11
(Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit/~t P6cs [Ungarn]. Untersuehungen fiber Muskelkontraktion. iII. Mitteilung. Durehstriimungsversuehe. Von E. Ernst. Mit 5Textabbildungen. (Eingegangen am 8. Februar 1926.) Einleitung. Die bisher mitgeteilten Versuche zeigten, dalt die bei der Muskel- kontraktion stattfindende Volumverminderung nicht die Folge einer Quellung sein kann und die Ergebnisse der folgenden Mitteilung ]assen es als wahrscheinlieh erscheinen, dab die Volumverminderung kein6 nebens~chhche Begleiterscheinung, sondern ein wesentlicher Vorgang bei der Muskelkontraktion ist. Auch aus diesen Versuchen scheint also eine neue Schwierigkeit fiir die Si~urequellungstheorie als alleinige Erkliirung der Muskelkontraktion zu erwaehsen. Es schien daher yon Interesse die Quellungstheorie yon einer anderen Seite zu prfifen dureh Versuche, welche zugleich geeignet erseheinen aueh andere Vorg~nge in das Bereich der Erkl~rungsmSglichkeiten zu ziehen. Es handelt sich datum, jene sich widerspreehenden Ergebnisse der Literatur fiber den Ablauf der Kontraktion bei veris Milieu einer Priifung zu unterwerfen. Insbesondere betreffs der S~urestarre war zwischen den Versuchsergebnissen yon mehreren ~'orschern ein Widerspruch. Das Verhalten des Muskels bei S~urezusatz erseheint fiir die Quel- lungstheorie yon so grol~er Bedeutung, daft es notwendig erscheint, diese Verh~ltnisse einer neuen Priifung zu unterwerfen, was im ersteu Teil dieser Mitteilung durchgeffihrt wurde. Es sollte weiterhin untersueht werden, ob bei einer anders gearteten Wasserverschiebung im Muskel, als sic dureh S~uerung gesetzt wird, eine Jl_nderung der mechanischen Verhi~ltnisse stattfindet und weleher Art dieselbe ist. Zu diesem Zwecke hatte ich das Verhalten yon Frosch- muskeln in hyper- und hypotonisehen LSsungen untersucht. r diese Versuehe wird im zweiten Teil dieser Mitteilung berichtet.

Untersuchungen über Muskelkontraktion

  • Upload
    e-ernst

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Untersuchungen über Muskelkontraktion

(Aus dem Pharmakologischen Institut der Universit/~t P6cs [Ungarn].

U n t e r s u e h u n g e n f iber M u s k e l k o n t r a k t i o n .

i II . Mitteilung.

Durehstr i imungsversuehe.

Von

E. Ernst.

Mit 5 T e x t a b b i l d u n g e n .

(Eingegangen am 8. Februar 1926.)

Einleitung. Die bisher mitgeteilten Versuche zeigten, dalt die bei der Muskel-

kontraktion stattfindende Volumverminderung nicht die Folge einer Quellung sein kann und die Ergebnisse der folgenden Mitteilung ]assen es als wahrscheinlieh erscheinen, dab die Volumverminderung kein6 nebens~chhche Begleiterscheinung, sondern ein wesentlicher Vorgang bei der Muskelkontraktion ist. Auch aus diesen Versuchen scheint also eine neue Schwierigkeit fiir die Si~urequellungstheorie als alleinige Erkliirung der Muskelkontraktion zu erwaehsen. Es schien daher yon Interesse die Quellungstheorie yon einer anderen Seite zu prfifen dureh Versuche, welche zugleich geeignet erseheinen aueh andere Vorg~nge in das Bereich der Erkl~rungsmSglichkeiten zu ziehen.

Es handelt sich datum, jene sich widerspreehenden Ergebnisse der Literatur fiber den Ablauf der Kontraktion bei veris Milieu einer Priifung zu unterwerfen. Insbesondere betreffs der S~urestarre war zwischen den Versuchsergebnissen yon mehreren ~'orschern ein Widerspruch.

Das Verhalten des Muskels bei S~urezusatz erseheint fiir die Quel- lungstheorie yon so grol~er Bedeutung, daft es notwendig erscheint, diese Verh~ltnisse einer neuen Priifung zu unterwerfen, was im ersteu Teil dieser Mitteilung durchgeffihrt wurde.

Es sollte weiterhin untersueht werden, ob bei einer anders gearteten Wasserverschiebung im Muskel, als sic dureh S~uerung gesetzt wird, eine Jl_nderung der mechanischen Verhi~ltnisse stattfindet und weleher Art dieselbe ist. Zu diesem Zwecke hatte ich das Verhalten yon Frosch- muskeln in hyper- und hypotonisehen LSsungen untersucht. r diese Versuehe wird im zweiten Teil dieser Mitteilung berichtet.

Page 2: Untersuchungen über Muskelkontraktion

134 E. Ernst :

Methodik .

In allen Versuehen hatte ich die Muskeln 5hnlich den physiologischen Ver h~ltnissen durchstr5mt, und zwar bediente ich mich der bekannten LSwen- Trendelenburgschen Methode mit dem Unterschied, da~ jedes ]~ein yon den Aa. iliacae aus gesondert durchstrSmt wurde. Jedes Bein war mit je 2 Mariotteschen Flaschen in Verbindung gebracht, so dal~ w~hrend des Versuches der Flfissigkeits- wechsel rasch erfolgen konnte. Der DurchstrSmungsdruck betrug 15--20 cm H20. - - Um Wiederholungen langer Bezeichnungen zu ersparen, soll hier folgendes bemerkt werden: Die RingerlSsung yon der Zusammensetzung 6,50/oo NaC1, 0,2 ~ o KC], 0,2 ~ o CaC12 siec., 0,2 ~ o NaHCO s wird als normale Ringer- 15sungQ n-Ringer bezeichnet; eine die Salze in 4facher Xonzentration ent- haltende RingerlSsung ist ~ 4 n-Ringer und eine, die diese Salze nur in 1/a der normalen Xonzentration enth~lt, ist -= 1/a n-Ringer; unter ,,DextroselSsung" wird in folgendem eine n-Ringer verstanden, in welcher pro Liter 135 g Dextrose (~ Mol. Konzentration) gelSst ist. Die Milchs~ure wurde mit Ausnahme eines Versuches (was dort vermerkt i s t ) s te t s in einer Konzentration yon 1,5 ~ angewandt; wo Milchs~ure zur Verwendung kam, wurde dos NattCOa weggehssen. Die L5sungen wurden vor jedem Versuch mit 02 ges~ttigt. - - Zur Reizung diente der 0ffnungsstrom eines nach Kronecker geeichten Schlitteninduktoriums, der Schliel]nngsstrom wurde mittels eines Kroneckerschen Stromabblenders ab- geblendet; durch ein Metronom wurdc alle 2 Sek. gereizt; den prim~ren Kreis speiste ein konstanter Akkumulatorstrom yon 110 V, dem cin auf 2 bzw. 4, 6, 8, 10, 12, 15 und 25 V einstellbarer ~Viderstandskasten zwischengeschaltet war. Nachdem es sich in der Mehrzahl der Versuche darum handelte den l~eizeffekt an den beiden Gastrocnemien miteinander zu vergleichen, war es in diesen Ver- suchen yon Wichtigkeit, da/] die zwei Muskeln genau mit gleicher Stromst~rke gereizt werden. Um dies zu erreichen, wurde nur Bin Elektrodenpaar verwendct, und zwar in der Weise, dab je eine Elektrodc auf die beiden Muskcln aufgesetzt wurde, womit erzielt wurde, dub eventuelle Anderungen des Widerstandes (hervor- gerufen din'oh verschicdene Bertihrung der Elektrodcn mit den Muskeln, odor Austrocknen der Oberfl:~tehen usw.) zu eincr in beiden Muskeln gleichen Anderung der Stromst~trke fiihrte. Der Reizeffekt an der Anode und der Kathode war ungef~thr gleich gro~, wie besonders darauf gerichtete Versuche zeigten; sie wurden aber aui~erdem 5fters miteinander vertauscht.

I. Milchs~iuredur chs trSmung .

W i e wir schon in de r E i n l e i t u n g a n g e d e u t e t haben , f f ih r ten dic

Ve r suche f iber die W i r k u n g der S~ture auf die M e c h a n i k des Muskcls

zu k e i n e m e inhe i t l i chen Ergebn i s . So k o n n t e n v. Fiirth u n d Lenk im

Gegensa t z zu Ki~hne, Ranke, Schipilo//, Osborne2), Burridgca), Kopy- lo//a) u n d v ie l en ande ren , n i ema l s S~ures t a r r e b c o b a c h t e n . Schwenker 5) sah d u r c h E i n l e g e n des Muskels in 0,03 n. (2,7o/oo) Milchs~ure e ine

C o n t r a c t u r e i n t r e t e n , k o n n t e abe r d u r c h e lek t r i sche Re i ze noch K o n -

t r a k t i o n e n auslSsen, we lche sich au f die C o n t r a c t u r supe rpon ie r t en .

1) Vgl. Dittler, Abderhalden: Itandbuch der biologischen Arbcitsmethoden Bd. V, Teil 1, S. 380. 1922.

2) Siehe z. B. v. JTiirth, Ergebn. d. Physiol. 17. 1919. a) Journ. of physiol. 42, 359. 1911. a) Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 153, 219. 1913. ~) Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 157, 371. 1910.

Page 3: Untersuchungen über Muskelkontraktion

U n t e r s u c h u n g e n fiber M u s k e l k o n t r ~ k t i o n . I I I . 135

Es ergab sich also aus den Versuchen, in welchen das Muskelmilicu durch Zugabe yon Siure ver~ndert wurde, jene ffir die S~urequel- lungstheorie besonders wichtige Erscheinung, da~ der s~uredurchstr6mte Muskel keineswegs immer eine ausgesprochene Contractur zeigt und dali -- falls eine solche eintrit t - - auf dieselbe noch Kontraktionen aufzusetzen sind. v. F i~r th erblickt in jener Tatsache, dal~ man man einen Muskel yon den Gef~Ben aus mit Siure durchtr~nken ]<ann, ohne dal~ er starr wird, eine bedeutende Schwierigkeit ffir die Quellungs- theorie, welche noch dadurch verst~rkt wird, dai~ man einen dutch S~ure kontrahierten Muskel noch zu weiteren ]{ontraktionen bringen kann, ,,denn, wir mfil~ten uns doch vorstellen", so meint er, ,,dal~ in einem mit Siure durchtr inkten Muskel sich die leicht quellbaren Ele- monte bereits im Zustande maximaler Quellung befinden, und es wire nicht recht einzusehen, wie denn ein Freiwerden yon ein wenig Milch- siure d~ran noch etwas Wesentliches ~ndern sollte". Allerdings glaubt v. F i~r th diese Schwierigkeit iiberbriicken zu kSnnen mit der Annahme, dal~ durch Siurewirkung nicht s~mtliche Fasern getroffen werden und erkl~rt die noch bestehende Xontraktionsfhhigkeit dos gesiuerten Muskels damit, dafi die noch untermaximal gequollenen Fasern einer Kontraktion f~hig sind. Obschon diese Erkl~rung v. P i~r ths logiseh vollkommen richtig ist, denn es ist unzweifelhaft, daf~ ein v611ig ge- quollener, also kontrahierter Muskel keine Kontraktionen mehr aus- fiihren kann, f r ig t es sich doch, ob seine Erklirungsweise sich auch experimentell unterstiitzen l igt . Deshalb ersehien es mir erwiinscht, dutch weitere Versuche diese Frage zu kliren.

Es sollte durch racine Versuche zun~ichst der Zusamraenhang zwisehen GrSl~e der Contractur und der strSmter Muskel gepriift werden.

Ftir diese Versuehe wurden die Gastroenemien von Fr6sehen in der bereits beschriebenen Weise mit Milehs~ure einerseits, mit n-Ringer anderseits gleiehzeitig durchstrSmt und der Grad ihrer Quellung dutch Wigen der Mus- keln festgesetzt. /)us Ergebnis einiger Versuehe zeigt Tab. 1.

Kontraktionsfihigkeit s~uredurch-

Tabelle 1.

Gewicht des Gastrocnemius in g durchs~r6mt mit

b) n-Ringer a) n-Ringer + Milchs~ure

2,85 3~21 2,62 2,95 1~52 1~70

Differenz in cg.

b) minus a)

36 33 18

Es geht aus diesen Versuchen deuthch hervor, da$ durch Milch- s~uredurchstrSmung in der Tat eine Quellung stattfindet. Es fragt sich nun wie Sieh gleichzeitig die meehanischen Verh~ltnisse ~ndern? Auch in der zur I)riifung dieser Frage ausgefiihrten Versuche wurden die beiden Gastrocnemien eines Frosehes verwendet, yon denen der eine mit S~ure durchstrSmt wurde, wihrend der anderc als 1Eontrolle

Page 4: Untersuchungen über Muskelkontraktion

136 E. Ernst:

dicnte. Die Ergebnisse zeigten, dal~ die Milehs~uredurchstr6mung eine wesentliche, fortschreitende Abnahme der Kontraktionsh6he verursaeht.

Diese Versuche best~tigen also die bisherigen Erfahrungen, nach welchen mit fortschreitender Quellung die Sch~digung der Muskeltgtig- keit einhergeht und lassen sich ohne weiteres mit der v. Fi~rthschen Erkl~rung deuten. Es war nun der Zusammenhang zwischen der durch S~ure gesetzten Contractur und Kontraktionsfi~higkeit n~her zu untersuchen. Bei dieser Gelegenheit fanden wir ein merkwtirdiges Ver- halten des Muskels, welches wie es erscheint, im Gegensatz mit der Quellungstheorie steht.

So lange n~mlich der Muskel mit S~ure durehstr6mt wird, sehen wir eine stete Zunahme der Contractur, mit welcher eine gleichsinnige Verschlechterung der Kontrakt ionen einhergeht (Abb. I s - - e ) , so da$ schlielMich durch 12 Volt nurmehr kleine Kontrakt ionen auszul6sen sindl). Schalten wir nun in diesem Zeitpunkte auf n-I~inger urn, so 8ehen wit eine bedeutende Zunahme der Contractur, mit welcher aber gleichzeitig eine bis au] das sechs/ache gesteigerte Kontraktionshghe ein- hergeht (Abb. le und f). Selbst naeh 13stfindiger Durchstr6mung mit n-Ringer sehen wir noch eine Contractur bestehen, wghrend die Reiz- stgrke auf den urspriinglichen Weft yon 2 Volt (8 cra R. A.) ver- kleinert werden konnte, um noeh Kontraktionen auszul6sen (Abb. 1 g und h).

~be r die Kontraktionsfghigkeit von Muskeln im Zustande der Con- t raetur liegen auch noch anderswertige Beobachtungen vor. So land Gottschlich2), da~ wghrend der Warmecontraetur die elektrische Er- regbarkeit noeh erhalten sein kann, ja bei einer dutch schnell und nicht iiberm~i[3ige Erw~irmung gesetzte Contractur ]ast unvergindert bleiben. I m gleichen Sinne sprechen die Versuche Mangolds3), nach welchen die Er- regbarkeit w~hrend der Totenstarre und selbst nach ihrer L6sung er- halten bleiben kann4). Allerdings liefern diese Versuche keinen sicheren Beweis, dad durch die Totenstarre eine vollkommene Contractur aller Fasern gleichzeitig eintrat [vgl. Winterstein S) ]. W~ihrend also die frfiheren Untersucher nur zeigen konnten, dal~ trotz bestehender Con- tractur, der Muskel noch zu Kontraktionen fahig sein kann und somit die Einwendung yon v. Fi~rth und Winterstein zu Recht bestehen lassen, nach welchen es nicht erwiesen sei, dab eine maximale Contractur bestanden habe, sehen wir in meinen Versuchen, dal~ bei wachsender

1) Die Geschwindigkeit der Durchstr6mung beeinfiuSt den Zeitpunkt, in welchem die besehriebenen Erscheinungen eintreten.

2) Pflfigers Arch. f. d. ges. Physiol. 54, 132. 1898; vgl. bcsonders Tafel IV, Kurve 12.

3) Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 96, 498. 1903. ~) Vgl. Heubel, Pfifigers Arch. f. d. ges. Physiol. 45, 460. 1889. ~) Pflfigers Arch. f. d. gcs. Physiol. 120, 225. 1907.

Page 5: Untersuchungen über Muskelkontraktion

Untersuchungen fiber Muskelkontraktion. III. 137

Contractur auch die Kontrakt ionen wachsen k5nnenl). Daraus ergibt es sich aber, daft die Kontraktion des Muskels und seine SdiurequeUung nicht ohne weiteres als identische Vorggnge zu betraehten sind.

I I .

Die Frage fiber die Wirkung yon anisosmotischen LSsungen auf die Muskelkontraktion wurde schon von verschiedenen Forschern unter-

Abb. 1 a--h. Die Extremitat ist mit einer Ringer-LSsung durchstrSmt, welche 3~ Milchsaure enth~lt; die Belastung des NIuskelhebels isb 5 Gramm. Die nach der Voltzahl stehenden Zahlen bedeuten den Rollenabstand in Zentimeter. Die uutere horizontale Linie zeigt das Ausgangs-

niveau des Hebels. Die Myogramme der Kontrollseite wurden weggelassen.

sucht2), ffir unsere Fragestellung erschien es aber notwendig, die Ver- h~ltnisse einer neuen experimentellen Prfifung zu unterwerfen. Es handelte sich um die Entscheidung jener Frage, wie durch Anderung der Konzentration der DurchstrSmungsflfissigkeit der Muskel seine Kontraktionsf~higkeit ~ndert.

1) Vgl. Kopylo]/, 1. c., Bornsteln, Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 1~4, 352. 1919 und Sante~son, S!~ndinav. Archly L Physiol. 4~, 78. 1925.

3) Literatur bei v. Fi~rth, Ergebn. d. Physiol. 17.

Page 6: Untersuchungen über Muskelkontraktion

138 E. Ernst :

A) Durchstr6mung mit hypertonischen LSsungen.

Zu diesem Zwecke wurde zun~tchst die Wirkung hypertonischer LSsungan in der Weise untersucht, wie es bereits in der ,,Methodik" basahrieban wurde. Die verwendetan LSsungen waren entwedar eine vierfach konzentrierte RingerlSsung, oder wurde die Hypertonia durch Zugabe yon 8/4 gr Mol. Dextrose pro Liter n-Ringer erreicht. Die Er- gabnissa diaser Untersuchungen sollen im folgenden an der Hand dar beigefiigten Abbildungan 2--4 erlhutart warden: Aus allen Varsuchen

geht hervor, da~ eina DurchstrSmung mit hyper- tonischer LSsung schon nach ainigen Minuten zu ciner bedeutenden Verminderung der Kontralctions-

hShe ]iihrt (Abb. 2 a, 3 a, 4 a), und naah einer Ein- wirkungsdauer von 10 bls 20 Minutan der Mus- kel keine Kontraktionen mehr aus]i~hrt (Abb. 3 b und 4 b, d). Zu Baginn dar DurchstrSmung mit hypertonischer LSsung sind stets fibrillitra Zuckungen zu beobach- ten, walcha etwa 1 Mi- nute dauern und often- bar der Ausdruek einer voriibergehenden Erre-

Abb. 2a--c. Oberes Myogramm: rechter Gastrocnemius, gung ist. Die Abnahme durchstrSmt mit 4 n-Ringer. Unteres Myogramm: linker r e s p . alas ErlSschen dar Gastroen., nicht durehstrSmt. In Abb. 2e ist das Myogramm des Kontrollmuskels weggelassen. Die Belastung des Hebels Kontraktionen zufolge ist in diesem und allen folgenden Yersuchen 70 Gramm. der Hypertonia ist aber

R = RingerJSsung. ain reversibler Vorgang,

denn wenn wir auf n-Ringer umschalten, so erfolgt selbst nach vSlligem ErlSsehen der Kontraktionsf~higkeit Erholung (Abb. 2 b, 3 e und d) und die Kontraktionsf~higkeit des Muskels bleibt sogar nach 14 Stunden mehr minder erhaltan (Abb. 2c).

In der Vermindarung der Kontraktionsf~higkeit in hypertonisehan LSsungen, wie sie schon yon friiheren Autoren besehrieben wurde, erbliakt v. Fi~rth eine kr~tftige Unterstiitzung der Quellungstheorie naehdem bakanntlich hypertonische LSsungen die Quallung vermindern. Obschon diese Deutung der Versuchsergebnisse aus dam Gesichtspunkte der Quellungstheorie ohna weitaras riehtig ist, fragt as sich dennoch, ob die Erschainungan bei DurchstrSmung mit hypartonischen LSsungen mit der Quallungstheorie restlos sich erkl~ren lassen ? Nachdem durah

Page 7: Untersuchungen über Muskelkontraktion

Untersuchungen fiber Muskelkontraktion. III. 139

unsere hypertonischen L6sungen die Kontraktionen nach kurzer Zeit vSllig erlSschen, so mfiBten wir im Sinne der Quellungstheorie annehmen, dab zu diesem Zeitpunkte auch die Quellung des Muskels vSllig unmSg- Iieh geworden ist. Die zu entseheidende Frage ist daher, ob in einer hypertonischen LSsung, wie sie in den hier beschriebenen Versuchen verwendet wurde, die S~urequellung des Muskels vollkommen hintan- gehalten wird ?

Abb. 3a--d. Oberes Myogramm: reehter Gastrocn. durchstrSmt mit DextroselSsung. Unteres Myogramm: linker Gastrocn. durchstrSmt mit n-Ringer (Kontrolle). D = DextroselSsung.

I~ = RingerlSsung.

Abb. 4a--d. Oberes Myogram: l~echter Gastrocn,, durchstrSmt mit DextroselSsung. Unteres Myo~ramm: Linker Gastroen., durchstr~imt mit DextroselSsung mit 1,5%0 Milchsaurezusatz.

Daf~ dies keineswegs der Fall ist, zeigen folgende Versuche: Wenn wir von zwei Gastrocnemien eines Frosehes den einen mit Dextrose. 15sung, den anderen mit der gleiehen hypertonischen LSsung durch- strSmen, weleher aber Milchs~ure zugesetzt wurde, so sehen wir an bei- den Muskeln naeh etwa 10 Minuten das Ausbleiben von Kontraktionen bei Reizung mit 2 Volt (Abb. 4b), aber zugleich am Milchsgure.Muskel eine deutliche Verki~rzung als Ausdruck der Sd~urewirkung. Obschon man mit Wahrscheinlichkeit annehmen kSnnte, dab diese Contractur trotz der gesetzten Hypertonie durch eine S~urequellung bedingt ist, mul~te digs dutch besondere Versuche erwiesen werden. Zu diesem Zwecke wurden die Muskeln in den oben besehriebenen Versuchen einer- seits mit hypertonischer milehs~urehaltiger LSsung durehstrSmt start

Page 8: Untersuchungen über Muskelkontraktion

1 4 0 E . E r n s t :

der mechanischen Verh~ltnisse die Gewichtsunterschiede Einige Ergebnisse zeigt Tab. 2.

Tabelle 2.

geprfift.

Dauer der DurchstrSmung

20 Minuten 15 ,, 10 ,

Gewicht des Gastrocnemius in g durchstrSmt mit

a) 4 n-Ringer

2,41 2,07 2,51

b) 4 n-Ringer + Milchs~ure

2,67 2,36 2,55

Differenz in cg. b) minus a)

26 27

4

Diese Versuche zeigen, dal~ die mit einer milchs~iurehaltigen hyper. tonischen LSsung durchstr6mte Muskeln stets schwerer waren als die Kon. troUen, dai~ also t rotz bestehender t typer tonie , durch S~ure mehr Wasser yon den Muskeln gebunden werden kannl) .

Nachdem durch diese DurchstrSmungsversuche in Unkenntnis dcr Anfangsgewichte nur die Differenz zwischen den Gewichten beider- seitigen Gastrocnemien festgestellt werden konnte, ha t te ich in einer zweiten Versuchsreihe die Gewichtsver~nderung der einzelnen Muskeln nach Einlegen in die entsprechenden hyper tonischen LSsungen mit und ohne S~urezusatz geprfift.

TabeUe 3.

Zeit

Gewicht des Gastrocnemius in g I Wasserabgabe eingelegt in in cg Differenz

a) DextroselSsung b) DextroselSsung [ in a) in b) a) minus b) + Milcns~ure I

Vor dem Versuch . . Nach 3 Std . . . . . Vor dem Versuch . . Nach 2 Std. 30 Min. . Vor deIa Vcrsuch . . Nach 2 Std. 30 Min..

0,32 0427 0,91 0,70 1,45 1,15

0,32 0,32 0,93 0,86 1,44 1,24

5

21

30

0

7

20

5

14

10

i) Loeb fand (Pfliigers Arch. f. d. ges. Physiol. 75, 308. 1899), da$ durch S/~urezugabe zu hypertonischen LSsungcn die Wasscrabgabc des Muskcls ge- steigert wird, jedoch nut in lange (18 Stunden und mehr) dauerndcn Versuchen; dasselbe land auch ich 5fters in sp/~teren Stunden meiner Versuchc.

Wir sehen auch aus diesen Versuehen, da$ im Muskel selbst in so s tark hyper tonischen LSsungen, welche zum Schwinden der Kontrak- t ionen fiihrt, dutch Sdiure (im Vergleich mi t der Kontrolle) eine Wasser- rentention statt]indet, was in Anbet racht der hohen osmotischen Kon- zentrat ion der Auf~enflfissigkei~ kaum anders, als durch Quellung er- folgen kann.

Page 9: Untersuchungen über Muskelkontraktion

Untersuchungen fiber Muskelkontraktion. III. 141

Wir gl~uben also, da~ das Schwinden der Muskelkontraktion durch hypertonische LSsungen nicht, wie v. Fi~rth meint, ohne weiteres der Quellungstheorie angepal3t werden kann.

B) Durchstr6mung mit hypotonischen LSsungen.

Ein interessantes Gegenstfick zu den oben mitgeteflten Versuchen zeigen jenc Versuche, in welchen wir die mechanischen Verhhltnisse

Abb. 5 a - - d . Abb. a. Vor der D u r c h s t r S m u n g be iderse i t s no rma le Kon t r ak t i onen . Abb. b - - d . Oberes M y o g r a m m : Reeh te r Gastroen. , du rehs t rSmt mi t 1/4 n-Ringer . Unte res M y o g r a m m : L inke r Gastrocn. , d u r c h s t r 6 m t m i t DextroselSsung. Die Drehungsgesehwind igke i t der T r o m m e l 12 m m

pro Sekunde.

des Muskels w~hrend der Durchstr5mung mit hypotonischen LSsungen untersuchten.

Als auff~lligste Erscheinung verzeichnen wir, dal3 w~hrend die Kon- traktionen unver~ndert ablaufen, ja eher noch gr6Ber werden, die Er- schlaffung eine wesentliche Jmderung erf~hrt usw. in dem Sinne, daft die Erschla]/ung des Muslcels eine bedeutende VerzSgerung erleidet (Abb. 5c und d). Dies ist der direkte Gegensatz 1) zu dem, was man durch hyper.

1) Ob und bis zu welchem Grade diese Erscheinung als tetanische Kontraktion aufgefal3t werden kann, wird spater mi~ besonderen Versuchen erforscht werden.

Page 10: Untersuchungen über Muskelkontraktion

142 E. Ernst :

tonische LSsungen erzielen kann (Abb. 5b - -d ) , sahen wir doeh, da{3 letztere gerade die erste Phase der Kontrakt ion hemmt. Dieser Gegen- satz t r i t t auch dann in Erscheinung, wenn man die ~nderungen jener t~eizgr5l~en vergleieht, welche bei hypertonischen bzw. hypotonischen Muskeln zur AuslSsung der Kontraktionen notwendig sind. W/~hrend diese bei der hypertonischen DurchstrSmung eine fortschreitende und rasche Steigerung erfahren (Abb. 3c, d; 4b, c; 5e, d), finden beim hypo- tonisch durehstrSmten Mnskel eine stele Abnahme dcrselben, resp. sehen wir bei gleiehbleibender ReizgrSBe eine Zunahme der Kontrak. tionsh6he [Abb. 5b--d1)] .

Besfrechung der Ergebnisse.

Wollen wir nun die mitgeteilten Versuchsergebnisse aus dem Ge- siehtspunkte der Quellungstheorie noch einmal iiberblicken, so glauben wir darauf hinweisen zu mtissen, daft dieselben schwerlich, oder iiber- haupt nicht in den Rahmen dieser Theorie der Muskelkontraktion ein- gepal~t werden k5nnen. Schon aus den Versuchen mit Si~uredurch- strSmung ergibt sich diese Sehwierigkeit, da wie wir sahen bei zunehmen- der Contractur unter gewissen Umsffinden die Kontraktionshdhen an- wachsen k6nnen, was keineswcgs die Er~liirung zul~i[3t, daft Kontraktion und Contractur als Ausdruck desselben Vorganges der Siiurequellung zu belrachten sind.

Auch die Versuche mit DurchstrSmung von hypertonischen LSsungcn lassen sich nicht leicht mit der Quellungstheorie erkl~ren, nachdem doch - - wie unsere Versuche zeigen - - in hypertonischen Ldsungen ein gewisser Grad yon Quellungs/~ihigkeit noch erhalten bleibt, wghrend Kon- traktionen selbst mit sldirksten Reizen nicht mehr auszuldsen sind.

Die Wirkungen der hyper- und hypotonischen LSsungen auf den Muskel versuehte Cooke 2) mit einer verminderten resp. gesteigerten Erregbarkeit zu erkl~ren. Obschon die beobaehteten Erscheinungen innerhalb gewisser Grenzen auch ill dieser Weise zu erkl/~ren sind, glauben wir dennoch, dab Cooks Deutung dem ganzen Tatsachenma- terial nicht gerecht wird. Dal3 cs sich n~mlich bei der DurchstrSmung mit hypertonisehen LSsungen nicht um eine durch Wasserverlust be- dingle Erregbarkeitsverminderung handeln kann, zeigen die Versuehe mit Glycerin (Santesson, Langendor/) und die Erseheinungen beim Aus- trocknen, welehe gerade im Gegenteil eine gesteigerte Erregbarkeit des Muskels zeigen. J a selbst bei DurchstrSmung mit hypertonischer

1) Ich mSchte hier erw~hnen, dal] meine Versuchsergebnisse mit denen yon Carlson und Meek ilbereinstimmen. Vgl. Carlson, Ergebn. d. Physiol. 8, 439ff. 1909. - - Koch, Pfltigers Arch. f. d. ges. Physiol. 166, 325. 1917. - - Durig, Ebenda 85, 401. 1901; 87, 42. 1901; 92, 293. 1902; wo auch viel Literatur zu finden ist.

2) Zitiert nach v. Fi~rth, I. c., S. 423.

Page 11: Untersuchungen über Muskelkontraktion

Untersuchungen fiber Muskelkontraktion. III. 143

L6sung k6nnen wir trotz v611igem ErlSschen der Kontrakt ionen yon keinem Schwinden der Erregbarkeit sprechen, haben doch Demoor und Philippson 1) unter diesen Verh~ltnissen Aktionsstr6me vom Muskel ableiten k6nnen.

Wir glauben also - - ohne schon jetzt eine n~here Erkl~rung der Er- scheinungen geben zu wollen - - vorli~ufig nur der Vermutung Ausdruck geben zu dfirfen, dab wie auch Demoor und Philippson meinen, es sich nut um physikalische A'nderungen der Muskelsubstanz handelt, welche die Bedingungen ihrer iiusseren Arbeitsleistung modi/izieren.

Zusammenfassung.

1. Es lassen sich im Zustand st~rkerer Contractur unter gewissen Ums~nden hShere Zuckungen ausliJsen als bei einer schw~cheren Contractur.

2. Hypertonische LSsungen fiihrcn zu einer raschen und stetigen Abnahme der Kontrakt ionen bis zum vSlligen Schwinden derselben.

3. In hypotonischen LSsungen ffihrt der Muskel grol~e Kontrakt ionen aus, die Zuckungskurve zeigt Plateaubildung und die Erschlaffung erfolgt versp~ttet.

Nach AbschluB vorliegender Arbeit erschien die Mitteilung yon Bi~rger und Lendle 3) fiber einen Teil der hier behandeltcn Fragen und ich finde darin eine willkommene l~bereinstimmung meiner Versuchs- resultate.

1) Travaux du lab. Physiol. Inst. Solvay Tom. 9, F. 1. 1908 und F. 2. 1909. 3) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 109, 1. 1925.