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Vo Graefes Archiv fiir Ophthalmologie, Bd. 154, S. 50--57 (1953). Aus der Universitgts-Augenklinik Wfirzburg (Direktor: Prof. Dr. W. REICgLIXG). Untersuchung der Kammerwasserproteine des Kaninchens mRtels der Papierelektrophorese. Von WILLIAM ~IJNICH Mit 2 Textabbfldungen. Die iiberragende Bedeutung der Eiwei~k5rper im funktionellen und strukturellen Geschehen des lebendigen Organismus hat die heutige, biologisch orientierte Medizin in steigendem Mal~e zur Anwendung neuer, physikochemischer Untersuchungsmethoden gezwungen. Die Erforschung der Proteine und Proteide des Blutes wurde in weitem Umfange vorangetrieben. W~hrend rein preparative Methoden vor allem den physiologischen Chemiker interessieren, sind in klinisch- chemischer ttinsicht die analytischen Methoden yon hervorragender Bedeutung. Seit den grundlegenden Untersuehungen yon WESSELu 2, 4 hat der Eiweil~gehalt des Kammerwassers unter verschiedenen Gesiehtspunkten Anlal~ zur Erforschung gegeben (I%ADOS 3, LEBERMA~ 5 u. a. 6 10). WES- S~Lu 4 konnte die Anschauung yon RADos, der das normale Kammer- wasser yon Mensch und Tier als vSllig eiweiBfrei bezeichnete, klar wider- ]egen. Er errechnete den Eiweil~geha]t im Kammerwasser des normalen Kaninchenauges mit 0,02--0,04%, den des mensch]ichen Auges mit 0,01--0~015 %. Er konnte nachweisen, dal~ beim Kaninchen der Eiweil~- gehalt des nach Punktion neu abgesonderten Kammerwassers keine starre, unver~nderliche GrSBe darstellt, sondern yon einer groBen Anzahl yon Faktoren abh~ngig ist. Durch Sympathieusfaradisation, subeonjunc- tiva]e Adrenalininjektion, Carotisunterbindung liel~en sich Ver~nde- rungen erzielen, die fiir die Frage des intraokularen Flfissigkeitswechse]s yon grol~er Bedeutung sind. Dureh seine Untersuchungen fiber die AngewShnungserscheinungen an medikamentSse ReizWirkungen konnte W~SSELu ~2 zeigen, dab dureh Miotiea der Eiwei[~gehalt im Kaninchen- kanmmerwasser vermehrt wird. Die Elektrophorese, die dureh die Untersuehungen yon TISELIUS m ihre heutige Form erhie]t, hat als analytische Methode vielfaehe An- wendung gefunden. Sie wurde ffir die biologischen Wissenschaften des- halb yon so groBer Wichtigkeit , weft sie die quantitative Analyse yon IVlisehungen natfirlich vorkommender Kolloide, wie der Proteine, Po]y- saccharide und der Nueleins~uren ermSglieht.

Untersuchung der Kammerwasserproteine des Kaninchens mittels der Papierelektrophorese

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Page 1: Untersuchung der Kammerwasserproteine des Kaninchens mittels der Papierelektrophorese

Vo Graefes Archiv fiir Ophthalmologie, Bd. 154, S. 50--57 (1953).

Aus der Universitgts-Augenklinik Wfirzburg (Direktor: Prof. Dr. W. REICgLIXG).

Untersuchung der Kammerwasserproteine des Kaninchens mRtels der Papierelektrophorese.

Von

WILLIAM ~IJNICH �9

Mit 2 Textabbfldungen.

Die iiberragende Bedeutung der Eiwei~k5rper im funktionellen und strukturellen Geschehen des lebendigen Organismus hat die heutige, biologisch orientierte Medizin in steigendem Mal~e zur Anwendung neuer, physikochemischer Untersuchungsmethoden gezwungen.

Die Erforschung der Proteine und Proteide des Blutes wurde in weitem Umfange vorangetrieben. W~hrend rein preparat ive Methoden vor allem den physiologischen Chemiker interessieren, sind in klinisch- chemischer t t insicht die analytischen Methoden yon hervorragender Bedeutung.

Seit den grundlegenden Untersuehungen yon WESSELu 2, 4 hat der Eiweil~gehalt des Kammerwassers unter verschiedenen Gesiehtspunkten Anlal~ zur Erforschung gegeben (I%ADOS 3, LEBERMA~ 5 u. a. 6 10). WES- S~Lu 4 konnte die Anschauung yon RADos, der das normale Kammer- wasser yon Mensch und Tier als vSllig eiweiBfrei bezeichnete, klar wider- ]egen. Er errechnete den Eiweil~geha]t im Kammerwasser des normalen Kaninchenauges mit 0,02--0,04%, den des mensch]ichen Auges mit 0,01--0~015 %. Er konnte nachweisen, dal~ beim Kaninchen der Eiweil~- gehalt des nach Punktion neu abgesonderten Kammerwassers keine starre, unver~nderliche GrSBe darstellt, sondern yon einer groBen Anzahl yon Faktoren abh~ngig ist. Durch Sympathieusfaradisation, subeonjunc- tiva]e Adrenalininjektion, Carotisunterbindung liel~en sich Ver~nde- rungen erzielen, die fiir die Frage des intraokularen Flfissigkeitswechse]s yon grol~er Bedeutung sind. Dureh seine Untersuchungen fiber die AngewShnungserscheinungen an medikamentSse ReizWirkungen konnte W~SSELu ~2 zeigen, dab dureh Miotiea der Eiwei[~gehalt im Kaninchen- kanmmerwasser vermehrt wird.

Die Elektrophorese, die dureh die Untersuehungen yon TISELIUS m ihre heutige Form erhie]t, hat als analytische Methode vielfaehe An- wendung gefunden. Sie wurde ffir die biologischen Wissenschaften des- halb yon so groBer Wichtigkeit , weft sie die quanti tat ive Analyse yon IVlisehungen natfirlich vorkommender Kolloide, wie der Proteine, Po]y- saccharide und der Nueleins~uren ermSglieht.

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Ufitersuchung der Kgmmerwasserproteine des Kaninchens. 51

Die yon TIs~LIvs ~ngegebene Apparatur beruht im Prinzip auf der bekannten N ~ s T s c h e n U-Rohranordnung zur Bestimmung yon Wan- derungsgeschwindigkeiten im elektrischen Feld. Der Weg, den eine Proteinkomponente je Zeiteinheit zuriieklegt, ist bei gegebenem PE der LSsung, Temperatur und SMzkonzentration vom Spannungsgef~lle abh~ngig. Zufolge ihrer verschiedenen Ladungen wandern die einzelnen Fraktionen des Plasmaproteins verschieden rasch. TIs~LIus konnte deshalb das Serumglobulin in 3 Unterfraktionen ~ufteilen, die er mit ~-, /~-, y-Globulin bezeichnete. Die Proteinfraktion mi t der gr5l~ten Ladung, das Albumin, wanderte am schnellsten, die Fraktion mit der geringsten Ladung, das y-Globulin, am langsamsten.

Soll eine Eiwei~ enthaltende L5sung elektrophoretisch untersucht werden, so bilden sich im U-Rohr, an den Grenzfl~chen yon Proteinsol und Puffer, Eiwei~stufen. Nach Anlegen einer Gleichstromspannung wandert die Proteinstufe langsam anodisch und trennt sich infolge der verschiedenen W~nderungsgeschwindigkeit der einzelnen Proteinfrak- tionen in ebensoviele Unterstufen auf. Um diese optisch darzustellen, wird unter anderem die Schlierenmethode nach TO~PPLE~ 1 angewendet, die es gestattet, die Ablenkung eines Lichtstrahlbiischels zu messen, nachdem es die Grenzfl~che der echt gelSsten PufferlSsung und der kolloidgelSsten ProteinpufferlSsung durchsetzt hat. Man erh~lt auf diese Weise charakteristische Diagramme, die gewShnlich aus einer hohen Albumin- nnd mehreren weniger hohen Globulinzacken bestehen.

Die aufschlul~reichen Ergebnisse, die fiir Diagnostik und Therapie auf intern-medizinischem und chirurgischem Gebiete zu grundlegenden, Mlgemein giiltigen biologischen Einsichten gefiihrt haben, lief~en eine Anwendung fiir ophthalmologische Probleme zu. So untersuchten VIOLL~E~, L A ~ A ~ und S~3LLMA~ is mit der Tiselius-Appar~tur die 15s* lichen Proteine yon Rinderlinsen und Rinderglask5rper, sowie SALL~AN~ und M o o ~ ~9 die Proteine des konzentrierten Kammerwassers yon Ka- ninchen, Rindern und Pferden.

Wenn die Methode trotzdem in tier ophthalmologischen Forschung bis heute keine weitere Verbreitung finder, so liegt dies wohl daran, dal~ mit Hilfe der Tiselius-Apparatur am Auge ausgeftihrte Untersuchnngen nur schwer den physiologischen Gegebenheiten gerecht werden. Je nach Ausfiihrung der Elektrophoresezelle benStigt man t0--12 cm 3, bei Vet- wendung yon Halbmikrozellen etwa 2 cm 3 ProteinlSsung. Eine konti- nuierliche Beobachtung physiopathologischer Vorg~nge ist somit schwer m5glich. Diese Bemerkung gilt insbesondere auch ftir die Untersuchung des Kammerwassers.

A1s n u n ]-IAUGAARD u n d KRO2,TER 2~ so,vie FISCttER u n d WIELAND 21

Aminos~uren in einem Init PufferlSsung getr~nkten Filtrierpapier- streifen unter Strolnwirkung wandern liel~en, taten sie damit den ersten

4*

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52 WILLI~ MO~Ie~:

Schritt zu einer neuen Technik der Elektrophorese, ngmlich der Papier- elektrophorese. D v ~ r 2a hat dieses Verfahren auf Proteine ausgedehnt. Es zeigte sieh, da$ die Serumproteine in MkMiseher PufferlSsung, dank ihrer verschieden starken negativen Ladung, auch im Papier verschieden rasch wandern und nach geeigneten Zeiten eine ghnliehe Auftrennung erkennen lassen, wie sie in der Tiselius-Elektrophorese erzielt wird. Der Nachteil gegeniiber der letztgenannten Methode besteht darin, da$ infolge tier Uberlagerung elektroosmotischer Effekte die Messung der absoluten Bewegliehkeiten der Proteinfraktionen nicht sieher mSglieh ist und aul~erdem das Fibrinogen infolge seiner grol3en Affinit~tt zur Cellulosefaser nicht bestimmt werden kann. Von Vorteil sind dagegen 1. die minimMe benStigte Proteinmenge yon 0,4--1 mg, 2. die fehlende Ausdeutung pufferbedingter Extragradienten, die bei der Tieelius- Elektrophorese durch die unterschiedliehe Puffersalzkonzentration zwischen der zu untersuehenden LSsung und der reinen PufferlSsung ent- stehen, 3. die starke Verminderung anderer, bei der optisch registrieren- den Elektrophorese mSglichen Fehlerquellen. So kSnnen z .B. mit- wandernde Lipoidsubstanzen die Brechung beeinflussen und gar nicht vorhandenes EiweiB vortguschen.

Die wichtigen Funktionen tier Plasmaproteine als Sehutzkolloide und Pu'ffersnbstanzen, ihre Bedeutung ftir viele serologische 1Reaktionen und Immunit i tsvorginge, insbesondere ffir die AntikSrperbildung sowie ihre mannigfaehen Vehikelfunktionen mSgen bei den engen Zusammen- h~ngen zwischen Kammerwasser und Blur eine genauere experimentdle Bearbeitung rechtfertigen.

Papierelektrophoretisehe Untersuehungen in jfingster Zeit haben bereits einen Einblick in die komplizierten Verh~ltnisse tier Proteine in Kammerwasser und Geweben des mensehliehen und tierischen Auges ermSglicht. In Versuchen am Kaninehen arbeiteten WIT~r 2s aus der GOLDMANNschen Schule sowie NIEDERlgEIEI~ 29 mit eingedickten Kammer- wasser-Sammelpunktaten und konnten dem Serum ihnliche Verhiltnisse in der Verteflung der einzelnen Fraktionen feststellen. STV.M~E~ANN 2v untersuchte GlaskSrper und Linse yon 1V[enseh und Tier. Er konnte ebenso wie VIOLLIER, LiBHiRT und S~LLMANN ~s die 15slichen Proteine normaler Linsen in 2 Hauptkomponenten zerlegen. Im pathologisch ver inderten menschlichen G]askSrper bei Melanoma malignum chorio- ideae konnte er eine dem Blutserum sehr ihnliehe Zusammensetzung der Proteine festste]len. Besonderes Interesse wurde den Verhiltnissen im mensehlichen Kammerwasser entgegengebraeht. WITheR 25, ~s fand in Vorderkammerpunktaten yon Patienten mit seniler Katarakt jeweils eine ganz leichte Albuminzacke. Eine genauere Erfassung der einzelnen Fraktionen war in pathologischen Fallen mSglich. Akute Iritiden zeigten den hSchsten EiweiBgehalt und eine dem Serum entspreehende g]eiehe

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Untersuehung der Kammerwasserproteine des Kaninchens. 53

Verteilung der einzelnen Fraktionen. Chronisehe Uveitiden mit kliniseh ziemlieh deutlieher Reizung liegen neben den Albuminen eine ErhShung der %-Globuline und eine Verminderung der y-Globuline im Kammer- wasser erkennen. Ausgesproehen chronisehe Iritiden mit dem geringsten EiweiBgehalt wiesen eine noeh st~rkere Vermehrung der ~l-Globuline auf. WU~DE~LY und CAGIANUT 3~ die das Kammerwasser von 12 Pa- tienten mit entztindlichen Augenaffektionen untersuehten, konnten in der Mehrzahl der Fi~lle gegenfiber dem Serum eine relative Verminde- rung der Albumine feststellen. Die Globulinunterfraktionen wiesen deutliehe Untersehiede auf. Vermehrung der ~-Globuline und relative Verminderung der y- Globuline wurde vornehmlieh in den F/~llen gesehen, in denen das Cytogramm des Kammerwassers ein 1Jberwiegen lympho- eyt/~rer Elemente aufwies. I)agegen konnte eine starke Vermehrung der y-Frakt ion dann festgestelR werden, wenn polynuele~re Zellen das Bild beherrsehten. Auf Grund ihrer Untersuchungen glauben die Autoren, dab sieh in pathologisehen Gewebsfl/issigkeiten ein Teil der Antik6rper wahrseheinlieh an die ~-Fraktion und nieht aussehlieltlieh an die y-Frak- tion gebunden findet, wie man friiher vermute t hatte.

Fiir unsere Versuehe, die wir an Kaninchen ausfiihrten, verwendeten wit eine papierelektrophoretisehe Methode, wie sie G~ASSMA~, HAI~NIG und K~m)EL 24 zur Bestimmung der Serumproteine besehrieben haben. Auf einem nait Veronal-Natriumaeetatpuffer naeh MICItAI~LIS n yon PIt 8,6 und der Ionenst~rke U = 0,1 getr/~nkten Filtrierpapierstreifen (Wathman Nr. 1) yon den Abmessungen 4 • 30 em wurden das Kammer- wasser bzw. Serum in einem Querstrieh gleiehm/~13ig aufgetragen. Der Streifen wurde freih/~ngend in eine feuehte Kammer eingespannt und die beiden Enden in Gef/il3e mit der gleiehen PufferlSsung getaueht. Sodann wurde eine Gleiehstromspannung yon 110 Volt angelegt, worauf die einzelnen Proteinfraktionen entspreehend ihrer Wanderungsgesehwin- digkeit zur Anode wanderten. Naeh 12--14 Std wurde der Streifen getroeknet, mit einer gesattigten L6sung yon Amidosehwarz 10 B, 10 min lang angef/irbt und daraufhin zur Entfernung des iibersehtissigen Farb- stoffes wiederholt mit einer Misehung aus Methanol und 10% Eisessig ausgewasehen, bis die vom EiweiB unbeladenen Teile des Filtrierpapiers nut noeh sehwaeh blau gef/~rbt waren. Naeh Troeknen an der Luft wurde der Streifen mit einer Misehung aus Paraffin61 und ~-Brom- naphthalin (Breehungsindex n D 1,51) getr/inkt, dadureh weitgehend durehsiehtig gemaeht, zwisehen 2 planen Glasseheiben eingespannt und an einem 1 mm breiten und 40 mm langen Sloalt vorbeigef/ihrt, der yon vorn dureh ein paralleles Liehtbiisehel durehstrahlt wurde. Das dutch den Streifen gelangende Lieht wurde yon einer Photozelle aufgenommen, die mit einem MeBinstrument in Verbindung stand, das unmRtelbar die Extinktion des Streifens anzeigte. Auf diese Weise enl~standen eharak-

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5 ~ ~/VILLIA~I 3{i)NICH :

teristisehe Kurvenbilder, die mit den naeh TISELIUS erhaltenen gut fibereinstimmten.

In einer 1. Versuchsreihe wurden die Augen yon I1 erwaehsenen Kaninehen innerhalb einer Stunde 2real punktiert. Die 2. Kammer- wasserentnahme erfolgte genau 60 min naeh der ersten. Von jedem

Punkta t kamen 0,01 em a zur Unter- suehung. Vergleiehskurven wurden mit 0,01 em~ Serum desselben Kanin- chens hergestellt. Es ergab sieh, dM3 in 0,01 em a des ersten Kammerwas- sers papierelektrophoretiseh keine

Abb. I. 3.bb. 2.

Abb. I. Pherogramm: Serum (Kaninchen). UnterhMb der ausgezeichneten J~2urve befindet sich clef Filtrierpapierstreifen, der im Original sehwach Jolau gef~rbt ist, w&hrend die de~ einzelnen Frak t ionen en tsprechenden dui~kten Lgngssgreifen eine dichte bla, ue Farbe

aufweisen.

Abb. 2. P h e r o g r a m m : 2. I~2ammerwasser (Kaninchen).

Proteine nachweisbar waren. Im 2. Kammerwasser dagegenwurden Phero- gramme erhalten, die in wesentliehen Punkten mit dem Serum iiber- einzustimmen sehienen (Abb. 1 und 2). Die genaue Analyse ergab jedoeh die bemerkenswerte Tatsaehe, dab hier die Albumine gegeniiber dem Serum prozenguM vermehrt und die fi-Globuline vermindert waren (s. Tabelle 1). Die Bereehnung der signifikanten Differenz s naeh der

V Formel m 1 -- m~ (s. BuR~ Ia) ergab fiir beide Fraktionen einen Wert

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Untersuchung der Kammerw~sserproteine des Kaninchens. 55

Tabelle 1. Prozentuale Verteilung der Albumine und Globuline im Serum nnd im 2. Kammerwasser yon Kaninchen.

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

10. l l . 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22.

A1- bumine

%

1. 54,0 2. 61,4

54,0 53,4 55,6 52,6 57,7 41,5 50,4 46,8 53,2 40,2 46,9 45,4 47,3 42,9 47,3 48,0 53,7 51,2 49,2 61,0

Serum 2. Kammerwasser Globu]ine Globulin,

%

8,5 19,4 13,5 9,0 11,5 25,8 10,5 22,3 13,4 14,4 11,7 19,3 ]3,4 13,2 12,4 29,1 7,3 32,2

10,4 24,7 14,1 13,4 11,4 44,3 9,7 20,9

12,8 21,8 11,5 23,1 12,3 25,0 11,7 20,1 13,9 20,7 10,8 ]3,5 9,5 18,5 6,2 22,8 7,6 17,2

18,1 16,1 8,7

13,8 16,6 16,4 15,7 17,4 10,1 18,1 19,3 4,1

22,5 20,0 18,1 19,8 20,9 17,4 22,0 20,8 21,8

14,2

A1- bnmine

%

48,5 66,0 59,9 69,0 59,3 64,9 55,4 58,3 61,4 61,2 61,2 63,0 56,4 48,1 54,0 61,0 75,0 74,3 51,8 56,6 58,6 57,2

%

15,5 20,8 10,6 13,2 14,3 6,8 11,2 6,6 12,7 9,8 12,6 8,2 15,7 11,1 11,6 10,1

9,5 10,9 9,3 10,3

13,6 8,5 11,5 9,8 11,3 15,9 14,8 13,9 7,4 9,6 7,9 9,3 5,9 7,2 7,9 6,2

11,4 11,0 9,0 11,6

13,4 11,2 13,5 13,5

15,2 10,2 19,0 13,2 18,2 14,3 17,8 20,0 18,2 19,2 16,7 15,7 16,4 23,2 29,0 21,8 11,9 11,6 25,8 14,9 16,8 15,8

yon fiber 3, d. h. der beobachtete Unterschied zwischen K~mmerwasser- und Serumalbuminen bzw. fl-Globulinen ist weniger als lma l in 100 Versuchen dureh Zufall bedingt und daher statis~isch signifikant.

I n einer 2. Versuchsreihe wurden 0,2--0,25 cm3 des durch Vorder- kammerpunkt ion gewonnenen 1. Kammerwassers yon 10 Kaninchen- augen papierelektrophoretisch un~ersucht. ~ I m Punkta~ yon 6 Augen lieft sich dabei eine ganz schwache Albuminzaeke nachweisen.

I n einer 3. Versuchsreihe wurde 10 Kaninchen fiber einen Zei t raum yon 24 Std hin das t Ie teroprotein Pyri /er intravenSs und intramuskuli~r verabreicht. Die bei Tage stfindlich gemessene Tempera tur stieg bis zu 410 C an. Danach wurde beiderseits Kammerwasser en tnommen und 0,2 cm 3 davon papierelektrophoretisch untersucht . Es zeigte sich, dal~ in 18 Punk ta t en eine gut ausgepri~gte Albuminzacke nachweisb~r war, die lediglich in 2 Punk ta t en fehlte.

Die Erforschung der submikroskopischen S t ruktur der Blutproteine ha t ergeben, dab ihnen entsprechend ]hren morphologischen Merkmalen best immte Funkt ionen fibertragen sind. Das b~ologisch wichtigste Xennzeichen der Albumine und Globuline im nat iven Zustand ist ihr

v. Graefes Archiv fiir 0phthalmologie, Bd. 154. 4b

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56 W~L~A~ Ig~CH:

hohes BindungsvermSgen fiir die versch iedens ten Stoffe. Subs t anzen m i t vorwiegend hyd roph i l en Eigenschaf ten , wie saure und b~sische Acofarbstoffe , viele P h a r m a k a und Ant ib io t ic~, anorganische Ionen , Chinonder iv~te und die F e r m e n t e Cholinesterase und Se rumphospha t a se werden yon den A lbuminen gebunden und t r anspor t i e r t . Die z<- und fl- Globul ine s ind fiir die A u f n a h m e yon Subs tanzen mi t i iberwiegend l ipophi len Eigenschaf ten , wie Cholester in und P h o s p h a t i d e ve ran twor t - lich, die y -Globul ine s ind Trgger der versch iedens ten Ant ikSrper .

I n neuerer Zei t i s t es gelungen, aus den A lbuminen 3 gu t def inier te F r a k t i o n e n zu isolieren. E ine derselben, Ss rog lykoid genannt , en th~l t bis zu 8 % K o h l e n h y d r a t e . Die Albumine s tel len demn~ch einen wesent- l ichen F a k t o r im Gefiige der jen igen KSrpe rba us t e ine d~r, deren Stoff- wechsel der S t r u k t u r b e w a h r u n g der Zelle d ien t und in hohem MaSe befghigt ist, chemische Energie innerhMb kurzer Zei t f re izugeben (I~ES- SER 16, ABELINI7). E in Stress, wie ihn die V o r d e r k a m m e r p u n k t i o n dar- s tel l t , e rhSht die Menge der energet isch wicht igen Albumine und er- n iedr ig t die Menge der e igent l ichen L ipo id t r~ger im Kammerwasse r . Die Ein]e i tung des unspezif ischen Abwehrvorganges durch Pyri~er bewi rk t eine Ste igerung der l~eakt ionsf~higkei t yon Zelle und Mesen- chym.

Die p rak t i sche Bedeu tung der bis j e t z t e rha l tenen Ergebnisse m a g in der zu e rwar t enden Zunahme a lbumino t rope r Stoffe im K a m m e r - w~sser liegen, falls d ieselben wghrend der F iebe rpe r iode zugef i ihr t werden. Es erSffnet sich s o m i t durch die yon uns ~ngew~ndte Methode eine gewisse Aussicht , auf e inem physiologisch vorgeb i lde ten Wege wirk- s~me Therap ie be t re iben zu kSnnen, besonders m i t Medik~menten , deren meBbare B indung an die Se ruma lbumine erwiesen ist. U n t e r Berfick- s ieht igung des sehr Stark di f ferenzier ten Veh ike lappar~ tes des Organismus ist auf diese Weise m i t der MSglichkei t eines geziel ten Tr~nspor tes hoch- w i rksamer Arzneis toffe in das Augen innere zu rechnen.

L i t o r a t u r .

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Unte r suchung der Kammerwasse rp ro t e ine des Kaninchens . 57

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Dr. W. M f f ~ c ~ , Wtirzburg, Univ. -Augenkl inik .