzverfahren vorgesehenen Fristen).

1.5 Insolvenzursachenanalyse Durch den Kreditschutzverband von 1870 („KSV“) wird regelmäßig jährlich eine prozentuelle Verteilung der Verlustursachen veröffentlicht, die in den Schwerpunkten ein nahezu kontinuierliches Bild zeigt. Als Beispiel die Insolvenz-Ursachen 2002 mit dem KSV-Untertitel „Bilanzen erröten nicht aus Scham. Dies ist das Ergebnis der Insolvenzursachen-

9 siehe dazu: Hofmeister, Roman: Die Fortbestehensprognose für Kapitalgesellschaften. Wien 2003

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Auswertung des KSV. 2075 heimische Pleitefälle wurden heuer untersucht.“10 Im Überblick werden folgende Ursachen-Bereiche genannt: Fehler/Verlustquellen im innerbetrieblichen Bereich – 30 % Fahrlässigkeit – 25 % Kapitalmangen/Kapitalarmut – 20 % Fehler/Verlustquellen im außerbetrieblichen Bereich – 13 % persönliches Verschulden – 7 % sonstige Ursachen – 5 % Das Resümee des KSV: „Wenn Schiffe stranden, dann zumeist durch schlimme Fahrfehler ihrer Kapitäne....Nur in knapp einem Fünftel der ausgewerteten Insolvenzen liegt die Ursache des wirtschaftlichen Misserfolges in externen Gründen.“ Noch tiefer ging eine Ursachenerforschung im Jahr 2001, wo als „Pleite-Gründe“ genannt wurden:

- keine zeitgemäße Buchführung - Kalkulationsmisserfolge - strategische und operative Planungsfehler - Organisationsmängel - Wettbewerbsdruck - Überschätzung der Zahlungsmoral - Marketingdefizite - Konflikte unter Eigentümern oder Führungsriege - Nichteingestehen der Realität (Logik der Zahlen versus Logik der Gefühle) - Eigenkapitalschwäche.11

Einen interessanten Meinungsvergleich über die Ursachen für die Krise nach Ansicht von 200 Unternehmern, 79 Kammerberatern, 165 Unternehmensberatern und 100 Bankberatern bietet die Deutsche Ausgleichsbank, zitiert in einem Artikel des Handelsblatts unter dem Titel „Schuld sind immer die anderen“:12 Ursache Unternehmer-

Meinung in % Kammerberater-Meinung in %

Unternehmens- berater-Meinung in %

Bankberater-Meinung in %

wirtschaftliche Lage 52% 40% 22 % 30% Planungsfehler des Unternehmens bei der Finanzierung

26% 26% 35% 23%

Forderungsausfälle bzw. Zahlungsmoral

20% 13% 10% 21%

falsche Einschätzung der Planung durch die Hausbank

11% 4% 9% 3%

Managementfehler bzw. Schwächen in der Unternehmensführung

11% 33% 30% 39%

10 www.ksv.at 11 forum.ksv , Februar/März 2001 12 Deutsche Ausgleichsbank, zitiert in: Handelsblatt, Hamburg 6.6.2003

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1.6 Arten der Gläubigerbefriedigung Grundsätzlich gibt es zwei Arten der Gläubigerbefriedigung, wenn ein Unternehmen nicht in der Lage ist, alle Verbindlichkeiten abzudecken:

a) rangmäßig: Der vorrangig gereihte Gläubiger erhält seine Ansprüche zur Gänze bezahlt, eher der nachrangig gereihte Gläubiger Zahlungen bekommt. Typische Situationen: Hypothekargläubiger, Gläubiger bei gerichtlichen Exekutionen, Kosten des Insolvenzverfahrens, Massekosten (nach Insolvenzanmeldung angefallene Ansprüche).

b) quotenmäßig: Jeder Gläubiger wird gleich behandelt und erhält einen gleichen Anteil am verteilbaren Vermögen. Typische Situationen: Ausgleich, Konkurs, Zwangsausgleich.

2. Sanierungsformen Der nachstehende Überblick zeigt, welche Sanierungsverfahren die Rechtsordnung und Praxis für Unternehmen entwickelt hat, dies unter dem Aspekt der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und des Erfordnisses der Fremdkapitalminderung durch Forderungsnachlass seitens der Gläubiger. In diesem Überblick werden die Sonderbestimmungen für natürliche Personen („Privatkonkurs“) nicht separat angeführt und auch im weiteren nicht näher besprochen. Es wird auf die §§ 181 bis 216 der Konkursordnung sowie hinsichtlich der erforderlichen Formulare und Hilfen auf www.help.gv.at verwiesen, wobei im Ablauf zu beachten ist:

- Zuständigkeit bei Privatkonkurs: örtlich zuständiges Bezirksgericht - Voraussetzung lt. § 183/2 KO: Scheitern eines außergerichtlichen Ausgleichs - §§ 193ff KO: Zahlungsplan (Gläubiger müssen zustimmen) - §§ 199ff KO: Abschöpfungsverfahren (Gericht entscheidet) - §§ 213ff KO: Restschuldbefreiung (im ersten Ansatz: bei Zahlung von mindestens

10% der Forderungen, ggf. nach Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens auch deutlich niedrigere Quotenzahlung).

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Formen der Sanierung

außergerichtlich gerichtlich

Stundungsausgleich(Moratorium)

außergerichtlicherAusgleich mit

Schuldennachlass

Ausgleich(selten)

Anschlusskonkurs

Verfahren wirderöffnet

Verfahren wird nichteröffnet

Konkurs-abweisung

mangelsMasse

amtswegige Löschungbei

Kapitalgesellschaften

Konkurs

Zwangsausgleich

Schließung/Liquidation

Reorganisations-verfahren (exotisch)

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Nachstehend werden lediglich die wichtigsten Formen der Sanierung erläutert. Zum Reorganisationsverfahren wird auf das Unternehmensreorganisationsgesetz 1997 hingewiesen.

2.1 Wesentliche Statements

• Durch ein erfolgreich durchgeführtes Insolvenzverfahren werden die Verbindlichkeiten des Unternehmens reduziert werden. Damit ist aber die Ertragslage bestenfalls im Ansatz saniert (durch Wegfall von Finanzierungskosten).

• Der Aspekt der Reduktion von Verbindlichkeiten kann das Interesse an einem Kauf des Unternehmens erhöhen.

• Durch ein Insolvenzverfahren wird Rechtssicherheit geschaffen. Daher ist es als Vorstufe für einen Unternehmenskauf geeignet (siehe u.a. § 1409a ABGB).

• Ein Insolvenzverfahren birgt andererseits eine Fülle von Bedrohungen für Geschäftsleitung und Gläubiger in Form von Haftungen und Anfechtungen. Diese können weitestgehend vermieden werden, wenn ein Insolvenzverfahren gewählt wird, welches diese Gefahren reduziert.

• Von Insolvenzverfahren sind nach KSV-Statistik vorwiegende junge Unternehmen betroffen. 26 % des Anteils an Insolvenz betraf 2002 Unternehmen mit Gründungsjahr ab dem Jahr 2000, weitere 28 % Gründungsjahr 1995-1999, weitere 14 % Gründungsjahr 1990-1994, d.h. 68 % der Insolvenzen betrafen Unternehmen, die nicht länger als 12 Jahre am Markt waren.13

Scheinbar eine betriebswirtschaftliche Absurdität, die aber für eine nachhaltig erfolgreiche Sanierung unabdingbar ist: NACHHALTIGE SANIERUNG = SANIERUNG DES UNTERNEHMENSERGEBNISSES (d.h. Ertragssanierung) ABSOLUTE DOMINANZ WÄHREND DER AKUTEN SANIERUNG = LIQUIDITÄT (Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit, Erhaltung der Zahlungsfähigkeit)

2.2 Außergerichtlicher Ausgleich Rechtsbasis: Übung in der Praxis, Vertragsfreiheit Anzahl der Verfahren pro Jahr (2002): unbekannt wirtschaftliche Ausgangssituation: drohende Zahlungsunfähigkeit Bedingungen: Möglichkeit einer raschen Quotenzahlung

(beispielsweise durch Hilfe Außenstehender), ausreichende finanzielle Mittel für die Fortführung

Vorteile gegenüber anderen Verfahren: nur begrenzte Öffentlichkeitswirkung, Vermeidung von Anfechtungen, üblicherweise rasche Abwicklung, relativ geringe Verfahrenskosten

Nachteile für die Gläubiger: nur beschränkte Prüfungsmöglichkeit für die Angemessenheit der angebotenen Quote

handelnde Personen: Geschäftsleitung/Unternehmer, Rechtsanwalt, Unternehmensberater

13 forum ksv, September/Oktober 2003, S 5

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formelle Organe: keine Form des Antrags: formlos, Muster Unterlagen für den Antrag: üblicherweise Vermögens- und

Schuldenaufstellung und Darstellung der Angemessenheit der Quote

Schuldnervertreter: Rechtsanwalt, Unternehmensberater, bevorrechtete Gläubigerschutzverbände (KSV, AKV)

Gläubigervertreter: KSV, AKV, Verein Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer – ISA, Rechtsanwälte

übliche Verfahrensdauer: sehr kurz (meistens nur ca. 1-3 Monate) übliche Quote/Mindestquote: mindestens 20 % bis 100 % (bei

Stundungsausgleich) Quotenzahlungstermine: üblicherweise prompt nach Annahme das

Vorschlags durch die Gläubiger Zustimmungserfordernis der Gläubiger: 100 % (einstimmig!), abweichende Quoten

sind möglich, aber nur mit Zustimmung der benachteiligten Gläubige

Absicherung der Mitarbeiteransprüche: keine, Mitarbeiter sind durch den Schuldner in vollem Ausmaß zu bezahlen

bevorrechtete Gläubiger: Aussonderungsberechtigte (Leasinggeber, Eigentumsvorbehaltsberechtigte), Absonderungsberechtigte (Pfandrechtsinhaber), Sozialversicherungsträger (dürfen keinem (außergerichtlichen) Ausgleich zustimmen), alle neuen Verbindlichkeiten ab Antrag auf außergerichtlichen Ausgleich (üblicherweise)

Kündigungsrechte für Mitarbeiter: keine Festlegung der Kosten: freie Vereinbarung mit den eigenen Beratern Anfechtungstatbestände: keine persönliche Haftungen der Geschäftsleitung:

nur bei Nachweis betrügerischer Aktivitäten

Beendigung des Verfahrens: mit der vollständigen Bezahlung aller ausgeglichenen Verbindlichkeiten

steuerliche Folgen: Umsatzsteuerrückverrechnung, Sanierungsgewinn bei Einkommen- und Körperschaftssteuer

Quote für die angefallenen Steuern: mit dem Finanzamt zu vereinbaren (verhandlungsfähig)

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2.2 Konkurstatbestände Nach §§ 66/67 KO sind Konkurstatbestände - Zahlungsunfähigkeit und bei Kapitalgesellschaften - Überschuldung. „Liegen die Voraussetzungen für die Konkurseröffnung (§§ 66 und 67) vor, so ist diese ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber sechzig Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu beantragen. Schuldhaft verzögert ist der Antrag nicht, wenn die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens sorgfältig betrieben worden ist.“14 Die Überschuldungsprüfung hat nicht nur statisch zu erfolgen, sondern es ist in dynamischer Betrachtungsweise der vom Unternehmen voraussichtlich in Zukunft erzielbare Ertrag zu berücksichtigen.15 Ergibt die dynamische Überschuldungsprüfung („Fortbestehensprognose“) ein positives Ergebnis, d.h. kann die Wiederherstellung der Eigenkapitalbasis in einem angemessenen Zeitraum (maximal 1-3 Jahre) in plausibler Form prognostiziert werden, liegt kein Konkurstatbestand vor.

2.3 gerichtlicher Ausgleich Rechtsbasis: Ausgleichsordnung (AO) 1914, idF BGBl I

2002/75, Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz zuständiges Gericht: Landesgericht als Ausgleichsgericht Anzahl der Verfahren (2002): ca. 80-100, Zahl seit Jahren eher rückläufig wirtschaftliche Ausgangssituation: Zahlungsunfähigkeit Bedingungen: Erfüllbarkeit einer Mindestquote von 40 % Vorteile gegenüber anderen Verfahren: Schuldner behält grundsätzlich seine

Geschäfts- und Handlungsfähigkeit Vermeidung von Anfechtungen

Nachteile für die Gläubiger: nur im Fall wirtschaftlich erheblicher Anfechtungsgründe, welche die Quote erhöhen würden

handelnde Personen: Ausgleichsgericht, Ausgleichsverwalter, Geschäftsführung

formelle Organe: Ausgleichsgericht, Ausgleichsverwalter, Gläubigerbeirat

Inhalt/Form des Antrags: lt. § 2 AO Unterlagen für den Antrag: lt. § 2 AO Schuldnervertreter: Rechtsanwalt, bevorrechtete

Gläubigerschutzverbände (KSV, AKV) Gläubigervertreter: KSV, AKV, Verein Insolvenzschutzverband

für Arbeitnehmer – ISA, Rechtsanwälte übliche Verfahrensdauer: bis zur Abstimmungstagsatzung ca. 2-4

Monate

14 § 69/2 Konkursordnung 15 siehe Urteil des OGH vom 28.3.2002, zitiert bei Hofmeister, Roman: Die Fortbestehensprognose für Kapitalgesellschaften, Wien 2003, Seite 12

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übliche Quote/Mindestquote: 40 %, zahlbar innerhalb von höchstens 2 Jahren (§ 3 AO)

Quotenzahlungstermine: zu vereinbaren, üblicherweise ein Teil kurz nach Ausgleichsbestätigung

Zustimmungserfordernis der Gläubiger: Mehrheit der bei der Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger, die eine Gesamtsumme von drei Viertel der Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Gläubiger vertreten

Absicherung der Mitarbeiteransprüche: über Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nach dem IESG (Insolvenzentgeltsicherungsgesetz 1977 idF BGBl 2001/88)

bevorrechtete Gläubiger (§ 23 AO): Aussonderungsberechtigte (Leasinggeber, Eigentumsvorbehaltsberechtigte), Absonderungsberechtigte, Verfahrenskosten, Geschäftsführungsforderungen

Kündigungsrechte für Mitarbeiter: mit Zustimmung des Masseverwalters Festlegung der Kosten: durch Gericht und Gläubigerausschuss,

Kosten für Gerichtsgebühren, Ausgleichsverwalter und bevorrechtete Gläubigerschutzverbände (§§ 33ff AO)

Anfechtungstatbestände: keine persönliche Haftungen der Geschäftsleitung:

unter Umständen für rückständige Steuern (Umsatzsteuer, Lohnsteuer) und Sozialversicherungsbeiträge

Beendigung des Verfahrens: Ausgleichsbestätigung und Aufhebung des Ausgleichs, eventuell verbunden mit fortgesetzter Überwachung

steuerliche Folgen: Umsatzsteuerrückverrechnung, Sanierungsgewinn bei Einkommen- und Körperschaftssteuer

Quote für die angefallenen Steuern: entspricht der Ausgleichsquote Die Anforderungen für die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens sind in den §§ 2 ff der Ausgleichsordnung genannt. Praktisch wird kein Ausgleichsantrag ohne Sanierungskonzept eine Chance auf Eröffnung haben.

2.5 Anschlusskonkurs Kann das Unternehmen nach Anmeldung des Ausgleichs mangels liquider Mittel nicht mehr fortgeführt werden oder wird dem Ausgleich die Zustimmung bzw. die Bestätigung verweigert, kommt es zu einem Anschlusskonkurs. Alle insolvenzrechtlich relevanten Fristen (auch hinsichtlich möglicher Anfechtungen) beziehen sich dann auf das Datum der Ausgleichsanmeldung.

2.6 Konkursabweisung mangels Masse § 71 KO normiert, ergänzend zu den übrigen Konkursvoraussetzungen: „Weitere Voraussetzung für die Eröffnung des Konkurses ist das Vorhandensein kostendeckenden

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Vermögens. Kostendeckendes Vermögen liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners zumindest ausreicht, um die Anlaufkosten des Konkursverfahrens zu decken. Das Vermögen muss weder sofort noch ohne Aufwand verwertbar sein.“16 (siehe darüber hinaus: § 71/3-4 und §§ 71a-71d KO). Für im Firmenbuch eingetragene Firmen hat die Konkursabweisung mangels kostendeckenden Vermögens (= „mangels Masse“) die weitreichende Folge, dass eine Löschung von Amts wegen erfolgt.17 Die Anzahl der Konkursabweisungen mangels Masse ist und war in Relation zu den eröffneten Verfahren (Ausgleich, Konkurs) sehr hoch. So gab es im Jahr 2001 insgesamt 5178 Unternehmensinsolvenzen, davon 2239 abgewiesene Konkursanträge, d.s. 43,2 %. Im Jahr 2002 lagen die Konkursabweisungen mangels Masse bei 2417 von insgesamt 5281 Insolvenzen, d.s. 45,8 %. In den ersten drei Quartalen 2003 lag der Anteil der Konkursabweisungen sogar bei 47,2 %.18 Eines der Motive für das URG 1997 war es, die Anzahl der masselosen Konkurse durch den Zwang zur frühzeitigen Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens einzudämmen. Die Statistiken wirken wenig überzeugend, dass dieses Ziel erreicht wurde. Trotz der Haftung für organschaftliche Vertreter einer juristischen Person in Höhe von € 4.000,-- lt. § 72a Konkursordnung ist es offensichtlich nicht gelungen, die Anzahl der masselosen Konkurse wirkungsvoll einzudämmen.

2.7 Konkurs Von der Anzahl der eröffneten Insolvenzverfahren her dominiert der Konkurs ganz eindeutig. Im Jahr 2001 wurden 2.939 Unternehmenskonkurse eröffnet, im Jahr 2002 waren es 2.864. Der Trend zu einem einheitlichen Insolvenzverfahren, wie es in Deutschland in der Insolvenzordnung vor wenigen Jahren realisiert wurde, zeigt sich in Österreich lediglich in einer Konzentration auf den Konkurs. Entgegen älterer Ansichten dient ein Konkurs nicht mehr vorrangig der Liquidation eines bankrotten Unternehmens, sondern auch der Fortführung. Der Masseverwalter muss die Unternehmensschließung beim Konkursgericht beantragen. Dennoch enden etwa 2/3 aller Konkursverfahren laut Statistik des KSV mit der Auflösung des Unternehmens, was nicht unbedingt bedeuten muss, dass der operative Betrieb nicht weitergeführt wird, z.B. über eine Auffanggesellschaft oder durch ein anderes Unternehmen, welches vom Masseverwalter den Betrieb kauft, ohne den Rechtsträger zu sanieren oder sanieren zu wollen. Rechtsbasis: Konkursordnung, Insolvenz-

Entgeltsicherungsgesetz, sonstige relevante Bestimmungen in Handels-, Gesellschafts-, Arbeits- und Strafrecht

zuständiges Gericht: Landesgericht als Konkursgericht Anzahl der Verfahren (2002): 2864

16 KO, § 71 17 Firmenbuchgesetz 1991 idF BGBl 1 Nr. 74/1999, Art. 1 § 39 18 www.ksv.at (Insolvenzstatistik)

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wirtschaftliche Ausgangssituation: Zahlungsunfähigkeit, bei Handelsgesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter: Überschuldung (dynamische Überschuldungsprüfung) - §§ 66f KO

Vorteile gegenüber anderen Verfahren: nachhaltige Lösung, Klärung wirtschaftlich zweifelhafter Vorgänge durch Anfechtungen möglich

Nachteile für die Gläubiger: größter Schaden, Anfechtungsgefahr, große Gefahr des Kundenverlustes

Organe im Konkurs: Konkursgericht, Masseverwalter, Gläubigerausschuss

Inhalt/Form des Antrags: formlos Schuldnervertreter: Rechtsanwalt Gläubigervertreter: KSV, AKV, Verein Insolvenzschutzverband

für Arbeitnehmer – ISA, Rechtsanwälte übliche Verfahrensdauer: je nach Ablauf des Verfahrens übliche Quote/Mindestquote: nur im Fall der Liquidation relevant,

Erfahrungswerte: 3-5 % Absicherung der Mitarbeiteransprüche: über Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nach dem

IESG (Insolvenzentgeltsicherungsgesetz 1977 idF BGBl 2001/88)

bevorrechtete Gläubiger (§ 23 AO): Aussonderungsberechtigte (Leasinggeber, Eigentumsvorbehaltsberechtigte), Absonderungsberechtigte, Verfahrenskosten, Masseforderungen

Kündigungsrechte für Mitarbeiter: lt. § 25 KO (Anzeigepflicht nach § 45a AMFG

Festlegung der Kosten: durch Gericht und Gläubigerausschuss, Kosten für Gerichtsgebühren, Ausgleichsverwalter und bevorrechtete Gläubigerschutzverbände (§§ 33ff AO)

Anfechtungstatbestände: zahlreich (siehe unten), Quellen: KO, AnfO persönliche Haftungen der Geschäftsleitung:

umfassend, z.B. für rückständige Steuern (Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag) und Sozialversicherungsbeiträge, für Eröffnungskosten des Verfahrens, wegen verspäteter Konkurseröffnung (Quotenschaden), strafrechtlich wegen Nichtbezahlung von Dienstnehmeranteilen zur SV (§ 114 ASVG) oder wegen Gläubigerbevorzugung (StGB § 158)

Beendigung des Verfahrens: Verwertung der Konkursmasse, Konkursaufhebung

steuerliche Folgen: für den Schuldner nur im Fall des Zwangsausgleichs relevant

Eine eigene Problematik mit seit Anfang der 90er Jahre wachsender Bedeutung bringen die Anfechtungstatbestände laut Konkursordnung. Die Bestimmungen sind in den §§ 27 bis 41 der Konkursordnung erfasst. Außerhalb des Konkurses sind Anfechtungen nach den Bestimmungen der Anfechtungsordnung möglich (AnfO vom 10.12.1914). Anfechtung

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bedeutet, dass der Begünstigte eine (auch ihm rechtens zustehende) Zahlung oder sonstige Leistung an die Masse herausgeben muss, wenn er sie im Anfechtungszeitraum erhalten hat. § der Konkursordnung Anfechtungsgrund Anfechtungszeitraum

28 Benachteiligungsabsicht Vermögensverschleuderung

zwischen einem und zehn Jahre

29 unentgeltliche und ihnen gleichgestellte Verfügungen

zwei Jahre

30 Begünstigung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, nach Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten 60 Tagen vorher

31 Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit

sechs Monate vor Konkurseröffnung

36 Unterlassung

2.8 Zwangsausgleich Kann der Betrieb im Konkurs fortgeführt werden und bestehen langfristige Überlebenschancen, so wird der Gemeinschuldner einen Zwangsausgleich anstreben. Ein Zwangsausgleich bedingt einen vorangehenden Konkurs und ist in den §§ 140ff der Konkursordnung geregelt. Die Stimmrechte bzw. Zustimmungserfordernisse sind jenen vergleichbar, die beim Ausgleich bestehen, die Mindestquote beträgt 20 % für die Konkursgläubiger, zahlbar innerhalb von 2 Jahren, gerechnet vom Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlags.19 Ergänzende Regelungen zur Quote sind in § 153f KO zu finden. Ein Insolvenzreferent beim Kreditschutzverband von 1870 analysierte die Entwicklung zum Zwangsausgleich von 1.1.1994 bis 31.12.2003 und zieht folgende Schlüsse:20 „- In rund einem Drittel aller eröffneten Konkursverfahren (32 %) haben die Schuldner einen Zwangsausgleich angeboten. – 87 % aller angebotenen Zwangsausgleiche wurden von den Gläubigern angenommen. – 83 % aller abgeschlossenen Zwangsausgleiche werden auch tatsächlich erfüllt. – 23 % aller in Österreich eröffneten Unternehmenskonkurse enden mit einem erfüllten

Zwangsausgleich. – Nahezu 90 % der erfüllten Zwangsausgleiche sind Basis für eine dauerhafte Sanierung der

Schuldnerunternehmen. – In 21 % aller eröffneten Konkurse kann das Schuldnerunternehmen über einen

Zwangsausgleich nachhaltig saniert werden. – Die in allen erfüllten Zwangsausgleichen erzielte Durchschnittsquote beträgt nahezu 23 %. – Für alle erfüllten Zwangsaugleiche gilt: In 45 % aller Fälle erhalten die Konkursgläubiger

die Zwangsausgleichsquote bereits innerhalb von sechs Monaten ab Annahme. 64 % aller Zwangsausgleiche sind innerhalb eines Jahres ab Annahme erfüllt, 75 % nach 18 Monaten und 95 % nach 27 Monaten.“

19 KO, § 141 20Klikovits, Dr., Alexander: Der Zwangsausgleich – eine österreichische Erfolgsstory. In: ZIK 1/2004, S12-18, Wien 2004

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3. Vorgehensweise bei der Berechnung des Erfüllungserfordernisses für einen (Zwangs)Ausgleich

a) Feststellen der ausgleichsfähigen Verbindlichkeiten b) Berechnung der Vorsteuer-Rückverrechnung (in der Praxis: gesamte MwSt., welche in

den ausgleichsfähigen Verbindlichkeiten enthalten ist) c) Berechnung der zu zahlenden Ausgleichsquote d) Berechnung der Quote auf die Vorsteuer-Rückverrechnung e) Berechnung des Sanierungsgewinns aufgrund des Nachlasses f) Feststellen der verwertbaren Verlustvorträge g) Berechnung der Ertragssteuer einschließlich Sanierungsgewinn h) Berechnung der Ertragssteuer ohne Sanierungsgewinn i) Berechnung der Differenzsteuer auf den Sanierungsgewinn j) Berechnung der Ertragssteuerquote auf den Sanierungsgewinn (d.h. Ertragssteuer auf

den Sanierungsgewinn ist lediglich mit der (Zwangs)Ausgleichsquote zu bezahlen) k) Festellen der Verfahrenskosten

Gesamt-Erfüllungserfordernis Verfahrenskosten (vor Ausgleichsbestätigung/Zwangsausgleichsbestätigung zu bezahlen) Masseforderungen (vor Ausgleichsbestätigung/Zwangsausgleichsbestätigung zu bezahlen) Quotenzahlungen (Zahlungstermine gemäß Angebot an die Gläubiger, üblicherweise in Monats- oder Quartalsraten, längstens innerhalb von 2 Jahren) Aussonderungsverbindlichkeiten (d.s.vor allem Vorräte und Anlagen unter Eigentumsvorbehalt): in voller Höhe zu bezahlen, Zahlungstermin lt. Vereinbarung mit dem Gläubiger Absonderungsverbindlichkeiten (durch Pfandrechte besicherte Gläubigerverbindlichkeiten): zumindest in Höhe des Wertes des Absonderungsrechts zu bezahlen, Fälligkeit gemäß Vereinbarung mit dem Gläubiger Ertragssteuer auf den Sanierungsgewinn: nach Anfall des Sanierungsgewinns

4. Haftungen Die Haftungen für persönlich haftende Gesellschafter, Unternehmer und Geschäftsführer/Vorstände von Kapitalgesellschaften sind umfassend. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland gibt es bei Insolvenzen eine enge Verbindung zwischen Zivilrecht und Strafrecht, in Österreich vorwiegend bei Konkurs und Konkursabweisung mangels Masse. Nachstehend sollen nur einige der üblichsten Haftungstatbestände aufgezeigt werden.

4.1 Strafrechtliche Bestimmungen § und Gesetz Haftungstatbestand Strafrahmen § 114 ASVG nicht bezahlte

Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung

Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren

§ 158 StGB Begünstigung eines Gläubigers

Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren

§ 159 StGB grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen

Freiheitsstrafe von einem bis zu zwei Jahren

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4.2 Zivilrechtliche Haftungen21 § und Gesetz Haftungstatbestand Folgen 69 KO Verletzung der Verpflichtung

zur rechtzeitigen Konkursanmeldung

Haftung für den Quotenschaden der Altgläubiger und für den Vertrauensschaden der Neugläubiger

Umsatzsteuergesetz schuldhaft nicht abgeführte, vereinnahmte Umsatzsteuer

persönliche Verpflichtung des Geschäftsführers zur Zahlung

Lohnsteuer (§ 78 EStG und § 82 EStG)

Arbeitgeberhaftung für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einbehaltenen Lohnsteuer

persönliche Verpflichtung

URG 1997 prüfpflichtige GmbH, Konkurs eröffnet, nicht gedeckte Verbindlichkeiten, zeitliche Nähe (-2 Jahre), „Alarmkennzahlen“ (<8 % EK/>15 Jahre Entschuldungsdauer)

solidarische Haftung jedes Geschäftsführers bis zu €100.000,--

ASVG, § 67 nicht abgeführte Dienstnehmeranteile

persönliche Verpflichtung

5. Grundsätze der Sanierung – Schadensvermeidung oder Schadensminimierung für die Gläubiger – soweit möglich und rechtmäßig: außergerichtliche Sanierung (d.h. Betriebswirtschaftlich

dominierte Sanierung, nicht juristisch dominierte Sanierungsmaßnahmen) – keine neuen Risiken für Geschäftspartner ab der erkannten Insolvenzgefahr – Liquiditätssicherung dominiert alle Ansätze, darf aber nicht nachhaltig zu einer Schädigung

der Ertragspotentiale führen.

6. Betriebswirtschaftliche Instrumente Betriebswirtschaftliche Instrumente dienen bei der Sanierung – zunächst zur Identifikation des Problemausmaßes – zur Planung und Prognose – zu Steuerung der Entwicklung. Zur Identifikation werden benötigt: – detaillierte Jahresabschlüsse (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anlageverzeichnisse,

Anhang) über zwei bis drei Jahre – aktuelle Saldenlisten (komplette Sachkontenlistung mit eingebuchter Eröffnungsbilanz)

21 siehe dazu: Bollenberger-Klemm, Margit: Geschäftsführerhaftung. 2. Auflage, Wien 2002

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– aktueller Stand aller Verbindlichkeiten (detailliert, d.h. Bankverbindlichkeiten pro Konto, Lieferantenverbindlichkeiten pro Lieferant, sonstige Verbindlichkeiten nach letztverfügbaren Ständen)

– aktueller Stand des Umlaufvermögens (nach Nähe zur Liquidität, d.h. Einbringliche Kundenforderungen, relativ rasch verkaufbare Vorräte, etc.)

– als bankmäßige Besicherungen geeignete gebundene Vermögensteile (auch betriebsnotwendiges Vermögen).

Im Anhang sind Excel-Tabellen für betriebswirtschaftliche Berechnungen zur richtigen Darstellung und Berechnung

- eines Verkehrswertstatus - der Fremdkapitalstruktur - einer betriebswirtschaftlichen Liquidationsrechnung

sowie am Beispiel eines Zwangsausgleichs - der Ausgleichskosten - der Ausgleichsquote - der sich ergebenden Unternehmenssteuern und - des Gesamtliquiditätsbedarfs für die Ausgleichserfüllung

dargestellt. Überdies sind Formularhilfen für einen Liquiditätsplan beigefügt.

7. Sanierungsbedingungen und Sanierungsmaßnahmen Es gehört zum Handwerk des Sanierers, in bankrotten Unternehmen verborgene Schätze zu finden. „Most turnaround practitioners focus on generating more cash through operations. They try to reestablish the company as an attractive going concern, in hope of selling it more or less intact to another company.“22 Die Methoden, wie dieses “Mining for Hidden Gold”23 durchgeführt wird, sind je nach Typus und Charakter des Sanierers verschieden. Der Autor konzentriert sich bei seinen Sanierungsbemühungen in der Praxis beispielsweise auf folgende Punkte: 1. Aktiva des Unternehmens: Welche Vermögenspositionen können verkauft werden, ohne

dadurch die Substanz der Masse zu schädigen und ohne nachgekauft werden zu müssen und das innerhalb kurzer Zeit?

2. Gibt es Aktiva, die für Sale & Lease Back geeignet sind? 3. Cash Flow: Ohne die Masse zu schädigen, kann nur fortgeführt werden, wenn operativer

Cash Flow generiert wird. Angesichts des Wertverfalls von Vorräten bei einer Liquidation kann zumindest ein Teil des zu verwendenden Lagers als „wertlos für die Masse“ eingesetzt werden.

4. Planungen gehen Planungsrechnungen voraus, Planungsrechnungen sind zunächst Zielrechnungen. Diese Ziele müssen jenen Menschen nahe gebracht werden, die sie zu realisieren haben und die sie auch realisieren wollen.

5. Liquidität geht vor Ertrag. 6. Wo immer möglich, sind „wertlose“ Dinge durch Bearbeitung zu verkaufbaren Produkten

aufzuwerten. 7. Finanzierungsmittel von Fremdkapitalgebern können nur aufgebracht werden, wenn der

Finanzierende Schaden vermeiden will, der entstünde, wenn er nicht finanziert, (z.B.

22 James, David N.: The Trouble I´ve Seen. in: Harvard Business Review, March 2002, Seite 42-49, S 45 23 James, a.a.O., S 45

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aufgrund drohender Anfechtungen) oder ausreichend besichert werden kann (Zessionskredit).

8. Die Manövriermasse des Sanierers ist in der Anfangsphase meist nur das Umlaufvermögen. Anfechtungsbedrohtes Umlaufvermögen muss für die Fortführung mit dem Ziel eines Zwangsausgleichs genutzt werden.

Wichtigstes betriebswirtschaftliches Steuerungsinstrument in der Fortführung ist die Liquiditätsplanung, ergänzt durch Ertragsplanung und Planbilanz bis zum Abschluss des Sanierungsverfahrens. Die Finanzierungsquellen und die Motive von Finanzmittelbereitstellern sind nachfolgend in einer Graphik dargestellt:

Rollenverteilung und Ziele möglicherFinanzierungsquellen in der Sanierung

Vermögen operativerCash Flow

Kapital-zuführung

Finanzierungdurch:

Ziele an derSanierung

Kapital-freisetzung

Vermögens-erhaltung

Fortführung

Einnahmen-Überschuss

Erhaltung deroperativenLiquidität

Eigenkapital-einlage

Fremdkapital-zufuhr

Schadensvermeidungoder zumindest

Schadensminimierung

Oktober 7, 2003

© Dr. Hofmeister & Partner GmbH, Salzburg, Tel.0662/833743

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Praktisch verfügbare Finanzierungsquellen am Beginn der Sanierung (vor Insolvenzeröffnung, teilweise auch während der Insolvenzphase umsetzbar): – Innenfinanzierung durch „Total Cash Flow“ – vorgezogene Einnahmen (z.B. über Factoring/Zessionskredit) – Achtung! Keine

überhöhten Zugeständnisse an die Kunden! (Masseminderung!) – eventuell mögliche Steuerrückvergütungen (im Fall überhöhter

Ertragssteuervorauszahlungen) – verzögerte Zahlungen an Dritte – in der Übergangsphase: verzögerte Zahlungen an Mitarbeiter – Stundungsansuchen bei Gebietskrankenkasse und Finanzamt

8. Inhalt eines Sanierungskonzepts – Auftraggeber und Adressaten des Sanierungskonzeptes – Ziele der Sanierung (Rechtsträgersanierung, operative Sanierung) – geplante Form der Sanierung (mit Gläubigernachlass, ohne Gläubigernachlass,

außergerichtlich oder gerichtlich) – Ausgangssituation (Vermögens- und Finanzierungssituation, Ertragslage, Liquiditätslage) – Gläubigerstruktur und deren Besicherungen – wesentliche Umsetzungsstrategien für Ertrags- und Liquiditätskonsolidierung unter der

Dominanz des Engpassfaktors Liquidität – operatives Konzept für die Ertragssanierung – Ertrags- und Liquiditätsprognose – Berechnung des Liquiditätsbedarfs für die Sanierung – Finanzierungsplan für die Sanierung (woher sollen die Finanzmittel kommen) – Prämissen für die Sanierung (Sanierungsteam, erwartete Unterstützungen, erwartete

Entwicklungen, etc.) – Projektplan/Ablaufplan für die Sanierung

9. Überblick über Ansätze zur Ertragssanierung – Selektieren: Aussonderung verlustträchtiger, wenig ertragreicher oder im Übermaß Kapital

bindender Artikel, Artikelgruppen, Leistungen, Kunden, Verkaufsgebiete, Vertriebswege, Vertriebspartner, etc.

– Restrukturieren: Neugestaltung von Betriebsabläufen, Organisationsformen, Betriebsstätten, etc.

– Redimensionieren: Anpassung des betriebsnotwenigen Vermögens auf den Bedarf – Intensivieren: Verstärkung der Verkaufsanstrengungen, der Kunden- und

Lieferantenkontakte und der Effizienz des Controlling – Kooperieren: Suche nach Möglichkeiten strategisch sinnvoller Kooperationen (in

unterschiedlichsten Formen, z.B. auch durch Outsourcing) – Modernisierungen: erforderlichenfalls, soweit möglich, erneuern anstatt zu reparieren

(Finanzierung soweit möglich über Mietkauf oder Leasing) – Variablisieren: weitestgehend Konzentration auf Kernkompetenzen, Zukauf statt

Eigenleistung, Auslagerung von Betriebsteilen

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– Optimieren: Deckungsbeiträge werden optimiert, gemessen an den jeweiligen Engpasseinheiten des Unternehmens (z.B. Leistungskapazitäten, Bindung von Kapital, Bindung von Lagerflächen, etc.)

10. (Berechtigte) Erwartungen an die Hausbank bei der Sanierung

Vorausgesetzt es besteht ein grundsätzlich auf Vertrauen gebautes Verhältnis zwischen Bank und Kunde, sind folgende Hilfen durch Hausbanken durchaus üblich und zu erwarten:

l) Sanierungszinssatz (bei gerichtlicher Insolvenz ohnehin Zinsenstopp) m) Kreditgewährung in Form eines Zessionskredits nach Insolvenzeröffnung (in

Absprache mit dem Ausgleichsverwalter bzw. dem Masseverwalter) n) Bevorschussung der Mitarbeiteransprüche an den Insolvenz-Ausfallgeldsfonds nach

Verfahrenseröffnung und Bestätigung der Rechtmäßigkeit und Höhe durch die IAF-GmbH

o) Erforderlichenfalls Rückstehungserklärung für die eigene Quote p) Bereitschaft zur Unterstützung der Fortführung durch eine Fortführungsgarantie (falls

durch das insolvente Unternehmen ausreichend plausible Planungsrechnungen vorgelegt werden, welche für den Fall der Fortführung ausreichend positive Ergebnisse erwarten lassen)

q) Bereitschaft zur weiteren Kreditgewährung nach (Zwangs)Ausgleichsbestätigung, zumindest auf besicherter Basis

r) Bereitschaft, anfechtungsgefährdete Sicherheiten rechtzeitig für die Sanierungsunterstützung frei zu geben

11. Abschluss Krisensituationen belasten jeden Betroffenen im Betrieb, wie auch die finanzierenden Banken, Lieferantengläubiger und Kunden. Die Bereitschaft, das Unternehmen bei seinem Überlebenskampf zu unterstützen, ist meist sehr groß, wenn nicht Unternehmer oder Geschäftsleitung durch überhebliches oder unfaires Verhalten die Geschäftspartner gegen sich aufgebracht hat. Auch bei den Mitarbeitern hat der Autor immer wieder große Bereitschaft erlebt, dem eigenen Betrieb durch (teilweise unbezahlte) Mehrleistung und aktive Mitgestaltung zu helfen. Dass ein Betrieb Partner oder gar Freunde hat, erleben die Betroffenen oft zu ihrer eigenen Überraschung in Insolvenzsituationen.

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Literaturverzeichnis (nach erster Nennung im Text) Wimmer/Dauerheim/Wagner/Weidekind: Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht. Neuwied/Kriftel 2002 Unternehmensreorganisationsgesetz 1997 Konkursordnung Feuchtinger/Lesigang: Praxisleitfaden Insolvenzrecht. Wien 2003 Hamerle/Lahodny-Karner/Reisch, Hrsg.: Sanierung von Unternehmen. Wien 2002 Hofmeister, Roman: Sanierung in Klein- und Mittelbetrieben unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Situation in Österreich. in: Seicht/Stiegler, Hrsg.: Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen ´85, Controlling und Unternehmenssanierung, Wien 1985 Hofmeister, Roman: Die Fortbestehensprognose für Kapitalgesellschaften. Wien 2003 forum.ksv, Februar/März 2001 Deutsche Ausgleichsbank, zitiert in: Handelsblatt, Hamburg 6.6.2003 forum ksv, September/Oktober 2003 Firmenbuchgesetz 1991 idF BGBl 1 Nr. 74/1999 Bollenberger-Klemm, Margit: Geschäftsführerhaftung. 2. Auflage, Wien 2002 James, David N.: The Trouble I´ve Seen. in: Harvard Business Review, March 2002, S 42-49 Internetseite des Kreditschutzverbandes von 1870 www.ksv.at Kodex des Österreichischen Rechts (Bände: Zivilrechtliches Verfahren, Strafrecht) Klikovits, Dr., Alexander: Der Zwangsausgleich – eine österreichische Erfolgsstory. In: ZIK Insolvenzrecht & Kreditschutz 1/2004, Wien 2004 www.ris.bka.gv.at www.help.gv.at

Anhang Verkehrswertstatus Fremdkapitalstruktur Schema einer betriebswirtschaftlichen Liquidationsrechnung Beispiel für eine Ausgleichsberechnung Schema eines kurzfristigen Liquiditätsplans