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Untersuchungen fiber den Bittergeschmack von Emulsionen hiiherer Fetts iuren Herbert Wieser, Wolfgang Stempfl, Werner Grosch und Hans-Dieter Belitz Deutsche Forschungsanstalt fiir Lebensmittelchemie und Institut fiir Lebensmittelchemie der Technischen Universitfit Miinchen Lichtenbergstr. 4, D-8046 Garching, Bundesrepublik Deutschland Studies of the Bitter Taste of Fatty Acid Emulsions Summary. Eighteen fatty acids, methyl esters of fatty acids and fatty alcohols emulsified in water with su- crose palmitate stearate were tested for taste quality. In the case of bitter tasting compounds the taste thresholds were determined. The intensity of bitter taste of fatty acids and fatty alcohols is dependent on the length of the hydrocarbon chain and on the number, the configuration and the positions of double bonds. The methyl esters of linoleic and linolenic acid are not bitter. Gamma-linolenyl alcohol and alpha- linolenic acid have the lowest threshold values (0.2- 0.5 and 0.6-1.2mmol/1), similar to that of caffeine (0.8-1.2 mmol/1). Zusammenfassung. Achtzehn Fetts/iuren, Fettsfiure- methylester und Fettalkohole, emulgiert in Wasser mit Sucrosepalmitatstearat, wurden auf ihre Ge- schmacksqualit/it untersucht; bei bitterschmeckenden Verbindungen wurden die Schwellenwerte bestimmt. Die Intensit/it des Bittergeschmacks yon Fetts/iuren und Fettalkoholen hfingt von der Lfinge des Alkylre- stes sowie vonder Anzahl, der Konfiguration und der Position der Doppelbindungen ab. Linol- und Lino- lens/iuremethylester schmecken nicht bitter. 7-Linole- nylalkohol und e-Linolens/iure haben die niedrigsten Schwellenwerte (0,2-0,5 bzw. 0,6-1,2 mmol/1) und lie- gen etwa im gleichen Bereich wie Coffein (0,8- 1,2 mmol/1). den, welche Zusammenhfinge zwischen dem Bitterge- schmack und der chemischen Struktur in dieser Stoff- klasse bestehen. Experimentelle Angaben Material Die Lipide (Numerierung vgl. Tab. 1) wurden bezogen yon: Merck (I), Nu Chek Prep (V, VII-XIII), Sigma (II-IV, VI, VII, XIV XVIII). Am Tage der sensorischen Untersuchung jeweils 100 mg nach [1] durch Verteilungschromatographie im System Benzol/Methanol [2] yon anhaftenden Oxidationsprodukten befreien. Position der S/iuren im Eluat durch Titration mit ethanolischer KOH (0.01 tool/l) und Position der Methylester und Alkohole durch Diinnschichtchro- matographie an Kieselgel G 60 mit Heptan/Diethylether (4 + 1, v/v) als Laufmittel, Sichtbarmachung mit 5% Phosphormolybdansfiure in 96%igem, w~iBrigem Ethanol und Erhitzen auf 150 °C ermitteln. L6sungsmittelgemisch im Vakuum abziehen und L6sungsmittelreste 5 min mit Stickstoff abblasen. Methoden Die Lipide (60-80 mg) und Sucrosepalmitatstearat (5%, w/w, bezo- gen auf Lipid) in 20 ml Methanol 16sen, Methanol im Vakuum abzie- hen, Rfickstand in 15 ml Leitungswasser, dessert pH mit wenig NaOH auf 8,0 eingestellt worden war, mit Homogenisator (Ultra Turrax) homogenisieren. Die sensorische Analyse innerhalb einer Stunde nach der chro- matographischen Reinigung durchfiihren, wobei die qualitative Ge- schmacksuntersuchung mit 1 ml der Emulsionen und die Bestim- mung der Bittergeschmacksschwellen durch sukzessive Verdfinnung mit 0,02%iger, w/iBriger Emulgatorl6sung erfolgte. Nach der Verko- stung mit dem Fe-Test pr/ifen, ob in den Emulsionen Peroxide ent- halten sind [1]. Einleitung Untersuchungen an bitterem Mohnsamen haben erge- ben, dab freie Linolsfiure an der Ausbildung des Bit- tergeschmacks sehr wesentlich beteiligt ist [1]. Durch die sensorische Untersuchung weiterer h6herer Fett- s/iuren und verwandter Verbindungen soll gezeigt wer- Offprint requests to: H.-D. Belitz Ergebnisse und Diskussion 18 h6here Fettsfiuren, Fetts/iuremethylester und Fett- alkohole wurden nach chromatographischer Reini- gung an Kieselgel in einer Sucrosepalmitatstearat- Emulsion auf Bittergeschmack untersucht. Fast alle Verbindungen wurden zu verschiedenen Zeiten zwei- fach sensorisch analysiert; die Beschreibung des Ge- schmackseindrucks wie auch die Bestimmung des Schwellenwertsbereichs f/Jr Bittergeschmack waren gut reproduzierbar. Wie der Fe-Test zeigte, waren die Z LebensmUnters Forsch (1984) 179:447~,49 © Springer-Verlag1984

Untersuchungen über den Bittergeschmack von Emulsionen höherer Fettsäuren

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Page 1: Untersuchungen über den Bittergeschmack von Emulsionen höherer Fettsäuren

Untersuchungen fiber den Bittergeschmack von Emulsionen hiiherer Fetts iuren

Herbert Wieser, Wolfgang Stempfl, Werner Grosch und Hans-Dieter Belitz Deutsche Forschungsanstalt fiir Lebensmittelchemie und Institut fiir Lebensmittelchemie der Technischen Universitfit Miinchen Lichtenbergstr. 4, D-8046 Garching, Bundesrepublik Deutschland

Studies of the Bitter Taste of Fatty Acid Emulsions

Summary. Eighteen fatty acids, methyl esters of fatty acids and fatty alcohols emulsified in water with su- crose palmitate stearate were tested for taste quality. In the case of bitter tasting compounds the taste thresholds were determined. The intensity of bitter taste of fatty acids and fatty alcohols is dependent on the length of the hydrocarbon chain and on the number, the configuration and the positions of double bonds. The methyl esters of linoleic and linolenic acid are not bitter. Gamma-linolenyl alcohol and alpha- linolenic acid have the lowest threshold values (0.2- 0.5 and 0.6-1.2mmol/1), similar to that of caffeine (0.8-1.2 mmol/1).

Zusammenfassung. Achtzehn Fetts/iuren, Fettsfiure- methylester und Fettalkohole, emulgiert in Wasser mit Sucrosepalmitatstearat, wurden auf ihre Ge- schmacksqualit/it untersucht; bei bitterschmeckenden Verbindungen wurden die Schwellenwerte bestimmt. Die Intensit/it des Bittergeschmacks yon Fetts/iuren und Fettalkoholen hfingt von der Lfinge des Alkylre- stes sowie vonder Anzahl, der Konfiguration und der Position der Doppelbindungen ab. Linol- und Lino- lens/iuremethylester schmecken nicht bitter. 7-Linole- nylalkohol und e-Linolens/iure haben die niedrigsten Schwellenwerte (0,2-0,5 bzw. 0,6-1,2 mmol/1) und lie- gen etwa im gleichen Bereich wie Coffein (0,8- 1,2 mmol/1).

den, welche Zusammenhfinge zwischen dem Bitterge- schmack und der chemischen Struktur in dieser Stoff- klasse bestehen.

Experimentelle Angaben

Material

Die Lipide (Numerierung vgl. Tab. 1) wurden bezogen yon: Merck (I), Nu Chek Prep (V, VII-XIII), Sigma (II-IV, VI, VII, XIV XVIII).

Am Tage der sensorischen Untersuchung jeweils 100 mg nach [1] durch Verteilungschromatographie im System Benzol/Methanol [2] yon anhaftenden Oxidationsprodukten befreien. Position der S/iuren im Eluat durch Titration mit ethanolischer KOH (0.01 tool/l) und Position der Methylester und Alkohole durch Diinnschichtchro- matographie an Kieselgel G 60 mit Heptan/Diethylether (4 + 1, v/v) als Laufmittel, Sichtbarmachung mit 5% Phosphormolybdansfiure in 96%igem, w~iBrigem Ethanol und Erhitzen auf 150 °C ermitteln. L6sungsmittelgemisch im Vakuum abziehen und L6sungsmittelreste 5 min mit Stickstoff abblasen.

Methoden

Die Lipide (60-80 mg) und Sucrosepalmitatstearat (5%, w/w, bezo- gen auf Lipid) in 20 ml Methanol 16sen, Methanol im Vakuum abzie- hen, Rfickstand in 15 ml Leitungswasser, dessert pH mit wenig NaOH auf 8,0 eingestellt worden war, mit Homogenisator (Ultra Turrax) homogenisieren.

Die sensorische Analyse innerhalb einer Stunde nach der chro- matographischen Reinigung durchfiihren, wobei die qualitative Ge- schmacksuntersuchung mit 1 ml der Emulsionen und die Bestim- mung der Bittergeschmacksschwellen durch sukzessive Verdfinnung mit 0,02%iger, w/iBriger Emulgatorl6sung erfolgte. Nach der Verko- stung mit dem Fe-Test pr/ifen, ob in den Emulsionen Peroxide ent- halten sind [1].

Einleitung

Untersuchungen an bitterem Mohnsamen haben erge- ben, dab freie Linolsfiure an der Ausbildung des Bit- tergeschmacks sehr wesentlich beteiligt ist [1]. Durch die sensorische Untersuchung weiterer h6herer Fett- s/iuren und verwandter Verbindungen soll gezeigt wer-

Offprint requests to: H.-D. Belitz

Ergebnisse und Diskussion

18 h6here Fettsfiuren, Fetts/iuremethylester und Fett- alkohole wurden nach chromatographischer Reini- gung an Kieselgel in einer Sucrosepalmitatstearat- Emulsion auf Bittergeschmack untersucht. Fast alle Verbindungen wurden zu verschiedenen Zeiten zwei- fach sensorisch analysiert; die Beschreibung des Ge- schmackseindrucks wie auch die Bestimmung des Schwellenwertsbereichs f/Jr Bittergeschmack waren gut reproduzierbar. Wie der Fe-Test zeigte, waren die

Z Lebensm Unters Forsch (1984) 179:447~,49 © Springer-Verlag 1984

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O¢[g[na| papers

Tabelle 1. Geschmack von Fetts/iuren und verwandten Verbindungen

Verbindung Geschmack a Bei- oder Nachgeschmack

I Octadecans/iure n.bi. (22) II 9c-Octadecens/iure bi. (9-12) III 9t-Octadecens/iure n.bi. (22) IV 9c, 12c-Octadecadiens/iure bi. (4-6) V 9t, 12t-Octadecadiens~iure bi. (11-15) VI 6c,9c, 12c-Octadecatriens/iure bi. (3-6) VII 9c, 12c, 15c-Octadecatriensfiure bi. (0,6-1,2) VIII 11 c, 14c-Eicosadiens/iure n.bi. (15) IX 11 c, 14c, 17c-Eicosatriens/iure n.bi. (17) X 5c,8c, 11 c, 14c-Eicosatetraensfiure bi. (6-8) XI 13,16c-Docosadiens/iure n.bi. (13) XII 13c, 16c, 19c-Docosatriens/iure bi. (14-16) XIII 4c,7c,10c,13c,16c,19c-Docosahexaens/iure bi. (1-3) XIV 9c,12c-Octadecadiens/iuremethylester n.bi. (20) XV 9c, 12c, 15c-Octadecatriens~iuremethylester n.bi. (15) XVI 9c,12c-Octadecadien-l-ol n.bi (21) XVII 6c,gc,12c-Octadecatrien-l-ol bi. (0,2-0,5) XVIII 9c,12c,15c-Octadecatrien-l-ol bi. (1-3)

Ohne Brennend, stechend, kratzig Schwach brennend Brennend, stechend, kratzig Brennend, kratzig Brennend, stechend, kratzig, metallisch Brennend, stechend, nach frischer Walnug Schwach kratzig Brennend, stechend, kratzig, nach gerfiuchertem Fisch, nuBartig Stechend, widerlicher Beigeschmack (,,nasses Hundefell") Ohne Leicht kratzig, nach frischer Walnul3 Brennend, kratzig, nach Fisch Schwach brennend, kratzig Schwach brennend Ohne Widerlicher Beigeschmack (,,nasses Hundefell") Stechend, kratzig, nach frischer Walnug

" bi.=bitter, n.bi.=nicht bitter. - Die Zahlen in Klammern geben bei bitteren Verbindungen den Schwellenwertsbereich (mmol/1) fiir Binergeschmack, bei nicht bitteren Verbindungen die getestete H6chstkonzentration an

Emulsionen zum Zeitpunkt der Verkostung peroxid- frei. Die Emulgatorl6sung selbst ist ohne jeden Ge- schmack.

Die Ergebnisse der Geschmacksuntersuchungen (Schwellenwertsbereiche fiir Bittergeschmack, Bei- und Nachgeschmack) sind in der Tabelle 1 zusam- mengestellt. Der Bittergeschmack der emulgierten Fetts/iuren setzt allgemein stark verz6gert (5-10 s nach dem Aufbringen auf die Zunge) ein und ist in den meisten F/illen yon einer brennend-stechenden Ge- schmacksnote im hinteren Zungen- und Gaumenbe- reich begleitet. H/iufig wurde auch ein kratziger Nach- geschmack im Rachenraum empfunden.

Von den untersuchten C 18 -Fetts/iuren ist die ges/it- tigte Verbindung (I, Stearinsfiure) nicht bitter. Eine cis-Doppelbindung in 9,10-Position (II, Ols/iure) be- wirkt einen bitteren Geschmackseindruck mit einem Schwellenwert (CsB~) im Bereich von 9-12 mmol/1. Die entsprechende trans-Verbindung (III, Elaidins/iure) ist bis zu einer Konzentration von 22 mmol/1 nicht bit- ter. Eine zweite cis-Doppelbindung in 12, 13-Position (IV, Linols~iure) erniedrigt Csb~ auf 4-6 retool/1. Bei zwei trans-Doppelbindungen (V, Linolaidins/iure), er- h6ht sich der Schwellenwert auf 11-15 mmol/1. Die bittersten C18-Fetts/iuren sind die dreifach unges/it- tigten cis-Verbindungen (VI, 7-Linolens/iure; VII, Linolens~ure). Die Position der Doppelbindungen hat einen starken EinfluB auf die Bitterschwellenwerte: Csb~ von 6,9,12-Octadecatriensfiure liegt etwa um den Faktor 5 h6her als Csbt von 9,12,15-Octadecatriens~iu- re.

Von den untersuchten C2o-Fetts/iuren sind die zweifach und dreifach unges/ittigten Verbindungen

(VIII, IX) in den getesteten Konzentrationen nicht bitter, die vierfach unges/ittigte cis-Verbindung (X, Arachidons/iure) ist dagegen deutlich bitter (Csb i = 6-- 8 mmo1/1).

Die zweifach ungesfittigte C22-Fetts/iure (XI) ist nicht bitter und die dreifach unges/ittigte Verbindung (XII) mit Csbi= 14~16 mmol/1 nur schwach bitter. Ei- nen stark erniedrigten Schwellenwert (Csu i = 1- 3 mmol/1) hat hingegen die sechsfach unges/ittigte Verbindung (XIII).

Die Veresterung der Carboxylgruppe yon bitteren Fetts/iuren mit Methanol fiihrt im Fall von Linols/iure (IV) und Linolensfiure (VII) zu einer L6schung des Bittergeschmacks (XIV, XV).

Der Ersatz der Carboxylgruppe durch eine Hydro- xymethylgruppe hat in Abh/ingigkeit vonder Struk- tur eine recht unterschiedliche Wirkung auf den Bit- tergeschmack. Linoleylalkohol (XVI) schmeckt im Gegensatz zur entsprechenden Carbons/lure (IV) nicht bitter. Im Falle des Linolenylalkohols (XVIII) erh6ht sich Csbi im Vergleich zur Fetts/iure (VII) etwa um den Faktor 2. Einen aul3ergew6hnlich niedrigen Schwellenwert (0,2-0,5 mmol/1) besitzt hingegen der ?-Linolenylalkohol (XVII).

Aus den Ergebnissen folgt, dab die Intensitfit des Bittergeschmacks bei den untersuchten Verbindungen vonder L/inge des Kohlenwasserstoffrestes sowie von der Anzahl, der Konfiguration und der Position der vorhandenen Doppelbindungen hbh/ingt. Sie liegt im gleichen Bereich wie die von hydrophoben L-Amino- s/iuren (z. B. L-Tryptophan: 4-6 mmol/1, L-Phenylala- nin: 5-7 mmol/1, L-Isoleucin: 10-12 mmol/1) bzw. von Coffein (0,8 1,2 mmol/1) [3].

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Eine Reihe der untersuchten h6heren Fetts~iuren hat einen charakteristischen Beigeschmack. Linolen- sfiure (VII), 13,16,19-Docosatriens/iure (XII) und auch Linolenylalkohol (XVIII) schmecken intensiv nach frischer Walnug. Bei 11,14,17-Eicosatriens/iure (IX) und 4,7,10,13,16,19-Docasahexaensfiure (XIII) ist ein unangenehmer, fischartiger Beigeschmack zu beobachten, w/ihrend Arachidonsfiure (X) und auch 7-Linolenylalkohol widerlich (,,nasses Hundefell") schmecken.

Dank. Frl. G. Laskawy danken wir fiir die geschickte technische Mit- arbeit.

Literatur

1. Grosch G, Laskawy G (1984) Z Lebensm Unters Forsch (178:257)

2. Frankel EN, Mc Connell DG, Evans CD (1962) J Am Oil Chem Soc 39:297

3. Wieser H, Belitz H-D (1975) Z Lebensm Unters Forsch 159:65

Eingegangen am 13. Juli 1984

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