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W o e 1 z, ii6er gebromte Benzolsulfosauren. 93 hydrat Resorcin, beim Erhitzen mit Cyankalium das Nitril der Terephtalsaure und nebenbei Benzonitril. Trotz der grofsen Verschiedenheiten, welche G a r r i c k hei den Salzen der beiden Sauren beobachtet hat, und trotzdem dafs die von seiner Untersuchung herruhrenden, in der hiesi- gen, Sarninlung befindlichen Salze der sogenannten Isobrom- benzolsulfosaure total anders aussehen, als die entsprechenden der C ouper’schen Siure, scheint nnch den obigen Versuchen doch eine sorgfaltige Wiederholung der G a r r i c k’schen Ver- suche erforderlich zu sein, bevor irgend ein Schlufs aus diesen auffalligen Thatsachen gezogen werden kann. 3) Untersuchungen iiber die Constitution des Pipe- rim und seiner Spaltungsproducte Piperinsgure und Piperidin ; von Rud. Fittig und Ira Remsen. D r i t t e Abhandlung. Ueber die Synthese der Pzperonylsaure und eine neue Bil- dunysweise des Protocatechusaure-Aldehyds. Am Schliisse unserer zweiten Abhandlung *) haben wir unsere Ansiclit uber die Constitution des Piperonals und der Piperonylsaure mitgetheilt, zu welcher das Studium der Zer- setzungsproducte dieser beiden Korper uns gefuhrt hatte. Die Piperon ylsaure ist dsnach als Methylen-Protocatechusuure *) Diese Annalen 160, 129.

Untersuchungen über die Constitution des Piperins und seiner Spaltungsproducte Piperinsäure und Piperidin

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W o e 1 z , ii6er gebromte Benzolsulfosauren. 93

hydrat Resorcin, beim Erhitzen mit Cyankalium das Nitril der Terephtalsaure und nebenbei Benzonitril.

Trotz der grofsen Verschiedenheiten, welche G a r r i c k hei den Salzen der beiden Sauren beobachtet hat, und trotzdem dafs die von seiner Untersuchung herruhrenden, in der hiesi- gen, Sarninlung befindlichen Salze der sogenannten Isobrom- benzolsulfosaure total anders aussehen, als die entsprechenden der C ouper’schen Siure, scheint nnch den obigen Versuchen doch eine sorgfaltige Wiederholung der G a r r i c k’schen Ver- suche erforderlich zu sein, bevor irgend ein Schlufs aus diesen auffalligen Thatsachen gezogen werden kann.

3) Untersuchungen iiber die Constitution des Pipe- rim und seiner Spaltungsproducte Piperinsgure und

Piperidin ; von Rud. Fittig und Ira Remsen.

D r i t t e A b h a n d l u n g .

Ueber die Synthese der Pzperonylsaure und eine neue Bil- dunysweise des Protocatechusaure-Aldehyds.

Am Schliisse unserer zweiten Abhandlung *) haben wir unsere Ansiclit uber die Constitution des Piperonals und der Piperonylsaure mitgetheilt, zu welcher das Studium der Zer- setzungsproducte dieser beiden Korper uns gefuhrt hatte. Die Piperon ylsaure ist dsnach als Methylen-Protocatechusuure

*) Diese Annalen 160, 129.

94 Fit t ig u. R e ?n s e n , Untersuchungen /O\CHP

\CO .OH C6H3- O/

und daspiperonal als das zu dieser Saure als Methylen-Protocatechusaure-Aldehyd

aufzufassen. Um die Richtigkeit dieser

gehorende Aldehyd,

Ansicht durch den Versuch zu priifen, war es nothig, die Methylen-Protocatechu- saure synthetisch durch Einwirkung von Methylenjodid und Kalihydrat auf Protocatechusaure darzustellen. Das zu diesen Versuchen erforderliche Methylenjodid bereiteten wir uns nach der von L i e b e n 45) angegebenen Methode durch Erhitzen von Chloroform mit Jodwasserstoffsaure. Um gute Ausbeute zu erzielen, mufs die Jodwasserstoffsaure hochst concentrirt, bei 0" gesattigt sein, und es ist sehr vortheilhaft, statt wie L i e b e n angiebt 7 Stunden auf 125O, mehrere Tage auf un- gefahr 140° zu erhitzen; aber auch unter diesen Verhaltnissen bleibt eine grofse Menge von Chloroform unverandert und die Ausbeute ist verhaltnifsmafsig geriiig. Die Isolirung und Reindarstellung des Methylenjodids aus dem Producte ist seines hohen Siedepunktes wegen auherordentlich leicht.

Zur Darstellung der Methylen-Protocatechusaure wurde 1 Mol. reiner Protocatechusaure mit 3 Mol. Kalihydrat und Illz Mol. Methylenjodid in eine Glasrohre gebracht, diese zu- geschmolzen, dann durch abwechselndes Schiittelu und gelindes Erwarmen die Vereinigung der Protocatechusaure mit dem Kalihydrat bewirkt , darauf die Rohre erst mehrere Stunden im Wasserbade und schliefslich noch einige Zeit irn Luftbade auf 140° erhitzt. Nach dem Erkalten bestand der Rohren- inhalt aus einer schwarzen theerartigen Masse. Diese wurde

") Zeitschrift fur Chemie 1868, 712.

iiber die Constitution des Pz$erins. 95

mit Alkohol ausgekocht , die alkoholische Losung zur Zer- setzung des etwa gebildeten Methylenathers der Methylen- Protocatechusaiire mit etwas Kalihydrat versetzt und einige Zeit gekocht. Darauf wurde Wasser hinzugesetzt und mit Salzsaure angesauert. Es setzte sich ein brauner amorpher, in Wasser unloslicher Niederschlag ab , aus welchem keine gut charakterisirte Verbindung isolirt werden konnte. p ie von diesem Niederschlag abfiltrirte alkoholisch-wasserige Lo- sung aber schied nach dem Eindampfen beim Erkalten braun gefarbte Krystalle ab , welche sich durch mehrmaliges Um- krystallisiren aus siedendem Wasser unter Zusatz von Thier- kohle und schliefsliche Sublimation leicht vollstandig rein er- halten liefsen. Die Ausbeute war eine sehr geringe.

Die so gewonnene Saure b e d s den Schmelzpunkt (227O) und alle andereri Eigenschaften der Piperonylsaure. Wir haben sie aufs Sorgfaltigste mit der aus Piperinsaure bereiteten Saure verglichen , konnten aber nicht die geringste Verschiedenlieit wahrnehmen. In siedendem Wasser war sie schwer liislich und krystallisirte daraus bei sehr langsamem Erkalten in sehr eigenthumlichen zarten Krystallen , die wie verwirrte kleine Faden von weifsem Nahgarn aussahen. Wir hatten diese merkwurdigen Krystallgebilde fruher noch nicht bei der Pipe- ronylsaure beobachtet und behandelten deshalb reine Pipero- nylsaure in derselben Weise. Nach dem Erkalten hatte sie sich durchaus in denselben nierkwurdigen Forman abgeschieden, und die beiden Proben, zu denen ungefahr gleiche Quantititen von Saure und Wasser angewandt waren, sahen absolut gleich aus. - Auch beim Sublimiren der Methylen-Protocatechu- saure erhielten wir dieselben gut ausgebildeten Krystalle, wie fruher bei der Piperonylsaure.

Nach dieser vergleichenden Untersuchung hielten wir eine Analyse der synthetisch bereiteten Saure fur uberfliissig. Um jeden moglichen Zweifel zu beseitigen , haben wir sie aber

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noch in ihr Calciumsalz verwandelt. Wie in der ersten Abhand- lung dieser Untersuchungen schon mitgetheilt ist , zeichnet sich das Calciumsalz der Piperonylsaure durch seine Schwer- loslichkeit in kaltem Wasser und sein vorziigliches Krystalli- sationsvermogen sehr aus. Das Calciumsalz der Methylen- Protocatechusaure glich in jeder Hinsicht vollstandig dem piperonylsauren Salz.

Nach diesen Versuchen kann es wohl keinem Zweifel mehr unterliegen, dafs unsere friiher ausgesprochene Ansicht iiber die Constitution des Piperonals und der Piperonylsaure die richtige ist. Dadurch sind zugleich sehr wesentliche An- haltspunkte zur Entscheidung der Frage, wie die Piperinsaure constituirt sei, gegcben. Wir enthalten uns, die Ansichten, welche wir uns in dieser Hinsicht gebildet haben, schon jetzt mitzutheilen, werden aber in einer vierten Abhandlung, nach- den1 wir vorher noch die in der ersten Abhandlung kurz be- schriebenen Producte der Einwirkung von Brom auf diese Saure einem eingehenderen Studium unterworfen haben, darauf zuriickkommen.

Yon den Zersetzungen der Piperonylsaure, uber welche wir in der zweiten Abhandlung berichtet haben , bietet jetzt, nachdem die Constitution der Saure festgestellt ist, nanientlich eine ein erhohtes Interesse. Wir fanden, dafs die Pipe- ronylsaure beim Erhitzen mit verdunnter Salzsaure auf 170° sich in freien Kohlenstoff und Protocatechusaure zersetzt und dafs dieselbe Reaction auch beim Erhitzen mit Wasser allein eintritt, nur mit dem Unterschiede, dafs dann eine hohere Temperatur erforderlich ist und bei dieser schon eine Spaltung der gebildeten Protocatechusaure in Kohlensaure und Brenz- catechin stattfindet. Diese Reaction , welche durch die Glei- chung :

Fit t ig u. R e m s e n, Untersuchungen

O H ,,OH C6H3&>c<fI = C6HS-OH + C

\CO . OH \CO. OH

iiber die Constitution des P+erins. 97

ausgedruckt werden mufs, besteht darin, dafs bei der hohen Temperatur die Anziehung, welche die beiden Sauerstoffatome auf die beiden in der Nahe befindlichen Wasserstoffatome der Gruppe CH2 ausiiben, so grofs wird, dafs das sie trennende Kohlenstoffatom aus dem Molecul eliminirt wird. Eine solche Reaction ist, so vie1 uns bekannt, bis jetzt ohne alle Analogie, wenn man nicht die von B e r t h e 1 o t beobachtete Zersetzung des Acetylendichlorids CZH2C12 in Kohlenstoff und Salzsaure hierher rechnen will. Man konnte annehmen, dafs bei der Zersetzung das Wasser eine wesentliche Rolle spielt und dafs durch dieses der Methylenather zersetzt wird , aber dann miifste Methylenalkohol oder Formaldehyd entstehen und dieser mufste' schon bei 470 bis 2Oo0 sich in Kohlenstoff und Wasser spalten, was keineswegs wahrscheinlich ist, wenn man bedenkt, bei welch' hoher Temperatur sich dieses Aldehyd bei dem Versuch von H o f m a n n bildet.

Es schien uns wunschenswerth , diese jedenfalls sehr iiberraschende Reaction noch an einer anderen Verbindung zu studiren. Es war anzunehmen, dafs das Piperonal sich ahn- lich verhalten und bei gleicher Behandlung der Gleichung :

/O\ C /H /OH C6H3-O/ \H = C6H3-OH + C

\CHO \CHO

entsprechend unter Abscheidung von Kohlenstoff sich in das Aldehyd der Protocatechusaure verwandeln wiirde. Wir er- hitzten reines Piperonal niit sehr verdunnter Salzsaure (1 Vol. concentrirter reiner Siiure und 10 bis 12 Vol. Wasser) in einer zugeschmolzenen Rohre. Erst als die Temperatur auf nahezu 200° gestiegen war, fand Zersetzung statt. In der erkalteten Rohre war kein Druck vorhanden. Es hatte sich reiner Kohlenstoff abgeschieden und die davon abfiltrirte wasserige Losung war vollkommen farblos und

Annal. d. Chem. U. Pharm. CLXVIII. Bd. 7

98 Fi t t ig u. Remsen, Constitution des Piperins.

wasserhell. Das an seinem charakteristischen Geruch so leicht erkenntliche Piperonal war vollstandig zersetzt. Die wasserige Losung schied beim Eindampfen schwach gefarbte Krystalle ab, welche den Schmelzpunkt und alle sonstigen Eigenschaften des von uns friiher beschriebenen Aldehyds der Protocatechu- saure besafsen. Die Reaction war, wie es schien, ganz glatt der obigen Gleichung entsprechend verlaufen , weriigstens haben wir weder in der wasserigen Losung, noch durch Be- handeln der abgeschiedenen Kohle mit den gewohnlichen Lo- sungsmitteln , das Vorhandensein anderer Korper nachweisen konnen. Die Fliissigkeiten , welche man durch Behandlung der Kohle mit Alkohol, Aether und Natronlauge erhalt, sind zwar schwach braunlich gefarbt, aBer sie enthalten nur3puren humusartiger Korper und nahezu die ganze Menge der Kohle bleibt ungelost zuriick. - Durch diese Zersetzung ist zagleich ein neuer Beweis geliefert, dafs die friiher aus dein Piperonal mit Phosphorchlorid und Wasser von uns erhaltene Verbindung das Aldehyd der Protocatechusaure ist.