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A. Windaus: Cholesterin. 117 Mitteilung aus der medizinischen Abteilung des Universittits- Laboratoriums Freiburg i. B. Untersuchungen iiber Cholesterin. Von A. Windaus. (Eingegangen den 15. I. 1908.) Vorkommen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde in menschliclien Gallensteinen eine eigenartige, schijn krystallisicrte Substanz auf- gefunden, die in ihren Lijslichkeit,svcrhIiltnissen den Fetten Iihnelte und von C 11 c v r e u 1, dcr sic zuerst gcnauer untersuchte, Gallen- fet.t. (C 11 o 1 e s t e a r i n, C 11 o 1 e s t e r i n) genannt. wurde'). Die weitercn Unt.ersuc1iungen haben gczeigt, da13 diese Subshnz normaler- neise im menschlichen Organisinus sehr vcrbreitet ist; in a 11 e n Organcri, in denen nsch ihr gcsucht worden ist, hat sic sich in mchr oder niinder groBer Menge auffinden lassen. Ueber den Gehalt einiger Organe an Cholesterin geben die folgenden Zahlen AufschlurJ : Qchirn*) (corpus callosum) trocken ... 15,2 (yo Cholcstcrin CcsanithirnS) ............. 2,34 .. Xiervus ischiadicus-'), trockm ...... 5,Sl .. Iicrvongewcbe6) ............ 1.1 .. stand) bis ............ 5,9 .. stand) .............. 0.5.5 .. Fctt') .............. ca. 0,35,, Muskel*) (trocken) ........... 0,23 ,, Lebcrgalle des Nenschen2) (Trockanriick- Erythrocyten dcs Hundes6) (Trockenriick- 1) G m e 1 i n, Handbuch der Chernie, JV. Auflage. (Daselbst 2, H a m m a r s t e 11, T.chrhnch d. physiolopiscthen C!licniic, ") I3 c 11 e k c, Jahresb. iiber d. Fortschritte d. Chr~m. 1880, 1090. 4) C h e v a 1 i e r, Zcitschr. f. physiolog. Chen~. 10, 97. 5, F 1 i n t., Waly's Jahrcsbcricht 48, 341. 7, K o n i g, Chcniie d. menschl. Nahrungs- und Ocnufiliiittcl, *) N c u m e i s t e r, Lchrh. d. physiol. Chnmie. vollstiiridig die iiltero Literatur.) \'I. .411flagc. Pfliiger's Archiv 73, 595. IV. Auflage.

Untersuchungen über Cholesterin

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Page 1: Untersuchungen über Cholesterin

A. W i n d a u s : Cholesterin. 117

Mitteilung aus der medizinischen Abteilung des Universittits- Laboratoriums Freiburg i. B.

Untersuchungen iiber Cholesterin. Von A. W i n d a u s .

(Eingegangen den 15. I. 1908.)

Vorkommen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde in menschliclien

Gallensteinen eine eigenartige, schijn krystallisicrte Substanz auf- gefunden, die in ihren Lijslichkeit,svcrhIiltnissen den Fetten Iihnelte und von C 11 c v r e u 1, dcr sic zuerst gcnauer untersuchte, Gallen- fet.t. (C 11 o 1 e s t e a r i n, C 11 o 1 e s t e r i n) genannt. wurde'). Die weitercn Unt.ersuc1iungen haben gczeigt, da13 diese Subshnz normaler- neise im menschlichen Organisinus sehr vcrbreitet ist; in a 11 e n Organcri, in denen nsch ihr gcsucht worden ist, hat sic sich in mchr oder niinder groBer Menge auffinden lassen. Ueber den Gehalt einiger Organe an Cholesterin geben die folgenden Zahlen AufschlurJ :

Qchirn*) (corpus callosum) trocken . . . 15,2 (yo Cholcstcrin CcsanithirnS) . . . . . . . . . . . . . 2,34 .. Xiervus ischiadicus-'), trockm . . . . . . 5,Sl .. Iicrvongewcbe6) . . . . . . . . . . . . 1.1 ..

stand) bis . . . . . . . . . . . . 5,9 .. stand) . . . . . . . . . . . . . . 0.5.5 ..

Fctt ') . . . . . . . . . . . . . . ca. 0,35, , Muskel*) (trocken) . . . . . . . . . . . 0,23 ,,

Lebcrgalle des Nenschen2) (Trockanriick-

Erythrocyten dcs Hundes6) (Trockenriick-

1 ) G m e 1 i n, Handbuch der Chernie, JV. Auflage. (Daselbst

2, H a m m a r s t e 11, T.chrhnch d. physiolopiscthen C!licniic,

") I3 c 11 e k c, Jahresb. iiber d. Fortschritte d. Chr~m. 1880, 1090. 4 ) C h e v a 1 i e r, Zcitschr. f . physiolog. Chen~. 10, 97. 5 , F 1 i n t., Waly's Jahrcsbcricht 48, 341.

7, K o n i g , Chcniie d. menschl. Nahrungs- und Ocnufiliiittcl,

*) N c u m e i s t e r, Lchrh. d. physiol. Chnmie.

vollstiiridig die iiltero Literatur.)

\'I. .411flagc.

Pfliiger's Archiv 73, 595.

IV. Auflage.

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118 A. Winciaus: Cholcstcrin.

F r a u e n ~ n i l c l ~ ~ ) . . . . . . . . . . . . . 0,032yG Cholesterin Eigelbl") . . . . . . . . . . . . . . . 0.44 ,, Karpfencier'l). . . . . . . . . . . . . 0,27 ,, Samen des R h c i n l a c l ~ s c s ~ ~ ) . . . . . . . 2,2 ,, Haifiscl~trari '~) . . . . . . . . . . 4,4--5,3 ,.

AuBer in freier Form findet sieh das Cholesterin im Organismus auch gobundcn an hohcre Fett.siiuren (Palmitinsaurr, Stearinsiiurc, Oelsiure). Zuerst hat E. S c h u 1 z el') init Sicherheit nacligetviescn. daB im Wollfett der Schafe C!holcatcririester vorhanden sind ; n-eitcr hat 1, i e b r e i c 1116) darauf aufmerksam gemaoht, daB von den epiderrnalcn Gebilden (Haaren, Niigeln, Federn, Hufen, Hijrnern) Cholesterinester abgeschiederi werden. SchlicUlicli hat H u I' t 11 1 P ' ~ )

gefunden, daU im Blut regeliiijlBig Cholesterinester auftret.cn. Ini Rlutserum des Hundes fand er z. H. 0,12-0,220,1 CholestcrinGl- sLurees t er.

Auch in pa.thologisehen Fallen sind Cholesterin sotvie Cliolesterin- ester beoba,chtet worden. Das Vorkommeri in menschlichen Qallen- steinen ist bcreits oben erwiihnt; in den meisten F'iillen enthalten die Gallensteine iibw ! l O ~ o Cliolesterin. Auch in Exsudaten sowic in andcren pat,hologischen Fliissigkeit.en findet sich sehr hBufig Cholesterin l i ) . Vor kumcm hat J? it n z e r lH) gezeigt., daB die doppeltbrcchenden protagonart,igen Subst.aiizcn, nie sic in dri- groBen weiflen Sicre vorkommen, einrn Ester des Cholestcrins en t h a1 te n .

AuBer dem eigentlichcn , ,typisc.hen Cholesterin" hat B. S c 11 u 1 z c 1 4 ) im Lanolin nocli ein Isomeres aufgefunden, das er Isoeliolesterin genarint hat ; iiber dasselbe ist w n i g bekannt ; doch ist diese Hcobachtung darum selir wieht,ig, m i l sic zeigt, dafJ es nicht nur e i n Cholesterin gibt. In der Tat sind in den folgendexi

y, Jdiresber. iib. d. Y'ortschrittc: d. Cheni. 1867, 811. l") .Jal~rosbcr. ub. d. E'ortschritte d. Chern. 1847. 184S, M i . * ,Jahrcsbcr. iib. cl. I'ortuchrittc d. Cliem. 1850, 557. 12) M i o s c 11 o r , Bcr. D. chern. Ges. 7, 376. l a ) Jlt-~ly'~ Jahresbericht 23, 45. 14) E. S c h 11 1 z e, Ber. 1). chern. Ces. 5, 10i5, 6, 251. 16) I, i c b r (3 i c 11, Jahrcsbcr. iib. d. Fortschrittc d. Chem.

18) H ii r t 21 1 e, Xcitsclir. f . 1)hysiol. Chcm. 21, 331. l') H o 1) KJ c - S e y 1 e r, I-Iandb. d. physiol. u. ~~atl~ol.-clic~niisch.

Is) P a 1 1 z o r , Zeitschr. f . physiol. Chcm. 48, 519 und 64, 239.

1886, 2164.

Analyst:, Vl I . .\uflagc.

Page 3: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windai is : Cholesterin. 119

Jahren cine ganze Anzahl isomerer Cholesterinc aufgefunden worden, die dem typischen Cholesterin auBerut ahnlich sind.

Durch eingehende Untersuchungen ist bewiesen, daB das Cliolesterin der menschlichen Gallcnsteine identisch ist mit dem Cholesterin aus Kuhmilch, auB Pferdchirn und aus Huhnereiern19). 01) aber die Cholesterinc aus Fischciern, aus SchmetterlingseierzP), ails Tunicaten21) mit dem typischen Cholestorin identisch sind oder nicht, &eht noch nicht sicher fest. Sicher verschiedcn vom gewohnlichen Cholestcrin ist ein von H e n z e aus Schwanimen dargcstellter Cholesterinkorper, das Spongosterin22).

Diese Beobachtungen regen zum Studium der Frage an, ob etwa gewisse Cholesterine fur bestimmte groBe Ticrklassen chsrakteristisch sind und ob sich vielleicht gerade mit Hilfe dieser Substanzen einc Beziehung zwischen zoologischer Verwandtschaft untl chcmischer Zusammensetzung fcststcllen liel3e.

I n diesem Zusammenhang verdient ea Intercsse, dab die Pflanzen niemals das typischc Cholesterin, sondern ein eigcnartiges ,,Phytosterin" enthalten. Auch die aus niederen l'ilzen isolierten Cholesterinkorper (Ergosterin) sind sowohl voni Phytoskrin als vom tierischen Cholesterin vers~hiedenz~).

Wclche Art Isomerie bei dicsen vcrschiedenen, aufierordentlich ahnlichen Cholesterinkorpern vorliegt, ist unbekannt. Es ist ubrigens nicht ausgeschlossen, dafi cs sich in einzelnen Fallen nicht um Isomere, sondern um Homologe handelt. Jedenfalls geht aus allen diesen Entdeckungcn das eine hcrvor, dal3 die Cholesterinkorper in der belebten Natur schr verbreitet sind und als primare Zellbestandteile, die in jeder entwickelungsfahigen Zelle vorhanden sind, angesehen wcrden konnen.

Bedeutung des Cholesterins fGr den Organismus.

])a13 einem so allgemcin vcrbreiteten Stoff auch einc grol3e pliysiologischc Bedeutung zukommt, kann als recht wahrscheinlich gelten. L i e b r e i c h16) vertritt die Meinung, daB die Cholesterin- ester, die von der Epidermis abgeschieden werden (gleich dem Wachs- fett bei den Pflanzen) cinen Schutz fur die iiul3ere Haut bilden.

l o ) JI e n o z z i , Mdy's Jahresber. 33, 87.

al) 8 c h u t z e, Jahresber. ub. d. Fortschr. d. Chem. 1889, 2156. 'La) H e n z e, Zeitschr. f . physiol. Chert). 41, 109. as) Litoratur bei A. H a u t h: Zur Rpnntnis der I'hytostcrine.

T i c h o m i r o f f , Zeitschr. f . physiol. Chem. 9. 525.

Inauguraldissertation. Freiburg i. R. 1907.

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120 A. Windaus : Cholesterin.

In letzter Zeit”) ist man noch auf eine andere, sehr eigen- artige Eigenschaft des Cholesterins aufmerkeam geworden. \Vie seit einiger Zeit bekannt ist, wirken eine Reihe von Toxinen bei An- wesenheit ron Lecithin losend auf die roten Blutkorperchen ein, dazu gehoren die Saponine, Schlangengift, Solanin und andere. T>aa Cholesterin besitzt nun die merkwurdige Fahigkeit die roten Blutkorperchen vor der Einwirkung dirser Haemolysine zu schutzeri. Diese Schutzwirkung ist eine hochst spezifische, da sie bisher aulJer an1 Cholesterin (und einigen nahe stehenden Derivaten) bei keiner andercn Substanz aufgefunden worden ist. Auf Grund dieser Heobachtungen kommt H. P r i b r a m25) zu der Ansicht, daW dcm Cholcsterin eine gewisse cntgiftende Rolle zukommt und daB t:s greignct ist, den Organismus vor der Einuirkung endogener oder von auRen zugefiihrter, haemolytisch uirkender Substanzen zu srhiitzen.

Schlcksal im Organismus.

Die Fragc nach der Herkunft des Cholesterins irn tierischen Organismus ist nocli nicht endgultig entuchieden. E s ist nicht bekannt, ob etwa der tirrische Organismus die Fahigkeit besitzt das Cholesterin aus einfacheren Verbindungen synthetisrh auf- zubauen oder ob er scinen Bedarf an Cholesterin direkt aus tler Sahrung deckt. Fiitterungsversuche niit zweifellos cholesterin- freier Nahrung liegen nicht vor. Aus einer Reihe alterer Arbeiten scheint hervorzugehen, daW nach Verfutterung von Cholesterin eine vermehrte Ausscheitlung dieser Substanz mit der Calk nicht stattfindet26). Kurzlich hat 1’ r i b r a m (1. c.) Putterungsversuche an Kariinrhen vorgcnornmen und glaubt als sicheres Resultat fest- stellcn zu konnen, da13 Cholesterin, per 0s eingefulirt, resorbiert werdr und Im Blut in vermehrter Menge auftrete. Hiernach erscheint es jedenfalls m o g 1 i c h, daW das ini tierischen Organismus vor- handene Cholesterin aus der Nahrung stammt. Da sirh indesscn

21) P h i s a 1 i x, Compt,. rend. 126, 1053. H i. d o 1 1 , hlaly’s .Jahresbe,r. 81, 164. H. a n s o in, Deutsch. mbdiz. Wochenvchrift 1901. 6. 194. I’ u s c 11 c c‘ i, Hofmeistor’s Beitr. 6, 543. H a u s m a n TI, Hofmeister’s Ikitr. 6, 567. A b d o r h a 1 d e n und L e C o u n t, Zcitsclir. f . exper. Path. u. Thcr. 3, 199. 31 a d s e n u. hT o g u c h i, Chem. C‘en- tralblatt 1905 ( I ) , 1265.

‘Ls) P r i b r a in: Biochern. Zeitschr. 1, 414. ‘ L 6 ) S t a d e 1 in ~n n, Zeitschr. f . Uiolog. 84, 62. I) o y o n

iind 1) u f o u r , JIaly’s Jahresbor. 26, 469. S. arich G o o d m a n, Hofnicist. Heitrlige 9, 91.

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A. Windaus: molesterin. 121

auch bei reiner Yflanzenkost, die Richer frei ist vom typisclien (:hole- sterin, stets nur Cholesterin und niemals Phytosterin vorfindct., so miissen wir dem tierischen Organismus die Fihigkcit zuschreiben, Phytosterin in Cholesterin zu verwandeln. Um welche Art Um- set.zung (Cmlagerung) es sich hierbei handelt, ist noch nic:lit. fest- gestellt.

Welche Veranderungen das resorbierta Cholesterin im Tier- korper erleidet, ist nicht bekannt. Allgemein wird angcnommen, dal3 die in der Galle als komplexe Verbindung vorhandene Cliol- siiure (C,,H,,05) ein Oxydationsprodukt des Cholestcrins darstcllt. So wahrscheinlich diese Annahme auch ist, so fehlt doch der strenge Beweis fur ihre Richtigkeit. - Weiter sei erwahnt, daB eine gewisse Nenge Cholesterin regelmal3ig mit der Galle in den Darm ergossen wird und hier unter dcm EinfluB von Piiulnisbakterien eine Ver- iintlerung erleidet. Dabei entsteht cinc gesiittigte, um zwei 'CVasser- stoffatome reichere Verbindung C2,H,,0. das Koprosterin, das niit den Faeces ausgeschieden wirdz'). Die kiinstliche Darstellung von Koprosterin aus Cholesterin ist noch nicht gelungen. 1st die Faulnis im Darmkanal herabgesetzt, wie dies z. B. bei Milchdiiit der Pall ist, so wird das Choleaterjn nicht reduziert, sondern unver- iindert abgeschieden28). Uebrigens ist es zweifellos, daB die in den Faeces vorhandenen Cholesterinkorper nicht allein aus der Gallc, sondern auch aus nicht resorbiertem Cholesterin der Kahrung stammen*).

Dic in den Faeces von Pflanzenfressern aufgefundencn Chole~terinkorper2~), die Hippokoprosterine*B)), sind also moglicher- weise Reduktionsprodukte des Phytost.erins und nicht dos Cholesterins.

Physikalische Eigenachaften. Das Cholesterin ist leicht loslich in Schwefelkohlenstoff,

Pyridin, Chloroform (1 : 6,6), Renzol und Aether (1 : 3,9); schwcrer lovlich in Pet,rolather, Alkohol und Aceton. I n kochendem ab- soluten Alkohol lost es sich 1 : 9; in kaltem Eisessig ist es ziemlicli

*) Hei reiner Milchdiat nahm ich 8 Tage je 1 g Phytosterin und konnte aus den Faecea die grol3te Menge dea aufgenornmenen Phytosterins zuriickgewinnon.

p 7 ) I3 o n d z y n s k i und H u r n n i c k i , Zeitschr. f . 1hysiolog. Chem. 22, 396. S. auch Berichte d. deutsch. chem. Gesellscli. 29, 456.

2 8 ) M ii 11 e P, Zeitschr. f . physiol. Chern. 29, 129. 29) G i t t c I ni a c h e r - W i 1 e n k 0, Chem. Centralblntt l!HNj,

IT., 1242.

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122 A. Windaus : Cholesterin.

wenig loslicli*). I n Wasser ist es unloslicli, aucli bei Anwesenheit von SLuren odcr Alkalien; doch ist es kiirzlich gelungen eine kolloidale wbserige Losung des Cholesterins zu bereiten 3 0 ) . In geringem Grade lost es sich in den Alkalisalzen der Pettaiiuren, der Gallensauren sowie derjenigen hochmolekularen Sauren, die bei der Oxydation des Cholesterins entstehen. Eine Losung von 6,95 g Natriumglykocholat und 2,75 g Natriumtaurocholat in 100 ccm Wasser lost bei 37O 0,185 g Cholesterin; dieselbe Losung, rriit 1,20 gereinigter Mandelseife versetzt, lost 0,325 g C h ~ l e s t c r i n ~ ~ ) . \Vied die Losung angcsauert oder die Glykocholsaure zersetzt, so fallt Cholesterin aus.

Aus Aether kqstallisiert das Cholesterin wasserfrei in feinen Sadeln, aus Alkoliol in durchsichtigen Tafeln, die ein Molekul Krystallwasser enthalten. Der Schmolzpunkt des vakuumtrockenen Materials liegt bei 148,5O. Das spezifische Gewicht betragt 1,046. Die molekulare Verbrennungswiirme 3836,4 Calor. (bei konst. Volumen). Das Cholesterin ist optisch aktiv. cs drcht die Ebene des politrisierten Lichtes nach links, und zwar betragt V[D] = -31,12O (in a t herischer Losung).

Nachweis des Cholasterine. Wenn nicht zu geringe Mcngen Material vorliegen, ist meist die

Reindarstellung**) des Cholesterins moglich, das dann durch seine phpsikalisehen Konstanten identifiziert werden kann. Besonders ennpfehlenswert ist zum Sachweis die Ueberfuhrung in das sehr charakteristische Cholesterindibromid. Da diese Methode wenig bekannt ist. SOU sic hier etwas ausfiihrlichcr beschrieben werden : Dss auf Cholesterin zu priifende Material wird in einem kleinen Rolirchen in nioglichst wenig Aether gelost und mit einer Brom- Eisessigmischung (5 g Brom in 100 g Eisessig) bis zur bleibenden Braunfiirbung versetzt. Alsbald beginnt die Abseheidung des Cholesterindibromids, das in langen Nadeln krystallisiert und bei 1 2 ~ 1 2 5 ~ schmilzt.

Sehr bcliebt zum Nachwcis des Cholesterins sind, besonders i+egen ilirer Empfindlichkeit, eine Anzahl Farbenreaktionen. Doch

*) Mit kaltcm Eisessig Iiefcrt Cholestcvin eine Molekularverbin- dung, von heillem Eisessig wird es langsttni in Cholesterylacetat ver- wandelt:

**) Die Methoden ziir Isdierung der Cholestnrinkorper sind zusamniengostellt und krttisch besproclien bei R i t t e P2).

3’J) P o r p e s und S e u t) a u e r, Bioc-hem. Zeitschr. 7, 152. 31) 0 6 r a r d, Maly’s Jahresber. 86, 516. 3 2 ) H I t t e r, Zoitschr f physjol. Chern. 34, 430.

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A. Windaus: Cholesterin. 123

lassen sich gcgen die a u s s c h 1 i e B 1 i c h e Verwendung diesrr Methodc einige Bedenken geltcnd machcn.

1. Die Farbenreaktionen sind groBeriteils fur das Cholesterin nicht cliarakteristisch. Sic werden nicht nur von den Cholesterin- und Phytosterinkorpcrn sowie zahlrcichen Derivaten deraelben geliefert , sondern auch von vielen ungesiittigten hochmolckularen .Mkoholen, von manchen HarzsLuren aowie von einigen Terpenen. I h s e Selmlichkcit im Verhalten hat schon vor langerer Zeit zu der Vermutung gefuhrt, daB Cholesterine, Hansauren und Terpen- alkoholc nalie vcrwandte Substanzen sein k6nnten.

2. Die Farbenreaktionen werden tneist durch Zusatz kon- zentrierter Schwefelsaure horvorgerufen. Sind nun in dem zu untersuchenden Material Bestandteilc vorhanden, die sich mit konzentrierter Schwefelsaure braun oder schwarz farben, so wird die Farbenreaktion der Cholcsterinkorper hierdurcli gestort odcr ganz verdeckt.

Die bekanntesten Farbenreaktionenl’) seien k u n angefiihrt : 1. S a l k o w s k i ’ s R e a k t i o n : Lost man Cholestcrin in

Chloroform und fiigt das gleiche Volumen konzentrierte Schwefel- Gure hinzu, so farbt sich die Chloroformlosung blutrot, dann allmlhlich purpurrot, wahrend die Schwefelsaure griin fluoresziert.

2. L i e b e r m a n n ;I3 u r c h a r d ’ s R e a k t i o n : Versetzt man cine Losung von Cholcsterin in trockenem Chloroform tropfen- weise mit Essigsaureanhydrid und konzentrierter Schwefelsaure, so wird die Fliissigkeit erst rosenrot, dann violett, blau, schlieBlich dunkelgrun.

3. 0 b e r m ii l l e r ’ s R e a k t i o n : Vollig trockenescholesterin mi t wcnigen Tropfen Propionsaqrcanhydrid versetzt und iibcr kleiner Plamme geschmolzcn, wird beim .4bkiihlen zucrst violett, dann blaugriin, orange, kupfcrrot, besonders beim Bctrachten gegcn cinen dunkelen Hintergrund.

4. Durch konzrntricrtc Schwcfelsaurc und ein wenig Jod wird krystallieiertes Cholesterin bald violett, blau, griin nnd rot gefiirbt. Diema Verhalten bietet ein gutes mikroskopisches Er- kennungsmittel fur Cholesterin.

5 . U d r a n R k y33) hat gezeigt, daD Cholesterin mit Furfurol urid korizentrierter Schwefelsaure eine lebhaft rote Farbung gibt, dic spater in 131au iibergeht; cr licbt susdriicklich hervor, daB sehr vcrschiedenartige Substanzen sich ahnlich verhalten, und daB die Reaktion als Klassenrcaktion keine Bedeutung besitzt.

3 3 ) U d r B n s ky, Zeitechr. f . physiol. Chem. 18, 355.

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124 A. Windaus : Cholesterin.

Spater haben N e u b e r g und R a u c h w e r g e r34), augen- scheinlich ohne Kenntnis der Arbeit von U d r A n s k y , Methyl- furfurol und konzentrierte Schwefelsaure zum Nachweis des Cliolesterins vorgeschlagen. Auch diese Probe wird nicht nur von Cholestcrin und Phytosterin*), sondern auch von zahlreichen anderen Substanzen gcliefert.

6. W i d Cholesterin in Eisessig gelost, mit Acetylchlorid und etwas Chlorzink versetzt und einige Minuten gekocht, so tritt eine eosinrote Parbe auf. Nach T s c h u g a e f f tritt die Reaktion noch in der Verdunnung 1 : 80000 a ~ f ~ ~ ) .

Weitere Reaktionen sind vorgefichlagen worden unter Ver- wendung anderer Saurechloride, Tricnloressigsb~re~~), Eisenchlorid und S a l z s a ~ r e ~ ~ ) , Salpeterskure und .4mm0niak~~) 40).

Zur quantitativen Bes t i rnm~ng~~) des Cholesterins sind vor- gesclilagen

eine kolorimetrische Methode41), die Titration mit Brom oder Hubl’s J o d l o s ~ n g ~ ~ ) , die Bestimmung der A~e ty lzah l~~) .

Nachwels von Cholesterin und Cholesterinestern nebeneinander.

Da Cholesterin und Cholesterinester beide in Organen vor- kommen, so hat es Interesse, dieselben neben einander nachweisen zu konnen. Dies gelingt ohne besondere Schwierigkeit, wcnn gleichzeitig wenig oder gar kein Pett vorhanden ist, da dann die Cholesterinester durch ihre vie1 geringere Loslichkeit in Alkoliol oder Rcetessigester16) vom freien Cholesterin abgetrennt werden

*) Die friihere Angabe von N e u b e r g und R a u c h w e r g e r, daO Phytosterine die Reaktion nicht geben, ist ~ n r i c h t i g ~ ~ ) .

3 4 ) N e u h e r g u. R a u c h b e r g e r, Festschrift f . Ernst Salkowski, S. 281.

3 5 ) 0 t t o 1 e n g h i, Chern. Centralblatt 1906 (I), 1463. P o w e r u. T u t i n, Arch. d. Pharmnc. 246, 337. N e u b e r g, Zeitschr. f. physiol. Chem. 47, 335.

36) T s c h u g a e f f, Maly’s Jahresber. 80, 62. 3 i ) H 1 r s c h s o h n, Maly’s Jahresber. 32, 63. 3 8 ) S c h i f f, Annalen 115, 313. 39) S e h i f f , Annalen 104, 332. 4 0 ) F e h 1 i n g ’s Neues Handworterbuch d. Cheln., 11. Band. 4 1 ) S c h u 1 z e, Zeitschr. f . physiol. Chem. 14, 494. 4 2 ) 0 h e r m u l l e r , Zeitschr. f . physiol. Chem. 16, 143; 15, 37.

L e w k o w i t s c h, Berichte D. cheni. Ges. 25, 65.

Page 9: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaus: Cholesterin. 126

konnen. Auf diesem Wege ist nachgemimen worden, da13 im Gehirn nur freies Cholesterin vorkommtU).

1st dagegen neben dem Cholesterin viel Fett vorhanden, so ist die Trennung von Cholesterin und Cholesterincster auBerst schwierig. Zur Abtrennung der Cholesterinkorper vom Fctt mu13 niimlich letzteres verseift werden, und dabei werden auch die Ester des Cholesterins hydrolytisch zerlegt. In letzter Zeit hat S a 1 k o w s k P4) darauf hingewiesen, daJ3 die schwierig verseifbaren Cholesterinester miiglicherweise noch bestandig sein konnten unter Bedingungen, bei denen die Fette bereits vollkommen gespalten nwden. Weitcr ist fur die Abtreniiung der Fette ari die Ver- wendung spezifischer Formente zu denken, welche nur die Glyzerin- ester, nicht aber die Cholesterinester a t~gre i fen~~) 25).

Zur Unterrscheidunp von Cholesterin und Cholesterinestern ist auch eine Farbenreaktion vorgeschlagen ~ o r d c n ~ ~ ) .

Trennung von Choleeterin und Phytosterln.

I)er Nachweis von Cholesterin und I'hytosterin in einem Gemisch beider hat fur den Nahrungsmittelchemiker Interesse, weil sich liierauf eine Methode zur Prufung von tierischen und pflanzlichen Oelen und Fetten auf Verfilschungen grunden I&. Es sind hieriiber eine Reihe von Arbeiten erschienen, die bei H a u t h23) referiert sind.

Formel.

Die F e s t s t e l l u n g d e r F o r m o l fur das Cholesterin hat sehr viel Muhc gemacht. Das beruht darauf, da13 bei diesen hochmolekularcn Substanzen die Resultate der Analyse vieldeutig sind. Besonders ist aber hervorzuheben, daJ3 die Cholesterinkorper bei der Elementaranalyse groJ3e Schwierigkeiten bereiten und bei nicht sehr vorsichtigem Arbeiten fast regelmiieig zu niedrige Kohlenstoffwerte liefern. Schon B e r t h e 1 o t46) wies darauf hin, dal3 die Resultate der Analyse (83,97y0 C und 11,98y0 H) mit deli Formeln C24H400, (83,65y0 C und ll,T1yo H), C,5H420(83,73~o C urid l l , 8 1 ~ o H), C,,H,,O (83,80°/, C und ll,91Yo H), C,,H,,O

4n) T e b b, Chem. Centrrtlbl. 1906, 'I, 12i78. R ii n z, Zeitschr.

4 4 ) S a 1 k o w s k i, Arbciteri aus d. Pathol. Instit.. ZII Bcrliti,

4 5 ) I3 e r t, h e 1 o t,, Ann. chim. phys. 33, 51 (18563).

f . physiol. Chcni. 66, 47.

Festschrift, S. 573.

Page 10: Untersuchungen über Cholesterin

126 A. Windaus: Cholesterin.

(83,86y0 C und 11,99% H), Cz8H,,0 (83,92% C und 12,08% H), C,,H,,O (83,98% C und 12,16% H) in Ueberejnstimmung standen"). Er selbst entschied sich fur die Formel CPaH,,O, wiihrend L a t s c h i n o f f4'7, W a l i t z k y47) und H e s s e48) die Formel C,,H,, 0 bevorzugten.

GroBere Differenzen in den Analysenzahlen zeigen sich bei den Derivaten, besoriders bei den Dibromadditionsprodukten, und R e i n i t z e r4$) bewies als erster durch die Analyse des Cholesteryl- acetatdtbroniids, daB dem Cholesterin die Formel C,, H,, 0 zukommt -

Berechnet fur Gefunden : C,,H,,Br,. C,H,O,: C,,H,,Br,C,H,O,: C 58,53% 59,18% 59,20% H * 8,0304 8, l8yO 8 2 5 % Br 27,85y0 27,19 yo 27,19 yo

DaB das Cholesterin tatsachlich 27 Kohlenstoffatome enthiilt, ist durch alle weiteren Cntersuchungen bestiitigt worden ( 0 b e r - m u 11 e r 9, M a u t h n e r und S u i d a ,O) und seitdem nicht mehr in Zweifel gezogen**). Dagegen herrscht uber die Zahl der Wasser- stoffatome noch Unsicherheit, da M a u t h n e r und S u i d a 50)

eine um 2 Wasserstoffatome iirmere Formel (C,,H,,O) bevorzugen. Docli haben neuere Untersuchungen, besonders diejenigen von D i e 1 s und A b d e r h a 1 d e n ,l), wiederum Material fur die Richtigkeit der Formel C,,H,,O geliefert. Diese Formel sol1 daher in den folgenden Erorterungen zugrunde gelegt werden. Dnh die Formel C,,H,60 nicht zu verdoppeln ist, hat A b e l 62) durch. Molekulargewichtsbestimmungen erwiesen.

*) Selbst Formeln wie C,,H,,O wilren noch moglich. **) Allerdings verwenden einige niit der Materie nicht genugend

Auch

*,) L a t s c h i n o f f , Ber. D. chern. Ges. 9, 1311; 10, 82, 232,

4 7 ) W a 1 i t z k y, Ber. D. chem. Ges. 9, 1310; 11, 1937. 4 a ) H e s s e , Ann. d. Chem. 192, 175. 49) R e i n i t, z er , Monatsh. f . Chem. 9, 421. 50) M a u t h n e r u. S u i d a, Monatsh. f . Chem. 15, 85 u. 362-

51) D i e l s u. A b d e r h a 1 d e n , Berichte D. chem. Ges. 36.

5 2 ) A b e 1, Monatsh. f . Chem. 11, 61.

vertraute Chemiker bei ihren Arboiten noch die Formel C,,H4,0. in Lehrbuchern ist sie bisweilen noch angefuhrt.

2069: 11, 1941.

17, 29 u. 579; 24, 175 u. 648.

3177; 37, 3092; 39, 885 u. 1371.

Page 11: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaus : Cholesbrin. 127

Hydroxylgruppe und Doppelbindung *I. Auf Grund der Analysen steht also fest, darj das Cholestcxrin

ein Sauerstoffatom cnthiilt, und die ersten chemischen Arbeitcn bcfassen sich damit, ubcr die Funktion dieses Sauerstoffatorns AufschluB zu erlangcn. Schon B c r t 11 e 1 o t 46) bewies im Jalire 1859, daB das Cholesterin beim Erhitzen mit Siiuren in E s t c r verwandelt wird, daB also sein Sauerstoffatom Alkoholfunktionen besitet. Seither ist die Hydroxylgruppe durch zahlreiche neue Derivate charakterisiert worden 54).

Von den synthetisch bereiteten Estern sind einige hohcre FettsLureester besonders bemerkenswert, weil sie mit den in der Natur vorkommendcn Fistern des Cholesterins identisch sind. Noch aus cinem ganz anderen Grunde konnen die Ester des Cholesterins Interesse erregen, weil an einem derselben eum ersten Male49) , ,fliissige Krystctlle" beobachtet worden sind und sich seitdem cliese Erscheiriung bei fast allen Vertretern dieser Korperklasse wicder- gefundcn hat 55).

Von anderen Umsetzungen, welche die Hydroxylgruppe be- treffen, sei die Ucberfuhrung des Cholesterins mittels Pliosphor- pentachlorid in C h o I e s t e r y 1 c h 1 o r i d 56) erwahnt. Bei der Reduktion mit Natrium und Amylalkohol entsteht aus lctztercm der entaprechende Kohlenmasserstoff, das C h o 1 e s t e n C,,H,,, das noch optisch aktiv ist.

Beim Kochen mit Chinolin liefert das Cliolesterylchlorid untcr Abspaltung von Chlorwasserstoff eincri neuen Kohlenwasscrstoff

*) Ueber das cheniischo Verhaltcn des Cholesterins sei angofiihrt, daB seine grol3e Restiindigkcit gegen hydrolytische Mitt,el bcmerkcnswort ist. I n typischer Weisc unterscheidet sich das ,,Gallcnfett" (Cholesterin) von den eigentlichen Fe tkn dadurch, daf3 es durch kochende alkoholische Kalilauge nicht angegrifferi wird.

Am Licht erleidet das Cholesterin eine langsamo Zersotzung, die sich durch ein allmiihliches Hcrabgehon des Schiiielzpunktcs zu erkonnen gibt. Nach S c h u 1 z c und W i n t o r s t e i 1 1 ~ ~ ) htlridelt es sich hierbei um cine durch den Luftsauerstoff bewirkte Oxydation.

5 s ) S c h u 1 z e u. W i n t e r s t. e i 11, Zeitschr. f . physiol. Clicni. 43, 316; 48, 546.

5 4 ) Z w e n g e r, Annalen 66, 5 u. 69, 347. I; i n d e n 111 e y e r, Journ. f . prakt. Chem. 90, 321. I, o e b i s c l i , Ber. n. chem. Ges. 5, 510. B 1 o c h, Bullet. SOC. chim. 81, 71, (1904).

L e 11 - 111 a n n, Zeitschr. f . physik. Chem. 56, 750. S c h e n c k, Zeitschr. f . Elektrochem. 11, 951.

J a g c r, Rec. Trav. chiin. Pays-Bas 26, 334; 16, 311.

se) P 1 a n e r, Aiinalen 118, 25.

Page 12: Untersuchungen über Cholesterin

125 A. Windaus : Cholesterin.

C,,H,,, das C h o 1 e s t e r i 1 e n. Dieselbe Verbindung cntsteht auch bei der Wasserabspaltung aus Cholesterin mittels entwikserteni Kupfersulfat. Als Xcbenprodukt findet sich hierbei Cholesteryl- ather 5") (C2,H,&0.

Aus der Formel (CZiHJ60) des Cholesterins geht hervor. daB es 10 Wasserstoffatome weniger enthalt als der entsprechende Paraffinalkohol; es ist, wie sclion B e r t h e 1 o t hervorhob, ein Homologes des Zimmtalkohols. Es mussen also in seinem Molekiil Doppelbindungen oder Ringbildungen, bezw. beidev vorhanden sein. Im Jahre 1868 haben W i s 1 i c e n u s und M o 1 d e n h a u e r S i ) als erste nachgewiesen, daB Cholesterin einc ungesattigte Gruppe enthilt, da es in glatter Weise 1 Mol. Broni addiert und hierbei eine sehr charakteristische Verbindung, das C h o 1 e s t e r i n - d i b r o m i d , liefert. Bei vorsichtiger Reduktion des letztercn init Zinkstaub oder Satriunianialgam wird unter Herausnahrne der beiden Bromatome das Cholesterin zuriickgebildet. Ebenso addiert Cholesterin 1 Mol. Chlor (unter Bildung von Cholesterin- dichlorid) ; auch Hiibl's Jodlosung wird aufgenommen @-).

Von den Estern des Cholesterins, sowie vom Cholcstcryl- chlorid und vom Cholesten, sind Halogenadditionsproddukte be- schrieben worden. Erwahnenswert ist e ~ , da13 diese Halogen- additionsprodukte oft.ers in zwei (stereoisomercn?) Modifikationen erhaltcn werden, von denen die eine meist sehr leicht in die andere (bcstandigerc) ubergeht 4 9 ) 50). I n der letzten Zeit hat M a u t 11 n e r 5 8 ) auch Chlorwasserstoffadditionsprodukte der Cliolcsterinkorper bereit.& So liefert Cholesten (C,,H,,) ein Cholestenchlorhydrat C,,H,,Cl, das bei der Ahspaltung von Chlor- wasserstoff in ein n e w s Isoineres (Pseudocholesten) verwandelt wird, bei melehem die doppelte Bindung vielleiclit. urn eine Stellc verschoben ist.

-CH,--CH=CH, H -CH2. CH C1. CH, H -CH=CHCH,. Melirfach ist auch versucht worden an die Doppelbindung

des Cholest.erinv ein Molckiil Wasserstoff anzulagern und hierbei zu einem Z)ihydroeholest,erin (Cholestanol) zu gelangen. Die Dar- stellung dieser Verbindung bietet, darum groaes Interesse, weil sie identisch scin sollte mit. dem natiirlich in den Faeces vor- kommenden Koprosterin. - Von den gewohnlichen Reduktions- mitt,eln wird Cholesterin nicht angegriffen. Zinkstaub und Essig- siiure, Natriumamalgam, Natrium und Aethplalkoliol sind ohm _ _ _ _ _ .-

j') W i s 1 i c e n u s u. M o I d e 11 h a u e r, Annalen 146, 175. M a II t h r i e r, Moncttdi. f . Chem. 87, 305, 421; US, I 113.

Page 13: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windeus: Cholaterin. 129

Einwirkung auf Cholesterin. Durch Natrium und kochenden Amylalkohol wird dagegen Cholesterin verandert und in einen ge- siittigten Alkohol verwandelt, den D i e l s , A b d e r h a l d e 11

sowie N e u b e r g 6v) fur ein Reduktionsprodukt ansprechen und dem sie die Formel C,,H,,O erteilen 61). Dieser mit a-Cholestanol bezeichnete Korper ist zweifellos vom Koprosterin verschieden. Auf Grund der Tatsache, daB das a-Cholestanol (Cyclocholesterin) aus dem Cholesterin auch beim Erhitzen mit fertig gebildetem Natriumamylat entsteht, habe ich es fur sehr wehrscheinlich erklart, da13 es kein Reduktionsproclukt, sondern ein Umlagerungs- produkt des Cholesterins sei und die Formel C,,H,,O besitze ao). Ob diese Auffassung die zutreffende ist, mu0 vorlaufig als un- entschieden bezeichnet werden.

Aus den bisher besprochenen Arbeiten geht hervor, dai3 das Cholesterin eine Hydroxylgruppe und nur e i n e doppelte Bindung enthiilt. Wie sich aus der Zahl der Wasserstoffatome ergibt, mussen also in seinem Molekul v i e r h y d r i e r t e R i n g e oder ein B e n z o 1 r i n g vorhanden sein.

Untersuchung des Cholestenons. 61) eo)

Wird Cholesterin mit Kupferoxyd auf hohere Temperatur (280-30O0) erhitzt, so geht es in eine um zwei Wasserstoffatome armere Substanz iiber, in der sich das Vorhandensein eines Carbonylrestes durch Bereitung eines Phenylhydrazons, eines Oxims und eines Semicarbazons leicht nachweisen MDt. Aldehyd- reaktionen zeigt diese zuerst von D i e 1 s und A b d e r h a 1 d e n beschriebene, als Cholestenon bezeichnete Substanz nicht ; sie diirfte also ein Keton sein und in der Weise entstehen, da13 eine im Cholesterin vorhandene sekundare Alkoholgruppe zu einer Ketogruppe oxydiert wird. Dieses selbe Keton 1aBt sich auch auf einem anderen ubersichtlichen Wege erhalten. Wahrend es namlich nicht gelingt, Cholesterin selbst zum Cholestenon mittelst Chromsaure zu oxydieren, da hierbei auch an der Doppelbindung Veranderungen vor sich gehen, kommt man ganz glatt zum Ziel, wenn man die Doppelbindung vor dem Angriff des Qxydations- mittels schutzt. Man geht am besten vom Cholesterindibromid

N e u b e r g, Ber. D. chem. Ges. 39, 1166. 6 0 ) W i n d a u s , Ber. D. chem. Ges. 36, 3752; 37, 2027, 4754;

W i n d e u s u. S t e i n , Ber. D. W i n d a u s, Ueber Cholesterin, Habilitations-

39, 518, 2008, 2249; 40, 257, 2637. chem. Ges. 37, 3699. schrift. Freiburg i. R. 1903.

Arch. d. Pharrn. CCXXXXVI. Bds. 2. Heft. 9

Page 14: Untersuchungen über Cholesterin

130 A. Windaus: Cholesterin.

aus, oxydiert es in schwefelsaurer Losung mit Kaliumpermanganat zum Cholestenondibromid und reduziert letzteres unter I-Ierrtus- nahme der beiden Bromatome und Ruckbildung der Doppelbindung zum Cholestenon. Die Ausbeute nach diesem komplizierteren Ver- fahren ist besser als nach der Kupferoxydmethode.

Da Cholestenon auf zwei so verschiedenen Wegen aus dem Cholesterin entsteht, kann es fur sehr wahrscheinlich gelten, daB es tatsachlich das dem Cholesterin entsprechende Keton darstellt. Auffallend mu13 es allerdings erscheinen, da13 sich Cholesterin und Cholestenon bei chemischen Umsetzungen sehr verschieden ver- halten; nur beim Behandeln mit Eisessig und warmer Salpeter- skure entsteht aus beiden dasselbe nitrierte Produkt, wahrscheinlich ein Trinitrocholestenon C,,H410,N,. (?) In anderen Fallen sind dagegen die entstehenden Produkte nicht identisch ; gegen neutrale Kaliumpermanganat810sung ist Cholesterin auDerst bestandig, Cholestenon ziemlich unbestandig. Von Chromsaure wird Cholesterin auch an der ungesattigten Gruppe angegriffen, Cholestenon dagegen nicht. Beim Behandeln mit Natrium und Amylalkohol entstehen aus Cholesterin und Cholestenon zwei ver- schiedene geskttigte Alkohole ( a- und a-Cholestanol), die auch zwei verschiedene Ketone liefern. Ob diese Alkohole dieselbe Zusammen- setzung besitzen oder sich in ihrem Wasserstoffgehalt unterscheiden (s. oben), ist noch nicht endgultig entschieden.

I m AnschluB an diese Reduktionsversuche ist eingehend uber die gegenseitige Lage von Ketogruppe und Doppelbindung im Cholestenon diskutiert worden. Unter den ungesattigten Ketonen sind die u, a ungesattigten Ketone von H a r r i e s61)

ausfuhrlich studiert worden. Er hat gezeigt, da13 bei dieser Korperklasse die ungesattigt,e Gruppe im allgemeinen (z. B. auch gegen Hydroxylamin) reaktionsfahiger ist als die Carbonylgruppe. Bei vorsichtiger Reduktion liefern die a, @ ungesattigten Ketone gesattigte Ketone -CH : CHCO- H ---CH,CH,CO-.

Nebenbei entstehen dimolekulare Produkte, die aber be- merkenswerterweise keine ungesattigten Pinakone, sondern gesattigtc Diketone vorstellen.

-CH CH- -CH-CH- I1 H I I

-COCH, CHZCO- I 1

-COCH CH-CO- Die oben erwiihnte Tatsache, da13 das Cholestenon beim

andauernden Kochen mit Natrium und Amylalkohol auBer an der Carbonylgruppe auch an der doppelten Bindung reduziert wird, -

61) H a r r i e s, Annalrn 330, 185.

Page 15: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windeus: Cholesterin. 131

erschien den Entdeckern dieser Reaktion am besten mit der Annahme vereinbal, daB Cholestenon ein a, p ungesattigtes Keton sei. Demgegenuber wurde darauf hingewiesen, daB die doppelte Bindung im Cholestenon durchaus nicht so leicht reduzierbar sei wie in a,! ungesattigten Ketonen; von Zinkstaub und Eisessig wird Cholestenon auch bei langerer Einwirkung nicht merklich angegriffen; mit Natriumamalgam in essigsaurer Losung entsteht ein dimolekulares Produkt, C,,H,,O,, das aber bemerkenswerter- weise kein gesattigtes Diketon, sondern ein ungesattigtes Pinakon*) darstellt. Auch dies spricht gegen die Annahme einer a, p-Stellung der Doppelbindung im Cholestenon. Durch Oxydationsversuche wurde sohlieBlich bewiesen, daD Cholestenon sicher kein a, p un- gesattigtes Keton ist (s. unten).

O x y d a t i o n d e s C h o l e s t e n o n s : Die Oxydation des Cholestenons wurde in der Weise durchgefiihrt, daB eine Benzollosung des Ketons mit einer neutralen Kahmpermanganat- losung durchgeschiittelt wurde. Hierbei entsteht als Hauptprodukt eine um ein Kohlenstoffatom armere Saure, eine gesattigte Mono- ketomonocarbonsaure C,,H,,O,, die durch ein Oxim und ein Mono- bromsubstitutionsprodukt charakterisiert wurde. Diese Saure kann nur so aus dem Cholestenon entstanden sein, daB eine end- standige Vinylgruppe CH : CH, zu Carboxyl oxydiert worden ist. In sehr kleiner Ausbeute entsteht daneben eine Monocarbonsaure C,,H,,O,, in der die Vinylgruppe CH:CH, zu CHOHCOOH oxydiert sein diirfte.

Aus dieser Reaktion, bei der eine Unilagerung ausgeschlossen erscheint, geht also hervor, daB das Cholestenon die Doppelbindung nicht in einem Ring, sondern in einer endstandigen Gruppe CH : CH, enthalt. Dasselbe wird auch fur das Cholesterin gelten.

(Substanzen mit der endstandigen Gruppe CH : CH, sind in der Natur verbreitet. Unter den Senfolen kommen nach S e m m 1 e r Vinylsulfide, Allylsulfide und ahnlich gebaute Verbindungen vor. Styrol ist im Storax enthalten. In atherischen Oelen sind eine groBe Anzahl Phenole bezw. Phenolather mit der Gruppe CH : CH, aufgefunden worden. [Eugenol, Chavicol, Chavi- betol, Safrol, Apiol, Myristicin u. at.] Auch ein natiirlich vor-

*) Durch wasserentziehende Mittel geht das Pinakon in einen sehr schwer loslichen, schon krystallisierten Kohlenwasserstoff iiber, der wegen seines hohen Molekulargewichtes C,,H,, erwlhnenswert erscheint.

62) S e m m l e r , Arch. d. Pharm. 980, 434. 9*

Page 16: Untersuchungen über Cholesterin

132 A. Windaus: Cholesterin.

kommender Terpenalkohol mit der Gruppe CH : CH, ist bekannt, das Linalool ; von stickstoffhaltigen Naturprcdukten mit der Vinyl- gruppe seien das Neurin, von eigentlichen Alkaloiden das Chinin, Cinchonin und Cuprein genannt.)

So hat die Oxydation des Cholestenons iiber den Bau der ungesiittigten Gruppe erschopfenden AufschluI3 gegeben ; die weitere Oxydation der Monocarbonsaure hat aher auch die oben erorterte Frage nach der U, ?-Stellung der Doppelbindung im Cholestenon zur Entscheidung gebracht. W5-e Cholestenon ein U, $ ungesattigtes Koton, so miiBte es dic Gruppe -CO CH: CH, enthalten und die bei der Oxydation gebildete Monocarbonsaure miiBte notwendiger- weise eine a-Ketocmboneaure sein. Dies' ist nun sicherlich nicht der Fall. Bei der Oxydation mit unterbromigsaurem Kalium geht namlich die Monocarbonsaure in glatter Reaktion in eine Tri- carbonsaure C,,H,,O, ubcr, und diese Oxydation, die ganz dem Uebcrgang von Kampfer in Kampfersaure entspricht, 1iiiBt sich nur so deuten, daB eine zyklisch gebundene Gruppe -CO-CH2-- unter Bildung von zwei Carboxylen aufgesprengt worden ist. Die Carbonylgruppe in dcr Monocarbonsaure steht also in einem hy- drierten Ring, und in diesem Fall ist die U-SteUung zu einem Carboxyl strukturell unmoglich. Demzufolge kann auch Cholestenon kcin U, p ungesattigtes Keton sein.

Die bisher besprochenen Urnsetzungen lassen sich durcli die folgenden Formeln wiedergeben :

2XH 3gPCH CZ3H39-cH /--\ (1 ''- I1 CH,CHOH CH, - CH,-CO CH, - 1. CIioIesterin. IT. Cliolestenon.

CZ3H,g-COOH C H -COOH

111. Monoketo- IV. Tricarbonsaure

/\ /--? 3g COUH COUH

H CHZ-CO

carbonsaure C,,H,,O,.

Aus den bisher besprochenen Arbeiten ergibt sich also, daIJ das Cholesterin ein einfach ungesattigter Alkohol von der Formel C,,H,,O ist, daI3 die doppelte Bindung einer endstiindigen Vinyl- gruppe zugehort, und daI3 das sekundare Hydroxyl, neben welchem mindestens eine Methylcngruppe stehen mu13, sich in einem voll- standig hydrierten Ring befindet. Es ist nunmehr zu priifen, ob die anderen am Cholesterin gemachten Beobachtungen mit diesen Vorstcllungen im Einklang stehen.

CZ,H,ZO,.

Page 17: Untersuchungen über Cholesterin

A. W i n d a u s : Cholosterin. 133

Einwirkung von rauchender Salpetersaure auf Cholesterin und seine

Bei der Einwirkung von rauchender Selpetersaure auf Cholestcrin und seine Derivate wird nicht nur ein Wasserstoffatom durch die Nitrogruppe ersetzt, sondern gleichzeitig werden, wie die besten Analysen sehr wahrscheinlich machen, zwei weitcre Wasserstoffatome aus dem Molekul abgespalten, also Dehydro- p rduk te gebildet. So liefert Cholesterylchlorid C,,H4,Cl ein Nitro- dehydrocholesterylchlorid C,,H,,Cl NO,, Cholesten C2,H4, ein Nitro- dchydrocholeaten, Cholesterylacetat C,,H4,(02C,H,) ein Nitro- dehydrocholesterylacetat C9,H4,(N02) (O,C,H,), das leicht zum Nitrodehydrocholeaterin verseift werden kann (C,,H,,NO,OH). Das Cholesterin selbst liefert mit rauchender Salpetersaure und Eisessig den salpetersauren Ester des Nitrodehydrocholesterins C2,H,, (NO,) (ONO,), eine schwer losliche, sehr charakteristische Verbindung.

Diese Nitrokorper addieren kein Brom ; trotzdem scheinen sic noch eine unges;ittigte Gruppe zu enthalten, da sie beim Kochen mit einer alkoholischen Cyankaliumlosung glatt 1 Mol. Blausaure aufnehmen. Diese Reaktion durfte etwa der Anlagerung von Blausaure an ungesattigte Laktone vergleichbar sein e5). Weitcrhin ist erwihnenswert, da13 diese Nitrokorper zur Salzbildung nicht befahigt sind und daher wohl ihre Nitrogruppe in tertiarer Bindung enthalten. Charakteristisch ist ihr Verhalten bei der Reduktion; beim Kochen mit Zinkstaub und Essigsaurc wird namlich die stickstoffhaltige Gruppe als Ammoniak abgespalten, und es ent- stehen gesattigte stickstofffreie Ketone. So liefert Nitrodehydro- cholesterylchlorid ein ( U) Chlordehydrocholestanon C,,H,,OCl, Nitro- dehydrocholesterylacetat liefert Dehydrocliolestanonolacetat, Nitro- dehydrocholesterin gibt Dehydrocholestanon-o1 C2,H4#,.

Diese Umsetzungen beweisen, daB die Nitrogruppe nicht etwa aromatisch gebunden ist; sie erinnern vielmehr an Be- obachtungen, welche A n g e 1 i Be), P e s c i 'I7), W a 1 1 a c h es) und W i e 1 a n d eo) bei der Einwirkung nitroser Gase auf ungesiittigtc

e4) S t e i n, Ueber Cholesterin, Inauguraldkertation. Frei-

6 6 ) B r e d t u. K a 11 e n , Annalen 293, 338. 6 6 ) A n g e 1 i, Gazz. chirnic. 26, 11 ; 59, 275. 67) P e R c i , Gazz. chimic. 16, 227. 68) W a 1 1 a c h, Arinalen 313, 345; 332, 305; 336, 1 ; 340, 1. 8 8 ) W i e 1 a n d, Anna1en 828, 154; 829, 225; Ber. D. chem. Ges.

Derlvate. sa) st)

. - P r e i B u. R a y m a n n, Bcr. 1). chem. Ges. 12, 225.

burg i. B. 1905.

36, 2558.

Page 18: Untersuchungen über Cholesterin

134 A. Windaus: Cholesterin.

Kohlenwasserstoffe gemacht haben. Hierbei entstehen zuntichst Additionsprodukte, die bisweilen leicht (unter Abspaltung von untersalpetriger Saure) in ungesattigte Nitrokorper ubergehen, und letztere liefern bei der Reduktion zunlichst Isonitrosoverbindungen (Oxime), die sich zu den entsprechenden Ketonen verseifen lassen :

RCH:CHR, H RCH-CHR, w RC:CHR, I I

NO, A0 NO2 RC-CH,R, H RC-CH,R,

II I1 NOH 0

Solche Reaktionen sind am a- und p-Phellandren, am Anethol, Isosafrol, Methylisoeugenol, am Inden und Methylinden 6 8 )

durchgefuhrt worden. Aus dem Inden entsteht beispielsweise 9 -Hydrindon

Dieselbe Art Umsebzung durfte auch fur die Cholesterin- derivate anzunehmen sein ; die primairen Additionsprodukte konnten allerdings beim Cholesterin nicht gefal3t werden, doch ist dies W a 1 1 a c h bei seinen Untersuchungen auch nicht immer gelungen (S. z. B. Methylinden und Pinen).

Nur eine Eigentiimlichkeit, die in anderen Fallen nicht beobaclitet worden ist, zeigt sich bei den Cholesterinkorpern, das ist die Abspaltung von zwei weiteren Wasserstoffatomen bei der Nitrierung, die Bildung der Dehydroprodukte. Die vollstandige Aufklarung dieser Reaktion hat besonders grol3e Schwierigkeiten bereitet und ist erst spat gelungen.

Die Gruppe CH: CH,, die im Cholesterin anzunehmen ist, sollte normalerweise bei den gesattigten Ketonen in eine end- standige Gruppe -CO CH, verwandelt sein. Dies ist indessen sicher nicht der Fall, wie auf folgendem Wege von S t e i n6J) bewiesen wurde : Das durch Reduktion des Nitrodehydrocholesterins entstehende Dehydrocholestanon-ol wurde, urn die Hydroxylgruppe vor dern Angriff von Oxydationsmitteln zu schiitzen, mittelst Phosphorpentachlorid in ein ( fl)-Chlordehydrocholestanon verwandelt, dessen Ketogruppe aus der Doppelbindung des Cholesterins hervor- gegangen ist. Bei der Oxydation mit heiI3er Salpetersaure lieferte das Chlordehydrocliolestanon eine prachtvoll krystallisierende Chlordicarbonsaure C,, H,, C1 O,, deren Bildung (wiederwn analog

Page 19: Untersuchungen über Cholesterin

A. Wind aus: Cholosterin. 135

dem Uebergang von Kampfer in Kampfersaure) nur durcli Auf- spaltung einer zyklisch gebundenen -CO--CH,-Gruppe zu deuten ist. An Stelle der erwarteten COCH,-Gruppe findet sich also bei den Reduktionsprodukten der Nitrokorper eine zyklisch gebundene -CO-CH,-Gruppe; damit ist bewiesen, daB bei der Bildung der Dehydroprodukte ein neuer RingschluB stattfindet, und daB die endstandige Vinylgruppe CH : CH, unter Abspaltung von zwei Wasserstoffatomen*) in eine zyklisch gebundene -CH : CH-Gruppe verwandelt worden ist.

Eine Analogie fur diesen ProzeB bietet etwa der Uebergang von Akroleinanilin in Chinolin :

CH CH

H

CH N CH N

Auch bei der Bildung von Naphthalinderivaten sind ahnliche

Die neu besprochenen Reaktionen lassen sich durch folgendc, Ringbildungen beobachtet.

Formeln wiedergeben :

C23H39--tH C-NO, H /\

CH,--CHOH CH, PqH3'<iq CHZ-CHOH /cqH38<8H I. Cholesterin. CH2-CHOH

Dehydrocholesterin. V. Nitrodehydro- cholesterin.

co co ,GOOH

.A'\ CH, /.\ \CH, - A"--. COOH

VI. Dehydro- VII. p-Chlordehydro- VIII. Chlor- cholestsnon-01. cholestanon. dicarbonsaure

Mit den eben beschriebenen Verbindungen wurden eine Anzalil weiterer Umsetzungen vorgenommen, die allerdings keine wesentlich neuen qesichtspunkte ergaben.

In der Chlordicarbonsaure (VIII) entspricht das Chlor den1 Hydroxyl des Cholesterins; es muB sich also in einem hydrierten Ringe befinden. Durch Kochen mit Kalilauge wird die Chlor- dicarbonsiiure in eine Oxydicarbonsaure C2, H,, 0, (IX) verwandelt, letztcre gibt bei der Oxydation mit, Chromsaure eine Ketodicarbon-

CZ3H3*( I - C23H38' I C23H38\

C:H ,-CH OH CH,--CHCI CHS-CHCl

C,,H,,C1O,.

*) Ein Wasserstoffatom aus cler endattindigen CH,-Gruppe, ein anderes aus dem Kern.

Page 20: Untersuchungen über Cholesterin

136 A. W indaus: Cholesterin.

siiure (X) und bei liingerer Einwirkung unter Ringsprengung eine Tetracarbonsaure (XI) C,, H,, 0,.

COOH C H C H C H <

CH2 - CHOH CHZ-CO COOH COOH IX. X. XI.

,A< '8 COOH w ' 8 COOH - ,q 38 COOH

Im Dehydrocholestanon-o1 (VI) entspricht das Hydroxyl ebenfalls dem Hydroxyl des Cholesterins. Durch Chromsaure geht das Dehydrocholestanon-o1 fast quantitativ in ein schwer- losliches Diketon iiber, das Dehydrocholestandion, C,,H,,O, (XII). Dieses wiederum wird durch Ammonpersulfat in sehr charakte- ristischer Weise verandert. Wie B a e y e r und Vi 1 1 i g e r 'O)

gefunden haben, werden zyklische Ketone durch C a r 0 ' s Reagens zu Oxysauren bezw. deren Laktonen aufgespalten. So gibt Suberon die 5- Oxyoenanthylsilure

CH2- CH2-C 0 CH 2-CH 2-COOH

CH 2- CH 2- CH ,OH CH ' I - CHZ<

a \ ~ ~ 2 - ~ ~ , - ~ ~ 2

Ganz so wird das Dehydrocholestandion (XII) in eine Oxy- ketomonocarbonsaure (XIII) verwandelt, und zwar geht, wie be- wiesen werden kann, diese Aufspaltung an derjenigen Ketogruppe vor sich, die dem Hydroxyl des Cholesterins entspricht.

C23HS8, Po I H

/\ CH, CH,-CO CH,OH COOH

XII. Dehydrocholestandion. XIII. Oxyketomonocarbonsaurc C*,H440,.

Durch Erwarmen mit Chromsaure geht sowohl diese SSure als auch das Dehydrocholestandion selbst in eine Ketodicarbon- sslure C,,H,,O, (XIV) iiber. Letztere kann auch aus dem Dehydro- cholestanon-ol (VI) mittelst unterbromigsaurem Kalium erhalten werden; sie ist isomer mit der Saure (X).

c23H38\ F0 I ./ 1

COOH COOHCHa XIV. Ketodicarbonsaure.

Alle diese Verbindungen wurden, um ihre Formeln sicher zu stellen und ihren Nachweis zu erleichtern, durch eine grol3ere An- zahl wohl krystallisierter Derivate charakterisiert.

70) B a e y e r u. V i 1 1 i g e r, Ber. D. chem. Ges. 32, 36%.

Page 21: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaus: Cholesterin. 137

Einwirkung von Chrornsiure auf Cholesterin. 6 0 ) 'l)

Bei der Einwirkung von Chromsaure auf Cholesterin entsteht als Hauptprodukt eine Verbindung CZ7H4,,O2, welche von Ma u t h n e r und S u i d a aufgefunden und ,,Oxycholestenon" genannt worden ist. Diese Verbindung liefert ein Hydrazon sowie ein fast un- losliches Phenylhydrazon, und enthalt also mindestens eine Carbonyl- gruppe. Ferner besitzt sie noch eine Doppelbindung; denn sie addiert sowohl Brom als auch Wasserstoff. Die Addition von Wasserstoff geht auBerst leicht, schon mittelst Zinkstaub und Essigsaure, vor sich, ohne daB hierbei die Ketogruppe angegriffen wiirde; die Verbindung verhalt sich also wie ein a,B ungesattigtes Keton. Bemerkenswerterweise ist uns das bei der Reduktion ent- stehende Produkt bereits bekannt, es ist das Dehydrocholestandion (XII), C27H4202, ein gesattigtes Diketon. Hieraus folgt, daB das Oxycholestenon ein a, p ungesiittigtes Diketon ist und sich eben- falls vom ,,Dehydrocholesterin" ableitet. Es miiBte D e h y d r o - c h o 1 e s t e n d i o n genannt werden. Die eine der beiden Keto- gruppen in dieser Verbindung reagiert ubrigens in der Enolform, sie liefert z. B. beim Behandeln mit alkoholischer Salzsaure einen leicht verseifbaren Enolather.

Im AnschluB an diese Versuclie wurde eine eingehende Untersuchung des gesattigten und des ungesattigten Diketons vor- genommen, um womoglich Anhaltspunkte fur die gegenseitige Lage der beiden Carbonylgruppen aufzufinden.

Da die beiden Carbonylgruppen zwei verschiedenen hydrierten Ringen zugehoren (s. oben), so ist die 1 , 2 Stellung strukturell unmoglich. Auch die 1, 3 Stellung der beiden Carbonyle ist hochst unwahrscheinlich; denn dann muBte die durch Oxydation des De- hydrocholestandions entstehende Ketodicarbonsaure (XIV) C,,H,,O, eine p Ketosaure sein. Die Saure C,,H,,O, ist aber auBerordentlich bestiindig und wird selbst von Kaliumhydroxyd bei 2200 kaum angegriffen. Auch liefert das Dehydrocholestandion mit Hydroxyl- amin ein normales Dioxim und nicht, wie 1, 3 Diketone, ein Is- oxazol'derivat. - Einen wichtigen Anhaltspunkt fur die Stellung der beiden Ketogruppen brachte das Studium der Einwirkung von Hydrazin. Hierbei reagiert nkmlich ein Molekul Dehydrocholestandion mit einem Molekul Hydrazin unter Austritt von zwei Mol. Wasser und unter Bildung einer Verbindung C,,H,,N,. Ein solches Ver-

'l) V a n 0 o r d t: Ueber Cholesterin, Inauguraldissertation, Freiburg i. B. 1901.

Page 22: Untersuchungen über Cholesterin

138 A. Wkndaus: Cholesterin.

halten zeigen, soweit bisher bekannt ist, nur 1, 3 und 1 , 4 Diketone *), welche hierbei Pyrazol- bezw. Pyridazinderivate 72) liefern. Da nun die 1 , 3 Stellung auf anderem Wege ausgeschlosseii wurde, bleibt nur die 1, 4 Stellung der Carbonyle iibrig. Demnach waren also Dehydrocholestendion und Dehydrocholestandion - Diketone.

Die R,ichtigkeit dieser Auffassung wird wesentlich durch die folgenden Beobachtungen gestiitzt. Das Dehydrocholestendion (,,Oxycholestenon") liefert ein Dibromadditionsprodukt, das Dehydrocholestandion ein Dibromsubstitutionsprodukt, welche beide die Formel C,,H,,02Br, besitzen und, wie eine ausfiihrliche Untersuchung ergab, zweifellos vollig identisch sind. In dem Additionsprodukte miissen die beiden Bromatome an benachbarte Kohlenstoffatome gebunden sein; in dem Substitutionsprodukte sollten sie nach vielfachen Erfahrungen die a-Stellung zu den Carbonylgruppen einnehmen. Diesen beiden Bedingungen geniigt nur die Formulierung -CO CBr-CH Br CO--, in der also eben-

I falls die beiden Ketogruppen in der 1, 4 Stellung stehen. Dem Dehydrocholestendion und dem Dehydrocholestandion wiirden also etwa folgende Strukturfornieln zukommen :

c22H37-c0 /\ I

\/ co

CzzH,,--CO /\ I

CH, C*-CH CH, C*H-CH, und \/

XV. Dehydro- XIIa. Dehydro- cholestendion cholestaridion.

co

(,,Oxycholestenon").

Von dem C*atom muB eine Ringbindung ausgehen, da ja, wie oben bewiesen, die beiden Ketogruppen in zwei v e r - s c h i e d e n e n reduzierten Ringen stehen.

Es erhebt sich nun die Prage, ob die bisherigen Ergebnisse ausreichen, um die Oxydation von Cholesterin zu Dehydro- cholestendion verstiindlich zu machen. Ich glaube, dies ist der Fall.

Nehmen wir an, daB im Cholesterin die Hydroxylgruppe zwischen z w c i Methylengruppen in-dem hydrierten Ringe steht (Formel Ia). Bei der Oxydation mit ChromsLure wird nun die sekundare Alkoholgruppe zur Ketogruppe, der Vinylrest zu -COCHO oxydiert.

*) In einem vereinzelten Falle ist es auch an eineiii v.-Uiketon

7 2 ) P a a1 u. S c h u l z e , Ber. D. chem. Ges. 36, 168. (Diacetyl) von C u r t i u s beobachtet worden.

Page 23: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windeus: Cholesterin. 139

/\ C,*H,,-CH I1 1 CH, < y 3 7 - ? O ] C*H, OCH H

CH, CH, CH,

Ia. Cholesterin. Zwischenprodukt.

\/ - CHOH

Das Sauerstoffatom der Aldehydgruppe verbindet sich dann mit der o. stiindigen *CH,-Gruppe unter Wasseraustritt. Dabei entsteht also eine Verbindung, welche die oben fur das Dehydro- cholestendion abgeleitete Formel besitzt. (XV.)

,c<H,,-Co CH, C=-dH \/ w

CO Zwischenprodukt. XV. Dehydrocholestendion

Die Reaktion ist vergleichbar dem Uebergang von Adipin- dialdehyd in Cyklopentenaldehyd, von Citral in p-Cymol USW.

CH, /\

CH, CH, CH2

I I w CHO&===CH I C g ' CH,

CHO-CH, O.CH Adipindialdehyd. Cyklopentenaldehyd.

Es ist sehr wahrscheinlich, daB auch bei der hier besprochenen Ringbildung ein Fiinf- oder ein Sechsring entsteht. o-Methylen- gruppe (*CH,) und intermediar angenommene Aldehydgruppe mussen also die 1,5 oder 1,6 Stellung zu einander einnehmen, und das Cholesterin selbst kann nur ein 6, E oder E, c ungesattigter Alkohol sein, wie dies durch die nachstehenden schematischen Strukturformeln angedeutet werden soll.

C C c c C"<\CH

2 \/

oder cr\g>zH H C1 lCHZ I/CH, H,C \>/

CHUH 6 CHOH

Bei der Einwirkung von Chromsaure auf Cholesterin entstehen ncbcn dem Hauptprodukt noch zwei andere neiitrale Produkte. Das eine iRt ein gesattigter Diketoalkohol*) ; er diirfte in der Weisc gebildet werden, daB die Kondensat>ion zwischen Aldehyd- und Methylengruppe ohne Wasseraustritt erf olg t :

*) Von M a u t h n e r und S u i d a ,,Oxycholestendiol" genannt; richtiger wiire die Bezeichnung: Dehydrooholestandion-ol.

Page 24: Untersuchungen über Cholesterin

140 - c c c c

C/'"CH C / \ / \ W I l C /

H2C,,CH, COH [ - CO ' 1zH2 ILH, HZC, /

CHOH

In der Tat verliert das Produkt (XVI) leicht Wasser und geht in Dehydrocholestendion iiber, was mit der oben erwahntcn Annahme in guter Uebereinstimmung steht. Das andere Neben- produkt hat die Pormel C,,H,,02; es ist ein ungesattigter Keto- alkohol*) und 1lRt sich glatt zum Dehydrocholestendion oxydieren. Ihm diirfte die Formel XVII zukommen.

SchlieBlich sei erwahnt, daB die beiden zuletzt besprochenen Produkte auch entstehen, wenn eine Benzollosung des Cholesterins mit einer schwefelsauren Kaliumpermanganatlosung durchgeschiittclt wird.

Der Nachweis, daR das Cholesterin ein ;, E (oder S, C) un- geslttigter Alkohol ist, wirft noch ein interessantes Licht auf eine weitere Umsetzung. Die zweibasische Sanre C2, H,, 0, (XIV) aus Cholestandion liefert nlmlich leicht ein Monobromsubstitutions- produkt, in welchem sich das Brom in a-Stellung zu der Keto- gruppe befinden diirfte. Diese Monobromslure C,, H,, 0, Br verliert nun sehr leicht Bromwasserstoff und geht in eine einbasische Laktonsaure C,, H,, 0, iiber. Das Brom muB also auch in 7- (oder 8-) Stellung zu einem Carboxyl stehen. Bei kurzem Ermarmen mit wenig iiberschiissiger Kalilauge liefert die Laktonsaure das Kalium- salz einer Oxyketodicarbonsaure, die sich in saurer Losung sofort unter Wasserabspaltung in die LaktonsiCure zuriickverwandelt.

*) Von M a u t h n e r und S u i d a ,,a-Oxycholestenol" genannt; richtiger wiire die Bezeiohnung ,,Dehydrocholestenon-01".

Page 25: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaus: Choleshrin. 141

Bd llingerem Kochen mit Kalilauge wird sie dagegen zu einer isomeren Oxyketodicarbonsllure umgelagert, die nicht mehr zur Laktonbildung befghigt ist. Wahrscheinlich handelt es sich um eine cis trans Isomerie. (Vgl. die analogeu Verldtnisse am Cumarin und der o-Cumarsaure).

Die eben besprochenen Umsetzungen lassen sich in ein- leuchtender Weise durch die folgenden schematischen Formeln wiedergeben :

Wiisde statt der Formel mit dem Fiinfring die weniger wahrscheinliche Formel mit dem Sechsring gewahlt, so ware die LaktonsSure eine 8-Laktonsaure.

A n h a n g : AuBer dem Cholesterin haben M a u t h n e r und S u i d a auch Cholesterylchlorid und Cholesterylacetat mit ChromsSure behandeltso). Aus dem Cholesterylchlorid bildet sich ein ,,Oxychlorcholesten" C,,H,, OC1, aus dem Cholesterylacetat entstehen die Acetylderivate zweier Verbindungen von der Eormel C,,H,,02 und C,,Hqq (as) 0,. Die erstere ist ein Ketoalkohol, , ,p-Oxycholestenol" genannt,, der leicht Wasser abspaltet und in eine ,,Oxycholesterylen" genannte Substanz ubergeht. Bei diesen Verbindungen steht eine genaue Untersuchung, die eine einwvands- freie Formulierung gestatten wiirde, bisher noch aus.

A. Windaus: Choleshrin. 141

Bd llingerem Kochen mit Kalilauge wird sie dagegen zu einer isomeren Oxyketodicarbonsllure umgelagert, die nicht mehr zur Laktonbildung befghigt ist. Wahrscheinlich handelt es sich um eine cis trans Isomerie. (Vgl. die analogeu Verldtnisse am Cumarin und der o-Cumarsaure).

Die eben besprochenen Umsetzungen lassen sich in ein- leuchtender Weise durch die folgenden schematischen Formeln wiedergeben :

Wiisde statt der Formel mit dem Fiinfring die weniger wahrscheinliche Formel mit dem Sechsring gewahlt, so ware die LaktonsSure eine 8-Laktonsaure.

A n h a n g : AuBer dem Cholesterin haben M a u t h n e r und S u i d a auch Cholesterylchlorid und Cholesterylacetat mit ChromsSure behandeltso). Aus dem Cholesterylchlorid bildet sich ein ,,Oxychlorcholesten" C,,H,, OC1, aus dem Cholesterylacetat entstehen die Acetylderivate zweier Verbindungen von der Eormel C,,H,,02 und C,,Hqq (as) 0,. Die erstere ist ein Ketoalkohol, , ,p-Oxycholestenol" genannt,, der leicht Wasser abspaltet und in eine ,,Oxycholesterylen" genannte Substanz ubergeht. Bei diesen Verbindungen steht eine genaue Untersuchung, die eine einwvands- freie Formulierung gestatten wiirde, bisher noch aus.

Page 26: Untersuchungen über Cholesterin

142 A. Windaus: Cholesterin.

Einwirkunp einer alkalischen Permanganatlosung auf Cholesterin.60)

Wird Cholesterin, in Bcnzol gelost, mit einer alkalischen Kaliumpernianganatlosung geschiittelt, so erfolgt sehr langsam ein Angriff, und aus dem Reaktionsprodukt l&Rt sich in geringer Aus- beute ein gesattigter dreiwertiger Alkohol isolieren, der statt der erwarteten Formel C,, H,, 0, die Formel C,, H,, 0, besitzt und sich also ebenfalls vom Dehydrocholesterin ableitet und als Dehydro- cholestantriol bczeichnet werden konnte. Auf Grund der bis- herigen Erfahrungen macht die Formulierung der Reaktion keine Schuierigkeiten mehr.

Die Gruppe CH : CH, wird also zu -CKOHCHO oxydiert, und die gebildete Aldehydgruppe tritt mit der a-Methylengrnppe dine Wasseraustritt zuuemmen, wobei ein neuer RingschluB statt- findet. Letzterer Vorgang entspricht dem Uebergang von Citro- nellal in Isopulegol.

Urn die Richtigkeit der gewahlten Forinulierung zu erweisen, schien es erwiinscht, das Triol mit den schon bekannten genau untersuchten Oxydntionsprodukten des Cholesterins in genetischen Zusammenhnng zu bringen : Bei der Oxydation mit Chromsaure verliert das Triol vier Atome Wasseratoff und liefert einen Diketo- slkohol (XIX), der mit dem Dehydrncholestandion-ol isomer (stereoisomer ?) ist. Beim Emarmen mit alkoholischer Selzsiiure geht er ganz wie letzterer zunachst in den Enolather des Dehydro- cholestendions iiber, der dann bei der Verseifung das Dehydro- cholestendion (XV) selbst liefert. Damit ist die angenommene Struktur des Triols erwiesen, da sie ganz zu den von der Theorie vorhergesagten Resultaten fiihrt :

Page 27: Untersuchungen über Cholesterin

A. Wind8us: Chdesterin. 143

C,*H,,--CO ,,\ I

C,,H,,-CHOH 5,*H37--CO I /\

CH? CH-CHOH p-* cH, ~ H - ~ H O H p-* CH, c - CH , ,

CHOH co co xvm XIX. XV.

Diketoelkohol Dehydrocholestendion C27H4203. ( , ,O xycholestenon' ' ).

Einwirkung von unterbromigsaurem Kalium a u f Cholesterin: Die SBure Cz,H44 O4 und ihre Oxydationsprodukte. 61)60)

Wird Cholesterin, fein gepulvert, mit unterbroniigsaureni Kaliuiii geschuttelt, so geht es langsam in Losung und liefert eine sehr srhwer losliche, sehr charakteristische zweibasische Saiure C,; H,, O,*). Die Deutung der Reaktion ist einfach. Wiederum handelt es sich um die Aufsprengung desjenigen hydroaroinatisclien Ringea, der die -CH,-CHOH-Gruppe enthglt :

C2,HsS-CH H /\ 1 1

C23H39-cH /\ /I

CH,--LHOH CH, COOH COOH CH, I. Cholesterin. XX. Siiure C,,H,,O,.

Eigenartig ist es, daB diese Saure (XX), die noch die doppelte Bindung des Cholesterins enthalten sollte, fast indifferent gegen Brom ist.

Diese SLure, deren Entdeckung wir D i e l s und A b d e r h a 1 d e n verdanken, ist besonders wichtig, weil sie mit geringem Zeitaufwand und in ziemlich guter Ausbeute aus dem Cholesterin gewonnen werden kann und daher ein ausgezeichnetes Ausgangsmaterial fur den weiteren Abbau des Cliolesterins darstellt.

Bei diesen: Abbau hat allerdings die Reindarstellung und die Charakterisierung der Oxydationsprodukte groBe Muhe pereitet ; doch ist es schlieBlich gelungen, durch Verwendung der schon krystallisierten sauren Alkalisalze, besonders der Rubidiumsalze, alle Schwierigkeiten zu iiberwinden. Im folgenden sol1 nur ganz kurz iiber die Hauptresultate berichtet werden, die iederum mit den bisherigen Annahmen in vorziigliclier Uebereinstimmung stehen.

Mit Kaliumpermanganatlosung liefert die Sauce C,,H,,O, a18 erstes fafibares Einwirkungsprodukt eine Dicarbonsaure C,,H,,,O,, die das fiinfte Sauerstoffatom wahrscheinlich in Form von Carbonyl enthiilt und noch ungesattigter Natur ist. Die doppelte Bindung in dieser Saure unterscheidet sich aber in auffallender Weise von

*) In geringw Ausbeute entsteht dieselbe Saure auch hei der Osydation des Cholesterins mit Chroinsiiure.

Page 28: Untersuchungen über Cholesterin

144 A. Wind &us: Choleaterin.

derjenigen in dcr Saure C2,H,,0, ; walirend letztcre niimlicli gcgen Reduktionsmittel sehr bcstiindig ist, laBt sich die Doppelbindung der neuen Saure bereits durch Zinkstaub und Essigsaure leiclit rcdu- zieren und diirfte also in v , ? Stellung zu ciner negativen Gruppe stehen. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen wiire die zunachst nierkwiirdig erscheinende Entstehung einer u, 3 ungesattigtcn Keto- siiure (XXI) folgendermal3en zu deuten :

C2LH37 -CH

C 6 H COOH C6OH XXI.

,/ -. C O W %Ha CH, H

XX. Zwischenprodukt. Same C27H,,06.

Urn die Richtigkeit dieser ,,konstruicrten" Formeln zu prufcn, wurde die weitere Oxydation der Saure C,,H,,O, (XXI) vor- genommen. Hierbei war zu envarten, da13 die Saure an dcr doppelten Bindung geapalten und in eine Diketotricarbonsaure vcrwandclt wiirde :

CzZH37--CO /\ ' C22H37-c0

,/\ COOH G--h + 3 0 = COOH CO 6OOH

C6OH XXI.

C6OH XXJI.

Diketotricarbonsiiure C27H4~08*

Dies ist nun tatsachlich der Pall; die Saure verbraucht Atome Sauerstoff und gibt glatt eine schiin krystallisicrte

drei Di-

kctotricarbonsiiure C,,H,,O,, die durch mclirere Derivate charakteri- siert wurdc. Diese Siiure (XXII) enthalt, wenn die angenoniinenen Formeln zutreffen, die beiden Kctogruppen in U, 0.1 Stellung zu zwei Carboxylen. In der 'rat wird sic bei der Oxydation mit Chromsaurc in glatter lteaktion unter Abspaltung von zwei Nolekulen Kohlensaurc in eine Tricarbonsaure C,,H,,O, (XXIII) verwandelt, die ihren gesaniten Sauerstoff in Form von Carboxyl gebunden enthalt :

COOH XXII. XXIII. Tricarbonsaure

C?6H4C!06.

Gcrade bei diesen letzten Reaktionen ersaheint die Geber- cinstininiung zwischen Thcorie und Tatsachen besondcrs beweis- kraftig.

_. .- - _ _ -

Page 29: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaue: Choleaterin. 145

Wenn wir die bisher beaprochenen Umsetzungen des Cholcsterins nochmals uberblicken, 80 crkennen wir, daB es nunmelir gelungcii ist, sie alle e i n h e i t 1 i c h zu deutsn; und hierin sehe ich einc selir wesentliche Stiitze fur die Annahme, daB die gewahlten Formu- lierungcn richtig sind. Und wenn auch bei cinem so komplizicrten Molekiil, wie demjenigen des Cholesterins, besondere Vorsicht in der theorctischen Verwertung der Resultate geboten ist, so glaube ich doch, daB uber die ersten, dem Cholesterin nahestelienden Oxy- dationsprodukte weitgehende Aufklarung geschaffen ist.

Nunmchr erscheint es auch an der Zeit und aussichtsreich, mit dem Studium eines weitergehenden Abbaucs zu beginnen und die Zerlegung des Cholesterins in kleinere Bruchstiicke zu versuchen. Die bisherigen Versuche auf diesem Gebiet haben wenig Erfolg gchabt.

So ist z. B. der Abbau des Cholesterins durch trockene Destil- lation versucht ~ o r d e n ' ~ ) . Dabei entstehen komplizierte Gemischc hochmolekularer, optisch aktiver Kohlenwaaserstoffe, die in ihren Eigcnschaften bcstimmten Fraktionen des Petroleums iihnlich sind5°)e0). Gerade dime lctzte Tatsache hat in jungster Zeit Auf- sehen erregt, weil von einigen Forschern74) die optische Aktivitiit des natiirlichcn Petroleums auf diese Zersetzungsprodukte zuriick- gefuhrt wird. Allgemein anerkannt ist indewen diese Deutung nichV6).

Ein Zerfall des Choleaterinmolekuls findet auch atatt bei energisclier Behandlung mit starker Salpetersaurem)"). Hierbei treten Essigsaure, Oxalsaure, Bernsteinsaure und Dinitimkopropan (CH3)2qK02)2 ale Spaltstiicke auf. Von diesen beanaprucht nur dae Dinitroisopropan groI3eres Interesse, weil seine Bildung beweist, daB im Molekiil des Cholcsterins, ebenso wie in der Abietinsiiure und zahlreichen Terpenen, die Isopropylgruppe vorhanden ist.

Die Formel des Cholatcrins kann also weiter zerlegt werden in

(CH3)2 C?.&H,l--CH ./ \

CH, CH, bH, \ ,,'

CHOH

Neben Essigsaure usw. entstehen bei der Oxydat,ion deR Cholcsterins noch einc Anzahl amorpher S l i ~ r c n ~ ~ ) , die von

7 3 ) H e i n t z, Annalen 76, 366. 7 4 ) H a k u s i n , Chum. Ztg. 80, 1041. M a r c u s s o n , Chem.

Ztg. 80, 788 u. 81, 419. E n g 1 c r. Petroleurn 2, 60. 7 6 ) N e u b e r g , Biochem. Ztechr. I, 368, 7, 199. 7 8 ) R e d t e n b a c h e r, Annalen 67, 166.

Arch. d Pharm. CCXXXXVI. Hds. 2. Iteft 10

Page 30: Untersuchungen über Cholesterin

148 A. Windaus : Cholesterin.

M a 11 t h n e r und S 11 i d a studiert worden sind. Dicse Siiuren, die noch p: i n e n hydroaromatischen Ring zu enthalten scheinen, haben bislier nicht, in sicher reincm Zustand erhalten werden konneii, soda13 die Formeln derselben noch nicht einwandsfrei feststehen.

Wie aus dern Geaagten hervorgeht, ist uber den Kern des Cholesterins noch fast nichts bekannt,. lmmerhin lassen sich aus dem vorhandenen Material einige SchluBfolgerungen ableiten : Der Tricarbonsaure C25H4006 (XXIII) liegt ein gessttigter Kohlen- wasserst.off C,,H,, zu Grunde, der seclis Wasserstoffatome weniger enthiilt als das entsprechende Paraffin (C22H46). Es miissen also in dcr Tricarbonsaure Ringbildungen vorhanden scin, und zwar noch drei hydrierte gesiittigte Ringe. Das Vorhandensein cines Benzolringes ist, abgesehen von anderen gewichtigcn Grunden, schon durch den Wasserstoffgehalt allein ausgeschlossen, da ein Phenylrest ein Minus von a c 11 t Wasserstoffatomen gegeniiber eineni Paraffin bedingt.

Welcher Art inogen nun diesc llydriert.cn Ringsystenie sein ? Hieriiber kann man vorlaufig nur Verinutungcn aul3ern ; doch sei nochinals auf die hrnerkenswert e Aehnlichkeit zwischen den Cholesterinen und den Harzsiuren7') hingewiesen. Fur eine der- selben, fur die Abietinsiiurc, ist bewiesen, daB sie sich von cincni hydrirrten Reten (~et~iylisopropylphenantliren) ableitet. Es ist, also wahrschcinlioh, (la13 aueh in1 C.'holest.erin hydrierte Nephthalin- odor Phenanthrenringe vorhanden sind").

S t e i ne4) hat vor einigcr Zeit versucht, die bisherigen Er- falirungen uber Cholesterin in einer Konstit.utionsforme1 zusammen- zufassen. Die Aufstellung eirier solchen Formel mag verfriiht erseheinen, da sic noch zu viele hypothetisehe E1ernent.e enthalten mulJ. Immerhin mag ein solches Bild, wenn es zu neuen Versuchen die Anregung licfcrt, seine Bedeutung besitzen. Die (etwas modi- fizierte) Konstitutionsformtl von S t e i n ist die folgende:

CH, CH, Ctl, CB, CH, CH 011 /-- y & /\/\ ...__A,/ \,

CH, ~ C H :OH nc ,CH , c u

7 7 ) M a c 11, Rlonatsh, f . Chem. 16, 627. T s c h i r c h u. S t 11 d r r, Arcli. d. Plimwi. 241, 542.

Page 31: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaus: Cholesterin. 147

Auch wenn wir diese weitgehenden Spekulationen ablehnen, so konnen wir doch schon jetzt folgendes zusammenfassend iiber das Cholesterin aussagen: D a s C h o 1 e s t e r i n b e s i t z t d i c F o r m e l C,,H,,O. E s i s t e i n e i n w e r t i g e r , e i n f a c h u n g e s a t t i g t e r, d e s s e n H y d r o x y l g r u p p e i n e i n e m h y d r i e r t e n R i n g , u n d z w a r z w i s c h e n z w e i M e t h y l e n g r u p p e n , s t e h t . D i e D o p p e l b i n d u n g f i n d e t s i c h i n e i n e r e n d - s t i i n d i g e n V i n y l g r u p p e (CH :CH2) u n d z w a r i n ;,€

( o d e r ~ , c ) S t e l l u n g z u m H y d r o x y l . D a s M o l e k u l d e s C h o l e s t e r i n s e n t h a l t e i n e I s o p r o p y l g r u p p e . A u s d e r Z a h l d e r W a s s e r s t o f f a t o m e f o l g t , da5 im ganzen im C h o l e s t e r i n v i e r g e s a t t i g t e h y d r i e r t e R i n g e v o r h a n d e n s i n d. Das Cholesterin ist dadurch mit Sicherheit als kompliziertes Terpen*) charakterisiert. Dies ist sehr interessant, weil ihm damit im tierischen Organismus eine ganz eigenartige Stellung zugewiesen wird. Augenscheinlich hat es mit den Fetten, den Kohlenhydraten und den EiweiBkorpern und mit deren Umwandelungsprodukten chemisch nichts zu tun. Von allen Substanzen, die im Tierkorper vorkommen, ist es diejenige, welche den kompliziertesten Kohlenstoffkern enthalt. Nur einer einzigen Substanz, der Cholsaure, diirfte es nahe verwandt sein. Auf Grund bekannter Tatsachen lienen sich die vermuteten Be- ziehungen zwischen Cholesterin und Cholsaure ( C24H4005) durch die folgendcn (h y p o t h e t i s c h e n) Formeln wiedergeben:

s e k u n d ii P e r A 1 k o h 01,

CH, I

(CH2OH)+2,aH,,-COOH (CH,),C,gH27-CH-CH=CH, /\ I\

\/ \/ CH, CH, H CH, CH,

CHOH CHOH Cholesterin C,,H,,O. Cholsaure C24H4006.

Besonders bemerkenswert ist es, da13 in anderen Tierklassen Gallensiiuren existieren, die dem Cholesterin augenscheinlich vie1 nLher atehen als die typische Cholsaure. So ist aus der Gansegcllle eine ,,Chenocholsiiure" isoliert worden, welche nach den sorgfaltigen Untersuchungen von H e i n t z, W i s 1 i c e n u s und 0 t i? 070)

die Formel C,,H,,O, besit,zt und eine Monocarbonsaure darstellt.

*) Von terpenartigen Korpern ist bisher im tierischen Organismus n u ein Terpenketon, das Muscon (am Moschus) aufgefunden worden's).

'7 W a 1 b a u m, Journ. f . prakt. Chem. 73, 488. 7 B ) 0 t t 0, Annalen 149, 186.

10*

Page 32: Untersuchungen über Cholesterin

148 A. Windaus: Cholesterin.

Es sei hervorgehoben, daB aus dem Cholesterin bereits zwei krystalli- sierte isomere Monocarbonsauren C,,H,,O, bereitet worden sind, und es ist durchaus miiglich, daB diese der Chenocholsiiure auBer- ordentlich nahe verwandt sind.

Anhang. In der vorstehenden Besprechung sind nur diejenigen Ver-

bindungen berucksichtigt worden, die durch ihre Krystallisations- fiihigkeit, sowie durch scharfe physikalische Konstanten als chemische Individuen gekennzeichnet worden sind*). Dsgegen sind die amorphen, aus dem Cholesterin erhaltenen Produkte, fur deren Einheitlichkeit jeder Beweis fehlt, von der Besprechung ausge- schlossen worden. Hierher gehoren :

a) Die von L a t s c h i n o f f46) durch Oxydation des Chole- sterins erhaltenen Stoffe, die Cholestensaure, die Oxycholesten- saure, die Dioxycholestensaure, das Trioxycholesterin sowie das Trioxycholesterindiacetat. Keine dieser Verbindungen ist als chemisches Individuum charakterisiert worden ; und auf Grund einer Nachprufung kann ich angeben, daB es sich sicher urn kom- plizierte Gemische verschiedener Oxydationsprodukte handelt.

b) Dasselbe gilt fur die ,,Oxycholalsiiure" von L o e b i s c h54). c) Die Existenz des Cholesterylamins von L o e b i s c h64) ist

sehr zweifelhaft. d) Ueber die von Z w e n g e r5,) erhaltenen Kohlenwasser-

stoffe, die Cholesteriline und Cholesterone haben sich M a u t 11 n e r und S u i d a ausfuhrlich geaul3ert.

e) Von verschiedenen Seiten ist versucht worden, durch energische Einwirkung von Halogen halogenreiche Derivate des Cholesterins zu erhdten. Solche Versuche sind von S c h w e n d 1 e r und M e i 13 n e P O ) , von H. S c h r 6; t t e r81) und anderen durch- gefuhrt worden, haben aber in keinem Fall zu brauchbaren Er- gebnissen gefuhrt.

f ) L i f s c h u t z82) hat beobachtet, daB bei der Oxydation des Cholesterins mit Eisessig und Kaliumpermanganat amorphe Produkte entstehen ; unter diesen befindet sich auDer einer

Siehe hierzu S t e i n's Dissertation, Tabelle.

*) Die Zahl dieser Verbindungen (mit EinschluD der Derivate) betriigt schon etwa 160.

Liebigs Annalen 59, 107. Monatshefte f . Chem. 24, 220.

*?) Zeitschr. f. physiol. Chem. 60, 436 und 63, 140.

Page 33: Untersuchungen über Cholesterin

A. Windaus: Cholesterin. 149

aniorphen Saure ein Stoff, der mit Eisessig und konzentrierter Sch\i efebaure eine Rotfarbung Liefert, die allmahlicli in eine Griin- blsuf Brbung ubergeht.

Auf Grund dieser Beobachtung ninmit L i f s c 11 ii t z die Existenz von drei neuen Verbindungen an, die er, o h n e A n a l y s e n a u s z u f i i h r e n u n d o h n e D e r i v a t e z u b e r e i t e n *), lediglich auf Grund einer Farbenreaktion mit Formeln und Namen belegt. Zur Deutung der Reaktion stellt er ein Schema auf, das mit allen Erfahrungen im Widerspruch steht, und in dem z. B. Aether als Reduktionsprodukte der entsprechenden Alkohole aufgefaBt werden. Es bedarf keiner Erorterung, daB auf solchem Wege angeshellte Untersuchungen fur die chemische Erforschung des Cholesterins ohne Bedeutung sind, und daB die von L i f s c h u t z aufgestellten Formeln jeder Begriindung entbehren. Es ersclieint notwendig, diese Arbeiten deutlich zu charakterisieren, daniit verhiitet wird, daB sie in die chemische oder physiologische Literatur ubergelien.

g) SchlieDlich mu13 eine Notiz von P i c k a r d und Y a t e s83) aus dem Jahre 1903 besprochen werden, in welcher kurz angegeben wird, daB bei der Oxydation des Cholesterins Arachinsaure entsteht. Eine ausfiihrlichere, mit experimentellen Belegen versehene Arbeit, die eine Nachpriifung gestatten wiirde, ist nicht erschienen. Schon iin Jahre 1904 haben S t e i n wid icli darauf hingewiesen, dalj die Bildung von Arachinsaure aus Cholesterin sehr unwalirscheinlich sei. Oben habe ich gezeigt, daB die Forniel des Cholesterins sich auflosen lBBt in

(CH,), C,,H,,-CH=CHZ, CH, CH, , COOH

und daB demgemalj der Kern des Cholesterins aus einem f ii n f - w e r t i g e n R e s t C20H31 besteht. Es erscheint unnioglich, da13 dieser Rest CI,,H,, durcli Oxydationsmittel in Arachinsaure C,,H,,O, iibergefiihrt werden sollte. Leider ist die Notiz von P i c k a r d und Y a t e s bereits in die Lelirbiicher aufgenommen worden und findet sich z. B. in der neuen Auflage des ,,M e y e r- J a c o b s o n". Es ware sehr erwiinscht, wenn die englischcn Chemiker ihr experimentelles Material mitteilen wiirden oder ihre friihere Angabe als irrtiimlich bezeichnen wollten.

*) Nur der Calciumgehalt eines amorphen Calciumsalzes ist ba-

s a ) Proceed. chemic. society 19, 147. stimrnt worden.