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160 A. KLEMER und K. HOMBERC Bd. 678 UNTERSUCHUNG VON NORMALER UND SKLEROTISCHER AORTEN CHON DROITINSCHWEFELSAURE-PROTEIN-KOMPLEXEN von ALMUTH KLEMER und KURT HOMBERG Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Universitat Miinster/Westf. Eingegangen am 10. Februar 1964 Aus den wasserldslichen Anteilen normaler und arteriosklerotisch veranderter menschlicher Aorten werden auf chromatographischem Wege Chondroitin- schwefelsaure-Protein-Komplexe als Kaliumsalze isoliert. Die Ausbeute betragt bei normalen Aorten 0.13 %, wahrend sie bei sklerotischen Aorten etwa doppelt so groR ist. Im Molekulargewicht und im chemischen Aufbau der Komplexe bestehen keine Unterschiede. Die Protein- und die Polysaccharid-Komponente werden untersucht. Die Ursachen der Arteriosklerose, nach denen seit mehr als 100 Jahren geforscht wird, sind weitgehend unbekannt. Insbesondere herrscht Unklarheit uber die erste Phase der Krankheit. Sekundar kommt es zu den bekannten Ablagerungen von Calciumphosphat und Cholesterin an der GefaRintima. Bei Untersuchungen des Sulfatstoffwechsels von normalem Bindegewebe 1.2) wurde festgestellt, daR der Einbau von 35s im Alter abnimmt. Dieser Befund entspricht den Vorstellungen uber den verlangsamten Stoffwechsel beim Altern. Im Gegensatz dazu fand man bei Bindegewebskrankheiten einen erhohten Sulfatstoffwechsel, der auch auf auRere Reize (z. B. Rontgenbestrahlung) hin in diesem Gewebe beobachtet wird. Sehr wahrscheinlich schlieBt diese Stoffwechselanomalie auch den bisher unbekannten Primarschritt fur die Entstehung der Arteriosklerose ein. Die Kenntnis der Sulfat- haltigen Komponenten des Bindegewebes ist daher fur die weitere Erforschung dieser Krankheit grundlegend. Sichere Aussagen uber evtl. Anderungen in Auf bau, Molekular- gewicht und relativer quantitativer Verteilung sind hier nur dann moglich, wenn die fur diesen Bereich typischen Sulfat-enthaltenden Mucopolysaccharide (Chondroitin- schwefelsauren A, B und C; Heparin und Keratosulfat) in Form ihrer Protein-Kom- plexe nativ, chemisch rein und moglichst vollstandig isoliert werden. Im folgenden berichten wir uber Isolierung und Struktur reiner Chondroitin- schwefelsaure-Protein-Komplexe (CS-Proteine) aus menschlichen gesunden und arteriosklerotisch veranderten Aorten. 1) W. H. HAUSS und G. JUNGE-HULSING, Dtsch. med. Wschr. 86, 763 (1961). 2) W. H. HAWS, Verh. dtsch. Ges. innere Med., 69. KongreR 1963; zusammenfassende Darstellung.

Untersuchung von Chondroitinschwefelsäure-Protein-Komplexen normaler und sklerotischer Aorten

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160 A. KLEMER und K. HOMBERC Bd. 678

UNTERSUCHUNG VON

NORMALER UND SKLEROTISCHER AORTEN CHON DROITINSCHWEFELSAURE-PROTEIN-KOMPLEXEN

von ALMUTH KLEMER und KURT HOMBERG

Aus dem Organisch-Chemischen Institut der Universitat Miinster/Westf.

Eingegangen am 10. Februar 1964

Aus den wasserldslichen Anteilen normaler und arteriosklerotisch veranderter menschlicher Aorten werden auf chromatographischem Wege Chondroitin- schwefelsaure-Protein-Komplexe als Kaliumsalze isoliert. Die Ausbeute betragt bei normalen Aorten 0.13 %, wahrend sie bei sklerotischen Aorten etwa doppelt so groR ist. Im Molekulargewicht und im chemischen Aufbau der Komplexe bestehen keine Unterschiede. Die Protein- und die Polysaccharid-Komponente

werden untersucht.

Die Ursachen der Arteriosklerose, nach denen seit mehr als 100 Jahren geforscht wird, sind weitgehend unbekannt. Insbesondere herrscht Unklarheit uber die erste Phase der Krankheit. Sekundar kommt es zu den bekannten Ablagerungen von Calciumphosphat und Cholesterin an der GefaRintima.

Bei Untersuchungen des Sulfatstoffwechsels von normalem Bindegewebe 1 .2 ) wurde festgestellt, daR der Einbau von 35s im Alter abnimmt. Dieser Befund entspricht den Vorstellungen uber den verlangsamten Stoffwechsel beim Altern. Im Gegensatz dazu fand man bei Bindegewebskrankheiten einen erhohten Sulfatstoffwechsel, der auch auf auRere Reize (z. B. Rontgenbestrahlung) hin in diesem Gewebe beobachtet wird. Sehr wahrscheinlich schlieBt diese Stoffwechselanomalie auch den bisher unbekannten Primarschritt fur die Entstehung der Arteriosklerose ein. Die Kenntnis der Sulfat- haltigen Komponenten des Bindegewebes ist daher fur die weitere Erforschung dieser Krankheit grundlegend. Sichere Aussagen uber evtl. Anderungen in Auf bau, Molekular- gewicht und relativer quantitativer Verteilung sind hier nur dann moglich, wenn die fur diesen Bereich typischen Sulfat-enthaltenden Mucopolysaccharide (Chondroitin- schwefelsauren A, B und C; Heparin und Keratosulfat) in Form ihrer Protein-Kom- plexe nativ, chemisch rein und moglichst vollstandig isoliert werden.

Im folgenden berichten wir uber Isolierung und Struktur reiner Chondroitin- schwefelsaure-Protein-Komplexe (CS-Proteine) aus menschlichen gesunden und arteriosklerotisch veranderten Aorten.

1) W. H. HAUSS und G. JUNGE-HULSING, Dtsch. med. Wschr. 86, 763 (1961). 2 ) W. H. HAWS, Verh. dtsch. Ges. innere Med., 69. KongreR 1963; zusammenfassende

Darstellung.

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1964 Untersuchunn von Chondroitinschwefelsaure-Protein-Komolexen 161

ISOLIERUNG DER CS-PROTEINE

Um den nativen Charakter der zu isolierenden Substanzen zu sichern, haben wir zunachst die wasserloslichen Anteile kranker und gesunder Aorten untersucht. Dazu wurde das frische, mit Aceton entfettete Material,) zerkleinert und mit kaltem Wasser extrahiert4), wobei in beiden Fallen rund 1/3 des Rohgewichtes in Losung ging. Durch Zugabe von khan01 und Fallen mit Kaliumacetat wurden Fremdkomponenten weitgehend entfernt. Weitere, von BUDDECKE und ~ C H U B E R T ~ ) angegebene Reinigungs- operationen muBten unterbleiben, weil dabei auch Mucopolysaccharide mit abge- trennt wurden.

’Ciber den Mucopolysaccharid-Gehalt der so erhaltenen angereicherten Fraktionen aus sklerotischen und normalen Aorten informierten die folgenden Glucosarnin- und Galaktosamin-Werte :

Aminozucker normal sklerotisch

Glucosamin ca. 2.6 ca. 3.0% Galaktosamin -1 ca. 2.6 ca. 3.1 %

Talosamin

Auffallig ist, daB die beiden Aminozucker in nahezu gleichen Mengen vertreten sind. Als Richtlinie diirften demnach auch die Glucosamin-haltigen Mucopolysaccharide (Hyaluronsaure, Heparin, Keratosulfat) jeweils in etwa gleicher Menge vorhanden sein, wie die sich vom Galaktosamin ableitenden (Chondroitinschwefelsauren, Chon- droitin).

Fiir die Reindarstellung der CS-Proteine haben wir die Methode zur Trennung der Mucopolysaccharide uber ihre Cetylpyridinium-Verbindungen 5a,b) rnit der chromato- graphischen Trennung der EiweiBstoffe an Carboxymethylcellulose6) kombiniert, wie im Versuchsteil angegeben ist. Die mit 1.5 n MgC12 eluierten CS-Protein-Komplexe aus normalen (N) bzw. sklerotischen Aorten (A) wurden in die einheitlichen Kalium- salze iibergefiihrt. Aus zwei Aufarbeitungen von je 80 g Aortenmaterial wurden auf diese Weise vier miteinander zu vergleichende Proben von CS-Protein-kalium (N I und NII, A1 und AII) erhalten. Die Ausbeuten an A1 bzw. A11 (also aus sklerotischen Aorten) waren mit ca. 0.23% etwa doppelt so groB wie die an N I bzw. NII (aus normalen Aorten), die nur ca. 0.15% (jeweils bezogen auf das rohe Aortenmaterial) betrugen.

3) Die Aorten erhielten wir von der Medizinischen Klinik der Universitat Miinster/Westf. 4) E. BUDDECKE und M. SCHUBERT, Hoppe-Seyler’s 2. physiol. Chem. 325, 189 (1961).

5a) J. E. SCOTT, S. GARDELL und 1. M. NILSSON, Biochem. J. 67,7P (1957). - 5b) E. BUDDECKE,

6 ) H. A. SOBER und E. A. PETERSON, J. Amer. chem. SOC. 76, 1711 (1954); M. B. RHODES, Hoppe-Seyler’s Z. physiol. Chem. 318, 33 (1960).

P. R. AZARI und R. E. FEENEY, J. biol. Chemistry 230, 399 (1958).

Liebigs Ann. Chem. Bd. 678 11

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Dieses Ergebnis steht in Ubereinstimmung mit den Befunden anderer Arbeitskreisesb97a), die eine Zunahme von Chondroitinschwefelsaure in arteriosklerotisch verandertem Gewebe auf andere Weise festgestellt haben. Demgegenuber zeigten Untersuchungen an menschlichen Knorpelsubstanzen7b), daB mit steigendem Lebensalter der Gehalt an Chondroitinschwefel- saure betrachtlich zuriickgeht.

KENNZEICHNUNG DER CS-PROTEINE

Die CS-Proteine aus normalen und aus sklerotischen Aorten erwiesen sich in der Ultrazentrifuge als einheitlich. Sie besitzen die gleiche Sedimentationskonstante: Sq,, = 2.47 S (in 0.2n KC1 bei 20 rir 0.05"). Damit ist bewiesen, da8 Unterschiede im Molekulargewicht zwischen den CS-Proteinen aus beiden Aortenmaterialien nicht bestehen.

Zur Kontrolle haben wir die Einheitlichkeit eines CS-Proteins (A 11) auf papier- chromatographischem Wege*) uberpriift, wie im Versuchsteil angegeben ist. Zwei Fraktionen aus der erhaltenen breiten Zone (unterer Teil = AT1 I ; oberer Teil = AIIs) hatten die gleiche analytische Zusammensetzung.

Die Protein-Komponente

Von den isolierten CS-Proteinen (NI, A1 und NIT, AII) haben wir die Aminosiiure- Zusammensetzung ermittelt. Alle Proben besitzen sowohl qualitativ als auch quantitativ das gleiche Aminosaurespektrum (Tab. 1). Daraus folgt die gleichartige Zusammen- setzung der Protein-Komponenten in den Komplexen aus normalen und sklerotischen Aorten. Die Protein-Gehalte (errechnet aus den gefundenen Aminosauremengen) sind in folgender Tabelle zusamrnengestellt :

normal sklerotisch

CS-Protein- N I 1 I .O * ) A1 5.8% kalium NII 7.6 &0.7**) AII6.9;4***)

*) Enthalt noch etwas FremdeiweiB **I Mittelwert aus zwei gleichartiyen Hydrolyseansatzen.

***I Die Fraktionen All1 und AIIs unterscheiden sich bei gleicher Hydrolysedauer nicht,

Die CS-Proteine haben danach, unter Berucksichtigung der Fehlergrenze der Be- stimmungsmethode, einen Protein-Gehalt von ca. 7 % (bez. auf die Kaliumsalze).

Ordnet man die Aminosauren jeder Analyse nach steigender molarer Konzentration, so erhalt man 5 Gruppen (Tab. 1). Die zu einer Gruppe gehorenden Aminosauren

7 4 K.-F. BENITZ, Naunyn-Schrniedebergs Arch. exp. Pathol. Pharmakol. 223, 420 (1954); 225, 551 (1955). - 7b) R. KUHN und H. J. LEPPELMANN, Liebigs Ann. Chem. 607, 202 (1957); 611, 254 (1958); H. J. LEPPELMANN, Z. Rheumaforsch. 18, 348 (1959) [C. A. 54, 3632 (1960)l.

8) H. MUIR, Biochem. J. 69, 195 (1958).

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Tabelle 1 . Aminosaure-Gehalte der CS-Proteine als Kaliumsalze (I, 11) aus normalen (N) und sklerotischen Aorten (A)

Angaben in pMol/Einwaage *) ; nach 7 stdg. saurer Hydrolyse.

Aminosaure **) normal sklerotisch (Gruppe) NI***) NII A1 A11 1 AIIs -

His 0.07 0.03 0.02 0.02 0.02 pMol

Ileu 0.10 0.06 0.05 0.06 0.06 (2) Tyr 0.11 0.05 0.04 0.03 0.05

LY s 0.17 0.11 0.06 0.08 0.09 (3) Arg 0.16 0.09 0.04 0.06 0.08

Phe 0.15 0.10 0.06 0.06 0.09 ASP 0.33 0.25 0.14 0.15 0.26 Thr 0.29 0.23 0.16 0.17 0.22

(4) Pro 0.29 0.25 0.12 0.18 0.21 Valtt) 0.15 0.17 0.11 0.11 0.12 Leu 0.31 0.23 0.13 0.13 0.18 Ser 0.42 0.37 0.25 0.25 0.34

0.31 0.34 0.19 0.23 0.30 ( 5 ) :;; 0.43 0.37 0.21 0.21 0.27

Ala 0.38 0.32 0.19 0.17 0.25 *) NI: 3.33, NII: 3.59, A I : 3.22, AII1: 3.34, AIIs: 3.72 mg Einwaage.

(') Met?) 0.05 0.01 0.02 0.02 0.01

**) AuBer den angegebenen Aminosauren findet sich in sehr geringer Menge noch eine weitere, bisher nicht identifizierte Aminosaure.

***) Enthalt noch etwas FremdeiweiD. t) Die Met-Werte sind haufig wegen der teilweisen Oxydation zu Methioninsulfoxyd etwas zu niedrig.

tt) Der erforderliche Pufferwechsel bei der Bestimmung im Aminosaureanalysator bedingt schwankende Val-Werte.

sind in gleicher molarer Konzentration im Hydrolysat des betreffenden CS-Proteins enthalten. Die Werte der einzelnen Gruppen (1 -5) stehen zueinander in folgendem Verhaltnis :

Gruppe (1) :(2) : (3) : (4) : ( 5 ) w 1 :2 :4 : 8 : 12 Anhand dieser Ubersicht 1aBt sich die Molekulurgewichtseinheit des CS-Proteins

berechnen. Multipliziert man die Anzahl der in jeder Gruppe vorkommenden Amino- sauren mit der zugehorigen Verhaltniszahl, so ergibt sich, daB am Aufbau des Proteins im Mittel 102 Aminosauren beteiligt sind. Das Molekulargewicht des Proteins betragt demnach ca. 11 000. Da wir 7 % Protein und 92 % Polysaccharid fanden, ergibt sich so eine Molekulargewichtseinheit von cu. 158000 (fur den Komplex als Kaliumsalz).

Die Molekulargewichtsbestimmung eines CS-Proteins aus menschlichen Aorten4) lieferteg) nach Sedimentation und Diffusion 150000, aus Messungen von Sedimentation und Viskositat 7 1000 und aus Lichtstreuungsmessungen 95000.

Die Polysaccharid-Komponente

Da wahrend der Aminosaurebestimmung auch die im Hydrolysat vorliegenden 2-Desoxy-2-amino-zucker quantitativ erfaBt werden, sollte man aus diesen Werten

9) E. BUDDECKE, W. KROZ und E. LANKA, Hoppe-Seyler's Z. physiol. Chem. 331,196 (1963). 11.

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auf den Polysaccharid-Gehalt der CS-Proteine schlieI3en konnen. Wir fanden jedoch stets wechselnde Mengen und weniger Hexosamin als erwartet.

Soweit die bisherigen Befunde zeigen, ist dies auf einen teilweisen Abbau des Galaktosamins unter den Bedingungen der sauren Hydrolyse des CS-Proteins zuruckzufuhren. Dafur spricht, da8 auBer D-Galaktosamin und D-Talosaminlo) stets eine gronere Menge Ammoniak auf- tritt, die in keinem Verhaltnis ZLI den sauren Aminosauren steht.

Wir haben daher den Polysaccharid-Gehalt der Komplexe aus dem Schwefel-Gehalt unter Zugrundelegung des bekannten Aufbauprinzips der Chondroitinschwefelsauren berechnet : normal sklerotisch

CS-Protein-kalium N I 1 AIIs

S 5.54 5.50% Polysaccharid 92.4 91.9 04

Die Schwefelbestimmung zeigt zusatzlich, daI3 keine Unterschiede im Sulfatisierungs- grad der CS-Proteine bestehen. Jeder Aminozucker tragt einen Schwefelsaurerest.

Die IR-Spektren der Komplexe aus normalen und sklerotischen Aorten stimmen iiberein. Sie zeigen, daI3 sich beide Komplexe von der Chondroitinschwefelure C (Sulfatrest an C-6) ableiten. Es fehlt die fur die C-4-Schwefelsaureester typische Ban- dell) bei 850 cm-1.

Auch das von BUDDECKE und SCHUBERT~) aus menschlichen Aorten isolierte CS-Protein gehort diesem Typ an9). Der Komplex unterscheidet sich jedoch von unserem durch seinen hoheren Proteingehalt (19 statt 7 %) und seine Sedimentationskonstante (2.55 S statt 2.47 S).

Zusammenfassung

Die erhaltenen Ergebnisse zeigen, daI3 sich die aus dem wasserloslichen Extrakt normaler und sklerotischer Aorten isolierten CS-Proteine (als Kaliumsalze) in ihrem Auf bau gleichen. Der einzige Unterschied liegt in den Mengenverhaltnissen : Sklero- tische Aorten enthalten etwa doppelt soviel Chondroitinschwefelsaure-C-Protein wie normale. Der beobachtete erhohte Sulfat-Umsatz bei der Entstehung der Arterio- sklerose konnte daher eine vermehrte Bildung von normal aufgebautem CS-Protein bedeuten.

Die vorliegenden Untersuchungen wurden in Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Dr. W. H. HAUSS, Medizinische Klinik der Univ. Munster, und seinen Mitarbeitern durchgefuhrt, denen wir fur die Bereitstellung von einwandfreiem Aortenmaterial und fur eingehende Dis- kussionen danken. - Herrn Prof. Dr. F. MICHEEL, Organisch-Chemisches Institut der Univ. Munster, sei fur die Erlaubnis zur Benutzung des Aminosaureanalysators und der Ultrazen- trifuge, beides Leihgaben des Landesanites fur Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, sehr gedankt. - Dem LANDESAMT FUR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN und dem FONDS DER CHEMISCHEN INDUSTRIE sind wir fur materielle Unterstutzung zu Dank verpflichtet.

10) H. MUIR, Biochem. J. 65, 33P (1957); M. J. CRUMPTON, Nature [London] 180, 605 (1957). 11) M. B. MATHEWS, Nature [London] 181, 421 (1958).

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BESCHREIBUNG D E R VERSUCHE Isolierung von Chondroitinschwefelsaure-Protein-Komplexen aus sklerotischen Aorten *):

8 I g snit Aceton entfettetes und getrocknetes Aortenmaterial werden nach Lit.4) mit einem Ultra-Turrax (Type TV 30 H) unter Wasser zerkleinert. Nach Zugabe von 2 Vol. kihanol und Abzentrifugieren von ungelostem Material (49.0 g) wird die uberstehende Losung rnit Kulium- acetat (Endkonzentration 1 %) versetzt. Die Fallung wird in ca. 120 ccm Wasser aufgenommen und der bei ca. 20000.g abgeschleuderte Ruckstand 2mal rnit Wasser ausgewaschen. Die vereinigten uberstande werden dialysiert und gefriergetrocknet. Man erhalt I .14 g rohes CS- Protein.

Reinigung durch Chromatographie: In ein Chromatographierohr (0 4.8 cm) wird eine waDr. Suspension von Carboxymethylcellulose (WHATMAN, Floc. CM 30) 83 cm hoch eingeschlammt. Darauf bringt man eine dunne Watteschicht und anschlieDend 100 g Cellulosepulver (SCHLEI- CHER & SCHULL Nr. 123). Die Saule wird rnit Wasser gewaschen, bis eine Probe des Filtrats nach dem Eindampfen keinen Ruckstand mehr zeigt, und das Wasser dann durch Phosphat- puffer (0.78 g prim.- und 0.89 g sek.-Natriumphosphat-hydrat/l) verdrangt. Man entfernt das Cellulosepulver aus der Saule, versetzt es rnit 80 ccm gesattigter Cetylpyridiniumchlorid-Losung, gibt das rohe CS-Protein, gelost in 50 ccm Wasser, hinzu, mischt grundlich durch und tragt das Game wieder auf die Saule auf. Chromatographiert wird zuerst rnit dem genannten Phosphatpuffer, dann mit MgCl2-Losungen steigender Konzentration, wobei das CS-Protein rnit 1.511 MgClpSb) eluiert wird. Folgende Fraktionen wurden rnit Hilfe eines automatischen Fraktionssammlers (1 5-ccm-Portionen) aufgefangen, dann dialysiert und gefriergetrocknet :

Fraktion Nr. Elutionsmittel mg Protein bzw. Mucoproteid

1 -490 Phosphatpuffer 276 491 -970 0.1 n MgCl2 110 971 -1640 0.25 n 288

1641 -2032 0 . 5 n 109 2033-2353 1.5n 206 (CS-Protein) 2354 - 3063 2.0n 21 3064-3619 0.01 n HCl 74

Bei der Dialyse der l.5n-MgCl2-Fraktion gegen dest. Wasser fallt das CS-Protein rnit der Abtrennung des MgC12 als Cetylpyridinium-Komplex aus. Man zentrifugiert, lost in 70 ccm 1.5n MgC12 und fallt mit k h a n o l und Kaliumacetat, wie unten beschrieben, das wieder freige- legte CS-Protein aus. Nach 16stdg. Stehenlassen bei -4" wird abzentrifugiert, 3mal rnit Athano1 gewaschen, in wenig Wasser gelost und gefriergetrocknet. Ausbeute 206 mg.

Uberfuhrung in das Kaliumsalz: Das chromatographierte CS-Protein wird in wenig Wasser gelost und zur Entfernung von Kationen uber eine Saule (0 1.6 cm, Lange 19 cm) des Aus- tauschers IR 120 (He-Form) filtriert. Das Filtrat wird rnit verd. Kalilauge auf pH 8 -9 einge- stellt und mit dem dreifachen Vol. khano l , dann rnit Kaliumacetat (bis zu einem Gehalt von 1 Gew.- %) versetzt, wobei das CS-Protein als Kaliumsalz ausfallt. Es wird abzentrifugiert, mit k h a n 0 1 gewaschen, in wenig Wasser gelost und gefriergetrocknet. Das in 3 ccm 0.2n KC1

*) Die Aufarbeitungsvorschrift gilt analog fur normale Aorten.

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aufgenommene Sak wird in der Ultrazentrifuge (SPINCO, Modell E; Normalzelle, 4"/12 mm) bei 59 780 U./Min. 30 Min. lang (einschlieBlich Beschleunigung) zentrifugiert. Ein Teil der Substanz findet sich an der Oberflache, ein anderer am Boden der Zelle. Die verbleibende Losung wird zur Bestimmung der Sedimentationskonstante des K-Sakes erneut zentrifugiert, dann dialysiert und gefriergetrocknet; Ausbeute 185 mg Kaliumsdz (AII).

Papierrhromatographische Uberpriifung der Reinheit: Auf 12 Streifen des Papiers SCHLEI- CHER & SCHULL Nr. 2315 (Breite 12 cm) werden insgesamt 170 mg CS-Protein-kalium (All) mit PropanollO.2n Borsaure (45 : 55) absteigend chromatographiert (Laufzeit 20 Stdn., Lauf- strecke 50 cm). Es bildet sich eine breite Zone aus (Nachweis mit Toluidinblau). Sie wird in den schneller laufenden Teil (AZZs) und den langsamer laufenden Teil ( A ZIl) zerlegt, die je fiinfmal mit 300 ccm kaltem Wasser eluiert werden. Die Filtrate beider Fraktionen werden bei 35" eingeengt (Rotationsverdampfer), mittels der Kationenaustauschersaule (IR 120, He-Form) in das jeweilige freie CS-Protein iibergefiihrt, und diese dann als Kaliumsalz gefallt: Ausbeute AIIs = 82.5 mg.

Aminosaureanalyse und Bestimmung der Aminozucker: Die Kaliumsalze der CS-Proteine aus normalen bzw. sklerotischen Aorten werden i. Hochvak. 14 Stdn. bei 100" iiber P205/ NaOH getrocknet. 6-7 mg Trockensubstanz werden in 7-10 ccm 6 n HCI bei geschlossenen Kolbchen 7 Stdn. bei 100" gehalten. Die Bestimmung wurde im Aminosaureanalysator (BECK- MAN, Modell 120) durchgefiihrt. - In Vergleichsversuchen wurde 14 bzw. 24 Stdn. lang hydrolysiert.

Schwefelbestimmung: Der Schwefelgehalt wurde durch Verbrennungsanalyse im Mikro- chemischen Laboratorium A. BERNHARDT, Miilheim/Ruhr, bestimmt.