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53 www.cf-fachportal.de CORPORATE FINANCE Nr. 01-02 31.01.2018 Mergers & Acquisitions Prof. Dr. Christian Aders ist Vorstandsvorsitzender der ValueTrust Financial Advisors SE. Nicolas Schnell, M.Sc., ist Analyst im Bereich Mergers & Acquisitions bei Greenhill & Co. Europe LLP. Prof. Dr. Bernhard Schwetzler ist Leiter des CCT Center for Corporate Transactions und des Lehrstuhls Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig Graduate School of Management. Kontakt: [email protected] Dieser Beitrag analysiert die Einflußfaktoren auf den „Erfolg“ von Übernahmeangeboten in Deutschland. Basierend auf einem Sample von mehr als 300 Übernahmeangeboten zei- gen wir, dass die Ergebnisse von US-Studien wegen des star- ken Minderheitenschutzes in Deutschland nur eingeschränkt übertragbar sind. 45% der Angebote werden bereits aus einer Mehrheitsposition heraus gemacht. Die Studie misst deshalb den „Erfolg“ des Angebotes nicht über das Erreichen der Mehr- heitsposition, sondern über die Relation der zusätzlich erhal- tenen Anteile. Die Analyse wird für vier verschiedene Toehold- Klassen (0-30%, 30-50%, 50-75% und > 75% Eigentumsquote) getrennt durchgeführt. Dabei zeigen sich deutliche Unter- schiede für die vier Klassen. I. Einführung Seit der Finanzkrise hat sich der internationale Markt für Mergers und Acquisitions (M&A) wieder deutlich erholt. Mit einem aggregierten Transaktionsvolumen von ca. 3.9 Billionen USD 2015 und ca. 3.1 Billionen USD in 2016 hat die weltweite M&A-Aktivität den höchsten Stand seit 2007 erreicht. 1 In der Bundesrepublik hat das Transaktionsvolumen in den letzten Jahren ebenfalls deutlich zugenommen: das Volumen der Übernahmeangebote hat von 2014 mit 7.9 Mrd. € über 2015 mit 11.9 Mrd. € bis 2016 auf 30.7 Mrd. € zugenommen. 2 Die zunehmende M&A-Aktivität zeigt auch, dass anorgani- sche Wachstumsstrategien (Wachstum durch M&A) für viele Unternehmen an Bedeutung gewonnen haben. Der „Erfolg“ einer solchen Strategie ist letztlich auch entscheidend für die Wertentwicklung des Unternehmens. Was treibt den „Erfolg“ eines Unternehmenskaufes? In diesem Beitrag wird dieser Frage speziell für den Fall einer Übernahme eines börsen- notierten Unternehmens nachgegangen. Da hier regelmäßig eine große Anzahl von Anteilseignern mit ganz unterschiedli- chen Interessen überzeugt werden muss, ein dichtes Regelwerk von Gesetzen zu beachten ist und zugleich einige „Abwehr- strategien“ von Organen des potenziellen Kaufobjektes existieren, gilt der Unternehmenserwerb für diese Kategorie als am kompliziertesten. Als „Erfolg“ einer Übernahme wird allgemein das Erreichen einer bestimmten, vom Bieter zuvor 1 Vgl. Economic Times vom 26.12.2016. 2 Vgl. finexpert/ValueTrust, German Takeover Report 2016/2017. Die tatsächlichen Volumina der durchgeführten Transaktionen sind z.T. deutlich niedriger; so ist das gesamte Angebotsvolumen im Jahr 2016 durch das letztlich erfolglose Angebot der Deutschen Börse AG für die London Stock Exchange (22 Mrd. €) verzerrt. definierten Anteilsquote am Eigenkapital der Zielgesellschaft (im Regelfall die einfache Mehrheit der Anteile) betrachtet. 3 Die Analyse wird für deutsche Übernahmeangebote nach dem WpÜG durchgeführt. Bislang liegen für die skizzierte Problem- stellung noch keine Studien deutscher Übernahmeangebote vor; wegen der speziellen deutschen Governance-Struktur und der damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen sind die Ergebnisse der bisher durchgeführten, meist US-basierten Studien nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Die Ana- lyse basiert auf einem proprietären Sample von mehr als 350 Übernahmeangeboten zwischen 2005 und 2016 in Deutsch- land, das vom Lehrstuhl Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig Graduate School of Management mit Unter- stützung von ValueTrust Financial Advisors SE erhoben wurde und ist die erste Untersuchung für Deutschland in diesem Umfang. II. Erfolgsfaktoren bei Übernahmen – bisherige Erkenntnisse Die wissenschaftliche Literatur zum Thema M&A hat in meh- reren, meist US-amerikanischen empirischen Studien bereits mögliche Einflussfaktoren auf den Erfolg einer Übernahme diskutiert und überprüft. Dabei wurde der „Erfolg“ eines Über- nahmeangebotes regelmäßig digital als 0/1 Variable über die Erreichung der einfachen Stimmenmehrheit gemessen. Die Einflussfaktoren auf den Erfolg werden dabei in drei verschie- dene Kategorien (bezogen auf das Angebot, die Zielgesell- schaft und die Bietergesellschaft) eingeteilt. 1. Faktoren des Übernahmeangebotes Angebotsprämie: Die Prämie wird regelmäßig als pro- zentualer Aufschlag des Angebotspreises auf den Börsen- kurs der Zielgesellschaft vor Bekanntgabe gemessen. 4 Der Einfluss auf den Erfolg eines Übernahmeangebotes hängt von der Form der angestrebten Übernahme ab: Für einen Merger wurde eine steigende Erfolgswahrscheinlichkeit bei steigender Prämie nachgewiesen 5 , während für Ten- der Offers kein signifikanter Einfluss der Prämie auf den Erfolg des Angebotes festgestellt werden konnte. 6 3 In Abschnitt V werden weitere unterschiedliche Erfolgsdefinitionen diskutiert. 4 Vgl. Betton/Eckbo/Thorburn, Journal of Financial Economics 2009 S. 164; Bates/Lemmon, Brea- king up is hard to do? An analysis of termination fee provisions and merger outcomes, Working Paper August 2002, S. 24. Bezüglich des Bezugszeitpunktes für die Messung des Börsenkurses bestehen unterschiedliche Vorgehensweisen. Z.T. werden neben Stichtagskursen auch Durch- schnittswerte über einen bestimmten Zeitraum verwendet. Jindra/Walkling, Journal of Corpo- rate Finance 2004 S. 508, ermitteln die Prämie über den Durchschnittpreis des Zeithorizonts von t= -30 bis t= -10 Tagen vor der Ankündigung des Angebotes. Betton/Eckbo/Thorburn (2009), verwenden die Prämie bezogen auf einen bestimmten Stichtagskurs, (41Tage vor der Bekannt- gabe des Angebotes). 5 Vgl Giammarino /Heinkel, The Review of Financial Studies 1986 S. 472-474; Officer, Journal of Financial Economics 2003 S. 446. 6 Vgl. Walkling, Journal of Financial and Quantitative Analysis 1985 S. 470; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 235. Unternehmenskauf/Übernahmeangebot/Erfolgsfaktoren »CF1257261 Prof. Dr. Christian Aders, München / Nicolas Schnell, M.Sc., Frankfurt/M. / Prof. Dr. Bernhard Schwetzler, Leipzig Erfolgsfaktoren für Übernahmeangebote in Deutschland

Unternehmenskauf/Übernahmeangebot/Erfolgsfaktoren …...und ist die erste Untersuchung für Deutschland in diesem Umfang. II. Erfolgsfaktoren bei Übernahmen – bisherige Erkenntnisse

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Prof. Dr. Christian Aders ist Vorstandsvorsitzender der ValueTrust Financial Advisors SE. Nicolas Schnell, M.Sc., ist Analyst im Bereich Mergers & Acquisitions bei Greenhill & Co. Europe LLP. Prof. Dr. Bernhard Schwetzler ist Leiter des CCT Center for Corporate Transactions und des Lehrstuhls Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig Graduate School of Management.Kontakt: [email protected]

Dieser Beitrag analysiert die Einflußfaktoren auf den „Erfolg“ von Übernahmeangeboten in Deutschland. Basierend auf einem Sample von mehr als 300 Übernahmeangeboten zei-gen wir, dass die Ergebnisse von US-Studien wegen des star-ken Minderheitenschutzes in Deutschland nur eingeschränkt übertragbar sind. 45% der Angebote werden bereits aus einer Mehrheitsposition heraus gemacht. Die Studie misst deshalb den „Erfolg“ des Angebotes nicht über das Erreichen der Mehr-heitsposition, sondern über die Relation der zusätzlich erhal-tenen Anteile. Die Analyse wird für vier verschiedene Toehold-Klassen (0-30%, 30-50%, 50-75% und > 75% Eigentumsquote) getrennt durchgeführt. Dabei zeigen sich deutliche Unter-schiede für die vier Klassen.

I. EinführungSeit der Finanzkrise hat sich der internationale Markt für Mergers und Acquisitions (M&A) wieder deutlich erholt. Mit einem aggregierten Transaktionsvolumen von ca. 3.9 Billionen USD 2015 und ca. 3.1 Billionen USD in 2016 hat die weltweite M&A-Aktivität den höchsten Stand seit 2007 erreicht.1 In der Bundesrepublik hat das Transaktionsvolumen in den letzten Jahren ebenfalls deutlich zugenommen: das Volumen der Übernahmeangebote hat von 2014 mit 7.9 Mrd. € über 2015 mit 11.9 Mrd. € bis 2016 auf 30.7 Mrd. € zugenommen.2

Die zunehmende M&A-Aktivität zeigt auch, dass anorgani-sche Wachstumsstrategien (Wachstum durch M&A) für viele Unternehmen an Bedeutung gewonnen haben. Der „Erfolg“ einer solchen Strategie ist letztlich auch entscheidend für die Wertentwicklung des Unternehmens. Was treibt den „Erfolg“ eines Unternehmenskaufes? In diesem Beitrag wird dieser Frage speziell für den Fall einer Übernahme eines börsen-notierten Unternehmens nachgegangen. Da hier regelmäßig eine große Anzahl von Anteilseignern mit ganz unterschiedli-chen Interessen überzeugt werden muss, ein dichtes Regelwerk von Gesetzen zu beachten ist und zugleich einige „Abwehr-strategien“ von Organen des potenziellen Kaufobjektes existieren, gilt der Unternehmenserwerb für diese Kategorie als am kompliziertesten. Als „Erfolg“ einer Übernahme wird allgemein das Erreichen einer bestimmten, vom Bieter zuvor

1 Vgl. Economic Times vom 26.12.2016. 2 Vgl. finexpert/ValueTrust, German Takeover Report 2016/2017. Die tatsächlichen Volumina der

durchgeführten Transaktionen sind z.T. deutlich niedriger; so ist das gesamte Angebotsvolumen im Jahr 2016 durch das letztlich erfolglose Angebot der Deutschen Börse AG für die London Stock Exchange (22 Mrd. €) verzerrt.

definierten Anteilsquote am Eigenkapital der Zielgesellschaft (im Regelfall die einfache Mehrheit der Anteile) betrachtet.3 Die Analyse wird für deutsche Übernahmeangebote nach dem WpÜG durchgeführt. Bislang liegen für die skizzierte Problem-stellung noch keine Studien deutscher Übernahmeangebote vor; wegen der speziellen deutschen Governance-Struktur und der damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen sind die Ergebnisse der bisher durchgeführten, meist US-basierten Studien nicht auf deutsche Verhältnisse übertragbar. Die Ana-lyse basiert auf einem proprietären Sample von mehr als 350 Übernahmeangeboten zwischen 2005 und 2016 in Deutsch-land, das vom Lehrstuhl Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig Graduate School of Management mit Unter-stützung von ValueTrust Financial Advisors SE erhoben wurde und ist die erste Untersuchung für Deutschland in diesem Umfang.

II. Erfolgsfaktoren bei Übernahmen – bisherige Erkenntnisse

Die wissenschaftliche Literatur zum Thema M&A hat in meh-reren, meist US-amerikanischen empirischen Studien bereits mögliche Einflussfaktoren auf den Erfolg einer Übernahme diskutiert und überprüft. Dabei wurde der „Erfolg“ eines Über-nahmeangebotes regelmäßig digital als 0/1 Variable über die Erreichung der einfachen Stimmenmehrheit gemessen. Die Einflussfaktoren auf den Erfolg werden dabei in drei verschie-dene Kategorien (bezogen auf das Angebot, die Zielgesell-schaft und die Bietergesellschaft) eingeteilt.

1. Faktoren des Übernahmeangebotes– Angebotsprämie: Die Prämie wird regelmäßig als pro-

zentualer Aufschlag des Angebotspreises auf den Börsen-kurs der Zielgesellschaft vor Bekanntgabe gemessen.4 Der Einfluss auf den Erfolg eines Übernahmeangebotes hängt von der Form der angestrebten Übernahme ab: Für einen Merger wurde eine steigende Erfolgswahrscheinlichkeit bei steigender Prämie nachgewiesen5, während für Ten-der Offers kein signifikanter Einfluss der Prämie auf den Erfolg des Angebotes festgestellt werden konnte.6

3 In Abschnitt V werden weitere unterschiedliche Erfolgsdefinitionen diskutiert.4 Vgl. Betton/Eckbo/Thorburn, Journal of Financial Economics 2009 S. 164; Bates/Lemmon, Brea-

king up is hard to do? An analysis of termination fee provisions and merger outcomes, Working Paper August 2002, S. 24. Bezüglich des Bezugszeitpunktes für die Messung des Börsenkurses bestehen unterschiedliche Vorgehensweisen. Z.T. werden neben Stichtagskursen auch Durch-schnittswerte über einen bestimmten Zeitraum verwendet. Jindra/Walkling, Journal of Corpo-rate Finance 2004 S. 508, ermitteln die Prämie über den Durchschnittpreis des Zeithorizonts von t= -30 bis t= -10 Tagen vor der Ankündigung des Angebotes. Betton/Eckbo/Thorburn (2009), verwenden die Prämie bezogen auf einen bestimmten Stichtagskurs, (41Tage vor der Bekannt-gabe des Angebotes).

5 Vgl Giammarino /Heinkel, The Review of Financial Studies 1986 S. 472-474; Officer, Journal of Financial Economics 2003 S. 446.

6 Vgl. Walkling, Journal of Financial and Quantitative Analysis 1985 S. 470; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 235.

This article analyses factors impacting the „success“ of take-over offers in Germany. Based on a sample of more than 300 offers submitted since 2005 we find that the results from US studies do not directly to apply in a German context due to the strong minority protection in the German corporate law. 45% of the offers are made from bidders already having a ma-jority stake in the target´s equity. Thus we define „success” not by reaching a majority position but by the relation of shares gained by the offer to shares not owned prior to the offer. We split our analysis into 4 different subsamples (0-30%, 30-50%, 50-75% and > 75% ownership) and find significant differences of the impact factors over the four groups.

Unternehmenskauf/Übernahmeangebot/Erfolgsfaktoren »CF1257261

Prof. Dr. Christian Aders, München / Nicolas Schnell, M.Sc., Frankfurt/M. / Prof. Dr. Bernhard Schwetzler, Leipzig

Erfolgsfaktoren für Übernahmeangebote in Deutschland

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– Transaktionswährung: Als Währung für die Transak-tion kommen prinzipiell Cash, eigene Anteile oder eine Kombination aus beiden zum Einsatz.7 Die empirischen Ergebnisse sind nicht eindeutig: Einige Studien belegen eine erhöhte Erfolgswahrscheinlichkeit für Cash Offers.8 In anderen Untersuchungen konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Akquisitionswährungen fest-gestellt werden.9

2. Faktoren der Zielgesellschaft– Unterstützung durch Management der Ziel gesellschaft:

Der signifikante Effekt der Einstellung des Managements der Zielgesellschaft gegenüber dem Angebot auf den Erfolg wurde in zahlreichen Studien dokumentiert. Widerstand des Managements gegen eine Übernahme reduziert die Erfolgswahrscheinlichkeit signifikant.10

– Abwehrmaßnahmen: Der Einfluss möglicher Abwehr-maßnahmen auf den Transaktionserfolg wurde in mehre-ren US-Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen unter-sucht. Die Studien haben als Ergebnis (a) einen negativen11, (b) einen insignifikanten12 oder (c) einen positiven13 Effekt auf den Erfolg eines Übernahmeangebotes gezeigt.14

– Unabhängige Blockholder: Die Existenz eines unab-hängigen Blockholders kann den Erfolg eines Übernah-meangebotes nachhaltig beeinflussen. Die empirischen Studien aus den USA zeigen, dass dieser Einfluss stark von der Verbindung des Blockholders zum aktuellen Manage-ment abhängt.15

– Insider shareholding: Der Einfluss des Management-anteils am Eigenkapital der Zielgesellschaft wurde ebenfalls in mehreren Studien in den USA untersucht. Auch hier ist die Quintessenz der Ergebnisse, dass der Einf luss zum einen stark von der Höhe des Anteils und zum anderen der Einstellung des Managements gegenüber dem Angebot abhängt.16

– Größe der Zielgesellschaft: Hier sind die Ergebnisse der US-Studien eindeutig: Je größer die Zielgesellschaft ist,

7 Vgl. Betton/Eckbo/Thorburn, in: Eckbo (Ed.), Handbook of Corporate Finance: Empirical Corpo-rate Finance, 2. Aufl. 2008, S. 25.

8 Vgl. Betton/Eckbo/Thorburn, 2008, S. 162; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 224; Eckbo/Giammarino/Heinkel, The Review of Financial Studies 1990 S. 654.

9 Vgl. Betton/Eckbo, The Review of Financial Studies 2000 S. 879; Travlos, The Journal of Finance 1987 S. 955. Betton/Eckbo/Thorburn, a.a.O. (Fn. 7), S. 27-28 zeigen, dass der Einfluss der Trans-aktionswährung vom Grad der Informationsasymmetrie zwischen Bieter- und Zielunternehmen bezüglich der korrekten Bewertung abhängig ist.

10 Vgl. Schwert, The Journal of Finance 2000 S. 2612, Walkling, Journal of Financial and Quantita-tive Analysis 1985 S. 463 Betton/Eckbo/Thorburn, Journal of Financial Economics 2009 S. 170, Jindra/Walkling, Journal of Corporate Finance 2004 S. 507.

11 Vgl. Betton/Eckbo/Thorburn, a.a.O. (Fn. 7), S. 50; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 228.

12 Vgl. Officer, Journal of Financial Economics 2003 S. 456-457.13 Vgl. Hirshleifer, in: Jarrow/Maksimovic/Ziemba (Eds.), Handbooks in Operations Research and

Management Science, Vol. 9 1995, S. 850; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 228 und Hirshleifer/Titman, Journal of Political Economy 1990 S. 308.

14 Eine mögliche Erklärung hierfür ist die Tatsache, dass die Abwehrmaßnahmen wiederum Ein-fluss auf andere Faktoren wie die gebotene Prämie aufweisen können, die ihrerseits wieder den Transaktionserfolg beeinflussen.

15 Vgl. Ambrose/Megginson, Journal of Financial and Quantitative Analysis1992 S. 576. Falls der Blockholder eine Beziehung zum Management aufweist, hat dies einen negativen Effekt auf die Erfolgswahrscheinlichkeit; ist der Blockholder unabhängig vom Management, ist kein Einfluss feststellbar.

16 Vgl. Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 230; Morck/Schleifer/Vishny, in: Auerbach (Ed.), Corporate Takeovers: Causes and Consequences, 1988, S. 132 und Jindra/Wal-kling, Journal of Corporate Finance 2004 S. 507.

desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit eines erfolgrei-chen Übernahmeangebotes.17

3. Faktoren der Bietergesellschaft– Toehold: Als Toehold („Brückenkopf ”) wird der Anteil am

Eigenkapital der Zielgesellschaft bezeichnet, den der Bie-ter bereits vor der Abgabe des Übernahmeangebotes hält. Die Mehrzahl der US-Studien kommt zu dem Ergebnis, dass die Höhe des Toeholds einen positiven Effekt auf die Erfolgswahrscheinlichkeit des Angebotes hat.18

– Konkurrierende Angebote: Die Existenz von konkur-rierenden Geboten für die Zielgesellschaft verringert die Wahrscheinlichkeit für ein erfolgreiches Gebot.19

III. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland – das WpÜG

Mit dem Wertpapierübernahmegesetz (WpÜG) existiert seit 2002 ein detaillierter rechtlicher Rahmen für Übernahmen in Deutschland. Zielsetzung der Regulierung waren die Erhöhung der Transparenz bei Übernahmen, die Sicherstellung der fairen und gleichen Behandlung aller Aktionäre der Zielgesellschaft, die Ermöglichung eines schnellen Prozesses und die faire Kom-pensation der Anteilseigner der Zielgesellschaft.Die Regeln gelten für alle Aktiengesellschaften (AGs), deren Anteile zum Handel an einer deutschen Börse zugelassen sind. Das WpÜG unterscheidet einfache Erwerbsangebote, freiwillige Übernahmeangebote und Pflichtangebote. Die Letztgenannten betreffen die Verpflichtung, bei Erlangung der Kontrolle über eine Zielgesellschaft unverzüglich den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot zu machen. Kontrolle ist dabei als das Halten von mindestens 30% der Stimmrechte an der Zielgesell-schaft definiert (§ 29 Abs. 2 WpÜG). Als Transaktionswährung sind Cash, eigene Anteile oder eine Kombination aus beiden zulässig. Nach der Bekanntgabe der Absicht eines Übernahme-angebotes hat der Bieter i.d.R. vier Wochen Zeit, die Angebots-unterlagen bei der BaFin zur Prüfung einzureichen; die Unter-lagen sollen alle Informationen enthalten, die Aktionäre der Zielgesellschaft benötigen, um eine informierte Entscheidung über den Verkauf ihrer Anteile zu treffen. Nach Freigabe durch die BaFin und Publikation des Angebotes haben die Aktionäre zwischen vier und zehn Wochen Zeit, ihre Entscheidung zu tref-fen. Der gebotene Angebotspreis für die Aktien muss zwei wich-tige Anforderungen erfüllen: Er muss mindestens so hoch sein wie der Preis, den der Bieter ggf. in den sechs Monaten vor dem Angebot für den Kauf von Anteilen der gleichen Gesellschaft gezahlt hat und er darf nicht niedriger sein als der gewichtete Drei-Monats-Durchschnittskurs der Anteile an der Börse. Das Angebot kann an bestimmte Bedingungen geknüpft sein (z.B. eine wettbewerbsrechtliche Genehmigung oder, bei freiwilligen Angeboten, der Erreichung einer bestimmten Anteilsquote). Die Organe der Zielgesellschaft, bestehend aus Vorstand und Aufsichtsrat, sind verpflichtet, zur Angemessenheit des Ange-botes eine begründete Stellungnahme abzugeben. Während

17 Vgl. Officer, Journal of Financial Economics 2003 S. 456; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 231.

18 Vgl. Betton/Eckbo/Thorburn, a.a.O. (Fn. 7), S. 36; Walkling, Journal of Financial and Quantitative Analysis 1985 S. 463; Hirshleifer/Titman, Journal of Political Economy 1990 S. 303; Sudarsanam, European Financial Management 1995 S. 230; Betton/Eckbo, The Review of Financial Studies 2000 S. 866; Bates/Lemmon, a.a.O. (Fn. 4), S. 22; Betton/Eckbo/Thorburn, Journal of Financial Economics 2009 S. 176.

19 Vgl. Walkling, Journal of Financial and Quantitative Analysis 1985 S. 464; Officer, Journal of Financial Economics 2003 S. 456.

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der Annahmeperiode ist der Bieter verpflichtet, regelmäßig die Annahmequote zu veröffentlichen. Er hat die Möglichkeit, im Verlauf der Annahmeperiode den Angebotspreis zu erhö-hen. Nach Ablauf der Frist ist die Gesamtzahl der erworbenen Aktien bekanntzugeben.Zwei weitere Besonderheiten des deutschen Übernahme- und Aktienrechts sind für die Beurteilung des Erfolgs eines Übernahme angebotes nach dem WpÜG von Bedeutung: Zum einen ist es dem Management der Zielgesellschaft prinzipiell untersagt, spezifische Abwehrmaßnahmen gegen uner-wünschte Übernahmeangebote zu ergreifen.20 Zum anderen ist der Schutz der nach einem Übernahmeangebot in der Gesell-schaft verbleibenden Minderheitsaktionäre im deutschen AktG stark ausgeprägt; so berechtigt die Erreichung einer einfachen Aktien mehrheit nicht, die verbleibende Minderheit über einen sog. Squeeze-out gegen ihren Willen aus dem Unternehmen auszuschließen, da hierfür 90% bzw. 95% Zustimmung auf einer Hauptversammlung benötigt werden.21 Bereits ab 75% Stimmen-mehrheit kann durch den Hauptaktionär gegen den Willen der Minderheitsaktionäre ein Beherrschungs- und Gewinnabfüh-rungsvertrag bzw. eine Verschmelzung beschlossen werden.

IV. Das SampleDie Basis der Untersuchung ist eine proprietäre Datenbasis am Lehrstuhl Finanzmanagement und Banken an der HHL Leipzig Graduate School of Management. Sie umfasst den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2016 und enthält 362 Übernahmeangebote, die für Zielgesellschaften mit gehan-delten Anteilen an deutschen Börsen gemacht wurden. Für diese Angebote sind Informationen verfügbar bezüglich a) dem Bieter (z.B. Name, Ziel der Übernahme, Branche, Toehold), b) der Zielgesellschaft (Name, Enterprise Value, Aktien kurs, Anzahl ausstehender Aktien) und c) des Angebotes selbst (z.B. ID, Zeitpunkt der Ankündigung, Angebotstyp, ggf. vorliegende Bedingungen, Annahmeperiode, Angebotsprämie, Akquisitionswährung, Annahmequote). Zusätzlich enthält die Datenbasis weitere Informationen über die Stellungnahme der Organe der Zielgesellschaft (§27 WpÜG) und einer ggf. zur Stützung der Argumentation eingeholten Fairness Opinion. Im Zuge einer Bereinigung reduzierte sich das endgültige Sample um 55 auf 307 Übernahmeangebote.22

V. Zur Messung des „Erfolgs“ eines ÜbernahmeangebotesEs gibt mehrere Möglichkeiten, den „Erfolg“ eines Übernahme-angebotes zu messen. Die große Mehrheit der empirischen Studien zu diesem Thema bildet diese Größe als dichotome 0/1 Variable, gekoppelt an das Ziel der Erreichung der einfa-chen Stimmenmehrheit, ab.23 Trotz der einfachen Messbarkeit

20 Erlaubt ist bspw. die Suche nach einem „weissen Ritter”, also einem genehmen konkurrierenden Bieter.

21 Ein zwangsweiser Ausschluss über einen sog. (aktienrechtlichen) Squeeze-out nach § 327a AktG erfordert eine Anteilsquote von 95%. Unter restriktiven Voraussetzungen ist ein Squeeze-out auch unmittelbar nach einer erfolgreichen Übernahme möglich (§ 39a WpÜG). Zu den gesam-ten Kosten der Erlangung einer 100% Eigentümerschaft vgl. Aders/Kaltenbrunner/Schwetzler CF 2016, S. 295.

22 Für die Entfernung aus der Stichprobe gab es die folgenden Ursachen: fehlende Prämie, fehlende Stellungnahme nach § 27 WpÜG, fehlende Information über konkurrierende Angebote, fehlende Angaben zur Annahmeperiode, offensichtlich unzutreffende Daten/fehlende Informationen für die Annahmequote, keine Angaben zur Zielsetzung des Bieters.

23 Für die Analyse der Einflussfaktoren auf diese Variable werden dann als Modelle entweder eine Logit- (z.B. Betton/Eckbo, The Review of Financial Studies 2000; Betton/Eckbo/Thorburn, Jour-nal of Financial Economics 2009) oder eine Probit-Regression (Schwert, The Journal of Finance 2000; Officer, Journal of Financial Economics 2003) verwendet.

dieser Größe sind die damit erzielbaren Ergebnisse in ihrer Aussagekraft deutlich eingeschränkt:

– Der Einsatz unterschiedlicher Instrumente zur Errei-chung der einfachen Anteilsmehrheit (und damit auch der ermittelte Effekt auf den Erfolg) werden entschei-dend von der bereits im Besitz des Bieters befindlichen Anteilsquote vor der Angebotsabgabe (Toehold) beein-f lusst. Ein Bieter, der bereits 49% der Anteile besitzt, wird möglicherweise mit einer niedrigeren Prämie und auch gegen größeren Widerstand des Ziel-Manage-ments die angestrebte Stimmenmehrheit erreichen als ein Bieter mit einem Toehold von 5%. Der notwendige Zuwachs an Anteilsrechten beträgt im ersten Fall gerade 1 Prozent punkt, im letztgenannten Fall hingegen 45 Prozentpunkte. Weil die marginalen Wirkungen der ent-sprechenden Einflussvariablen vom gehaltenen Toehold abhängen, sind die geschätzten Koeffizienten in den entsprechenden Regressionsanalysen nur eingeschränkt aussagefähig.

– Unter den rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutsch-land ist die Zielsetzung des Bieters nicht notwendiger-weise die Erreichung der 50%-Anteilsschwelle.24 Für die vollständige Ausübung der Kontrolle über den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ist vielmehr eine Mehrheit von 75% der Stimmen auf der entsprechenden Hauptversammlung erforderlich. Der Ausschluss von Minderheitsaktionären über einen aktien rechtlichen Squeeze-out nach § 327a AktG erfordert 95% der Stimmen. Wollte ein Bieter somit die vollstän-dige Kontrolle inkl. der Möglichkeit des Ausschlusses der Minderheit erreichen, wäre das Kriterium für den „Erfolg“ des Übernahmeangebotes die Überschreitung der 95% Anteilsschwelle. In unserem Sample finden sich daher auch zahlreiche Übernahmeangebote mit einer Ausgangs-Anteilsquote von über 50% bzw. 75% der Stimmenanteile. Da die Bieterunternehmen die Kontrolle über das Ziel-unternehmen in mehreren Stufen ausbauen können, ist eine einfache 0/1 Messung des Erfolges bei Erreichung der einfachen Mehrheit nicht ausreichend.

Unsere Datenbasis enthält als weitergehende Information die Anteilsquote bei Abgabe des Übernahmeangebotes und zum Ende der Annahmefrist. Deshalb ist es prinzipiell möglich, den Erfolg des Übernahmeangebotes auch über den erzielten Zuwachs der Anteilsquote zu messen. Das hätte zwar den Vorteil einer kontinuierlichen abhängigen Variablen (anstelle einer dichotomen 0/1 Variablen); die geschätzten Regressi-onskoeffizienten ließen sich nun einfacher als der marginale Zuwachs an Anteilsrechten bei einer marginalen Änderung für den entsprechenden Einf lussfaktor interpretieren. Den-noch würde das oben skizzierte Problem in gemilderter Form auch hier wieder auftreten: Der gemessene Erfolg würde nicht immer mit dem erreichten Zuwachs an Kontroll- und Einfluss-möglichkeiten im Rahmen des Übernahmeangebotes über-einstimmen: Ein Stimmenzuwachs um 5%-Punkte entspricht bei einer Ausgangsquote von 90% einem anderen „Erfolg“ als bei einer Ausgangsquote von 5%. Auch hier ist davon auszu-gehen, dass der marginale Effekt der Einf lussfaktoren von der Höhe des Toeholds abhängt. Es ist plausibel anzunehmen,

24 Tatsächlich sind in unserer Stichprobe 138 Angebote (45%), bei denen der Bieter bereits die Mehrheit der Anteile bei Abgabe besitzt.

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dass es zunehmend schwieriger wird, die Anteilseigner zum Verkauf ihrer Anteile zu bewegen, je niedriger die Anzahl der noch ausstehenden, nicht im Besitz des Bieters befindlichen Aktien ist. Die erforderlichen „Anstrengungen“ (Offer Prämie, Erreichung der Zustimmung des Ziel-Managements etc.) für die Erreichung eines Zuwachses um 1%-Punkt steigen also mit zunehmendem Toehold.Schließlich könnte man noch daran denken, eine ggf. formu-lierte Mindestannahmequote des Angebotes als Ausgangs-punkt für die Messung des Erfolgs zu verwenden. Hier tritt jedoch das Problem auf, dass für zahlreiche Übernahme-angebote eine solche Mindestannahmequote nicht formu-liert wurde. In unserer Stichprobe liegt lediglich für 28% aller Angebote eine Mindestannahmequote vor; deshalb lässt sich der erzielte Erfolg eines Übernahmeangebotes in dieser Stu-die nicht auf dieser Basis berechnen.Für unsere Studie haben wir die folgende Variable als Maß-stab für den erzielten „Erfolg“ des vorliegenden Übernahme-angebotes gewählt:

gehaltene Anteile Ende der Annahmefristgehaltene Anteile Beginn Annahmefrist

ErfolgsquoteGesamtzahl Anteilegehaltene Anteile Beginn Annahmefrist

-=

-

bzw.

100%

Anteilsquote Ende der AnnahmefristAnteilsquote Beginn Annahmefrist

ErfolgsquoteAnteilsquote Beginn Annahmefrist

-=

-

Die hier verwendete Definition setzt den erreichten Zuwachs der Anteilsquote in Beziehung zum maximal erreichbaren Zuwachs bei gegebener Ausgangsquote. Sie hat den Vorteil, dass sie im Gegensatz zum absoluten Zuwachs der Anteils-quote den „Erfolg“ auf einen für alle Angebote identischen Wertebereich von 0% bis 100% normiert25 und von der Aus-gangs-Anteilsquote unabhängig ist. Im obigen Beispiel wäre somit im ersten Fall (Toehold = 5%, Zuwachs = 5%) die hier verwendete Erfolgsquote

10% 5%5 26%

100% 5%,

-=

-

im zweiten Fall (Toehold = 90%, Zuwachs 5%) hingegen

95% 90%50 0%

100% 90%,

-=

- .

Die hier verwendete Erfolgsgröße ist von den subjektiven Vor-gaben des Bieters unabhängig. Das hat Konsequenzen für die spätere Interpretation der Ergebnisse; es ist denkbar, dass ein Bieter einen hohen Anteil der noch ausstehenden Anteile im Zuge des Angebotes erwerben kann (also die hier definierte

25 Für ein Angebot in unserer Stichprobe ergibt sich eine Erfolgsquote größer als 100%: Beim Übernahmeangebot der Adler AG für die Westgrund AG 2015 wurden während der Annahmefrist ausstehende Wandelanleihen in Aktien umgetauscht, die über eine bedingte Kapitalerhöhung geschaffen wurden. Da die gesamte Anzahl an Aktien während der Annahmefrist anstieg, ist die Anzahl der im Zuge des Angebotes erworbenen Anteile höher als die Zahl der im Angebotszeit-punkt ausstehenden, noch nicht im Besitz des Bieters befindlichen Anteile. In diesem Fall sind die beiden oben beschriebenen Definitionen für die Erfolgsquote nicht äquivalent.

Erfolgsquote einen hohen Wert aufweist), aber gleichzeitig die angestrebte Mindest-Annahmequote verfehlt und somit das Angebot subjektiv als Misserfolg wertet.

VI. Der Einfluss der Ausgangsquote im Zeitpunkt des Angebotes (Toehold)

Die Verwendung der o.a. Erfolgsquote normiert zwar den Wertebereich der abhängigen Variablen für alle Ausgangs-quoten auf den Bereich von 0% – 100%; dennoch ist auch hier nicht davon auszugehen, dass die ermittelten marginalen Effekte der einzelnen Einf lussfaktoren als geschätzte Koef-fizienten der entsprechenden Variablen von der Ausgangs-quote bei Abgabe des Angebotes vollständig unabhängig sind. Der zentrale Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Einf luss- und Kontrollmöglichkeiten eines Aktionärs im deutschen Aktienrecht gestaffelt sind und daher mehrere Schwellenwerte für die Beurteilung des Angebotserfolges relevant sein können. Diese unterschiedlichen Einf luss-möglichkeiten lassen sich über entsprechende Bereiche der Anteilsquoten verdeutlichen:

1. Anteilsquote 0% – 30%: Der Bieter hat bei Abgabe des Angebotes nur geringe oder gar keine Möglichkeiten, direkten Einf luss auf die Unternehmenspolitik zu neh-men. Das Angebot wird meist mit dem Ziel abgegeben, einen deutlichen Zuwachs an Einf luss- und Kontroll-möglichkeiten durch den angestrebten Zuwachs an Stimmrechten zu erreichen und ggf. die 30%-, 50%- oder 75%-Anteilsschwelle zu überschreiten.

2. Anteilsquote 30% – 50%: Der Bieter hat im Vorfeld des Angebotes bereits mehr als 30% der Anteile, aber noch keine einfache Mehrheit. Die 30%-Schwelle ist von Bedeu-tung, da ihr Überschreiten die Pf licht zur Abgabe eines Pflichtangebotes für alle ausstehenden restlichen Aktien auslöst (§29 Abs. 2 WpÜG). Das Gesetz geht, auch vor dem Hintergrund von empirischen Präsenzen auf Hauptver-sammlungen, davon aus, dass mit dieser Anteilsquote signifikante Einflussmöglichkeiten bestehen und bereits faktisch Kontrolle ausgeübt werden kann. Die Abgabe eines Übernahmeangebotes wird in diesem Fall durch die entsprechende gesetzliche Pflicht ausgelöst oder hat, im Fall eines freiwilligen Angebotes, das Ziel, die Einfluss-möglichkeit weiter auszubauen.

3. Anteilsquote 50% – 75%: Auch nach Erreichen der einfachen Stimmenmehrheit hat der Bieter als Mehr-heitsgesellschafter keine Möglichkeit, direkten Einfluss auf die Geschäftspolitik der AG durch Weisungen an den Vorstand auszuüben. Hierfür ist der Abschluss eines Beherrschungsvertrags nach § 291 Abs. 1 S. 1 AktG erfor-derlich, mit dem die AG direkt dem Weisungsrecht der beherrschenden Gesellschaft unterstellt wird. Für den Abschluss eines solchen Vertrags ist eine Mehrheit von 75% der Stimmrechte auf der entsprechenden Haupt-versammlung erforderlich. Macht ein Bieter mit einer Ausgangsquote zwischen 50% und 75% ein Übernahme-angebot, so ist davon auszugehen, dass damit in jedem Fall der Erwerb weiterer Anteile und die Überschrei-tung der 75%-Anteilsschwelle mit der damit verbunde-nen Möglichkeit des Vertragsabschlusses angestrebt wird.

4. Anteilsquote 75% – 100%: Der Abschluss eines Beherr-schungsvertrages nach § 291 AktG und des damit ver-

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bundenen Gewinnabführungsvertrages löst zwar nach § 305 AktG die Pf licht für den Mehrheitsgesellschafter aus, der Minderheit ein Abfindungsangebot zu machen und so deren Ausscheiden aus der AG zu ermöglichen. Das bedeutet allerdings nicht, dass der beherrschende Gesellschafter die Minderheit nach Vertragsabschluss gegen ihren Willen aus der Gesellschaft drängen kann. Neben der Abfindung i.V.m. dem Ausscheiden ist der Mehrheitsgesellschafter verpf lichtet, bei Vertrags-abschluss den nicht ausscheidenden Aktionären eine Garantiedividende als Ausgleich für den aufgegebenen Anteil am Bilanzgewinn anzubieten (§ 304 AktG). In die-sem Fall bleiben die entsprechenden Aktionäre weiterhin Gesellschafter. Macht ein Bieter mit einer Anteilsquote von über 75% nochmals ein Übernahmeangebot, dann verfolgt er meistens das Ziel, damit weitere Anteile zu erwerben, um damit die Anteilsschwelle von 95% zu über-schreiten. Dies ist die erforderliche Stimmenmehrheit für einen aktienrechtlichen Squeeze-out (§ 327a AktG), der den Ausschluss der verbleibenden Minderheitsaktionäre auch gegen deren Willen ermöglicht.26

Tab. 1 zeigt die Verteilung der Angebote in der Stichprobe über die beschriebenen vier Klassen der Ausgangs-Anteils-quote; dabei wurde die Anteilsquote bezogen auf die Stamm-aktien berechnet.

Tab. 1: Anteilsquote des Bieters an der Zielgesellschaft bei Abgabe des Angebotes

A: Toehold

0% – 30%

B: Toehold

30% – 50%

C: Toehold

50% – 75%

D: Toehold

75% – 100%

Gesamt

Anzahl Angebote

119 50 59 79 307

Das Sample enthä lt za h lreiche Ü berna hmeangebote aus einer bereits kontrollierenden Position: Ca. 45% der Übernahmeangebote repräsentieren Fälle, in denen der Bieter bereits im Besitz der einfachen Stimmenmehrheit der Zielgesellschaft war. Der Durchschnitt über die Toeholds beträgt ca. 44%. Überraschend ist auch der hohe Anteil (8%) von Geboten mit Anteilsquoten über 90%; einige dieser Angebote wurden direkt im Zusammenhang mit einem Squeeze-out gemacht.Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituationen, der damit verbundenen unterschiedlichen Zielsetzungen und der vermuteten unterschiedlichen Effekte der verschie-denen Einf lussfaktoren auf den Übernahmeerfolg wird die Analyse im Weiteren für jede der vier Kategorien getrennt durchgeführt.

VII. Unabhängige Variablen und DescriptivesDie Auswahl der untersuchten Einf lussfaktoren orientiert sich zum einen an den Ergebnissen aus anderen Studien und zum anderen an den verfügbaren Informationen unserer Datenbasis.

– Prämie: Die Prämie wird über die Relation des gebotenen Preises zum dreimonatigen Durchschnittskurs vor der

26 Für einen sog. verschmelzungsrechtlichen Squeeze-out (§ 62 Abs. 5 UmwG) im Zuge der Ver-schmelzung der Gesellschaft mit dem Hauptaktionär ist eine Zustimmungsquote von 90% erforderlich.

Ankündigung (bzw. einem ggf. höherem Vorerwerbspreis) ermittelt. Tab. 2 zeigt die Verteilung über die vier Toehold-Klassen:

Tab. 2: Angebots-Prämien für verschiedene Toehold-Klassen

A: Toehold

0% – 30%

B: Toehold

30% – 50%

C: Toehold

50% – 75%

D: Toehold

75% – 100%

Gesamt

Prämie Durchschnitt

27,2% 16,9% 19,8% 16,7% 21,4%

Anzahl Angebote

119 50 59 79 307

Man erkennt, dass in der untersten Kategorie (0 – 30% Anteils-quote) im Durchschnitt die höchste Prämie geboten wurde. Die gesamte Verteilung der gebotenen Prämie ist rechtsschief; über das gesamte Sample wurde in 70 Fällen (22,8%) gerade der gesetzlich vorgeschriebene Mindestpreis bzw. eine Prämie von Null geboten.27

– Angebotsrunde: In einigen Fällen wurde von einem Bieter ein verbessertes Angebot für das gleiche Target abgegeben. In 34 Fällen (11%) gab es ein zweites Angebot des gleichen Bieters, in fünf Fällen (1,6%) wurde sogar ein drittes Angebot für das gleiche Zielunternehmen abgege-ben. Für die Analyse der Einflussfaktoren auf den Erfolg des Gebotes wurden zunächst alle höheren Gebotsrunden als eigenständiges Gebot einbezogen, d.h. die gebotene Prämie und der gehaltene Toehold wurden jeweils inkre-mentell für jede Gebotsrunde berechnet. Um kumulative Effekte auszuschließend28, wurden alle multivariaten Ana-lysen zusätzlich unter Ausschluss der höheren Gebots-runden durchgeführt.

– Angebotstyp: 195 Angebote (ca. 63.5%) waren freiwillige Übernahmeangebote und 82 (ca. 26.7%) Pflichtangebote. Die verbleibenden 30 (9.8%) waren Zusatzangebote als Ver-änderungen von zuvor gemachten Übernahme angeboten. In 23 Fällen machte der Bieter als freiwilliges Angebot ein sog. Teilerwerbsangebot für eine begrenzte und fixierte Anzahl von Aktien. In diesem Fall wurde die Erfolgsquote basierend auf dem Verhältnis der erlangten zusätzlichen Aktienanzahl zu der im Angebot fixierten angestrebten Anzahl berechnet.

– Konkurrierende Gebote:29 Nur in elf von 307 Angeboten (ca. 3.6%) lagen zwei konkurrierende Gebote für das glei-che Zielunternehmen vor.

– Größe der Zielgesellschaft: Der Median Enterprise Value 30 der Zielgesellschaften im Sample liegt bei

27 Eine mögliche Erklärung hierfür ist eine häufig verwendete Strategie der Bieter bei Pflichtangeboten: Nach Erreichen der 30%igen Anteilsquote ist zwingend ein Pflichtan-gebot vorgeschrieben, für höhere Anteilsquoten hingegen nicht. Wenn also nach Über-schreiten der Schwelle zum Pflichtangebot ein „schlechtes“ Angebot mit einer Prämie von Null gemacht wird, werden nur wenige Anteile angedient. Der Bieter hat dann die Möglichkeit, weitere Anteile an der Börse ohne die Pflicht zu weiteren Übernahmeange-boten zu erwerben.

28 Bspw. wird im Fall mehrerer Gebotsrunden in der o.a. Vorgehensweise die Größe des Unterneh-mens in jeder Runde als Variable berücksichtigt .Dadurch können die geschätzten Regressions-koeffizienten verzerrt werden.

29 Zur Vermeidung von Doppelzählungen wurden hier lediglich die Erstgebote berücksichtigt.30 Der Enterprise Value wurde vereinfacht ermittelt als Summe des Eigenkapital-Marktwertes

(bzw. der Marktkapitalisierung) und der Netto-Finanzverbindlichkeiten (als Differenz zwischen zinstragenden Verbindlichkeiten und Kassenbestand plus geldnahen Wertpapieren).

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ca. 82 Mio. €; ca. 5,6% der Zielgesellschaften wiesen einen Enterprise Value über 5 Mrd. € auf. Durch diese positiven Ausreißer liegt die durchschnittliche Größe der Zielgesell-schaft bei ca. 1 Mrd. €.

– Transaktionswährung: 287 der 307 Offers (ca. 93,5%) verwendeten ausschließlich Cash als Transaktionswäh-rung. ‘Eigene Anteile’ bzw. die Kombination ´Cash/Eigene Anteile’ wurden lediglich in 4,5% bzw. 2% der Angebote verwendet. 18 von den entsprechenden 20 „Non-Cash“ Angeboten wurden bei einem Toehold niedriger als 30% abgegeben.

– Empfehlung/Stellungnahme der Zielgesellschaft: Als Proxy für die Unterstützung des Angebotes durch das Management der Zielgesellschaft wird die Empfehlung ihrer Organe (§ 27 WpÜG) verwendet, das vorliegende Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Die Tab. 3 zeigt die Verteilung über die vier hier verwendeten Toehold-Kategorien:

Tab. 3: Empfehlung des Target-Managements für verschiedene Toehold-Klassen

A: Toehold

0% – 30%

B: Toehold

30% – 50%

C: Toehold

50% – 75%

D: Toehold

75% – 100%

Gesamt

Empfehlung negativ/ keine Empfehlung

45 26 24 31 126

Empfehlung positiv

74 24 35 48 181

Anzahl Angebote

119 50 59 79 307

In 59% der Fälle empfahlen Vorstand und Aufsichtsrat die Annahme, in 71 Fällen (ca. 23,1%) wurde keine Empfehlung abgegeben. Für 55 Angebote (ca. 17,9%) war die Empfehlung der Organe der Zielgesellschaft negativ. Die Empfehlung des Managements ist unabhängig von der bereits gehaltenen Quote des Bieters; der Test einer entsprechenden Hypothese auf Unabhängigkeit der beiden Variablen kann nicht abgelehnt werden.

– Crisis j/n: Diese 0/1 Variable markiert die Übernahme-angebote der Jahre 2008/09 (globale Finanzkrise) und 2012/13 (Sovereign Debt Krise).

VIII. Multivariate Analyse und ErgebnisseDas hier verwendete Erfolgsmaß ist , im Gegensatz zu zahlreichen anderen Studien, metrisch. Das ermöglicht die Anwendung einer multivariaten Regressionsanalyse; das hier verwendete Tobit-Modell hat den zusätzlichen Vorteil, dass es den begrenzten Wertebereich der hier verwendeten abhängigen Variablen (es sind lediglich Werte zwischen 0% und 100% möglich) berücksichtigt.31

Die Möglichkeit des Bieters zur Einf lussnahme auf die Unter-nehmenspolitik hängt entscheidend von seiner Quote am Eigenkapital der Gesellschaft und den damit verbundenen Stimmrechten ab. Wir führen die Tobit-Regression deshalb für jeden der oben beschriebenen Bereiche der bei Abgabe

31 Zur Tobit-Regression vgl. grundlegend Cameron/Trivedi, Microeconometrics Using Stata, 2010.

des Angebotes gehaltenen Anteile (Toeholds) getrennt durch.Für die multivariate Analyse ist noch ein besonderes Problem zu lösen: Die beiden Variablen „Empfehlung des Managements“ und „gebotene Prämie“ sind nicht unabhän-gig voneinander; je höher die Prämie ausfällt, desto eher wird das Management der Zielgesellschaft c.p. die Annahme des Angebotes empfehlen. Für die gesamte Stichprobe beträgt der Unterschied der gebotenen Prämie zwischen den Ange-boten mit positiver Empfehlung und denjenigen mit keiner oder negativer Empfehlung 18,8-Prozentpunkte. Die Hypo-these auf Mittelwertgleichheit wird mit einer Fehlerwahr-scheinlichkeit von 0% abgelehnt.32 Für die durchgeführte Tobit-Regressionsanalyse werden deshalb zwei unterschied-liche Modelle, eines mit der gebotenen Prämie und eines mit der Empfehlung des Managements für alle vier Toehold-Kategorien geschätzt. Zusätzlich werden die Analysen noch einmal für eine bereinigte Teil-Stichprobe (nur erste Ange-botsrunde, nur Vollerwerbsangebote) durchgeführt.Tab. 4 gibt die Ergebnisse der Tobit-Regression für vier Toehold-Kategorien und die entsprechenden Einf lussgrößen wieder.Zunächst machen die Ergebnisse deutlich, dass die Tren-nung in die vier Kategorien sinnvoll ist: Für einige der Ein-f lussfaktoren ergeben sich ganz unterschiedliche Wirkungen auf das Erfolgsmaß in den verschiedenen Klassen. So ist z.B. die Wirkung der Zahlungsmethode (Cash vs. Stock) lediglich im Bereich mit Toeholds zwischen 50% und 75% signifikant; auch der Effekt der gehaltenen Anteilsquote ist ganz unter-schiedlich für die verschiedenen Toehold-Klassen.Für die beiden Variablen ´Prämie und ´Empfehlung Mgmt´ zeigt sich nochmals der o.a. Zusammenhang: Die gebo-tene Prämie hat in den drei Kategorien A, C und D für alle Varianten einen hochsignifikanten positiven Einf luss auf den Erfolg des Angebotes.33 Eine positive Empfehlung der Organe der Zielgesellschaft hat lediglich im Bereich A mit einer Anteilsquote zwischen 0 und 30% einen (hochsignifi-kanten) positiven Einf luss. Offensichtlich wird das Urteil des Managements der Zielgesellschaft nur dann als unabhängig eingestuft, wenn der Bieter vor dem Angebot noch keine Kontrolle über die Zielgesellschaft hat. Für Toeholds über 30% weist die Empfehlung hingegen keinen signifikanten Effekt mehr auf. Wegen des kausalen Zusammenhangs und der hohen empirischen Korrelation zwischen den beiden Variablen ist eine gleichzeitige Berücksichtigung beider Fak-toren in einer Regressionsgleichung nicht sinnvoll.34

Die Transaktionswährung hat lediglich im Toehold-Bereich C (Anteilsquoten zwischen 50% und 75%) signifikan-ten Einf luss; hier sind Stock-Deals erfolgreicher als Cash-Angebote. Dieses Ergebnis steht scheinbar in Widerspruch zu den abgeleiteten Effekten in US-Studien, wo regelmäßig

32 Auch für die vier unterschiedlichen Toehold-Kategorien wird die Hypothese der Gleichheit der Prämie für die beiden Empfehlungsklassen jeweils hochsignifikant abgelehnt.

33 Die fehlende statistische Signifikanz für die Toehold-Kategorie B (30% – 50% Anteilsquote) lässt sich auch auf die niedrigere Zahl von Beobachtungen in unserem Sample zurückführen.

34 Das beschriebene Problem der „Multikollinearität“ führt häufig zu instabilen Ergebnissen und hohen Standardfehlern. Als Folge können sich daher statistisch insignifikante Koeffizienten ergeben. Diesbezügliche Robustness Checks bestätigen diese Vermutung. In gemeinsamen Regressionsgleichungen verliert die Prämie regelmäßig an Einfluss und wird insignifikant, wäh-rend die Empfehlung immer noch einen signifikanten Einfluss aufweist. Um eine verlässliche Interpretation der Koeffizienten zu gewährleisten, wird daher darauf verzichtet, beide Variablen gleichzeitig im Modell abzubilden.

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ein positiver Effekt von Cash ermittelt wurde.35 Allerdings ist dieses Ergebnis wegen der geringen Anzahl an Stock Offers nur eingeschränkt aussagefähig.36 Die Größe der Zielge-sellschaft hat für Angebote mit einem Toehold zwischen 50% und 75% einen signifikant positiven Einf luss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit.37 Für andere Anteilsquoten ist der Einf luss nicht signifikant. Auch dieses Ergebnis steht

35 Hier ist allerdings festzuhalten, dass sich die verwendeten Variablen zur Messung des Erfolges deutlich unterscheiden: In der Mehrzahl der US-Studien wurde der Erfolg des Übernahmeange-botes über die Erreichung der einfachen Stimmenmehrheit mit einer 0/1 Variable abgebildet; in dieser Studie hingegen ist der Transaktionserfolg als Anteil des erzielten Anteilszuwachses am theoretisch möglichen Anteilszuwachs (und damit als metrische Variable) definiert. Ein Zuwachs der Anteilsquote von 49% auf 51% ist nach der digitalen Erfolgsdefinition ein erfolgreiches An-gebot, während die hier verwendete Erfolgsdefinition mit 2%/51% = 3,9% einen relativ niedri-gen Wert ausweist. Zudem betrug der Anteil der mit Stock bezahlten Transaktionen im gesamten Sample insgesamt nur 6,5%.

36 In den Toehold-Kategorien A und D liegen gar keine Stock Offers vor. Zum anderen fällt als ein gemischtes Angebot (Cash/Stock) das in Fn. 25 beschriebene Angebot der Adler AG für die West-grund AG mit einer Erfolgsquote größer als 100% in diesen Bereich (Toehold 50-75%).

37 Dieses Ergebnis wird durch zwei große Transaktionen mit einer hohen Erfolgsgröße in die-sem Toehold-Bereich C (50%-75%) beeinflusst. Das Angebot für die SkyDeutschland AG vom 30.09.2014 (EV= 5,9 Mrd €) hatte eine Erfolgsquote von 76,9%, dasjenige für die Douglas Holding AG (EV= 1,9 Mrd. €) vom 31.10.2012 eine Erfolgsquote von 60,6%.

in Kontrast zu denjenigen der US-Studien. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass potenzielle Bieter die Größe der Zielgesellschaft bereits bei der Entscheidung für die Abgabe des Angebotes berücksichtigen. Dann würde sich der „abschreckende“ Effekt der Unternehmensgröße bereits in einer geringeren Zahl an Übernahmeangeboten für große Unternehmen zeigen, aber nicht mehr bei den abgegebenen Angeboten.38

Besonders interessant ist das Ergebnis bezüglich der gehaltenen Anteilsquote bei Abgabe des Angebotes (Toehold). Hier zeigen sich für die verschiedenen Klassen unterschiedliche Effekte: Während für niedrige (A: 0 – 30%) und sehr hohe (D: 75 – 100%) Toeholds der Effekt auf die Erfolgsgröße signif ikant negativ ausfällt, ist im Bereich zwischen 30% und 50% (B) bzw. 50% und 75% (C) ein leicht signifikanter positiver Effekt zu konstatieren. Eine mög-liche Erklärung für den ersten, hochsignifikant negativen Effekt liegt in der Verpf lichtung nach § 21 WpHG, bereits

38 Dieses Argument wird auch dadurch gestützt, dass für die Genehmigung des Angebotes durch die BaFin ein Nachweis für die erforderliche Finanzierung zu erbringen ist (§ 13 WpÜG).

Tab. 4: Ergebnisse multivariate Analyse (Tobit Regression)

Kategorie A: Anteil bei Angebotsabgabe < 30% Kategorie B: Anteil bei Angebotsabgabe 30% – 50%

Abhängige Variable: Erfolgsquote Abhängige Variable: Erfolgsquote

(1) (2) (3) (4) (1) (2) (3) (4)

Offer Premium Pos. ** Pos. *** –- - –- -

Empfehlung Mgmt. Pos. *** Pos. *** –- - –- -

Größe (ln EV) –- - –- - –- - –- - –- - –- - –- - –- -

Toehold regular shares Neg. *** Neg. *** Neg. *** Neg. ** Pos. * –- - Pos. * –- -

Competing offer j/n –- - –- - –- - –- - Neg. * –- - Neg. * –- -

Crisis j/n Neg. *** Neg. *** –- - Neg. * Neg. * Neg. * Neg. * Neg. *

Method of payment –- - –- - –- - –- - –- - –- - –- - –- -

Pseudo R2 14,4% 22,0% 23,6% 31,4% 30,3% 34,6% 31,9% 39,4%

N 119 119 84 84 50 50 44 44

Kategorie C: Anteil bei Angebotsabgabe 50% – 75% Kategorie D: Anteil bei Angebotsabgabe > 75%

Abhängige Variable: Erfolgsquote Abhängige Variable: Erfolgsquote

(1) (2) (3) (4) (1) (2) (3) (4)

Offer Premium Pos. ** Pos. *** Pos. *** Pos. ***

Empfehlung Mgmt. –- - –- - –- - –- -

Größe (ln EV) Pos. *** Pos. ** Pos. *** Pos. * –- - –- - –- -

Toehold regular shares Pos. ** –- - –- - –- - –- - Neg. * –- - –- -

Competing offer j/n Neg. *** Neg. *** Neg. *** Neg. *** –- - –- - –- - –- -

Crisis j/n –- - –- - –- - –- - –- - –- - –- - –- -

Method of payment Neg. ** Neg. *** Neg. *** Neg. *** –- - –- - –- - –- -

Pseudo R2 57,8% 44,9% 54,9% 49,0% 29,5% 15,9% 52,9% 26,5%

N 59 59 51 51 79 79 72 72

Die Tab. zeigt die Ergebnisse der Tobit-Regression auf die abhängige Variable „Erfolgsquote” für die vier Toehold-Kategorien A: 0-30%, B:30-50%, C: 50-75% und D: > 75% Stimmrechtsanteile des Bieters bei Abgabe des Angebotes. Die Modelle (1) und (3) berücksichtigen die gebotene Prämie, die Modelle (2) und (4) die Empfeh-lung des Target Managements als unabhängige Variable. Die Modelle (1) und (2) verwenden jeweils das volle Sample, die Modelle (3) und (4) das Sample bereinigt um Teilerwerbsangebote und „higher Round“ Angebote. Die Einträge zeigen das Vorzeichen (Pos. für positiv, Neg. für negativ) und die statistische Signifikanz der geschätzten Koeffizienten. *, **, und *** bezeichnen statistische Signifikanz auf dem 10%, 5%, und 1% Konfidenzniveau. Konfidenzniveaus unter 10% werden mit ´–-´ gekennzeichnet.

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bei Überschreiten einer Anteilsquote von 3% eine Mittei-lung an die BaFin und den Emittenten über den aktuellen Anteilsbesitz zu veröffentlichen. Durch die Bekanntgabe einer solchen Überschreitung werden regelmäßig Spekula-tionen über mögliche Übernahmeangebote ausgelöst, die zu entsprechenden Kurssteigerungen und damit zu einer Verteuerung einer ggf. tatsächlich geplanten Übernahme führen. In jedem Fall zeigen die deutlichen Unterschiede des Effektes zwischen den einzelnen Toehold-Kategorien, wie wichtig die Differenzierung in die vier unterschiedlichen Klassen für die korrekte Messung ist.Konkurrierende Angebote weisen in den beiden Toehold-Kategorien B (30-50%) und C (50-75%)39 einen signifikant negativen Effekt auf den Erfolg eines Übernahmeangebotes auf.Der Krisen-Dummy weist für die beiden Kategorien A (0-30%) und B (30-50%) einen signifikant negativen Einf luss auf den Erfolg eines Übernahmeangebots auf. Dabei ist der Effekt im Bereich 0-30% Toehold besonders stark ausge-prägt. Offensichtlich sind die allgemeinen ökonomischen Bedingungen für den Erfolg des Angebotes weniger wichtig, wenn der Bieter bereits die Mehrheit der Anteile an der Ziel-gesellschaft besitzt.Schließlich ist festzuhalten, dass sich keine großen Unter-schiede zwischen den Ergebnissen für die beiden Stich-proben (Modell (1) und (2): alle Offers vs. Modell (3) und (4): Offers ohne „higher Rounds“ und ohne Teilerwerbsange-bote) ergeben. Lediglich in drei Fällen führt die Verfeinerung der Stichprobe dazu, dass eine Variable mit (moderat) signi-fikantem Einf luss in der vollen Stichprobe im reduzierten Sample nicht mehr signifikant ist. In allen anderen Fällen bleibt der Einf luss der signifikanten Variablen auch in der reduzierten Stichprobe erhalten. Zusätzlich treten bei der Verkleinerung der Stichprobe keine neuen signifikanten Einf lussfaktoren auf. Der generelle Erklärungsgehalt der verschiedenen Modelle, gemessen am Pseudo-R2 der jewei-ligen Regressionsgleichung, ist zufriedenstellend.

IX. FazitDieser Beitrag beschreibt die Ergebnisse einer Untersu-chung der Erfolgsfaktoren von Übernahmeangeboten in Deutschland. Aufgrund der rechtlichen und institutionellen Besonderheiten des deutschen M&A-Marktes, insbesondere des ausgeprägten Schutzes von Minderheitsaktionären, ist eine solche Untersuchung lohnend. Die Stichprobe besteht aus 307 Übernahmeangeboten von 2005 bis 2016. Sie enthält Informationen über die vom Bieter gehaltene Anteilsquote bei Abgabe des Angebotes und bei Beendigung der Annahmefrist. Das erlaubt es, den Erfolg eines Ange-botes über den mit diesem Angebot erzielten Zuwachs der Anteilsquote abzubilden. Als Maß für den Erfolg wird dabei die Relation „erzielter Zuwachs an Anteilen“ zu „maximal möglicher Zuwachs an Anteilen“ verwendet; diese Größe hat den Vorteil, dass der so gemessene Erfolg (im Gegen-satz zum direkten Zuwachs der Anteilsquote) nicht direkt vom Toehold im Angebotszeitpunkt abhängig ist. Zudem lassen sich die geschätzten Regressionskoeffizienten der unabhängigen Variablen gut interpretieren: sie entspre-

39 In einem Fall (Zielgesellschaft Myhammer Holding AG im Dezember 2016) wurde von einem Bieter ein konkurrierendes Teilerwerbsangebot für die Zielgesellschaft abgegeben, bei der ein anderer Bieter bereits die Mehrheit der Anteile hielt.

chen dem Zuwachs an Anteilsrechten (in Prozent der vor dem Angebot noch nicht im Besitz des Bieters befindlichen Anteile) bei einer marginalen Erhöhung der entsprechenden Einf lussgröße.Das Ziel eines Übernahmeangebotes ist die Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft und die damit verbun-dene Möglichkeit, Synergien zu realisieren. Die eingesetzten Mittel zur Erreichung des Ziels und deren Wirkung hängen auch davon ab, in welchem Umfang der Bieter bereits vor dem Angebot Kontrolle ausüben kann. In unserem Sample werden ca. 45% aller Angebote ausgehend von einer Anteils-quote über 50%, also bereits aus einer (einfachen) Mehrheits-position heraus gemacht. Wir teilen deshalb die Stichprobe in vier Sub-Samples nach dem entsprechenden Anteilsbesitz bei Abgabe des Angebotes (Toehold) und führen die Untersu-chung der Einf lussfaktoren für jede der vier Teil-Stichproben separat durch. Dabei zeigt sich, dass sich die Wirkungen der verschiedenen Einf lussfaktoren auf den Erfolg in den unter-schiedlichen Toehold-Kategorien deutlich unterscheiden. Lediglich (und wenig überraschend) die Variable „gebotene Prämie“ hat über nahezu alle Kategorien einen hochsigni-fikanten positiven Einf luss auf den Angebotserfolg.40 Für Toeholds unter 30% hat auch eine positive Empfehlung des Target-Managements (in der erforderlichen Stellungnahme nach §27 WpÜG) einen hochsignifikanten positiven Einf luss auf den Erfolg des Angebotes. Da die Empfehlung des Target-Managements jedoch selbst stark von der Höhe der gebote-nen Prämie abhängt, ist es wegen auftretender Multikolli-nearität nicht sinnvoll, beide Variablen zugleich in einem Regressionsmodell zu verwenden. Für die Interpretation der Ergebnisse ist dieser Zusammenhang von Bedeutung: Weil die Wirkung von der Prämie auf die Empfehlung hin ausgeht (und nicht umgekehrt) ist für die Abschätzung der Effekte in der praktischen Anwendung trotz des niedrigeren allgemeinen Erklärungsgehalts dem Schätz-Modell mit der Prämie als Variable der Vorzug zu geben.Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass die Erkenntnisse aus US-Studien kaum auf deutsche Verhält-nisse übertragbar sind; die stärkere rechtliche Position der deutschen Minderheitsaktionäre macht Übernahmeange-bote auch bei einer bereits erreichten Mehrheitsposition des Bieters sinnvoll. Die Effekte der einzelnen Einf lussfaktoren unterscheiden sich deutlich für unterschiedliche Ausgangs-Anteilsquoten.

Redaktionelle Hinweise:– Zu Konzepten der Erfolgsmessung bei M&A-Transaktionen vgl.

grundsätzlich Loy/Stammel, CF 2016 S. 38 = CF1169278.– Für eine Metaanalyse zur Bewertung des Erfolgs bei M&A-Trans-

aktionen vgl. Meckl/Röhrle, CF 2016 S. 386 = CF1216450.– Die Gründe für den Erfolg sog. Portfoliomaster, also Unterneh-

men, die mehr als vier Deals in fünf Jahren durchführen, unter-suchen Keienburg/Kengelbach/Mehring/Sievers, CF 2016 S. 283 = CF1210454.

– Den Einfluss kultureller Unterschiede auf den Erfolg von Cross-Border-Transaktionen untersucht Paul, CF 2017 S. 317 = CF1247008.

40 Allerdings weisen die geschätzten (hochsignifikant von Null verschiedenen) Regressionskoeffi-zienten für diese Variable und damit auch deren Wirkung auf die Erfolgsquote in den verschiede-nen Toehold-Kategorien deutliche Unterschiede auf.